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Praxisbegehungen durch das Gesundheitsamt - bei den Doxs

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sie erlebe dort ein Land, <strong>das</strong> moderner ist als <strong>das</strong>, was etliche Türken in Deutschland<br />

repräsentierten.<br />

Für ein modernes, westliches Menschenbild steht auch Dr. med. Hayal Kaygin, Kinderärztin<br />

im Medizinischen Versorgungszentrum MeDIKuM in Kassel (Mitglied <strong>bei</strong> DOXs).<br />

sie ist mit ihrer Zwillingsschwester und Ihrem Bruder in Tübingen aufgewachsen. „Ich<br />

wollte für mich möglichst viel selbstständigkeit und habe mir früh überlegt, wie ich<br />

dahin komme“, erzählt sie. Der Weg bis zur Zulassung zum Medizinstudium war langwierig.<br />

Kaygin machte während ihrer Wartezeit eine Ausbildung zur medizinisch-technischen<br />

Laborassistentin und studierte Chemie. Heute ist die 42-Jährige mit Leib und<br />

seele Kinderärztin. sie sieht sich ein wenig als Vorbild: „schulkinder und junge Kinder<br />

versuche ich zu motivieren und erkläre ihnen, <strong>das</strong>s schule und Berufsausbildung sehr,<br />

sehr wichtig sind“, und sie freut sich, „<strong>das</strong>s man <strong>bei</strong> ihnen noch etwas formen kann“.<br />

Grundsätzlich spricht Kaygin türkische patienten und ihre eltern auf Deutsch an, „doch<br />

wenn ich <strong>das</strong> Gefühl habe, die Mutter möchte Türkisch mit mir sprechen, mache ich<br />

<strong>das</strong>“. eigentlich müsse sie die Betreffen<strong>den</strong> anregen, Deutsch zu lernen. Doch es sei ihr<br />

eben auch wichtig, <strong>das</strong>s sich Kinder und eltern von ihr verstan<strong>den</strong> fühlen und <strong>das</strong>s sie<br />

verstan<strong>den</strong> wird, „da ist es für mich und für meine patienten von Vorteil, <strong>das</strong>s ich zweisprachig<br />

bin“.<br />

Das sieht auch Dr. päd. Menekse Gün so, Kinder- und Jugendpsychotherapeutin im<br />

MeDIKuM. sie ist in Deutschland geboren und wuchs mit vier Geschwistern im ruhrgebiet<br />

auf. sie studierte und promovierte in erziehungswissenschaften in Dortmund,<br />

war ein Jahr für Feldforschung auf dem Gebiet der psychiatrie in Istanbul. „es erleichtert<br />

die Therapie, wenn ich mein Gegenüber verstehe“, sagt die 34-Jährige. selbst Menschen,<br />

die gut Deutsch könnten, seien froh, sich <strong>bei</strong> ihr in der Muttersprache aussprechen<br />

zu können. Den Anspruch, jeder und jede solle Deutsch lernen, wenn er in der<br />

Bundesrepublik lebe, hält sie nicht in jedem Fall für realistisch: „Man muss sich die situation<br />

vorstellen: Junge Frauen aus der Türkei, die hier schnell nach der Hochzeit, Mutter<br />

wer<strong>den</strong>, haben kaum Zeit Deutsch zu lernen. Möglicherweise besteht auch <strong>das</strong> Bedürfnis<br />

danach gar nicht so.“<br />

Kultur und religion des Herkunftslandes<br />

bil<strong>den</strong> in Güns Augen keine einschränkung,<br />

sondern geben Orientierung<br />

und richtlinien. Allerdings müsse<br />

in der Kindererziehung klar getrennt<br />

wer<strong>den</strong>: „entweder ganz deutsch aufziehen<br />

oder türkisch und dann die unterschiede<br />

deutlich machen“. ein<br />

Mischmasch der Kulturen könne gerade<br />

in der pubertät zu I<strong>den</strong>titätsproblemen<br />

führen. Mädchen oder Jungen<br />

grenzten sich eventuell bewusst mit der<br />

Haltung „ich bin Türke, ich bin Türkin<br />

in Deutschland“ ab. Türkische Heranwachsende<br />

in Nordhessen fan<strong>den</strong> keine<br />

türkischsprachige psychotherapeutin,<br />

bevor Gün im MeDIKuM zu ar<strong>bei</strong>ten<br />

begann. „Die jungen Menschen<br />

und ihre eltern sind froh, <strong>das</strong>s sie mir<br />

viele Dinge aus unserer Kultur nicht erklären müssen. Das sagen sie mir immer wieder“,<br />

berichtet die Kinder- und Jugendpsychotherapeutin und sie vermutet, „deutsche Kollegen<br />

machen vielleicht aus unwissenheit hier manchmal Fehler“.

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