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Dr. Dr. Jacob Emmanuel Mabe Philosoph und Politikwissenschaftler ...

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Schluss: Trotz all der Grausamkeiten, die auch die Deutschen in Kamerun<br />

verübt haben, war das, was sie gemacht haben, doch viel interessanter <strong>und</strong><br />

für die Entwicklung förderlicher als das, was die Franzosen später in 60, 70<br />

Jahren gemacht haben. Von daher ist zwar selbstverständlich keine<br />

Sehnsucht nach der Kolonialzeit vorhanden in Kamerun, aber man stellt<br />

doch immerhin fest, dass mit den Deutschen eine ganze andere<br />

Fre<strong>und</strong>schaft möglich gewesen war als mit den Franzosen.<br />

Stark: Tatsächlich? Ist das ein allgemein verbreitetes Bewusstsein in Kamerun?<br />

<strong>Mabe</strong>: Dies ist ein Empfinden, das vor allem auch in den letzten Jahren immer<br />

wieder anzutreffen ist. Sie werden selten einen Kameruner finden, der sagt,<br />

er würde die Deutschen hassen. Dafür spricht alleine schon z. B. die<br />

Tatsache, dass man heute in Kamerun einen Deutschen als Trainer der<br />

Fußballnationalmannschaft hat. Er ist freilich nicht der erste Europäer, der<br />

das macht. Der erste Europäer, der überhaupt Trainer der<br />

Fußballnationalmannschaft gewesen ist, war Peter Schnittger. Die Leute<br />

sagen heute noch, er sei der Beste gewesen – obwohl er eigentlich gar<br />

nichts getan habe. Dass Winfried Schäfer also heute so beliebt ist in<br />

Kamerun, hat eben auch mit dieser historischen Erinnerung der Menschen<br />

dort an die Deutschen zu tun.<br />

Stark: Der Kolonialismus ist sicherlich ein Unrecht, das ist heutzutage wohl jedem<br />

Menschen in den ehemaligen Kolonialmächten klar. Einen kleinen Nachteil<br />

hatte diese nur kurze Kolonialzeit für die Deutschen aber vielleicht doch: Sie<br />

können möglicherweise deswegen weniger selbstverständlich mit<br />

Afrikanern oder auch Asiaten umgehen als Briten oder Franzosen, die eben<br />

z. T. mehr als ein Jahrh<strong>und</strong>ert Bürger bzw. Menschen aus diesen Ländern<br />

bei sich hatten, sie also sozusagen gewöhnter waren. Ist das richtig? Das ist<br />

nur so eine Vermutung von mir.<br />

<strong>Mabe</strong>: Nein. Man darf die Deutschen einfach nicht immer entschuldigen. Ich<br />

spreche hier natürlich als neutraler Gelehrter, aber mir scheint es so zu sein,<br />

dass die einfachen Menschen aus anderen Ländern, die hier leben – seien<br />

das nun Türken oder Franzosen –, über die Deutschen folgendermaßen<br />

denken: Die Deutschen sind in ihrem Charakter verschlossener als andere<br />

<strong>und</strong> sie tun sich immer schwer damit, andere zu akzeptieren. Die<br />

Deutschen glauben auch, das Fremde sei ihnen immer fremd. Ich merke<br />

das an der Universität auch selbst: Am Anfang sind die Studenten eher<br />

abgeneigt. Das ist an sich sogar richtig, denn der <strong>Philosoph</strong> Rousseau hat<br />

ja auch gesagt, dass jeder Patriot "hostile aux étrangers" sei. Damit meint er<br />

nicht, dass der Patriot dem Fremden gegenüber feindlich eingestellt ist:<br />

Nein, er hat nur eine gewisse Abgeneigtheit gegenüber Fremden. Wenn<br />

dann erst einmal ein Kontakt zustande kommt, dann ist es natürlich auch in<br />

Deutschland so, dass die Menschen sagen: "Was? Ich habe noch nie<br />

Probleme mit Schwarzen gehabt! Ich hatte nie ein Problem mit Afrikanern!"<br />

Plötzlich behauptet jeder, das sei selbstverständlich für ihn – obwohl das<br />

zuvor natürlich nicht selbstverständlich gewesen ist. Von daher kann man<br />

also nicht sagen, dass...<br />

Stark: ... es die fehlende Welterfahrung der Deutschen ausmacht.<br />

<strong>Mabe</strong>: Die Deutschen hatten ja auch in der Tat genügend Erfahrungen mit<br />

anderen Menschen wie z. B. Juden oder anderen Fremden usw. Wir<br />

werden in unserem Gespräch vermutlich auch noch über einen<br />

afrikanischen <strong>Philosoph</strong>en sprechen, der hier in Deutschland im 18.<br />

Jahrh<strong>und</strong>ert gelebt <strong>und</strong> auch ganz bittere Erfahrungen gemacht hat. Im<br />

Großen <strong>und</strong> Ganzen kann man aber sagen, dass die Deutschen im Laufe<br />

der Zeit schon auch viel gelernt haben. Als ich damals in München anfing zu<br />

studieren, haben wir immer Feste gefeiert innerhalb der "Union afrikanischer<br />

Studenten" in München. Ich kann mich daran erinnern, dass damals<br />

lediglich ein paar deutsche Fre<strong>und</strong>e mit dabei gewesen sind. Das waren

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