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Heft 4/2012 - Pro Tier

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sich die Jäger zurück und<br />

freuten sich an dem <strong>Tier</strong> mit<br />

der auffälligen Färbung, das<br />

im Gebiet Termerwald/Kläna<br />

oberhalb Brig lebte. Bis<br />

diesen Herbst ein Waidmann<br />

doch abdrückte. Eine Straftat<br />

hat er damit nicht begangen,<br />

wohl aber ein Gentlemen's<br />

Agreement verletzt. Bei den<br />

Jagdversammlungen der<br />

Diana Brig hatte Wildhüter<br />

Josef Theler jeweils dazu<br />

aufgerufen, das <strong>Tier</strong> zu verschonen.<br />

«Ich habe an die<br />

Vernunft der Jäger appelliert»,<br />

sagte er auf Anfrage.<br />

Damit wollte er nicht nur ein<br />

Naturphänomen schützen,<br />

an dem Jäger und Naturliebhaber<br />

gleichermassen<br />

ihre Freude hatten. Weil die<br />

Gämsgeiss aufgrund der<br />

fehlenden Tarnfärbung kilometerweit<br />

zu sehen war,<br />

konnten die Wanderungen<br />

des Rudels leicht beobachtet<br />

werden. «Die weisse Geiss<br />

war wie ein markiertes <strong>Tier</strong>»,<br />

erklärte Theler. Viereinhalb<br />

Jahre alt wurde die weisse<br />

Gämse, dann juckte es einen<br />

Jäger doch am Abzugsfinger.<br />

Theler kennt den Schützen<br />

und bestätigt, dass der Abschuss<br />

legal war. «Aber ich<br />

habe überhaupt kein Verständnis<br />

dafür», sagte er<br />

hörbar verärgert. Der «Walliser<br />

Bote» will wissen, dass<br />

sich der Jäger mit dem Abschuss<br />

auch den Ärger seiner<br />

Kollegen zugezogen hat.<br />

Einen besseren Schutz als<br />

seine Appelle hätte Theler<br />

der weissen Gämse nicht<br />

angedeihen lassen können.<br />

«Es ist nicht möglich, einzelne<br />

<strong>Tier</strong>e zu schützen», sagte<br />

er. (sda)<br />

Gänse im Naturschutzeinsatz<br />

Die Kombination scheint<br />

ungewöhnlich: Gänse und<br />

Naturschutz. Doch ein Blick<br />

in die Vergangenheit zeigt,<br />

dass die traditionelle Beweidung<br />

mit Gänsen zukunftsweisend<br />

für die Erhaltung<br />

von Flachmooren sein<br />

könnte. In einem schweizweit<br />

einmaligen Pilotprojekt<br />

sind seit Herbst <strong>2012</strong> bei<br />

Samedan in Graubünden<br />

Gänse für <strong>Pro</strong> Natura im<br />

Naturschutzeinsatz. In der<br />

Pflege ihrer über 600 Naturschutzgebiete<br />

geht <strong>Pro</strong><br />

Natura immer wieder neue<br />

Wege. Vor einigen Jahren<br />

startete die Naturschutzorganisation<br />

Beweidungen<br />

mit Schottischen Hochlandrindern,Wollschweinen,<br />

Stiefelgeis sen oder<br />

Eseln. Immer auf der Suche<br />

nach geeigneten, naturverträglichen<br />

Pflegeformen<br />

für wertvolle Lebensräume.<br />

Nun initiiert <strong>Pro</strong> Natura<br />

Graubünden einen in der<br />

Schweiz einmaligen Beweidungsversuch<br />

mit Gänsen:<br />

In Samedan weiden seit<br />

Herbst <strong>2012</strong> derzeit zwölf<br />

Diepholzer Gänse in einem<br />

Flachmoor. Geplant ist, den<br />

Gänse-Bestand nach und<br />

nach auf 100 bis 150 <strong>Tier</strong>e zu<br />

vergrössern. Ziel des Pilotprojekts<br />

ist eine wirksame<br />

und kostengünstige Pflege<br />

von artenreichen Mooren<br />

und Feuchtgebieten als<br />

Alternative zur Mahd. Als<br />

positive Nebeneffekte sieht<br />

<strong>Pro</strong> Natura einen Beitrag an<br />

den Erhalt der alten Gänseart<br />

als kulturelles Erbe und<br />

ein Zusatzeinkommen für<br />

Landwirte. Wieso Gänse in<br />

einem Flachmoor? Salopp<br />

beschrieben sind Flachmoore<br />

«Wiesen mit den Füssen<br />

im Wasser».<br />

Bis in die Mitte des vergangenen<br />

Jahrhunderts<br />

wurden viele Flachmoore<br />

zur Streueproduktion landwirtschaftlich<br />

genutzt. In<br />

der heute intensiven und<br />

durch Importe vernetzten<br />

Landwirtschaft sind diese<br />

wenig ertragreichen Handarbeiten<br />

unrentabel geworden.<br />

Dennoch benötigen die<br />

Flachmoore als geschützte<br />

Lebensräume und wertvolle<br />

Horte von seltenen<br />

und gefährdeten Pflanzen-<br />

und <strong>Tier</strong>arten Pflege. Ohne<br />

Pflege würden diese schützenswertenLandschaftsrelikte<br />

zuerst verbuschen,<br />

bevor sie später ganz mit<br />

Wald überwachsen würden.<br />

Schwerere <strong>Tier</strong>e wie Kühe<br />

oder Pferde würden das<br />

sensible und feuchte Erdgefüge<br />

schädigen. Andere<br />

sind im feuchten Milieu<br />

krankheitsanfällig.<br />

Gänseweiden sind in der<br />

Schweiz nichts Neues. Seit<br />

den 1950er-Jahren sind sie<br />

allerdings nach und nach<br />

in Vergessenheit geraten.<br />

Die im <strong>Pro</strong>-Natura-<strong>Pro</strong>jekt<br />

eingesetzte Diepholzer<br />

Gans eignet sich vorzüglich,<br />

um ohne Trittschäden in<br />

Flachmooren zu «arbeiten».<br />

Die Gänse sind anspruchslos<br />

in ihren Nahrungsgewohnheiten<br />

und robust<br />

gegenüber Wind und Wetter.<br />

(<strong>Pro</strong> Natura)<br />

<strong>Pro</strong><strong>Tier</strong> 4/12 23<br />

Foto: Marcel Züger / <strong>Pro</strong> Natura GR

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