Heft 4/2012 - Pro Tier
Heft 4/2012 - Pro Tier
Heft 4/2012 - Pro Tier
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PRO<br />
4/<strong>2012</strong><br />
S T I F T U N G F Ü R T I E R S C H U T Z U N D E T H I K<br />
• Weihnachtstiere: Wie Ochs und<br />
Esel an die Krippe kamen<br />
• Unterwegs mit einem Schäfer
Impressum Inhalt<br />
Zeitschrift der Stiftung für <strong>Tier</strong>schutz<br />
und Ethik / <strong>Pro</strong><strong>Tier</strong>, Zürich<br />
Ehemals « Schweizerische Gesellschaft<br />
für <strong>Tier</strong>schutz / <strong>Pro</strong><strong>Tier</strong> »<br />
Nr. 4, November <strong>2012</strong><br />
41. Jahrgang<br />
Erscheint 4x jährlich<br />
Abonnement :<br />
Gönner erhalten die Zeitschrift kostenlos.<br />
Jahresabonnement CHF 25.–<br />
Einzelnummer CHF 7.–<br />
Redaktion :<br />
Nathalie Dubois (nd)<br />
Alle Rechte vorbehalten. Jede Art der<br />
Weiterverwendung der Artikel und Bilder<br />
nur mit ausdrücklicher, schriftlicher Genehmigung<br />
der Redaktion.<br />
Die Beiträge decken sich nicht zwingend<br />
mit der Meinung der Redaktion.<br />
Titelbild : Lamm<br />
Foto : © Beate Zoellner / ImagePoint<br />
Layout : Feldner Druck AG, 8618 Oetwil a.S.<br />
Konzept und Design : Urs Widmer / provista<br />
Druck : Staffel Druck AG, 8045 Zürich<br />
STIFTUNG FÜR<br />
TIERSCHUTZ<br />
UND ETHIK<br />
Alfred Escher-Strasse 76<br />
CH-8002 Zürich<br />
Telefon : 044 201 25 03<br />
Telefax : 044 201 26 23<br />
Postcheck : 60-455782-5<br />
E-Mail : tierschutz@protier.ch<br />
URL : www.protier.ch<br />
Weihnachten – wie die <strong>Tier</strong>e an die Krippe kamen 4<br />
Weihnachts-Wünsche für die <strong>Tier</strong>e 7<br />
Unterwegs mit einem Wanderhirten 8<br />
Schweizer essen immer mehr Stopfleber 12<br />
Im Zoo Basel sind die Affen los 14<br />
<strong>Tier</strong> und Recht: Das <strong>Tier</strong> im Testament 17<br />
Buchtipps / CD-Geschenktipp 18<br />
Kurzmeldungen 20<br />
Werden Sie Gönnerin, Gönner von <strong>Pro</strong><strong>Tier</strong>! 24<br />
Weihnachten – wie die <strong>Tier</strong>e an die Krippe kamen<br />
<strong>Pro</strong><strong>Tier</strong>-Kalender 2013<br />
Unterwegs mit einem Wanderhirten<br />
Im Zoo Basel sind die Affen los<br />
2 <strong>Pro</strong><strong>Tier</strong> 4/12<br />
13<br />
4<br />
8<br />
14
Liebe<br />
<strong>Tier</strong>freundinnen<br />
und <strong>Tier</strong>freunde<br />
<strong>Tier</strong>e begleiten den Menschen<br />
schon seit Jahrhunderten. Wir<br />
haben sie gezähmt und domestiziert<br />
und können uns den Alltag<br />
ohne Vierbeiner kaum mehr vorstellen.<br />
Auch in vielen Fabeln und Geschichten<br />
kommen <strong>Tier</strong>e vor. Nicht<br />
immer wissen wir aber wie sie da<br />
hineinkamen. Zum Beispiel Ochs<br />
und Esel an die Krippe im Stall zu<br />
Bethlehem in der bib lischen Weihnachtsgeschichte<br />
oder warum im<br />
Nordischen der Weihnachtsmann<br />
mit einem Rentier durch die Luft<br />
fliegt. Lesen Sie dazu die interessante<br />
Geschichte über die Weihnachtstiere<br />
auf Seite 4.<br />
Der Winter steht vor der Tür und<br />
verwandelt, hoffentlich auch dieses<br />
Jahr, mit seinem weissen Schleier<br />
Wälder und Wiesen in eine Märchenlandschaft.<br />
Vielleicht haben Sie auch<br />
schon das Glück gehabt, einen Schäfer<br />
mit seiner Herde über das verschneite<br />
Land ziehen zu sehen – der<br />
Anblick ist leider selten geworden.<br />
<strong>Pro</strong><strong>Tier</strong> hat einen Schafhirten begleitet,<br />
Seite 8.<br />
An eisige Temperaturen draus-<br />
Foto : Fressnapf<br />
Fressnapf-Laden Dietikon<br />
<strong>Pro</strong><strong>Tier</strong> 4/12<br />
Editorial<br />
sen müssen sich die Affen des Zoo<br />
Basel hingegen vielleicht erst gewöhnen,<br />
aber sie werden ihre neuen<br />
Aussengehege sicher auch im<br />
Winter zu schätzen wissen und die<br />
neue «Freiheit» geniessen. Auch,<br />
wenn man die Haltung von Grossen<br />
Menschenaffen in Zoos nicht<br />
unbedingt befürwortet – mit den<br />
neuen Aussengehegen leistet der<br />
Zoo Basel bemerkenswerte Pionierarbeit,<br />
Seite 14.<br />
Falls Sie auf der Suche nach einem<br />
geeigneten Weihnachtsgeschenk<br />
sind, wir haben gleich zwei Ge schenktipps:<br />
Unser <strong>Pro</strong><strong>Tier</strong>-Post kartenkalender<br />
2013 schenkt das ganze Jahr<br />
über Freude und mit dem Kauf unterstützen<br />
Sie unsere <strong>Tier</strong>schutzarbeit<br />
– Bestelltalon auf Seite 13. Nicht nur<br />
hübsch erzählt, sondern auch sehr<br />
lehrreich, sind die 6 <strong>Tier</strong>geschichten<br />
auf der CD für Kinder, Seite 18.<br />
Die Tatsache, dass in der Schweiz<br />
immer mehr Stopfleber, der Inbegriff<br />
eines tierquälerischen <strong>Pro</strong>duktes,<br />
gegessen wird, stimmt<br />
nachdenklich. Leider ist es vielen<br />
Menschen immer noch gleichgültig,<br />
dass <strong>Tier</strong>e leiden müssen. Wir<br />
wünschen uns für die <strong>Tier</strong>e, dass<br />
mehr Menschen ethische Verantwortung<br />
übernehmen und dazu<br />
beitragen, dass <strong>Tier</strong>e nicht länger<br />
gequält und ausgebeutet werden.<br />
Mit Ihrer Hilfe setzt sich <strong>Pro</strong>-<br />
<strong>Tier</strong> auch 2013 für die <strong>Tier</strong>e ein.<br />
Ich wünsche, in diesem Sinne,<br />
allen Menschen und <strong>Tier</strong>en eine<br />
friedvolle Weihnachtzeit und einen<br />
guten Start ins neue Jahr!!<br />
Nathalie Dubois,<br />
Geschäftsführerin<br />
Herzlichen Dank «fürs Pfötchengeben»!<br />
Die Sticker-Aktion «Gib Pfötchen!» von Fressnapf<br />
zugunsten von <strong>Pro</strong><strong>Tier</strong> war ein Riesenerfolg.<br />
Ein grosses und herzliches Dankeschön an Fressnapf und an<br />
alle Spenderinnen und Spender für die tolle Unterstützung!<br />
Lesen Sie mehr dazu auf Seite 16!<br />
Foto : Th. Haug<br />
3
Weihnachten –<br />
Wie die <strong>Tier</strong>e an die<br />
Krippe kamen<br />
Ochse, Esel und Schafe sind zentrale Figuren zahlreicher<br />
Krippendarstellungen. Wer die <strong>Tier</strong>e im Weihnachtsevangelium<br />
sucht, wird sie jedoch nicht finden. Zum Umstand, wie<br />
sich diese für uns typischen Weihnachtstiere ganz unbemerkt<br />
an die Krippe geschlichen haben, gibt es unterschiedliche<br />
Erklärungen.<br />
Von Helen Weiss<br />
Eine Ziege, die sich meckernd<br />
über die Krippe beugt und vergnügt<br />
an den Windeln des Jesuskinds<br />
knabbert? Ein Hund, der<br />
hechelnd das Neugeborene bewacht?<br />
Oder eine Maus, die geschäftig<br />
im Stroh der Krippe raschelt? Unvorstellbar.<br />
Dabei hätten diese und<br />
andere <strong>Tier</strong>e genauso einen Platz an<br />
der Krippe einnehmen können wie<br />
Ochs und Esel; zwei <strong>Pro</strong>tagonisten,<br />
die für uns ganz selbstverständlich<br />
zur Weihnachtsgeschichte gehören.<br />
Das eigenwillige Paar hat sich<br />
In der Bibel ist nur die Rede von Hirten, die ihre Herde bewachen –<br />
ob es sich dabei um Schafe handelte, ist nicht schlüssig geklärt.<br />
geschickt in die Szene eingeschlichen,<br />
obwohl es, rein biblisch betrachtet,<br />
gar nichts dort zu suchen<br />
hat. Der Evangelist Lukas erwähnt<br />
die gutmütigen Vierbeiner, die<br />
sich wärmend um die Krippe stellen,<br />
mit keinem Wort. Gundsätzlich<br />
verkörpern Ochs und Esel zwei<br />
klassische Stalltiere und verweisen<br />
damit direkt auf die Geburtsgeschichte<br />
Jesu – obwohl in der<br />
Bibel auch nie von einem Stall die<br />
Rede ist. Keine Frage, die beiden<br />
<strong>Tier</strong>e runden das idyllische Bild<br />
von der Heiligen Familie um die<br />
Futterkrippe bestens ab, könnten<br />
aber auch ganz zufällig anwesend<br />
sein. Denn ebenso hätten auch<br />
Pferd, Kuh oder Ziege – ebenfalls<br />
typische Nutztiere der damaligen<br />
Zeit – die Nacht im Stall verbringen<br />
können. Beim Esel darf man<br />
noch zu Recht vermuten, dass er<br />
die hochschwangere Maria hinauf<br />
ins judäische Bergland nach Bethlehem<br />
getragen hat und so mit in<br />
den Stall kam. Den Ochsen könnte<br />
allenfalls der Zimmermann Josef<br />
mitgebracht haben, weil er beim Einschreiben<br />
seiner Familie einen Zins<br />
zu bezahlen hatte. Als Beispiel dieser<br />
Geschichte gibt es ein Gemälde<br />
des Holländers Pieter Brueghel aus<br />
dem Jahr 1566, das Josef mit Maria<br />
auf dem Esel inmitten der Menge<br />
von Pilgern zu Bethlehem mit einem<br />
Ochsen an der Seite zeigt.<br />
Deutliche <strong>Pro</strong>vokation<br />
In der Geschichte der christlichen<br />
Bildkunst waren Ochs und Esel jedoch<br />
bereits im 4. Jahrhundert so<br />
4 <strong>Pro</strong><strong>Tier</strong> 4/12<br />
Fotos: zvg
populär wie die Heiligen drei Könige.<br />
Die ältesten Darstellungen von<br />
Weihnachten zeigen nicht etwa Josef<br />
und Maria, sondern die beiden Nutztiere,<br />
die das Kind in der Krippe umrahmen.<br />
Den Grund, weshalb Ochs<br />
und Esel schon von Beginn an in<br />
der ersten Reihe standen, kennt Kirchenratspräsident<br />
der Evangelischreformierten<br />
Kirche Basel-Stadt und<br />
Basler Münsterpfarrer Lukas Kundert:<br />
«Die Anwesenheit der beiden<br />
<strong>Tier</strong>e geht auf die symbolische Deutung<br />
einer alttestamentarischen Bibelstelle<br />
des <strong>Pro</strong>pheten Jesaja zurück.»<br />
Dort heisst es: «Der Ochse<br />
kennt seinen Besitzer und der Esel<br />
die Krippe seines Herrn, Israel aber<br />
hat keine Erkenntnis, mein Volk hat<br />
keine Einsicht.»<br />
Ochs und Esel wurden also zu<br />
Bildern derer, die ihren Herrn kennen<br />
und ihn nicht vergessen haben.<br />
«Die Aussage hinter diesen Sinnbildern<br />
ist fast schon aggressiv und<br />
trägt eine antijüdische Note», sagt<br />
Kundert. Denn die Darstellung von<br />
Ochs und Esel an der Krippe geht<br />
mit der Enterbungslehre (dass die<br />
christliche Kirche seit der Kreuzigung<br />
Jesu anstelle des Volkes Israel von<br />
Gott auserwählt sei) und der Trennung<br />
von Juden und Christen im 4.<br />
Jahrhundert einher. «Mit Ochs und<br />
Esel im Stall soll ausgesagt werden,<br />
dass sogar die dummen <strong>Tier</strong>e erkennen,<br />
dass mit diesem Kind der<br />
Messias geboren wurde», erklärt<br />
Kundert. Ochs und Esel, die sich<br />
treuherzig über den Krippenrand<br />
beugen, sind somit eine deutliche<br />
<strong>Pro</strong>vokation für Juden als auch für<br />
Heiden, welche Jesus nicht als Erlöser<br />
anerkennen.<br />
Die Hirten auf dem Feld<br />
Über diese theologische Begründung<br />
hinaus haben Ochse und Esel<br />
aber auch eine tiefgründige Symbolik.<br />
Der Esel wird als demütiges<br />
und dienendes <strong>Tier</strong> interpretiert.<br />
Auf ihm zieht der Sohn Gottes später<br />
in Je rusalem ein, zum Zeichen, dass<br />
er ein «Friedensfürst» ist, kein Heerführer,<br />
kein machtvoller Despot, kein<br />
Unterdrücker. Parallel dazu steht<br />
der Ochse für das typische Opfertier<br />
des Alten Testaments und<br />
<strong>Pro</strong><strong>Tier</strong> 4/12<br />
Ochse, Esel und Schafe sind zentrale <strong>Pro</strong>tagonisten<br />
in Krippendarstellungen, obwohl sie in der<br />
Bibel nicht erwähnt werden. Trotzdem verfügen sie<br />
über grossen Symbolwert.<br />
Auch beim mittelalterlichen Maler Meister von Hohenfurth stehen<br />
Ochse und Esel direkt neben der Krippe – hier ein Ausschnitt aus dem<br />
Gemälde «Die Geburt Christi» aus dem Jahr 1350.<br />
verweist so auf die Kreuzigungsgeschichte.<br />
Aus ganz ähnlichen<br />
Gründen kommen auch die Schafe<br />
in der Weihnachtsgeschichte zu Ehren.<br />
Denn ebenso wie die anderen<br />
<strong>Tier</strong>e werden auch sie in der Bibel<br />
nicht explizit beschrieben. Kundert:<br />
«Im Lukasevangelium steht, dass<br />
die Hirten ihre Herde bewachen. Um<br />
welche <strong>Tier</strong>e es sich dabei handelt,<br />
ist nicht schlüssig.» Traditionell bezeichne<br />
der Begriff Herde zwar meist<br />
Schafe, die Interpretation gehe aber<br />
wahrscheinlich auf Johannes zurück.<br />
In Kapitel 10, Vers 4 steht: «Draussen<br />
geht er vor ihnen her, und die<br />
Schafe folgen ihm, weil sie seine<br />
Stimme kennen.» Auch hier folgen<br />
nur jene Schafe dem Ruf, welche<br />
Jesus als wahren Erlöser – und sinnbildlich<br />
als ihren Hirten – anerkennen.<br />
Fliegende Rentiere<br />
Neben Ochs, Esel und Schaf werden<br />
gerne auch Elch, Hirsch und Rentier<br />
im weihnächtlichen Kontext erwähnt.<br />
Sie tragen alle ein Geweih<br />
und passen deshalb – zumindest<br />
im deutschen Sprachgebrauch –<br />
bestens zur weihnächtlichen Fauna.<br />
Während der mächtige Elch, laut<br />
dem Buch des deutschen Aberglaubens<br />
bei den Preussen als Gottheit<br />
verehrt, an der Krippe erscheint<br />
und das Neugeborene als wahren<br />
Erlöser anbetet, hat der Hirsch<br />
zumindest nach Physiologus eine<br />
5
Bereits im 4. Jahrhundert war das tierische Paar so populär wie die<br />
heiligen drei Könige: Ochs und Esel versinnbildlichen jene Christen,<br />
die Jesus als wahren Sohn Gottes anerkennen.<br />
bib lische Symbolik. Der Physiologus<br />
ist eine frühchristliche Naturlehre,<br />
in der Pflanzen, Steine und<br />
<strong>Tier</strong>e be schrieben und allegorisch<br />
auf das Heils geschehen hin gedeutet<br />
werden. «Im Physiologus wird berichtet,<br />
wie ein Hirsch in seinem 50.<br />
Lebensjahr an einem Schlangenloch<br />
schnuppert, worauf die Schlange hervorschiesst<br />
und durch die Nüs tern in<br />
das <strong>Tier</strong> eindringt», erklärt Kundert.<br />
Der Hirsch verschluckt die Schlange<br />
und muss innert drei Stunden<br />
zu einem Wasserloch, damit ihm<br />
für weitere 50 Jahre das Leben geschenkt<br />
wird. «Diese Geschichte<br />
gilt als Sinnbild für die Taufe», so<br />
Kundert. Zudem gehe sie auf Psalm<br />
42,2 zurück, wo es heisst: «Wie ein<br />
Hirsch nach frischem Wasser lechzt,<br />
so sehne ich mich nach dir, mein<br />
Gott.» Die Rolle des Rentiers während<br />
Weihnachten ist hingegen anderen<br />
Ursprungs. Der heutige – vor<br />
allem in Amerika populäre – Mythos<br />
des Weihnachtsmanns, der mit<br />
einem von Rentieren gezogenen<br />
fliegenden Schlitten reist, heimlich<br />
durch den Kamin in die Häuser steigt<br />
und dort die Geschenke verteilt, geht<br />
auf das 1823 anonym veröffentlichte<br />
Gedicht «The Night before Christmas»<br />
zurück. «Rudolph, the Red-<br />
Nosed Reindeer» kam erst 1939<br />
durch ein Gedicht von Robert L. May<br />
dazu, welches die Vorlage für das bekannte<br />
gleichnamige Weihnachtslied<br />
von Johnny Marks lieferte.<br />
Fliegenpilz verschafft<br />
Höhenflüge<br />
Möglicherweise wurden Rentiere<br />
deshalb gewählt, weil sie als Zugtiere<br />
für Schlitten bei den Noma-<br />
den eine lange Tradition haben. Zudem<br />
verehrten einige nordsibirische<br />
Stämme den grossen Rentiergeist<br />
als Gottheit. Der schwedische Oberst<br />
Philip Johan von Strahlenberg berichtet<br />
in einem 1730 erschienenen<br />
und damals sehr populären Buch<br />
über seine Kriegsgefangenschaft<br />
in Kamtschatka, dass die dort beheimateten<br />
Völker durch den Genuss<br />
von Fliegenpilzen zu wahren Höhenflügen<br />
fähig waren. Von den hallu zinogenen<br />
Pilzen berauscht, nahmen<br />
die Schamanen Kontakt zu ihrer Gottheit<br />
auf und «schwebten» auf ihren<br />
fliegenden Rentieren zu ihren benachbarten<br />
Stammesangehörigen.<br />
Durch den Rauchabzug im Dach<br />
betraten sie die Jurten und brachten<br />
weitere Pilze als Geschenke mit.<br />
Ersetzt man den Rauchabzug durch<br />
einen Kamin und die Pilze durch<br />
Playmobil und Barbiepuppen, ist<br />
man schon ziemlich nah dran an<br />
der Geschichte des Weihnachtsmanns.<br />
■<br />
Einige nordsibirische Stämme verehrten<br />
den grossen Rentiergeist als Gottheit.<br />
Die Nomaden – berauscht durch den Genuss<br />
von Fliegenpilzen – «schwebten» auf ihren<br />
fliegenden Rentieren zu ihren Nachbarn.<br />
6 <strong>Pro</strong><strong>Tier</strong> 4/12
<strong>Pro</strong><strong>Tier</strong> 4/12<br />
Weihnachts-Wünsche für die <strong>Tier</strong>e<br />
Die Zeit im Advent und um den Jahreswechsel ist für uns Menschen die Zeit, Bilanz über das<br />
allmählich zu Ende gehende Jahr zu ziehen und auf Vergangenes zurückzuschauen. Es ist die Zeit<br />
für Weihnachts-Wünsche und auch die Zeit, um Vorsätze für das neue Jahr zu fassen.<br />
Was aber würden sich die <strong>Tier</strong>e zu Weihnachten wünschen?<br />
Was würden sich die unzähligen Nutztiere wünschen, die ein trauriges,<br />
nicht artgerechtes Leben fristen müssen, bevor sie geschlachtet werden?<br />
Was würden sich die ausgesetzten oder ins <strong>Tier</strong>heim abgeschobenen <strong>Tier</strong>e<br />
wünschen, die einst als Lieblinge gehätschelt und verwöhnt, dann aber für ihre Besitzer<br />
plötzlich überflüssig oder lästig wurden?<br />
Was würden sich die, in engen Käfigen gehaltenen Pelztiere wünschen, den Tod<br />
für unsere Eitelkeit und ein klein wenig fragwürdigen Luxus vor Augen; was die<br />
Versuchstiere, die Qualen erleiden im Namen der Wissenschaft?<br />
Was würden sich die Wildtiere wünschen, die in Zoos und Zirkussen ausgestellt<br />
werden und Kunststücke zu unserer Unterhaltung aufführen müssen; und was<br />
diejenigen, deren Lebensraum Tag für Tag aus <strong>Pro</strong>fitgier ein Stück weiter unwiederbringlich<br />
zerstört wird?<br />
<strong>Pro</strong><strong>Tier</strong> wünscht sich, dass sich möglichst viele Menschen diese Fragen stellen<br />
und Vorsätze fassen, die helfen, <strong>Tier</strong>leid zu verhindern. <strong>Tier</strong>schutz beginnt im Alltag<br />
– bei jedem einzelnen von uns!<br />
Wir von <strong>Pro</strong><strong>Tier</strong> schauen nicht zurück sondern nach vorne und setzen uns auch im<br />
neuen Jahr für die <strong>Tier</strong>e ein, damit die Welt für sie, eine bessere wird.<br />
Unterstützen Sie unsere <strong>Tier</strong>schutzarbeit mit Ihrer Weihnachtsspende<br />
und/oder werden Sie Gönnerin oder Gönner – Herzlichen Dank für Ihre Hilfe!<br />
(Sie finden Einzahlungsscheine in der <strong>Heft</strong>mitte, den Anmeldetalon auf der <strong>Heft</strong>rückseite)<br />
7<br />
Foto: Jens-Peter Schulze/pixelio.de
Mit den Schafen auf Wanderschaft:<br />
Unterwegs mit<br />
einem Wanderhirten<br />
Wanderhirten sind bei jeder Witterung mit ihren Schafherden<br />
unterwegs – ein harter, entbehrungsreicher Beruf. Auch<br />
deshalb gibt es nur noch wenige Schafhirten in der Schweiz.<br />
<strong>Pro</strong><strong>Tier</strong> hat einen von ihnen, Toni Felder, einen Tag lang begleitet.<br />
Von Helen Weiss<br />
Im Wald ist es still wie in einer<br />
Kirche. Die Äste der Bäume sind<br />
kahl, doch an diesem grauen Wintertag<br />
herrscht auch um neun Uhr<br />
morgens noch ein dämmriges Licht,<br />
obwohl die Sonne längst aufgegangen<br />
ist. «Die Schafe sind Langschläfer»,<br />
meint Toni Felder schmunzelnd<br />
und stapft zielstrebig in Richtung<br />
einer kleinen Fichtengruppe. Zwei<br />
Esel warten dort geduldig und spitzen<br />
die Ohren, als der Hirte näher<br />
tritt. Von den Schafen ist keine Spur<br />
zu sehen. Wer nun denkt, dass sich<br />
400 <strong>Tier</strong>e schlecht in einem kleinen<br />
Waldstück verstecken lassen, hat<br />
weit gefehlt. Bestens getarnt durch<br />
ihr weisses oder braunes Fell liegen<br />
sie, ohne einen Mucks zu machen,<br />
nur fünfzig Meter vom Weg entfernt<br />
auf dem Waldboden. Durch einen<br />
Elektrozaun geschützt, haben sie<br />
hier die Nacht verbracht.<br />
Erst als Felder näher tritt, kommt<br />
Bewegung in die Gruppe: Mit lautem<br />
«Mäh» hieven sich die <strong>Tier</strong>e<br />
auf die Beine, schütteln sich und<br />
beobachten erwartungsvoll, wie<br />
der Hirte sich am Zaun zu schaffen<br />
macht. Und als Felder nach seinem<br />
Stock greift, seinen Hund ruft und<br />
ein lautes «Brrrr» ausstösst, gibt es<br />
Fotos: Helen Weiss<br />
kein Halten mehr. Wie eine wollige<br />
Lawine ergiesst sich die Schafherde<br />
laut blökend auf den Waldweg und<br />
hinaus auf die Wiese. Die beiden<br />
Esel laufen brav mitten in der Gruppe,<br />
während Hütehund Roy die <strong>Tier</strong>e<br />
im Schach hält. In gemächlichem<br />
Tempo geht es hinaus aufs Feld und<br />
die Szenerie scheint wie aus dem Bilderbuch.<br />
Eine dünne Schneedecke<br />
liegt auf den Wiesen, dazwischen<br />
zeichnen sich knorrige Obstbäume<br />
als schwarze, filigrane Silhouetten<br />
vor dem grauen Himmel ab.<br />
Der australische<br />
Hütehund Roy<br />
hat das Treiben<br />
im Blut und<br />
hält die Herde<br />
problemlos in<br />
Schach.<br />
8 <strong>Pro</strong><strong>Tier</strong> 4/12
Nach einigen Tagen der Angewöhnung lernen die Schafe,<br />
das Gras scharrend unter der Schneedecke zu suchen.<br />
Dicke Wolle schützt<br />
vor Kälte<br />
Der unerbittliche Wind erinnert jedoch<br />
schnell daran, dass der Beruf<br />
des Wanderhirten alles andere<br />
als idyllisch ist. So märchenhaft die<br />
Stimmung an diesem Morgen auch<br />
sein mag, es ist bitterkalt. Toni Felder<br />
scheinen die Minusgrade nichts<br />
auszumachen. Er trägt einen Faserpelz<br />
und eine Mütze – auf Schal oder<br />
Handschuhe verzichtet der 64-Jährige.<br />
«Mit der Zeit gewöhnt man<br />
sich an die Kälte», meint Felder und<br />
stemmt sich gegen den Wind.<br />
Der Safenwiler ist mit seiner Herde<br />
bei jedem Wetter unterwegs, ob es<br />
schneit, regnet oder stürmt. Draussen<br />
übernachtet der Hirte jedoch<br />
nicht mehr: Mit seinem Hund Roy<br />
fährt er jeden Abend mit dem Auto<br />
nach Hause ins aargauische Safenwil<br />
zurück. Wirklich schlimm sei es<br />
tagsüber nur, wenn die Bise wehe.<br />
Und die Schafe? «Um die <strong>Tier</strong>e muss<br />
man sich bei diesem Wetter keine<br />
Sorge machen», so Felder. Sie seien<br />
durch die dicke Wolle bestens geschützt.<br />
«Sie vertragen Kälte besser<br />
als nasses und warmes Wetter»,<br />
weiss der Wanderhirte, der<br />
seit sechs Jahren von Mitte November<br />
bis Mitte März mit seiner<br />
Herde durch die Kantone Aargau<br />
und Solothurn zieht.<br />
<strong>Pro</strong><strong>Tier</strong> 4/12<br />
Gefrorenes als<br />
Hauptmahlzeit<br />
«Das Fleisch ist von guter Qualität, da<br />
die <strong>Tier</strong>e den Grossteil ihres Lebens<br />
draussen verbracht haben», weiss<br />
Felder. So wird die Herde allmählich<br />
kleiner, je weiter das Jahr fortschreitet.<br />
Auch kranke oder verletzte<br />
Schafe werden sofort aus der Herde<br />
genommen. Daneben führt Felder<br />
Die Esel Timo und Maja sind die<br />
besten «Wächter» der Gruppe:<br />
Sehen sie etwas Ungewöhnliches,<br />
geben sie lautstark an.<br />
Muttertiere mit. «Eine Herde mit einigen<br />
erfahrenen <strong>Tier</strong>en ist leichter<br />
zu führen», erklärt er. Der neuseeländische<br />
Hütehund Roy, der einem<br />
schwarzen Schatten gleich über die<br />
weisse Schneedecke hetzt und einige<br />
Nachzügler zurück zur Herde<br />
treibt, sorgt dafür, dass die Schafe<br />
nicht vom rechten Weg abkommen.<br />
Auch die beiden Esel Timo und Maja<br />
– früher als Las tenträger mitgeführt<br />
– haben eine Aufgabe: «Sie sind<br />
gute Wächter und geben lautstark<br />
an, wenn sie etwas Ungewöhnliches<br />
sehen», meint Felder schmunzelnd<br />
und klopft Timo den Hals. «Timo ist<br />
zudem ein Weltmeis ter im Ausbüxen.»<br />
Die Schafe haben sich in der<br />
Zwischenzeit in losen Gruppen auf<br />
dem Feld verteilt. Betrachtet man<br />
die harsche Schneedecke über der<br />
Wiese, ist kaum zu glauben, dass<br />
sie hier genügend zu fressen finden.<br />
Doch die <strong>Tier</strong>e stellen sich äusserst<br />
geschickt an. «Sie scharren mit den<br />
Hufen den Schnee weg und fressen<br />
das Gras darunter.» Der Wanderhirte<br />
bückt sich, reisst ein Büschel ab<br />
und überprüft die Qualität, denn nur<br />
das beste Grün ist den Schafen gut<br />
genug. Die <strong>Tier</strong>e sind wahre Feinschmecker:<br />
Ist das Gras alt, bleiben<br />
die Schafe einfach stehen und fressen<br />
nicht, weiss der Hirte.<br />
9
Noch während des Zweiten Weltkriegs war die Schafwolle ein gefragter<br />
Rohstoff für die Herstellung von Kleidern und Decken. Heute deckt der Erlös<br />
aus dem Verkauf in der Regel nicht einmal mehr die Schurkosten.<br />
Schafe sind ausgeprägte<br />
Herdentiere und folgen dem Hirten<br />
Toni Felder problemlos.<br />
«Die grünen Halme sind gefroren<br />
und bauen sich als Stärke in den Mägen<br />
ab», sagt Felder. Salz und Mineralstoffe<br />
werden zusätzlich verfüttert.<br />
Ist die Wiese abgegrast, zieht die<br />
Herde weiter: Die <strong>Tier</strong>e sind dauernd<br />
in Bewegung auf der Suche nach<br />
schmackhaftem Grün. Übernachtet<br />
wird deshalb, je nach «An gebot»,<br />
immer an einem anderen Ort.<br />
Faszinierende Tradition<br />
Auf seinen Wanderungen durch das<br />
Mittelland wählt Toni Felder jeweils<br />
eine ähnliche Route. Voranmelden<br />
muss er sich bei den Landwirten<br />
nicht: Die Bauern sind froh über<br />
den Besuch des Wanderhirten und<br />
seiner Herde. Denn im kurzen Gras<br />
siedeln sich später weniger Mäuse<br />
Rund 500'000 Schafe gibt es in der Schweiz.<br />
Nur ein kleiner Teil davon zieht heute<br />
noch während des Winters mit einem<br />
Wanderhirten durchs Mittelland.<br />
an und der Schafsmist kräftigt als<br />
natürlicher Dünger die Wiesen, weshalb<br />
Schafe schon im Mittelalter eine<br />
wichtige Funktion als Landschaftspfleger<br />
innehatten. Heute trifft man<br />
in der Schweiz nur noch selten auf<br />
Hirten und ihre Schafe – der Beruf ist<br />
nicht jedermanns Sache. «Man muss<br />
Freude haben daran», sagt Felder.<br />
«Wegen des Geldes macht man diesen<br />
Job nicht.» Die Arbeitstage sind<br />
lang: Haben die Schafe genügend<br />
gefressen – was man an den vollen<br />
Bäuchen erkennt –, sucht Felder vor<br />
dem Einnachten nach einem geeigneten<br />
Schlafplatz im Wald für seine<br />
Herde und die beiden Esel. Dort fühlen<br />
sich die Schafe geborgen, der<br />
Boden ist trocken und meist ist es<br />
ein bis zwei Grad wärmer.<br />
Oftmals seien die Tage friedlich,<br />
Stress gebe es nur, wenn beim<br />
Wechsel in ein anderes Gebiet eine<br />
Strasse oder ein grosser Wald gequert<br />
werden müsse. Auch komme<br />
es öfters vor, dass die Schafe von<br />
freilaufenden Hunden gejagt oder<br />
sogar gerissen würden. «Gewisse<br />
Spaziergänger sind diesbezüglich<br />
leider sehr unvernünftig», bedauert<br />
Felder. Ansonsten freut sich der<br />
Safenwiler jedoch jederzeit über<br />
Besuch und erzählt gerne von seinem<br />
Alltag als Hirte.<br />
So wird er oft von Spaziergängern<br />
angesprochen oder empfängt<br />
auch ganze Kindergartenklassen, um<br />
ihnen die alte Tradition zu zeigen.<br />
Felder: «Das Umherziehen mit den<br />
Schafen ist ein wichtiges Stück unserer<br />
Kultur.» ■<br />
10 <strong>Pro</strong><strong>Tier</strong> 4/12
Foto: Joujou/pixelio.de<br />
Foto: Jürgen Niessen/pixelio.de<br />
<strong>Pro</strong><strong>Tier</strong> 4/12<br />
Gemeinsam für die <strong>Tier</strong>e kämpfen<br />
<strong>Pro</strong><strong>Tier</strong> setzt sich ein<br />
für einen ethischen Umgang mit den <strong>Tier</strong>en.<br />
<strong>Tier</strong>e sollen in unserer Gesellschaft als<br />
leidens fähige Wesen akzeptiert und respek-<br />
tiert werden.<br />
Wir kämpfen gegen<br />
die Ausbeutung und den Missbrauch von<br />
<strong>Tier</strong>en. Wir kämpfen gegen <strong>Tier</strong>leid – sei es<br />
mut willig oder unbeabsichtigt verursacht.<br />
Wir kämpfen für<br />
ein von Verantwortung geprägtes<br />
gesellschaftliches Bewusstsein für unsere<br />
Mit geschöpfe, die <strong>Tier</strong>e.<br />
Ihre Meinung interessiert uns!<br />
<strong>Tier</strong>schutzarbeit wird nicht staatlich<br />
subventioniert, wir sind deshalb<br />
angewiesen auf Spenden und Legate.<br />
Mit Ihrem finanziellen Beitrag können<br />
Sie unsere Arbeit unterstützen.<br />
Helfen Sie uns, unsere Ziele<br />
im <strong>Tier</strong>schutz zu erreichen!<br />
Herzlichen Dank!<br />
<strong>Pro</strong><strong>Tier</strong>: PC 60-455782-5<br />
Über welche <strong>Tier</strong>-(schutz)-Themen würden Sie gerne mehr lesen?<br />
Oder haben Sie Fragen oder Anregungen?<br />
Schreiben Sie uns per Post an: Alfred Escher-Strasse 76 · CH-8002 Zürich<br />
oder per E-Mail an: tierschutz@protier.ch<br />
11
Tiefkühlabsatz hat sich innert zehn Jahren fast verzwanzigfacht<br />
Schweizer essen immer<br />
mehr Stopfleber<br />
Von Petra WessaloWski / sonntagsZeitung<br />
Die Schweizer Bevölkerung isst<br />
immer mehr Foie gras. Letztes<br />
Jahr wurden knapp 200 Tonnen<br />
frische Stopfleber importiert.<br />
Das sind 15 <strong>Pro</strong>zent mehr als noch<br />
zur Jahrtausendwende. Besonders<br />
zugelegt hat tiefgekühlte Stopfleber.<br />
2011 wurden fast 90 Tonnen<br />
eingeführt, während es 2001 erst 5<br />
Tonnen waren. Laut Gastrokennern<br />
landet die Tiefkühlware vor allem in<br />
Restaurants der Spitzen- und Sterneklasse<br />
in der Deutschschweiz und<br />
grossen Hotels in den Bergregionen.<br />
Selbst einfachere Restaurants würden<br />
Entenstopfleber-Terrinen anbieten.<br />
Die Tiefkühlware muss nicht als<br />
solche deklariert werden, ist günstiger<br />
als frische und es gibt kaum<br />
Verlust durch Verderb. Die Schweiz<br />
importiert nach Japan am meisten<br />
Foie gras aus der EU. Hierzulande<br />
werden fast 50 <strong>Pro</strong>zent mehr Stopfleber<br />
verzehrt als in Deutschland.<br />
Einer der grössten Direktverkäufer<br />
von Foie gras ist die Migros.<br />
Sie setzt die <strong>Pro</strong>dukte zwar nicht in<br />
der Deutschschweiz ab, sondern<br />
nur in den Genossenschaften Genf,<br />
Waadt, Neuenburg/Fribourg, Wallis<br />
und Tessin. Denner hingegen, eine<br />
hundertprozentige Migros-Tochter,<br />
bietet seit 2009 keine Stopfleber<br />
Foto: veganblog.de<br />
mehr an. «In unseren Einkaufsrichtlinien<br />
steht, dass Denner keine Gänsestopfleber<br />
oder Kaninchenfleisch<br />
aus nicht artgerechter <strong>Tier</strong>haltung<br />
vertreibt», erklärt Denner-Mediensprecherin<br />
Grazia Grassi. Als Ersatz<br />
hat der Discounter eine Mousse de<br />
Canard aus ungestopfter Leber im<br />
Sortiment. Auch Coop verzichtet<br />
seit längerem auf den Verkauf von<br />
Stopfleber. Die Haltung der Migros<br />
ist nicht einheitlich. Über den Internetanbieter<br />
LeShop ist Foie gras genauso<br />
erhältlich wie bei Globus.<br />
<strong>Tier</strong>schützer legen sich<br />
mit der Migros an<br />
<strong>Tier</strong>schützer sind empört. Darunter<br />
auch Katharina Büttiker, Päsidentin<br />
von Animal Trust, die die Migros dafür<br />
nicht zum ersten Mal kritisiert:<br />
«Die Migros gibt sich ein tierfreundliches<br />
Image und verkauft gleichzeitig<br />
tierquälerische Stopfleber.» Die<br />
<strong>Pro</strong>duktion von Stopfleber ist in der<br />
Schweiz verboten. Während bei Umfragen<br />
die Schweizer Konsumenten<br />
Wert auf einheimisches und Label-<br />
Fleisch legen, kaufen sie gleichzeitig<br />
mehr Foie gras. Laut Migros Genf<br />
legte der Absatz im Vergleich zum<br />
Vorjahr um rund 17 <strong>Pro</strong>zent zu.<br />
Auch andere <strong>Tier</strong>schützer ärgern sich<br />
über die Verharmlosung in einem<br />
Migros-Informationsblatt, wo es<br />
etwa heisst, dass die Stopfleber<br />
keine kranke Leber sei und die Effekte<br />
des Stopfens jederzeit vollständig<br />
reversibel seien oder dass<br />
der Schlund mit grösster Sorgfalt<br />
behandelt werde. Die <strong>Tier</strong>e werden<br />
während 14 Tagen brutal gemästet.<br />
Eine wissenschaftliche EU-Kommission<br />
stellte fest, dass die Sterblichkeit<br />
10 bis 20 Mal höher ist als bei<br />
nicht gestopften Enten. Die französische<br />
<strong>Tier</strong>schutzorganisation L214,<br />
die für die Abschaffung der Stopfmast<br />
kämpft, gibt auf ihrer Internetseite<br />
an, dass dieses Jahr allein<br />
in Frankreich bereits über 800'000<br />
<strong>Tier</strong>e während des Stopfens umgekommen<br />
sind.<br />
Für eine Stopfleber von rund 350<br />
Gramm sind 30 Kilo Mais nötig. ■<br />
<strong>Pro</strong>test gegen Stopfleber<br />
Seit 2011 sind Mastkäfige in der EU<br />
verboten, doch erst 15 <strong>Pro</strong>zent der<br />
französischen <strong>Pro</strong>duzenten haben umgestellt.<br />
Darauf angesprochen, heisst<br />
es seitens Migros Genf, für die Lieferungen<br />
an die Migros müssten die<br />
<strong>Pro</strong>duzenten Delpeyrat und Labeyrie<br />
strengere Vorschriften erfüllen. «Die<br />
letzten Kontrollen durch den Swiss<br />
Quality Testing Service fanden im Dezember<br />
2010 und seitens der Migros-<br />
Direktion im November 2011 statt»,<br />
sagt Sprecherin Isabelle Vidon.<br />
Auch in der Westschweiz gehen <strong>Tier</strong>schutzorganisationen<br />
auf die Migros<br />
los. Die Organisation Migras wird im<br />
Dezember <strong>Pro</strong>testaktionen vor Migros-<br />
Filialen durchführen. «Unser Ziel ist es,<br />
dass die Migros den Verkauf stoppt»,<br />
sagt Migras-Koordinatorin Fanny Vaucher.<br />
Vorbild ist Kalifornien. Der US-<br />
Staat ist der erste, in dem seit dem<br />
1. Juli <strong>2012</strong> ein striktes Verbot gilt.<br />
Neben der Herstellung und dem Verkauf<br />
von Foie gras ist auch der Handel<br />
mit Federn und anderen <strong>Pro</strong>dukten<br />
von gestopften Enten und Gänsen<br />
verboten. Die <strong>Pro</strong>duzenten und Restaurants<br />
hatten viel Zeit, um sich auf<br />
das Verbot einzustellen. Das Gesetz<br />
war bereits 2004 beschlossen worden.<br />
12 <strong>Pro</strong><strong>Tier</strong> 4/12
<strong>Pro</strong><strong>Tier</strong> 4/12<br />
<strong>Pro</strong><strong>Tier</strong>-Kalender<br />
Jetzt wieder erhältlich –<br />
der beliebte <strong>Pro</strong><strong>Tier</strong>-<br />
Postkartenkalender<br />
Schöne <strong>Tier</strong>fotos von Haus-, Wild- und<br />
Bauernhoftieren begleiten Sie durchs Jahr.<br />
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damit der Kalender bis Weihnachten rechtzeitig bei Ihnen ankommt. Danke!<br />
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(Bei Minderjährigen Unterschrift der gesetzlichen Vertreter)<br />
Talon ausschneiden und einsenden oder faxen an:<br />
Stiftung für <strong>Tier</strong>schutz und Ethik, <strong>Pro</strong><strong>Tier</strong><br />
Alfred Escher-Strasse 76, 8002 Zürich<br />
Fax 044 201 26 33 Lieferung solange Vorrat.<br />
13
Im Zoo Basel<br />
sind die Affen los<br />
Die 22 Gorillas, Orang-Utans und Schimpansen des Basler<br />
Zolli haben seit Ende September eine neue Aussenanlage.<br />
Das umgebaute Affenhaus mit vergrösserten Innenanlagen<br />
wurde bereits letztes Jahr eröffnet. Die den Menschenaffen<br />
neu zur Verfügung stehenden fünf Aussenräume bieten ihnen<br />
nicht nur mehr Freiraum, sondern vor allem vielfältige<br />
Abwechslung.<br />
Von Helen Weiss<br />
Das Orang-Utan-Männchen<br />
«Vendel» lässt sich gemächlich<br />
an einem Seil durch die<br />
Luft schwingen, streckt seinen langen<br />
Arm aus und hält sich am Gitter<br />
fest. Mit seinen kleinen Augen<br />
fixiert er Kurator Adrian Baumeyer,<br />
spitzt kurz die Lippen und hangelt<br />
sich wieder hoch. Geschickt reisst er<br />
dabei eine frisch gepflanzte Bam-<br />
busstaude aus und trägt sie als<br />
Snack auf seinen Hochsitz. Von<br />
dort geniesst Vendel einen fantastischen<br />
Weitblick: 16 Meter hoch ragt<br />
der längste Tragepfeiler der neuen<br />
Aussenanlage für die Menschenaffen<br />
des Basler Zolli in den Himmel.<br />
«Orang-Utans sind selten auf dem<br />
Boden anzutreffen, weshalb wir ihr<br />
Gehege entsprechend ihren Bedürfnissen<br />
eingerichtet haben», erklärt<br />
Baumeyer.<br />
Die rothaarigen Asier dürfen sich<br />
dabei über eine Weltneuheit freuen:<br />
An Bambus gemahnende Fiberglasstangen<br />
von bis zu sieben Metern<br />
Höhe ermöglichen den Orang-Utans<br />
ihre typische schwingende Fortbewegung<br />
von Baum zu Baum.<br />
Abhilfe bei pieksenden<br />
Holzschnitzeln<br />
Bei den Gorillas und Schimpansen<br />
fördert neben den zahlreichen Klet-<br />
termöglichkeiten wie aufgerichteten<br />
Baumstämmen, lianenähnliche<br />
Stricke und Plattformen zudem eine<br />
abwechslungsreiche Bodengestaltung<br />
den Entdeckertrieb.<br />
«Beide Arten verbringen einen<br />
grossen Teil des Tages auf dem Boden,<br />
weshalb wir in den Gehegen<br />
verschiedene Substrate wie Sand,<br />
Erde und Holzschnitzel integriert<br />
haben», so Baumeyer. Die Affen<br />
freut das weniger, denn sie sind sich<br />
die ehemaligen beheizten, glatten<br />
Betonflächen der Innenquartiere ge-<br />
Die Gorillas geniessen<br />
die neugewonnene<br />
Freiheit sichtlich –<br />
ausser Gorilla-Chef Kisoro,<br />
der sich zu Beginn kaum<br />
nach draussen gewagt hat.<br />
Der Kurator Adrian Baumeyer des<br />
Basler Zolli freut sich, «seinen»<br />
Menschenaffen ein neues Spielfeld<br />
im Aussenbereich bieten zu können.<br />
wohnt. «Die Gorillas etwa verteilen<br />
Holzwolle auf den Schnitzeln, damit<br />
sie nicht darauf treten müssen», erzählt<br />
der Kurator der Menschenaffen<br />
schmunzelnd.<br />
Der Einfallsreichtum der <strong>Tier</strong>e<br />
ist bestechend – und gerade dieser<br />
soll mit der Gestaltung der 2010<br />
erneuerten Innenanlage und der<br />
diesen Herbst eröffneten Aussen-<br />
14 <strong>Pro</strong><strong>Tier</strong> 4/12<br />
Foto: Helen Weiss / hew<br />
Fotos: Zoo Basel
Die neue Aussenanlage erlaubt den Menschenaffen, Wind und Wetter zu erleben.<br />
Baumstämme, Seile, Felsen: Die Aussenanlagen sind zwar explizit für die Ansprüche der jeweiligen Affenart konzipiert,<br />
können aber, mit einigen kleinen Veränderungen, im Notfall auch von anderen <strong>Tier</strong>arten genutzt werden.<br />
gehege gefördert werden. «Uns ging<br />
es nicht primär darum, den <strong>Tier</strong>en<br />
mehr Raum zu bieten oder die Natur<br />
auf begrenztem Platz nachzubauen,<br />
sondern eine Anlage nach den<br />
neus ten tierbiologischen Erkenntnissen<br />
mit vielfältigen Beschäftigungsmöglichkeiten<br />
zu schaffen.»<br />
Nur so könne der Alltag der Affen<br />
interessanter gestaltet werden.<br />
Grüne Dschungelatmosphäre<br />
Der Freigang ist für die Menschenaffen<br />
– zumindest vorerst noch – ein<br />
ungewohntes Erlebnis. «Vergleicht<br />
man die Situation mit dem natürlichen<br />
Verhalten, wenn ein neues<br />
Territorium in Besitz genommen<br />
wird, ist es nicht erstaunlich, dass die<br />
Affen anfangs vorsichtig agieren»,<br />
erklärt der Fachmann. So schickten<br />
etwa die Schimpansen ihre rangniedrigsten<br />
<strong>Tier</strong>e voraus, um das<br />
«gefahrvolle» Neuland auszukundschaften.<br />
«Es ist nicht allein die neue<br />
Anlage, die entdeckt werden muss.<br />
Hinzu kommen auch unbekannte<br />
Eindrücke wie Gerüche und Geräusche.»<br />
Fünf Abteilungen umfasst<br />
der Aussenbereich der neuen Geigy-Anlage,<br />
die einzelnen Gehege<br />
sind rundherum mit einem komplexen<br />
System aus Stahlnetzen überspannt.<br />
Baumeyer: «Das Gitternetz<br />
ist ein riesiger Vorteil. Es dient den<br />
Affen zum Hochklettern und wird<br />
durch Kletterpflanzen begrünt,<br />
so dass mit der Zeit eine richtige<br />
Dschungelatmosphäre entsteht.»<br />
In einigem Abstand ist aus Sicherheitsgründen<br />
ein zweites Gitternetz<br />
angebracht; grosszügige<br />
<strong>Pro</strong><strong>Tier</strong> 4/12<br />
Glasfenster ermöglichen den Besucherinnen<br />
und Besuchern zudem<br />
Einblicke. «Bei der Planung einer<br />
Zoo-Anlage gilt es nicht nur die Bedürfnisse<br />
der <strong>Tier</strong>e, sondern auch<br />
jene der Besucher abzudecken», sagt<br />
Menschenaffenhaltung im Zoo<br />
aus ethischer Sicht<br />
der Kurator. Dies zur gegenseitigen<br />
Freude, wie Baumeyer erklärt: «Die<br />
Affen lieben die Besucherinnen und<br />
Besucher. Für sie ist das Beobachten<br />
der Menschen wie Fernsehschauen.»<br />
■<br />
Grundsätzlich ist die Haltung Grosser Menschenaffen in Zoos ethisch fragwürdig.<br />
Zur Familie der Grossen Menschenaffen gehören Orang-Utan, Gorilla,<br />
Schimpanse, Bonobo – und auch der Mensch. Aufgrund ihrer engen<br />
biologischen Verwandtschaft mit uns und ihrer kognitiven Fähigkeiten, die<br />
zum Teil ähnlich stark ausgebildet sind wie beim Menschen, ist es äusserst<br />
zweifelhaft, diese hochentwickelten Lebewesen in Gefangenschaft zu halten.<br />
Namhafte <strong>Tier</strong>ethiker, allen voran Peter Singer, plädieren sogar für die Übertragung<br />
von Menschenrechten, wie das Recht auf Leben, das Recht auf indivi duelle<br />
Freiheit oder das Recht, keinerlei Folter ausgesetzt zu sein, auf die Grossen<br />
Menschenaffen.<br />
Das Wissen über den hohen Entwicklungsgrad der Grossen Menschenaffen<br />
verpflichtet uns, uns ernsthafte Gedanken über ihre Haltung in Gefangenschaft<br />
zu machen und die damit verbundene ethische <strong>Pro</strong>blematik ernst zu nehmen<br />
und zu hinterfragen.<br />
Wie bei vielen anderen <strong>Tier</strong>arten auch, wird die Haltung von Gorilla und Co. von<br />
den zoologischen Gärten mit dem Argument der Arterhaltung gerechtfertigt.<br />
Doch gerade bei den Grossen Menschenaffen ist es fraglich, mehr noch als bei<br />
anderen <strong>Tier</strong>en, ob die Erhaltung der Art tatsächlich über das Schicksal einzelner<br />
Individuen gestellt werden darf und ob das Leben jedes einzelnen Individuums<br />
in Gefangenschaft damit gerechtfertigt werden kann.<br />
Viel wichtiger wäre es, mehr in die Erhaltung der natürlichen Habitate zu investieren<br />
und die wildlebenden Bestände zu schützen – um ihnen in ihrem<br />
angestammten Lebensraum und in ihren natürlichen Familienverbänden eine<br />
Zukunft zu ermöglichen.<br />
Wenn jedoch Grosse Menschenaffen schon in Gefangenschaft leben müssen,<br />
dann ist der Weg, den der Zoo Basel nun gewählt und umgesetzt hat, sicherlich<br />
ein vorbildlicher Meilenstein und hat ein grosses Lob verdient. (nd)<br />
15
Anlässlich des Welttiertages vom 4. Oktober hat Fressnapf von Ende September<br />
bis Ende Oktober in allen Filialen die Sticker-Aktion «Gib Pfötchen!» durchgeführt.<br />
Zugunsten von <strong>Pro</strong><strong>Tier</strong> sind dabei Spenden in der Höhe von 20'000 Franken zusammengekommen.<br />
Der Erlös kommt folgenden zwei <strong>Pro</strong>jekten zugute:<br />
Katzenkastrationen<br />
Seit den 80er Jahren gibt <strong>Pro</strong><strong>Tier</strong> Kastrationsgutscheine an Bauern ab sowie an<br />
<strong>Tier</strong>freunde, die sich um herrenlose Katzen kümmern. <strong>Pro</strong><strong>Tier</strong> war damit die erste<br />
<strong>Tier</strong>schutz organisation in der Schweiz, die mit solchen Gutscheinen den Kampf<br />
gegen das Katzenelend aufnahm. Kastration ist wichtig, um zu verhindern, dass<br />
Katzenbabys nur auf die Welt kommen, um brutal getötet zu werden oder sich später<br />
als heimatlose Streuner krank und alleine durch schlagen zu müssen.<br />
SOS Mensch & <strong>Tier</strong><br />
Fressnapf-Läden Amriswil und Winterthur<br />
Herzlichen Dank!<br />
Der Fonds hilft sozial schlecht gestellten Menschen oder Menschen in einer finanziellen<br />
Notlage, <strong>Tier</strong>arztkosten zu bezahlen. Denn <strong>Tier</strong>e dürfen nicht leiden, nur weil<br />
ihre Besitzer nicht das Geld für eine dringend notwendige Operation oder für Medikamente<br />
aufbringen können. Der Fonds will auch verhindern, dass Menschen ihre<br />
Haustiere weggeben müssen, weil sie sich die Behandlung und Pflege ihres kranken<br />
Vierbeiners nicht leisten können. Denn wenn solche, oft langjährige, Gemeinschaften<br />
aus einandergerissen werden, leiden darunter vor allem die <strong>Tier</strong>e.<br />
Weitere Infos zu<br />
unseren <strong>Pro</strong>jekten<br />
finden Sie auf<br />
www.protier.ch<br />
Unterstützen Sie uns<br />
und werden Sie<br />
Gönnerin oder Gönner!<br />
Anmeldetalon auf<br />
der Rückseite<br />
dieser Ausgabe.<br />
16 <strong>Pro</strong><strong>Tier</strong> 4/12<br />
Fotos : Fressnapf
<strong>Tier</strong> und Recht<br />
Das <strong>Tier</strong> im Testament<br />
Obwohl <strong>Tier</strong>e in der Schweiz seit 2003 auch juristisch keine Sachen mehr sind,<br />
haben sie keine Rechte im juristischen Sinn. Dementsprechend können sie auch nicht Erben sein.<br />
Dennoch gibt es Möglichkeiten, sein <strong>Tier</strong> letztwillig zu begünstigen.<br />
Von gieri Bolliger & andreas rüttimann<br />
stiftung für das tier im recHt (tir)<br />
Sich mit dem eigenen Tod zu<br />
befassen ist nicht einfach.<br />
Für <strong>Tier</strong>haltende ist es aber<br />
ratsam, sich frühzeitig Gedanken<br />
darüber zu machen, was nach ihrem<br />
Tod mit ihren <strong>Tier</strong>en geschehen<br />
soll. Denn auch wenn <strong>Tier</strong>e rechtlich<br />
keine Sachen mehr sind, gehören<br />
sie – wie alle anderen Vermögenswerte<br />
auch – in den Nachlass ihres<br />
verstorbenen Eigentümers. Hat<br />
dieser zu Lebzeiten nichts angeordnet,<br />
tritt automatisch die gesetzliche<br />
Erbfolge ein. Diese kann jedoch zu<br />
unerwünschten Ergebnissen führen,<br />
etwa wenn plötzlich Erben, mit<br />
denen man nicht gerechnet hat,<br />
ihr Recht am Nachlass geltend machen.<br />
<strong>Tier</strong>e können nicht erben<br />
<strong>Tier</strong>e sind keine Rechtssubjekte und<br />
können deshalb auch kein eigenes<br />
Vermögen haben. Darum ist es auch<br />
nicht möglich, sie als Erben einzusetzen.<br />
Mit einem Testament hat<br />
der Erblasser dennoch verschiedene<br />
Optionen, um für die Zukunft<br />
seiner <strong>Tier</strong>e vorzusorgen.<br />
So beispielsweise kann ein<br />
tierliebender Bekannter mit einem<br />
Vermächtnis bedacht werden, in<br />
dessen Rahmen ihm ein <strong>Tier</strong> zugesprochen<br />
wird. Im Gegensatz zum<br />
Erben ist ein Vermächtnisnehmer<br />
kein Rechtsnachfolger des<br />
Verstorbenen und deshalb auch<br />
an der Aufteilung des übrigen Nachlasses<br />
nicht beteiligt.<br />
Um Missverständnisse und Erbstreitigkeiten<br />
zu vermeiden, sollte<br />
bei Vermächtnissen der Ausdruck<br />
«vermachen» und nicht der Begriff<br />
«erben» verwendet werden.<br />
<strong>Pro</strong><strong>Tier</strong> 4/12<br />
Auflagen zugunsten<br />
des <strong>Tier</strong>es<br />
Der Erblasser hat weiter die Möglichkeit,<br />
eine begünstigte Person in<br />
seinem Testament mittels einer sogenannten<br />
Auflage zu verpflichten,<br />
angemessen für ein <strong>Tier</strong> zu sorgen.<br />
Er kann auch einen Betrag bestimmen,<br />
der für Unterhalt und Betreuung<br />
des <strong>Tier</strong>es verwendet werden<br />
muss. Mit einer Auflage könnte aber<br />
beispielsweise auch verlangt werden,<br />
dass das <strong>Tier</strong> nicht zur Zucht<br />
gebraucht werden darf oder dass<br />
es nach seinem Tod auf einem <strong>Tier</strong>friedhof<br />
beigesetzt wird.<br />
Ebenfalls möglich ist es, eine<br />
Erbschaft an eine Bedingung zu<br />
knüpfen. So kann der Erblasser et wa<br />
verfügen, dass der Sohn die wertvolle<br />
Kunstsammlung nur dann erbt,<br />
wenn er auch das <strong>Tier</strong> des Verstorbenen<br />
zu sich nimmt und gut für<br />
dieses sorgt. Zu beachten ist jedoch,<br />
dass nicht jeder Erbe in der Lage ist,<br />
einem <strong>Tier</strong> von einem Tag auf den<br />
anderen eine artgerechte Betreuung<br />
zu bieten. Eine entsprechende<br />
Ver fügung sollte deshalb unbedingt<br />
vorgängig mit der begünstigten Person<br />
abgesprochen werden.<br />
Formvorschriften müssen<br />
beachtet werden<br />
Die üblichste Form einer letztwilligen<br />
Verfügung ist das sogenannte<br />
eigenhändige Testament. Bei dessen<br />
Ausgestaltung sind jedoch einige<br />
wichtige Punkte zu beachten. Werden<br />
die einschlägigen Gesetzesvorschriften<br />
nicht eingehalten, ist das<br />
Testament anfechtbar. Ein eigenhändiges<br />
Testament muss vollständig<br />
von Hand geschrieben sowie mit<br />
Ort, Datum und der Unterschrift des<br />
Erblassers versehen sein. Es genügt<br />
also nicht, einen mit Schreibmaschine<br />
oder Computer verfassten Text<br />
zu unterschreiben. Das Testament<br />
kann jederzeit geändert oder neu<br />
abgefasst werden. Wird zu einem<br />
bestehenden Testament eine Ergänzung<br />
hinzugefügt, muss der neue<br />
Abschnitt wiederum datiert und unterschrieben<br />
werden.<br />
Um Rechtsunsicherheiten zu vermeiden,<br />
empfiehlt es sich, das Testament<br />
deutlich und verständlich<br />
abzufassen. Begünstigte Personen<br />
oder Organisationen sind immer mit<br />
vollständigem Namen und ihrer genauen<br />
Adresse anzugeben, um Verwechslungen<br />
zu vermeiden. Hingegen<br />
sollte nicht ein bestimmtes <strong>Tier</strong><br />
mit Namen erwähnt, sondern die<br />
allgemeine Formulierung «meine<br />
<strong>Tier</strong>e» gewählt werden. Damit wird<br />
gewährleistet, dass die letztwillige<br />
Verfügung auch für neue <strong>Tier</strong>e gilt,<br />
falls beispielsweise der Hund des<br />
Erblassers schon vor diesem verstorben<br />
und durch eine Katze «ersetzt»<br />
worden ist. Obwohl <strong>Tier</strong>e<br />
keine Rechts- und damit keine Erbfähigkeit<br />
besitzen, führt ihre Einsetzung<br />
als Erbe übrigens nicht zur Ungültigkeit<br />
des Testaments. Vielmehr<br />
gilt eine testamentarische Zuwendung<br />
an ein <strong>Tier</strong> von Gesetzes wegen<br />
als Auflage für die Erben, angemessen<br />
für das <strong>Tier</strong> zu sorgen.<br />
Bei komplizierten Verhältnissen<br />
empfiehlt es sich, ein öffentliches<br />
Testament zu errichten. Dieses wird<br />
von einer Urkundsperson (in der<br />
Regel ein Notar) aufgesetzt und<br />
dann vom Erblasser vor dieser und<br />
zwei Zeugen unterzeichnet. Nach<br />
der Beurkundung wird es bei einer<br />
Amtsstelle hinterlegt.<br />
In Extremfällen ist sogar denkbar,<br />
dass der Eigentümer des <strong>Tier</strong>es<br />
sämtliche Kosten selber tragen<br />
muss. ■<br />
17
Das Buch zum<br />
Bienen-Film<br />
Seit ein paar Jahren beunruhigen uns Meldungen über<br />
das Bienensterben. Theorien über Viren, Parasiten oder<br />
Pestizide sollen das rätselhafte Phänomen erklären.<br />
Dabei geht es nicht nur um ein paar Tonnen weniger<br />
produzierten Honig: Unsere Nahrungsmittelproduktion<br />
hängt von der Arbeit der Honigbiene ab,<br />
ohne ihre Bestäubungsarbeit fiele ein Drittel der gesamten<br />
Welternte aus. Biene und Mensch verbindet<br />
eine jahrhundertealte Symbiose – die jedoch zunehmend<br />
aus dem Gleichgewicht gerät. In «More Than<br />
Honey» spürt Markus Imhoof den Ursachen dafür<br />
nach. Er zeigt das Leben der Bienen und lässt Menschen<br />
zu Wort kommen, die mit und von den Bienen<br />
leben: eine Bienenzüchterin, die Königinnen<br />
für die ganze Welt produziert; einen Grossimker,<br />
der mit seinen Trucks 15'000 Völker als Bestäubungsarmee<br />
quer durch die USA schickt; und eine Pollenhändlerin<br />
in China, wo unterdessen Menschen Blüten<br />
von Hand bestäuben …<br />
Im Buch zu Markus Imhoofs Film «More Than Honey»<br />
präsentieren der Regisseur und Claus-Peter Lieckfeld<br />
Hintergründe und gehen da ins Detail, wo der Film sich<br />
auf Bilder beschränken muss.<br />
Buchtipps<br />
Markus Imhoof,<br />
Claus-Peter Lieckfeld<br />
MORE THAN HONEY<br />
VOM LEBEN UND<br />
ÜBERLEBEN DER BIENEN<br />
208 Seiten, broschiert<br />
CHF 27.50<br />
ISBN 978-3-936086-67-6<br />
orange-press GmbH<br />
Günterstalstr. 44a<br />
D-79100 Freiburg<br />
E-Mail: info@orange-press.com<br />
www.orange-press.com<br />
Vorsicht <strong>Tier</strong>futter –<br />
die ungeniessbare<br />
Wahrheit<br />
Im Fernsehen schnurrt der hübsche Kater mit glänzendem<br />
Fell nach dem Fressen zufrieden. Glaubt man<br />
der Werbung, so ist für unsere Haustiere nur das Beste<br />
gerade gut genug. Doch die Realität sieht anders aus.<br />
Mit Aromen, Geschmacksverstärkern, Konservierungs-<br />
und Farbstoffen und dem ganzen Arsenal der Kunstnahrungs-«Hexenküche»<br />
wird ein «leckeres» Menü<br />
für Hund, Katz und Co. zubereitet und teuer verkauft.<br />
Neben Abfällen landen auch Klärschlamm und Pilze<br />
im «Gourmet»-Menü unserer Lieblinge. Die <strong>Tier</strong>e leiden<br />
und werden krank, bekommen Diabetes, Herzkrankheiten,<br />
Krebs und Darmprobleme. Unter Rindern breiten<br />
sich gefährliche Bakterien aus, die auch den Menschen<br />
befallen können. Sie sind nicht nur im Fleisch, sondern<br />
bereits im Trinkwasser zu finden. Hans-Ulrich Grimm<br />
lenkt das Augenmerk auf ein blühendes Geschäft mit<br />
dem Luxus für Haustiere, das floriert und die Kassen<br />
klingeln lässt. Um sodann tief in die Abgründe der Futtermittelindustrie<br />
einzudringen, die uns glauben lässt,<br />
nur Gutes für unsere <strong>Tier</strong>e zu kaufen. Während das<br />
<strong>Tier</strong>futter in der Rinder- und Schweinehaltung nicht billig<br />
genug sein kann, werden die Leckereien für unsere<br />
Haustiere durch unseren Kauf vergoldet. Schockierende<br />
Fakten, ungeschminkt recherchiert, über die katastrophalen<br />
Zusammensetzungen von <strong>Tier</strong>futter. Werbung<br />
und Wahrheit bei der <strong>Tier</strong>futterproduktion – die<br />
Verlierer heissen Mensch UND <strong>Tier</strong>. Könnten <strong>Tier</strong> lesen,<br />
würde auch ihnen der Appetit gründlich vergehen.<br />
Hans-Ulrich Grimm<br />
KATZEN WÜRDEN<br />
MÄUSE KAUFEN<br />
Schwarzbuch <strong>Tier</strong>futter<br />
256 Seiten, Taschenbuch<br />
CHF 11.90<br />
ISBN 978-3-453-60097-3<br />
Heyne Verlag / Verlagsgruppe<br />
Random House GmbH<br />
Neumarkter Strasse 28<br />
D-81673 München<br />
www.randomhouse.de<br />
Jubiläumsausgabe<br />
zum 150-jährigen<br />
Erscheinen<br />
Die Enzyklopädie «Brehms Thierleben» war gegen Ende<br />
des 19. Jahrhunderts ein Welterfolg. Brehms Enzyklopädie<br />
war das erste tierkundliche Werk, das neben<br />
der Anatomie auch die Lebensweise der <strong>Tier</strong>e schildert.<br />
Schnell wurde es zum Volks- und Hausbuch, da<br />
es aufwendig und lebensnah illus triert war. Die Texte<br />
waren für den Laien verständlich, lebendig, spannend<br />
und manchmal geradezu dramatisch geschrieben. Mit<br />
seinem ausgeprägten Sinn fürs Charakteristische und<br />
18 <strong>Pro</strong><strong>Tier</strong> 4/12
Skurrile fasziniert Brehm noch heute, über Generationen<br />
hinweg. Er verlieh den <strong>Tier</strong>en Charakter, schilderte<br />
sie mit Sympathie oder Abneigung, nie jedoch gleichgültig.<br />
Seine <strong>Tier</strong>e haben menschliche Eigenschaften,<br />
sind tückisch und grausam oder humorvoll, grossmütig<br />
und ehrenhaft. Natürlich entspricht das nicht der heutigen<br />
zoologischen Sichtweise. Aber vermutlich liegt<br />
gerade darin der Reiz der vor 150 Jahren entstandenen<br />
<strong>Tier</strong>beschreibungen. Die Jubiläumsausgabe erinnert<br />
nun mit einem Querschnitt aus seinem Werk an<br />
den grossen Naturforscher und fasst 54 der schönsten<br />
Bildtafeln und Originaltexte der zweiten Auflage<br />
zusammen. Der Band enthält eine gelungene Auswahl<br />
wunderbarer Illustrationen, von denen Charles Darwin<br />
damals sagte, dass sie das Beste seien, was in einem<br />
Buch gezeigt werden könne.<br />
Weihnachts-Geschenk-Tipp:<br />
CD mit 6 Kinder-Geschichten<br />
von einheimischen <strong>Tier</strong>arten<br />
Was passiert, wenn eine <strong>Tier</strong>park-Rangerin und eine<br />
Musikerin einander treffen? Genau: Sie entwickeln zusammen<br />
ein <strong>Pro</strong>jekt – eine CD mit musikalisch umrahmten<br />
<strong>Tier</strong>geschichten. Das <strong>Pro</strong>dukt dieses gemeinsamen<br />
<strong>Pro</strong>jektes liegt nun vor: sechs <strong>Tier</strong>märchen, in denen<br />
einheimische <strong>Tier</strong>arten die Hauptrolle spielen. Doch so<br />
märchenhaft die Geschichten auch anmuten, enthalten<br />
sie doch wichtige Informationen über die Lebensweise<br />
und das Verhalten der <strong>Tier</strong>e. So erfahren die Kinder<br />
beispielsweise, dass Eichhörnchen ihre Nussverstecke<br />
vergessen, warum Wölfe in die Schweiz einwandern<br />
oder dass ein junger Bartgeier auf seinen ausgedehnten<br />
Streifzügen auch mal am Meer landet. Sie erfahren,<br />
wie das wilde Entlein seine Angst vor dem kalten<br />
Wasser überwindet, wie gefährlich die Wanderungen<br />
von Fröschen sein können und wie der kleine Uhu seine<br />
Welt sieht.<br />
Die Geschichten vermitteln Wissen auf vergnügliche<br />
und spannende Weise und wecken Verständnis für die<br />
Lebensweise und Bedürfnisse von freilebenden <strong>Tier</strong>en.<br />
Doch auch die Erfahrungswelt der Kinder kommt nicht<br />
<strong>Pro</strong><strong>Tier</strong> 4/12<br />
Alfred Brehm<br />
BREHMS THIERLEBEN –<br />
JUBILÄUMSAUSGABE<br />
Eine Auswahl der schönsten<br />
Texte und Illustrationen<br />
160 Seiten, gebunden<br />
CHF 46.90<br />
ISBN 978-3-411-08386-2<br />
E-Book 978-3-411-90411-2<br />
Meyers Verlag<br />
Bibliographisches Institut GmbH<br />
Dudenstrasse 6<br />
D-68167 Mannheim<br />
www.meyers.de<br />
zu kurz: Sie lernen, dass teilen manchmal notwendig<br />
ist, dass man seine Ängste überwinden kann und dass<br />
es nicht immer einfach ist, einen Freund zu finden. Eine<br />
pädagogisch wertvolle Mischung aus biologischen<br />
Fakten und märchenhaften Abenteuern! Eine wirklich<br />
wundervolle CD, die Kindern das Wesen wildlebender<br />
<strong>Tier</strong>e näherbringt. Schweizerdeutsch erzählt, für Kinder<br />
von 4 bis 12 Jahren.<br />
DE SARDONA FLÜÜGT<br />
AS MEER<br />
Bezaubernde <strong>Tier</strong>geschichten<br />
von Claudia Wartmann<br />
mit Musik von Claudia Wyss<br />
Spieldauer: 53 Minuten<br />
CHF 25.00<br />
ISBN 978-3-9523218-7-4<br />
Erhältlich in Ihrer Buchhandlung<br />
oder portokostenfrei<br />
direkt beim Verlag: www.<br />
wartmann-natuerlich.ch<br />
19
Wolfsrudel schützt<br />
trächtige Weibchen<br />
Schwangere Wölfinnen werden<br />
in der Gruppe stark berücksichtigt,<br />
denn das Körpergewicht<br />
der werdenden<br />
Mutter spielt eine entscheidende<br />
Rolle, ob sie gesunde<br />
Welpen zur Welt bringt. Das<br />
haben Forscher der Utah<br />
State University und des<br />
USU Quinney College of<br />
Natural Resources in einer<br />
Langzeitstudie zu Wölfen<br />
im Yellowstone National<br />
Park ermittelt. Mit 14 Jahre<br />
alten Daten aus der Langzeitstudie<br />
wurde eine Reihe<br />
von wichtigen Eigenschaften<br />
untersucht, durch die<br />
sich das Wolfsrudel an die<br />
Änderungen in der Umwelt<br />
anpasst. Bei den <strong>Tier</strong>en ist<br />
es sinnvoll für das Überleben,<br />
wenn Muttertiere entsprechend<br />
geschützt werden.<br />
Das machen die Wölfe<br />
aber nicht aus moralischen<br />
Gründen – es ist ein angeborener<br />
Instinkt. Ein solches<br />
Verhalten gehört zur Überlebensstrategie<br />
der <strong>Tier</strong>e.<br />
Bei den Wölfen hilft ein<br />
gutes Körpergewicht dem<br />
Muttertier, damit die Überlebensrate<br />
des Nachwuchses<br />
gesichert ist. Denn<br />
eine Wolfsmutter mit einem<br />
adäquaten Gewicht<br />
bringt auch Welpen zur<br />
20<br />
Kurzmeldungen<br />
Welt, die ein vorteilhaftes<br />
Körpergewicht haben<br />
und so besser überleben<br />
können. Die Form, wie die<br />
Wolfs-Gemeinschaft zusammenarbeitet,<br />
damit<br />
die Wolfsmutter nicht vom<br />
Fleisch fällt, bringt einen<br />
bemerkenswerten Vorteil<br />
mit sich. Denn sobald die<br />
Wolfsmutter unterernährt<br />
ist, hat das nachteilige Folgen<br />
für den Nachwuchs -<br />
wenn überhaupt einer zustande<br />
kommt. (pte)<br />
Klimawandel<br />
verändert Winterschlaf<br />
der <strong>Tier</strong>e<br />
Änderungen im Klima hinterlassen<br />
ihre Spuren im<br />
Alltag vieler <strong>Tier</strong>e. Die konkreten<br />
Folgen der Erderwärmung<br />
sind sehr unterschiedlich:<br />
Manche Arten<br />
profitieren, andere geraten<br />
in Bedrängnis. Forschungen<br />
zu Klimawandel<br />
und Winterschlaf laufen<br />
weltweit auf Hochtouren.<br />
Etwa bei den Zeiseln der<br />
Rocky Mountains hat die<br />
Jahreszeiten-Verschiebung<br />
die Überlebensrate<br />
seit 1990 um bis zu 20 <strong>Pro</strong>zent<br />
gesenkt berichtet Jeff<br />
Lane von der University of<br />
Alberta.<br />
Die Erdhörnchen erwa-<br />
Foto: Klaus Jacob/pixelio.de<br />
chen heute infolge der immer<br />
späteren Schneefälle<br />
im Frühling um zehn Tage<br />
später aus dem Winterschlaf<br />
und können in der kurzen<br />
Pflanzenwachstums-Phase<br />
nicht mehr genug Vorräte<br />
für den nächsten Winter<br />
sammeln. Veränderungen<br />
sind auch bei der Haselmaus<br />
feststellbar. Die Körpertemperatur<br />
des kleinen<br />
Nagers passt sich an die<br />
Um gebungstemperatur an,<br />
wobei in besonders strengen<br />
Wintern auf der Haut<br />
bis zu minus 2,9 Grad Celsius<br />
gemessen wurden. Bei<br />
milden Wintern ist auch die<br />
Haut wärmer und es gibt<br />
mehr zwischenzeitliche<br />
Wachphasen. Das kostet<br />
Energie und lässt die Fettreserven<br />
früher schwinden.<br />
Andere <strong>Tier</strong>arten wie<br />
die Gelbbauchmurmeltiere<br />
der USA ziehen Überlebensvorteile:<br />
Sie erwachen bis zu<br />
vier Wochen früher aus dem<br />
Winterschlaf, produzieren<br />
mehr Junge und erreichen<br />
ein höheres Körpergewicht,<br />
was die Population seit 1990<br />
erhöht hat. Alpenmurmeltiere<br />
leiden hingegen unter<br />
den immer späteren<br />
Schneefällen, schützt doch<br />
die Schnee decke den Boden<br />
vor dem Auskühlen.<br />
Ein späterer Winterschlaf<br />
geht nicht, da die Tageslänge<br />
den Beginn bestimmt.<br />
Da der Winterschlaf nur<br />
eine der möglichen Reaktionen<br />
auf den Wandel<br />
der Jahreszeiten darstellt,<br />
bricht in der Fachwelt die<br />
Trennung zwischen Winterschläfern<br />
und Nicht-Winterschläfern<br />
immer mehr.<br />
Es gibt ein Kontinuum von<br />
Reaktionen auf ungünstige<br />
Lebensbedingungen<br />
wie Wärme, Kälte, Trockenheit<br />
oder Regenzeiten.<br />
Viele Organismen gehen<br />
dabei äusserst flexibel vor<br />
und setzen ihre thermoregulativen<br />
Strategien sehr ef-<br />
fizient ein. Sie werden am<br />
ehesten mit dem Klimawandel<br />
gut zurechtkommen.<br />
(pte)<br />
Für Bienen giftige<br />
Mittel bleiben<br />
erlaubt<br />
Der Bundesrat hält es nicht<br />
für nötig, bestimmte Pflanzenschutzmittel<br />
zum Schutz<br />
der Bienen zu verbieten.<br />
Dies geht aus einem Bericht<br />
hervor, mit dem ein<br />
Postulat von Nationalrätin<br />
Maya Graf beantwortet wurde.<br />
Konkret sollte die Zulassung<br />
des Mittels Clothianidin<br />
erneut geprüft werden.<br />
Laut Bundesrat deute die<br />
relativ geringe Anzahl an<br />
Bienen-Vergiftungsfällen<br />
darauf hin, dass das Bewilligungssystem<br />
für die Pflan-<br />
<strong>Pro</strong><strong>Tier</strong> 4/12<br />
Foto: Ulla Trampert/pixelio.de
zenschutzmittel effektiv genug<br />
sei und dass sich die<br />
grosse Mehrheit der Bauern<br />
an die Vorschrif ten halte.<br />
(sda)<br />
Vogelwarte warnt<br />
vor Windrädern<br />
Greifvögel gehören zu den<br />
häufigsten Opfern von<br />
Windenergieanlagen. Die<br />
Vögel sterben nach dem Zusammenstoss<br />
mit Rotorblättern.<br />
Um den Einfluss von<br />
Windrädern auf eine Greifvogel-Population<br />
zu kennen,<br />
führte die Schweizerische<br />
Vogelwarte eine Computersimulation<br />
durch. Diese<br />
basierte auf einer Rotmilan-<br />
Population, die jährlich um<br />
5 % wächst. Der Rotmilan<br />
brütet nur in Europa, und<br />
die Schweiz ist eines der<br />
wenigen Ländern in denen<br />
sein Bestand zunimmt. Die<br />
Schweiz trägt deshalb eine<br />
internationale Verantwortung<br />
für die Erhaltung des<br />
Rotmilans. Die Studie zeigt,<br />
dass die simulierte Rotmilan-Population<br />
umso stärker<br />
beeinflusst wird, je gleichmässiger<br />
die Windräder in<br />
der Landschaft verteilt sind.<br />
Laut Michael Schaub, dem<br />
Autor der Studie, kann der<br />
Effekt massiv sein: «Wenn<br />
Wind räder in einem Windpark<br />
an einem Ort gruppiert<br />
werden, so wird das Wachstum<br />
der Rotmilan-Population<br />
nur wenig gebremst.»<br />
Ganz anders sieht es aus,<br />
wenn die gleiche Zahl von<br />
Windrädern je einzeln aufgestellt<br />
und über eine grössere<br />
Fläche verteilt wird. «In<br />
diesem Szenario nahm die<br />
Rotmilan-Population sogar<br />
ab», erläutert Schaub. Die<br />
Schweizerische Vogelwarte<br />
schlägt vor, Windräder generell<br />
an so wenig Standorten<br />
wie möglich aufzu-<br />
stellen. Zudem sollen neue<br />
Standorte nicht nur nach<br />
dem Einfluss der zu bauenden<br />
Windräder beurteilt<br />
werden. Vielmehr sollen<br />
alle schon existierenden<br />
oder geplanten Anlagen in<br />
einem grösseren Umkreis<br />
berücksichtigt werden.<br />
Nur so kann beurteilt werden,<br />
inwieweit eine neue<br />
Anlage für eine Greifvogel-<br />
Population eine Gefährdung<br />
darstellt. Dies erfordert eine<br />
überregionale Planung.<br />
(Schweizerische<br />
Vogelwarte Sempach)<br />
Nashörner immer<br />
stärker bedroht<br />
Angesichts der rapide ansteigenden<br />
Zahl von getöteten<br />
Nashörnern schlagen<br />
<strong>Tier</strong>schützer in Südafrika<br />
Alarm: In diesem Jahr seien<br />
schon 455 <strong>Tier</strong>e der illegalen<br />
Jagd zum Opfer gefallen<br />
und damit mehr als in<br />
den Jahren davor, teilte die<br />
Umweltschutzbehörde des<br />
Landes gestern mit. Mehr<br />
als die Hälfte der <strong>Tier</strong>e waren<br />
im berühmten Krüger-<br />
Nationalpark beheimatet.<br />
Die Behörde warnte davor,<br />
dass die Jagd im November<br />
und Dezember weiter anziehen<br />
könnte.<br />
Seit Jahren steigt die Zahl<br />
der illegal erlegten Nashörner<br />
an: 2011 wurden 448<br />
<strong>Tier</strong>e getötet, 2010 waren<br />
es 333, im Jahr davor 122,<br />
2008 nur 83 und 2007 ganze<br />
13. (sda)<br />
Tiefseearten<br />
überlebten<br />
Massensterben<br />
Bisher seien Experten der<br />
Ansicht gewesen, dass die<br />
heutigen Tiefsee-Ökosyste-<br />
me aus mehreren Umwälzungen<br />
im Zuge von Massenaussterben<br />
und globalen<br />
Veränderungen der Ozeane<br />
entstanden und relativ jung<br />
sind, sagte Forschungsleiter<br />
Ben Thuy von der Universität<br />
Göttingen. Da Überreste von<br />
Organismen aus der Tiefsee<br />
jedoch nur sehr selten als<br />
Fossilien gefunden würden,<br />
sei eine direkte Überprüfung<br />
dieser Annahme bisher nicht<br />
möglich gewesen. Die neuen<br />
Funde vor Florida lassen den<br />
Schluss zu, dass es die heutigen<br />
Ökosysteme in der Tiefsee<br />
schon viel länger gibt als<br />
angenommen. Vermutlich<br />
sei die Tiefsee weniger anfällig<br />
für Massenaussterben<br />
und Veränderungen globalen<br />
Ausmasses als flachere<br />
Meeresgebiete. Die Studie<br />
ist in der Fachzeitschrift<br />
«PLoS One» erschienen.<br />
Die jetzt entdeckten, etwa 114<br />
Millionen Jahre alten Fossilien<br />
– allesamt von Stachelhäutern,<br />
darunter noch heute<br />
existierende Formen von<br />
Seeigeln, Seesternen, Seegurken<br />
oder Schlangensternen<br />
– liessen den Schluss<br />
zu, dass ein wesentlicher<br />
Teil der heutigen Tiefsee-<br />
Organismen älter ist als<br />
bis her gedacht. «Selbst bei<br />
den letzten grossen Umwälzungen<br />
der Ozeane in<br />
der Kreidezeit und im späten<br />
Paläozän muss es Rückzugsgebiete<br />
innerhalb der<br />
Tiefsee gegeben haben, wo<br />
die Organismen sich halten<br />
konnten», sagte Thuy. Die<br />
Kreidezeit endete vor rund<br />
65 Millionen, als unter anderem<br />
die Dino saurier ausstarben,<br />
das Paläozän vor<br />
etwa 55 Millionen Jahren.<br />
Thuy warnte aber, dass auch<br />
die Tiefsee angreifbar sei.<br />
«Die Funktion der Tiefsee<br />
als weitgehend ungestörtes<br />
wichtiges Rückzugsgebiet<br />
für Meeres-Organismen<br />
könnte künftig durch den geplanten<br />
Abbau von Bodenschätzen<br />
auch in grossen<br />
Tiefen empfindlich gestört<br />
werden», sagte er. (sda)<br />
Warum kennt der<br />
Nacktmull keinen<br />
Schmerz?<br />
Nacktmulle sind fast blinde,<br />
kaum behaarte Nagetiere.<br />
Sie sind nur wenig grösser<br />
als Mäuse und leben unterirdisch<br />
in den Halbwüstenregionen<br />
Ostafrikas. Ihr Sozialsystem<br />
ähnelt dem von<br />
Bienen, wie das Insektenvolk<br />
haben auch sie eine Königin.<br />
Die <strong>Tier</strong>e werden bis<br />
zu 30 Jahre alt. Wieso aber<br />
die unterirdisch lebenden<br />
Nagetiere offensichtlich keine<br />
Schmerzen spüren, war<br />
den Wissenschaftlern lange<br />
Zeit ein Rätsel.<br />
Jetzt haben Berliner Forscher<br />
das Geheimnis gelöst:<br />
Die <strong>Tier</strong>e besässen<br />
Schmerzrezeptoren mit einem<br />
speziellen Natriumkanal,<br />
erläutert das Team des<br />
Max-Delbrück-Centrums für<br />
Molekulare Medizin in Berlin<br />
im Fachblatt «Science».<br />
Dieser werde von elektrisch<br />
positiv geladenen Teilchen<br />
(<strong>Pro</strong>tonen) blockiert, die von<br />
Säuren abgegeben werden.<br />
In der Folge werde kein so-<br />
genanntes Aktionspotenzial<br />
ausgelöst. Das bedeutet:<br />
Die Nervenzelle reagiert<br />
nicht, sie leitet kein<br />
Schmerzsignal weiter.<br />
Doch warum verzichten die<br />
Nager auf den wertvollen<br />
Warnreiz, der vor Gefahren<br />
schützen soll? Nacktmulle leben<br />
in engen, unterirdischen<br />
<strong>Pro</strong><strong>Tier</strong> 4/12 21<br />
Foto: awi.de
Bauten in grossen Gruppen.<br />
Dort ist der Sauerstoffgehalt<br />
sehr gering, der von Kohlendioxid<br />
hingegen hoch.<br />
Das führt normalerweise<br />
zu einer Übersäuerung des<br />
Gewebes, die bei Säugetieren<br />
– auch beim Menschen<br />
– sehr schmerzhafte Verätzungen<br />
und Entzündungen<br />
auslöst. Einzige Ausnahme:<br />
der Nacktmull. Die Forscher<br />
vermuten, die <strong>Tier</strong>e mussten<br />
eine hohe Säuretoleranz<br />
entwickeln, um unter<br />
der Erde überleben zu können.<br />
Die Untersuchung an<br />
den Nagetieren könne auch<br />
das Verständnis chronischer<br />
Schmerzen beim Menschen<br />
vertiefen, schreiben die<br />
Wissenschaftler. So sei das<br />
Gewebe von Patienten mit<br />
entzünd lichen Gelenkerkrankungen<br />
wie Rheuma stark<br />
mit Säure angereichert. Der<br />
hohe Säuregehalt aktiviert<br />
wiederum die Schmerzrezeptoren<br />
des Gewebes.<br />
Substanzen, die den Kanal<br />
blockieren, werden in der<br />
Medizin eingesetzt – zum<br />
Beispiel zur lokalen Betäubung<br />
beim Zahnarzt.<br />
Menschen, bei denen der<br />
Kanal wegen genetischer<br />
Veränderungen beschädigt<br />
ist, fühlen keinen Schmerz –<br />
genauso wie der Nacktmull.<br />
(dpa)<br />
22<br />
Der sprechende<br />
Elefant<br />
Ein Elefant in einem südkoreanischen<br />
Zoo verblüfft<br />
Forscher: Das <strong>Tier</strong> ahmt offensichtlich<br />
Worte nach,<br />
die seine Pfleger benutzen.<br />
Kann der graue Riese tatsächlich<br />
sinnhaft mit Menschen<br />
kommunizieren? Zugegeben,<br />
der Wortschatz von<br />
Koshik ist begrenzt. Doch<br />
der Elefantenbulle, der in<br />
Everland Zoo im südko reanischen<br />
Yongin lebt, ahmt<br />
offensichtlich einige koreanische<br />
Vokabeln nach. Um<br />
die Laute zu erzeugen, die<br />
nicht zum üblichen Repertoire<br />
von Elefanten-Rufen<br />
gehören, nutzt Koshik einen<br />
Kniff: Er steckt seinen Rüssel<br />
ins Maul. So trifft er sowohl<br />
Tonlage als auch das<br />
Timbre seiner menschlichen<br />
Kontakte. Ein inter na-<br />
tionales Forscherteam hat<br />
das ungewöhnliche Verhalten<br />
des Elefanten jetzt genauer<br />
untersucht. Angela<br />
Stöger von der Universität<br />
Wien und ihre Kollegen prüf-<br />
ten dazu erst einmal, ob nicht<br />
nur die <strong>Tier</strong>pfleger der Mei-<br />
nung sind, dass Koshik<br />
ein paar Voka beln erfolgreich<br />
nachahmt. Sie spielten<br />
dazu 16 in Deutschland<br />
Foto: picture-alliance/obs/arte<br />
lebenden Koreanern Tonaufnahmen<br />
vor. Die Testhörer<br />
hatten zwar schon<br />
von Koshik gehört, ihn<br />
noch nicht gesehen, und<br />
sie wussten auch nicht,<br />
welche sechs Wörter er<br />
angeb lich beherrscht. Die<br />
Teilnehmer sollten aufschreiben,<br />
was sie zu hören<br />
glaubten. Das Ergebnis<br />
zeigt, dass das Rüsseltier<br />
mit Vokalen ganz gut klarkommt,<br />
mit Konsonanten<br />
aber weniger, wie die Forscher<br />
im Fachmagazin «Current<br />
Biology» berichten.<br />
Dass Koshik im Gegensatz<br />
zu vielen anderen in Zoos<br />
lebenden Elefanten seine<br />
Pfleger nachahmt, liegt wahr-<br />
scheinlich daran, dass er in<br />
einer prägenden Lebensphase<br />
keine Artgenossen<br />
um sich hatte, sondern nur<br />
Menschen. Das 1990 in einem<br />
Zoo geborene <strong>Tier</strong> kam<br />
im Alter von drei Jahren in<br />
den Everland Zoo. In den<br />
folgenden zwei Jahren lebten<br />
dort auch zwei Elefantendamen<br />
– doch danach<br />
war Koshik mehrere Jahre<br />
lang der einzige Elefant<br />
in diesem <strong>Tier</strong>park. Er wurde<br />
trainiert, auf bestimmte<br />
Kommandos zu reagieren<br />
– «Nein», «Gut», «Setz<br />
dich hin» waren also Vokabeln,<br />
die das <strong>Tier</strong> oft zu hören<br />
bekam. 2004 berichteten<br />
Pfleger erstmals, dass<br />
er Worte nachahmte. Koshik<br />
reagiert zwar durch sein<br />
Training auf die Kommandos.<br />
Aber er selbst benutze<br />
die Laute nicht bedeutungsvoll,<br />
erklärt Forscherin Stöger.<br />
Weder wird Koshik böse,<br />
wenn sich der Pfleger nicht<br />
hinsetzt oder -legt, nachdem<br />
der Elefant die entsprechenden<br />
Wörter imitiert hat. Noch<br />
kombiniert er die Wörter zu<br />
einer Aussage – was etwa<br />
mit einem «Aniya-Nuo»<br />
möglich wäre, wenn er sich<br />
nicht hinsetzen will. «Wir ge-<br />
hen davon aus, dass diese<br />
Sprachimitation eher eine<br />
soziale Funktion hat, als dass<br />
Koshik bedeutungsvoll mit<br />
den Pflegern kommunizieren<br />
will», sagt Stöger.<br />
Koshiks Geschichte erinnert<br />
an die von Hoover, einem<br />
bei Menschen aufgewachsenen<br />
Seehund. Er<br />
überraschte Zoobesucher,<br />
weil er sogar kurze Sätze<br />
sprach, «Hey you» rief und<br />
mit rauer Stimme lachte wie<br />
der ältere Fischer, bei dem<br />
er eine Weile gelebt hatte.<br />
Auch Hoover verstand wohl<br />
nicht, was er da sagte. Er<br />
ahmte Lautfolgen nach, die<br />
er häufiger gehört hatte.<br />
An die Fähigkeiten von Papageien<br />
und Beos, die besonders<br />
gut darin sind, verschiedenste<br />
Geräusche zu<br />
imitieren – egal ob Wort<br />
oder Klingelton – reichen<br />
Hoover und der bei Konsonanten<br />
nicht so geschickte<br />
Koshik nicht heran. Zudem<br />
haben Experimente mit dem<br />
berühmt gewordenen Graupapagei<br />
Alex gezeigt, dass<br />
die Vögel Worte verstehen<br />
und bedeutungsvoll einsetzen<br />
können. Alex konnte<br />
über hundert Vokabeln,<br />
er zählte bis sechs, benannte<br />
Farben und Formen, und<br />
äusserte sich auch, wenn er<br />
etwas nicht wollte.<br />
(spiegel.de)<br />
Schneewittchen<br />
trotz Appellen<br />
geschossen<br />
Das Oberwallis hat seine<br />
schneeweisse Gämsgeiss<br />
verloren. Jahrelang hielten<br />
<strong>Pro</strong><strong>Tier</strong> 4/12<br />
Foto: zvg
sich die Jäger zurück und<br />
freuten sich an dem <strong>Tier</strong> mit<br />
der auffälligen Färbung, das<br />
im Gebiet Termerwald/Kläna<br />
oberhalb Brig lebte. Bis<br />
diesen Herbst ein Waidmann<br />
doch abdrückte. Eine Straftat<br />
hat er damit nicht begangen,<br />
wohl aber ein Gentlemen's<br />
Agreement verletzt. Bei den<br />
Jagdversammlungen der<br />
Diana Brig hatte Wildhüter<br />
Josef Theler jeweils dazu<br />
aufgerufen, das <strong>Tier</strong> zu verschonen.<br />
«Ich habe an die<br />
Vernunft der Jäger appelliert»,<br />
sagte er auf Anfrage.<br />
Damit wollte er nicht nur ein<br />
Naturphänomen schützen,<br />
an dem Jäger und Naturliebhaber<br />
gleichermassen<br />
ihre Freude hatten. Weil die<br />
Gämsgeiss aufgrund der<br />
fehlenden Tarnfärbung kilometerweit<br />
zu sehen war,<br />
konnten die Wanderungen<br />
des Rudels leicht beobachtet<br />
werden. «Die weisse Geiss<br />
war wie ein markiertes <strong>Tier</strong>»,<br />
erklärte Theler. Viereinhalb<br />
Jahre alt wurde die weisse<br />
Gämse, dann juckte es einen<br />
Jäger doch am Abzugsfinger.<br />
Theler kennt den Schützen<br />
und bestätigt, dass der Abschuss<br />
legal war. «Aber ich<br />
habe überhaupt kein Verständnis<br />
dafür», sagte er<br />
hörbar verärgert. Der «Walliser<br />
Bote» will wissen, dass<br />
sich der Jäger mit dem Abschuss<br />
auch den Ärger seiner<br />
Kollegen zugezogen hat.<br />
Einen besseren Schutz als<br />
seine Appelle hätte Theler<br />
der weissen Gämse nicht<br />
angedeihen lassen können.<br />
«Es ist nicht möglich, einzelne<br />
<strong>Tier</strong>e zu schützen», sagte<br />
er. (sda)<br />
Gänse im Naturschutzeinsatz<br />
Die Kombination scheint<br />
ungewöhnlich: Gänse und<br />
Naturschutz. Doch ein Blick<br />
in die Vergangenheit zeigt,<br />
dass die traditionelle Beweidung<br />
mit Gänsen zukunftsweisend<br />
für die Erhaltung<br />
von Flachmooren sein<br />
könnte. In einem schweizweit<br />
einmaligen Pilotprojekt<br />
sind seit Herbst <strong>2012</strong> bei<br />
Samedan in Graubünden<br />
Gänse für <strong>Pro</strong> Natura im<br />
Naturschutzeinsatz. In der<br />
Pflege ihrer über 600 Naturschutzgebiete<br />
geht <strong>Pro</strong><br />
Natura immer wieder neue<br />
Wege. Vor einigen Jahren<br />
startete die Naturschutzorganisation<br />
Beweidungen<br />
mit Schottischen Hochlandrindern,Wollschweinen,<br />
Stiefelgeis sen oder<br />
Eseln. Immer auf der Suche<br />
nach geeigneten, naturverträglichen<br />
Pflegeformen<br />
für wertvolle Lebensräume.<br />
Nun initiiert <strong>Pro</strong> Natura<br />
Graubünden einen in der<br />
Schweiz einmaligen Beweidungsversuch<br />
mit Gänsen:<br />
In Samedan weiden seit<br />
Herbst <strong>2012</strong> derzeit zwölf<br />
Diepholzer Gänse in einem<br />
Flachmoor. Geplant ist, den<br />
Gänse-Bestand nach und<br />
nach auf 100 bis 150 <strong>Tier</strong>e zu<br />
vergrössern. Ziel des Pilotprojekts<br />
ist eine wirksame<br />
und kostengünstige Pflege<br />
von artenreichen Mooren<br />
und Feuchtgebieten als<br />
Alternative zur Mahd. Als<br />
positive Nebeneffekte sieht<br />
<strong>Pro</strong> Natura einen Beitrag an<br />
den Erhalt der alten Gänseart<br />
als kulturelles Erbe und<br />
ein Zusatzeinkommen für<br />
Landwirte. Wieso Gänse in<br />
einem Flachmoor? Salopp<br />
beschrieben sind Flachmoore<br />
«Wiesen mit den Füssen<br />
im Wasser».<br />
Bis in die Mitte des vergangenen<br />
Jahrhunderts<br />
wurden viele Flachmoore<br />
zur Streueproduktion landwirtschaftlich<br />
genutzt. In<br />
der heute intensiven und<br />
durch Importe vernetzten<br />
Landwirtschaft sind diese<br />
wenig ertragreichen Handarbeiten<br />
unrentabel geworden.<br />
Dennoch benötigen die<br />
Flachmoore als geschützte<br />
Lebensräume und wertvolle<br />
Horte von seltenen<br />
und gefährdeten Pflanzen-<br />
und <strong>Tier</strong>arten Pflege. Ohne<br />
Pflege würden diese schützenswertenLandschaftsrelikte<br />
zuerst verbuschen,<br />
bevor sie später ganz mit<br />
Wald überwachsen würden.<br />
Schwerere <strong>Tier</strong>e wie Kühe<br />
oder Pferde würden das<br />
sensible und feuchte Erdgefüge<br />
schädigen. Andere<br />
sind im feuchten Milieu<br />
krankheitsanfällig.<br />
Gänseweiden sind in der<br />
Schweiz nichts Neues. Seit<br />
den 1950er-Jahren sind sie<br />
allerdings nach und nach<br />
in Vergessenheit geraten.<br />
Die im <strong>Pro</strong>-Natura-<strong>Pro</strong>jekt<br />
eingesetzte Diepholzer<br />
Gans eignet sich vorzüglich,<br />
um ohne Trittschäden in<br />
Flachmooren zu «arbeiten».<br />
Die Gänse sind anspruchslos<br />
in ihren Nahrungsgewohnheiten<br />
und robust<br />
gegenüber Wind und Wetter.<br />
(<strong>Pro</strong> Natura)<br />
<strong>Pro</strong><strong>Tier</strong> 4/12 23<br />
Foto: Marcel Züger / <strong>Pro</strong> Natura GR
Foto: Katrin Hammer/pixelio.de<br />
<br />
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