1 Ethnisierungsprozesse re-visited: Die Relevanz der Kategorie ...
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einmal als nichtdazugehörige Ande<strong>re</strong> angesehen und aus dieser Einstellung heraus die sozialen<br />
Regelungen im Umgang abgeleitet. <strong>Die</strong>se Zuordnung än<strong>der</strong>t sich im Alltagsdiskurs gegen<br />
Ende <strong>der</strong> 70er Jah<strong>re</strong>. An die Stelle <strong>der</strong> Zusch<strong>re</strong>ibung einer Nichtdazugehörigkeit t<strong>re</strong>ten zunehmend<br />
erste Vorstellungen von Dazugehörigkeit. Wobei <strong>der</strong> eingewan<strong>der</strong>te Bevölkerungsteil<br />
sich von <strong>der</strong> Mehrheitsbevölkerung jedoch insofern weiterhin unterscheidet, als Migrantinnen<br />
und Migranten nun als dazugehörige Nichtzugehörige angesehen werden, und von<br />
daher auch an den vorhandenen sozialen Regelungen fast ungebrochen weiter festgehalten<br />
o<strong>der</strong> an diesen angeknüpft wird.<br />
Migrantinnen und Migranten als nichtdazugehörige Ande<strong>re</strong><br />
Im Vergleich zu ande<strong>re</strong>n Einwan<strong>der</strong>ungslän<strong>der</strong>n ist <strong>der</strong> Umgang mit dem Migrationsphänomen<br />
in <strong>der</strong> Bundes<strong>re</strong>publik durch eine lange Phase <strong>der</strong> 'rites de passage' 17 gekennzeichnet, die<br />
von den 50er Jah<strong>re</strong>n bis hinein in die späten 70er Jah<strong>re</strong> beobachtbar sind. In diesem Stadium<br />
kennzeichnen die Zusch<strong>re</strong>ibungen 'Gastarbeiter' und/o<strong>der</strong> 'ausländische Arbeitnehmer' das<br />
asymmetrische und zeitlich befristete Verhältnis zu den anwesenden Ande<strong>re</strong>n. Es herrscht ein<br />
auf das ökonomische Inte<strong>re</strong>sse an den Migrantinnen und Migranten ausgerichteter Blick vor,<br />
durch den nur diejenigen Probleme wahrgenommen und thematisiert werden, die einen <strong>re</strong>ibungslosen<br />
Ablauf <strong>der</strong> Arbeitsprozesse durch die zeitweilige Anwesenheit von 'F<strong>re</strong>mden'<br />
erschwe<strong>re</strong>n o<strong>der</strong> gar gefährden können 18 . In dieser Phase entsteht ein b<strong>re</strong>iter <strong>re</strong>chtlicher Rahmen,<br />
mit Hilfe dessen die Auslän<strong>der</strong>politik nach notwendig erscheinenden Zweckmäßigkeitserwägungen<br />
ausgerichtet, und aufgrund des vorhandenen Desinte<strong>re</strong>sses an den Personen, ohne<br />
eine kritische, öffentliche Debatte <strong>re</strong>chtlich festgeschrieben wird 19 . <strong>Die</strong> 1965 durchgeführte<br />
Novellierung des Auslän<strong>der</strong>gesetzes legt daher nicht nur das 'An<strong>der</strong>ssein', son<strong>der</strong>n auch das<br />
'An<strong>der</strong>sbleiben sollen' des immigrierten Bevölkerungsteils <strong>re</strong>chtlich fest und bekräftigt es<br />
öffentlich. Migrantinnen und Migranten sind ausgeg<strong>re</strong>nzt als solche, denen aufgrund nichtdeutscher<br />
Staatsangehörigkeit ande<strong>re</strong> Rechte als den Inlän<strong>der</strong>innen und Inlän<strong>der</strong>n zukommen,<br />
wobei primär die 'ande<strong>re</strong>' Staatsangehörigkeit an sich <strong>re</strong>levant angesehen wird, und das spezielle<br />
Herkunftsland <strong>der</strong> anwesenden Migrantinnen und Migranten kaum von Inte<strong>re</strong>sse ist.<br />
Diffe<strong>re</strong>nziert wird lediglich nach EG- und Nicht-EG-Herkunftsstaaten, da sich nach dieser<br />
Unterscheidung <strong>der</strong> <strong>re</strong>chtliche Status des Gast-Arbeiterinnen-Daseins <strong>der</strong> Einzelnen definiert.<br />
Ethnische Diffe<strong>re</strong>nzierungen spielen somit in dieser Zeitphase noch keine dominante Rolle.<br />
<strong>Die</strong> Nichtzugehörigkeit <strong>der</strong> anwesenden Migrantinnen und Migranten akzentuiert sich zu<br />
dieser Zeit insofern, als ein kultu<strong>re</strong>ller Abstand zwischen Eigenem und F<strong>re</strong>mdem dadurch<br />
hervorgehoben wird, daß Eigenschaften und Verhaltensweisen allgemein einer ande<strong>re</strong>n Wirklichkeitsordnung<br />
zugewiesen werden. Es wird von <strong>der</strong> Annahme ausgegangen, daß die "Welt"<br />
<strong>der</strong> Ande<strong>re</strong>n von <strong>der</strong> eigenen struktu<strong>re</strong>ll verschieden ist, und sich die Menschen daher an Regeln<br />
und <strong>Relevanz</strong>struktu<strong>re</strong>n orientie<strong>re</strong>n, welche die eigenen allenfalls am Rande berüh<strong>re</strong>n.<br />
17 Gennep 1986.<br />
18 So wurde in den 60er Jah<strong>re</strong>n mangelnde Sprachkompetenz lediglich dann thematisiert, wenn hieraus Probleme<br />
für das Aufnahmeland entstanden, wie z.B. in <strong>der</strong> Debatte um Verständigungsschwierigkeiten im Krankenpflegebe<strong>re</strong>ich.<br />
Poser u. Scheel 1971.<br />
19 Siehe Dohse 1981 und Franz 1985.<br />
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