KINDERWELT - Weleda
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ob Schmerz, Hunger, Übermüdung das<br />
Schreien hervorrufen, und dann helfend<br />
und beruhigend eingreifen. Aber man kann<br />
sich auch eine Weile an dem Ausdrucks-<br />
Monolog seines Kindes freuen und ihn als<br />
Anlass zu ersten Dialogen nehmen.<br />
Das Echo des Kindes<br />
Wie stark das Schreien der Babys von dem<br />
abhängig ist, was sie hören, kann folgende<br />
Erfahrung belegen. Als unsere erste Tochter<br />
drei-vier Monate alt war, begann sie<br />
plötzlich sehr hoch und schrill zu schreien.<br />
Wir dachten, das Kind habe Kopfschmerzen,<br />
aber die Kinderärztin konnte nichts<br />
feststellen. Wir machten uns ernsthaft<br />
Sorgen. Eines Tages arbeitete ich am Vormittag<br />
zu Hause, während das Kind in<br />
seinem Wagen auf dem Balkon an der frischen<br />
Luft stand.<br />
Bald klang aus dem Dorf herüber ein lautes<br />
Gequieke. Dort wurden bei einem<br />
Viehhändler Ferkel verladen, und zwar,<br />
wie uns in den folgenden Tagen deutlich<br />
wurde, jeden Morgen zur gleichen Zeit für<br />
eine halbe Stunde. Wir haben das Kind<br />
dann während dieser Zeit im Zimmer gelassen<br />
– und der schrille Ton im Schreien<br />
verschwand bald. Das Baby hat offensichtlich<br />
die Ferkelschreie nachgeahmt!Rechnen<br />
wir also damit, dass das Schreien des Kindes<br />
auch Echo, Antwort auf das sein kann,<br />
was es aufnimmt (den Staubsauger, das<br />
Radio!).<br />
›Durchprobieren‹ der Sprache<br />
Wir Erwachsene haben uns in die Welt<br />
unserer eigenen Sprache so eingelebt,<br />
dass wir uns auf andere menschliche Äußerungen<br />
gar nicht einlassen, weil wir sie<br />
nicht ›verstehen‹. Wenn sich Menschen in<br />
einer uns unbekannten Sprache äußern,<br />
dann bleibt das für uns weitgehend Geräusch,<br />
auch wenn wir wahrnehmen, dass<br />
da offensichtlich gesprochen wird. Man<br />
könnte sagen, dass wir mit dem Erlernen<br />
einer Sprache zugleich verlernen, viele an-<br />
dere Sprachen zu sprechen, zu hören und zu<br />
verstehen.<br />
Wenn die Kinder dann beginnen Laute zu<br />
bilden, können wir wieder Erstaunliches beobachten.<br />
Bevor sich das Kind durch das<br />
Sprechen der Menschen seiner Umgebung<br />
in eine spezielle Sprache hineinlebt und so<br />
›seine‹ Muttersprache erlernt, durchläuft es<br />
eine Phase, in der es die Lautbildungen aller<br />
Sprachen der Welt ›durchprobiert‹. Das Kind<br />
kann hier viel mehr als die Erwachsenen.<br />
Denken wir an das englische ›th‹, an andere<br />
stimmhafte Konsonanten, wie sie in frühen<br />
Sprachen häufig waren, an nasale Laute wie<br />
im Französischen, an Kehllaute, Schnalzlaute<br />
usw., die wir als Erwachsene gar nicht mehr<br />
bilden können. Sie sind alle vernehmbar in<br />
der so genannten Lallphase des kindlichen<br />
Sprechenlernens vom sechsten Monat an,<br />
wenn im Spiel zwischen Atem, Kehlkopf,<br />
Das schönste Spiel: eigene Worte erfinden.<br />
So wird nebenbei Artikulation und Gehör geübt<br />
<strong>Weleda</strong> KinderWelt Heft 4, Herbst 2004 11