2007-1 Kommunale - SGK NRW
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4 4. Jahrgang - Ausgabe 1, <strong>2007</strong><br />
Gemeindeordnung/<br />
Gemeindeordnung/<strong>Kommunale</strong> Gemeindeordnung/ ommunale Wirtschaft<br />
Wirtschaft<br />
Initiative „Kommunalwirtschaft stärken - Zukunft der Städte sichern“<br />
von Gabriele Schmidt, ver.di Landesleiterin<br />
Gegen die geplante Beschränkung der wirtschaftlichen<br />
Betätigung der Städte und Gemeinden<br />
hat sich in <strong>NRW</strong> die "Initiative Kommunalwirtschaft"<br />
gebildet. Ein Bündnis aus<br />
Städten und Gemeinden, den kommunalen<br />
Unternehmen, der Wohnungswirtschaft, der<br />
Verkehrsunternehmen, dem Mieterbund und<br />
der Gewerkschaft ver.di <strong>NRW</strong>.<br />
Sie haben sich in diesem Bündnis trotz der<br />
sonst unterschiedlichen Interessen zwischen<br />
Arbeitgebern und Arbeitnehmern zusammengefunden,<br />
weil sie eines gegen die<br />
Absichten der Landesregierung eint: Ihre<br />
Verantwortung für die Lebens- und Arbeitsbedingungen<br />
der Daseinsvorsorge vieler<br />
Menschen in Nordrhein-Westfalen.<br />
<strong>Kommunale</strong> Unternehmen sichern, das<br />
sollten CDU und FDP in <strong>NRW</strong> bedenken,<br />
nicht nur zigtausende von Arbeitsplätzen,<br />
sondern stellen einen großen Anteil der<br />
Ausbildungsplätze für junge Menschen zur<br />
Verfügung. Sie geben der Jugend eine<br />
Chance zum Einstieg in das Berufsleben.<br />
von Prof. Dr. Hermann<br />
Zemlin, Geschäftsführer der<br />
Stadtwerke Bonn GmbH<br />
Die nordrhein-westfälische<br />
Landesregierung will die Gemeindeordnung<br />
novellieren<br />
und dabei die Möglichkeiten<br />
der wirtschaftlichen Betätigung<br />
der Stadtwerke einschränken.<br />
Die offizielle Begründung „Privat<br />
vor Staat“ gibt hier aber keinen Sinn,<br />
denn der Mittelstand kann die Stadtwerke-Aufgaben<br />
nicht übernehmen und die<br />
deutschen Konzerne dürfen es aus Kartellgründen<br />
nicht. Also bleiben nur ausländische<br />
Multis, und das Ergebnis ist wie gehabt,<br />
z. B. bei BenQ: Wenn die Gewinnmarge<br />
nicht gross genug ist, wird nur der<br />
Rahm abgeschöpft und dann der Standort<br />
brutal in Trümmern zurückgelassen.<br />
Oder wie in England, wo bei der Privatisierung<br />
des Nahverkehrs die Privaten so<br />
hohe Profite aus den Unternehmen zogen,<br />
dass schließlich kaum noch ein Rad sicher<br />
rollte und Fahrgäste und Mitarbeiter auf<br />
der Strecke blieben.<br />
Ist das die Zukunft, die die Landesregierung<br />
den Kommunen wünscht?<br />
Für mich als überzeugten Stadtwerker ist<br />
diese Vorstellung nicht hinnehmbar. Wir<br />
sind eines der größten Unternehmen in<br />
Die Kommunalwirtschaft ist als Arbeitgeber,<br />
Steuerzahler und Auftraggeber für viele<br />
Partner des örtlichen Handwerks und Mittelstands<br />
unverzichtbar. Viele Veranstaltungen<br />
und Leistungen in den Kommunen sind<br />
mittlerweile ohne finanzielle Unterstützung<br />
aus kommunalen Wirtschaftsunternehmen<br />
kaum noch denkbar. Dies gilt umso mehr<br />
nach den Kürzungen der öffentlichen Mittel<br />
im Bildungs- und Jugendbereich und<br />
für den öffentlichen Personennahverkehr.<br />
Trotz der Warnungen der Initiative und<br />
selbst aus den eigenen Reihen der CDU<br />
scheinen Ministerpräsident Rüttgers und<br />
Teile der CDU-Landtagsfraktion fest entschlossen<br />
zu sein, den FDP-Hardlinern mit<br />
dem Grundsatz „Privat vor Staat“ mit aller<br />
Konsequenz zu folgen. Der volkswirtschaftliche<br />
Schaden, der durch die beabsichtigte<br />
Änderung der GO angerichtet würde, interessiert<br />
sie offensichtlich nicht.<br />
Vollkommen ignoriert wird von der CDU/<br />
FDP geführten Landesregierung, dass immer<br />
mehr Kommunen und Landkreise darüber<br />
nachdenken, wie sie ihre erst vor wenigen<br />
Jahren ganz oder teilweise privatisierten<br />
öffentlichen Leistungen wieder zurückholen.<br />
Mal geht es um die Müllabfuhr, mal<br />
um Wasserwerke oder Abwasserentsorgung.<br />
Dabei sind es nicht nur die gestiegenen Preise<br />
der privaten Dienstleister, sondern es ist<br />
offensichtlich auch eine unbefriedigende<br />
Qualität sowie der Verlust von Gestaltungsmöglichkeiten<br />
und Transparenz.<br />
Für ver.di in <strong>NRW</strong> kann ich deshalb feststellen:<br />
Wir wollen, dass die Kommunen<br />
heute und in der Zukunft öffentliche Aufgaben<br />
selbst wahrnehmen. Wir wollen,<br />
dass Bürgerinnen und Bürger in <strong>NRW</strong> nicht<br />
Enteignung zu Gunsten der<br />
„Heuschrecken“<br />
Bonn, bieten 2.500 Menschen in<br />
der Region sichere Arbeitsplätze<br />
und ständig weit über 100 jungen<br />
Menschen eine fundierte<br />
Ausbildung.<br />
Unsere Gewinne dienen dem<br />
Wohl unserer Stadt und ihrer Bürgerinnen<br />
und Bürger.<br />
Wir investieren in einen attraktiven<br />
Nahverkehr, in eine sichere<br />
und kostengünstige Energie- und<br />
Wasserversorgung sowie in eine umweltgerechte<br />
Abfallentsorgung. Das soll alles<br />
in Zukunft nicht mehr so bleiben.<br />
Als Bürger fühle ich mich durch die Absicht<br />
der Landesregierung bevormundet<br />
und durch die Hintertür enteignet. Man will<br />
den Menschen in <strong>NRW</strong> weismachen, es<br />
sei prima, wenn internationale Multis im<br />
Markt alles dürfen, die kommunalen Unternehmen<br />
aber in Fesseln gelegt werden.<br />
Den „Heuschrecken“ öffnet man bereitwillig<br />
alle Türen und die Unternehmen, die<br />
den Bürgerinnen und Bürgern gehören,<br />
liegen in Ketten. Was hat das mit fairem<br />
Wettbewerb zu tun?<br />
Da hilft auch der von der Landesregierung<br />
als Beruhigungspille angebotene Bestandsschutz<br />
nicht: Unseren Stadtwerken<br />
Bonn würde jede unternehmerische Entwicklung<br />
verwehrt, und Stillstand ist bekanntlich<br />
immer Rückschritt.<br />
ungeschützt europaweit monopolartig tätigen<br />
Konzernen ausgeliefert sind. Wir treten<br />
für eine Zukunftsperspektive der kommunalen<br />
Unternehmen ein und damit auch<br />
für uns und unsere Kinder.<br />
Deshalb wird die Initiative am 7.März<br />
<strong>2007</strong> zu einer Protestveranstaltung vor der<br />
Staatskanzlei <strong>NRW</strong> aufrufen.<br />
Wir hoffen, dass diese Signale in der CDU/<br />
FDP-Landesregierung aufgenommen werden<br />
und sie ihre Pläne, die wirtschaftliche<br />
Energieversorgung Beckum<br />
fordert gleiches Recht<br />
von Dr. Marion Kapsa,<br />
Geschäftsführerin der Energieversorgung<br />
Beckum GmbH &<br />
Co. KG<br />
Die Energieversorgung Beckum<br />
GmbH & Co. KG (evb) wurde<br />
1997 gegründet, um die 40.000 Bürger<br />
und Bürgerinnen der Stadt Beckum, Industrie,<br />
Handel, Gewerbe und Landwirtschaft<br />
mit Strom und Erdgas zu versorgen. Wir sind<br />
ein mittelständisches Unternehmen mit 30<br />
Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen. Neben<br />
unserem Kerngeschäft betreiben wir eine<br />
Erdgastankstelle und bieten unseren Kunden<br />
Energiedienstleistungen in Zusammenarbeit<br />
mit Handwerksbetrieben an.<br />
Nun plant die <strong>NRW</strong>-Landesregierung mit<br />
der Novelle der Gemeindeordnung den<br />
unternehmerischen Spielraum der Stadtwerke<br />
in <strong>NRW</strong> massiv einzuschränken. Sie sollen<br />
sich nur zukünftig noch dann betätigen<br />
dürfen, wenn private Betriebe keinen vergleichbaren<br />
Service anbieten können.<br />
Wie widersinnig diese Regelung<br />
ist, möchte ich anhand eines Beispiels<br />
aufzeigen:<br />
Im letzten Jahr ist die EU-Richtlinie<br />
zur Endenergieeffizienz und zu<br />
Energiedienstleistungen in Kraft<br />
getreten. Ziel der Richtlinie ist es,<br />
den jährlichen Energieverbrauch<br />
bis 2016 um 9% zu senken. Die<br />
Richtlinie verpflichtet Stadtwerke<br />
wie die evb künftig dazu, Energiedienstleistungen<br />
anzubieten, weist<br />
ihnen sogar eine tragende Rolle<br />
zu. Um den Anforderungen gerecht zu werden,<br />
müssen wir unsere Angebotspalette weiterentwickeln.<br />
Für mich stellt sich die Frage,<br />
wie das funktionieren soll, wenn wir gleichzeitig<br />
unserer Möglichkeit beraubt werden,<br />
diese Aufgabe z.B. in Kooperation mit Anderen<br />
in einer neuen Gesellschaft anzubieten.<br />
Um langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben,<br />
müssen kommunale Unternehmen die gleichen<br />
Freiheiten besitzen wie ihre privaten<br />
Wettbewerber. Dazu gehören die Möglichkeiten,<br />
die bisherigen Geschäftsfelder auszubauen,<br />
weiterhin mit anderen Stadtwerken<br />
Kooperationen einzugehen und Gemeinschaftsunternehmen<br />
mit anderen Stadtwerken<br />
oder Dritten gründen und ausbauen<br />
zu können.<br />
Wer in seinen Märkten nicht mehr<br />
wachsen darf, verliert seine<br />
Wettbewerbsfähigkeit und seine Zukunft.<br />
von Werner Böllinger,<br />
Sprecher der Geschäftsführung,<br />
Stadtwerke<br />
Köln GmbH<br />
Mit einem Konzernumsatz von<br />
über 3,5 Mrd. Euro und einer<br />
Umsatzrendite von 7,5 % zählt<br />
der Stadtwerke-Konzern Köln<br />
bundesweit zu den 20 größten<br />
Dienstleistungsunternehmen.<br />
Neben den jährlichen Gewinnausschüttungen<br />
an den Anteilseigner Stadt<br />
Köln stehen durch den Konzernverbund<br />
Mittel zur Verfügung, öffentliche Aufgaben<br />
wie einen funktionierenden ÖPNV etc. zu<br />
finanzieren, die nicht mit Gewinn betrieben<br />
werden können, für eine Großstadt<br />
aber lebensnotwendig sind.<br />
Würde durch die geplante Änderung des<br />
§ 107 Gemeindeordnung <strong>NRW</strong> eine faire<br />
Teilnahme der öffentlichen Unternehmen<br />
am Wettbewerb verhindert, wäre die Zukunft<br />
wichtiger Konzerngesellschaften und<br />
Betätigung der Städte und Gemeinden einzuschränken,<br />
aufgibt.<br />
damit die Finanzierung vieler<br />
Leistungen des Konzerns für die<br />
Kölner Bürgerinnen und Bürger<br />
in den Bereichen ÖPNV, Abfallwirtschaft<br />
und öffentliche Infrastruktur<br />
wie Schwimmbäder etc.<br />
gefährdet. Zudem würde der finanzielle<br />
Spielraum der Stadt<br />
Köln durch eine geringere Gewinnausschüttung<br />
weiter eingeengt.<br />
Auch das Argument der Landesregierung,<br />
die Verschärfung der GO könnte privatwirtschaftliche<br />
Unternehmen stützen und<br />
Arbeitsplätze schaffen, verfängt nicht. Der<br />
Stadtwerke-Konzern ist mit einem jährlichen<br />
Auftragsvolumen im<br />
dreistelligen Millionenbereich<br />
(2005: > 370<br />
Mio. Euro) ein wichtiger<br />
und zuverlässiger<br />
Auftraggeber für<br />
die regionale<br />
Wirtschaft.