Digitales Kino: Sterben jetzt die Gefühle? - Zürcher Hochschule der ...
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Zett 2–12 / Darstellende Künste und Film<br />
zürcher schauspielausbildung<br />
feiert<br />
75. geburtstag<br />
Dass <strong>die</strong> Schauspielausbildung in Zürich heuer<br />
75 Jahre alt wird, ist bemerkenswert und den<br />
vielen Menschen zu verdanken, <strong>die</strong> sich in <strong>die</strong>ser<br />
Geschichte leidenschaftlich stark gemacht haben.<br />
Hartmut Wickert *<br />
Die Schweiz und das Theater – das ist wohl eher <strong>die</strong> Geschichte<br />
des Volkstheaters und des Laienspiels als <strong>die</strong> des ja doch<br />
eher den höfischen Zusammenhängen entsprungenen institutionellen<br />
Theaters wie es Österreich (Burgtheater), Deutschland<br />
(Nationaltheater), Frankreich (Comé<strong>die</strong> Française) und<br />
England (National Theatre) kennen.<br />
Die Geschichte <strong>der</strong> <strong>Zürcher</strong> Schauspielausbildung ist eine<br />
Geschichte ihrer Räumlichkeiten: Krautgartengasse 2, Hirschengraben<br />
4, Winkelwiese 4, Gessnerallee 11–13, Depot Tiefenbrunnen,<br />
Depot Hardturm, dazu zahlreiche Proberäume,<br />
Werkstätten, Spielorte. Ein faszinieren<strong>der</strong> kulturpolitischer<br />
Entwicklungsgang: vom Wohnzimmer einer Schauspielerin<br />
ins ToniAreal. Die Schauspielausbildung und ihre Geschichte<br />
ist auch eine Geschichte <strong>der</strong> Institutionen: Ein freies Spiel <strong>der</strong><br />
darstellerischen Kräfte wird domestiziert und in eine Ausbildungshochburg<br />
transportiert.<br />
Paulina Treichler, Felix Rellstab und Peter Danzeisen sind <strong>die</strong><br />
drei Leuchttürme, <strong>die</strong> <strong>die</strong>ses Mekka <strong>der</strong> Leiblichkeit zum Leben<br />
erweckt und lebendig erhalten haben. Die Gesangslehrerin<br />
Paulina Treichler gründete 1937 <strong>die</strong> Genossenschaft Bühnenstudio<br />
Zürich, verkaufte, um <strong>die</strong> Finanzierung des Unternehmens<br />
zu ermöglichen, Anteilscheine zu je 50 Franken, erwarb<br />
selber den ersten und organisierte, besser improvisierte <strong>die</strong><br />
Ausbildung des schweizerischen Bühnennachwuchses – in<br />
<strong>der</strong> eigenen Wohnung an <strong>der</strong> Krautgartengasse.<br />
Im Jahr 1944 konstituierte sich <strong>die</strong> Schweizerische Theaterschule<br />
AG, Zürich, <strong>die</strong> neben den Abteilungen Schauspiel und<br />
Oper auch Laientheater sowie Tanz vorsah. Hauptaktionäre<br />
waren <strong>der</strong> Kanton, <strong>die</strong> Stadt und Pro Helvetia, <strong>die</strong> an<strong>der</strong>en<br />
Aktionäre waren Vereine und Gesellschaften, <strong>der</strong>en Interessen<br />
mit <strong>der</strong> Theaterschule verbunden waren, wie das Konservatorium,<br />
<strong>die</strong> Neue Schauspiel AG (Schauspielhaus), <strong>die</strong> Theater<br />
AG (Opernhaus) o<strong>der</strong> <strong>der</strong> <strong>Zürcher</strong> Theaterverein.<br />
1964, Felix Rellstab leitete <strong>die</strong> Theaterschule, wurde ein neuer<br />
Name aus <strong>der</strong> Taufe gehoben: «Bühnenstudio Zürich. Schweizerische<br />
Schauspielschule. Leitung Felix Rellstab» steht auf<br />
den Briefschaften. Das Odium des «Unschweizerischen» legte<br />
das Bühnenstudio durch <strong>die</strong>se Namensgebung ausdrücklich ab<br />
– auch in <strong>der</strong> Hoffnung, so von «auswärtigen Instanzen» eher<br />
Beiträge zu erhalten. Das Odium des Unseriösen, Unernsten<br />
und Unbürgerlichen verschwand 1973 dann endgültig mit dem<br />
neuen Namen Schauspielakademie Zürich, <strong>der</strong> zudem eine<br />
akademische, wissenschaftlich fun<strong>die</strong>rte Ausbildung verhiess.<br />
Felix Rellstab festigte nicht nur <strong>die</strong> institutionelle Solidität des<br />
Instituts, er realisierte auch den Traum einer angemessenen<br />
und (im deutschsprachigen Raum damals durchaus) einmaligen<br />
baulichen Situierung.<br />
Über <strong>die</strong> neuen, grossen, einzigartig ausgestatteten Räume<br />
konnte sich Peter Danzeisen freuen, <strong>der</strong> mit dem Einzug <strong>der</strong><br />
Schauspielakademie in <strong>die</strong> Gessnerallee 1994 <strong>die</strong> Nachfolge<br />
von Felix Rellstab übernahm. Und er nutzte <strong>die</strong> neuen Möglichkeiten:<br />
für das Proben und Spielen in bühnengerechten<br />
Räumen, das <strong>die</strong> Ausdruckskraft <strong>der</strong> Stu<strong>die</strong>renden steigerte;<br />
für Weiterbildungsangebote für Theaterschaffende und für ein<br />
schuleigenes Theater. Das denkmalgeschützte Haus war mit<br />
mo<strong>der</strong>nster Technik ausgerüstet und so umgebaut worden,<br />
dass sich alte und neue Bauelemente funktional miteinan<strong>der</strong><br />
verbanden.<br />
Anfang <strong>der</strong> 1990erJahre hatte <strong>die</strong> Schweiz <strong>die</strong> Reform <strong>der</strong><br />
Hochschulausbildung auf den Weg gebracht. Das Konzept:<br />
Fachhochschulen sollten nach den Zielvorgaben des Bundesrats<br />
– schweizweit harmonisiert – als Ausbildungsstätten auf<br />
Hochschulstufe ein praxisorientiertes Diplomstudium anbieten.<br />
Die Schauspielakademie hatte bei <strong>die</strong>sen Vorgaben keine<br />
Chance. Sie war zu klein und erfüllte als einzelne Institution<br />
<strong>die</strong> gesetzlichen Auflagen nicht. Deshalb gründeten <strong>die</strong> Genossenschaft<br />
Schauspielakademie und Träger ähnlicher privater<br />
Institutionen – <strong>der</strong> Konservatorien Zürich und Winterthur<br />
sowie <strong>der</strong> 1977 gegründeten Jazzschule und <strong>der</strong> 1986 gegründeten<br />
Schweizerischen Ballettberufsschule – im April 1999<br />
den Verein <strong>Hochschule</strong> Musik und Theater (HMT).<br />
Seit 2007 ist <strong>die</strong> Schauspielausbildung Teil <strong>der</strong> damals gegründeten<br />
<strong>Zürcher</strong> <strong>Hochschule</strong> <strong>der</strong> Künste, genauer des Departements<br />
Darstellende Künste und Film. Die Ausbildung wird nun<br />
zweistufig angeboten und <strong>die</strong> BachelorAusbildung – auch eine<br />
Referenz an <strong>die</strong> Personen, <strong>die</strong> <strong>die</strong>s geschafft haben – in <strong>der</strong><br />
Gessnerallee bleiben; <strong>die</strong> MasterAusbildung ist ab Herbst 2013<br />
im ToniAreal angesiedelt, dem neuen Standort <strong>der</strong> ZHdK.<br />
Jubiläumsfeier<br />
Am 7. und 8. September 2012 wird an <strong>der</strong> Gessnerallee gefeiert.<br />
Festrednerinnen und Grussbotschafter aus Politik, Kultur und<br />
Theater eröffnen den Anlass, anschliessend präsentiert <strong>der</strong><br />
<strong>die</strong>sjährige BachelorStu<strong>die</strong>ngang Schauspiel <strong>die</strong> Abschlussinszenierung:<br />
eine kraftvolle, ensembleorientierte Auseinan<strong>der</strong>setzung<br />
mit García Lorcas Stück «Bluthochzeit».<br />
Der Samstag, 8. September, ist den Ehemaligen gewidmet. Eine<br />
ganze Reihe aktueller Produktionen aus <strong>der</strong> Theaterausbildung<br />
sowie GastActs von diversen KünstlerInnen, <strong>die</strong> mit <strong>der</strong><br />
Ausbildung in Verbindung stehen, sind auf Bühne A zu sehen.<br />
Die Veranstaltung ist teilweise auch einem breiten Publikum<br />
zugänglich. Das gesamte Programm ist ab August 2012 auf <strong>der</strong><br />
Website des Theaters <strong>der</strong> Künste zu sehen.<br />
* Prof. Hartmut Wickert ist Direktor Departement Darstellende Künste und<br />
Film (hartmut.wickert@zhdk.ch).<br />
informationen: http://www.zhdk.ch/index.php?id=90