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Bilanzrecht <strong>und</strong> Betriebswirtschaft // Entscheidungen<br />
FG Ba<strong>de</strong>n-Württemberg · Keine Rechnungsabgrenzung bei Stufenzinsprodukten<br />
In <strong>de</strong>n Jahren 2005/2006 fand bei <strong>de</strong>r Klägerin eine Außenprüfung statt.<br />
Die Betriebsprüferin ging bezüglich <strong>de</strong>s o.g. Vertrags davon aus, dass eine<br />
über die Laufzeit gleichbleiben<strong>de</strong> Leistung <strong>de</strong>r X-Bank vorliegt <strong>und</strong> die<br />
insgesamt von <strong>de</strong>r Klägerin gezahlten Zinsen gleichmäßig auf die Darlehenslaufzeit<br />
zu verteilen seien. Dies be<strong>de</strong>ute <strong>für</strong> das Streitjahr, dass rechnerisch<br />
ein Teil <strong>de</strong>r Zinsen in Höhe von … DM auf die Folgejahre entfällt.<br />
In dieser Höhe hat die Betriebsprüfung Betriebsausgaben nicht anerkannt<br />
<strong>und</strong> anstelle <strong>de</strong>ssen einen ARAP gebil<strong>de</strong>t.<br />
Ob Ausgaben als Aufwand <strong>für</strong> das abgelaufene <strong>Wirtschaft</strong>sjahr o<strong>de</strong>r <strong>für</strong><br />
eine bestimmte Zeit nach <strong>de</strong>m Bilanzstichtag zu werten sind, sei danach<br />
zu entschei<strong>de</strong>n, ob <strong>de</strong>r wirtschaftliche Gr<strong>und</strong> in <strong>de</strong>r Vergangenheit o<strong>de</strong>r<br />
in <strong>de</strong>r Zukunft liege, insbeson<strong>de</strong>re ob <strong>und</strong> inwieweit diese Ausgaben<br />
durch bestimmte im abgelaufenen <strong>Wirtschaft</strong>sjahr empfangene Gegenleistungen<br />
o<strong>de</strong>r erst durch künftig zu erwarten<strong>de</strong> Gegenleistungen wirtschaftlich<br />
verursacht seien. Die über die [die] gesamte Darlehenslaufzeit<br />
gezahlten Zinsen seien eine zeitraumbezogene Gegenleistung <strong>für</strong> die Kapitalüberlassung.<br />
Da die Darlehen in einer Summe am En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Laufzeit<br />
zurückgezahlt wer<strong>de</strong>n, han<strong>de</strong>le es sich um eine gleichbleiben<strong>de</strong> Leistung<br />
<strong>de</strong>r X-Bank während <strong>de</strong>r gesamten Darlehenslaufzeit. Die gesamten von<br />
<strong>de</strong>r Klägerin gezahlten Zinsen seien daher gleichmäßig auf die Darlehenslaufzeit<br />
zu verteilen. Soweit in <strong>de</strong>n ersten Jahren <strong>de</strong>r Darlehenslaufzeit erhöhte<br />
Zinsen gezahlt wür<strong>de</strong>n, wür<strong>de</strong>n diese teilweise Vorleistungen <strong>für</strong><br />
die Kapitalüberlassung späterer Jahre darstellen.<br />
Der Beklagte schloss sich dieser Beurteilung an <strong>und</strong> erließ am 4.6.2007<br />
einen entsprechen<strong>de</strong>n ¾n<strong>de</strong>rungsbescheid. Dagegen legte die Klägerin<br />
form- <strong>und</strong> fristgerecht Einspruch ein. Die zur Beginn <strong>de</strong>r Darlehenslaufzeit<br />
vergleichsweise höheren Zinszahlungen seien zivilrechtlich <strong>für</strong> die jeweils<br />
abgeschlossenen Zinszahlungszeiträume <strong>de</strong>r Vergangenheit geschul<strong>de</strong>t<br />
<strong>und</strong> bezahlt. Dies zeige sich nicht zuletzt darin, dass, wenn das Darlehensverhältnis<br />
im gegenseitigen Einvernehmen aufgelöst wer<strong>de</strong>, <strong>für</strong> <strong>de</strong>n<br />
Darlehensnehmer kein Rückzahlungsanspruch auf die – wirtschaftlich betrachtet<br />
– vorausgezahlten Zinsen bestehe. Ebenso erfolge keine Anrechnung<br />
auf die zu zahlen<strong>de</strong> Vorfälligkeitsentschädigung.<br />
Der Einspruch wur<strong>de</strong> in <strong>de</strong>r Teil-Einspruchsentscheidung vom 19.9.2007 als<br />
unbegrün<strong>de</strong>t zurückgewiesen. Bei Darlehensverhältnissen sei bezüglich<br />
<strong>de</strong>r Frage, ob im Streitjahr Zinsen als Ausgaben anfallen, die wirtschaftlich<br />
spätere Zeiträume betreffen, die vom Darlehensnehmer <strong>für</strong> einen bestimmten<br />
Zeitraum gezahlten Zinsen mit <strong>de</strong>m Wert <strong>de</strong>r in dieser Zeit erhaltenen<br />
Kapitalüberlassung zu vergleichen. Zur Bestimmung dieses Wertes sei bei<br />
einer Kreditaufnahme mit festgeschriebenen Konditionen nach <strong>de</strong>r insoweit<br />
gebotenen wirtschaftlichen Betrachtung die anfallen<strong>de</strong>n Gesamtkosten<br />
gleichmäßig auf <strong>de</strong>n Festschreibungszeitraum zu verteilen. Die Gr<strong>und</strong>sätze,<br />
die bei <strong>de</strong>r Vereinbarung eines Damnums bzw. Disagios Anwendung<br />
fän<strong>de</strong>n, seien auch bei <strong>de</strong>r Vereinbarung fallen<strong>de</strong>r Zinssätze anzuwen<strong>de</strong>n.<br />
Der hohe Zins zu Beginn <strong>de</strong>r Darlehensaufnahme sei wirtschaftlich allein<br />
dadurch zu begrün<strong>de</strong>n, dass im Gegenzug in <strong>de</strong>n letzten Jahren <strong>de</strong>r Zinsfestschreibung<br />
ein unterdurchschnittlicher Zins festgelegt wor<strong>de</strong>n sei.<br />
Dagegen richtet sich die Klage vom 16.10.2007. Ein Vorleistungscharakter<br />
sei im Streitfall nicht gegeben. In Anbetracht <strong>de</strong>r klaren zivilrechtlichen Lage<br />
könne es auf <strong>de</strong>n wirtschaftlichen Gr<strong>und</strong> <strong>de</strong>r über die Jahre fallen<strong>de</strong>n<br />
Zinssätze nicht ankommen. Außer<strong>de</strong>m könne es aus <strong>de</strong>r Sicht <strong>de</strong>s Darlehensgebers<br />
aus Risikoüberlegungen heraus durchaus sinnvoll sein, zu Beginn<br />
einer längeren Vertragsbeziehung höhere Preise zufor<strong>de</strong>rn. Ebenso<br />
könnten die jeweiligen Marktumstän<strong>de</strong> mit zunehmen<strong>de</strong>r Laufzeit fallen<strong>de</strong><br />
Zinssätze begrün<strong>de</strong>n. Im Übrigen akzeptiere <strong>de</strong>r BFH im Urteil vom<br />
20.1.1993 – I R 115/91, BStBl. II 1993, 373, BB 1993, 895, im Fall <strong>de</strong>s Zuwachssparens<br />
mit während <strong>de</strong>r Laufzeit steigen<strong>de</strong>n Zinsen gera<strong>de</strong> keine Er-<br />
gebnisgleichverteilung, obwohl dies bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise<br />
wegen <strong>de</strong>r mit Dauer <strong>de</strong>r Vertragslaufzeit zunehmen<strong>de</strong>n Wahrscheinlichkeit<br />
<strong>de</strong>s Erfüllen-Müssens geboten sei. Eine Ergebnisgleichverteilung wer<strong>de</strong><br />
hier steuerlich nicht akzeptiert mit <strong>de</strong>r Begründung, dass <strong>de</strong>r Sparer kündigen<br />
könne, also gera<strong>de</strong> mit einem zivilrechtlichen Argument.<br />
Die Klägerin beantragt, <strong>de</strong>n Körperschaftsteuerbescheid 1999 vom 4.6.2007<br />
in Gestalt <strong>de</strong>r Einspruchsentscheidung vom 19.9.2007 dahingehend abzuän<strong>de</strong>rn,<br />
dass weitere Betriebsausgaben in Höhe von … DM berücksichtigt<br />
wer<strong>de</strong>n, <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Fall <strong>de</strong>s vollständigen o<strong>de</strong>r teilweisen Unterliegens Zulassung<br />
<strong>de</strong>r Revision. Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen, <strong>für</strong> <strong>de</strong>n<br />
Fall <strong>de</strong>s vollständigen o<strong>de</strong>r teilweisen Unterliegens Zulassung <strong>de</strong>r Revision.<br />
Das FA hält an <strong>de</strong>r Argumentation in <strong>de</strong>r Einspruchsentscheidung fest. […]<br />
AUS DEN GRÜNDEN<br />
Ansatz aktiver Rechnungsabgrenzungsposten<br />
[…] 1. a) Für Zwecke <strong>de</strong>r Ermittlung <strong>de</strong>r von ihr zu entrichten<strong>de</strong>n Körperschaftsteuer<br />
ist die Klägerin verpflichtet, das nach han<strong>de</strong>lsrechtlichen<br />
Gr<strong>und</strong>sätzen ordnungsmäßiger Buchführung auszuweisen<strong>de</strong> Betriebsvermögen<br />
anzusetzen (§ 8 Abs. 1 KStG, § 5 Abs. 1 EStG). Gemäß § 5 Abs. 5<br />
S. 1 Nr. 1 EStG, § 250 Abs. 1 S. 1 HGB in <strong>de</strong>r im Streitjahr gültigen Fassung<br />
sind als Rechnungsabgrenzungsposten auf <strong>de</strong>r Aktivseite nur Ausgaben<br />
vor <strong>de</strong>m Abschlussstichtag, soweit sie Aufwand <strong>für</strong> eine bestimmte Zeit<br />
nach diesem Tag darstellen, anzusetzen.<br />
Anwendungsbereich: nicht nur synallagmatisch<br />
schuldrechtliche Leistungen<br />
b) Der Anwendungsbereich <strong>de</strong>r Rechnungsabgrenzung betrifft in erster<br />
Linie typische Vorleistungen eines Vertragspartners im Rahmen eines gegenseitigen<br />
Vertrages i.S. <strong>de</strong>r §§ 320ff. BGB, er ist jedoch nicht auf synallagmatisch<br />
schuldrechtliche Leistungen beschränkt (BFH-Urteil vom<br />
23.2.2005 – I R 9/04, BStBl. II 2005, 481, BB 2005, 1160).<br />
Posten soll im Interesse <strong>de</strong>r Bilanzklarheit möglichst<br />
klein gehalten wer<strong>de</strong>n<br />
c) Aus <strong>de</strong>r Entstehungsgeschichte <strong>de</strong>r Vorschrift über RAP ergibt sich,<br />
dass § 5 Abs. 5 EStG restriktiv angelegt ist; <strong>de</strong>r Posten soll im Interesse<br />
<strong>de</strong>r Bilanzklarheit möglichst klein gehalten wer<strong>de</strong>n. Dies kommt auch im<br />
Wortlaut zum Ausdruck (Bauer, in: Kirchhof/Söhn, EStG, § 5 Rn. F 75). Die<br />
einschränken<strong>de</strong> Auslegung entspricht <strong>de</strong>m Vorsichtsprinzip. Es war die<br />
Absicht <strong>de</strong>s Gesetzgebers, <strong>de</strong>r kaufmännischen Vorsicht <strong>de</strong>n Vorrang vor<br />
<strong>betriebs</strong>wirtschaftlichen Überlegungen zur Ermittlung <strong>de</strong>s richtigen Perio<strong>de</strong>ngewinnseinzuräumen<br />
(Bauer, in: Kirchhof/Söhn, EStG, § 5 Rn. F 76).<br />
Tatbestandliche Voraussetzungen <strong>de</strong>s § 5 Abs. 5 S. 1<br />
Nr. 1 EStG 1999 sind im Streitfall nicht erfüllt<br />
2. Die tatbestandlichen Voraussetzungen <strong>de</strong>s § 5 Abs. 5 S. 1 Nr. 1 EStG<br />
1999 sind im Streitfall nicht erfüllt. Die von <strong>de</strong>m Beklagten nicht anerkannten<br />
Zinsen stellen keinen Aufwand <strong>für</strong> eine bestimmte Zeit nach<br />
<strong>de</strong>m Abschlussstichtag dar.<br />
Rechnungsabgrenzung ist Ausdruck einer rechtlichen,<br />
nicht einer wirtschaftlichen Leistungsbezogenheit<br />
a) Aufgabe <strong>de</strong>r Rechnungsabgrenzung ist es, die Vorleistung <strong>de</strong>s einen Teils<br />
in das Jahr zu verlagern, in <strong>de</strong>m die nach <strong>de</strong>m Vertraggeschul<strong>de</strong>teGegenleistung<br />
erbracht wird. Die Zuordnung erfolgt daher nicht aufgr<strong>und</strong> <strong>de</strong>r Kostenrechnung,<br />
son<strong>de</strong>rn ausschließlich nach Maßgabe <strong>de</strong>s Schuldverhältnisses<br />
(Bauer, in: Kirchhof/Söhn, EStG, § 5 Rn. F 87); maßgeblich ist das rechtliche,<br />
insbeson<strong>de</strong>re schuldrechtliche Verhältnis von Leistung <strong>und</strong> Gegenleistung<br />
2750 Betriebs-Berater // BB 45.2010 // 1.11.2010