Brennstoffzellen in der Raumfahrt - Heinz Schmidt-Walter
Brennstoffzellen in der Raumfahrt - Heinz Schmidt-Walter
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Fachhochschule Darmstadt SS 2005<br />
Dr. <strong>Schmidt</strong>-<strong>Walter</strong><br />
Wasserstoff- und <strong>Brennstoffzellen</strong>technik<br />
<strong>Brennstoffzellen</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Raumfahrt</strong><br />
Jörg Haun-609346 / Ralf Haun-609333
Das Grundpr<strong>in</strong>zip <strong>der</strong> Brennstoffzelle<br />
In <strong>der</strong> nebenstehenden Pr<strong>in</strong>zipskizze ist <strong>der</strong> schematische Aufbau e<strong>in</strong>er<br />
Brennstoffzelle dargestellt. E<strong>in</strong>e Anode und e<strong>in</strong>e Kathode bilden mit dem Elektrolyt<br />
drei Schichten, aus denen die eigentliche<br />
Brennstoffzelle zusammengesetzt ist. Der Anode<br />
wird meist Wasserstoff als Brenngas, <strong>der</strong><br />
Kathode Sauerstoff zugeführt. An <strong>der</strong> mit<br />
Katalysatoren beschichteten Anode teilen sich<br />
die Wasserstoffmoleküle <strong>in</strong> ihre zwei<br />
Wasserstoffatome auf. Jedes Atom gibt dabei<br />
e<strong>in</strong> Elektron ab, das über e<strong>in</strong>en elektrischen<br />
Leiter zur Kathode wan<strong>der</strong>t. Es fließt e<strong>in</strong><br />
elektrischer Strom, <strong>der</strong> sich an den Elektroden<br />
abgreifen lässt. Zurück bleiben positiv geladene<br />
Wasserstoffionen (H + ). Auf <strong>der</strong> Kathodenseite<br />
teilen sich Sauerstoffmoleküle unter E<strong>in</strong>fluss von<br />
Katalysatoren <strong>in</strong> ihre zwei Sauerstoffatome auf.<br />
Diese nehmen dann jeweils zwei Elektronen auf,<br />
wodurch negativ geladene Sauerstoffionen entstehen. Die Wasserstoffionen (H + )<br />
wan<strong>der</strong>n von <strong>der</strong> Anodenseite durch den Elektrolyten auf die Kathodenseite. Dort<br />
vere<strong>in</strong>igen sie sich mit den negativ geladenen Sauerstoffionen (O 2- ) zu Wasser.<br />
Dieses Grundpr<strong>in</strong>zip <strong>der</strong> Reaktion von Wasserstoff mit Sauerstoff gilt für alle<br />
<strong>Brennstoffzellen</strong> gleichermaßen, wobei sich <strong>Brennstoffzellen</strong> bezüglich ihres<br />
Elektrolyten, ihres Brenngases und ihrer Betriebstemperatur stark unterscheiden.<br />
Anfor<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> <strong>Raumfahrt</strong> an die Brennstoffzelle<br />
Die kommerzielle Nutzung von <strong>Brennstoffzellen</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Raumfahrt</strong> begann Anfang <strong>der</strong><br />
1960er Jahre, als die neu gegründete US-Weltraumbehörde NASA die Pläne für e<strong>in</strong>e<br />
Serie bemannter Raumflüge, dem Gem<strong>in</strong>i-Programm, bekannt gab. Gem<strong>in</strong>i galt als<br />
Wegbereiter für die noch weit <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zukunft liegenden Apollo-Missionen und sollte<br />
dafür dienen, die nötige Technik für e<strong>in</strong>en zweiwöchigen Aufenthalt e<strong>in</strong>er<br />
mehrköpfigen Besatzung im Orbit <strong>in</strong>klusive diverser Andockmanöver im All zu<br />
erproben. Die NASA suchte für ihr Projekt nach e<strong>in</strong>er Möglichkeit, die für e<strong>in</strong>e Zwei-<br />
Mann-Besatzung vorgesehene Gem<strong>in</strong>i-Raumkapsel völlig autark mit elektrischem<br />
Strom zu versorgen. Es musste e<strong>in</strong>e Energiequelle gefunden werden, die höchsten<br />
technischen Anfor<strong>der</strong>ungen entsprach.<br />
Gefor<strong>der</strong>t waren ger<strong>in</strong>ges Gewicht bei ausreichen<strong>der</strong> Leistungsabgabe, hohe<br />
mechanische Belastbarkeit aber auch ausreichende Lebensdauer ohne<br />
Leistungsabfall. Neben <strong>der</strong> Funktionstüchtigkeit <strong>in</strong> absoluter Schwerelosigkeit spielte<br />
auch die Größe <strong>der</strong> Anlage e<strong>in</strong>e wichtige Rolle, stand doch <strong>in</strong> <strong>der</strong> Kapsel sehr wenig<br />
Platz zur Verfügung.<br />
Batterie-Systeme konnten zwar im Gem<strong>in</strong>i-Programm vorerst verwendet werden,<br />
schieden aber für die geplanten Mondmissionen wegen ihres hohen Gewichts bei<br />
großem Platzbedarf und ger<strong>in</strong>ger Lebensdauer aus. An e<strong>in</strong>e ausschließliche<br />
Energieversorgung <strong>der</strong> Kapsel über Solartechnik war ebenfalls nicht zu denken, sie<br />
war neben den damaligen horrenden Kosten <strong>in</strong> hohem Maße unpraktikabel, waren<br />
schließlich Sonnensegel und Akkumulatoren als Energiespeicher nötig. Nukleare<br />
2
Energieversorgung bot zu wenig Sicherheit für die Besatzung und stellte e<strong>in</strong>e<br />
unkalkulierbare Gefahr für die Bevölkerung dar.<br />
So erwies sich für die NASA das lange bekannte Pr<strong>in</strong>zip <strong>der</strong> Brennstoffzelle als<br />
e<strong>in</strong>zige Alternative zur Bordversorgung über Batterien, und gab bei <strong>der</strong><br />
amerikanischen General Electric Company (GE) die Entwicklung e<strong>in</strong>er Anlage <strong>in</strong><br />
Auftrag, die neben ger<strong>in</strong>gem Gewicht und wenig Platzbedarf die elektrische<br />
Energieversorgung <strong>der</strong> Raumkapsel über 14 Tage garantieren sollte.<br />
Das Gem<strong>in</strong>i-Programm- Erste Nutzung <strong>der</strong> Brennstoffzelle <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Raumfahrt</strong><br />
GE forschte seit Mitte <strong>der</strong> fünfziger Jahre auf dem Gebiet <strong>der</strong><br />
<strong>Brennstoffzellen</strong>technik. 1955 hatte Willard Thomas Grubb, Chemiker bei General<br />
Electric, das konventionelle Design <strong>der</strong> Brennstoffzelle aufgegriffen und<br />
weiterentwickelt. Er verwendete erstmals e<strong>in</strong>en Schwefel-Polysteren-Elektrolyt, e<strong>in</strong>e<br />
spezielle Kunststoff-Membran zwischen den Elektroden. Drei Jahre später wurde<br />
diese Zelle von e<strong>in</strong>em weiteren Chemiker und Kollegen Grubbs namens Leonard<br />
Niedrach weiterentwickelt, erprobt und unter dem Namen Grubb-Niedrach-FC als<br />
erste PEM-Brennstoffzelle bekannt. In Zusammenarbeit mit <strong>der</strong> NASA wurde dieser<br />
Zelltyp von General Electric speziell für die Gem<strong>in</strong>i-Missionen weiterentwickelt und<br />
erprobt.<br />
Die nebenstehende Abbildung zeigt Roy<br />
Mushrush, Manager bei GE, bei e<strong>in</strong>er<br />
Vorführung <strong>der</strong> PEM-Brennstoffzelle, wie sie<br />
allen Missionen ab Gem<strong>in</strong>i 5 e<strong>in</strong>gesetzt wurde.<br />
Am l<strong>in</strong>ken Bildrand ist e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>zelne Zelle zu<br />
erkennen, <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Hand zeigt Mushrush e<strong>in</strong>en<br />
Substack, <strong>in</strong> dem mehrere E<strong>in</strong>zelzellen<br />
zusammengefasst s<strong>in</strong>d. Insgesamt bef<strong>in</strong>den sich<br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> Anordnung, die im Durchmesser etwa<br />
dreißig und <strong>der</strong> Länge nicht mehr als sechzig<br />
Zentimeter misst, 96 <strong>in</strong> Reihe geschaltete<br />
E<strong>in</strong>zelzellen. Die Zelle liefert kurzzeitig 1kW<br />
Ausgangsleistung bei 490A und 23-26V und<br />
e<strong>in</strong>er Betriebstemperatur von etwa 65°C.<br />
Die l<strong>in</strong>ke Abbildung zeigt den<br />
schematischen Aufbau <strong>der</strong> gesamten<br />
Anlage. Die tiefgekühlten und unter<br />
hohem Druck stehenden Gase<br />
Wasserstoff und Sauerstoff wurden <strong>der</strong><br />
Brennstoffzelle über Wärmetauscher und<br />
Druckregler zugeführt. Bei <strong>der</strong> Reaktion<br />
entstehendes Produktwasser wurde<br />
gefiltert und deionisiert e<strong>in</strong>em<br />
Wasserspeicher zugeleitet. E<strong>in</strong> positiver<br />
Nebeneffekt: Beim E<strong>in</strong>satz <strong>der</strong><br />
Brennstoffzelle konnte das aus <strong>der</strong><br />
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kalten Reaktion entstehende Produktwasser als Tr<strong>in</strong>kwasser für die Besatzung<br />
genutzt werden. Darauf wurde während <strong>der</strong> Gem<strong>in</strong>i-Missionen jedoch weitgehend<br />
verzichtet, da die vorgeschriebene Wasserre<strong>in</strong>heit nicht gegeben war. Die<br />
gewonnene elektrische Energie konnte bei Bedarf vom Hauptbussystem abgegriffen<br />
o<strong>der</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Akkumulator gespeichert werden.<br />
Die obere Abbildung rechts zeigt die Gem<strong>in</strong>i-<br />
Raumkapsel (dunkle Hülle) mit noch<br />
angeschlossenem Versorgungsmodul (weiße<br />
Hülle), <strong>in</strong> welchem auch die <strong>Brennstoffzellen</strong>anlage<br />
untergebracht ist. Im Inneren des<br />
Versorgungsmoduls s<strong>in</strong>d die Wasser- und<br />
Sauerstoff- sowie Produktwasserbehälter<br />
dargestellt.<br />
Die untere Abbildung zeigt e<strong>in</strong>e Vergrößerung<br />
und die genaue Positionierung <strong>der</strong> gesamten<br />
Anordnung im Versorgungsmodul bei Gem<strong>in</strong>i<br />
5. Der kle<strong>in</strong>e kugelförmige Tank be<strong>in</strong>haltet<br />
Sauerstoff, <strong>der</strong> große, das doppelte Volumen<br />
fassende Kugel-Behälter be<strong>in</strong>haltet den stark<br />
gekühlten Wasserstoff. Direkt an den<br />
Behältern s<strong>in</strong>d Wärmetauscher,<br />
Druckregulatoren und weitere Sensorik<br />
angebracht. Im l<strong>in</strong>ken Bildbereich s<strong>in</strong>d die<br />
beiden tonnenförmigen <strong>Brennstoffzellen</strong> <strong>in</strong><br />
ihrer Aufhängung mit ihren Zu- und<br />
Ableitungen zu erkennen.<br />
Die anfänglichen Probleme mit <strong>der</strong> ersten von<br />
GE gelieferten Zelle PB2, die im Gem<strong>in</strong>i-Programm noch nicht zuverlässig e<strong>in</strong>setzbar<br />
war, konnten mit e<strong>in</strong>er zweiten, verbesserten Zelle weitgehend beseitigt werden.<br />
Waren Zellkontam<strong>in</strong>ierung und Leckage von Sauerstoff durch die Membran bei PB2<br />
noch große Probleme, konnte die NASA mit <strong>der</strong> zweiten, verbesserten<br />
Brennstoffzelle P3 trotz Fehlfunktion und Leistungsverlust während <strong>der</strong> Gem<strong>in</strong>i-5-<br />
Mission erste Erfolge verzeichnen. Auch die Möglichkeit, Tr<strong>in</strong>kwasser für die<br />
Besatzung herzustellen und <strong>der</strong> Umstand, dass die Kosten für das nötige Brenngas<br />
Wasserstoff wegen des ohneh<strong>in</strong> schon riesigen Bedarfs für die Trägerrakete kaum<br />
<strong>in</strong>s Gewicht fielen, trugen dazu bei, dass sich die NASA <strong>in</strong> ihren Plänen, weiterh<strong>in</strong><br />
<strong>Brennstoffzellen</strong>technik im Apollo-Programm zu verwenden, bestätigt sah.<br />
Das Apollo-Programm - Weiterentwicklung <strong>der</strong> Brennstoffzelle<br />
In den frühen sechziger Jahren begann auch die Pratt&Whitney Company (P&W),<br />
amerikanischer Triebwerkhersteller, mit <strong>der</strong> Entwicklung e<strong>in</strong>er raumfahrttüchtigen<br />
Brennstoffzelle, setzte dabei aber auf e<strong>in</strong>en an<strong>der</strong>en <strong>Brennstoffzellen</strong>typ - die<br />
alkalische Brennstoffzelle (AFC). Dieser Typ Brennstoffzelle hatte gegenüber <strong>der</strong> von<br />
GE entwickelten PEMFC den Vorteil des höheren Wirkungsgrades von etwa sechzig<br />
Prozent bei e<strong>in</strong>er relativ hohen Ausgangsleistung von konstant 500W und<br />
kurzzeitigen 1.5kW. Außerdem konnte die Brennstoffzelle e<strong>in</strong> für die Beatzung<br />
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nutzbares Tr<strong>in</strong>kwasser produzieren, das sogar den strengen Vorschriften <strong>der</strong> US-<br />
Gesundheitsbehörde entsprach.<br />
E<strong>in</strong>drucksvoll wird demonstriert, dass das Produktwasser aus <strong>der</strong> chemischen<br />
Reaktion genießbar ist. Allerd<strong>in</strong>gs wies die AFC e<strong>in</strong>en Nachteil gegenüber <strong>der</strong><br />
PEMFC auf: Sie konnte nur mit re<strong>in</strong>stem<br />
Sauerstoff betrieben werden, da im<br />
Oxidationsgas auftretendes<br />
Kohlenmonoxid sofort mit <strong>der</strong> Kalilauge zu<br />
Kaliumkarbonat reagieren und die Poren<br />
<strong>der</strong> Elektroden verstopfen würde. Dieser<br />
Nachteil fiel jedoch weniger stark <strong>in</strong>s<br />
Gewicht, da für den Raketenantrieb<br />
ohneh<strong>in</strong> re<strong>in</strong>er Sauerstoff benötigt wurde.<br />
Somit beauftragte die NASA<br />
Pratt&Whitney für die Herstellung <strong>der</strong><br />
Apollo-<strong>Brennstoffzellen</strong>.<br />
Die obere Abbildung auf <strong>der</strong> l<strong>in</strong>ken Seite<br />
zeigt P&W-Ingenieure beim Zusammen-<br />
bau <strong>der</strong> <strong>Brennstoffzellen</strong>. Im unteren<br />
Bereich ist deutlich <strong>der</strong> Stack, <strong>in</strong> dem die<br />
e<strong>in</strong>zelnen Zellen <strong>in</strong> Serie geschaltet s<strong>in</strong>d,<br />
sichtbar. Der Stack be<strong>in</strong>haltet 31<br />
e<strong>in</strong>zelne <strong>Brennstoffzellen</strong> und<br />
verschw<strong>in</strong>det nach dem Zusammenbau<br />
komplett <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er aus Titan gefertigten<br />
Schutztrommel, <strong>in</strong> <strong>der</strong> auch das<br />
Kühlsystem untergebracht ist. Mit ihrer<br />
Serienschaltung kann jede Anlage<br />
kont<strong>in</strong>uierlich 563 bis 1420W<br />
Ausgangsleistung bei 27 bis 31V liefern<br />
bei e<strong>in</strong>er Betriebsstemperatur von etwa<br />
200°C. Kurzzeitig können Leistungen bis<br />
zu 2300W entnommen werden. Jedes<br />
Service-Modul <strong>der</strong> Apollo-Reihe war mit<br />
drei solcher <strong>Brennstoffzellen</strong><br />
ausgerüstet, die die drei<br />
Besatzungsmitglie<strong>der</strong> mit Tr<strong>in</strong>kwasser<br />
versorgten. Die überschüssige Wärme<br />
wurde auch zum Heizen des Moduls und<br />
zur Erwärmung des auf -173°C<br />
tiefgekühlten Sauerstoffs vor dem<br />
E<strong>in</strong>treten <strong>in</strong> die Brennstoffzelle benutzt.<br />
Die untere Abbildung zeigt das konisch<br />
geformte Kommando-Modul mit unten<br />
angekoppeltem Service-Modul, welches<br />
vor Wie<strong>der</strong>e<strong>in</strong>tritt <strong>in</strong> die Erdatmosphäre<br />
5
abgekoppelt wurde. Im Service-Modul ist die gesamte <strong>Brennstoffzellen</strong>anlage<br />
<strong>in</strong>stalliert.<br />
Das Space Shuttle - Revolutionäre <strong>Brennstoffzellen</strong>technik <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Raumfahrt</strong><br />
Nach dem Erfolg <strong>der</strong> <strong>Brennstoffzellen</strong>technik während <strong>der</strong> Apollo-Missionen<br />
entschied sich die NASA Anfang <strong>der</strong> siebziger Jahre des letzten Jahrhun<strong>der</strong>ts,<br />
<strong>Brennstoffzellen</strong> auch <strong>in</strong> den geplanten Space-Shuttle-Missionen e<strong>in</strong>zusetzen. Dabei<br />
stellten erhöhte Anfor<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> NASA große Herausfor<strong>der</strong>ungen dar: Der E<strong>in</strong>satz<br />
von <strong>Brennstoffzellen</strong> sollte wirtschaftlicher bezüglich Anschaffung, Wartung und<br />
Wie<strong>der</strong>verwendbarkeit werden. Sicherheit, Gewichtsersparnis, ger<strong>in</strong>ger Platzbedarf<br />
und die Tr<strong>in</strong>kwassernutzung waren weitere wichtige Kriterien für die<br />
Weiterentwicklung <strong>der</strong> Brennstoffzelle <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Raumfahrt</strong>.<br />
Die NASA entwickelte <strong>in</strong> Zusammenarbeit mit Pratt&Whitney/UTC Fuel Cells die auf<br />
<strong>der</strong> rechten Seite abgebildete, alkalische Brennstoffzelle. Der Space Shuttle Orbiter<br />
hat drei separate <strong>Brennstoffzellen</strong>anlagen dieses Typs an Bord, die unter dem<br />
Nutzlastbereich im vor<strong>der</strong>en<br />
Teil des Rumpfes<br />
untergebracht s<strong>in</strong>d. Die drei<br />
<strong>Brennstoffzellen</strong> operieren<br />
als unabhängige<br />
Stromquellen, jede versorgt<br />
e<strong>in</strong>en eigenen 28V-<br />
Gleichstrom-Bus. Die<br />
Anlage liefert etwa 2kW bei<br />
32,5V und 61,5A<br />
kont<strong>in</strong>uierlich und bis zu<br />
12kW bei 27,5V und 436A<br />
über e<strong>in</strong>en Zeitraum von<br />
fünfzehn M<strong>in</strong>uten. Im<br />
stationären Betrieb leistet<br />
die Brennstoffzelle unter<br />
7kW, so bleiben bei e<strong>in</strong>em Durchschnittsbedarf des Shuttles von etwa 14kW<br />
ausreichende Reserven beim Ausfall e<strong>in</strong>er Zelle und dauerhaft e<strong>in</strong> Überschuss von<br />
7kW für durchzuführende Son<strong>der</strong>applikationen. Jede Zelle ist für e<strong>in</strong>e Betriebsdauer<br />
von über 2000 Stunden ausgelegt und kann nach je<strong>der</strong> Mission generalüberholt<br />
werden.<br />
Der <strong>in</strong> helle Schutzfolie e<strong>in</strong>gefasste Bereich auf <strong>der</strong> l<strong>in</strong>ken Seite <strong>der</strong> Abbildung wird<br />
als Power-Section bezeichnet. Dieser Teil <strong>der</strong> Anlage setzt sich aus drei Teilstacks,<br />
den so genannten Substacks, mit je 32 E<strong>in</strong>zelzellen zusammen, <strong>in</strong>sgesamt werden<br />
also 96 E<strong>in</strong>zelzellen zu e<strong>in</strong>er Batterie zusammengefasst. Verzweigte Rohrleitungen<br />
durchtreten diese Substacks <strong>der</strong> Länge nach und versorgen sie mit Wasserstoff,<br />
Sauerstoff und Kühlung.<br />
Der rechte Teil des Systems ist die so genannte ECU (Electronic Control Unit),<br />
e<strong>in</strong>elektronisches Überwachungssystem, das den Reaktionsfluss, die<br />
Betriebstemperatur, Produktwasserabführung und weitere Betriebsparameter<br />
überwacht, aufzeichnet und auf dem Control-Panel im Cockpit dargestellt.<br />
6
Bevor Wasser- und Sauerstoff <strong>in</strong> die Brennstoffzelle e<strong>in</strong>strömen, fließen sie durch<br />
e<strong>in</strong>en Vorheizer, <strong>in</strong> dem sie aus tiefgekühltem Zustand auf e<strong>in</strong>e Temperatur von etwa<br />
4,4°C o<strong>der</strong> höher erwärmt werden. Nach dem anschließenden Durchlaufen e<strong>in</strong>es<br />
Filters durchfließen sie e<strong>in</strong>en zweistufigen Druckregulator, nach <strong>der</strong> zweiten<br />
Druckstufe wurde <strong>der</strong> Druck des Sauerstoffs auf etwa 4,3 - 4,5bar reduziert und <strong>der</strong><br />
Druck des Wasserstoffs auf 0,3 - 0,4bar unter dem Druck des Sauerstoffs gehalten.<br />
Nach <strong>der</strong> Druckregulierung werden Wasser- und Sauerstoff dem Stack zugeleitet.<br />
Der gesamte Sauerstoff, <strong>der</strong> <strong>in</strong> die Zelle e<strong>in</strong>tritt, wird konsumiert, das heißt, für die<br />
Reaktion benutzt.<br />
Es wird jedoch mehr Wasserstoff als benötigt durch den Stack gepumpt, um<br />
e<strong>in</strong>erseits mit dem Sauerstoff zu reagieren, an<strong>der</strong>erseits den Produktwasserdampf<br />
abzuführen. Denn bei e<strong>in</strong>er operativen Nutzleistung von 7 kW braucht es nur e<strong>in</strong>ige<br />
M<strong>in</strong>uten, die Zelle mit nicht abtransportiertem Produktwasser zu fluten. Wasserstoff<br />
und Reaktions-Wasserdampf verlassen als Mischung den Stack und treten <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en<br />
Kondensator e<strong>in</strong>, <strong>in</strong> dem überschüssige Wärme aus Wasserstoff und Wasserdampf<br />
dem Kühlsystem zugeführt werden kann. Im Kondensator wird <strong>der</strong> Wasserdampf zu<br />
Tröpfchen kondensiert, das flüssige Wasser durch e<strong>in</strong>e Zentrifuge extrahiert und<br />
e<strong>in</strong>em unter hohem Druck stehenden Wassertank im Unterdeck <strong>der</strong> Crewkab<strong>in</strong>e als<br />
Tr<strong>in</strong>kwasser zugeführt. Der zurückbleibende Wasserstoff wird über e<strong>in</strong>en <strong>in</strong>ternen<br />
Wasserstoffkreislauf <strong>in</strong> die Zelle zurückgeführt.<br />
Die Abbildung zeigt die Anordnung <strong>der</strong> drei <strong>Brennstoffzellen</strong>anlagen (Fuel Cell Power<br />
Plants) im vor<strong>der</strong>en Mittelrumpf des Orbiters. Die <strong>Brennstoffzellen</strong>, hier blau<br />
e<strong>in</strong>gefärbt, werden über e<strong>in</strong> Rohrleitungssystem von den kugelförmigen<br />
Druckbehältern mit Wasser- und Sauerstoff versorgt. Die Detailskizze A im oberen<br />
Bereich <strong>der</strong> Abbildung zeigt die Anordnung <strong>der</strong> Zuleitungsventile für die e<strong>in</strong>zelnen<br />
Tanks.<br />
7
Wasserstoff und Sauerstoff werden <strong>in</strong> Abhängigkeit des Strombedarfs des Space<br />
Shuttles konsumiert. Der Verbrauch ist dabei direkt proportional zum Bedarf. Dieser<br />
Zusammenhang dient als Indikator für mögliche Undichtigkeiten und Lecks im<br />
gesamten Leitungssystem: Durch e<strong>in</strong>en ständigen Abgleich von Wasser- und<br />
Sauerstoffverbrauch und <strong>der</strong> von <strong>der</strong> Anlage gelieferten Nutzleistung können<br />
Leckageverluste <strong>in</strong> den Leitungen unter hoher Verlässlichkeit ausgemacht werden.<br />
Falls sich <strong>der</strong> Kalium-Hydroxid-Elektrolyt <strong>der</strong> Brennstoffzelle <strong>in</strong> das Produktwasser<br />
lösen sollte, schlägt e<strong>in</strong> PH-Sensor Alarm.<br />
Treten fremde Gase o<strong>der</strong> Kontam<strong>in</strong>ierungen <strong>in</strong> die Zelle e<strong>in</strong>, reduzieren sie die<br />
Reaktionseffizienz und somit die Stromversorgung des Schiffs. Somit ist e<strong>in</strong>e<br />
regelmäßige Spülung <strong>der</strong> Zellen unabd<strong>in</strong>gbar. Zweimal täglich werden Spülventile<br />
betätigt, die sonst geschlossenen Wasser- und Sauerstoff-Kreisläufe werden so<br />
geöffnet. Der jetzt höhere Durchfluss von Wasserstoff und Sauerstoff erlaubt nun den<br />
Gasen, die im Stack bef<strong>in</strong>dlichen Verunre<strong>in</strong>igungen und Fremdgase bei <strong>der</strong><br />
Zirkulation durch die Anlage auszuspülen und <strong>in</strong>s All auszublasen. Während <strong>der</strong><br />
Spülung wird jedoch weiterh<strong>in</strong> Strom generiert, im Space Shuttle dürfen aber<br />
während des Spülvorgangs nicht mehr als 10kW pro Brennstoffzelle gefor<strong>der</strong>t<br />
werden. Durch geschickte Verteilung <strong>der</strong> Nutzleistung und Druckerhöhung (und <strong>der</strong><br />
damit verbundenen Flusserhöhung) kann die Durchspülung bei mehreren Zellen<br />
gleichzeitig durchgeführt werden. Zudem können alle drei Zellen kontrolliert e<strong>in</strong>- und<br />
ausgeschaltet sowie im Stand-By-Zustand betrieben werden.<br />
Die Zukunft <strong>der</strong> Brennstoffzelle <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Raumfahrt</strong><br />
1981 traten während e<strong>in</strong>er Space-Shuttle-Mission erstmals Fehlfunktionen bei e<strong>in</strong>er<br />
an Bord <strong>in</strong>stallierten Zelle auf. Im Jahr 1997 musste e<strong>in</strong>e Brennstoffzelle während<br />
e<strong>in</strong>er Mission <strong>der</strong> Raumfähre Columbia sogar vollständig abgeschaltet werden - die<br />
Mission wurde trotz Sicherheitsreserven durch die zwei verbleibenden Zellen<br />
frühzeitig abgebrochen. Nichts desto trotz hält die NASA bis heute am E<strong>in</strong>satz von<br />
<strong>Brennstoffzellen</strong>, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e im Space Shuttle, fest.<br />
In <strong>der</strong> bemannten <strong>Raumfahrt</strong> spielt die <strong>Brennstoffzellen</strong>technik bis heute e<strong>in</strong>e<br />
wichtige Rolle und wird diese aufgrund ihrer vielen Vorteile bezüglich Zuverlässigkeit,<br />
Wirtschaftlichkeit, Gewicht- und Platzbedarf nicht verlieren.<br />
Quellenangaben für Abbildungen und technische Informationen<br />
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UTC Fuel Cells<br />
NASA Space Agency<br />
Fuel Cell Today<br />
Innovation Brennstoffzelle<br />
Deutsches Luft- und <strong>Raumfahrt</strong>zentrum<br />
NASM<br />
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