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Redaktionelles<br />
Rezension<br />
‹Systemische Beratung jenseits<br />
von Tools und Methoden›<br />
Bernd Schmid und Christiane Gérard<br />
EHP-Verlag Andreas Kohlhage, 20<strong>12</strong><br />
Das Buch beginnt mit einem Dialog der Autoren<br />
zu ihren persönlichen Grunderfahrungen<br />
auf dem Berufslebensweg. Die folgenden<br />
sieben Kapitel wählen verschiedene<br />
Perspektiven, mit denen Menschen<br />
den persönlichen Bezug auf Arbeit betrachten<br />
können. Die ersten drei sind Beruf,<br />
Professionalität und Organisation.<br />
Der Beruf gibt eine Art Überblick, im Abschnitt<br />
Professionalität werden Professionalitätsphasen<br />
(Einstieg, Lebensmitte, Seniorexperte),<br />
die verschiedenen Kompetenzen<br />
(Fach-, Feld-, Markt-, Netzwerkkompetenz)<br />
und die speziellen Integrationsformeln,<br />
wie Kompetenzen zusammenwirken,<br />
erläutert. Die Autoren bevorzugen<br />
einen Weg, der vor einfachen oder<br />
radikalen Positionen warnt und die geläuterte<br />
Lösung auf einer integrativen Stufe<br />
bevorzugt. Gleichzeitig Weltläufigkeit und<br />
Bodenständigkeit zu leben, ist ein Beispiel.<br />
Die Analyse versucht das Wesentliche<br />
in den Fragestellungen zu erfassen<br />
und nicht auf Vorgefertigtes oder oberflächlich<br />
Spektakuläres abzufahren. Dies<br />
lässt viele professionelle Fragestellungen<br />
(wieder) sehr menschlich werden. Gleichzeitig<br />
treten sie aus den in diesen Zusammenhang<br />
oft gebrauchten begriffstechnischen<br />
Eigenwelten von HR und Personalund<br />
Organisationsentwicklung heraus<br />
wieder in allgemeinverständliche Zusammenhänge.<br />
Sie werden so alles andere als<br />
trivial, es entsteht eine sehr angemessene<br />
Tiefenschärfe in der Betrachtung. Syste-<br />
30 Info <strong>zwei</strong> <strong>12</strong><br />
misch an Dinge herangehen bedeutet<br />
eine bestimmte, angemessene<br />
Distanz zum beruflichen Tun, die<br />
Fähigkeit zum Metalog.<br />
Die Abschnitte werden mit Reflexionsfragen<br />
abgeschlossen, die<br />
dem Leser Gelegenheit geben, seinen<br />
eigenen Bezug zum Thema<br />
zu finden. In der Frage, wie man<br />
seine Professionalität entwickelt,<br />
sind die Figuren ‹innere<br />
Bilder› und die ‹Theatermetapher›<br />
wesentliche Konzepte. Inhaltlich<br />
kennzeichnet die Argumentationen<br />
ein Vertrauen sowohl in<br />
den zu entdeckenden eigenen Weg jedes<br />
Menschen als auch die Kraft der situativen<br />
Intelligenz bei Lebens- oder Berufsfragen.<br />
Dabei helfen Resonanzeinholen und Spiegelung<br />
durch andere Menschen, eine Methodik,<br />
die auch sehr typisch für das Institut<br />
für systemische Beratung von Schmid<br />
ist. Professionelle Individuation, also professionelle<br />
Selbstfindung und –entwicklung<br />
braucht kompetente Spiegelung<br />
durch Kollegen. Im vorletzten Kapitel<br />
steht der Milieuansatz im Zentrum der Betrachtung.<br />
Bestimmte ‹Bühnentauglichkeiten›<br />
im professionellen Leben, etwa ob<br />
jemand mit Topmanagern wirklich ‹kann›,<br />
werden im eigenen Entwicklungsmilieu<br />
angelegt. Milieutheorie mutet in den ansonsten<br />
von integrativ-liberaler Ausrichtung<br />
geprägten Konzepten wie ein leicht<br />
marxistischer Analyseausflug an. Es folgt<br />
ein Vergleich unterschiedlicher Konzepte,<br />
wie über die Beseitigung von ‹Störungen›<br />
auf dem Entwicklungsweg nachgedacht<br />
wird. Verhaltenstherapeutische, psychoanalytische,<br />
systemische, hypnosystemische<br />
und der Jungianische Ansatz kommen<br />
zum Tragen. Pointierte umfassende<br />
Thesenpapiere zu Charisma und Humanismus<br />
mit sehr viel Verdichtung schliessen<br />
das Buch ab.<br />
Nach den früheren eher Konzepte präsentierenden<br />
Büchern der Handbuchreihe<br />
‹Systemische Professionalität und Beratung›<br />
liegt damit jetzt ein deutlich persönlich<br />
positioniertes und stimulierendes<br />
Buch zum systemischen Ansatz von Bernd<br />
Schmid und seines Institutes vor. Inhaltlich<br />
bietet das Buch sehr viele Anregungen<br />
wie praktische Vorschläge. Es ist flüssig<br />
geschrieben, reichhaltig in seinen Ideen,<br />
aber so klar gegliedert, dass der Leser es<br />
gut portioniert lesen kann.<br />
Günther Mohr