<strong>punkt</strong>_<strong>02</strong>/<strong>2011</strong>
<strong>Der</strong> Kutter „Andrea“ auf hoher See. Nach vier Stunden Schleppzeit wird das Netz wieder eingeholt und der Fang auf dem Kutter verarbeitet. Neben den Fischen landet regelmäßig Abfall im Netz. TITEL Mike Hilger schaut von seinem Kapitänsführerhaus in den Hafen Burgstaaken. Es ist noch früh, bunte Fähnchen an den umliegenden Schiff en fl attern in der frischen Brise, Fangnetze glitzern in der aufgehenden Sonne, das Kreischen der Möwen ist auch von weitem zu hören. „Leinen los“, ruft der Kapitän seiner Besatzung zu. Die Motoren dröhnen laut, als der Kutter sich in Bewegung setzt, die Gespräche verstummen. Doch viel zu reden gibt es ohnehin nicht, jeder weiß, was er zu tun hat. In Windeseile werden die Fender aus dem Wasser gezogen und die Netze eingerollt, während Hilger die „Andrea“ ins off ene Meer steuert. Nach fünf Seemeilen ist die Mannschaft in einem Gebiet angekommen, in dem sie Dorsch und Scholle fi schen wollen. „Du musst das Brett losmachen“, tönt es erneut aus dem Steuerhaus. Gemeint sind damit die Scherbretter, die ins Wasser gelassen werden und nach außen drift en, damit das Netz zu den Seiten hin off en bleibt. Seile laufen über eine dicke Rolle, es klappert und rattert, während die Crew dafür sorgt, dass das 80 Meter lange Netz in den Tiefen des Meeres versinkt. Seit 30 Jahren arbeitet Hilger auf See. <strong>Der</strong> 47-Jährige, der mit seiner Familie auf Fehmarn lebt, ist hier aufgewachsen und kennt die Ostsee und ihre Fanggebiete wie kaum ein anderer. Seit zwei Jahren ist Sohn Marc mit an Bord. Mit wilder Romantik hat die Fischerei wenig zu tun. Die Arbeit ist hart, auch mit Ölkleidung kriecht bei Regen und Kälte die Feuchtigkeit in die Knochen. Oft sind es viele Tage, manchmal auch Wochen, die sie von ihren Familien getrennt sind, wenn sie auf Fangreisen unterwegs sind. Die Preise schwanken ständig und statt Fisch landet den Fischern regelmäßig Abfall im Netz. „Ich hab schon Autoreifen drin gehabt, Dosen und jede Menge Plastik“, erzählt Hilger. Nicht unbedingt die natürlichen Bewohner der Ostsee. Bis vor kurzem hat er nicht gewusst, was er damit machen soll. Zum einen gibt es keine Vorkehrungen an Bord der Kutter, um den Abfall zu lagern. Zum anderen sind die Möglichkeiten für Müllsammlung und -trennung in vielen Häfen unzureichend oder sogar kostenpfl ichtig. Doch seit Mai <strong>2011</strong> ist er einer von rund 20 Fischern, die bei dem Projekt „Fishing for Litter“ mitmachen. Big Bags für den Abfall „Fishing for Litter“ ist ein in Deutschland einzigartiges Pilotprojekt, das der NABU mit regionalen Partnern und der <strong>Der</strong> <strong>Grüne</strong> <strong>Punkt</strong> – Duales System Deutschland GmbH (DSD) ins Leben gerufen hat. „Litter“ ist das englische Wort für Abfall. Ziel ist es, regionale Strukturen zur eff ektiven Müll entsorgung in ausgewählten Häfen an der Ostseeküste aufzubauen und gleichzeitig mehr über Zusammensetzung und Herkunft des Abfalls zu erfahren. Dabei setzen die Initiatoren auf das Engagement der Fischer aus den Fischereigenossenschaft en Fehmarn und Heiligenhafen. Diese erhalten vom NABU kos tenlose Sammelsäcke, so genannte Big Bags, in denen der Müll auf See gesammelt und transportiert werden kann. „Die Fischer sind nicht als Müllsammler auf dem Meer unterwegs, sondern bringen nur <strong>punkt</strong>_<strong>02</strong>/<strong>2011</strong> 12 13