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diagonal 2009-2 (pdf, 2.1Mb) - Psychiatrie Baselland PBL

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22<br />

Gesundheitsbericht<br />

Wie gesund ist die Psyche der<br />

schweizerinnen und schweizer?<br />

Der folgende Artikel zeigt einige Resultate der Forschung zur psychischen Gesundheit der Schweizer<br />

Bevölkerung und stellt Überlegungen zum Begriff der psychischen Gesundheit an. Der Artikel basiert auf<br />

dem von Theodor Cahn und Niklas Baer für den Schweizerischen Gesundheitsbericht verfassten Kapitel<br />

«Psychische Gesundheitsprobleme».*<br />

Dr. phil. Niklas Baer<br />

Psychische Krankheiten und Gesundheitsprobleme<br />

sind häufig<br />

Psychische Störungen inklusive Substanzabhängigkeiten<br />

treten allgemein sehr häufig auf und sind wegen ihres<br />

meist frühen Beginns und nicht selten chronischen und<br />

behindernden Verlaufs sowie wegen tief greifender Ängste<br />

in der Bevölkerung häufig mit ausgeprägten sekundären<br />

Folgen für die direkt Betroffenen, ihre Angehörigen und<br />

die Gesellschaft insgesamt verbunden. Rund die Hälfte der<br />

Bevölkerung leidet mindestens einmal im Leben an einer<br />

psychischen Störung, die definierte diagnostische Kriterien<br />

erfüllt und reine Befindlichkeitsstörungen ausschliesst. Die<br />

sogenannte «Zürich­Studie», die vor rund 30 Jahren gestartet<br />

wurde und auch leichtere Störungen erfasste, fand<br />

beispielsweise eine Lebenszeitprävalenz von 48 Prozent.<br />

Das bedeutet, dass nahezu alle von uns tief greifendes psychisches<br />

Leiden an uns selbst oder in unserer nächsten Umgebung<br />

schon erfahren haben.<br />

Folgen psychischer störungen<br />

In mit der Schweiz vergleichbaren europäischen Ländern<br />

sind bei den nicht übertragbaren Krankheiten neuropsychiatrische<br />

Erkrankungen mit Abstand die häufigste Ursache<br />

für die gesellschaftliche Krankheitslast (gemessen in<br />

so genannten DALYS – disability adjusted life years). Mit<br />

32 Prozent aller Ursachen sind sie wichtiger als Herz­Kreislauf­Erkrankungen,<br />

Krebs, Atemwegserkrankungen oder<br />

* Baer N. & Cahn T., <strong>2009</strong> in: Meyer K. (Hrsg.): Gesundheit in der Schweiz.<br />

Nationaler Gesundheitsbericht 2008. Buchreihe des Schweizerischen Gesundheitsobservatoriums,<br />

Bundesamt für Statistik, Bern.<br />

Erkrankungen der Sinnesorgane sowie muskuloskelettale<br />

Erkrankungen. Betrachtet man die Jahre, die Menschen<br />

mit einer Behinderung leben müssen, so sind neuropsychiatrische<br />

Erkrankungen in Europa für 43 Prozent aller mit<br />

Behinderung verlebten Lebensjahre verantwortlich.<br />

Psychisch bedingte invalidität<br />

Dies schlägt sich auch in der IV­Rentenstatistik nieder: In<br />

den letzten Dekaden haben die Invalidenrenten aus psychiatrischen<br />

Gründen stetig und stark zugenommen, zwischen<br />

1986 (20’000) und 2006 (100’000) etwa um das Fünffache.<br />

Zugenommen hat vor allem die Gruppe der so genannt<br />

«psychogenen oder milieureaktiven» Störungen, die u.a.<br />

Depressionen, Persönlichkeitsstörungen und Schmerzstörungen<br />

beinhaltet. Die Wirksamkeit von beruflichen<br />

Eingliederungsmassnahmen ist bei psychisch Behinderten<br />

zudem besonders tief.<br />

Psychisch bedingte suizide<br />

Eine tragische Folge psychischen Leidens sind Selbsttötungen.<br />

In der Schweiz sind Selbsttötungen häufig, die<br />

Suizidrate ist im langjährigen europäischen Vergleich überdurchschnittlich<br />

hoch mit rund 20 Suiziden pro 100’000<br />

Einwohnerinnen und Einwohner. Jedes Jahr begehen in<br />

der Schweiz durchschnittlich rund 1000 Männer und 400<br />

Frauen Suizid. Neun von zehn Menschen, die Suizid begehen,<br />

litten zuvor an einer depressiven Erkrankung oder an<br />

einer anderen psychischen Störung.<br />

Psychische Gesundheitsprobleme in der<br />

Bevölkerung<br />

In der Schweizerischen Gesundheitsbefragung 2002 des<br />

Bundesamtes für Statistik berichtete insgesamt knapp ein<br />

Drittel der Schweizer Bevölkerung über leichtere psychische<br />

Beschwerden an mindestens drei bis vier Tagen in der<br />

vorhergehenden Woche, wobei Gefühle von Pessimismus,<br />

Energielosigkeit und Nervosität besonders häufig sind.<br />

Ein Fünftel der Schweizer Bevölkerung fühlt sich zudem<br />

psychisch unausgeglichen und weist zumindest schwache<br />

depressive Symptome auf. Auch äussert etwa jeder Vierte<br />

eine schwache Kontrollüberzeugung und damit das Gefühl,<br />

sein Leben nicht selbst kontrollieren und bestimmen zu<br />

können, sondern den eigenen Problemen ausgeliefert und<br />

im Leben hin­ und hergeworfen zu sein. In Anbetracht solcher<br />

Fakten wird häufig zunächst nach Gründen gesucht,<br />

warum psychische Probleme heute so verbreitet sind. Die<br />

Faktenlage zeigt allerdings ein anderes Bild:

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