Gemeindebrief - Evangelisch-Lutherische Kirchengemeinde Bad ...
Gemeindebrief - Evangelisch-Lutherische Kirchengemeinde Bad ...
Gemeindebrief - Evangelisch-Lutherische Kirchengemeinde Bad ...
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
10<br />
An(ge)dacht<br />
Lange Zeit kannten wir große Unwetter nur aus dem Fernsehen. Vor allem<br />
die Bilder aus Amerika und Asien waren schrecklich und Furcht einflößend.<br />
Stürme deckten Häuser ab. Straßen waren überflutet. Autos schwammen wie<br />
Treibholz in schlammigen Wassermassen. Dazwischen versuchten Menschen,<br />
sich selbst und ihr Hab und Gut zu retten. Nun scheinen ähnliche Unwetter<br />
seit einigen Jahren auch nach Deutschland zu kommen. Einige machen dafür<br />
den Klimawandel verantwortlich. Immer häufiger nehmen Gewitter und Stürme<br />
Ausmaße an, die wir in unseren Breiten früher für undenkbar hielten. In solcher<br />
Form sind die Naturgewalten für die meisten Menschen erschreckend und<br />
beängstigend.<br />
Vor diesem Hintergrund lese ich Jesajas Worte: „Bereitet dem Herrn den<br />
Weg, denn siehe, der Herr kommt gewaltig.“ Das klingt wie ein aufziehendes<br />
Unwetter. Am besten scheint es zu sein, Gott gleich Platz zu machen und ihm<br />
aus dem Weg zu gehen. Denn dieser Herr kommt mit Wucht. So verstanden,<br />
wirkt die Ankunft des Herrn bedrohlich und erschreckend. „Bereitet dem Herrn<br />
den Weg, denn siehe, der Herr kommt gewaltig.“<br />
Das Wort „Gewalt“ ist bei uns meist negativ besetzt. Mit Gewalt bringen wir<br />
Zerstörung in Verbindung. Jemand, der gewalttätig ist, nutzt seine körperliche<br />
Überlegenheit aus, um anderen Schaden zuzufügen oder sie zu beherrschen.<br />
In den Nachrichten hören wir täglich von gewalttätigen Auseinandersetzungen<br />
irgendwo auf der Welt.<br />
Doch „gewaltig“ bedeutet auch „überlegen“ und „stark“, „mächtiger als alles andere“,<br />
also auch wirkmächtiger. Wirkmächtig kann jedoch gerade auch etwas<br />
sehr Sanftes sein. Ich erinnere an Elias Gottesbegegnung am Berg Horeb (1.<br />
Könige 19). Hintereinander erlebt er, durch eine Höhle geschützt, verschiedene<br />
gewaltige Wetterphänomene. In jedem von ihnen hätte Gott sich offenbaren<br />
können. Doch schließlich erkennt Elia Gott im sanften Säuseln des Windes.<br />
Gottes Gewalt ist sanft wirkmächtig, beinahe zärtlich. Sie kann uns umhauen,<br />
wie die Erfahrung einer großen Liebe, und uns weiche Knie bescheren wie ein<br />
erster Kuss.<br />
Die Geburt Jesu im Stall von Bethlehem will uns darauf vorbereiten. Der Herr<br />
der Welt wird erwartet, aber er kommt sehr zerbrechlich als neu geborenes<br />
Kind zur Welt. Er ist ein Herr, der nicht dazwischen haut und mit zerstörerischer<br />
Gewalt droht. Er segnet die Kinder. Er gibt Verzweifelten neuen Mut. Kranke<br />
richtet er auf. Zu Ausgestoßenen und Gemobbten setzt er sich an den Tisch.<br />
Armen spricht er volle Teilhabe am erfüllten Leben zu. Er lässt keinen Zweifel<br />
daran, dass Geizige ihr Leben verpassen. Er lässt sich nicht davon abhalten, die<br />
Menschen zu lieben.<br />
Das alles wird sichtbar im Kind in der Krippe. Wirkmacht, die sanft ist.<br />
Zärtlichkeit, die umhaut. Weiche Knie, bewegte Herzen. Darauf sollten wir vorbereitet<br />
sein. Uwe Wiemann<br />
An(ge)dacht<br />
11<br />
(Foto: Schubalu/ pixelio)