Digitales Kino: Sterben jetzt die Gefühle? - Zürcher Hochschule der ...
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Zett 2–12 / Musik<br />
kammermusik –<br />
ein<br />
gemeinschaftswerk<br />
Kammermusik nimmt einen zentralen Platz in<br />
<strong>der</strong> Ausbildung am Departement Musik ein. Das<br />
hat gute Gründe: An kaum einer an<strong>der</strong>en Stelle<br />
lassen sich so viele Kompetenzen für den Musikberuf<br />
gleichzeitig erwerben. Eckart Heiligers*<br />
«In <strong>der</strong> Kammermusik hat man <strong>die</strong> wun<strong>der</strong>bare Aufgabe,<br />
<strong>die</strong> Mitspieler so gut klingen zu lassen, wie sie allein niemals<br />
spielen könnten.» Diese Äusserung des früheren BeauxArts<br />
TrioCellisten Bernhard Greenhouse fasst treffend zusammen,<br />
worauf es im Zusammenspiel ankommt: Verständnis für <strong>die</strong><br />
an<strong>der</strong>en, weil man weiss, was <strong>die</strong> Rolle jedes Einzelnen im<br />
Ensemble ist. Die Basis dafür bilden eine genaue Kenntnis<br />
<strong>der</strong> Partitur, präzises Hören, reibungsloses Können und hohe<br />
Sozialkompetenz.<br />
Kammermusik bedeutet jegliches Musizieren von zwei o<strong>der</strong><br />
mehr Mitspielenden: Duo, Trio, Quartett, Quintett bis hin zu<br />
Kammerorchester o<strong>der</strong> sogar Sinfonieorchester.<br />
Das Zusammenspiel macht <strong>die</strong> Musik<br />
Sir Simon Rattle versteht sein Berliner Philharmonisches Orchester<br />
als «Kammermusikmaschine», in <strong>der</strong> <strong>die</strong> einzelnen<br />
InstrumentalistInnen lebendig aufeinan<strong>der</strong> reagieren und wo<br />
<strong>der</strong> Dirigent eine eher mo<strong>der</strong>ierende Rolle hat. Das musikalische<br />
«Gespräch unter vernünftigen Leuten» lockt das Beste<br />
aus allen Beteiligten heraus. Auch ein individualistischer<br />
Musiker wie Miles Davis verdankt seine fulminantesten Aufnahmen<br />
dem Zusammenwirken mit starken, inspirierenden<br />
Musikerkollegen.<br />
Ob in <strong>der</strong> Klassik, im Jazz o<strong>der</strong> im Rock/PopBereich, das<br />
Zusammenspiel for<strong>der</strong>t vom Einzelnen klare Definitionen<br />
und begründbare Entscheide im Musizieren. Man muss wissen,<br />
was man will, und <strong>die</strong>s ist den an<strong>der</strong>en respektvoll zu<br />
vermitteln. Umgekehrt formt das Feedback <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en <strong>die</strong><br />
Eigenwahrnehmung und hilft, künstlerisch präzise zu charakterisieren.<br />
Kammermusik als idealer Weg zu einer Ausbildung <strong>der</strong> gesamten<br />
Musikerpersönlichkeit hat daher eine lange Tradition.<br />
Beispielhaft ist das von Rudolf Serkin gegründete MarlboroFestival<br />
in den USA, wo jeden Sommer <strong>die</strong> besten NachwuchsmusikerInnen<br />
zusammenkommen, um mit erfahrenen<br />
KollegInnen zu musizieren. Auch das von Martha Argerich<br />
in Lugano geführte Festival Progetto zielt in <strong>die</strong>se Richtung.<br />
Die Ausbildung an <strong>der</strong> ZHdK<br />
Die Kammermusikausbildung an <strong>der</strong> ZHdK vollzieht sich auf<br />
mehreren Ebenen: Zu Beginn wird grundlegendes Ensembletraining<br />
in grösseren Gruppen (Streicherinnen/Bläser) unterrichtet.<br />
Für PianistInnen gibt es eine spezielle Schulung im<br />
Trio Rafale: 1. Preis am Melbourne International Chamber Music Competition<br />
2011, Foto: Andreas Zihler<br />
«Begleiten». Daneben ist es möglich, sich für den Unterricht<br />
in frei wählbaren Kammermusikformationen verschiedener<br />
Grösse einzuschreiben. Etwa 80 Ensembles pro Semester spiegeln<br />
den hohen Stellenwert im Curriculum.<br />
Innerhalb des Aufbaustudiums (Master of Arts in Specialized<br />
Music Performance) werden <strong>die</strong> Schwerpunkte «Klavierkammermusik<br />
und Liedgestaltung» für PianistInnen sowie «Liedduos<br />
und Instrumentalensembles» bei speziellen Dozierenden<br />
angeboten, <strong>die</strong> selbst in <strong>die</strong>sem Bereich international konzertierend<br />
tätig sind. Darüber hinaus gibt es eine jährliche<br />
Kammermusikakademie, bei <strong>der</strong> Stu<strong>die</strong>rende mit Dozierenden<br />
zusammen Werke einstu<strong>die</strong>ren und in Konzerten aufführen<br />
können.<br />
Kammermusik im Berufsleben<br />
Kammermusik ist für <strong>die</strong> meisten MusikerInnen <strong>die</strong> beste<br />
Möglichkeit, eigenständig konzertierend tätig zu sein, sei<br />
es aus einem Orchester heraus, sei es freischaffend. Bereits<br />
im Studium bilden sich Netzwerke, <strong>die</strong> oft selbst nach Jahrzehnten<br />
noch fruchtbar sind. Im Idealfall finden sich auch<br />
feste Formationen, <strong>die</strong> sich ihren Weg auf <strong>die</strong> Po<strong>die</strong>n bahnen,<br />
wie in den letzten Jahren zum Beispiel das GalateaQuartett<br />
und das Trio Rafale, welche nach internationalen Wettbewerbserfolgen<br />
auf dem Weg sind, sich einen festen Platz im<br />
weltweiten Konzertleben zu erspielen.<br />
In einem solchen Ensemble musikalisch und menschlich zu<br />
harmonieren, ist ein Glücksfall und setzt jahrelange gemeinsame<br />
Entwicklung und Arbeit voraus. An <strong>der</strong> ZHdK sind <strong>die</strong><br />
künstlerischen und organisatorischen Freiräume dazu gegeben,<br />
individuelle Musikerbiografien zu gemeinschaftlichen<br />
werden zu lassen.<br />
* Eckart Heiligers ist Hauptfachdozent für Klavier und Kammermusik im Profil<br />
Klassik, Departement Musik (eckart.heiligers@zhdk.ch).