Wisidanger 6.pdf - Wiesendangen
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Daheim an der Schlossstrasse<br />
15 Jahre lang bewohnte Ruth Schär eine<br />
Wohnung im Obstgarten an der Attikerstrasse<br />
hinter dem Coop. Dann wurde das Gebäude<br />
abgerissen, um mit dem Rest der grossen<br />
Wiese einer Neuüberbauung zu weichen.<br />
Für die rüstige 76-Jährige war klar: Sie würde<br />
in die Alterswohnungen an der Schlossstrasse<br />
6 ziehen. Zu Beginn musste sie sich mit<br />
einer 1-Zimmer-Wohnung im Hochparterre<br />
links zufrieden geben, weil gerade keine 2-<br />
Zimmer-Wohnung frei war, um die sie sich<br />
beworben hatte. Doch bereits nach kurzer<br />
Zeit konnte sie in der gleichen Laube ganz<br />
hinten in der Ecke eine grössere Wohnung<br />
beziehen. Hier wohnt sie nun seit über einem<br />
Jahr, und sie fühlt sich wohl. «Ich bin hier<br />
daheim», sagt sie mit Überzeugung.<br />
Ruth Schär hat sich ein kleines, hübsches<br />
Reich eingerichtet. Im Wohnzimmer ist es<br />
gemütlich. An der Wand steht ein altes, liebevoll<br />
restauriertes Buffet, gegenüber das<br />
Canapé mit neuem Bezug. «Es sind die Möbel<br />
meiner Eltern, meine Tochter hat sie aufgefrischt»,<br />
erklärt sie stolz. An den Wänden<br />
hängen Fotos der fünf Enkelkinder und des<br />
Urenkels. Den Fernsehsessel haben ihr ihre<br />
Kinder gekauft. Dummerweise schlafe sie<br />
darin immer ein. «Nur selten sehe ich die<br />
Nachrichten», ereifert sie sich kopfschüttelnd.<br />
Sie habe den Jungen gesagt, sie hätten<br />
einen Blödsinn gemacht mit dem Kauf dieses<br />
Sessels. Rücklehne und Fussstütze sind verstellbar,<br />
aber die dürfe sie nicht betätigen,<br />
sonst schlafe sie vielleicht die ganze Nacht<br />
vor dem Fernseher, meint sie mit gespielter<br />
Entrüstung.<br />
Von ihren vier Kindern leben zwei in der<br />
näheren Umgebung. Eine Tochter kennt man<br />
im Dorf: Es ist die Schulhauswartin Colette<br />
Ruppert. Die zweite Tochter wohnt im Kanton<br />
Baselland. Sie war es, die der Mutter die<br />
Möbel restaurierte. Der ältere Sohn betreibt<br />
in Seen eine Garage. Auf die Frage, ob das<br />
Foto auf dem Buffet diesen Sohn zeige, umnebeln<br />
sich die Augen der Rentnerin. Nein,<br />
dieser, der Jüngste, sei vor zehn Jahren gestorben.<br />
Es tue weh, ein Kind zu verlieren, berichtet<br />
sie.<br />
Das Leben hat es nicht immer gut gemeint<br />
mit Ruth Schär. Zu einer Zeit, als solches<br />
noch stigmatisiert wurde, liess sie sich anno<br />
1969 von ihrem Mann scheiden. Damals lebte<br />
die Familie am Tegerlooweg in Oberwinterthur.<br />
Fortan musste sie sich und die vier<br />
Kinder selbst über die Runden bringen. Arbeit<br />
fand sie bei der Firma Stewi in der Grüze. Sie<br />
habe dort alles Mögliche gemacht, vor allem<br />
aber in der Fertigungskontrolle gearbeitet,<br />
erzählt sie. Die Firma gab ihr Halt und<br />
Sicherheit, 23 Jahre lang, bis zu ihrer Pensionierung.<br />
Vom Angebot an Aktivitäten für Seniorinnen<br />
und Senioren macht Ruth Schär regen Gebrauch.<br />
So turnt sie jeden Dienstagmorgen<br />
im Altersturnen, und nimmt teil an den jährlichen<br />
Seniorenferien, die von der Pro Senectute<br />
organisiert und von Pfarrer Cloos geleitet<br />
werden. Auch beim Mittagtisch ist sie stets<br />
mit von der Partie. An den Spielnachmittagen,<br />
die der örtliche Frauenverein einmal<br />
monatlich im Aufenthaltsraum im Untergeschoss<br />
der Alterswohnungen organisiert,<br />
spielt sie jeweils mit Trudi Schwank «Eile mit<br />
Weile». Meistens werde jedoch gejasst. Auch<br />
die Seniorennachmittage, die die Seniorenkommission<br />
der beiden Kirchen sechs Mal<br />
jährlich organisiert, besucht sie immer. Das<br />
alles macht ihr Spass.<br />
THEMA<br />
Für sie war der Entschluss, in die Alterswohnung<br />
zu ziehen, richtig: «Ich habe mir<br />
gedacht, das ist eine Alterswohnung – und da<br />
gehöre ich auch hin.» Der Zusammenhalt<br />
unter den Bewohnerinnen und Bewohnern<br />
sei sehr gut. Gerade habe "Miggi", so wird<br />
Maria Fäs genannt, ihren 90. Geburtstag gefeiert,<br />
und alle seien eingeladen worden.<br />
Wäre das Altersheim eine Alternative gewesen?<br />
«Angemeldet bin ich, aber ich finde, ich<br />
bin noch nicht so weit. Ich koche noch selbst,<br />
und ich koche gerne. Und wenn ich mich nur<br />
noch hinsetzen könnte, wer weiss, ob das gut<br />
für mich wäre», sinniert Ruth Schär. Sie legt<br />
Wert darauf, eigenständig zu sein, den<br />
Haushalt selbst zu besorgen, und tun und<br />
lassen zu können, was sie wolle. Wenn sie gebrechlich<br />
wäre, dann würde sie das<br />
Altersheim in Betracht ziehen, aber so lange<br />
sie noch turnen könne, nein, so lange ziehe<br />
sie die Alterswohnung vor.<br />
Alterswohnungen<br />
Die Alterswohnungen an der Schlossstrasse<br />
6 wurden in den Sechzigerjahren von der<br />
Gemeinde <strong>Wiesendangen</strong> erstellt. Sie sind<br />
für AHV oder IV-Bezügerinnen und Bezüger<br />
bestimmt. Derzeit gibt es zehn 2-Zimmer-<br />
Wohnungen und acht 1-Zimmer-Wohnungen.<br />
Im Dachgeschoss liegt die 4-Zimmer-<br />
Abwartswohnung, in der seit August die<br />
junge Abwartsfamilie Gould wohnt.<br />
Es besteht eine kleine Warteliste. Personen,<br />
die Interesse an einer Wohnung haben,<br />
melden sich bitte schriftlich bei der Gemeindeverwaltung<br />
<strong>Wiesendangen</strong>. Nähere<br />
Auskünfte erteilt Markus Zollinger, Gemeindehaus,<br />
Telefon 052 320 92 34.<br />
Die Alterswohnungen an der Schulstrasse<br />
10 wurden von der Genossenschaft Alterswohnungen<br />
<strong>Wiesendangen</strong> im Jahre 1998<br />
erstellt. Die 2.5 bis 4.5-Zimmer-Wohnungen<br />
werden ausschliesslich an Genossenschafter<br />
vermietet. Die Mieter fühlen sich in ihren<br />
Wohnungen sehr wohl, weshalb fast nie<br />
Mieterwechsel stattfinden. Für künftige Mieter<br />
besteht eine Warteliste. Auskunft erteilt<br />
Richard Bätscher, Telefon 052 337 23 97. In<br />
der gleichen Liegenschaft ist die Spitex einquartiert.<br />
De <strong>Wisidanger</strong> 5