Heft 4/2012 - Pro Tier
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Bereits im 4. Jahrhundert war das tierische Paar so populär wie die<br />
heiligen drei Könige: Ochs und Esel versinnbildlichen jene Christen,<br />
die Jesus als wahren Sohn Gottes anerkennen.<br />
bib lische Symbolik. Der Physiologus<br />
ist eine frühchristliche Naturlehre,<br />
in der Pflanzen, Steine und<br />
<strong>Tier</strong>e be schrieben und allegorisch<br />
auf das Heils geschehen hin gedeutet<br />
werden. «Im Physiologus wird berichtet,<br />
wie ein Hirsch in seinem 50.<br />
Lebensjahr an einem Schlangenloch<br />
schnuppert, worauf die Schlange hervorschiesst<br />
und durch die Nüs tern in<br />
das <strong>Tier</strong> eindringt», erklärt Kundert.<br />
Der Hirsch verschluckt die Schlange<br />
und muss innert drei Stunden<br />
zu einem Wasserloch, damit ihm<br />
für weitere 50 Jahre das Leben geschenkt<br />
wird. «Diese Geschichte<br />
gilt als Sinnbild für die Taufe», so<br />
Kundert. Zudem gehe sie auf Psalm<br />
42,2 zurück, wo es heisst: «Wie ein<br />
Hirsch nach frischem Wasser lechzt,<br />
so sehne ich mich nach dir, mein<br />
Gott.» Die Rolle des Rentiers während<br />
Weihnachten ist hingegen anderen<br />
Ursprungs. Der heutige – vor<br />
allem in Amerika populäre – Mythos<br />
des Weihnachtsmanns, der mit<br />
einem von Rentieren gezogenen<br />
fliegenden Schlitten reist, heimlich<br />
durch den Kamin in die Häuser steigt<br />
und dort die Geschenke verteilt, geht<br />
auf das 1823 anonym veröffentlichte<br />
Gedicht «The Night before Christmas»<br />
zurück. «Rudolph, the Red-<br />
Nosed Reindeer» kam erst 1939<br />
durch ein Gedicht von Robert L. May<br />
dazu, welches die Vorlage für das bekannte<br />
gleichnamige Weihnachtslied<br />
von Johnny Marks lieferte.<br />
Fliegenpilz verschafft<br />
Höhenflüge<br />
Möglicherweise wurden Rentiere<br />
deshalb gewählt, weil sie als Zugtiere<br />
für Schlitten bei den Noma-<br />
den eine lange Tradition haben. Zudem<br />
verehrten einige nordsibirische<br />
Stämme den grossen Rentiergeist<br />
als Gottheit. Der schwedische Oberst<br />
Philip Johan von Strahlenberg berichtet<br />
in einem 1730 erschienenen<br />
und damals sehr populären Buch<br />
über seine Kriegsgefangenschaft<br />
in Kamtschatka, dass die dort beheimateten<br />
Völker durch den Genuss<br />
von Fliegenpilzen zu wahren Höhenflügen<br />
fähig waren. Von den hallu zinogenen<br />
Pilzen berauscht, nahmen<br />
die Schamanen Kontakt zu ihrer Gottheit<br />
auf und «schwebten» auf ihren<br />
fliegenden Rentieren zu ihren benachbarten<br />
Stammesangehörigen.<br />
Durch den Rauchabzug im Dach<br />
betraten sie die Jurten und brachten<br />
weitere Pilze als Geschenke mit.<br />
Ersetzt man den Rauchabzug durch<br />
einen Kamin und die Pilze durch<br />
Playmobil und Barbiepuppen, ist<br />
man schon ziemlich nah dran an<br />
der Geschichte des Weihnachtsmanns.<br />
■<br />
Einige nordsibirische Stämme verehrten<br />
den grossen Rentiergeist als Gottheit.<br />
Die Nomaden – berauscht durch den Genuss<br />
von Fliegenpilzen – «schwebten» auf ihren<br />
fliegenden Rentieren zu ihren Nachbarn.<br />
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