25.01.2013 Aufrufe

Ludwig Gleim und Wilhelm Heinse. Ein - Bergischer ...

Ludwig Gleim und Wilhelm Heinse. Ein - Bergischer ...

Ludwig Gleim und Wilhelm Heinse. Ein - Bergischer ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

<strong>Ludwig</strong> <strong>Gleim</strong>s literarische Bedeutung<br />

liegt weniger in seinen eigenen Werken als<br />

vielmehr in den innovativen Impulsen, mit denen<br />

er die deutsche Dichtkunst vorangebracht<br />

hat. Nicht zuletzt verwertete er dabei Anregungen<br />

aus der fremdsprachigen Literatur, z. B. als<br />

er die spanische Romanze in Deutschland einführte.<br />

Was aber <strong>Ludwig</strong> <strong>Gleim</strong> als Musensohn am<br />

meisten charakterisiert, ist sicherlich sein<br />

außergewöhnlich großer Fre<strong>und</strong>eskreis. Gerlinde<br />

Wappler (1998, S. 52) nennt die Zahl von<br />

etwa 400 Persönlichkeiten, mit denen <strong>Gleim</strong> in<br />

fre<strong>und</strong>schaftlcher Weise persönlich <strong>und</strong> brieflich<br />

verkehrte. In seinem Haus hatte er einen<br />

„Fre<strong>und</strong>schaftstempel“ eingerichtet, in welchem<br />

er Fre<strong>und</strong>e empfing <strong>und</strong> aufnahm, Porträts<br />

<strong>und</strong> Andenken von ihnen ausstellte <strong>und</strong><br />

Feste mit ihnen feierte. Viele Dichter <strong>und</strong><br />

Schriftsteller, aber auch andere Künstler <strong>und</strong><br />

Gelehrte fanden sich hier ein, darunter klangvolle<br />

Namen wie Johann Caspar Lavater, Samuel<br />

Gotthold Lange, Ewald Christian von<br />

Kleist, Anna Louisa Karsch, Friedrich Gottlieb<br />

Klopstock, Gotthold Ephraim Lessing, Christoph<br />

Martin Wieland, Matthias Claudius, die<br />

Brüder Johann Georg <strong>und</strong> Friedrich Heinrich<br />

Jacobi, Johann Gottfried von Herder, <strong>Wilhelm</strong><br />

<strong>Heinse</strong>, Gottfried August Bürger, Johann Heinrich<br />

Voß, Johann Gottfried Seume <strong>und</strong> z. B. die<br />

Musiker Carl Philipp Emanuel Bach <strong>und</strong> Carl<br />

Heinrich Graun.<br />

In besonderer Weise war <strong>Ludwig</strong> <strong>Gleim</strong> um<br />

das Wohl seiner Fre<strong>und</strong>e <strong>und</strong> Verwandten<br />

bemüht. Immer wieder nutzte er seine Beziehungen,<br />

um Stellungssuchende zu vermitteln<br />

<strong>und</strong> wandte beträchtliche Summen zur Unterstützung<br />

Bedürftiger <strong>und</strong> zur Förderung junger<br />

Dichter auf. Goethe hat sich darüber lustig gemacht,<br />

als er gelegentlich einer Gesellschaft in<br />

Weimar den anwesenden <strong>Gleim</strong> in einem übermütigen<br />

Scherz mit einem Truthahn verglich,<br />

der mehr oder weniger unbesehen alle ihm untergeschobenen<br />

Eier ausbrütet. Für den jungen<br />

Goethe, der in einigen Stücken ebenfalls der<br />

Anakreontik gefrönt hatte, war <strong>Gleim</strong> als Dichter<br />

eine Respektsperson gewesen; zu <strong>Gleim</strong>s<br />

Fre<strong>und</strong>en gehörte er jedoch nicht. <strong>Gleim</strong> seinerseits<br />

nahm die Werke Goethes <strong>und</strong> Schillers<br />

interessiert, mitunter erwartungsvoll gespannt<br />

auf, schätzte einiges davon, vieles aber weniger.<br />

Besonders verärgert war <strong>Gleim</strong> über die<br />

„ungezogenen“ Xenien, mit denen die beiden<br />

Klassiker in verschlüsselter Form einen R<strong>und</strong>schlag<br />

gegen ihre dichtenden Zeitgenossen<br />

führten. Noch bevor er sich selbst unter den<br />

Attackierten erkannt hatte (Herders Frau<br />

brachte es ihm hernach schonend bei), verfaßte<br />

<strong>Gleim</strong> „Gegen-Xenien“, auf welche Goethe<br />

wiederum antwortete mit einer köstlichen<br />

Parodie unter dem Titel „Deutscher Parnaß“,<br />

worin er <strong>Gleim</strong> als heiligen Hüter eines überlebten<br />

Dichter-Ideals porträtierte.<br />

Auch in seinen letzten Lebensjahren, nachdem<br />

<strong>Gleim</strong> sich zur Ruhe gesetzt hatte <strong>und</strong><br />

1801 völlig erblindete, riß der Kontakt mit seinen<br />

Fre<strong>und</strong>en nicht ab, deren Kreis sich um<br />

immer jüngere Jahrgänge erweitert hatte (z. B.<br />

Jean Paul).<br />

<strong>Ludwig</strong> <strong>Gleim</strong> starb am 18.02.1803 in Halberstadt.<br />

Sein Erbe floß später in die von ihm<br />

begründete <strong>Gleim</strong>sche Familienstiftung, die<br />

noch bis 1998 bestanden hat.<br />

1.1 <strong>Gleim</strong>s Vorfahren<br />

Der mißliche Umstand, dass die detaillierte<br />

<strong>und</strong> umfangreiche genealogische Arbeit von<br />

Edm<strong>und</strong> Strutz (1927) zur Familie Peill von der<br />

<strong>Gleim</strong>-Forschung bislang nicht rezipiert worden<br />

ist, läßt es wünschenswert erscheinen,<br />

<strong>Gleim</strong>s Vorfahren <strong>und</strong> Verwandten einmal genauer<br />

<strong>und</strong> in übersichtlicher Form darzustellen,<br />

<strong>und</strong> dazu bietet das anstehende Jubiläumsjahr<br />

willkommenen Anlaß. Die nachfolgend mitgeteilten<br />

Daten stützen sich hauptsächlich auf die<br />

Angaben von Strutz (1927), ergänzt um weitere<br />

Informationen aus den Pfarrerbüchern von<br />

Rosenkranz (1958) <strong>und</strong> Bauks (1980) sowie<br />

Wappler (1998).<br />

<strong>Gleim</strong>s Vorfahren väterlicherseits. - Die<br />

<strong>Gleim</strong>s kommen aus dem nordhessischen<br />

Eschwege (zwischen Kassel <strong>und</strong> Eisenach gelegen).<br />

Als Urahnen sind im DGB 8 (1901) genannt<br />

der Weinhändler <strong>und</strong> Ratsverwandte<br />

Bernhardus <strong>Gleim</strong> <strong>und</strong> seine Frau Ottilia,<br />

Tochter des Kaufmanns Reuschwin Wagener.<br />

29

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!