1 Ethnisierungsprozesse re-visited: Die Relevanz der Kategorie ...
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wie<strong>der</strong> beispielhaft am Geschlechterverhältnis festmacht, auf eine Erforschung desselben<br />
jedoch weitgehend verzichtet und in den Besch<strong>re</strong>ibungen ohne Bezug zu einem wissenschaftlichen<br />
Hintergrund überwiegend mit dem Alltagsdiskurs entnommenen subjektiven<br />
Setzungen operiert. In <strong>der</strong> Auseinan<strong>der</strong>setzung mit den Auswirkungen von Migration erhielt<br />
die Darstellung des Geschlechterverhältnisses, seine Symbolik und Interp<strong>re</strong>tation, manifestiert<br />
in den Gen<strong>der</strong>-Codes 6 , oft eine weitaus größe<strong>re</strong> Wichtigkeit als alle ande<strong>re</strong>n sozialen<br />
Codes <strong>der</strong> jeweiligen Herkunftsgesellschaft. Da letzte<strong>re</strong> im Aufnahmeland durch das sich<br />
Einfügen müssen <strong>der</strong> Migrantinnen und Migranten in eine ande<strong>re</strong> soziale, politische und ökonomische<br />
Situation nicht mehr so leicht abbildbar und erschließbar sind, glaubte man mit<br />
Hilfe <strong>der</strong> Besch<strong>re</strong>ibung des Geschlechterverhältnisses nach dem Schema <strong>der</strong> Mo<strong>der</strong>nitätsdiffe<strong>re</strong>nz<br />
eine Assimilation an die Werte des jeweiligen Aufnahmelandes feststellen zu können.<br />
Zum ande<strong>re</strong>n konnten durch die Darstellung <strong>der</strong> Gen<strong>der</strong>-Codes wahrgenommene Unterschiede<br />
erklärt und mit dem Anspruch verbunden werden, sich angemessen mit dieser Diffe<strong>re</strong>nz<br />
auseinan<strong>der</strong>zusetzen. <strong>Die</strong>se Vorgehensweise scheint zunächst verständlich, wenn wir davon<br />
ausgehen, daß die Menschen weltweit in allen Gesellschaften in eine rigide Ordnung <strong>der</strong><br />
Zweigeschlechtlichkeit aufgeteilt werden, und somit auch das Geschlechterverhältnis im Mittelpunkt<br />
<strong>der</strong> sozialen Interaktionen und Struktu<strong>re</strong>n steht. Da die Beziehungen, die auf je eigene<br />
Weise soziale und räumliche Zu- bzw. Einordnungsprinzipien zwischen Frauen und Männern<br />
erklä<strong>re</strong>n, von den jeweiligen kultu<strong>re</strong>llen Ausgangspunkten her definiert werden, weist<br />
die soziale Diffe<strong>re</strong>nzierung <strong>der</strong> Geschlechter im interkultu<strong>re</strong>llen Vergleich eine große Vielfalt<br />
auf 7 . Somit fällt auch die Art und Weise, wie Unterschiede zwischen den Geschlechtern plausibel<br />
gemacht werden, höchst unterschiedlich aus. Das gilt ebenso für diejenigen Codes und<br />
Regelungen, die entwickelt wurden, um die Zugehörigkeit überhaupt sichtbar machen zu<br />
können 8 .<br />
Von diesen jeweiligen kultu<strong>re</strong>llen Ausgangspunkten her wurden die Struktu<strong>re</strong>n des Geschlechterverhältnisses<br />
zu den existie<strong>re</strong>nden eigenen ins Verhältnis gesetzt, und am Beispiel<br />
<strong>der</strong> besonde<strong>re</strong>n Rolle, die dem weiblichen Geschlecht in ihnen zugewiesen wird, die bestehende<br />
Diffe<strong>re</strong>nz zwischen Angehörigen <strong>der</strong> Aufnahmegesellschaft und <strong>der</strong> Migrationsgemeinschaft<br />
erklärt. Frauen geben in den Texten dabei die Folie ab, auf <strong>der</strong> das im Verhältnis<br />
zum Eigenen (angenommene) ande<strong>re</strong> Geschlechterverhältnis abgebildet und die so vorgenommene<br />
Ethnisierung <strong>der</strong> Ande<strong>re</strong>n sichtbar gemacht wird. So gewann die <strong>Kategorie</strong> Geschlecht<br />
zunehmend an Bedeutung und funktionierte als Katalysator für die Konstruktion und<br />
Festsch<strong>re</strong>ibung <strong>der</strong> angenommenen Diffe<strong>re</strong>nz zwischen Angehörigen von Herkunfts- und Aufnahmegesellschaft.<br />
F<strong>re</strong>mdheit und seine Bedeutungsdimensionen im Migrationsdiskurs<br />
6 Der Gen<strong>der</strong>-Code beinhaltet die Symbolik und Interp<strong>re</strong>tation eines Zeichensystems, in dem sich die jeweilige<br />
Definition einer Gesellschaft von Männlichkeit und Weiblichkeit sowohl im Verhaltenskodex wie als Denk-<br />
und Leitfigur und als sozialer Platzanweiser nie<strong>der</strong>schlägt. Siehe Goffman 1994.<br />
7 Siehe Ty<strong>re</strong>ll 1989, Lenz 1992.<br />
8 Pasero 1994.<br />
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