1 Ethnisierungsprozesse re-visited: Die Relevanz der Kategorie ...
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<strong>Ethnisierungsprozesse</strong> <strong>re</strong>-<strong>visited</strong>:<br />
<strong>Die</strong> <strong>Relevanz</strong> <strong>der</strong> <strong>Kategorie</strong> Geschlecht im Umgang mit F<strong>re</strong>mdheit. 1<br />
Vorbemerkung<br />
F<strong>re</strong>mdheitserfahrungen und -besch<strong>re</strong>ibungen sind seit Beginn <strong>der</strong> Auseinan<strong>der</strong>setzungen mit<br />
Migration auffindbar. Im Alltagsdiskurs werden sie jeweils abhängig von Situation und Kontext<br />
abgerufen und nutzbar gemacht, wobei es zu ih<strong>re</strong>r Nutzung unerheblich ist, ob es sich um<br />
F<strong>re</strong>md- o<strong>der</strong> um Selbstbesch<strong>re</strong>ibungen von An<strong>der</strong>ssein handelt 2 . Der Umgang mit F<strong>re</strong>mdheit<br />
kann rückblickend als phasenhaft beschrieben und in einer engen Verzahnung mit dem jeweils<br />
gesellschaftspolitisch formulierten Handlungsbedarf bezüglich des eingewan<strong>der</strong>ten Bevölkerungsteils<br />
gesehen werden. Von daher orientie<strong>re</strong> ich mich in <strong>der</strong> Analyse an <strong>der</strong> vorliegenden<br />
Phasenbesch<strong>re</strong>ibung des unterschiedlichen Umgangs mit dem Migrationsphänomen 3 .<br />
Dabei geht es mir um die <strong>Relevanz</strong> <strong>der</strong> <strong>Kategorie</strong> Geschlecht in dem Prozeß einer Inszenierung<br />
von F<strong>re</strong>mdheit. Ich möchte aufzeigen, wie rigide Geschlechternormen mit dem Verweis<br />
auf Ethnizität als ein effektives Mittel eingesetzt werden, um das Verhältnis zwischen Mehrheitsgesellschaft<br />
und dem eingewan<strong>der</strong>ten Bevölkerungsteil als eines zwischen 'Einheimischen'<br />
und 'F<strong>re</strong>mden' bzw. 'f<strong>re</strong>md bleiben sollenden F<strong>re</strong>mden' festzusch<strong>re</strong>iben. Es geht von<br />
daher nicht um den Prozeß des Erkennens und Verstehens von lebensweltlicher F<strong>re</strong>mdheit,<br />
son<strong>der</strong>n darum, wie aus diesem Prozeß spezifische Strategien zur Legitimation von G<strong>re</strong>nzziehungen<br />
im Umgang mit Migrantinnen und Migranten entwickelt werden und dabei durch<br />
Aberkennung von Gleichwertigkeit ein hierarchisches Verhältnis etabliert wird, das mit zu<br />
einer Festsch<strong>re</strong>ibung von Ungleichheit führt.<br />
Geschlecht als basale <strong>Kategorie</strong> zur Besch<strong>re</strong>ibung von ethnischer Diffe<strong>re</strong>nz<br />
Bei einer Re-Lektü<strong>re</strong> <strong>der</strong> erschienenen Texte und Studien zum Migrationsphänomen fällt auf,<br />
daß für die Besch<strong>re</strong>ibung des Verhältnisses zwischen Mehrheitsgesellschaft und Migrationsgemeinschaft<br />
immer wie<strong>der</strong> das Geschlechterverhältnis herangezogen wurde, um das An<strong>der</strong>ssein<br />
<strong>der</strong> Migrantinnen und Migranten im Vergleich zum Eigenen abzubilden 4 . Das mag erstaunen,<br />
da das Geschlechterverhältnis ohne den Bezug auf beide Geschlechter nicht besch<strong>re</strong>ibbar<br />
ist, die Situation von Frauen in den Migrationsforschungen bis Ende <strong>der</strong> 70er Jah<strong>re</strong><br />
jedoch kaum thematisiert und auch seit Beginn <strong>der</strong> 80er Jah<strong>re</strong> Frauenthemen eher zögerlich<br />
aufgegriffen wurden 5 . Es existiert die paradoxe Situation, daß man Verschiedenheit von<br />
Migrantinnen und Migranten im Verhältnis zu Angehörigen <strong>der</strong> Aufnahmegesellschaft immer<br />
1 Publiziert in: Doron Kiesel / Astrid Messerschmidt / Albert Scherr (Hrsg.): <strong>Die</strong> Erfindung <strong>der</strong> F<strong>re</strong>mdheit. Zur<br />
Kontroverse um Gleichheit und Diffe<strong>re</strong>nz im Sozialstaat, Frankfurt 1999, S. 185-201.<br />
2 Siehe z.B. den St<strong>re</strong>it um das Tragen eines Kopftuches. <strong>Die</strong>ser wird seit Anbeginn <strong>der</strong> Anwesenheit muslimischer<br />
Frauen in den Migrationslän<strong>der</strong>n immer wie<strong>der</strong> aktualisiert. Akkent u. Franger 1990; Kalpaka u. Räthzel<br />
1990; Winter 1996; Wölk 1997. Jüngstes Beispiel ist die Verweigerung <strong>der</strong> Übernahme in den Schuldienst,<br />
aufgrund des Tragens eines solchen Tuches: Hilbek 1998.<br />
3 Siehe T<strong>re</strong>ibel 1988, Münz u. a. 1997.<br />
4 Es handelt sich hier vom methodischen Ansatz her um eine Diskursanalyse. In Kürze erscheint hierzu eine<br />
Studie, in <strong>der</strong> ich die Publikationen über Migration bzw. zu Migrantinnen untersuche und die darin enthaltenen<br />
Denkfigu<strong>re</strong>n und Bil<strong>der</strong> analysie<strong>re</strong>. Dabei geht es primär nicht um die Frage, ob mit/in den jeweiligen<br />
Texten Wirklichkeit erfaßt wird, son<strong>der</strong>n um die Visualisierung von Themen(-fel<strong>der</strong>n) und de<strong>re</strong>n Dynamik.<br />
5 Ich nutze hier die Bibliographie von Marion Schulz 1992, die den Zeitraum von 1961 bis 1990 umfaßt und mit<br />
712 Titeln die umfang<strong>re</strong>ichste zum Thema Migrantinnen in <strong>der</strong> Bundes<strong>re</strong>publik ist.<br />
1
wie<strong>der</strong> beispielhaft am Geschlechterverhältnis festmacht, auf eine Erforschung desselben<br />
jedoch weitgehend verzichtet und in den Besch<strong>re</strong>ibungen ohne Bezug zu einem wissenschaftlichen<br />
Hintergrund überwiegend mit dem Alltagsdiskurs entnommenen subjektiven<br />
Setzungen operiert. In <strong>der</strong> Auseinan<strong>der</strong>setzung mit den Auswirkungen von Migration erhielt<br />
die Darstellung des Geschlechterverhältnisses, seine Symbolik und Interp<strong>re</strong>tation, manifestiert<br />
in den Gen<strong>der</strong>-Codes 6 , oft eine weitaus größe<strong>re</strong> Wichtigkeit als alle ande<strong>re</strong>n sozialen<br />
Codes <strong>der</strong> jeweiligen Herkunftsgesellschaft. Da letzte<strong>re</strong> im Aufnahmeland durch das sich<br />
Einfügen müssen <strong>der</strong> Migrantinnen und Migranten in eine ande<strong>re</strong> soziale, politische und ökonomische<br />
Situation nicht mehr so leicht abbildbar und erschließbar sind, glaubte man mit<br />
Hilfe <strong>der</strong> Besch<strong>re</strong>ibung des Geschlechterverhältnisses nach dem Schema <strong>der</strong> Mo<strong>der</strong>nitätsdiffe<strong>re</strong>nz<br />
eine Assimilation an die Werte des jeweiligen Aufnahmelandes feststellen zu können.<br />
Zum ande<strong>re</strong>n konnten durch die Darstellung <strong>der</strong> Gen<strong>der</strong>-Codes wahrgenommene Unterschiede<br />
erklärt und mit dem Anspruch verbunden werden, sich angemessen mit dieser Diffe<strong>re</strong>nz<br />
auseinan<strong>der</strong>zusetzen. <strong>Die</strong>se Vorgehensweise scheint zunächst verständlich, wenn wir davon<br />
ausgehen, daß die Menschen weltweit in allen Gesellschaften in eine rigide Ordnung <strong>der</strong><br />
Zweigeschlechtlichkeit aufgeteilt werden, und somit auch das Geschlechterverhältnis im Mittelpunkt<br />
<strong>der</strong> sozialen Interaktionen und Struktu<strong>re</strong>n steht. Da die Beziehungen, die auf je eigene<br />
Weise soziale und räumliche Zu- bzw. Einordnungsprinzipien zwischen Frauen und Männern<br />
erklä<strong>re</strong>n, von den jeweiligen kultu<strong>re</strong>llen Ausgangspunkten her definiert werden, weist<br />
die soziale Diffe<strong>re</strong>nzierung <strong>der</strong> Geschlechter im interkultu<strong>re</strong>llen Vergleich eine große Vielfalt<br />
auf 7 . Somit fällt auch die Art und Weise, wie Unterschiede zwischen den Geschlechtern plausibel<br />
gemacht werden, höchst unterschiedlich aus. Das gilt ebenso für diejenigen Codes und<br />
Regelungen, die entwickelt wurden, um die Zugehörigkeit überhaupt sichtbar machen zu<br />
können 8 .<br />
Von diesen jeweiligen kultu<strong>re</strong>llen Ausgangspunkten her wurden die Struktu<strong>re</strong>n des Geschlechterverhältnisses<br />
zu den existie<strong>re</strong>nden eigenen ins Verhältnis gesetzt, und am Beispiel<br />
<strong>der</strong> besonde<strong>re</strong>n Rolle, die dem weiblichen Geschlecht in ihnen zugewiesen wird, die bestehende<br />
Diffe<strong>re</strong>nz zwischen Angehörigen <strong>der</strong> Aufnahmegesellschaft und <strong>der</strong> Migrationsgemeinschaft<br />
erklärt. Frauen geben in den Texten dabei die Folie ab, auf <strong>der</strong> das im Verhältnis<br />
zum Eigenen (angenommene) ande<strong>re</strong> Geschlechterverhältnis abgebildet und die so vorgenommene<br />
Ethnisierung <strong>der</strong> Ande<strong>re</strong>n sichtbar gemacht wird. So gewann die <strong>Kategorie</strong> Geschlecht<br />
zunehmend an Bedeutung und funktionierte als Katalysator für die Konstruktion und<br />
Festsch<strong>re</strong>ibung <strong>der</strong> angenommenen Diffe<strong>re</strong>nz zwischen Angehörigen von Herkunfts- und Aufnahmegesellschaft.<br />
F<strong>re</strong>mdheit und seine Bedeutungsdimensionen im Migrationsdiskurs<br />
6 Der Gen<strong>der</strong>-Code beinhaltet die Symbolik und Interp<strong>re</strong>tation eines Zeichensystems, in dem sich die jeweilige<br />
Definition einer Gesellschaft von Männlichkeit und Weiblichkeit sowohl im Verhaltenskodex wie als Denk-<br />
und Leitfigur und als sozialer Platzanweiser nie<strong>der</strong>schlägt. Siehe Goffman 1994.<br />
7 Siehe Ty<strong>re</strong>ll 1989, Lenz 1992.<br />
8 Pasero 1994.<br />
2
In <strong>der</strong> Bundes<strong>re</strong>publik hat gegen Ende <strong>der</strong> achtziger Jah<strong>re</strong> eine Debatte über die zunehmende<br />
Problematisierung und Polarisierung <strong>der</strong> Diskurse über Einwan<strong>der</strong>ung begonnen 9 . Es wurde<br />
festgestellt, daß Denkfigu<strong>re</strong>n entstanden wa<strong>re</strong>n, de<strong>re</strong>n Basis ethnische Konstruktionen bildeten.<br />
Gleichzeitig gewann die Auseinan<strong>der</strong>setzung um F<strong>re</strong>mdheit und F<strong>re</strong>mdes an Bedeutung<br />
10 . Es wurde aufgezeigt, wie die vertraut gewordenen Erfahrungen von den Ande<strong>re</strong>n als<br />
potentiellen F<strong>re</strong>mden durch die Betonung von lebensweltlicher F<strong>re</strong>mdheit speziell gewichtet<br />
und neu ad<strong>re</strong>ssiert wurden 11 . Wolf-<strong>Die</strong>trich Bukow und Roberto Llaryora charakterisie<strong>re</strong>n<br />
diesen Vorgang rückblickend als einen "schleichenden Ethnisierungsprozeß" 12 , in dessen Verlauf<br />
Eigenschaftsbesch<strong>re</strong>ibungen von Migranten und Migrantinnen zur Grundlage einer gesellschaftlichen<br />
Zweiteilung in In- und Auslän<strong>der</strong> stilisiert werden, und zu dessen Folge<br />
<strong>re</strong>chtliche und soziale Diskriminierung und Exklusion zählen. Der F<strong>re</strong>mdheitsbegriff enthält<br />
daher zwei basale Bedeutungsdimensionen, die in <strong>der</strong> Auseinan<strong>der</strong>setzung um Migration miteinan<strong>der</strong><br />
verwoben sind 13 . F<strong>re</strong>mdheit als lebensweltliche F<strong>re</strong>mdheit besch<strong>re</strong>ibt in diesem<br />
Zusammenhang Unvertrautheit auf <strong>der</strong> Ebene von Erfahrungen und Zu<strong>re</strong>chnungsakten, indem<br />
ein kultu<strong>re</strong>ller Abstand zwischen Eigenem und F<strong>re</strong>mden hervorgehoben wird. F<strong>re</strong>mdheit als<br />
soziale F<strong>re</strong>mdheit hingegen drückt Nichtzugehörigkeit aus und ist das Ergebnis einer exkludie<strong>re</strong>nden<br />
G<strong>re</strong>nzziehung in <strong>der</strong> Selbstbesch<strong>re</strong>ibung <strong>der</strong> (Aufnahme-)Gesellschaft. Da beide<br />
Dimensionen gemeinsam aber auch unabhängig voneinan<strong>der</strong> auft<strong>re</strong>ten können, hat die Wahrnehmung<br />
von Unvertrautheit nicht automatisch eine exkludie<strong>re</strong>nde G<strong>re</strong>nzziehung zur Folge,<br />
und die Betonung von Nichtzugehörigkeit ist nicht an das Vorliegen von Unvertrautheit gebunden.<br />
In <strong>der</strong> Feststellung eines Unterschiedes kann F<strong>re</strong>mdes beschrieben und in diesen Besch<strong>re</strong>ibungen<br />
zum bekannten Ande<strong>re</strong>n werden. F<strong>re</strong>mdes kann jedoch auch als ein Label fungie<strong>re</strong>n<br />
und durch Festsch<strong>re</strong>ibung Nichtzugehörigkeit akzentuie<strong>re</strong>n. <strong>Die</strong> Einbeziehung von<br />
Unvertrautheit als Mittel zur Verstärkung von Exklusion ist somit situations- und kontextabhängig.<br />
Aus Unvertrautheit folgt nicht notwendig F<strong>re</strong>mdheit, da nicht alles, was an<strong>der</strong>s ist,<br />
gleichzeitig auch als f<strong>re</strong>md gilt. F<strong>re</strong>mdheit entsteht daher erst durch Interp<strong>re</strong>tation, "ist ein<br />
Interp<strong>re</strong>tament <strong>der</strong> An<strong>der</strong>sheit", ist das "aufgefaßte Ande<strong>re</strong>" 14 . Sie entsteht in <strong>der</strong> Betrachtung<br />
durch die Feststellung eines Unterschiedes und durch seine Bewertung 15 . In <strong>der</strong> Bezeichnung<br />
f<strong>re</strong>md o<strong>der</strong> F<strong>re</strong>mde(r) drückt sich somit ein Verhältnis zu den beschriebenen Ande<strong>re</strong>n aus,<br />
indem eine Beziehung hergestellt wird zwischen dem, was als jeweils Eigenes betrachtet und<br />
dem, was als diesem nicht zugehörig bewertet wird 16 .<br />
Im Umgang mit F<strong>re</strong>mdheitszusch<strong>re</strong>ibungen lassen sich im Migrationsdiskurs rückblickend<br />
Phasen <strong>re</strong>konstruie<strong>re</strong>n, die den Wandel des Verhältnisses von Mehrheitsbevölkerung und zugewan<strong>der</strong>tem<br />
Bevölkerungsteil abbilden. Dabei werden Migrantinnen und Migranten erst<br />
9 Bukow u. Llaryora 1988; Dittrich u. Radtke 1990; Bommes u. Scherr 1991; Bukow 1996.<br />
10 Siehe Alb<strong>re</strong>cht 1993; Radtke 1996. Alb<strong>re</strong>cht stellt fest, daß sich ab den 70er Jah<strong>re</strong>n vermehrt mit diesem Thema<br />
auseinan<strong>der</strong>gesetzt wird. Bezogen auf den Migrationsdiskurs sind erste Texte zu Beginn <strong>der</strong> achtziger<br />
Jah<strong>re</strong> auffindbar.<br />
11 Bukow 1996:142.<br />
12 Bukow u. Llaryora 1988, Bukow 1996.<br />
13 Siehe Münkler u. Ladwig 1997.<br />
14 Wierlacher 1993:62.<br />
15 Stenger 1997:160.<br />
16 Hahn 1994:140.<br />
3
einmal als nichtdazugehörige Ande<strong>re</strong> angesehen und aus dieser Einstellung heraus die sozialen<br />
Regelungen im Umgang abgeleitet. <strong>Die</strong>se Zuordnung än<strong>der</strong>t sich im Alltagsdiskurs gegen<br />
Ende <strong>der</strong> 70er Jah<strong>re</strong>. An die Stelle <strong>der</strong> Zusch<strong>re</strong>ibung einer Nichtdazugehörigkeit t<strong>re</strong>ten zunehmend<br />
erste Vorstellungen von Dazugehörigkeit. Wobei <strong>der</strong> eingewan<strong>der</strong>te Bevölkerungsteil<br />
sich von <strong>der</strong> Mehrheitsbevölkerung jedoch insofern weiterhin unterscheidet, als Migrantinnen<br />
und Migranten nun als dazugehörige Nichtzugehörige angesehen werden, und von<br />
daher auch an den vorhandenen sozialen Regelungen fast ungebrochen weiter festgehalten<br />
o<strong>der</strong> an diesen angeknüpft wird.<br />
Migrantinnen und Migranten als nichtdazugehörige Ande<strong>re</strong><br />
Im Vergleich zu ande<strong>re</strong>n Einwan<strong>der</strong>ungslän<strong>der</strong>n ist <strong>der</strong> Umgang mit dem Migrationsphänomen<br />
in <strong>der</strong> Bundes<strong>re</strong>publik durch eine lange Phase <strong>der</strong> 'rites de passage' 17 gekennzeichnet, die<br />
von den 50er Jah<strong>re</strong>n bis hinein in die späten 70er Jah<strong>re</strong> beobachtbar sind. In diesem Stadium<br />
kennzeichnen die Zusch<strong>re</strong>ibungen 'Gastarbeiter' und/o<strong>der</strong> 'ausländische Arbeitnehmer' das<br />
asymmetrische und zeitlich befristete Verhältnis zu den anwesenden Ande<strong>re</strong>n. Es herrscht ein<br />
auf das ökonomische Inte<strong>re</strong>sse an den Migrantinnen und Migranten ausgerichteter Blick vor,<br />
durch den nur diejenigen Probleme wahrgenommen und thematisiert werden, die einen <strong>re</strong>ibungslosen<br />
Ablauf <strong>der</strong> Arbeitsprozesse durch die zeitweilige Anwesenheit von 'F<strong>re</strong>mden'<br />
erschwe<strong>re</strong>n o<strong>der</strong> gar gefährden können 18 . In dieser Phase entsteht ein b<strong>re</strong>iter <strong>re</strong>chtlicher Rahmen,<br />
mit Hilfe dessen die Auslän<strong>der</strong>politik nach notwendig erscheinenden Zweckmäßigkeitserwägungen<br />
ausgerichtet, und aufgrund des vorhandenen Desinte<strong>re</strong>sses an den Personen, ohne<br />
eine kritische, öffentliche Debatte <strong>re</strong>chtlich festgeschrieben wird 19 . <strong>Die</strong> 1965 durchgeführte<br />
Novellierung des Auslän<strong>der</strong>gesetzes legt daher nicht nur das 'An<strong>der</strong>ssein', son<strong>der</strong>n auch das<br />
'An<strong>der</strong>sbleiben sollen' des immigrierten Bevölkerungsteils <strong>re</strong>chtlich fest und bekräftigt es<br />
öffentlich. Migrantinnen und Migranten sind ausgeg<strong>re</strong>nzt als solche, denen aufgrund nichtdeutscher<br />
Staatsangehörigkeit ande<strong>re</strong> Rechte als den Inlän<strong>der</strong>innen und Inlän<strong>der</strong>n zukommen,<br />
wobei primär die 'ande<strong>re</strong>' Staatsangehörigkeit an sich <strong>re</strong>levant angesehen wird, und das spezielle<br />
Herkunftsland <strong>der</strong> anwesenden Migrantinnen und Migranten kaum von Inte<strong>re</strong>sse ist.<br />
Diffe<strong>re</strong>nziert wird lediglich nach EG- und Nicht-EG-Herkunftsstaaten, da sich nach dieser<br />
Unterscheidung <strong>der</strong> <strong>re</strong>chtliche Status des Gast-Arbeiterinnen-Daseins <strong>der</strong> Einzelnen definiert.<br />
Ethnische Diffe<strong>re</strong>nzierungen spielen somit in dieser Zeitphase noch keine dominante Rolle.<br />
<strong>Die</strong> Nichtzugehörigkeit <strong>der</strong> anwesenden Migrantinnen und Migranten akzentuiert sich zu<br />
dieser Zeit insofern, als ein kultu<strong>re</strong>ller Abstand zwischen Eigenem und F<strong>re</strong>mdem dadurch<br />
hervorgehoben wird, daß Eigenschaften und Verhaltensweisen allgemein einer ande<strong>re</strong>n Wirklichkeitsordnung<br />
zugewiesen werden. Es wird von <strong>der</strong> Annahme ausgegangen, daß die "Welt"<br />
<strong>der</strong> Ande<strong>re</strong>n von <strong>der</strong> eigenen struktu<strong>re</strong>ll verschieden ist, und sich die Menschen daher an Regeln<br />
und <strong>Relevanz</strong>struktu<strong>re</strong>n orientie<strong>re</strong>n, welche die eigenen allenfalls am Rande berüh<strong>re</strong>n.<br />
17 Gennep 1986.<br />
18 So wurde in den 60er Jah<strong>re</strong>n mangelnde Sprachkompetenz lediglich dann thematisiert, wenn hieraus Probleme<br />
für das Aufnahmeland entstanden, wie z.B. in <strong>der</strong> Debatte um Verständigungsschwierigkeiten im Krankenpflegebe<strong>re</strong>ich.<br />
Poser u. Scheel 1971.<br />
19 Siehe Dohse 1981 und Franz 1985.<br />
4
Als exemplarisches Beispiel <strong>der</strong> Besch<strong>re</strong>ibung einer solch dualen Weltaufteilung kann die<br />
Studie von Risso und Böker aus den 60er Jah<strong>re</strong>n gesehen werden. <strong>Die</strong> Auto<strong>re</strong>n zeigen am<br />
Beispiel süditalienischer Einwande<strong>re</strong>r auf, wie es als eine Folge von Migration durch den<br />
"Zusammenprall <strong>der</strong> magisch-archaischen Welt Süditaliens mit <strong>der</strong> rationalistischen, individualistischen<br />
Welt Mitteleuropas" notwendig zu Konflikten in den Individuen kommt 20 . Beschrieben<br />
wird dieser Zusammenprall angenommener Unve<strong>re</strong>inbarkeiten mit Hilfe einer Darstellung<br />
des im Vergleich zum Aufnahmeland ganz ande<strong>re</strong>n Geschlechterverhältnisses am<br />
Beispiel <strong>der</strong> Stellung <strong>der</strong> Frau in diesem. Schon zu dieser Zeit verfestigt sich die Annahme,<br />
daß es für Frauen aus den Anwerbelän<strong>der</strong>n aufgrund ih<strong>re</strong>s Lebens in 'ande<strong>re</strong>n' Familien- und<br />
Geschlechterverhältnissen ein besonde<strong>re</strong>s Elend bedeute, bei einer Emigration den Familienzusammenhang<br />
verlassen zu müssen. Dem damaligen Diskurs zufolge ist eine Frau in/aus<br />
einem südlichen Land we<strong>der</strong> erwerbstätig, noch emigrierte sie, son<strong>der</strong>n blieb als "Weib und<br />
Mutter" in <strong>der</strong> Heimat, so daß migrie<strong>re</strong>nde Frauen als "ein persönliches Drama in sich tragende"<br />
Ausnahmen gelten 21 . <strong>Die</strong>se Figur <strong>der</strong> Ausnahmemigrantin wird zum Spielball ökonomischer<br />
Inte<strong>re</strong>ssen, um in Zeiten des Bedarfs an weiblichen Arbeitskräften die Möglichkeiten<br />
einer Familienmigration durchsetzen zu können 22 . Mit zunehmen<strong>der</strong> Frauenmigration, die<br />
verstärkt ab 1965 auftrat und ih<strong>re</strong>n Höhepunkt in den Jah<strong>re</strong>n 1967 bis 1973 er<strong>re</strong>ichte, korrigiert<br />
sich das Bild dieser "Ausnahmemigrantin". Hinweise auf Verschiedenheiten zwischen<br />
männlicher und weiblicher Migration werden in diesem Zusammenhang jedoch nicht thematisiert,<br />
son<strong>der</strong>n Frauen als Erwerbstätige lediglich unter den Begriff des "Gastarbeiters" subsumiert.<br />
In den Blick genommen wird die Migrantin jedoch in ih<strong>re</strong>r Funktion als "Weib und<br />
Mutter". Anlaß dafür wa<strong>re</strong>n Ängste, daß durch eine zunehmende Anzahl gebä<strong>re</strong>n<strong>der</strong> Migrantinnen<br />
in deutschen Krankenhäusern vermehrt Komplikationen wäh<strong>re</strong>nd des Geburtsvorgangs<br />
auft<strong>re</strong>ten könnten, die im internationalen Vergleich zu negativen Geburtsstatistiken füh<strong>re</strong>n<br />
könnten. Anhand von Beckenmessungen diskutierten Gynäkologie die Frage, ob Migrantinnen<br />
körperliche Unterschiede im Vergleich zu deutschen Frauen aufweisen. Des weite<strong>re</strong>n<br />
erschien die Frage erforschenswert, ob Verschiedenheiten im Geburtsverhalten aufgrund eines<br />
ande<strong>re</strong>n kultu<strong>re</strong>llen Hintergrundes feststellbar seien. Dabei wurden psychologische, soziale,<br />
<strong>re</strong>ligiöse sowie rassisch-geographische Beson<strong>der</strong>heiten konstatiert und als Zeichen dafür<br />
interp<strong>re</strong>tiert, daß sich Migrantinnen auf einer "teilweise geringe<strong>re</strong>n zivilisatorischen Stufe"<br />
befänden, welche die Schwange<strong>re</strong>n in einer "archaisch-magisch geprägten Vorstellungswelt"<br />
gefangen halte 23 . Zudem wurde erneut auf die ganz "ande<strong>re</strong>n Geschlechterbeziehungen"<br />
verwiesen, die Migrantenfamilien angeblich in einen unausweichlichen Konflikt stürzen. Da<br />
Frauen sich durch eine Erwerbstätigkeit aus <strong>der</strong> ihnen zugeschriebenen 'Ebene' (Maturi) nicht<br />
nur entfernten, son<strong>der</strong>n sich gar auf diejenige <strong>der</strong> Männer begeben würden, gerate das<br />
Gleichgewicht <strong>der</strong> Geschlechterbeziehungen ins Wanken, was wie<strong>der</strong>um für die Frauen zu<br />
Restriktionen im familiä<strong>re</strong>n Be<strong>re</strong>ich füh<strong>re</strong>n könne 24 .<br />
20 Risso u. Böker 1964:2.<br />
21 Maturi 1961:186.<br />
22 Maturi 1961; Papavassiliou 1961.<br />
23 Rimbach 1967, Saurwein 1969; Beck u.a. 1971, Hohlweg-Majert 1974.<br />
24 Maturi 1961, Andriopoulos 1973, Katsarakis 1974.<br />
5
Es zeigt sich also, - im Gegensatz zu bisherigen Annahmen - , daß im Rahmen <strong>der</strong> Besch<strong>re</strong>ibungen<br />
zur allgemeinen Migrationssituation schon ein Bild von <strong>der</strong> Migrantin geprägt wurde,<br />
welches sich verfestigen konnte, bevor diese überhaupt als Akteurin sozialen Handelns wahrgenommen<br />
werden konnte. Als "Daheimgebliebene" bzw. "Daheimbleibende" wurden die<br />
Frauen be<strong>re</strong>its in den beginnenden Ethnisierungsprozeß einbezogen, bevor sie überhaupt entsp<strong>re</strong>chende<br />
Migrationsabsichten hatten o<strong>der</strong> im Aufnahmeland angekommen wa<strong>re</strong>n. Dabei ist<br />
diese frühe Rede über die potentiellen Einwan<strong>der</strong>innen eingebunden in ein zweifaches Hierarchiemodell:<br />
mittels biologistisch-kulturalistischer Begründungen wird die Migrantin einem<br />
niede<strong>re</strong>n Kulturk<strong>re</strong>is zugeordnet und aufgrund <strong>der</strong> in diesem Kulturk<strong>re</strong>is vorherrschenden<br />
patriarchalen Geschlechterbeziehungsstruktu<strong>re</strong>n als Frau dem Manne untergeordnet plaziert.<br />
Der Modus des Umganges mit dieser Art von beschriebener Unvertrautheit eines Leben <strong>der</strong><br />
anwesenden An<strong>der</strong>n in einer ande<strong>re</strong>n Wirklichkeitsordnung, das aus <strong>der</strong> Zugehörigkeit zu<br />
einem "niede<strong>re</strong>n Kulturk<strong>re</strong>is" abgeleitet wird, ist Distanz und Indiffe<strong>re</strong>nz. Herfried Münkler<br />
und Bernd Ladwig definie<strong>re</strong>n dieses Verhältnis sozialer Indiffe<strong>re</strong>nz "als eine Anwesenheit<br />
ande<strong>re</strong>r Menschen bei Abwesenheit von Interaktionen mit ihnen" 25 . Thematisiert wird dieses<br />
Verhältnis inte<strong>re</strong>ssanterweise wie<strong>der</strong>um am Beispiel <strong>der</strong> Geschlechterbeziehungen, obwohl<br />
Migrantinnen und Migranten - symbolisiert im Bild des "Gastarbeiters" - in dieser Zeitphase<br />
als Personen gar nicht von Inte<strong>re</strong>sse sind. In Wohnheimen und Betriebsghettos bildeten sie<br />
zusammengefaßt eine Gruppe für sich, eingeschlossen bzw. ausgeg<strong>re</strong>nzt vom Raum des Eigenen<br />
bzw. an dessen Rand plaziert. Sogenannte Problemzonen ergaben sich von daher erst<br />
einmal nur in den wenigen Be<strong>re</strong>ichen einer möglichen Begegnungen an den jeweiligen Rän<strong>der</strong>n.<br />
Erst als Migranten sich in den Stadtteilen anzusiedeln begannen und somit auch dort<br />
präsent werden, geraten sie als Personen in den Blick, und dazu gehört neben ih<strong>re</strong>r Soziabilität<br />
auch ih<strong>re</strong> Geschlechtlichkeit. Letzte<strong>re</strong> erscheint dabei als ein besonde<strong>re</strong>s Problem, unter<br />
"gesundheitlichen Aspekten" so formulierten es die Mediziner 26 , in ih<strong>re</strong>r Besorgnis um eine<br />
Seuchengefahr auch unter den Angehörigen <strong>der</strong> Aufnahmegesellschaft, wobei zu den möglichen<br />
Ansteckungsgefah<strong>re</strong>n auch die Geschlechtskrankheiten zählen 27 . Um dieser angeblichen<br />
Gefahr im Alltag effektiv zu begegnen, werden in den Kommunen unterschiedliche Konzepte<br />
diskutiert, unter ande<strong>re</strong>m auch separate bordellartige Einrichtungen, "um den Kontakt mit <strong>der</strong><br />
einheimischen Bevölkerung durch sexuelle Situationen nicht zu stö<strong>re</strong>n" 28 . <strong>Die</strong>se Sichtweise<br />
einer Sorge um mögliche negative Folgen eines Kontaktes zwischen den Geschlechtern von<br />
Angehörigen <strong>der</strong> Herkunfts- und <strong>der</strong> Aufnahmegesellschaft etabliert sich in <strong>der</strong> Folgezeit im<br />
Alltagsdiskurs 29 , aber auch im psychosozialen und therapeutischen Beratungsbe<strong>re</strong>ich 30 , wie<strong>der</strong>um<br />
basie<strong>re</strong>nd auf den Vorstellungen <strong>der</strong> ganz ande<strong>re</strong>n Geschlechterbeziehungen des immigrierten<br />
Bevölkerungsteils. Von daher sind auch die ein<strong>re</strong>isenden Migrantinnen weniger<br />
25 Münkler u. Ladwig 1997:29.<br />
26 Neumann 1964; A<strong>re</strong>ns 1967, Schwarz 1966.<br />
27 Zimmermann 1981.<br />
28 Zit. nach Warnach 1984:165.<br />
29 Eine <strong>re</strong>iche Materialfülle <strong>der</strong> von deutscher Seite produzierten Vorurteile und implizierten Ängste bietet die<br />
von <strong>der</strong> Inte<strong>re</strong>ssengemeinschaft <strong>der</strong> mit Auslän<strong>der</strong>n verheirateten deutschen Frauen (IAF) herausgegebene<br />
Zeitschrift 'Informationen <strong>der</strong> IAF'. Systematische Untersuchungen zu diesem Thema fehlen bislang.<br />
30 Siehe neben Risso u. Böker 1964 bes. die Studien von Zimmermann 1981, Zimmermann 1982 und Zimmer-<br />
mann 1988.<br />
6
als Arbeitnehmerinnen, son<strong>der</strong>n eher als Ehefrauen ausländischer Arbeitnehmer gefragt. Ihnen<br />
wird die Aufgabe zugeschrieben, einen Heimatersatz im Aufnahmeland zu schaffen und<br />
dafür Sorge zu tragen, daß die Migranten sich in <strong>der</strong> Privatheit auf ih<strong>re</strong> Familie konzentrierten,<br />
statt zum öffentlichen Ärgernis für die (weiblichen) Angehörigen <strong>der</strong> Aufnahmegesellschaft<br />
zu werden.<br />
Migrantinnen und Migranten als dazugehörige Nichtzugehörige<br />
Im Verlauf des Einwan<strong>der</strong>ungsprozesses wird den Nichtdazugehörigen dann ein Platz<br />
zugewiesen, wobei das Integrationsangebot den Son<strong>der</strong>status <strong>der</strong> Migrantinnen und<br />
Migranten nicht aufhebt. Ethnische Zugehörigkeit beginnt nun eine zunehmende Rolle zu<br />
spielen und hält das Faktum F<strong>re</strong>mdheit weiterhin präsent. Im Alltagsdenken <strong>der</strong><br />
Mehrheitsbevölkerung entsteht zwar ein Bewußtsein einer möglichen längerfristigen<br />
Anwesenheit <strong>der</strong> Ande<strong>re</strong>n, dieses hat jedoch kein feststellba<strong>re</strong>s Inte<strong>re</strong>sse an Interaktionen mit<br />
den Migrantinnen und Migranten zur Folge. Der Wandel in <strong>der</strong> begrifflichen Zusch<strong>re</strong>ibung<br />
<strong>der</strong> Ande<strong>re</strong>n vom 'Gastarbeiter' hin zu 'ausländischen Mitbürgern' und 'ausländischen<br />
Mitbürgerinnen' drückt aus, daß <strong>der</strong> Status einer Nichtzugehörigkeit lediglich in den einer<br />
dazugehörigen Nichtzugehörigkeit übergeht. Weiterhin bleibt die imaginä<strong>re</strong> G<strong>re</strong>nzlinie<br />
zwischen Innen und Außen - zwischen Zugehörigen und dazugehörigen Nichtzugehörigen -<br />
innerhalb <strong>der</strong> Aufnahmegesellschaft auf<strong>re</strong>chterhalten, so daß die beginnende<br />
Integrationspolitik <strong>der</strong> 80er Jah<strong>re</strong> im Kern keineswegs die Aufhebung von sozialer F<strong>re</strong>mdheit<br />
impliziert. Es werden jedoch erste Optionen angedacht, die von einer Teil-Inklusion hin zu<br />
einer Zugehörigkeit füh<strong>re</strong>n könnten. <strong>Die</strong>s geschieht beson<strong>der</strong>s mit dem Blick auf die zweite<br />
und dritte Immigrantengeneration. De<strong>re</strong>n soziale Integration wird als eine<br />
Schwerpunktaufgabe in den Mittelpunkt gesellschaftspolitischer Bemühungen gestellt. Als<br />
Folge werden sozialpädagogische Maßnahmen auf sämtliche Lebensbe<strong>re</strong>iche <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> und<br />
Jugendlichen sowie auf de<strong>re</strong>n soziales Umfeld ausgerichtet. Dabei entwickelt sich jedoch<br />
auch ein diffe<strong>re</strong>nziertes System von Ausschlußkriterien in bezug auf das abgestufte Teil-<br />
Inklusionsangebot in den unterschiedlichen gesellschaftlichen Be<strong>re</strong>ichen, basie<strong>re</strong>nd auf <strong>der</strong><br />
angenommenen kultu<strong>re</strong>ller Diffe<strong>re</strong>nz und ethnischen Zusch<strong>re</strong>ibungen.<br />
<strong>Die</strong>se Phase ist durch einen Wechsel in den Besch<strong>re</strong>ibungen über die Ande<strong>re</strong>n gekennzeichnet.<br />
Migrantinnen und Migranten werden nicht mehr allgemein als Angehörige einer ande<strong>re</strong>n<br />
Wirklichkeitsordnung dargestellt, son<strong>der</strong>n als anwesende Ande<strong>re</strong> in die Besch<strong>re</strong>ibungen einbezogen,<br />
indem anhand von Befragungen und biographischen Interviews jeweils Einzelner<br />
über sie allgemein Typisie<strong>re</strong>ndes herausgearbeitet wird. Es werden vermehrt kultu<strong>re</strong>lle Diffe<strong>re</strong>nzierungen<br />
herausgestellt, wobei in den Besch<strong>re</strong>ibungen eine zunehmende 'Orientalisierung'<br />
des eingewan<strong>der</strong>ten Bevölkerungsteils feststellbar ist 31 . Durch die Setzung des Herkunftslandes<br />
als ein islamisches Land, verän<strong>der</strong>t insbesonde<strong>re</strong> die Diskussion um die Migrantin in <strong>der</strong><br />
Folge auch die Debatte über die Ande<strong>re</strong>n. <strong>Die</strong> in sogenannten islamischen Län<strong>der</strong>n vorfindba<strong>re</strong>n<br />
Geschlechterbeziehungen werden mit Hilfe ethnologischer (Dorf-)Studien festgeschrieben<br />
und zu im Aufnahmeland <strong>re</strong>produzierten und wie<strong>der</strong>findba<strong>re</strong>n stilisiert 32 . Grundla-<br />
31 Lutz 1989.<br />
32 Weische-Alexa 1977, Baumgartner-Karabak u. Landesberger 1978; Gürkan u.a. 1981.<br />
7
ge dieser Besch<strong>re</strong>ibungen ist dabei eine angenommene strikte T<strong>re</strong>nnung <strong>der</strong> Lebenswelt in ein<br />
Innen und ein Außen, wobei die Innenwelt, symbolisiert durch das Haus, dem weiblichen Teil<br />
zugeschrieben wird. Auch das Migrantinnenleben in <strong>der</strong> Bundes<strong>re</strong>publik wird, unabhängig<br />
davon ob Frauen zum Zwecke einer Arbeitsaufnahme in die Bundes<strong>re</strong>publik ge<strong>re</strong>ist o<strong>der</strong> im<br />
Rahmen <strong>der</strong> Familienzusammenführung nachgezogen wa<strong>re</strong>n, zunehmend als das Leben von<br />
Hausfrauen angesehen. Obwohl Mitte <strong>der</strong> 70er Jah<strong>re</strong> über 40% <strong>der</strong> Migrantinnen offiziell<br />
einer Erwerbstätigkeit nachgehen und von einer großen Anzahl nicht offiziell <strong>re</strong>gistrierter<br />
Tätigkeiten auszugehen ist, wird Nichterwebstätigkeit und Hausfrauendasein in <strong>der</strong> Folgezeit<br />
als die dominante Lebensform von Migrantinnen dargestellt 33 , aus <strong>der</strong> sich die weite<strong>re</strong>n Thematisierungen<br />
ableiten. <strong>Die</strong> Lebenssituation <strong>der</strong> Frauen sei eine doppelt isolie<strong>re</strong>nde, die durch<br />
die ihnen ablehnend gegenüberstehende, f<strong>re</strong>mde Umwelt entstehe; primär sei sie jedoch geprägt<br />
von <strong>der</strong> Macht männlicher Migranten, die ih<strong>re</strong> Frauen nicht nur kaufen können 34 , son<strong>der</strong>n<br />
auch das Recht haben, diese in <strong>der</strong> Emigration zu isolie<strong>re</strong>n, um sie dem Sog des Aufnahmelandes<br />
mit seinen Verführungen zu entziehen. Aus dem Gefangenensein in hierarchischen<br />
Geschlechterbeziehungen wird eine ohnmächtige Situation konstruiert 35 , <strong>der</strong> die<br />
Migrantinnen ohne f<strong>re</strong>mde Hilfe - nämlich <strong>der</strong>jenigen von (weiblichen) Angehörigen des<br />
Aufnahmelandes - nicht entkommen können.<br />
Durch den Topos Kulturdiffe<strong>re</strong>nz als allgemeiner Erklärungsbasis mangeln<strong>der</strong> sowie möglicher<br />
sozialer Integration erhält die Thematisierung des Geschlechterverhältnisses auch in den<br />
Diskussionen um die Annahme eines in den Migrantenkin<strong>der</strong>n entstehenden Kulturkonfliktes<br />
einen wichtigen Stellenwert. Bei den Kin<strong>der</strong>n und Jugendlichen wird eine kultu<strong>re</strong>lle Isolation<br />
konstatiert und als Ursache de<strong>re</strong>n starke Familienzentriertheit angesehen und problematisiert<br />
36 . Wäh<strong>re</strong>nd in den 70er Jah<strong>re</strong>n die Integrationsprobleme <strong>der</strong> jungen Einwande<strong>re</strong>rgeneration<br />
als Sprach-Defizite in Verknüpfung mit sozialen Schwierigkeiten identifiziert wurden,<br />
erfolgt nun die Ablösung dieser Erklärungsmodelle durch die Kulturdiffe<strong>re</strong>nz-These, in de<strong>re</strong>n<br />
Mittelpunkt wie<strong>der</strong>um die <strong>Kategorie</strong> Geschlecht steht. Mit <strong>der</strong> Setzung <strong>der</strong> strikten geschlechtsspezifischen<br />
Rollenteilung wird eine st<strong>re</strong>ng auf geschlechtsspezifische hierarchische<br />
Unterschiede ausgerichtete Erziehung <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> festgestellt, die den Jungen eine dominante<br />
und den Mädchen eine niedrige Stellung zuweist. In einem Großteil <strong>der</strong> Texte findet sich die<br />
Vorstellung, daß bei den Mädchen die moralische Erziehung im Vor<strong>der</strong>grund stehe, die sie<br />
auf ein Leben als Hausfrau und Mutter vorbe<strong>re</strong>ite; dabei würden sie - wenn notwendig mit<br />
Gewalt - zu Gehorsam, Respekt und Achtung gegenüber Männern und älte<strong>re</strong>n Brü<strong>der</strong>n erzogen<br />
37 . Im Gegensatz zu den 70er Jah<strong>re</strong>n, in denen <strong>der</strong> Migrantin noch die Aufgabe <strong>der</strong> Schaffung<br />
und Verkörperung von Heimat in <strong>der</strong> F<strong>re</strong>mde zugewiesen, und damit ih<strong>re</strong> Rolle als die<br />
Bewah<strong>re</strong>rin von Traditionen identifiziert wurde, gilt sie nun als Ad<strong>re</strong>ssatin einer staatlichen,<br />
33<br />
Brandt 1977; Mehrlän<strong>der</strong> 1981.<br />
34<br />
Durch den Buchtitel '<strong>Die</strong> verkauften Bräute', von dem be<strong>re</strong>its in den ersten 5 Monaten des Jah<strong>re</strong>s 1978 über<br />
10.000 Exempla<strong>re</strong> verkauft wurden, etablierte sich die Vorstellung, daß Frauen in <strong>der</strong> Türkei "als halbe Kin<strong>der</strong><br />
in die Ehe verkauft wurden", wobei "<strong>der</strong> Ehemann gegen den Brautp<strong>re</strong>is die unbedingte Unterwerfung<br />
seiner Frau erwarb" und somit "die meisten Frauen gar nicht gefragt wurden, ob sie nach Deutschland auswan<strong>der</strong>n<br />
wollen" - so Susanne v. Paczensky im Vorwort Baumgartner-Karabak u. Landesberger 1978:9.<br />
35<br />
Über ein Viertel <strong>der</strong> in den Jah<strong>re</strong>n 1975 bis 1980 auffindba<strong>re</strong>n Texte thematisie<strong>re</strong>n Probleme von Migrantinnen.<br />
36<br />
Schra<strong>der</strong> u.a. 1979.<br />
37<br />
Scheinhardt 1980, Ingenhoven 1983, Kiper 1987, Mün<strong>der</strong> 1985, Rosen u. Stüwe. 1985.<br />
8
auf Mo<strong>der</strong>nisierung <strong>der</strong> Migrantenfamilien ausgerichteten Integrationspolitik 38 . In Anlehnung<br />
an die in den 20er Jah<strong>re</strong>n in den USA entworfene Kulturkonflikthypothese, die von einem<br />
Modell fortsch<strong>re</strong>iten<strong>der</strong> Akkulturation <strong>der</strong> Einwande<strong>re</strong>rfamilien (th<strong>re</strong>e-generationassimilation<br />
cycle) ausgeht, in dem die erste Generation als lost generation gilt und die Ak-<br />
o<strong>der</strong> En0ion frühestens bei <strong>der</strong> zweiten Einwande<strong>re</strong>r-Generation erfolgt, wird im Integrationskonzept<br />
in bezug auf die Rolle <strong>der</strong> Migrantin in spezifischer Weise auf Verän<strong>der</strong>ungen<br />
gesetzt. Traditionelles Denken soll die Migrantin dabei nicht um ih<strong>re</strong>r selbst willen, son<strong>der</strong>n<br />
lediglich um ih<strong>re</strong>r Kin<strong>der</strong> willen ablegen; diesen soll sie Wege zur Anpassung an die Aufnahmegesellschaft<br />
eröffnen. Im Zentrum <strong>der</strong> Familie stehend, wird ein weibliches Leitbild als<br />
Integrationsfigur im Mo<strong>der</strong>nisierungsprozeß <strong>der</strong> Migrantenfamilien entworfen. Der Topos<br />
<strong>der</strong> Mütterlichkeit erfährt hier eine Umwertung/Umdefinition: Nicht das Bewah<strong>re</strong>nde und<br />
Schützende ist gefragt, son<strong>der</strong>n das Loslassen in das Neue, F<strong>re</strong>mde, Unbekannte. Wichtige<br />
Sozialisationsinstanz ist nun nicht mehr die traditionell ausgerichtete Migrantenfamilie, son<strong>der</strong>n<br />
schulische und außerschulische Institutionen. Für die Frauen bleibt lediglich die Aufgabe,<br />
den Kin<strong>der</strong>n ein gesundes Aufwachsen zu ermöglichen und ihnen emotionalen Rückhalt<br />
und Einglie<strong>der</strong>ungshilfen in Richtung einer Öffnung auf die Aufnahmegesellschaft zu geben.<br />
So konzentrie<strong>re</strong>n sich soziale Maßnahmen und de<strong>re</strong>n Begleitforschung auf Frauen mit Kin<strong>der</strong>n<br />
und sind überwiegend auf Gesundheitsvorsorge und die verschiedenen kindlichen Entwicklungsphasen<br />
ausgerichtet 39 . Ausgehend von <strong>der</strong> Annahme, daß vor allem die zweite Generation<br />
den Konflikt <strong>der</strong> Kultu<strong>re</strong>n zwischen Aus- und Einwan<strong>der</strong>ungsland in sich selbst auszutragen<br />
habe, richtet sich die Aufmerksamkeit in <strong>der</strong> Folgezeit beson<strong>der</strong>s auf die Mädchensozialisation.<br />
<strong>Die</strong> Mädchen <strong>re</strong>präsentie<strong>re</strong>n die im Kulturkonflikt stehenden und zu stabilisie<strong>re</strong>nden<br />
Kin<strong>der</strong>, de<strong>re</strong>n Generationskonflikt sich spezifisch als Rollenkonflikt verorten läßt 40 .<br />
Gleichzeitig werden Migrantinnen weiterhin als Folie genutzt, vor <strong>der</strong> sich das mo<strong>der</strong>ne, emanzipierte<br />
Leben deutscher Frauen entfalten läßt. <strong>Die</strong> eingewan<strong>der</strong>ten Frauen werden dabei<br />
als solche dargestellt, denen aufgrund ih<strong>re</strong>s Eingebundenseins in ein Netz kultu<strong>re</strong>ller Zusch<strong>re</strong>ibungen<br />
und Setzungen keine individuellen Spielräume zum selbständigen Agie<strong>re</strong>n außerhalb<br />
dieser Normen zur Verfügung stehen. Mit Hilfe <strong>der</strong> in den Besch<strong>re</strong>ibungen immer<br />
wie<strong>der</strong> genutzten Themen wie Geschlechterseg<strong>re</strong>gation, Eh<strong>re</strong> und Schande, Jungfräulichkeit<br />
vor <strong>der</strong> Ehe, die Verheiratung <strong>der</strong> Mädchen durch die Eltern und nicht zu vergessen das<br />
Kopftuch wird die Welt so in die Gruppe <strong>der</strong>jenigen mit vorherrschend patriarchal dominierten<br />
und <strong>der</strong>jenigen mit emanzipatorisch orientierten Geschlechter-Beziehungsstruktu<strong>re</strong>n aufgeteilt<br />
41 . Indem Starrheit und Enge dabei nur <strong>der</strong> Gruppe mit patriarchal dominie<strong>re</strong>nden Geschlechterbeziehungen<br />
zugeschrieben werden, wird eine Bi-polarität konstruiert zwischen<br />
patriarchal dominiert = unbeweglich, den Angehörigen <strong>der</strong> Migrationsgemeinschaft, und emanzipatorisch<br />
orientiert = dynamisch, den Angehörigen <strong>der</strong> Aufnahme-<br />
/Mehrheitsgesellschaft. <strong>Die</strong> Separierung in einen einheimischen und einen ausländischen Bevölkerungsteil<br />
wird so über den rational begründeten <strong>re</strong>chtlichen Aspekt hinaus als kultu<strong>re</strong>lle<br />
Diffe<strong>re</strong>nz auch im lebensweltlichen Be<strong>re</strong>ich verankert.<br />
38 Kühn 1979.<br />
39 Grottian 1980, Franger u. Theilen 1981, Klöss u. Krasberg 1982,Akkent u.a. 1992, Akkent u. Franger 1985.<br />
40 Schlüter u. Wun<strong>der</strong>lich 1982, Rosen 1984, Kiper 1987.<br />
41 Siehe hierzu Kalpaka u. Räthzel 1986, Lutz 1989, Çaglar 1990.<br />
9
Der Modus des Umgangs mit den nunmehr dazugehörigen Nichtzugehörigen ist von Paternalismus<br />
42 geprägt, bei gleichzeitigem Beibehalten von Indiffe<strong>re</strong>nz. Das bestehende asymmetrische<br />
Verhältnis zwischen den Angehörigen von Aufnahmegesellschaft und Migrationsgemeinschaft<br />
bleibt erhalten und verän<strong>der</strong>t sich lediglich insofern, als <strong>der</strong> Aspekt einer zeitlichen<br />
Befristung <strong>der</strong> Anwesenheit von Migrantinnen und Migranten zunehmend in den Hintergrund<br />
gerät. Mit Hilfe <strong>der</strong> vorgenommenen Typisierung ist es möglich, Erwartungen weiterhin<br />
nicht an Personen ausrichten zu müssen, da die an Interaktionen jeweils beteiligten<br />
Personen durch Rollenzusch<strong>re</strong>ibungen in ih<strong>re</strong>r wechselseitigen Unvertrautheit verhar<strong>re</strong>n und<br />
dennoch auch zweckgerichtet interagie<strong>re</strong>n können. Somit kann im Alltagshandeln weiterhin<br />
am indiffe<strong>re</strong>nten Verhalten festgehalten werden. Auch dort wo Migrantinnen in den Forschungen,<br />
z.B. in biographischen Studien, als Akteurinnen in das Zentrum von Untersuchungen<br />
gestellt 43 o<strong>der</strong> als Informantinnen in diese einbezogen wurden 44 , gelingt es nicht, diese<br />
vorherrschende Einstellung zu durchb<strong>re</strong>chen. Das erklärt sich aus den jeweiligen Vorannahmen,<br />
die die Fragestellungen beeinflußten, aber auch durch den Zusammenhang mit <strong>der</strong> überwiegend<br />
im pädagogischen Be<strong>re</strong>ich angesiedelten handlungsorientierten Auftragsforschung,<br />
die in <strong>der</strong> Logik <strong>der</strong> Klientelisierung 45 spezielle Programme für eine spezielle Klientel<br />
entwickelte und damit wie<strong>der</strong>um ein be<strong>re</strong>its vorhandenes Bild abfragte und bestätigte.<br />
Somit trägt gerade auch <strong>der</strong> Be<strong>re</strong>ich <strong>der</strong> Forschung durch Vergröberung und Vergrößerung<br />
spezifischer Ausschnitte des Migrantinnenlebens (Kindheit, Verlobung, Morgengabe, Verheiratung,<br />
Hochzeit, Brautnacht, etc.) mit zur Ve<strong>re</strong>inheitlichung <strong>der</strong> Ste<strong>re</strong>otypenbildung bei.<br />
Ande<strong>re</strong>rseits existiert auch in dieser Phase die vom Ste<strong>re</strong>otyp abweichende Ausnahme. Eine<br />
solche ist nicht nur hilf<strong>re</strong>ich, um die Statik <strong>der</strong> Typisierung stabil zu halten, son<strong>der</strong>n stützt<br />
darüberhinaus auch diejenigen Argumentationen, die eine mögliche Inklusion <strong>der</strong> Einwan<strong>der</strong>innen<br />
und Einwande<strong>re</strong>r als Gruppe ablehnen und diese lediglich als Einzelfall auf <strong>der</strong> Basis<br />
von individuellen Anpassungsleistungen vorsieht. Auch hier sind wie<strong>der</strong>um Geschlechterdiffe<strong>re</strong>nzen<br />
diejenigen Merkmale, mit Hilfe de<strong>re</strong>r die Ausnahme in ih<strong>re</strong>r Angleichung an die<br />
Aufnahmegesellschaft abgebildet wird 46 .<br />
Schlußbemerkung<br />
Von <strong>der</strong> Annahme ausgehend, daß F<strong>re</strong>mdes nicht mehr existiert, nachdem es bekannt und<br />
somit nur f<strong>re</strong>md ist, solange wir nicht über es verfügen 47 , erweckt hier die Nutzung des<br />
F<strong>re</strong>mdheitsbegriffes eher den Eindruck einer gegenläufigen Bewegung. <strong>Die</strong> Diskussion über<br />
lebensweltliche F<strong>re</strong>mdheit im Migrationsdiskurs gewinnt erst an Gewicht, nachdem man sich<br />
den Migrantinnen und Migranten be<strong>re</strong>its unter vielfältigen Aspekten zugewendet und de<strong>re</strong>n<br />
Lebenssituation aus unterschiedlichen Perspektiven beschrieben hat. Mit Hilfe des entstandenen<br />
Frauenbildes haben sich zu diesem Zeitpunkt im Alltagsdiskurs, aber auch im wissenschaftlichen,<br />
pädagogischen und politischen Diskurs die Vorstellungen von den patriarchal<br />
42 Kalpaka u. Räthzel 1985.<br />
43 Rosen 1986, Steinhilber 1986.<br />
44 Straube 1987, König 1987.<br />
45 Siehe Hebenst<strong>re</strong>it 1986; Thränhardt 1984.<br />
46 Siehe z.B. Hübner 1985.<br />
47 Schütze 1994:73.<br />
10
orientierten Geschlechterbeziehungen des eingewan<strong>der</strong>ten Bevölkerungsteils schon längst<br />
miteinan<strong>der</strong> verwoben und zusammen ein statisches Bild zementiert. In <strong>der</strong> Rekonstruktion<br />
wird deutlich, daß sich die Themen dabei zwar geän<strong>der</strong>t haben, die Setzung als solche jedoch<br />
geblieben ist: Eine imaginä<strong>re</strong> Migrantin dient als Folie, vor <strong>der</strong> die Spezifik des Geschlechterverhältnisses<br />
sichtbar erscheint. <strong>Die</strong>ses wird in <strong>der</strong> Folge genutzt, um F<strong>re</strong>mdheitszusch<strong>re</strong>ibungen<br />
zu konstruie<strong>re</strong>n und zu festigen. F<strong>re</strong>mdes wird von daher erst gesetzt, indem es zuvor<br />
als Ande<strong>re</strong>s beschrieben und dadurch schon längst zum bekanntem Ande<strong>re</strong>n wurde. Somit<br />
entsteht hier die Verfügungsgewalt über die Ande<strong>re</strong>n gerade durch die mit Hilfe <strong>der</strong> Besch<strong>re</strong>ibungen<br />
vorgenommenen Typisierung, indem das besehene und somit bekannte Ande<strong>re</strong><br />
im Vergleich zum jeweils Eigenen zum kultu<strong>re</strong>ll Be-f<strong>re</strong>mdlichen stilisiert wird. <strong>Die</strong> durch<br />
Typisierung zugeschriebene Identität macht aus dem eingewan<strong>der</strong>ten Bevölkerungsteil so<br />
eine homogene und leichter zu administrie<strong>re</strong>nde Masse 48 . Einmal festgeschrieben kann so im<br />
gesellschaftspolitischen Diskurs aus jeweils verschiedenen Perspektiven - aus <strong>der</strong> Perspektive<br />
<strong>der</strong> Aufnahmegesellschaft, aber auch aus <strong>der</strong> Perspektive <strong>der</strong> Herkunftsgesellschaft, bzw. <strong>der</strong><br />
Migrationsgemeinschaft - zu Migration Position bezogen werden.<br />
Gegenwärtig stellt sich die Frage, wieweit eine Hervorhebung lebensweltlicher F<strong>re</strong>mdheit am<br />
Beispiel <strong>der</strong> Geschlechterbeziehungen in ih<strong>re</strong>m Gebrauch zur Verstärkung von G<strong>re</strong>nzziehungen<br />
noch trägt, d.h. ob nicht mittlerweile aus vielfältigen Gründen Brüche in den Zusch<strong>re</strong>ibungen<br />
bezüglich des eingewan<strong>der</strong>ten Bevölkerungsteils zu verzeichnen und sichtbar geworden<br />
sind, die nicht länger unberücksichtigt bleiben können. Unter dem Eindruck fortsch<strong>re</strong>iten<strong>der</strong><br />
Globalisierung und 'Neuer Migration' wird Wan<strong>der</strong>ung zur 'Normalität'. Hinzu kommt,<br />
daß sich durch den beginnenden Ausbau <strong>der</strong> westlichen Industrienationen zu <strong>Die</strong>nstleistungsgesellschaften<br />
allmählich auch das Arbeitsangebot verän<strong>der</strong>t, so daß von einer fortsch<strong>re</strong>itenden<br />
Feminisierung <strong>der</strong> Migration gesprochen werden kann 49 . Des weite<strong>re</strong>n beginnt eine<br />
Entklientelisierung <strong>der</strong> Migrantinnen und Migranten im Zusammenhang mit den knapper<br />
werdenden Ressourcen im Sozialbe<strong>re</strong>ich beginnt. <strong>Die</strong> separaten Beratungs- und Bildungsbe<strong>re</strong>iche<br />
für Zugewan<strong>der</strong>te werden zunehmend aufgelöst und in vorhandenen die Regeleinrichtungen<br />
integriert 50 . Von daher kann auch mit dem 'Elend- und Sch<strong>re</strong>ckens'-Paradigma in Bezug<br />
auf Frauenmigration nicht mehr ohne weite<strong>re</strong>s hantiert werden. Gesellschaftliche Hierarchien<br />
und Ungleichheiten sowie "konfiguratives Handeln" werden zunehmend als Balanceakt<br />
<strong>der</strong> einzelnen im Spannungsfeld zwischen Geschlecht, Klasse und Ethnie betrachtet, da Individuen<br />
nicht einfach durch 'sex, race and class' als geschlossene Größen determiniert sind.<br />
Somit gerät auch ein wichtiges Element in <strong>der</strong> besch<strong>re</strong>ibenen Statik vorhandener Ethnisierungen<br />
ins Wanken, da sich die typisierten Bil<strong>der</strong> zu bewegen beginnen, wenn die Handelnden<br />
mit ih<strong>re</strong>n "Geschlechtsrollen" o<strong>der</strong> ih<strong>re</strong>r "ethnischen Identität" nicht unbedingt "identisch"<br />
48 Schütze 1994:72.<br />
49 Potts 1991.<br />
50 <strong>Die</strong>se führt paradoxerweise in einigen Be<strong>re</strong>ichen gerade zu einem erneuten Aufg<strong>re</strong>ifen des beschriebenen<br />
Ste<strong>re</strong>otyps. Durch die Auflösung von separaten Beratungs- und Bildungsbe<strong>re</strong>iche für Zugewan<strong>der</strong>te beginnt<br />
nun in die Regeleinrichtungen eine Beschäftigung mit den Konsequenzen von Einwan<strong>der</strong>ung, wobei festzustellen<br />
ist, daß dabei insbesonde<strong>re</strong> auf die 'Kulturdiffe<strong>re</strong>nzthese' zurückgegriffen und hier wie<strong>der</strong>um erst einmal<br />
die vorgängigen Denkfigu<strong>re</strong>n und Bil<strong>der</strong> aufzufinden sind. Siehe DGB-Bildungswerk 1988, Papakyriakou<br />
1990, Warzecha 1993; Stienen 1994.<br />
11
sind 51 . Dennoch sind die einmal entstandenen Setzungen nur schwer zu verwerfen, weil sich<br />
im Prozeß <strong>der</strong> Ethnisierung ein Begriffsapparat als Kanon herausgebildet hat, <strong>der</strong> Wahrnehmungen<br />
in spezifischer Weise kanalisiert und kategorisiert. <strong>Die</strong> Verbalisierung ande<strong>re</strong>r<br />
Wahrheiten scheitert oft be<strong>re</strong>its daran, daß die dafür benötigte Sprache fehlt.<br />
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