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5 - ProAsyl/Flüchtlingsrat Essen

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Newsletter 5 vom 17.12.2012<br />

Aus dem Integrationsrat, Sitzung vom 21.11.2012<br />

Unter TOP 3 ging es um die Verwaltungsvorlage 1790/2012/5 „Unterbringung von Flüchtlingen“.<br />

Vorab hatte <strong>ProAsyl</strong> eine Stellungnahme als Tischvorlage eingebracht.<br />

Die Verwaltungsvorlage war bereits am Vortag im ASAG (Ausschuss für Soziales, Arbeit und<br />

Gesundheit) von allen Parteien gebilligt worden. Die Vertreterin von <strong>ProAsyl</strong> sah zwar auch die<br />

schwierige Aufgabe der Verwaltung die Flüchtlinge mangels vorgehaltener Plätze<br />

unterzubringen, trug aber noch einige Punkte vor, die grundsätzliche Bedeutung für die Zukunft<br />

haben:<br />

1. Bei der Forderung, grundsätzlich nicht von Barleistungen abzugehen, sieht PA sich<br />

bestärkt von der gemeinsamen Erklärung der EKD und der Deutschen<br />

Bischofskonferenz. Mit der unsäglichen Aussage der Verwaltung, mit<br />

Sammelverpflegung sichere man die gesunde Ernährung insbesondere bei Roma-<br />

Kindern, weil die Familien das Geld u.U. lieber sparten, schürt sie – hoffentlich nur<br />

unwillentlich – die Vorurteile.<br />

2. Ebenso diskriminierend ist der Vorwurf des Asylmissbrauchs. In der Beratung<br />

erleben wir, dass auch Roma durch Entscheidung des Bundesamtes oder der Gerichte<br />

vor Abschiebung geschützt werden. Die Kommunale Verwaltung kann das nicht<br />

vorhersagen.<br />

3. Bezugnehmend auf die Aussage von Frau Keil in der BV VIII, dass für die Schule<br />

eine „Art Umschlag“ geplant sei, erwartet PA , dass damit Ernst gemacht wird und<br />

Familien umziehen können, sowie Plätze in anderen Übergangsheimen frei werden. Im<br />

Februar/März solle über Beispiele im IR berichtet werden.<br />

Für die Erarbeitung eines von der Verwaltung im Frühjahr geplanten neuen<br />

Unterbringungskonzeptes forderte sie zudem einen „Runden Tisch“, wie ihn andere Städte<br />

längst eingerichtet haben, damit die Gesamtsituation aus allen Blickwinkeln beraten werden<br />

kann.<br />

Die SPD-Sprecherin betonte, dass ihre Partei die Sachleistungen nur für diese Schule und nur<br />

bis zum Frühjahr akzeptiert. Die Unterbringung sei früher im Unterausschuss „Wohnungs-<br />

notfälle“ gelöst worden. Da könne man darüber reden, ob PA mit eingebunden werde.


Herr Copur (Die Grünen) fragte, welche Städte im Ruhrgebiet Sachleistungen eingeführt hätten,<br />

mit welchen Erfahrungen, und wie der Abschreckungseffekt sei. Frau Keil (Amt f. Soziales und<br />

Wohnen) betonte, dass sie Abschreckung ablehne. Die Schule gelte nicht als Flüchtlings-<br />

unterkunft, sondern lediglich als Behelfsunterkunft, die verhindern solle, dass im Januar wieder<br />

eine Turnhalle belegt werden müsse. Wenn das neue Konzept , das ein verändertes<br />

Betreuungs-und Umfeldmanagement einschließt, beraten werde, sollen auch Gruppen<br />

außerhalb der Verwaltung einbezogen werden. Die Vertreterin der LINKEN stellte fest, dass eine<br />

Unterbringung mit dem seit vielen Jahren erstmalig so niedrigen Standard im nächsten Winter<br />

nicht mehr vorkommen dürfe.<br />

Unter TOP 10 legte Herr Stratenwerth eine erste Auswertung der für Geduldete veränderten<br />

Bedingungen für den Führerscheinerwerb vor. (Vorlage 1892/2012/1A, im Ratsinformations-<br />

system nachzulesen, http://ris.essen.de/index.do).<br />

NPD-Landeszentrale in Kray<br />

Anfang September wurde in <strong>Essen</strong> bekannt, dass die Landeszentrale der nordrhein-<br />

K.-A. Richter<br />

westfälischen NPD von Bochum-Wattenscheid in den <strong>Essen</strong>er Stadtteil Kray umgezogen ist. Es<br />

stellte sich bald heraus, dass die Neo-Nazis die Immobilie von einem offenbar rechtem Verein<br />

gemietet haben. Dieser wiederum trat als Käufer auf.<br />

Die Nachricht hat in <strong>Essen</strong> verständlicherweise Unruhe ausgelöst. Von Vertretern der<br />

Kirchengemeinden bis hin zu Lokalpolitikern, niemand will die "Brandstifter im Hinterhof", wie die<br />

NRZ die Neo-Nazis tituliert hat, in seiner Nähe wissen.<br />

Es sind besonders die Anwohner der Marienstrasse und die unmittelbaren Nachbarn des<br />

Hauses, die sich die größten Sorgen machen. Diese Sorgen konnten weitestgehend in einer<br />

Bürgerversammlung am 19. September in den Räumen der evangelischen Kirchengemeinde in<br />

Kray artikuliert werden.<br />

Es ist zu befürchten, dass die geistigen Brandstifter in <strong>Essen</strong> eine Basis aufbauen werden. Von<br />

dort aus verbreiten Sie schon jetzt ihre Parolen von Ausländerfeindlichkeit und gefährden mit<br />

ihrer Hetze das friedliche Zusammenleben.<br />

Widerstand regt sich. Viele demokratische Kräfte in <strong>Essen</strong> wollen dies nicht hinnehmen.


Eine erste Demonstration fand am Samstag, den 22. September statt. Obwohl die Polizei lange<br />

Zeit die Demonstration blockiert hat, konnten sich die Demonstranten dennoch solidarisch mit<br />

den Krayer Bürgern zeigen. Viele von den Anwohnern hatten ihre Fenster mit bunten Tücher<br />

behängt, die die Aussage betonten: "Kray ist bunt, nicht braun"<br />

Am Samstag, den 20. Oktober gab es ein buntes Straßenfest in der Marienstraße. Für Freitag,<br />

den 28. September rief die <strong>Essen</strong>er Gewerkschaft Ver.di zur Mahnwache gegen die NPD-<br />

Zentrale auf.<br />

Es hat sich die Gruppe Kray ist bunt gebildet (kray-ist-buntgmx.de,<br />

www.kray-ist-bunt.de), die dem Widerstand Kontinuität geben will.<br />

Unterstützung für die Anwohner wird auch weiterhin dringend nötig sein.<br />

Dokumentation auf www.essen-stellt-sich-quer.de<br />

Flüchtlingskonferenz am 20.11.2012<br />

G. Guidi, ART <strong>Essen</strong><br />

Sehr gut besucht war die Konferenz mit über 40 TeilnehmerInnen zum Thema unbegleitete<br />

minderjährige Flüchtlinge in <strong>Essen</strong>. Vertreter von Parteien, Behörden, Wohlfahrtsverbänden,<br />

Jugendhilfeeinrichtungen, ASD, Mitarbeiter von Beratungsstellen und Notunterkünften sowie<br />

Betroffene kamen zusammen, um gemeinsam über mögliche Verbesserungen zu diskutieren.<br />

Am Ende wurde vereinbart, dass die guten Ideen aus der Konferenz zunächst in einem weiteren<br />

Gespräch mit den wichtigen <strong>Essen</strong>er Akteuren fortgesetzt werden soll. Herr Leggereit, Leiter der<br />

sozialen Dienste des Diakoniewerkes <strong>Essen</strong>, wird hierzu im Januar einladen, um die Situation<br />

der Betroffenen in <strong>Essen</strong> nachhaltig verbessern zu können.<br />

Im Folgenden ein Bericht von Bernhard Trautvetter zur Konferenz:<br />

Junge Menschen unter dem Damoklesschwert der Ausgeliefertheit<br />

In unserem Land leben immer mehr unbegleitete minderjährige Flüchtlinge. Ihr Schicksal ist<br />

extrem von Zufällen abhängig und allzu oft durch Unkenntnis selbst auch der öffentlichen Hand<br />

besonders gefährdet. Fragen der Unterkunft, der Versorgung, der Behandlung bei Krankheit, der<br />

Schulbildung, der Sorge und der Beziehungen zu Menschen, die ihnen einen Weg ins Leben<br />

eröffnen können, müssen professionell beantwortet werden. Am 20.11.12 lud <strong>ProAsyl</strong> <strong>Essen</strong> in


Kooperation mit der Diakonie und dem ev. Beirat für Flüchtlinge und Migranten zur<br />

Flüchtlingskonferenz mit dem Titel „Die vergessenen Kinder: Unbegleitete minderjährige<br />

Flüchtlinge in <strong>Essen</strong>“ ein.<br />

Neben inhaltlichen Klärungen der Sachlage für die Betroffenen und für Akteure, die mit ihnen in<br />

Berührung kommen, bestand ein Ziel der Tagung darin, alle Akteure besser zu vernetzen.<br />

Stellen, die in <strong>Essen</strong> Kontakt zu betroffenen Kindern und Jugendlichen haben, begegneten<br />

Experten aus anderen Städten, um neue Lösungsansätze zu diskutieren.<br />

Im Podium saßen Pfarrer Achim Gerhard-Kemper als Moderator, Klemens Roß, (Rechtsanwalt<br />

und Vorstand von <strong>ProAsyl</strong>), Carsten Vollmers (Leitung Aufnahmeheim Ahrfeldstraße,<br />

Diakoniewerk <strong>Essen</strong>), Ute Ducrée (Jugendamt Stadt <strong>Essen</strong>), Kathrin Löffelhardt (Projekt „Do It<br />

Transfer“, Diakonie Wuppertal, LAG UMF) und Jörg Loose (Einrichtungsleiter Clearinghaus<br />

Dortmund, AWO).<br />

Haumand<br />

Zunächst stellt sich Haumand vor, der mit 17 Jahren nach einem Monat Flucht in Köln<br />

angekommen war und der inzwischen 21 Jahre alt ist. Er ist Flüchtling aus dem Irak, dessen<br />

Asylantrag abgelehnt wurde; Haumand ist zunächst geduldet, seine Abschiebung ist<br />

aufgeschoben. Er berichtet von seinem beschwerlichen Weg ins Schulsystem und dann in die<br />

Arbeitswelt. Er muss Monate warten, bis er – über die Härtefallkommission eine Aufenthalts- und<br />

Arbeitserlaubnis erhält – und eine Ausbildung aufnehmen kann. Er hofft darauf, dass er im<br />

Leben wenigstens hier eine Chance bekommt, sein Leben in Frieden aufzubauen. Dabei haben<br />

ihm bisher engagierte Menschen wie eine Lehrerin, Fachkräfte von Pro Asyl und sein Cousin<br />

geholfen. Zuerst, sagt Haumand, habe er gedacht, hier sei jetzt alles zu ende, als er vor 4<br />

Jahren in Deutschland schutzlos angekommen war.<br />

Podium<br />

Klemens Ross berichtet, dass die Zahl unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge in den letzten 10<br />

Jahren auf weit über 3000 angestiegen ist, viele von ihnen leben in <strong>Essen</strong>. Es hat lange<br />

gedauert, bis das Jugendamt für sie einen Ansprechpartner hatte. Die Empfehlung des<br />

Ausländeramtes, einen Asylantrag zu stellen, ist nicht immer sinnvoll, z.B. wenn dann wegen der<br />

Abklärung des Fluchtweges eine Abschiebung in eins der Transferländer droht. Die rechtliche<br />

Bewertung der Lage in zentralen Herkunftsländern wie Irak, Somalia, Afghanistan ist<br />

problematisch. Ein Aufenthalt aus humanitären Gründen bleibt unsicher. Klemens Ross plädiert<br />

deshalb für ein „gescheites Clearing-Verfahren“ mit klaren Ansprechpartnern. Ein großer Teil der<br />

Minderjährigen ist traumatisiert, was eine besondere Umsicht umso notwendiger macht.


Daran knüpft Ute Ducrée an und konkretisiert notwendige Schritte der sozialen Dienste, eines<br />

Vormundes und weiterer Akteure dahingehend, dass neben der Obhut die Einrichtung einer<br />

Vormundschaft, ein langfristiger Heimplatz oder ähnliches und der gesamte Hilfeverlauf in einem<br />

Hilfeplan abgesteckt werden muss.<br />

Carsten Vollmers berichtet, dass in seinem Haus aktuell 15 solche Jugendliche wohnen, deren<br />

Verweildauer weit höher liegt, als die von insgesamt pro Jahr ca. 400 Jugendlichen, die sich fast<br />

immer vorübergehend in seinem Aufnahmeheim aufhalten.<br />

Kathrin Löffelhardt betont, wie wichtig die Aufgabe ist, einen Vormund zu finden.<br />

In Wuppertal ist ein Verein für Vormundschaften und Pflege aktiv, der über die Presse eine<br />

große Resonanz erzielte und dadurch sehr viele ehrenamtliche Vormünder finden konnte. „Es<br />

war sehr einfach, Menschen zu finden.“<br />

Im Anschluss ging und geht es um die Qualifizierung dieser Menschen in einer Schulung über<br />

ihre Rolle und Aufgaben, Rechte und Pflichten, sowie die Funktionen der Kooperationspartner,<br />

über das Aufenthaltsrecht, SGB VIII, den Hilfeplan, die Jugendhilfe, usw.<br />

Zusätzlich wird auch über die psychosoziale Situation aufgeklärt, über Traumatisierungen und<br />

deren Folgen, über Hilfsangebote, es geht um Abläufe der Hilfe und Unterstützung, um Schule,<br />

Medizin, Probleme mit dem Rassismus in Deutschland und um professionelle<br />

Kooperationspartner. Damit sind vor allem gemeint: Das Jugendamt, die RAA, die<br />

Ausländerbehörde, Schulen, das Familiengericht und Gesundheitshilfe. Sprach- und<br />

Integrationsmittler werden in der Regel vom Jugendamt bezahlt.<br />

Die hier skizzierte Arbeit wird durch ein Handbuch für die Praxis unterstützt.<br />

Jörg Loose berichtet, dass das Clearinghaus in Dortmund einen gewissen Handlungsdruck<br />

sieht, da das Clearingverfahren innerhalb von drei Monaten zur Klärung führen muss, wie die<br />

Weiterbetreuung und damit alle weitere Hilfe zu regeln ist. Die Nachfolge-Einrichtungen erhalten<br />

jeweils einen ausführlichen Bericht, der auch die anstehenden Schritte mit berührt: Sozialer<br />

Dienst, Deutsch-Unterricht, Ärzte, usw.<br />

Diskussion unter Einbeziehung des Plenums<br />

Herr Leggereit, Chef der sozialen Dienste der Diakonie und Herr Engels vom Jugendamt <strong>Essen</strong><br />

gaben in der Diskussion an, dass die Fallzahl für <strong>Essen</strong> aktuell bei circa 50 liegt. Es sei sinnvoll,<br />

die Regelförderung zusammen zu führen; 50 Vormundschaften zu betreuen sei eine logistisch<br />

aktuell nicht wirklich lösbare Aufgabe für einen Amtsvormund.


Freie Träger und ehrenamtliche Vormünder bezeichneten Vertreter vom Jugendamt als<br />

Entlastung und Hilfe. Ein Vormund benötige als Bedingung für diese Funktion ein erweitertes<br />

Führungszeugnis, die Fähigkeit, gegenüber Behörden ein Standing aufrechtzuerhalten und<br />

gegen strukturieren zu können, wenn es im Sinne der Betroffenen hilfreich ist. Er muss zur<br />

Vermittlung fähig sein und auch akzeptierend klar darüber sein, dass Flüchtlinge ihre Biografie<br />

teils erfinden, da sie sich daraus einen Vorteil erhoffen. Einige von ihnen benötigten die<br />

Fähigkeit, zu solchen Tricks zu greifen („Lügenbiografie“), um überhaupt weiter zu kommen.<br />

Auch und gerade für den Austausch mit anderen ist es unvermeidlich, dass sich ein Vormund<br />

regelmäßig in einer Schulung weiterbildet.<br />

Das Jugendamt habe 630 Vormundschaften zu betreuen, davon seien circa 5 % solche Fälle,<br />

wie die, um die es hier auf der Tagung gehe.<br />

Herr Loose bedauert, dass Schulen sich oft sperrig verhalten.<br />

Herr Trautvetter, Abteilungsleiter der Ausbildungssvorbereitung am Berufskolleg im Bildungspark<br />

regte eine Vernetzung der pädagogischen Fachkräfte an und nahm im Anschluss einen ersten<br />

Kontakt auf.<br />

Herr Dr. Tagay, Mediziner und aktiv im SPD Arbeitskreis Migration berichtete von der<br />

Traumaambulanz im <strong>Essen</strong>er Klinikum (uni-due.de/imperia/md/ content/rke-<br />

pp/projekte/essener_trauma-inventar_beschreibung_03_2007.pdf). Bei evtl. bestehender<br />

Retraumatisierungsgefahr,bedarf es eines Gutachtens auch im Asylverfahren, das sich teils 2<br />

lange Jahre hinzieht. Um Demotivierung, Depression oder gar der Suizid-Gefahr<br />

entgegenzuwirken, bedarf es einer professionellen Vernetzung aller beteiligten Akteure.<br />

Nachgespräche<br />

Im Anschluss gab es vernetzende Nachgespräche. Dabei sprach ein Ex-Schüler Jamal seinen<br />

Lehrer Trautvetter an und bedankte sich dafür, dass er es in seiner Schule erleben konnte, dass<br />

Lehrer/innen seine Probleme ernst genommen haben und dass er auch bei störendem Verhalten<br />

pädagogische Unterstützung dabei erfuhr, sein Leben in den Griff zu bekommen und sich zu<br />

entwickeln. Er sei jetzt Vater, könne im Garten-/Grünbereich arbeiten, aber die Mutter nicht<br />

heiraten, da sie beide keinen Pass haben, sondern sich nur weiterhin im Status der Duldung<br />

befinden, was auch eine Belastung für das Kind werden kann. Hier zeigt sich, dass die<br />

Fachkräfte auch die Aufgabe haben, auf Veränderungen der Vorgaben zu drängen, in dem<br />

Sinne, dass Menschen die Chance erhalten, sich so zu entwickeln, dass sie einen wertvollen<br />

Beitrag zur Gesellschaft leisten können, dürfen und wollen.<br />

Bernhard Trautvetter


Neues zum Asylbewerberleistungsgesetz<br />

Grüner Antrag zur Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes findet keine Mehrheit<br />

im Bundestag<br />

Ein Antrag der Bundestagsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 29.11.2012 (Drucksache<br />

17/11663) zur Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes, der Residenzpflicht für<br />

Flüchtlinge, zu Erleichterungen beim Arbeitsmarktzugang u.v.m. fand im Bundestag keine<br />

Mehrheit.<br />

Bundesregierung legt Änderungsentwurf zum Asylbewerberleistungsgesetz vor<br />

Die Bundesregierung hat nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes ebenfalls an einem<br />

Gesetzesentwurf gearbeitet. Dieser berücksichtigt zwar die vom Verfassungsgericht gerügte zu<br />

niedrige Leistungsgewährung und setzt die Leistungen für Asylbewerber höher an, er ermöglicht<br />

aber leichtere Hürden für Leistungskürzungen für bestimmte Flüchtlingsgruppen aus sog.<br />

sicheren Herkunftsländern (vgl. auch http://www.sueddeutsche.de/politik/2.220/gesetzentwurf-<br />

der-regierung-asylbewerber-sollen-mehr-geld-bekommen-1.1537641.<br />

Ein Kommentar dazu:<br />

Bundesregierung will Verfassungsgerichtsurteil unterlaufen<br />

PRO ASYL: Innenminister macht Wahlkampf auf dem Rücken von Asylsuchenden<br />

Als „verdorbenes Adventspaket“ bezeichnet Günter Burkhardt, Geschäftsführer von PRO ASYL,<br />

den Gesetzentwurf zum Asylbewerberleistungsgesetz. Statt allen Asylsuchenden endlich ein<br />

Leben in Würde zu ermöglichen, will die Bundesregierung Asylsuchende aus bestimmten<br />

Ländern pauschal mit Abschreckungsmaßnahmen überziehen.<br />

Das Gesetzesvorhaben ist ein kaum verhüllter Angriff auf das Bundesverfassungsgericht, das<br />

am 18.Juli in seinem Grundsatzurteil zum Asylbewerberleistungsgesetz entschieden hat: „Die in<br />

Artikel 1 Abs. GG garantierte Menschenwürde ist migrationspolitisch nicht zu relativieren“. PRO<br />

ASYL wirft dem Bundesminister Friedrich vor, demgegenüber erneut das Sozialhilferecht als<br />

Mittel der Abschreckung zu instrumentalisieren.<br />

Auf Druck des Bundesinnenministeriums sieht der Gesetzentwurf vor, Asylantragstellern aus<br />

Herkunftsländern, in denen es angeblich keine politische Verfolgung gibt, eine geringere<br />

Unterstützung zu zahlen. Dies sei nötig um die Einreise aus „asylfremden, insbesondere aus<br />

wirtschaftlichen Motiven“ zu bekämpfen, so die Begründung des Gesetzes.


PRO ASYL sieht in dem Gesetzentwurf die rechtliche Umsetzung der populistischen<br />

Stimmungsmache gegen Asylsuchende aus Serbien und Mazedonien. Bundesinnenminister<br />

Friedrich will bei der bevorstehenden Konferenz der Innenminister Bund und Ländern die<br />

Absicht vorbringen, Serbien und Mazedonien zu sicheren Herkunftsstaaten zu erklären. Dies<br />

verhindert eine objektive und einzelfallbezogene Prüfung der Asylanträge und bagatellisiert den<br />

strukturellen Rassismus, der Roma in Serbien und Mazedonien entgegenschlägt.<br />

„Exakt zwanzig Jahre nach dem „Asylkompromiss“ des Jahres 1992, mit dem das<br />

„Asylbewerberleistungsgesetz“ auf den Weg gebracht wurde, bezieht Bundesinnenminister<br />

Friedrich wieder den alten migrationspolitischen Schützengraben“, so Günter Burkhardt von<br />

PRO ASYL.<br />

Der Gesetzesentwurf zementiert zudem die soziale Ausgrenzung von Asylsuchenden.<br />

Sachleistungen und <strong>Essen</strong>spakete entmündigen Flüchtlinge in ihrer Lebensführung.<br />

Der Gesetzentwurf ist nach Auffassung von PRO ASYL die Eröffnung eines vorgezogenen<br />

Wahlkampfes auf dem Rücken von Flüchtlingen.<br />

Rechtspraxis<br />

PM <strong>ProAsyl</strong>/Frankfurt, www.proasyl.de, 30.11.2012<br />

Bundesrepublik Deutschland entschuldigt sich bei Kläger. Kontrolle wegen der<br />

Hautfarbe verstößt gegen das Grundgesetz<br />

Entscheidung des VG Koblenz vom 28.02.2012 zu "racial profiling" wirkungslos<br />

Die durch Bundespolizeibeamte durchgeführte Kontrolle eines heute 26-jährigen Studenten aus<br />

Kassel einzig wegen seiner Hautfarbe im Dezember 2010 verstößt gegen das Diskriminierungs-<br />

verbot aus Artikel 3 Abs. 3 des Grundgesetzes. So endete heute nach mündlicher Verhandlung<br />

ein viel beachtetes Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht (OVG) Rheinland Pfalz in<br />

Koblenz. Das erstinstanzliche Urteil des Verwaltungsgerichts (VG) Koblenz vom 28.02.2012,<br />

das die Kontrolle des jungen Mannes wegen der Hautfarbe noch für zulässig erachtet hatte,<br />

wurde für vollständig wirkungslos erklärt. Voraus gegangen war ein eindeutiger richterlicher<br />

Hinweis der Vorsitzenden Richterin Dagmar Wüsch, wonach eine Kontrolle einzig oder aus-<br />

schlaggebend wegen der Hautfarbe gegen das Diskriminierungsverbot verstoße. Daraufhin<br />

erkannte die Bundespolizei für die Bundesrepublik Deutschland die Rechtswidrigkeit der<br />

Befragung und Personalienfeststellung an und entschuldigte sich bei dem Kläger.


"Dieses Ergebnis ist ein Meilenstein für die juristische Einordnung des so genannten Racial<br />

Profiling als rechtswidrig. Dieses Verfahren hat weitreichende Signalwirkung für die Praxis der<br />

Bundespolizei", so der Göttinger Rechtsanwalt Sven Adam, der den Kläger vertritt, über den<br />

Erfolg des Verfahrens. Der Kläger selbst äußerte sich erfreut über den Ausgang des<br />

Verfahren: "Ich bin froh, dass die Entscheidung des VG Koblenz für wirkungslos erklärt wurde.<br />

Wir haben lange dafür streiten müssen, dass sich die Bundespolizei auch an dem<br />

Diskriminierungsverbot messen lassen muss".<br />

Sigrid v. Klinggräff, Republikanischer Anwältinnen- und Anwälteverein e. V.<br />

Überstellungen nach Griechenland ein weiteres Jahr ausgesetzt<br />

Haus der Demokratie und Menschenrechte<br />

Überstellungen von Asylsuchenden nach Griechenland im Rahmen der Dublin II Verordnung<br />

wurden für ein weiteres Jahr bis Januar 2014 ausgesetzt aufgrund der desaströsen Zustände<br />

des griechischen Asylsystems. Wie der Bundesinnenminister Friedrich mit Schreiben an die<br />

Innenminister der Länder am 28.11.2012 bekannt gab, wird Deutschland weiterhin von der sog.<br />

Souveränitätsklausel Gebrauch machen und Asylverfahren, für die eigentlich Griechenland<br />

zuständig wäre, selbst durchführen, weil dort keine europäischen Standards eingehalten<br />

werden.<br />

TV- und Literatur Tipps:<br />

Wut in Dilldorf<br />

Unter folgendem Link geraten Sie zu der sehenswerten Doku vom 04.12.2012 im WDR („Hier<br />

und Heute“): http://www.wdr.de/tv/huh/sendungsbeitraege/2012/12/04.jsp?mid=736901<br />

Hier wird dokumentiert, wie die geplante Notunterkunft in Dilldorf bei unterschiedlichen<br />

Bevölkerungsgruppen ankommt. Anwohner, Verwaltung, Flüchtlingsorganisationen und<br />

Betroffene kommen zu Wort.<br />

Ohne Pass bist Du nichts<br />

Darüber hinaus weitere Fälle auch aus <strong>Essen</strong> in der WDR Sendung „Die Story“ vom 26.11.2012<br />

„Ohne Pass bist Du nichts“ von Jürgen Kura unter: http://www.wdr.de/tv/diestory/<br />

sendungsbeitraege/2012/1126/pass.jsp


Die Story begleitet drei Geduldete, die sich trotz vieler Ängste vor die Kamera wagen: Melania,<br />

die mit ihrer Familie von der Abschiebung bedroht ist, Iman, die den Traum hat, ihr Abitur zu<br />

machen und ein gutes Leben zu führen, und Yahia, der sich vieles in seiner Jugend verbaut hat.<br />

Der Film zeigt, wie das deutsche Ausländerrecht Integration eher verhindert als fördert. Und er<br />

zeigt, wie jahrelang mit viel Geld und Aufwand versucht wurde, Menschen wieder los zu werden,<br />

die sich als Deutsche fühlen und es eigentlich auch sind.<br />

WADIM<br />

Dokumentarfilm von Carsten Rau und Hauke Wendler, am 09.01.2013 um 22:45 Uhr im Ersten<br />

Wadim K. ist in Deutschland aufgewachsen, zur Schule, zum Sport und in die Ministranten-<br />

gruppe gegangen. Er sprach deutsch, er hatte deutsche Freunde, er fühlte sich als Deutscher.<br />

Doch einen deutschen Pass hat Wadim nie erhalten, weil er mit seiner Familie 1992 als<br />

Flüchtling nach Hamburg kam.<br />

Weitere Informationen unter: http://www.wadim-der-film.de/<br />

AWO Bundesverband zur Unterbringung von Flüchtlingen<br />

Der AWO Bundesverband hat angesichts der Unterbringungsprobleme in vielen Kommunen mit<br />

dem Heft Standpunkte 2012 Positionen und Empfehlungen zur Unterbringung von Flüchtlingen<br />

herausgegeben. Nachzulesen sind diese unter folgendem Link:<br />

http://www.awo-ww.de/mastercms1/awofiles/Meldungen/2012/Stutzki/Dateien/<br />

awo_positionen_und_empfehlungen_zur_unterbringung_von_fluechtlingen.pdf<br />

Erläuterung zum Asylverfahrensgesetz<br />

DRK (Hrsg.): Erläuterungen zum Asylverfahrensgesetz (Neuauflage)<br />

www.asyl.net/fileadmin/user_upload/redaktion/Dokumente/Arbeitshilfen/2012-11-DRK-<br />

Erlaeuterungen_AsylVfG.pdf<br />

<strong>ProAsyl</strong>/<strong>Flüchtlingsrat</strong> <strong>Essen</strong> e.V., Friedrich-Ebert-Str. 30, 45127 <strong>Essen</strong><br />

Tel.: 0201-20539, Mail: info@proasylessen.de, www.proasylessen.de

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