Die Welt wird Stadt - SUR Kultur
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Wahlfieber<br />
Menschen, Macht und Medien<br />
Von Eva Maria Schlosser und Petra Mostbacher-Dix<br />
Fast kann sie einem leid tun: Selbst im Urlaub ist die erste Frau der<br />
Bundesrepublik vor Medien und neugierigen Blicken nicht sicher.<br />
<strong>Die</strong> Urlaubsbilder von Ischia haben wir alle gesehen: die Fotos von<br />
gemütlichen Spaziergängen im normalen Outfit mit Ehegatten erinnern<br />
gar an eigene Urlaubsbilder, ohne Pomp und Gloria. Typisch<br />
Angela Merkel eben. Und das scheint es wohl auch zu sein, was<br />
die Bundeskanzlerin ihrem Volk sympathisch macht, selbst wenn<br />
sie nicht CDU wählen und auch ihrer Politik nicht besonders viel<br />
abgewinnen können. Aber ihr Auftritt ... Der ist ein so ganz anderer<br />
wie jener ihres Vorgängers Gerhard Schröder, welcher zügig den<br />
Beinamen »Medienkanzler« bekam. Er verstand es, sich in Szene<br />
zu setzen, seine fließenden Designeranzüge, seine dicke Zigarre,<br />
sein herb-kantiges Lächeln und sein legeres Auftreten kamen<br />
einst gut an. Bis sich seine andere Seite zeigte, etwa als beleidigter<br />
Machtmensch, der den Medien nur seine Gunst gewährt, wenn er<br />
im positiven Licht erscheint. Angela Merkel hegte ehemals ebenfalls<br />
nicht nur positive Gefühle gegenüber der Presse. Aber sie hat<br />
dazu gelernt und gibt sich heute weitgehend souverän im Umgang<br />
mit ihr. Immerhin musste sie lange Zeit Kritik hinnehmen, die nicht<br />
selten unter die Gürtellinie zielte. Denn das, was Schröder hatte,<br />
ein einigermaßen attraktives Aussehen und eleganter Stil, fehlten<br />
ihr. Es gab Zeiten – insbesondere vor ihrer Wahl zur Kanzlerin –<br />
in denen kein einziges veröffentlichtes Foto von ihr nur annähernd<br />
akzeptabel war. Ein gelinde ausgedrückt wenig attraktives Äußeres,<br />
Grimassen, Unscheinbarkeit waren ihr Markenzeichen. Das hat<br />
sich nicht unbedingt geändert. Natürlich wurde sie einer »Rundumsanierung«<br />
unterzogen, Stilberater haben sich die Köpfe zerbrochen<br />
und Ergebnisse gezeitigt. Was sich aber vor allem geändert<br />
hat, ist die Einstellung der Öffentlichkeit zu Merkels Erscheinungsbild<br />
und Person. Angela »Angie« Merkel steht für Bescheidenheit,<br />
Intelligenz, Sachlichkeit und Ehrlichkeit. Ihre Gegner werfen ihr<br />
schlimmstenfalls Unentschlossenheit, zu viel Kompromissbereit-<br />
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schaft und Mangel an Durchsetzungskraft vor. Den Glanz, den<br />
der neue amerikanische Präsident Barack Obama ausstrahlt, der<br />
sämtliche gute Eigenschaften einschließlich blendendem Aussehen<br />
und Charisma in sich zu vereinen scheint, <strong>wird</strong> sie nie ausstrahlen.<br />
Merkel-Biograf Gerd Langguth sagte dazu in der NDR-Sendung<br />
»Zapp«: »Man kann sagen sogar, dass ihre Nichtinszenierung ihre<br />
Inszenierung ist.«<br />
Merkel der Medienstar<br />
Trotzdem oder gerade deshalb<br />
wurde sie langsam<br />
aber beharrlich zum Medienstar.<br />
Auch die sogenannte<br />
Bildungsreise, die von den<br />
meisten Politikern selbst aus<br />
den eigenen Reihen sowie<br />
den Medien als Farce betrachtet<br />
wurde und die die<br />
Kanzlerin auch nach Stuttgart<br />
zur Realschule Ostheim<br />
führte, hinterließ einen nicht<br />
zu unterschätzenden Eindruck<br />
bei den Besuchten.<br />
Schüler und Schülerinnen<br />
genauso wie Lehrkräfte und<br />
Medienvertreter waren angetan von ihrer Natürlichkeit. Merkel genoss<br />
das Bad in der Schülermenge und stand allen Rede und Antwort.<br />
Das kommt an. Auch bei den Medien. Im April diesen Jahres<br />
stellten die Meinungs- und Wahlforscher von Infratest dimap und<br />
die Redakteure des Medienbeobachters PressWatch fest: »Merkel<br />
dominiert die politischen Medien«. Grundlage der Untersuchung<br />
waren »alle relevanten Beiträge der 20 großen Tageszeitungen und<br />
von zehn Nachrichtensendungen aus dem Monat März 2009«. Das<br />
Ergebnis: Platz 1 nimmt bei fast allen Themen Angela Merkel ein.<br />
Auf Platz 2 liegt übrigens Peer Steinbrück (SPD) mit rund zwei<br />
Drittel weniger Präsenz. Inwieweit die Auswertung eines einzigen<br />
Monats aussagekräftig ist, ist allerdings fraglich. Nichtsdestotrotz<br />
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