Ausgabe 03 2011
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Siegfried Vögele Institut (SVI) - Königstein/Taunus<br />
Heute Tagungshotel – damals Aufenthaltsort für berühmte Maler und Schrift steller<br />
Am Rande Königsteins, in der Nähe des Woog-Tals, eingebettet<br />
in einer denkmalgeschützten Parkanlage, befi nden<br />
sich zwei Jugendstil-Gebäude, die über einen Kreuzgang<br />
miteinander verbunden sind – das ehemalige Sanatorium<br />
Dr. Kohnstamm sowie die Villa L. Albert Hahn, ein<br />
Ensemble, welches teilweise von dem Architekten Hugo<br />
Eberhardt aus Off enbach am Main geplant und ausgeführt<br />
wurde.<br />
Viele Künstler kurten zu Beginn des letzten Jahrhunderts<br />
in der Villa Dr. Kohnstamm. U.a. schrieb von Bassewitz<br />
hier sein Märchen von Peterchens Mondfahrt, Ernst Ludwig<br />
Kirchner bemalte das Brunnenhaus Anfang des 20.<br />
Jahrhunderts mit expressionistischen Badeszenen …<br />
In der Turnhalle des Sanatoriums fanden ständig Konzerte<br />
und Th eaterauff ührungen statt, bei denen berühmte<br />
Hausgäste und auch Königsteiner Vereine mitwirkten. Bei<br />
einem Luft angriff am 2./3. Februar 1945 wurde das Gebäude<br />
zerstört.<br />
Im August 1962 wurde das ehemalige Sanatorium von<br />
dem New Yorker Kaufmann und Kunstsammler Clarence<br />
C. Franklin zum Preis von 2 Millionen DM an das Bundespostministerium<br />
zur Verwendung als Schulheim für<br />
das Fernmeldewesen verkauft . Heute ist das Siegfried Vögele<br />
Institut (ein Tochterunternehmen der Post) darin untergebracht.<br />
Wer war Dr. Kohnstamm?<br />
Neurologe, Psychiater und Autor!<br />
Oskar Felix Kohnstamm wurde 1871 in Pfungstadt geboren,<br />
er war das zweitjüngste von insgesamt sieben Kindern.<br />
Nach seinem Studium in Gießen, Straßburg und Berlin kam<br />
Kohnstamm im Jahre 1894 nach Königstein, um zunächst<br />
in der Frankfurter Straße eine allgemeinmedizinische<br />
Praxis zu eröff nen. In den Jahren 1904/1905 ließ Kohnstamm<br />
dann am Ölmühlweg ein Sanatorium errichten.<br />
Das junge Ehepaar – 1896 heiratete Kohnstamm Eva Gad,<br />
promovierte Ärztin und Tochter seines ehemaligen Lehrers<br />
Johannes Gad – schickte sich an, Pensionsgäste aufzunehmen.<br />
Die einzige Tochter weiß aus den Erinnerungen<br />
der Eltern zu berichten: „Mein Vater erklärte seiner jungen<br />
Frau, dass die Schleimsuppen und Griesbreie in den<br />
paar Königsteiner Gasthäusern nicht gut genug gekocht<br />
seien. So nahm man denn die ersten in Kur weilenden Patienten<br />
zu den Familienmahlzeiten auf. Eva Kohnstamm<br />
blies auf der kleinen Trompete ihres Sprösslings Rudi zum<br />
Fenster hinaus, um die Gäste zu Tisch zu rufen …“. Damals<br />
habe man den jugendlichen Landarzt noch häufi g in<br />
die Nachbarorte gebeten. Teilweise sollen Operationen auf<br />
dem Küchentisch erfolgt sein. Als Kohnstamm 19<strong>03</strong> den<br />
Pensionsbetrieb bei der zuständigen Behörde anmeldete,<br />
wohnte man bereits in der Villa San Marino an der Limburger<br />
Straße.<br />
Außerhalb seiner berufl ichen Aktivitäten widmete sich<br />
der Arzt den kommunalen Belangen. Von 1908 bis zu seinem<br />
Tod war er Stadtverordneter der Kurstadt. Überaus<br />
8 9<br />
engagiert setzte er sich beispielsweise für den Bau eines<br />
Freibads ein.<br />
Nur 46 Jahre alt, starb Oskar Kohnstamm 1917 in einem<br />
Frankfurter Krankenhaus an einer verschleppten Blinddarmentzündung.<br />
Die Sorge für die Kriegsverwundeten<br />
in dem 1914 zum Lazarett deklarierten Sanatorium hatte<br />
ihn nicht an die eigene Gesundheit denken lassen.<br />
Die Gäste<br />
Das Sanatorium sprach mit nur 25 Gästebetten gezielt einen<br />
Kreis intellektuell hochstehender Patienten an und<br />
wurde international bekannt. Bedeutende Persönlichkeiten,<br />
vorwiegend aus Kunst und Wissenschaft , suchten<br />
hier Heilung oder weilten als Freunde der Familie zu Gast.<br />
Unter ihnen Henry van de Velde, ebenso der Schauspieler<br />
Alexander Moissi, der Schrift steller Karl Wolfskehl, der<br />
Archäologe Botho Graef. Auch der Pädagoge Kurt Hahn<br />
sei genannt, Erzieher von Prinzgemahl Philip Mountbatten,<br />
Ehemann der britischen Königin Elisabeth II.