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Heft 1 (2008) - igda.net

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Liebe Mitglieder,<br />

das Jubiläumsjahr der IGdA mit dem vierzigjährigen Bestehen der Gemeinschaft und dem dreißigjährigen<br />

unserer Zeitschrift ist vorbei, und nun ist wieder der Alltag eingekehrt. Aber das ist kein Grund,<br />

auf hohem Niveau zu verharren. Schließlich wollen wir in neun Jahren stolz weitere Erfolge feiern.<br />

Die IGdA steht inzwischen auf mehreren Beinen: Neben dem Vereinsleben und der aktuell sind wir<br />

im Inter<strong>net</strong> sehr aktiv. Wir haben einen professionellen Inter<strong>net</strong>auftritt mit Weblog und sind mit vielen<br />

anderen Seiten verlinkt. Man liest uns nicht nur in Deutschland, sondern unter anderem auch in Brasilien<br />

und Argentinien. Auf www.<strong>igda</strong>.<strong>net</strong> und unserem Blog finden Sie immer die neuesten Ankündigungen<br />

der IGdA. Schauen Sie regelmäßig rein! Als neuestes Standbein bieten wir Ihnen die preisgünstige<br />

Herausgabe Ihrer Texte in der Edition IGdA an. Denn wir möchten Ihnen nicht nur in der aktuell ein Forum<br />

für Ihre Texte bieten, sondern möchten die vielen guten Texte, die in Ihren Schubladen schlummern,<br />

ans Licht der Öffentlichkeit bringen, ohne dass Sie den vielen schwarzen Schafen der Verlagsbranche<br />

und auch der Agenturen in den Rachen fallen. Infos erhalten Sie bei mir.<br />

Zur Zeitschrift: Ich hatte Sie um Ihre Meinung zu einer Öffnung nach außen gebeten. Die Reaktion<br />

war überwiegend positiv. Deshalb werden wir in Zukunft auch gute Texte von Nichtmitgliedern abdrucken.<br />

Vielen Dank auch für Ihre tollen Namensvorschläge für unsere Zeitschrift! Der Vorstand hat<br />

das Projekt »Namensänderung der IGdA-aktuell« jedoch erst einmal zurückgestellt, da der Name nun<br />

schon über dreißig Jahre besteht. Ich habe auch eine Idee, wie wir die Zeitschrift und die IGdA bekannt<br />

machen können: Wie wäre es, wenn Sie die aktuell »einfach so« im Bus, in der U-Bahn oder auf Parkbänken<br />

und anderen öffentlichen Orten liegen lassen (ähnlich dem Bookcrossing)? <strong>Heft</strong>e, auch für die<br />

Auslage in Büchereien, erhalten Sie bei mir. Bei Büchereien wäre es am besten, wenn Sie mir deren<br />

Adresse angeben, damit ich ihnen die aktuell regelmäßig – kostenlos – schicken kann. Es wäre schön,<br />

wenn Sie unseren Verein auf diese Weise unterstützen könnten.<br />

Leider kommt das Vereinsleben als solches etwas zur kurz. In den letzten Jahren konnten wir immer<br />

wieder zusätzlich zum Jahrestreffen noch weitere Veranstaltungen anbieten, aber leider sind zu wenige<br />

Mitglieder bereit, ein Regionaltreffen, wie es traditionell heißt, auszurichten. »Regional« bedeutet nicht,<br />

dass das Treffen nur für Mitglieder in der Region ausgerichtet wird, sondern für alle Mitglieder. Wir<br />

wollten auch Regionalgruppen oder Stammtische einrichten. Es hatten sich auch Mitglieder voll Begeisterung<br />

dafür engagiert, aber bisher waren sie damit gescheitert. Trotzdem möchten wir das erneut<br />

anregen. Auch Schreibwerkstätten für Mitglieder in der Region unterstützen wir gern.<br />

All unsere Aktivitäten und geplanten Aktivitäten sind jedoch nur mit Ihrer Hilfe möglich. Wir brauchen<br />

Sie und Ihre Ideen. Leider haben sich bisher nur wenige Mitglieder zur Kandidatur für den Vorstand<br />

bereit erklärt. Da immer wieder die Frage nach der Haftung auftaucht: Die Vorstandsmitglieder<br />

haften nicht mit ihrem Privatvermögen. Sonst würde sich niemand mehr in Vereinen engagieren.<br />

Finanzielle Aufwendungen werden natürlich erstattet.<br />

An dieser Stelle möchte ich mich für die verspäteten Lieferungen der aktuell entschuldigen. Es ist ärgerlich,<br />

wenn Neujahrswünsche am Rosenmontag erscheinen und Termine nicht einzuhalten sind.<br />

Aber ich hoffe sehr, dass das in Zukunft nicht mehr der Fall sein wird. Ich möchte mich auch für andere<br />

Fehler, und seien es Tippfehler in der Zeitschrift, entschuldigen. Bitte scheuen Sie sich nicht, Kritik zu<br />

äußern. Nur so wissen wir, was wir besser machen können. Oft erfahren wir erst, was sie geärgert hat,<br />

wenn die Mitglieder austreten. Und das ist doch schade. Schließlich ist jedes Mitglied für uns wichtig.<br />

Und nun wünsche ich Ihnen eine traumhafte Frühlingszeit mit viel Lust am Schreiben!<br />

IGdA-aktuell, <strong>Heft</strong> 1 (<strong>2008</strong>), Seite 3<br />

Ihre<br />

Jutta Miller-Waldner<br />

1. Vorsitzende: Jutta Miller-Waldner, Müllerstr. 22 e, 12207 Berlin, Tel. +49(0)30/7127477 (Sa/So 8.00 bis 11.00 Uhr),<br />

vorsitzende@<strong>igda</strong>.<strong>net</strong><br />

2. Vorsitzender: Prof. Dr. Horst Dinter, Am Bahnhof 5, 74670 Forchtenberg, Tel. +49(0)7947/95043<br />

Schatzmeister: Dr. Volker Wille, Platanenhof 23, 30659 Hannover, Tel. +49(0)511/652823, Fax +49(0)511/9055983,<br />

schatzmeister@<strong>igda</strong>.<strong>net</strong><br />

Geschäftsstelle: Maria-Luise Kleineberg, Überm Schradweg 25, 31558 Hagenburg, Tel. +49(0)5033/302451, geschaeftstelle@<strong>igda</strong>.<strong>net</strong><br />

Webmaster: Heiko Kreth, webmaster@<strong>igda</strong>.<strong>net</strong>


Kornelia Eleonore Hofmann<br />

FRÖSTELND<br />

Der Wind jagt mich vom<br />

schilfbewachsenen Wasser<br />

Eis-Zeit zu verstehen<br />

Die Glocke des Turms<br />

schlägt in der Ferne<br />

Ich schweige<br />

Sehnsucht rieselt herab<br />

nach bunten Wiesen<br />

Noch herrscht Erstarren<br />

Ich folge dem Ruf<br />

der Vögel<br />

Sie ahnen den Neubeginn<br />

Wilma Klevinghaus<br />

KREISE<br />

Wie die Zeiten<br />

ineinander fließen<br />

Frost und Blüten<br />

Küsse tauschen<br />

Knospen sich<br />

an Früchte schmiegen<br />

das Gewesene<br />

im Kommenden sich birgt<br />

und unsichtbar<br />

was morgen kommt<br />

im Jetzt<br />

und schon im Gestern<br />

ruht<br />

der Tod in allem<br />

und das Leben<br />

Brigitte Kürten<br />

Lausche dem Regen:<br />

Melodie prasselt auf das<br />

Notenblatt im Mai<br />

Barbara Suchner<br />

BLICKE IN DICH HINEIN<br />

IGdA-aktuell, <strong>Heft</strong> 1 (<strong>2008</strong>), Seite 4<br />

Hängende Kätzchen am Haselstrauch,<br />

gelbe Sterne am Winterjasmin,<br />

der Schneeglöckchen Köpfchen,<br />

vom Lenzwind gewiegt,<br />

läuten uns Frühling ein,<br />

künden vom Jubel<br />

erwachenden Lebens.<br />

Mensch, jauchze auch du,<br />

versenke im Meer der Natur<br />

Sorgen und Kleinmütigkeit!<br />

Blicke in dich hinein,<br />

suche die Jugend!<br />

Jungsein der Seele<br />

auch Alter adelt.<br />

Heidrun Schaller<br />

das Leben<br />

abschreiten<br />

bis an seinen<br />

äußersten Rand<br />

das Herzklopfen<br />

des Veilchens<br />

spüren<br />

unter<br />

dem Laub<br />

der Jahre<br />

grün werden<br />

im Aufbruch<br />

immer wieder<br />

Hans Hollweg<br />

Erster Frühlingstag<br />

Wandern ist besonders schön<br />

Sonnenschein schaut zu


Traute Bühler-Kistenberger<br />

WIEDER FRÜHLING<br />

Zum abertausendsten Mal jährt sich<br />

Sein Lichtfest!<br />

In all deinen Zellen spürst<br />

Du ihn<br />

Den wesenhaften Treiber –<br />

Tief durchströmt<br />

Dich seine wärmende Kraft<br />

Jetzt nicht die Monde zählen,<br />

Die Tage berechnen –<br />

Egal wie lange deine Teilhabe hieran<br />

Allein ihn –<br />

Den blühenden Augenblick leben<br />

Gottes zeitlose Atemzeit<br />

Feiern –<br />

Jede Sekunde danken für<br />

Das Geschenk dieses<br />

Immer wiederkehrenden Frühlings<br />

Benedikta Buddeberg<br />

MY WAY<br />

Der Ort der Freiheit<br />

meinen Weg zu wählen<br />

heißt Gethsemane<br />

(aus: … dann leben sie noch heute. Gedichte)<br />

Gabriele von Hippel-Schäfer<br />

Aufstehn<br />

wird das Gras.<br />

Nur einjährig Gesätes<br />

verdorrte.<br />

Wo aber Wurzeln<br />

in Tiefe gründen:<br />

zerstört der Tritt nicht.<br />

Geduldig und stark<br />

sprießt neues Leben,<br />

deckt Grünen sanft<br />

Vergangenes zu.<br />

Marcus Neuert<br />

IGdA-aktuell, <strong>Heft</strong> 1 (<strong>2008</strong>), Seite 5<br />

[SACRE DU PRINTEMPS, ROADSTERGRÜN]<br />

Karin Manke<br />

ZWEI SCHMETTERLINGE<br />

im Paarungsflug.<br />

In der Leichtigkeit des Seins<br />

ist das ihre<br />

das Größte<br />

Wilhelm Riedel<br />

EVOLUTION<br />

Winde brausten<br />

um die junge Erde,<br />

wirbelten Gase<br />

durcheinander,<br />

keine Ahnung,<br />

wohin das führt,<br />

bis dem Schlamm<br />

die Lunge entwuchs<br />

und Atem saugte<br />

zum Leben,<br />

Gedanken aus<br />

den Sinnen stiegen,<br />

Hoffnung sich breitete,<br />

innige Liebe<br />

zu dir,<br />

zu dem,<br />

der alles wusste,<br />

bevor es war.<br />

Insektenflügel<br />

winzige Einschusslöcher<br />

im brüllenden<br />

Gegenstrom<br />

der Frühling ist<br />

auf hundertachtzig


Mirna Jovalekic<br />

SPITZKOHL<br />

es sind die grünen Träume<br />

der Erde<br />

im Herzen gewachsen<br />

Blatt um Blatt<br />

es ist die blaue Zärtlichkeit<br />

des Regens<br />

wie ein Schleier gelegt<br />

um die samtweiche Spitze<br />

es ist ein Lebensbogen<br />

gespannt<br />

von der Wurzel<br />

bis zum äußersten Kopfrand<br />

ein kleiner Ruheplatz<br />

der Sonne<br />

und ein kurzes Warten<br />

auf die eigene Bestimmung<br />

Ursula Student<br />

ZUKUNFT<br />

Ein Schattenhaus in meinem Garten<br />

unter wogendem Gezweig<br />

baumbeschützt in grünem Dunkel.<br />

Clematisweiß am Handlauf<br />

neigt sich hinab zu Juniblühern.<br />

Die Wärme drückt sich matt<br />

an Kies und Mauerstein.<br />

Einen schweren Atem hat der Wind<br />

stöhnt sich heraus<br />

in die mokante Abendstunde<br />

die stolz die letzte Warnung bietet<br />

den Tag zu nutzen.<br />

Auf meinen Schuhen graut der Staub<br />

Hände greifen, Tagesstücke abzubrechen.<br />

Unlesbar für mich am Räderwerk der Zeit<br />

die eigene Dunkelstunde<br />

wann … betrete ich mein Schattenhaus?<br />

IGdA-aktuell, <strong>Heft</strong> 1 (<strong>2008</strong>), Seite 6<br />

Helga Kullak-Brückbauer<br />

DU BAUM, ICH BAUM<br />

Du Baum, ich Baum,<br />

Esche und Ulme,<br />

wie Odins Traum,<br />

nur:<br />

Karger jetzt die Erde.<br />

Midgard ist<br />

seiner Seele beraubt.<br />

Noch steht<br />

als Versprechen<br />

der Regenbogen;<br />

als Dach unsere Äste<br />

noch immer verwoben,<br />

jedoch:<br />

porös der Glaube<br />

in einer brüchigen Zeit.<br />

Doch einmal<br />

erfüllt sich erneut<br />

Odins Traum:<br />

Du Baum, ich Baum,<br />

Esche und Ulme.<br />

Unsere Äste<br />

als sicheres Dach verwoben<br />

hoch über Midgard<br />

als Feste.<br />

Ernst Heger<br />

Ein Baum möchte ich sein,<br />

wurzeln in meinen Gedanken und Träumen.<br />

Stark möchte ich sein,<br />

dem Wetter trotzen<br />

sowie verletzenden Worten,<br />

blühen möchte ich und Früchte tragen<br />

auch wenn ich nur ein Zweig<br />

im Sturm wäre,<br />

nackt und bloß,<br />

schenkte ich meiner Seele<br />

doch einen Baum!


Anneliese Korte<br />

GINKGO BILOBA<br />

Ein Blatt fiel vom Baume,<br />

zart, wie ein filigranes Kunstwerk<br />

liegt es in meiner Hand,<br />

als Miniatur eines Fächers.<br />

In seiner Urform ist es uns<br />

noch immer erhalten.<br />

Möge es so bleiben,<br />

Ginkgo biloba!<br />

Marieluise Erckenbrecht<br />

DAS GEHEIMNIS<br />

viele Augenpaare ruhen<br />

auf dem Kunstwerk<br />

geschaffen im Rausch der Tat<br />

und dem letzten Tropfen des Herzblutes<br />

der Künstler füllte die Leinwand<br />

mit seinem Traumbild<br />

soeben geboren<br />

um dort zu bleiben<br />

für Jahrhunderte<br />

es ist unvollendet<br />

das Kunstwerk<br />

kein Augenpaar erkennt<br />

den winzigen fehlenden Rest<br />

er bleibt sein Geheimnis<br />

Bernd Ost<br />

Werkzeug<br />

Werk erzeugen<br />

oder Werkzeug zu sein.<br />

Zeugen des Werkes<br />

oder Betrachter nur sein.<br />

Unschuld des Sehens,<br />

Schuld des Schweigens.<br />

Sei niemals ein Werkzeug,<br />

in fremder Hand.<br />

Eckhard Erxleben<br />

FEUERTANZ DER POESIE<br />

wie ein schamane<br />

die füße im staub<br />

die stirn am himmel<br />

ertanzt er sich worte<br />

im taumelnden kreisen<br />

ergreift er das feuer<br />

spricht mit den geistern<br />

und trägt es hinauf<br />

im feuertanz sterbend<br />

im luftarmen raum<br />

die flammen verlöschen<br />

und wortleer fallend<br />

sinkt der schamane<br />

wie asche zu asche<br />

und singt nicht mehr<br />

im taumelnden kreisen<br />

aus flackernder glut<br />

ergreift ihn sein feuer<br />

und trägt ihn dorthin<br />

wo er noch nie war<br />

Wentilla De la Marre<br />

DA RUHT ES SICH<br />

Erstarrt nun ihr Tanz,<br />

da sie eine andere ist,<br />

und Blut übergossen<br />

verändert sie sich.<br />

Dunkel ihr Schweigen,<br />

doch hell ihr Licht.<br />

Im Friedhofsgarten,<br />

da ruht es sich!<br />

IGdA-aktuell, <strong>Heft</strong> 1 (<strong>2008</strong>), Seite 7


Angelika Zöllner<br />

MANCHMAL –<br />

AM MEER<br />

manchmal erwandere ich<br />

sie mir neu<br />

die wasserlinien<br />

die sprechende flut<br />

dieses urwirklichen liedergefildes<br />

meer-stimmen<br />

ach ich vergaß fast<br />

die in den Bäumen aufgehängten<br />

flötenton-gesänge der<br />

silberkronenwellen<br />

der wind flog sie dorthin<br />

zephirleichtsinnig<br />

manchmal auch sturmgebogen<br />

wassertanz-allegretto<br />

ein märchenherz<br />

zauberfest an den blättern<br />

die augenklänge der schaummelodien<br />

suche ich neu<br />

den geruch von traumverlorenem und<br />

gläsernem glück<br />

folge dem lichtspiel<br />

dem abend- und morgenversprechen<br />

da berühr’ ich für lange<br />

zwischen ende und anfang<br />

ein neues lied.<br />

Irma Volta<br />

Meer (Zakynthos)<br />

Seit Urzeiten<br />

schlagen die Wellen an den Strand<br />

als Meeresgesang<br />

schaumgekrönt<br />

kommen von weit her<br />

erzählen im Rauschen<br />

ihre Geschichte<br />

und du darfst lauschen.<br />

Karl-Otto Kaminski<br />

AM SEE<br />

Vom warmen Uferrand<br />

über den See<br />

streicht wie mit Feenhand<br />

zärtliche Bö.<br />

Schilfhalme neigen<br />

sich raschelnd im Ried,<br />

Heuschrecken geigen<br />

ihr Nachmittagslied.<br />

Buntfalter gaukeln,<br />

es schwirren Libellen,<br />

Stockenten schaukeln<br />

auf zwinkernden Wellen.<br />

Bauschwölkchen gleiten,<br />

laut lärmt ein Froschchor,<br />

Graureiher schreiten<br />

gemessen durchs Rohr.<br />

Bald wieder müde<br />

flaut ab die Bö.<br />

Schläfriger Friede<br />

liegt über dem See.<br />

Willi Volka<br />

Insel gefunden<br />

Glückseligkeit getrunken.<br />

Urlaub zu Ende.<br />

IGdA-aktuell, <strong>Heft</strong> 1 (<strong>2008</strong>), Seite 8


Andreas Schwedt<br />

PARADIES<br />

Wenn<br />

Steine Brot werden<br />

und<br />

Gras hörbar wächst;<br />

wenn<br />

Wasser tiefer sind als möglich<br />

und<br />

von Luft und Liebe Leben ist –<br />

dann<br />

ist<br />

das<br />

Paradies.<br />

Luitgard Kasper-Merbach<br />

ANKER<br />

Froh im<br />

Glanz der Nächte<br />

spricht mein Verlangen<br />

hält das Licht<br />

den noblen Klang<br />

Treibe ich<br />

meinen Morgen<br />

in dein Herz<br />

dass er<br />

Netze setzt<br />

im Anker<br />

der Fragen.<br />

Petra Arndt<br />

HALBGEGENWÄRTIG<br />

im diebischen Elstergewand<br />

fliegt der Tagtraum dahin<br />

im Schnabel davontragend<br />

meine Kraft für die Jetztzeit<br />

Barbara Lorenz<br />

IGdA-aktuell, <strong>Heft</strong> 1 (<strong>2008</strong>), Seite 9<br />

GLOCKENKLANG<br />

Von fern<br />

tief bassig<br />

der trommelnde<br />

Weltpuls<br />

Himmelsherzmorsen<br />

Engelsflügelschlag<br />

zitternde Weiten<br />

Ewigkeitsrufen<br />

das bis zu uns reicht<br />

am zartfarbenen Morgen<br />

und<br />

im Dämmerlandlicht<br />

Juliana Modoi<br />

DORFABEND<br />

Was uns<br />

tönend verbindet<br />

mit Gottes<br />

Gesängen<br />

Der Anklang<br />

von Ganzheit<br />

im sterblichen Leib<br />

Der Schimmer des Abends<br />

zieht an den Hufen der Büffel<br />

langsam durch die Gassen;<br />

mit feierlicher Hand<br />

deutet ein Schatten<br />

auf unser Haus.<br />

Die Umrisse<br />

morgiger Gäste<br />

zeich<strong>net</strong> er<br />

mit dem Finger<br />

in die Luft.<br />

(aus: entscheidendes spiel. Gedichte)


Martin Bender<br />

DIE PERLE DER NACHT<br />

Ich such’ in den Fluchten<br />

Hinter Mondlichtschatten<br />

In blauen Spiralen<br />

Im kosmischen Staub<br />

Im Schwirren und Flirren<br />

Im Raum ohne Räume<br />

Eine Perle aus Glas<br />

In den Farben der Nacht<br />

Eine Perle aus Glas<br />

Hinter Mondlichtschatten<br />

Eine Träne durchschweift<br />

Das Aquamarin<br />

Befreit und gefangen<br />

Im Zirrusgarten<br />

In blauen Spiralen<br />

Gebrochener Klang<br />

Ich suche den Weg<br />

Zu den Mondlichtschatten<br />

Zur Perle aus Glas<br />

In den Farben der Nacht<br />

Zu den Blumen aus Tränen<br />

Unter Silberbäumen<br />

Zu den Grenzen des Mondlichts<br />

Zu den Grenzen der Nacht<br />

Karin Alette<br />

MONDNACHT<br />

stumm ist der mond<br />

ästelt durch die zweige<br />

verschiebt die perspektive<br />

löst sich aus dem schatten<br />

in der nacht<br />

und sucht das licht<br />

des neuen tages<br />

Katja Herrmann<br />

Wilfried Auer<br />

BERGMORGEN<br />

IGdA-aktuell, <strong>Heft</strong> 1 (<strong>2008</strong>), Seite 10<br />

SELBST<br />

der tag ist fern<br />

es dreht die runde<br />

mein ich um mich<br />

still stund um stunde<br />

zu finden sich<br />

in schwarzem sande<br />

vertraut wie fremd<br />

und rot am rande<br />

Lag ein Leuchten wie von innen<br />

auf der felsigen Rotunde,<br />

wich von karstig schroffen Zinnen<br />

rosenrot die Nebelstunde,<br />

reut mich bitter die Sekunde<br />

als ich leise von dir schlich.<br />

Wohl, du schliefst noch, aber ich<br />

folgt dem Zwang, dich zu verlassen<br />

als das Joch der Pflicht die blassen<br />

ersten Schatten auf uns streute.<br />

Meine Schritte musste wenden<br />

hin zum Tag ich, hin zum Heute –<br />

möcht der Morgen niemals enden!<br />

Oscar Stucky<br />

GESTERN<br />

Gestern<br />

sucht’ ich zu ruhen,<br />

morgen ruh’ ich zu suchen,<br />

gestern glaubt’ ich zu finden,<br />

morgen find’ ich zu hoffen,<br />

gestern hofft’ ich zu lieben,<br />

morgen lieb’ ich zu glauben,<br />

gestern glaubt’ ich zu träumen,<br />

heute<br />

träume ich.


Rudi Bachmann-Voelkel<br />

IN DIESEM JAHR<br />

Tag für Tag in diesem Jahr<br />

hab ich geträumt,<br />

ich wäre der Wind,<br />

hätte Blumen gestreichelt<br />

wie ein Kind,<br />

Lichter gesammelt<br />

und sie verschenkt,<br />

und Menschen besucht,<br />

an die niemand mehr denkt.<br />

Auch hab ich geträumt,<br />

ich wäre der Regen,<br />

hätte Liebe verschenkt<br />

auf all meinen Wegen<br />

und mit Leben erfüllt,<br />

was durch Kriege verbrannt.<br />

Hätte Zeichen gesetzt<br />

und das Leiden verbannt.<br />

Im Traum war ich Sonne.<br />

Auch war ich der Mond.<br />

Hab im verwunschenen Schloss gewohnt,<br />

zärtliche Lieder in mich aufgesogen,<br />

Fantasie und das Sein<br />

in Gedanken verwoben.<br />

Ich geh Schritt um Schritt mit der Lebensuhr<br />

und sie fragt mich ganz leis:<br />

»Warum träumst du denn nur?«<br />

Cordula Scheel<br />

NUR SO<br />

Gewogen gewogen<br />

und zu leicht befunden<br />

wir die wir weit ab sind<br />

wir von den vielen<br />

die ausgelöscht wurden<br />

nur so<br />

weil sie anders sind<br />

weil wir anders sind<br />

gewogen gewogen<br />

wie ging es weiter<br />

in der Geschichte?<br />

Hannelore Wolff<br />

NUR EINFACH SO<br />

Ein kleines Dach nur,<br />

Um beschützt zu sein,<br />

Und dann und wann<br />

Ein kurzer Augen-Blick<br />

Durch meine Butzenscheiben,<br />

Nur einfach so –<br />

Es braucht ja<br />

Niemand stehn zu bleiben.<br />

IGdA-aktuell, <strong>Heft</strong> 1 (<strong>2008</strong>), Seite 11<br />

Und eine Hand voll Sternenrest,<br />

Um der verklärten Sicht<br />

Zu leuchten,<br />

Wenn unbedachte Schritte,<br />

Nur einfach so –<br />

Die Schwelle überschreiten.<br />

Und halte wach<br />

Den Frühzeit-Traum –<br />

Von jenem Fernpla<strong>net</strong>en<br />

Sanft umflügelt,<br />

Der mich hinaufschwingt,<br />

Einfach so –<br />

Zu jenem<br />

verwunschenen<br />

Wolkenhügel.<br />

Dagmar Westphal<br />

EINE FRAGE<br />

Ich frage dich<br />

wie ein Kind:<br />

Sterne Vögel und Wind<br />

Knospen und Welken<br />

zeitig im Jahr<br />

alles war immer schon da<br />

alles auch ohne mich –<br />

aber<br />

wo war ich?


Stefan Boris Birk<br />

Mein Herz hält sich an der Seele fest.<br />

Liebreizende Lippen –<br />

Sehnsuchtsvoll.<br />

Streicheleinheiten und eine<br />

Tasse Kaffee.<br />

Musik im Ohr.<br />

Langsames Verstehen.<br />

Gehen und<br />

Wiederkommen.<br />

Die Wand stürzt in sich zusammen<br />

Und die verklebten Herzen erwachen.<br />

Freiraum.<br />

Freiheit.<br />

Nicht mehr Jäger sein<br />

Nicht mehr Beute sein –<br />

Mein Herz hält sich an deiner Sehnsucht fest.<br />

Wolfgang Böhm<br />

KEIMKRAFT<br />

Weizen-Saatgut,<br />

beste Qualität,<br />

geprüft<br />

nach strengen Vorschriften.<br />

Wenn von hundert Körnern<br />

neunundneunzig keimen<br />

und reife Ähren ausbilden,<br />

ist der Landwirt glücklich.<br />

Eigene Gedanken,<br />

beste Qualität,<br />

geprüft<br />

in einsamen Stunden.<br />

Wenn von hundert Gedanken<br />

nur ein Gedanke keimt<br />

und reife Früchte trägt,<br />

bin ich glücklich.<br />

Heinz Oelfke<br />

KEINE BLUMEN<br />

IGdA-aktuell, <strong>Heft</strong> 1 (<strong>2008</strong>), Seite 12<br />

Mir schenkt man keine bunten Blumen.<br />

Mir kauft man meine Meinung nicht<br />

mit einer Rose ab<br />

aus rosarotem Glanzpapier.<br />

Ich schau hindurch<br />

und seh ihn wohl,<br />

den giftgen Stachel hinter ihr.<br />

(aus: Ich sah so viele Blumen blühen. Lyrik)<br />

Sandy Green<br />

IRRTUM<br />

Ich genoss die Wärme<br />

und glaubte<br />

ich liebte das Feuer<br />

Langsam<br />

brannte es nieder<br />

und ich ging<br />

um die Sonne zu finden<br />

Brigitta Weiss<br />

WENN<br />

Wenn die Milch, die Liebe,<br />

säuert im Glas,<br />

der Kaffee, die Lust,<br />

schal wird<br />

in deiner Tasse:<br />

Spucke sie aus,<br />

schütte sie weg!<br />

Nie mehr wirst los du<br />

den üblen Geschmack<br />

nach dem Trinken.


IN STATU NASCENDI<br />

Weiter<br />

als einen Flügelschlag<br />

können wir den Himmel<br />

nicht spannen<br />

Klarer als der Kammerton<br />

lässt sich unser Atem<br />

nicht stimmen<br />

Dittmar Werner<br />

zur<br />

FÜNFUNDZWANZIGJÄHRIGEN MITGLIEDSCHAFT AM 17. APRIL <strong>2008</strong><br />

Vielleicht aber<br />

können wir Vertrauen haben<br />

in die Botschaft steinerner Texte<br />

die sich im Wortwechsel<br />

kaum erschöpfen<br />

Auch wenn wir uns die Köpfe<br />

stoßen an ungereimten Träumen<br />

wohin sich die Wörter zurückziehen<br />

um im Hintergrundrauschen<br />

von Möglichkeiten zu sprechen<br />

dass es seit diesem Ereignis<br />

nicht mehr leicht wäre im Leben anzukommen<br />

DIE ZWEITE STIMME<br />

Die meisten Tage<br />

entfalten ihre Ziele erst<br />

wenn jemand sagt<br />

wo etwas hingehört:<br />

IGdA-aktuell, <strong>Heft</strong> 1 (<strong>2008</strong>), Seite 13<br />

Die Arien der blinden Sängerin<br />

in die Basilika des Klosters<br />

Der alte Mönch auf dem Weg<br />

den ihm die Psalmen weisen<br />

Die gordischen Fragen<br />

an die Fundstellen<br />

wo man sie dem Pferdetänzer<br />

anvertrauen kann<br />

in der Zeit<br />

bevor er den Parcours<br />

mit eigenen und fremden Texten reitet<br />

in der Zeit<br />

wenn der Tag den Raum freigibt<br />

für die zweite Stimme<br />

Geboren: 5. 8. 1949 in Kassel-Niederzwehren<br />

Lehrer<br />

Promotion in Religionsphilosophie.<br />

Publikation von Unterrichtsmaterialien bei Diesterweg, Klett, Stark<br />

und Thelem.<br />

Lyrik in Anthologien und Zeitschriften (Axel Kutsch: Vers<strong>net</strong>ze; A. G.<br />

Leitner: Ich bin dein Nest; K. H. Schreiber: Kult; Die Literareon Lyrik-Bibliothek,<br />

Band IV, H. Utz; Die Brücke, 146 und 147; IGdA-aktuell).<br />

Mitherausgeber des Groß-Gerauer Kulturatlas.<br />

Beteiligung an Lesungen zur russisch-deutschen Lyrik und an der Lyrikreihe<br />

der Groß-Gerauer Volksbank zum Beispiel gemeinsam mit Wolf<br />

Wondratschek.


W I R B E G R Ü S S E N U N S E R E N E U E N M I T G L I E D E R<br />

Walter Ehrismann, CH-8902 Uhrdorf Karl-Heinz Wienke, 03051 Cottbus<br />

Walter Ehrismann<br />

MORGEN<br />

Türkisblau stürzt der Wind von den Anden ins Hochtal,<br />

peitscht den Staub auf und treibt ihn in die Augen,<br />

wirbelt durch die trockenen Maisfelder,<br />

durchwühlt den See.<br />

Morgens, beim Erwachen, ist der Himmel klar.<br />

Ein helles Licht hüllt die Bergketten ein.<br />

Doch schon bald ziehen erste Federwolken auf,<br />

Zyrrhen in der Höhe, und gegen zehn Uhr tragen der Vulkan Imbabura<br />

und seine zwei Geliebten graue Hüte.<br />

Dann, wenn ich den zweiten Tee auf der Terrasse genießen möchte,<br />

biegen sich die Bananenstauden unter der Gewalt des Windes.<br />

Es ist kalt. Nur wenn die Sonne<br />

zwischen den Wolken herabsticht,<br />

wird es erträglich.<br />

Sommer in San Pablo –<br />

wie weiß die Häuser sind!<br />

Nachts heulen die Hunde und tagsüber ein Plärren aus den<br />

Lautsprechern auf den Rosenplantagen –<br />

Rosen aus Ecuador.<br />

Ein Schwein schreit.<br />

Der Mann rammt einen gußeisernen Stab durch das Tier,<br />

bis die Stimme bricht.<br />

So röchelt sich das Leben aus.<br />

Bald wird aus dem Kamin Rauch aufsteigen.<br />

Zurück bleiben das Sirren der Maisstauden<br />

und ein Indio, der einer Backsteinmauer entlang<br />

die wenigen Kühe aufs Feld<br />

treibt.<br />

(aus: Texte in den Wind – Textos en el viento)<br />

IGdA-aktuell, <strong>Heft</strong> 1 (<strong>2008</strong>), Seite 14


Maria Sassin<br />

Karl-Heinz Wienke<br />

DIE WELT<br />

die Welt<br />

ein blühender Baum<br />

darin geringelt die Zeit<br />

daran die Blatter schäumen, sprühen<br />

daran die Äste, Zweige glühen<br />

jedes Wesen in seinem Gemüht<br />

lebt sich hinein, welkt oder blüht<br />

bricht die Sonne sich durchs Geäst<br />

feiert der Sturm im Regen ein Fest<br />

im Hall das Echo leise mal laut<br />

fremder Vogel ein Nest sich baut<br />

so bleibt in Freude<br />

so bleibt im Leid<br />

so bleibt im Leben ein Traum<br />

die Welt<br />

F R Ü H L I N G S A H N U N G – W E L T G E S A M T<br />

A<br />

nfang Februar, aufkommender Frühlingssturm.<br />

Der Himmel hat seine graublau<br />

gestreifte schicke Hose gegen eine<br />

schwarzgraue ausgetauscht und pustet kräftig<br />

Staub und den Geruch von winterlichen Mottenkugeln<br />

hinaus.<br />

Die Erde des Gartens liegt kahl und erwartungsvoll,<br />

blumenzwiebelschwanger und sonnenhungrig.<br />

Noch ist es zu kalt, zu feucht, doch<br />

regt sich schon einiges, schieben sich Blattspitzen<br />

nach oben, erste Schneeglöckchenblüten läuten<br />

festkündend.<br />

Zeit, vieles zum Wachsen vorzubereiten, wilde<br />

Triebe der Büsche zu stutzen, zu graben, zu jäten,<br />

die Beete vom alten Laub und den toten<br />

Herbstpflanzen zu befreien. Erwartung liegt in<br />

der Luft, ein Schimmer von Hoffnung. Frühlingsahnen.<br />

Mitten drin ich. Meine uralten Gummistiefel<br />

stammen noch von zuhause. Wie lange bin ich da<br />

nun schon fort – fünfundzwanzig Jahre? Doch<br />

immer bleibt der Ort der Kindheit die Heimat. In<br />

IGdA-aktuell, <strong>Heft</strong> 1 (<strong>2008</strong>), Seite 15<br />

den alten schwarzen Stiefeln bekommen meine<br />

Füße Welt-Wurzeln. Dazu ausgewaschene Jacke,<br />

Stirnband, geerbte Jeans – Garten-Outfit par excellence.<br />

Die Beete sind für den Moment fertig, heute<br />

nur noch das Umsetzen des Komposters beenden.<br />

Tief stehe ich im Matsch – gestern hat es in<br />

Strömen gereg<strong>net</strong>. Mit Grabgabel und Spaten<br />

werfe ich unverrottete Abfälle in die braune Umfassung<br />

hinter dem Gartenhaus, fühle Wind und<br />

belebende Kälte, keuche ein wenig bei der<br />

schweren Arbeit und fühle – mich.<br />

Aber es ist mehr. Immer in diesen Momenten<br />

der ganz engen Verbundenheit zur Natur, der<br />

Arbeit mit und in ihr, spüre ich meine Mutter in<br />

mir, könnte fast sie sein. So ähnlich hat auch sie<br />

ausgesehen früher, ein Stück Land und Erde<br />

selbst.<br />

Noch viel mehr ist in mir. Meine Mutter und<br />

die Urmutter, die Frau par excellence, das Urbild<br />

der Ackerbäuerin, die in Liebe mit der Natur<br />

rang, um Leben für sich und ihre Kinder zu ge-


winnen, die die ganze Welt in sich hatte und harmonischer<br />

Bestandteil von allem war. Sie steckt<br />

in den alten, dreckverkrusteten Stiefeln, durch<br />

deren dünne Sohlen ich das Pulsieren des Erdinneren,<br />

verborgenes Leben spüre. Dreieck – Urmutter,<br />

Mutter, ich. Aber diese Trinität allein ist<br />

nicht vollständig.<br />

Plötzlich mitten beim Graben der Gedanke an<br />

Else Lasker-Schüler – verrückt?! Sie mag gar<br />

nicht gewusst haben, wie sich frische, fruchtbare<br />

Erde anfühlt. Ich sehe sie vor mir in ihrem ärmlichen<br />

Mantel, ihre Taschen und Beutel an sich gedrückt,<br />

bepackt und auf der Flucht vor den Menschen.<br />

Heimatlos. Und doch beheimatet in vielen<br />

Herzen mit ihren wunderbaren Texten, beheimatet<br />

in der Liebe, die verbindet und Schranken<br />

einreißt. Wieder ein Stück mehr! Ja, das gehört<br />

auch zu mir, Else und die Elsetöchter, und vieles,<br />

Vera Hewener<br />

Z<br />

ucker verdirbt nicht ohne Grund. Ob Kristallzucker,<br />

Rohrzucker, Kandiszucker<br />

oder Fruchtzucker, immer ist er süß und<br />

verzückt den Gaumen, so dass der Genießende<br />

mit der Zunge schnalzt und seine Augen den<br />

Ausdruck höchster Befriedigung erlangen, ja<br />

manch eine Pupille sich fast orgiastisch öff<strong>net</strong>,<br />

strahlt und funkelt, als hätte der liebe Gott die<br />

hellste seiner Eingebungen verschickt.<br />

Der Zucker, der sich in Salz verwandelte, war<br />

die Süße eines Nachmittags, vom Himmel ersonnen,<br />

um das Leben der Menschen auf dieser Erde<br />

etwas leichter zu gestalten. Dieser Zucker stand<br />

unschuldig auf einem der Tische eines Kaffeehauses,<br />

die auf Geheiß der Kaffeehauschefin von<br />

ihren Angestellten im Freien aufgestellt und hergerichtet<br />

worden waren für die Gäste, die sie sich<br />

zahlreich erhoffte.<br />

Denn nicht nur der Kalender hatte den Frühling<br />

ausgerufen. Auch der Wettergott hatte Erbarmen<br />

mit den von den Trübseligkeiten des Nebels<br />

und der Kälte geplagten Zeitgenossen. So<br />

war es auch die Sonne, die Alt und Jung an diesem<br />

Nachmittag ins Freie lockte und ihnen Spaziergänge<br />

abnötigte, um dem Himmel einen Gefallen<br />

zu erweisen.<br />

S Ü S S E S G E H E I M N I S<br />

IGdA-aktuell, <strong>Heft</strong> 1 (<strong>2008</strong>), Seite 16<br />

für das sie zu ihrer Zeit stand, das Fremdartige,<br />

das Verrückte, das Mondäne und Individuelle,<br />

das welt-fremde Sein aus einer anderen Sphäre<br />

von Kunst und Künstlern, Idealen und Träumen.<br />

Mitten darin die zweite Mutter. Ein Vieleck<br />

wird zum Kreis.<br />

Es sind nicht verschiedene Welten, alles ist so<br />

sehr eins in mir; selten war es mir so bewusst.<br />

Die Wurzeln ver<strong>net</strong>zen sich in alle Richtungen –<br />

die Urmutter ist in all ihren Kindern. Vielleicht<br />

ist es ein Stück Hoffnung, dass sich auch anderswo<br />

unterschiedliche Seinsweisen tolerieren und<br />

integrieren lassen, sich zu einem wunderbaren<br />

Weltgesamt finden?<br />

Ich bin Tochter zweier Mütter. Und wenn der<br />

Komposter fertig gefüllt ist, ziehe ich die uralten<br />

Matschstiefel aus, und dann trinken wir einen<br />

Kaffee im Hilton.<br />

Auch ich war unterwegs, stiefelte neben meiner<br />

Mutter und meinem Vater mit meinem jüngeren<br />

Bruder und der kleinen Greta, die vergnügt<br />

im Kinderwagen thronte, durch die noch<br />

nasse Wiese, da es am Vortag gereg<strong>net</strong> hatte.<br />

Vielleicht war das ja auch der Grund für das unverhoffte<br />

Wetterleuchten dieses Sonntags. Jedenfalls<br />

zog es mich immer zwei Meter weit weg von<br />

der Familienkolonne, und irgendwann sagte<br />

Mutter: »Mariechen, jetzt komm endlich aus der<br />

nassen Wiese raus auf den Weg. Deine neuen<br />

Schuhe sind sonst ruiniert, bevor der Osterhase<br />

kommt und die Eier legt!«<br />

Warum sie das nur sagte, wo sie doch genau<br />

wusste, dass ich sie letztes Jahr gesehen hatte,<br />

wie sie morgens noch flugs die angemalten Eier<br />

im Garten versteckte. So konnte ich nicht an mich<br />

halten und sagte: »Aber Mama, Hasen legen<br />

doch gar keine Eier, aber du schon!«<br />

Etwas irritiert sah sie meinen Vater an, blickte<br />

dann streng zu mir und schimpfte: »Mariechen,<br />

so was sagt man nicht! Mütter legen keine Eier!«<br />

Diesen Satz schnappte ein Junge der Familie<br />

auf, die uns gerade entgegen kam. »Du, Papa«,<br />

zupfte er seinen Vater am Jackett, »legst du denn


auch Eier?« Der jedoch räusperte sich nur und<br />

meinte: »Nein, mein Junge.«<br />

»Aber wenn Ostern ist, verwandeln sich alle<br />

Eltern in Hasen und legen dann Eier in den Garten.<br />

Und wir Kinder müssen dann so tun, als<br />

wüssten wir nicht, von wem die vielen Eier herkommen!«<br />

»Mariechen!«, rief jetzt meine Mutter erbost,<br />

weil ihr mein Beharren auf meiner kindlichen Erkenntnis<br />

peinlich war, was ich damals jedoch<br />

nicht verstand. Ich zuckte erschrocken zusammen.<br />

»Also gut, Eltern sind keine Eierleger«, entschuldigte<br />

ich mich, fügte aber rasch hinzu: »Hasen<br />

aber auch nicht.« Denn von dem, was ich<br />

letztes Jahr gesehen hatte, war ich felsenfest<br />

überzeugt. Und niemand, auch nicht meine Mutter,<br />

konnte einfach ungeschehen machen, was damals<br />

passiert war.<br />

Das war meinem Vater nun auch zu viel des<br />

Guten und er ermahnte mich in seiner ruhigen,<br />

besänftigenden Art: »Lass jetzt gut sein, Mariechen,<br />

sonst könnte es sein, dass dir niemand<br />

mehr auf dieser Welt an Ostern Eier schenkt.«<br />

»Wenn Eltern die Eier in den Garten legen,<br />

heißt das noch lange nicht, dass sie die Eier vorher<br />

selbst gelegt haben«, erklärte meine Mama<br />

jetzt.<br />

»Aber Mama, wenn die Eltern die Eier nicht<br />

legen und die Hasen auch nicht, von wem kommen<br />

dann die ganzen Eier, die wir im Garten finden?«,<br />

fragte nun mein jüngerer Bruder verwirrt.<br />

»Siehst du, jetzt hast du deinen Bruder um<br />

das Osterfest gebracht mit deinem vorlauten Gerede«,<br />

sagte meine Mutter, mehr ratlos als strafend<br />

und suchte nach einer Antwort. Ich verstand.<br />

Irgend etwas Geheimnisvolles musste dahinter<br />

stecken, wenn ich zwar wissen durfte, dass<br />

Mama die Eierversteckerin war, aber es so<br />

schwer war, ihre Existenz überhaupt zu erklären.<br />

Das war wohl so etwas wie mit dem Klapperstorch.<br />

Bis heute hatte ich keine einzige Bisswunde<br />

an den schönen schlanken Beinen meiner<br />

Mutter entdecken können. Dabei hatte sie schon<br />

dreimal Kinder auf die Welt gebracht.<br />

»Wieso, feiern wir denn dieses Jahr nicht Ostern?<br />

Bloß, weil niemand die Eier gelegt haben<br />

will, obwohl sie da sind?«, betrauerte Karlchen<br />

das Geschehen.<br />

IGdA-aktuell, <strong>Heft</strong> 1 (<strong>2008</strong>), Seite 17<br />

»Ach was, natürlich kommt der Osterhase<br />

und legt für euch Kinder Eier in den Garten, damit<br />

ihr sie finden könnt«, sagte Papa.<br />

»Kommt«, unterbrach Mutter die Spannung,<br />

»lasst uns ins Kaffeehaus gehen. Dann könnt ihr<br />

euch ein Eis aussuchen und wir ein Stück Kuchen<br />

essen.«<br />

So hatte sie sich das also gedacht! Sie wollte<br />

mich mit dem Eis bestechen. Ich schwieg weiter,<br />

weil ich schweigen musste, weil ich sonst in mein<br />

Zimmer ausgesperrt werden würde. Aber ich<br />

hatte trotzdem Recht. Die Eier kamen von Mama!<br />

So saßen wir denn zu viert am Kaffeehaustisch<br />

mit Greta im Kinderwagen und schleckten<br />

brav unser Eis. Das gefiel Mama, denn sie sagte:<br />

»So ist’s recht. Schmeckt euch das Eis?«<br />

»Ja«, sagte Karlchen mit Schokomund und<br />

klebrigen Händen. »Hm«, brummelte ich und<br />

hoffte, in Ruhe gelassen zu werden, weil ich<br />

sonst womöglich wieder etwas Vorlautes hätte<br />

sagen können.<br />

Als wir uns nun mit so viel himmlischer Süße<br />

und bemühtem Schweigen gegenüber saßen,<br />

kam die Kaffeehauschefin mit einem Korb voll<br />

bunter Eier an unseren Tisch. »Nun liebe Kinder,<br />

hat euch das Eis geschmeckt?«<br />

»Ja, ganz lecker und so süß«, entfuhr es mir<br />

unversehens, froh, dass ich mein aufgezwungenes<br />

Schweigen brechen durfte, ohne eine Strafe<br />

befürchten zu müssen.<br />

»Schaut mal, was der Osterhase schon gebracht<br />

hat. Die hab ich heute in der Früh in der<br />

Wiese entdeckt. Wollt ihr euch welche aussuchen?«<br />

»Da sind Sie also auch eine Eierlegerin wie<br />

meine Mutter?«, fragte ich ganz stolz ob meiner<br />

kindlichen Weisheit. Mama und Papa erschraken,<br />

aber die Kaffeehauschefin lachte und sagte:<br />

»Liebes Mädchen, Mamas legen keine Eier, die<br />

bekommen Kinder, so wie du eins bist.«<br />

»Aber wenn Mamas keine Eier legen, wer ist<br />

dann der Storch, der sie ins Bein beißt, damit sie<br />

Kinder bekommen?« Vater versank im Stuhl und<br />

Mutter haspelte mit der Gabel, die ihr schließlich<br />

auf den Boden entglitt.<br />

»Mit den Störchen ist das so eine Sache. Die<br />

fliegen nur einmal im Jahr und kommen auch<br />

nur, wenn sie Hunger haben.«<br />

»Nun stell sich das mal einer vor bei einer<br />

Hungersnot. So wie es uns die Schwester erzählt<br />

hat aus der Bibel mit den sieben schlechten Jah-


en. Das würde ja bedeuten, dass alle Frauen ununterbrochen<br />

Kinder bekommen würden, selbst<br />

die Nonnen in den Klöstern, obwohl die doch gar<br />

keine bekommen dürfen! Wenn das der liebe<br />

Gott erfährt.«<br />

Augenblicklich schien sich der Zuckerguss<br />

auf dem Kuchen meiner Mutter in eine Salzkruste<br />

zu verwandeln, denn sie verzog das Gesicht,<br />

als hätte sie eine völlig versalzene Suppe gegessen.<br />

»Störche hungern anders als die Menschen,<br />

weißt du. Man muss immer Zucker aufs Fensterbrett<br />

legen, damit sie satt werden und weiter fliegen.«<br />

»Schläfst du deshalb bei Mama, damit der<br />

Storch der Mama keine Kinder macht, Papa?«,<br />

fragte ich nun besorgt.<br />

»Mariechen, ich schlafe bei Mama, damit immer<br />

genug Zucker auf dem Fensterbrett liegt«,<br />

versuchte mein Vater sich herauszureden in betont<br />

ruhigem Ton.<br />

»Aber Papa, wenn immer genug Zucker auf<br />

dem Fensterbrett liegt, und kein Storch der Mama<br />

ins Bein gebissen hat, wo sind wir dann her-<br />

Willy Hänscheid<br />

IGdA-aktuell, <strong>Heft</strong> 1 (<strong>2008</strong>), Seite 18<br />

gekommen? Dann kannst doch nur du der Mama<br />

die Kinder gemacht haben, weil du der einzige<br />

bist, der bei ihr im Bett schläft.«<br />

»Papa«, fragte Karlchen wissbegierig, »wie<br />

machst du denn der Mama die Kinder? Beißt du<br />

dann der Mama ins Bein, wenn kein Storch in der<br />

Nähe ist?«<br />

Jetzt herrschte eine laute Stille, was nichts Gutes<br />

bedeuten konnte. Ich hatte wohl wieder etwas<br />

Vorlautes gesagt.<br />

»Also Kinder, wenn ihr erwachsen seid, werdet<br />

ihr das besser verstehen. Die Kinder kommen<br />

vom lieben Gott. Und ihr wisst doch, dass man<br />

den nicht einfach fragen kann. Er weiß immer,<br />

wann die Kinder kommen sollen und wann<br />

nicht. Und wenn ihr jetzt brav seid und keine<br />

dummen Fragen mehr stellt, erhört er euch irgendwann<br />

und ihr werdet es erfahren.«<br />

Das war also das Geheimnis, der liebe Gott<br />

hatte uns gemacht! »Papa«, fragte ich jetzt leise,<br />

weil ich befürchtete, der liebe Gott könnte mir<br />

zuhören und grollen, »Papa, beten wir deshalb<br />

›Vater unser im Himmel‹, und heißen deshalb<br />

alle Gotteskinder, weil er unser Vater ist?«<br />

E I N U N G E W Ö H N L I C H E R T R A U M<br />

E<br />

s gibt Phänomene auf diesem Pla<strong>net</strong>en, die<br />

man nicht deuten und kaum glauben<br />

kann. So hatte mein Freund, nennen wir<br />

ihn Robert, vor einigen Jahren einen ungewöhnlichen<br />

Traum, der ihn noch heute beschäftigt, ohne<br />

dass er bisher eine Erklärung für die seltsamen<br />

Ereignisse finden konnte.<br />

Robert musste am 25. April (das Jahr ist unerheblich,<br />

weil alles in kurzer Zeit abgelaufen ist)<br />

wieder einmal geschäftlich in den Süden unseres<br />

Landes reisen. An sich keine neue Angelegenheit.<br />

Er hatte solche Reisen schon oft unternehmen<br />

müssen, und sie liefen fast immer nach dem gleichen<br />

Ritual ab: In einer westdeutschen Großstadt<br />

bestieg er den Zug, fuhr am Rhein entlang, bis<br />

der Schienenstrang den Strom verlässt und dann<br />

entweder in Richtung Baden-Württemberg oder<br />

Bayern verzweigt.<br />

Wenn der Zug früher das Ufer des Rheins erreichte,<br />

hatte er mit Interesse die schöne Land-<br />

schaft betrachtet. Später, nachdem er die Strecke<br />

unzählige Male passiert hatte und deshalb jede<br />

Stadt, jedes Dorf, jede Insel, alle Burgen und fast<br />

jeden Strauch kannte, überkam ihn immer eine<br />

bleierne Müdigkeit, sobald der Zug den Strom<br />

erreichte. Und so war es auch an diesem Tag. Er<br />

schloss die Augen, öff<strong>net</strong>e sie wieder etwas,<br />

nahm die reizvolle Uferregion, den Strom und<br />

die Schiffe nur noch verschwommen wahr und<br />

schlief schließlich sogar bei dem Geräuschpegel,<br />

den der Zug verursachte, vollends ein.<br />

Plötzlich befand er sich mit einer attraktiven,<br />

aber älteren Frau in einem großen Zimmer. Diese<br />

Frau war keine Unbekannte, sondern die Buchhalterin<br />

einer Firma, in der er vor vielen Jahren<br />

einige Zeit gearbeitet hatte. Sie hatte ihn nachsichtig<br />

eingewiesen und in den ersten Monaten<br />

betreut. Eine angenehme Arbeitskollegin, immer<br />

ansprechbar und hilfsbereit, bis er nach dem Betriebsfest<br />

im zweiten Jahr der Tätigkeit eine heiße


Affäre mit ihr begann. Ingeborg, so hieß die Frau,<br />

kam ihm nun im Traum entgegen, streckte die<br />

Arme aus und begrüßte ihn mit einer liebevollen<br />

und sehr leidenschaftlichen Umarmung. Noch<br />

während sie sich zärtlich berührten, verschwand<br />

das Bild, und Robert erwachte, weil ein korpulenter<br />

Mann sich ächzend neben ihn auf den Sitz<br />

fallen ließ.<br />

Er brauchte einige Zeit, um in die Wirklichkeit<br />

zu finden, schüttelte den Kopf und fragte<br />

sich, wieso ihm plötzlich in diesem Zug und auf<br />

der Reise in den Süden Ingeborg im Traum erschienen<br />

war. Robert fand keine Erklärung, denn<br />

er hatte in der langen Zeit bis heute nie wieder<br />

etwas von ihr gehört oder auch nur einen Gedanken<br />

an diese Liebesgeschichte aus längst vergangenen<br />

Tagen verschwendet.<br />

»Äußerst seltsam«, dachte er.<br />

Und während er die vorbeiziehende Landschaft<br />

mit den Weinbergen und das Ufer des<br />

Rheins nachdenklich betrachtete, schloss er bald<br />

die müden Augen wieder.<br />

Nach kurzer Zeit erschien ihm diese Frau wieder.<br />

Beide waren nun unbekleidet, und sie zog<br />

ihn langsam in das Schlafgemach auf ihr Bett, in<br />

dem sie sich so oft hingebungsvoll und leidenschaftlich<br />

geliebt hatten. Jedes Muttermal, jede<br />

Eigenheit, die er früher liebevoll betrachtete, die<br />

Form ihrer Hüften oder ihrer Schenkel etwa und<br />

ihr ganzes Verhalten in den Stunden der Zärtlichkeit<br />

sah und erlebte er noch einmal mit großer<br />

Intensität träumend in dem fahrenden Zug.<br />

Er schreckte auf, weil man über die Lautsprecher<br />

eine geringe Verspätung ankündigte. Am<br />

Ende der Durchsage gab der Sprecher noch die<br />

Zeit an: »Es ist genau neun Uhr einundzwanzig«.<br />

Das war ungewöhnlich. Er überlegte, warum<br />

man die Zeit angegeben hatte. Bisher hatte er das<br />

bei allen Angaben zu Verspätungen noch nie gehört.<br />

Meistens hieß es nur, dass der Zug wenige<br />

Minuten später eintreffen werde, und wenn es<br />

hoch kam, nannte man noch eine Zahl: fünf, zehn<br />

oder fünfzehn Minuten.<br />

Er vergaß bald die merkwürdige Durchsage,<br />

aber die drei Zahlen: neun, zwei, eins, gruben<br />

sich aus einem unerfindlichen Grund tief in Roberts<br />

Gehirnwindungen ein und waren nicht<br />

mehr zu löschen.<br />

»Wie spät ist es?«, fragte der korpulente<br />

Mann.<br />

IGdA-aktuell, <strong>Heft</strong> 1 (<strong>2008</strong>), Seite 19<br />

»Genau neun Uhr einundzwanzig«, sagte Robert<br />

und sah zur Kontrolle auf die Armbanduhr.<br />

»Danke«, murmelte der Mann, nahm seine<br />

Aktentasche, erhob sich schwerfällig und strebte<br />

dem Ausgang zu. Robert sah ihm nach und hatte<br />

das Gefühl, als wollte ihn der dicke Mann prüfen,<br />

ob er die Zeitangabe richtig registriert und<br />

behalten hatte. Er sah noch einmal in den Gang,<br />

aber der Mann war bereits verschwunden.<br />

Die unheimliche Erregung, die er im Traum<br />

verspürt hatte, wirkte noch lange nach und hielt<br />

ihn wach. An Schlaf war nicht mehr zu denken.<br />

Er hörte einige Zeit auf die monotonen Fahrgeräusche,<br />

und plötzlich setzte die Erinnerung an<br />

die Affäre mit Ingeborg erneut bis ins kleinste<br />

Detail ein.<br />

Auf dem Betriebsfest hatte er mit ihr getanzt<br />

und getrunken. Vielleicht etwas mehr, als beide<br />

vertrugen. Man kam ins Gespräch, plauderte mit<br />

der Zeit über persönliche Dinge, und so erfuhr<br />

er, dass sie schon seit Jahren Witwe war. Er selbst<br />

litt schwer unter dem plötzlichen Ende einer<br />

langjährigen Beziehung und hatte sich in seiner<br />

maßlosen Enttäuschung, geschworen, nie wieder<br />

etwas Ernstes mit einer Frau anzufangen. Ingeborg<br />

war eine aufmerksame Zuhörerin gewesen,<br />

hatte ihn verstanden und getröstet. Kein Wunder.<br />

Sie war fast fünfundzwanzig Jahre älter und<br />

besaß eine Lebenserfahrung, von der er damals<br />

nur träumen konnte.<br />

Kurz vor dem Ende der Veranstaltung hatten<br />

sie noch einmal miteinander getanzt, und Robert<br />

hatte Ingeborg gefragt: »Darf ich dich begleiten?«<br />

Da waren sie schon bei diesem intimen Du gewesen.<br />

Ingeborg verstand den Sinn der Frage sofort.<br />

Ihm ging es nicht mehr nur um die Begleitung<br />

einer verehrten, vielleicht schutzbedürftigen<br />

Person, sondern er erwartete bereits viel mehr.<br />

Vielleicht sogar ein Verhältnis mit allen üblichen<br />

Konsequenzen. Sie schaute ihn nur kurz an und<br />

bemerkte leicht abweisend: »Warum? Ich bin<br />

doch eine alte Frau.«<br />

Das wollte Robert nicht gelten lassen, begleite<br />

sie aber trotzdem, als ihr Widerstand schwächer<br />

wurde, und natürlich landeten beide in Ingeborgs<br />

Wohnung und in ihrem Bett. Den Schwur,<br />

nie wieder etwas mit einer Frau zu beginnen,<br />

hatte er vergessen und begraben.<br />

Ingeborg fragte sich später oft, ob sie genau so<br />

gehandelt hätte, wenn sie nicht so betrunken gewesen<br />

wäre, aber zu diesem Zeitpunkt spielte die


Antwort kaum noch eine Rolle. Sie hatte ihre Gefühle<br />

nach einer langen Dürre von diesem so viel<br />

jüngeren Mann wecken lassen und bemerkte<br />

nach kurzer Zeit erstaunt, wie aktiv sie wurde.<br />

Nun war es nicht mehr Robert, der ein Treffen<br />

veranlasste, sondern Ingeborg suchte und nutzte<br />

jede Gelegenheit, um ihren jungen Liebhaber zu<br />

treffen, wohl wissend, dass ihre Begegnungen<br />

immer in seinen Armen enden würden.<br />

Das alles gestand sie Robert später in den stillen<br />

Stunden nach der körperlichen Liebe. Der Altersunterschied<br />

hatte sie bald schon nicht mehr<br />

gestört. Sie war ihm schon fast bis zur Selbstaufgabe<br />

verfallen. Bedenken ihrer erwachsenen Kinder<br />

ignorierte sie genauso wie die gut gemeinten<br />

Einwände einiger Bekannten oder die abfälligen<br />

Bemerkungen ihrer missgünstigen Nachbarin.<br />

Sie war eben verliebt gewesen, trotz ihres Alters,<br />

und das in einem Maße, wie sie es bisher<br />

noch nie erlebt und kaum für möglich gehalten<br />

hatte.<br />

Über ein Jahr lang hatte diese Liebesbeziehung<br />

gedauert, bis Robert die Firma verlassen<br />

musste, weil die Geschäftsleitung Wind von diesem<br />

ungewöhnlichen Verhältnis bekommen hatte.<br />

Man duldete keine Liebesbeziehungen zwischen<br />

den Mitarbeitern, hatte sehr schlechte Erfahrungen<br />

machen müssen, als einige eifersüchtige<br />

Ehefrauen beim Geschäftsführer erschienen<br />

waren. Seit dieser Zeit bestand zwar kein Verbot,<br />

aber so etwas wie ein ungeschriebenes Gesetz:<br />

Wurden sie erwischt, legte man einem der Beteiligten<br />

zur Erhaltung des Betriebsfriedens die<br />

Kündigung nahe, und in manchen Fällen hatten<br />

sogar beide gewissermaßen in einer Art Rachegefühl<br />

der Geschäftsleitung gegenüber die Firma<br />

verlassen.<br />

Natürlich wollte Robert nicht, dass Ingeborg<br />

den Betrieb verließ. Sie war schon so lange dort<br />

beschäftigt, und außerdem spielte ihr Alter eine<br />

entscheidende Rolle. Und so kündigte Robert,<br />

nachdem er mit Ingeborgs Hilfe eine gut bezahlte<br />

Stelle bei der Konkurrenz gefunden hatte.<br />

Mit dem Firmenwechsel änderte sich allerdings<br />

auch das Verhältnis zu Ingeborg. Zuerst<br />

nur schleichend. Man traf sich immer noch, wenn<br />

auch etwas spärlicher. Als Robert jedoch mit seiner<br />

Reisetätigkeit beginnen musste, wurden die<br />

Abstände länger, und alles schlief ein, nachdem<br />

er auf einer seiner Reisen eine junge, hübsche<br />

Frau getroffen und sich in sie verliebt hatte. Seine<br />

IGdA-aktuell, <strong>Heft</strong> 1 (<strong>2008</strong>), Seite 20<br />

Erlebnisse mit Ingeborg verblassten immer mehr,<br />

bis er noch nicht einmal eine Minute an seine<br />

einstige Geliebte dachte. Und die neue, junge<br />

Freundin wurde bald seine Ehefrau und später<br />

die Mutter ihrer gemeinsamen Kinder.<br />

Diese Gedanken beschäftigten ihn, während<br />

er auf die vorbeiziehende Uferregion des Rheins<br />

starrte und doch nichts erkannte oder von diesem<br />

reizvollen Panorama aufnehmen konnte.<br />

»Ingeborg«, murmelte er mehrfach vor sich<br />

hin.<br />

Und dann hing er der Frage nach, wie sie nun<br />

leben mochte. Warum träumte er heute ausgerech<strong>net</strong><br />

in diesem Zug von ihr, nachdem er all<br />

die Jahre keinen Gedanken mehr an sie verschwendet<br />

hatte? Sehr merkwürdig. Die Erregung<br />

beherrschte ihn noch immer und ließ erst<br />

langsam nach, als er sich vornahm, Erkundigungen<br />

über seine ehemalige Geliebte einzuholen.<br />

Der Zug verließ den Rhein. Robert nahm den<br />

Aktenkoffer aus der Ablage und vertiefte sich in<br />

die Pläne, die er mit dem Kunden zu besprechen<br />

hatte. Den seltsamen Traum vergaß er allmählich.<br />

Auch in der folgenden Nacht, die er in<br />

einem Hotelzimmer verbrachte, träumte er alles<br />

Mögliche, aber nicht mehr von Ingeborg. Und<br />

das blieb auch so in der nächsten Zeit. Ingeborg<br />

erschien ihm nie wieder in einem Traum.<br />

Er hatte dieses seltsame Erlebnis im Zug auf<br />

der Reise in den Süden fast schon wieder vergessen,<br />

als er unerwartet einen Mitarbeiter aus der<br />

alten Firma traf, der seinerzeit bestens über seine<br />

Affäre mit Ingeborg informiert gewesen war.<br />

Aber Roberts Frage nach Ingeborgs Lebensverhältnissen<br />

beantwortete er mit einem hilflosen<br />

Achselzucken.<br />

»Das weiß ich nicht«, sagte er. »Ingeborg ist<br />

schon lange pensioniert.«<br />

Doch etwas später schien er sich etwas besser<br />

zu erinnern: »Irgend jemand hat mir einmal erzählt,<br />

dass sie mit der Familie ihrer Tochter in<br />

eine andere Stadt gezogen sei. Den Namen habe<br />

ich leider vergessen.«<br />

Der ehemalige Kollege dachte auf Roberts<br />

Drängen lange nach, schüttelte immer wieder<br />

den Kopf, nannte dann jedoch unter Vorbehalt<br />

eine bekannte Stadt im Ruhrgebiet.<br />

Kaum dass ihm der Name bekannt war, erhielt<br />

Robert den Auftrag, eine Firma zu besuchen,<br />

die in dieser Stadt ansässig war. Und wie es<br />

das Schicksal oder der Zufall wollte, traf er in


einem Supermarkt, in dem er sich eine Kleinigkeit<br />

zum Essen besorgen wollte, ausgerech<strong>net</strong> die<br />

Tochter, die ihm ihre Bedenken über sein Verhältnis<br />

mit der Mutter immer wieder und unmissverständlich<br />

vorgetragen hatte.<br />

Nachdem man sich gegenseitig lange misstrauisch,<br />

abwägend und verstohlen beobachtet<br />

hatte, sprach die Frau Robert schließlich doch an:<br />

»Sie sind Robert, der Robert, nicht wahr?«<br />

Robert nickte schwach und erwiderte ohne<br />

Umschweife: »Stimmt.«<br />

Nach einer kurzen Pause fuhr sie fort: »Und<br />

was machen Sie in dieser Stadt?«<br />

»Ich bin geschäftlich unterwegs«, sagte Robert<br />

schnell.<br />

»Natürlich.«<br />

Sie wandte sich den Waren zu, und es entstand<br />

wieder eine Pause. Eigentlich konnten sich<br />

beide nie so recht leiden. Das hatte sich in den<br />

vergangenen Jahren auch kaum geändert. Doch<br />

bevor sie sich mit einem kurzen und unverbindlichen<br />

Grußwort verabschieden konnte, fragte<br />

Robert: »Und wie geht es Ihrer Mutter?«<br />

Er hatte mit Ablehnung gerech<strong>net</strong>, aber sie<br />

schien diese Frage erwartet zu haben, sah ihn betrübt<br />

an und sagte leise: »Mutter ist tot.«<br />

Diese Nachricht traf ihn wie ein Schlag.<br />

»Ihre Mutter ist tot?«, sagte Robert fassungslos.<br />

Ingeborgs Tochter nickte traurig, und Robert<br />

bohrte weiter: »Und wie lange schon, wenn ich<br />

fragen darf?«<br />

»Sie hat am dreiundzwanzigsten April einen<br />

Gehirnschlag erlitten und ist zwei Tage später<br />

gestorben.«<br />

»Am dreiundzwanzigsten April schon«, wiederholte<br />

Robert tonlos und vergaß, ihr sein Beileid<br />

zu wünschen. Ingeborgs Tochter fuhr fort:<br />

»Genau um neun Uhr einundzwanzig in der hiesigen<br />

Klinik.«<br />

Eigentlich war nun alles gesagt. Sie sprachen<br />

noch kurze Zeit über belanglose Dinge und verabschiedeten<br />

sich dann schnell mit guten Wünschen,<br />

die im Grunde nicht ernst gemeint waren.<br />

Robert musste erst einmal diesen Schock verdauen.<br />

Die Sache ging ihm nicht aus dem Sinn.<br />

Am nächsten Tag im Büro überdachte er noch<br />

einmal das Gespräch. Irgend etwas war ihm<br />

nicht ganz geheuer vorgekommen und störte ihn.<br />

Und dann fiel es ihm wieder ein. Der Traum im<br />

Zug. Als er damals aufwachte, hatte man über<br />

IGdA-aktuell, <strong>Heft</strong> 1 (<strong>2008</strong>), Seite 21<br />

die Zeit angegeben, obwohl das bei einer Durchsage<br />

über Verspätungen nicht üblich war. Es war<br />

neun Uhr einundzwanzig gewesen.<br />

Vor Aufregung glitt ihm der Kugelschreiber<br />

aus der Hand. Ein unheimlicher Verdacht stieg in<br />

ihm auf. Er suchte mit zitternden Fingern die Unterlagen<br />

der Firma im Süden des Landes, auf denen<br />

der Termin für die Besprechung eingetragen<br />

sein musste. Er fand sie in der Ablage und schaute<br />

aufgeregt hinein.<br />

»Am fünfundzwanzigsten April war dieser<br />

Termin«, murmelte er.<br />

Er wurde blass, als ihm die Bedeutung klar<br />

wurde. Am dreiundzwanzigsten April hatte Ingeborg<br />

den Gehirnschlag erlitten und war zwei<br />

Tage später verstorben. Zwei Tage später aber<br />

war der fünfundzwanzigsten April gewesen. Ihre<br />

Tochter hatte die Zeit genannt: genau um neun<br />

Uhr einundzwanzig.<br />

Und zu dieser Zeit, als Ingeborg ihm im<br />

Traum erschienen war, hatte sie ihr Leben verloren.<br />

Er fasste es nicht.<br />

Noch heute überlegt Robert, was der Traum zu<br />

bedeuten hatte, ob sie ihm kurz vor ihrem Tode<br />

noch etwas mitteilen wollte, und kann so etwas<br />

überhaupt möglich sein? Etwa durch eine Art<br />

von Gedankenübertragung? Warum wurde ausgerech<strong>net</strong><br />

an diesem Morgen die Zeit angeben?<br />

Der korpulente Mann fiel ihm ein, der um die<br />

Uhrzeit gebeten hatte, obwohl er sie auch aus<br />

dem Lautsprecher vernommen haben musste.<br />

Damals war ihm die Frage wie eine Art Prüfung<br />

vorgekommen, ob er sich die Zeit gemerkt hatte.<br />

Und dann diese Reise in die Stadt im Ruhrgebiet<br />

und das zufällige Treffen mit der Tochter im Supermarkt,<br />

wenn das überhaupt ein zufälliges<br />

Treffen gewesen war. Eine andere Person hätte<br />

ihm kaum die genaue Sterbeminute nennen können.<br />

Fragen über Fragen, und er findet natürlich<br />

keine Antworten. Bisher konnte es ihm auch niemand<br />

schlüssig erklären, nicht mal ein sogenannter<br />

Experte auf diesem geheimnisvollen Gebiet,<br />

den Robert konsultierte. An Zufälle glaubt er<br />

nicht mehr. Es wären zu viele gewesen.<br />

So bleiben ihm nur vage Vermutungen oder<br />

fast unheimliche Vorstellungen und unwirkliche<br />

Phantasien. Die Frage, was ihm Ingeborg in den<br />

letzten Minuten vor ihrem Tode mitteilen wollte,


wird ihn wohl sein ganzes weiteres Leben beschäftigen.<br />

Maria-Luise Kleineberg<br />

I<br />

ch träume. Eine riesige Bahnhofsuhr taucht<br />

vor mir auf. Ständig sind die wuchtigen Zeiger<br />

in Bewegung, und das Ticken des Ungetüms<br />

schmerzt in meinen Ohren. Wie das Schlagen<br />

eines Hammers auf Blech dröhnt es in meinen<br />

Gehörgängen. Bevor meine Hände verzweifelt<br />

die Ohren zu schließen versuchen, erwache<br />

ich. Ein spärliches Licht fällt durch die Jalousien.<br />

Ich spüre die wohlige Wärme unter der Decke<br />

und möchte am liebsten wieder meine Augen<br />

schließen. Doch ich scheine noch nicht das<br />

Traumbild der Bahnhofsuhr verscheucht zu haben.<br />

In meinen Ohren dröhnt noch immer das erbarmungslose<br />

Schlagen auf Blech. Erst nach einer<br />

Weile begreife ich, das Geräusch kommt nicht<br />

aus meinem Kopf, sondern aus meiner Küche.<br />

Gequält und furchtsam steige ich aus dem<br />

Bett, um dem Lärm auf die Spur zu kommen. Ein<br />

belustigendes Schauspiel bietet sich mir auf dem<br />

Küchenboden. Mein dicker Kater steckt mit seinem<br />

breiten Kopf in einer leeren Dose, die einst<br />

sein begehrtes Katzenfutter füllte, und poltert mit<br />

einem Feixtanz durch die Küche. Alle Versuche,<br />

die enge Last von seiner Katernase zu streifen,<br />

misslingen kläglich. Ein beherzter Griff in seinen<br />

Nacken und ein Ruck an der Dose befreien ihn<br />

aus der misslichen Lage. Seine Dankbarkeit zeigt<br />

er mir mit einem kräftigen Tatzenhieb, der sich<br />

blutig auf meinem Handrücken zeich<strong>net</strong>.<br />

Nach diesem morgendlichen Entrée flüchte<br />

ich wieder zurück unter die warme Bettdecke.<br />

Gerade sinne ich über diesen beginnenden besonderen<br />

Tag nach, als das Telefon schrillt. Müde<br />

schleppe ich mich zu dem anrufenden Störenfried.<br />

Die Dame in der Leitung versucht mich davon<br />

zu überzeugen, dass mein Platz an der Sonne<br />

einzig und allein vom Kauf eines Lotterieloses<br />

abhänge. In einem Wortschwall schleudert sie<br />

mir ihre Verkaufsargumente unaufhörlich durch<br />

den Hörer. Ich sehe keine andere Chance, sie zu<br />

D E R B E S O N D E R E T A G<br />

IGdA-aktuell, <strong>Heft</strong> 1 (<strong>2008</strong>), Seite 22<br />

(Nachtrag des Autors: Diesen seltsamen Traum hat<br />

einer meiner Freunde wirklich erlebt. Ich habe nur die<br />

Namen geändert. Das Geschehen aber entspricht Wort<br />

für Wort der Wahrheit.)<br />

unterbrechen, und knalle nach einigen Minuten<br />

wütend den Hörer auf die Gabel.<br />

Von der Morgenkühle durchgefroren, freue<br />

ich mich auf eine heiße Dusche und das anschließende<br />

Einbalsamieren mit Rosenöl. Zur Feier dieses<br />

Tages schäume ich meinen Körper mit der<br />

teuren Duschcreme einer italienischen Modedesignerin<br />

ein. An solch einem Tag will ich mir etwas<br />

Besonderes gönnen. Schließlich ist heute<br />

mein Geburtstag. Genussvoll atme ich den Duft<br />

der kostbaren Substanz auf meiner Haut und<br />

fühle mich unwiderstehlich. Der Duschhöhepunkt<br />

wird die Wassermassage sein. Ich drehe<br />

den Hahn auf und glaube es nicht. Kein Wassertropfen<br />

in der Leitung. Fröstelnd rubbele ich mir<br />

die Haut von dem Duschgel trocken und bediene<br />

die Klospülung. Kein Wassertropfen in der Leitung.<br />

Ich erkenne missmutig, dass auch der ersehnte<br />

Espresso an diesem Morgen ausfällt. Tolles<br />

Geburtstagsgeschenk.<br />

Ich lasse mir meine selbst gekaufte Geburtstagstorte<br />

trotzdem schmecken und spüle sie mit<br />

einem Glas Sekt hinunter. Um halb zwölf mittags<br />

ist die Flasche leer getrunken und ich versinke in<br />

Selbstmitleid. Kein Gratulant hat sich gemeldet,<br />

kein Anruf, kein Klingeln. Die Welt hat mich vergessen,<br />

die Freunde haben mich verlassen.<br />

Sicher ist es kein Grund zum Feiern, wieder<br />

ein Jahr der Rente näher zu sein, aber an solch<br />

einem Tag ganz allein verzweifelt auf dem Sofa<br />

zu sitzen ist traurig. Meine Traurigkeit mischt<br />

sich mit Trotz. Dann feiere ich mich allein. Ich<br />

schmiere mir mehrere Lachshäppchen und genehmige<br />

mir Chips, Erdnüsse, Schokolade und<br />

nochmals eine Flasche Sekt.<br />

Vernebelt hänge ich voll gefressen in den Polstern.<br />

Da schrillt das Telefon. Ich sollte den Tag<br />

nicht vor dem Abend verdammen, denke ich. Mit<br />

bleiernen Beinen stolpere ich zum Telefon und<br />

lalle meinen Namen in den Hörer. Hoffentlich<br />

merkt der Anrufer nichts von meinem Schluck-


auf, den ich verzweifelt zu unterdrücken versuche.<br />

Gespannt lausche ich der Stimme meiner<br />

besten Freundin. »Hallo meine Liebe, ich komme<br />

morgen früh schon um halb acht zu dir, damit<br />

ich dir bei deinen Geburtstagsvorbereitungen<br />

Ján Lenčo<br />

D<br />

ie Vorstellung, für die ich mir schon vor<br />

langer Zeit eine Eintrittskarte gekauft<br />

und auf die ich mich seit noch längerer<br />

Zeit gefreut hatte, fand aus unbekannten Gründen<br />

nicht statt. Am Tor des Gebäudes, in dem sie<br />

hatte stattfinden sollen, hing eine schlichte Tafel<br />

mit der Aufschrift: »Die Vorstellung fällt aus«.<br />

Ich seufzte enttäuscht, obwohl ich derlei Überraschungen<br />

schon so oft erlebt hatte, dass die heutige<br />

eigentlich ungerechtfertigt war, und drängte<br />

mich zur Kasse vor, ohne Verständnis für die<br />

Leute, die still nach Hause gingen und ohne ein<br />

Wort des Protestes ihre Eintrittskarte wegwarfen.<br />

»Warum werfen Sie die Karte weg?«, fragte<br />

ich. »Warum verlangen Sie nicht das Geld zurück,<br />

die Vorstellung hat doch nicht stattgefunden,<br />

die Karten sind nicht benutzt, nicht abgerissen<br />

worden, Sie haben also Anspruch darauf,<br />

dass man Ihnen das Geld zurückerstattet.« – »Die<br />

geben das Geld nicht zurück«, antwortete der<br />

Angesprochene. – »Wieso nicht?«, wandte ich<br />

ein. »Dann beschweren Sie sich eben bei der Direktion.«<br />

– »Würde ich ja, aber die Direktion<br />

braucht die Beschwerden laut Gesetz erst binnen<br />

drei Monaten zu beantworten. Und erfahrungsgemäß<br />

bekommt man nach drei Monaten eine<br />

abschlägige Antwort. Danach erst kann man sich<br />

bei der Generaldirektion beschweren.« – »Dann<br />

beschweren Sie sich bei der Generaldirektion«,<br />

wandte ich ein. – »Die Generaldirektion«, antwortete<br />

der Mann, »hat, weil sie eben eine Generaldirektion<br />

ist, für die Erledigung von Beschwerden<br />

eine Frist von sechs Monaten.« –<br />

»Dann warten Sie eben sechs Monate.« – »Erfah-<br />

D I E V O R S T E L L U N G<br />

IGdA-aktuell, <strong>Heft</strong> 1 (<strong>2008</strong>), Seite 23<br />

helfen kann. Schließlich sollst du deinen Ehrentag<br />

genießen können.«<br />

Sie hat es sehr eilig und legt auf. Habe ich das<br />

richtig verstanden? Morgen? Wieso morgen? Ich<br />

schaue auf den Kalender. Mein Geburtstag ist<br />

erst morgen.<br />

rungsgemäß antwortet sie nicht positiv.« –<br />

»Dann beschweren Sie sich bei der Vereinigung<br />

der Generaldirektionen.« – »Die Vereinigung der<br />

Generaldirektionen hat für die Beantwortung<br />

von Beschwerden ein Jahr Zeit«, meinte der<br />

Mann. – »Dann beschweren Sie sich noch weiter<br />

oben«, schnitt ich ihm das Wort ab, »die Vorstellung<br />

hat nicht stattgefunden, folglich muss man<br />

Ihnen das Geld zurückerstatten.« Der Mann lachte.<br />

»Alle Fristen zusammengenommen, bis man<br />

an den lieben Gott herankommt, der so gerecht<br />

ist, dass er schließlich eine gerechte Entscheidung<br />

fällt, sind länger als ein Menschenleben. Darum<br />

ist es zwecklos, sich zu beschweren.« – »Aber die<br />

Vorstellung hat nicht stattgefunden, folglich<br />

muss man Ihnen das Geld zurückerstatten«, rief<br />

ich. »Ich werde meine Eintrittskarte aufheben<br />

und kämpfen, bis man mir das Geld zurückerstattet.«<br />

– »Nun, Sie begreifen es nicht«, sagte der<br />

Mann belustigt, dann zeigte er auf die Leute, die<br />

weggingen und den Platz vor dem Gebäude mit<br />

unzähligen Eintrittskarten besäten, »die haben es<br />

alle schon begriffen.« Und er ging gelassen, ohne<br />

zu schimpfen nach Hause.<br />

Voller Empörung schrieb ich die erste Beschwerde,<br />

saß bis in die Nacht an ihrem Entwurf.<br />

Dann träumte ich, das Papier, auf dem ich sie geschrieben<br />

hatte, sei aus den ins Altpapier gelangten<br />

Eintrittskarten gemacht und die Eintrittskarte,<br />

die ich mir nächstens kaufen werde, aus den<br />

ins Altpapier gelangten Beschwerden.<br />

(aus: Der Pakt mit dem Teufel)


Lore Tomalla<br />

W<br />

ie freute ich mich! In der Nähe meiner<br />

Wohnung gibt es ein japanisches Kulturinstitut.<br />

Regelmäßig erhalte ich von<br />

dort Einladungen zu besonderen Veranstaltungen,<br />

Konzerten, Ausstellungen, dieses Mal zu<br />

einem No-Spiel. Das ist die Bezeichnung für klassische<br />

japanische Theateraufführungen.<br />

Sehnsüchtig erwartete ich den Tag, hängte ein<br />

Din-A4-Blatt mit Datum und Uhrzeit an meine<br />

Wohnungstür, um ja nicht den so interessanten<br />

Termin zu verpassen.<br />

Endlich war der Tag gekommen, ich kleidete<br />

mich besonders festlich, mein fußlanger schwarzer<br />

Rock mit kleinem Volant ragte etwa dreißig<br />

Zentimeter unter meinem Mantel hervor. Im<br />

Hausflur begeg<strong>net</strong>en mir zwei Männer, die ich<br />

nicht kannte, die nicht im Hause wohnten. Vielleicht<br />

neue Mieter, dachte ich.<br />

Am japanischen Kulturinstitut angekommen,<br />

fand ich ein Hinweisschild an der Tür: »Wegen<br />

des regen Zuspruchs findet das No-Spiel nicht im<br />

Hause, sondern in der Philharmonie statt.« Zurück<br />

zur Straßenbahn, fünf Haltestellen weiter<br />

umsteigen in die U-Bahn, zwei Stationen weiter,<br />

zu Fuß durch die Dunkelheit. Ich hatte mich verlaufen,<br />

war einen weiten Umweg gegangen und<br />

kam zu spät. Alle Tickets waren ausverkauft.<br />

Aber ich hatte Glück. Zwei Eintrittskarten wurden<br />

zurückgegeben, eine davon erhielt ich sogar<br />

gratis.<br />

»Wir können Sie leider erst nach der Pause<br />

einlassen, setzen Sie sich ins Foyer, Sie können<br />

die Vorgänge auf der Bühne am Fernseher ansehen.<br />

Leider gibt es keine Programmhefte mehr,<br />

alles ausverkauft.«<br />

Ich dankte, setzte mich auf das Ledersofa und<br />

sah wahrscheinlich auf dem Bildschirm mehr, als<br />

ich von meinem Platz aus hätte sehen können.<br />

Kurze Zeit darauf kamen andere Zuspätgekommene,<br />

setzten sich neben mich. Es waren Japaner.<br />

Sie blieben eine Weile und gingen dann wieder.<br />

Neue Zuspätgekommene setzten sich zu mir.<br />

Auch sie gingen nach einer Weile.<br />

Da ich kein Programmheft bekommen hatte,<br />

begriff ich vom Geschehen auf der Bühne überhaupt<br />

nichts. Um ein Ereignis einer so fremden<br />

F A S T E I N K R I M I<br />

IGdA-aktuell, <strong>Heft</strong> 1 (<strong>2008</strong>), Seite 24<br />

Kultur verstehen zu können, braucht man die<br />

Einstimmung ins Programm. Die Darbietung<br />

dauerte ungewöhnlich lange. Die Pausentheke<br />

wurde geöff<strong>net</strong>. Ich fragte die Serviererinnen,<br />

wann die Pause beginnen würde. Sie lachten:<br />

»Das wissen wir auch nicht. Das ist alles so anders.<br />

Eine Information haben wir nicht.«<br />

Ich schaute weiter den Ereignissen auf dem<br />

Bildschirm zu. Endlich, etwa um die Zeit, zu der<br />

normalerweise der Theaterabend beendet ist,<br />

strömten die Menschen aus dem Zuschauerraum<br />

in die Halle. Viele gingen nach Hause. Ich beschloss,<br />

das auch zu tun. Ohne Einführung in das<br />

Programm begriff ich nichts. Ich fühlte mich müde<br />

und überfordert.<br />

Ich ging durch den Nieselregen zur U-Bahn,<br />

fuhr zwei Stationen, dann fünf Stationen mit der<br />

Straßenbahn, dann den Weg zu meiner Wohnung.<br />

Der Nieselregen hatte aufgehört.<br />

Als ich die Wohnungstür aufschloss, erschrak<br />

ich. Auf dem Fußboden im Flur lagen meine<br />

Scheckkarte, meine Krankenkassenkarte und andere<br />

Kärtchen. Die Schlafzimmertür stand offen,<br />

auf dem Boden lagen Bettwäsche, Unterwäsche,<br />

Handtücher, T-Shirts, Schals. Auch im Wohnzimmer<br />

war alles durchwühlt worden. Die Balkontür<br />

stand offen, offensichtlich aufgebrochen. Die Diebe<br />

waren über die Feuerleiter auf den Balkon gelangt.<br />

Auf dem ersten Blick schien nichts zu fehlen.<br />

Da ich sehr müde war, rief ich nicht sofort die<br />

Polizei, sonders erst am Mittag darauf, als ich<br />

schon alles wieder in die Schränke eingeräumt<br />

hatte. Der Polizist beklagte sich. »Sie hätten sich<br />

sofort melden müssen, damit wir die Spuren sichern<br />

können.« Er schrieb einen Bericht, füllte<br />

aber keine Schadensmeldung aus, weil ich meinte,<br />

es würde nichts fehlen. Erst Tage später bemerkte<br />

ich, dass die Diebe die Werbegeschenke<br />

des Versandhauses, in dem ich Kleidung einzukaufen<br />

gewohnt war, entwendet hatten, außerdem<br />

ein Mag<strong>net</strong>-Armband, ein goldenes Halskettchen<br />

mit drei grünen Anhängern und eine<br />

Uhr, deren eckiges Zifferblatt mit drei Reihen angeblich<br />

echten Diamanten, wahrscheinlich Strasssteinchen,<br />

eingefasst war. Ich rief die Polizei an,


ekam ein Formular für den Schadensbericht.<br />

Inzwischen war mir aufgefallen, dass mein altes<br />

Handy, ein Markenhandy, das auf einem Tisch in<br />

der Original-Verpackung gelegen hatte, ebenfalls<br />

weg war. Mein Ein-Euro-Billig-Handy, das ich in<br />

Gebrauch habe, lag im Flur auf der Konsole.<br />

Am nächsten Tage klingelte das Telefon. Es<br />

war das Kriminalamt. Ich solle Nummer und<br />

Marke des gestohlenen Handys angeben. Ich<br />

wusste sie nicht. Dann fand ich in meinen Unterlagen<br />

ein Blatt, auf dem Handy-Marke und die<br />

Nummern angegeben waren. Ich rief den Polizisten,<br />

der meinen Fall bearbeitete, an und gab die<br />

Nummern durch.<br />

Wochen später rief mich der Polizist an. »In<br />

Osnabrück wurde vor drei Jahren ein Handy mit<br />

dieser Nummer als in Spanien gestohlen gemeldet.«<br />

– »Das stimmt«, erwiderte ich, »damals<br />

wurde mein Handy ebenfalls bei einem Einbruch<br />

gestohlen.« – »War das denn dieselbe Marke?« –<br />

»Ja.« – »War es blau?« – »Ja, es war blau.« –<br />

»Wenn Sie bei der Polizei beschäftigt wären, Sie<br />

würden sich wundern«, stöhnte der Polizist. Er<br />

Karl-Heinz Schreiber<br />

IGdA-aktuell, <strong>Heft</strong> 1 (<strong>2008</strong>), Seite 25<br />

kam zu der Auffassung, dass ich mein Handy<br />

zweimal ersetzt haben wollte, und sagte unfreundlich:<br />

»Ich wünsche Ihnen, dass Sie nie<br />

mehr mit der Polizei zu tun bekommen.«<br />

Ich vermutete, dass im Inter<strong>net</strong> mein gestohlenes<br />

Handy aufgetaucht war und mir für teures<br />

Geld zum zweiten Male verkauft worden war,<br />

weil die Nummern übereinstimmten, was nicht<br />

mir, aber der Polizei aufgefallen war.<br />

Da ich keine Diebstahlversicherung abgeschlossen<br />

hatte, war der Verdacht der Polizei, ich<br />

wollte mich mit der Schadensmeldung bereichern<br />

und sei überhaupt nicht bestohlen worden,<br />

absurd.<br />

So kann es kommen: Als Geschädigte gerät<br />

man in Verdacht, die Polizei irreführen zu wollen.<br />

Einziger Trost: Im japanischen Kulturinstitut<br />

konnte ich doch noch ein Programmheft für den<br />

No-Spiel-Abend erwerben, glücklicherweise ein<br />

sehr schönes, mit vollständigem Text und farbigen<br />

Bildern zur Aufführung.<br />

D I E I N N E N S C H A U H A T Z U K U N F T<br />

Bald aber machte die Furcht der Neubegierde Platz. (Johann<br />

K. Wezel, Belphegor)<br />

I<br />

n einer Straße im Vorort einer Provinzstadt<br />

im neozivilisierten Europa geschah nichts<br />

Unzeitgemäßes. Eine gewisse Anzahl von<br />

Leuten stand auf dem Bürgersteig vor einem<br />

Haus, das zurückversetzt in einem relativ gepflegten<br />

Garten stand. Ein eher altmodischer<br />

Eisenzaun ragte aus einer niedrigen Mauer, das<br />

Gittertor war geschlossen. Die Leute starrten auf<br />

einen Bildschirm über einem der Pfeiler der Toreinfahrt.<br />

Passanten kamen und gingen, hielten<br />

sich minutenlang auf. Manchmal stoppten auch<br />

Autos. Der Tag war angenehm in der Temperatur,<br />

noch dunkelte es nicht, doch war Feierabend.<br />

»Was tut er denn jetzt? Rentiert es sich überhaupt,<br />

da hinzugucken? Wenn er wenigstens<br />

eine Frau wäre!«<br />

»Also, Sie haben vielleicht Ansichten.«<br />

»Weswegen stehen Sie denn hier?«<br />

Der Hausbewohner, der Mann auf dem Bildschirm,<br />

saß in seinem Wohnzimmersessel und las<br />

Zeitung. Er war allein. Den Passanten wurde die<br />

Zeit lang. Allerdings würde zuhause sowieso<br />

noch nichts im Fernsehen kommen. Die STA-<br />

MEG (Staatliche Medien-Gesellschaft) hatte bei<br />

den vorletzten Wahlen (die, nebenbei bemerkt,<br />

nur weiterhin so genannt wurden. Abgestimmt<br />

wurde längst per Tele-Button-System, was vereinfacht<br />

ausgedrückt heißt: umgekehrt übers<br />

Fernsehen – wobei gelegentliche Gegenstimmen<br />

vom Computer aussortiert und vom Error-Dezernat<br />

zurückverfolgt wurden) durchgesetzt, dass<br />

nur noch ein landesweites Programm zu eingegrenzten<br />

Zeiten gesendet wurde. Für die Bevölkerung<br />

war zwischen 15.00 Uhr (AZE = Arbeits-<br />

Zeit-Ende) und 19.00 Uhr (FPA = Fernseh-Programm-Anfang)<br />

ein Zeitraum belassen für private<br />

und kollektive Betätigungen. (Dabei waren Zugehörigkeit<br />

zu einem Fitness-Club und regel-


mäßige Besuche bei Veranstaltungen des BETRAI<br />

= Bewusstseins-Training selbstverständlich.)<br />

Der Mann auf dem Bildschirm war aufgestanden.<br />

Die Leute vor dem Tor wechselten das<br />

Standbein und reckten die Hälse. Einige gingen<br />

sogar (überflüssigerweise) auf die Zehenspitzen.<br />

In seiner Küche holte sich der Mann eine Dose<br />

Bier aus dem Kühlschrank und ging damit ins<br />

Bad. Er ließ Wasser in die Wanne laufen, entkleidete<br />

sich und hockte sich auf sein Plastikklosett.<br />

Während draußen die Mütter ihre Kinder endgültig<br />

weiterzerrten, stieg der Mann drinnen in<br />

sein Schaumbad und blätterte offensichtlich mit<br />

Genuss in einem Herrenmagazin. Die Zuschauer<br />

begannen, lebhaft zu werden.<br />

»Sollen wir jetzt mal klingeln? Mal sehen, wie<br />

er reagiert.«<br />

»Ach, lasst ihn doch in Ruhe. Ihr könnt euch<br />

ja sonst was vorstellen, was er da in der Wanne<br />

macht.«<br />

»Wenigstens das Telefon sollte man jetzt mal<br />

klingeln lassen.«<br />

»Schämen Sie sich denn gar nicht?«<br />

»Ich? Wieso ich? Wenn der sich da drin nicht<br />

schämt.«<br />

Gerade die Leute mit einem Anflug von Entrüstung<br />

schauten besonders genau hin und versuchten<br />

zu schimpfen.<br />

»Eine Unverschämtheit! Eine Zumutung! Eine<br />

Frechheit!«<br />

»Eine Schönheit ist der Mann ja gerade nicht.«<br />

»Sie brauchen ja nicht hinzusehen, wenn er<br />

Ihnen nicht gefällt.«<br />

»So eine Frechheit! Soll ich nicht mehr hingucken<br />

dürfen, wo ich will? Das wird ja immer besser!«<br />

»Seien Sie doch zufrieden. Sie kriegen bestimmt<br />

Ihren Anteil aus dem Senioren-Budget<br />

(SEBUD) und freien Eintritt zum wöchentlichen<br />

Regenerations-Meeting. Was regen Sie sich auf?«<br />

»Das muss man sich nun gefallen lassen. Ich<br />

werde mich beschweren.«<br />

Der ältere Herr versuchte nun sogar, den Bildschirm<br />

mit einem Stein zu treffen. Es misslang.<br />

Einige Passanten lachten. Eine Frau zerrte ihren<br />

Mann weiter. »Da schau, jetzt wäscht er sich.<br />

Gleich steigt er heraus. Das müssen wir uns doch<br />

nicht weiter anschauen.«<br />

Die Aufmerksamkeit der übrigen Leute<br />

wandte sich wieder dem Mann im Badezimmer<br />

zu. Vor sechs Jahren etwa hatte die Video-Indus-<br />

IGdA-aktuell, <strong>Heft</strong> 1 (<strong>2008</strong>), Seite 26<br />

trie gegen das staatliche Tele-Monopol der STA-<br />

MEG anzukämpfen begonnen. Man erfand das<br />

Insideout-System, den Home-Channel für Street-<br />

Watchers. Die Installation war technisch überhaupt<br />

kein Problem und wurde schließlich sogar<br />

im Versuchsstadium steuerlich begünstigt. Mit<br />

dem Insideout-System war der Schritt ins nächste<br />

Medienzeitalter eigentlich programmiert. War es<br />

der Reiz zum Exhibitionismus bei den Inside-Actors<br />

oder war es ein nicht bezwingbarer Hang<br />

zum Voyeurismus auf Seiten der Street-Watchers<br />

– in den Vororten der Kleinstädte nahm dieses<br />

Phänomen jedenfalls zu.<br />

Der Mann hatte mittlerweile seine Haare gefönt<br />

und saß mit Schlafanzug und Hausmantel<br />

wieder im Wohnzimmer. In dem Moment, als er<br />

per Telecheck seinen Fernsehapparat einschaltete,<br />

wurde das Insideout-System abgestellt. Die<br />

Leute auf dem Gehsteig verließen ohne weiteres<br />

Aufheben ihren Standort, um dem heimischen<br />

Fernseher zuzustreben (um die vier Stunden Programm<br />

möglichst noch auszunutzen).<br />

Die STAMEG war in diesem Jahr in die Offensive<br />

gegangen, um auch den Video-Markt in den<br />

Griff zu bekommen. Das Insideout-System sollte<br />

per Kabel kommerziell genutzt werden. Die STA-<br />

MEG konnte schließlich mit einem Zusatzgerät<br />

über den Supravisions-Adapter die Bilder aus<br />

den jeweiligen Privatwohnungen in das gesamte<br />

Sende<strong>net</strong>z einspeisen. Damit musste das Street-<br />

Watcher-System an Attraktion verlieren. Beim<br />

STAMEG-Programm wusste man vorher nie, aus<br />

welchem Haushalt und zu welcher Zeit übertragen<br />

wurde.<br />

Einmal in der Woche gab es irgendwann eine<br />

Stunde live aus dem Privatleben eines Bürgers<br />

oder einer Familie. In der Sendezentrale überließ<br />

man es einem Computer-Lossystem, wann woher<br />

übertragen wurde. Das garantierte höchstmögliche<br />

Sehbeteiligung täglich, denn mittlerweile<br />

wartete jeder wie unter einer Suggestion jeden<br />

Abend auf den Private Insight, wie sich diese Serie<br />

nannte.<br />

Kaum ein Telekunde fühlte sich durch die<br />

Cable-Intruders kompromittiert, jeder war<br />

eigentlich scharf darauf, endlich einmal bei diesem<br />

oder jenem Nachbarn spionieren zu können.<br />

Die allabendliche Einschaltquote sprach für sich.<br />

Eine öffentliche Diskussion, angeregt durch eine<br />

schöngeistige religiöse Gruppierung (»Kinder<br />

der Göttlichen Unergründlichkeit«), erreichte


kaum das Format einer Leserbrief-Kampagne,<br />

Unterschriften-Aktionen und Flugblatt-Spreading<br />

in Fußgängerzonen stießen in ein Vakuum<br />

gleichgültiger Lächerlichkeit. Die tolerierte<br />

Staatskirche (»Kirche der letzten überflüssigen<br />

Hoffnung«) machte gar nicht erst den Versuch,<br />

die Sekte in dieser Angelegenheit ausnahmsweise<br />

zu unterstützen. Man musste froh sein, dass<br />

der Staat seinen Bürgern diese »regressive Idylle«<br />

gönnte, er spekulierte wohl darauf, dass Kirchenbankhocker<br />

die friedlichsten Mitläufer sein würden.<br />

Begriffe wie Intimsphäre oder Menschenwürde<br />

waren nicht mehr gebräuchlich; sie galten<br />

seit Jahren als reaktionär und suspekt. Für die<br />

Bevölkerung galt der immer wieder propagierte<br />

Slogan: »Jeder gehört jedem!« Der Alltag der<br />

Leute war eingeteilt, eigentlich so sehr, dass es<br />

kaum noch auffiel. Aber so neu war diese Situation<br />

auch wieder nicht.<br />

An diesem Abend stand eine Diskussion auf<br />

dem STAMEG-Programm. Vertreter von Universitäten,<br />

Vereinen und Theatern sollten die Frage<br />

klären, ob Familien Schauspielunterricht nehmen<br />

sollten für den Fall, dass sie einmal landesweit in<br />

der Private-Insight-Stunde zu sehen sein würden.<br />

Der uns bereits bekannte Mann, der Routinier<br />

aus der Insideout-Periode, sollte quasi den Kronzeugen<br />

abgeben für die Vertreter der spontanen<br />

Selbstdarstellung.<br />

»Fühlen Sie sich eigentlich immer noch beobachtet<br />

in Ihrem Haus?«<br />

»Nein, prinzipiell nicht. Ich wohne da ganz<br />

normal, weiter nichts.«<br />

»Bedauern Sie die Umstellung des Street-Watcher-Systems<br />

auf die Methode der Cable-Intruders?«<br />

»Warum sollte ich etwas bedauern, was zweifelsohne<br />

einen Fortschritt bedeutet? Der Medienkunde<br />

wird zuhause doch bequemer bedient als<br />

auf der Straße.«<br />

»Fürchten Sie nicht um den Verlust der natürlichen<br />

Spontaneität bei den Leuten?«<br />

»Ich glaube, die Leute sind heutzutage so<br />

selbstbewusst geworden, dass es das Phänomen<br />

des unmotivierten Exhibitionismus ohnehin nicht<br />

mehr gibt. Wir Bürger sind in neuer Qualität so<br />

kultiviert, dass sich niemand mehr zu verbergen<br />

IGdA-aktuell, <strong>Heft</strong> 1 (<strong>2008</strong>), Seite 27<br />

braucht. Ich stehe voll hinter dem Slogan: »Jeder<br />

gehört jedem«. Und wenn mir zum Beispiel die<br />

Leute von der Straße beim Baden zugeschaut haben,<br />

dann hat das doch nicht den Genuss oder<br />

den Effekt meines Reinigungsprozesses gestört,<br />

oder?«<br />

Grundsatzgelächter über jede überhaupt noch<br />

denkbare Diskrepanz hinweg. Die Vertreter von<br />

Theater und Universität mengten sich ein. Sie<br />

hielten beide nicht viel von der Spontan-Kultur.<br />

»Ein öffentliches Auftreten muss doch wohl<br />

einen didaktischen Zweck erfüllen! Für die Zuschauer<br />

muss eine Sinngebung enthalten sein,<br />

eine Botschaft.«<br />

Der Moderator reagiert etwas verschärft:<br />

»Glauben Sie denn, dass unsere Bürger ein sinnentleertes<br />

Leben führen oder sich nichtssagend<br />

verhalten?«<br />

»Missverstehen Sie das bitte nicht als Fundamentalkritik.<br />

Es ging mir nur um die Möglichkeit<br />

einer Verletzung oder Verfehlung des GBP (General<br />

Behaviour Pattern); es sollte nur der mögliche<br />

Wunsch signalisiert werden, dass ein – nennen<br />

wir es suggestives beziehungsweise konzentriertes<br />

Verhalten seitens der Transmittierten diese<br />

Sendestunde noch wertvoller für die Telerezeptoren<br />

gestalten würde.«<br />

»Unterschätzen Sie die Leute nicht! Jeder weiß<br />

sich doch bewusst im Sinne unseres GBP zu verhalten!<br />

Und das doch nicht zuletzt dank der zwar<br />

konventionellen, aber doch unverzichtbaren Unterstützung<br />

von Ihrer Seite, den Theatern und<br />

Universitäten. Sie sind die Pioniere auf dem Gebiet<br />

des exemplarischen Verhaltenstrainings.«<br />

Schließlich wurde noch die Wortmeldung des<br />

Vereinsvertreters zugelassen und um des Proporzes<br />

willen eine kurze Telefonschaltung zur<br />

Staatskirche. Zur allgemeinen Erleichterung<br />

konnte der Moderator auch noch ein Grußwort<br />

der Video-Industrie verlesen, in dem die Vereinheitlichung<br />

des gesamten Transmitting-Receiving-Systems<br />

ausdrücklich begrüßt wurde. Das<br />

Ansager-Nummerngirl verlas noch die Gewinnzahlen<br />

der Lotterie zugunsten des Hilfsfonds für<br />

Peepshows. Dann wurde der Kanal abgeschaltet.<br />

(aus dem Inter<strong>net</strong>-Magazin titel: Literatur und mehr)


Was ist eigentlich<br />

In einer jener unsäglichen Wochenschriften, die<br />

sich mit Werbung bezahlt machen müssen, wird<br />

das Gastspiel einer ›Kult‹band angekündigt; Design-Produkte<br />

des Herrn Sowieso sind Kult, obwohl<br />

ihr Gebrauchswert nahe bei Null liegt (–<br />

oder vielleicht deswegen?), ebenso die neuesten<br />

Arbeiten des Malers und Performance-Künstlers<br />

XY.<br />

Ich kenne weder die Band näher, noch mag<br />

ich das Design des Herrn Sowieso, und auch die<br />

letzte Ausstellung des Malers und Allerweltskünstlers<br />

XY habe ich nicht bejubeln können.<br />

Ach so – da bleiben allerdings noch die Damen!<br />

Natürlich ist das neue Duftwasser der Marina<br />

Prozzi längst Kult. (Meine Frau lehnt es nicht nur<br />

deshalb ab, weil es unglaublich teuer ist.) Und da<br />

wäre noch das neue Buch der Theresa M. Kult,<br />

obwohl (oder weil?) es 213 Seiten lang ausschließlich<br />

sexuelle Ausschweifungen beschreibt.<br />

(Für solchen Kult bin ich nur begrenzt zuständig.)<br />

Autos können Kult sein (–> die Ente); eine<br />

Zeit lang waren es Armbanduhren (teuer, im Gegensatz<br />

zur Ente); Lokale, obwohl sie eigentlich<br />

Geschmackssache sind.<br />

Aber was ist Kult nun wirklich?<br />

Früher war es einfach: der Kult galt ausschließlich<br />

den Göttern. Er bestimmte die Form,<br />

in der man solche hohen Wesen verehrte. Nur<br />

diese!<br />

Heute wird auch bei der Verehrung übertrieben.<br />

Obwohl es genug gibt, was man einfach nur<br />

schätzen sollte, das eine oder andere vielleicht<br />

sogar besonders, oder gern haben (– nicht lieben!<br />

Das bleibt, nach Gustav Heinemann, Bundespräsident,<br />

der Ehefrau oder bestenfalls der Freundin<br />

vorbehalten). Damals, als Heinemann mit diesem<br />

Hinweis auf die Liebe zu seiner Frau eine vorlaute<br />

Bemerkung zurückwies, herrschte Bescheidenheit<br />

auch noch bei der Verwendung von Begriffen.<br />

Bei der Verwendung oder auch der ›Verleihung‹<br />

des Kult-Status für unterentwickelte Autos<br />

oder sexuelle Absurditäten ist diese Bescheidenheit<br />

abhanden gekommen – und der Begriff Kult<br />

wurde abgewertet.<br />

Das geschieht immer so, wenn ein Begriff allzu<br />

unbedacht verwendet wird. (Gilt ebenso für<br />

zum Beispiel historisch, einmalig, unzählig.)<br />

K U L T ?<br />

IGdA-aktuell, <strong>Heft</strong> 1 (<strong>2008</strong>), Seite 28<br />

Und mit den abgewerteten Begriffen wird<br />

auch die Sache/der Sachverhalt abgewertet, den<br />

sie beschreiben oder bezeichnen sollen.<br />

Vielleicht ist es also schade um die Kultband?<br />

Die Bandmitglieder haben sich bisher noch nicht<br />

gegen ihre Einstufung verwahrt. Die Ente und<br />

andere Kultgegenstände können sich nicht verwahren.<br />

Armbanduhren sind mitunter nicht nur<br />

kultig, sondern sogar schön – mindestens wertvoll.<br />

Die Prozzi-Erzeugnisse verwehen – buchstäblich.<br />

Bleiben die Gaststätten. Mit oder in ihnen<br />

könnte man sogar noch nahe an den Ausgang<br />

unseres Begriffs zurückkehren, etwa, wenn man<br />

Mahlzeiten wieder wie die alten Römer oder sogar<br />

Griechen einnehmen würde: im Angesicht<br />

eines Götterbilds an der Wand, des Bacchus vielleicht,<br />

liegend auf einem Sofa und vorab den<br />

Göttern opfernd. Frauen blieben bei solchen<br />

Ge›lagen‹ freilich meistens ausgeschlossen.<br />

Kulte werden langfristig aufgebaut. Jedenfalls<br />

wurden sie das früher. Dafür hielten sie dann<br />

auch sehr lange. Religiöse Kulte hielten Jahrhunderte<br />

lang. Heute besteht eine Kultband oft nur<br />

Monate, bestenfalls ein Jahr. Kultgedichte, auch<br />

als Lieder oder Songs vertont, hört oder liest man<br />

mitunter ein paar Jahre lang. Die bildende Kunst<br />

hat den Vorteil, dass sie irgendwo (herum)steht<br />

oder liegt oder hängt, also nicht einfach verklingt<br />

wie Dichtung oder Musik. Also stößt man immer<br />

wieder einmal darauf. Und das hat den Nachteil,<br />

dass sie ebenso immer wieder für den negativen<br />

Kult-Begriff unserer Zeit in Anspruch genommen<br />

werden kann.<br />

Und Kult in der Sprache? Bedauerlich ist, dass<br />

zum Sprachkult ausgerech<strong>net</strong> Begriffe hoch›stilisiert‹<br />

werden, die man gern überhören würde.<br />

Scheiße zum Beispiel ist heute selbst in anspruchsvollen<br />

Theaterstücken, Filmen und anderen<br />

Werken mit literarischem Untergrund fast<br />

unvermeidlich, sozusagen ein Zeichen sprachlicher<br />

Emanzipation: Wir scheuen uns nicht, Begriffe<br />

zu verwenden, die früher noch das ›Unaussprechliche‹<br />

darstellten. Gevögelt wird übrigens<br />

mindestens ebenso oft.<br />

Das wäre nun nicht tragisch. Unaussprechliches<br />

sollte es in einer aufgeschlossenen Gesellschaft<br />

nicht geben. Aber Scheiße wird ja nicht nur<br />

verwendet, wenn es sich um solche handelt, sondern<br />

– viel zu oft und viel zu beliebig – zur Dar-


stellung von etwas, das auffällig abgewertet werden<br />

soll – und gedankenlos, aus ›lieber Gewohnheit‹<br />

sozusagen – als ob es dazu nicht genug andere<br />

Begriffe gäbe.<br />

Das Wort ist zu einem Kultbegriff geworden.<br />

Ich werde diesen Kult trotzdem nicht mitmachen,<br />

denn Kult will, dass man ihm folgt. Wer es<br />

nicht tut, ist aber noch längst nicht unkultiviert.<br />

Eine besondere Form mit entarteter Sprechkultur<br />

(–> Kult) umzugehen, ist die (Aus-)Wahl zum<br />

Unwort des Jahres, und Eckhard Henscheid hat<br />

mit seiner Wörtersammlung Dummdeutsch einen<br />

weiteren Beitrag zu diesem Thema geliefert.<br />

Kult wird natürlich auch mit Begriffen betrieben,<br />

mit denen man sich – im Sinne von ›modern‹<br />

oder ›in‹ – wichtig machen will. So ist es notwendig,<br />

überall, wo es hinzupassen scheint, aber<br />

Dieses Mal ist die Frage einfach:<br />

Wir, die wir uns mit Sprache beschäftigen,<br />

schrieben heute nicht mehr »seltenste Art« wie<br />

Thomas Mann oder »letztester Kuss« wie Goethe<br />

und steigerten nicht das Zahladjektiv einzig wie<br />

bei »Gute Nacht, Engel. Einzigstes, einzigstes<br />

Mädchen, und ich kenne ihrer viele«.<br />

Meine Frage ist nun: Kennt dieser Autor/diese<br />

Autorin den Duden nicht (zumal der Fehler wiederholt<br />

wird)? Und wer hat so etwas geschrieben?<br />

Auflösung des Sprachrätsels von <strong>Heft</strong> 4/2007:<br />

Auf den Spuren von Goethes Nachtlied(ern)<br />

Bei der Auflösung des Rätsels ist mir etwas<br />

Merkwürdiges passiert. Je mehr ich noch einmal<br />

recherchierte, um so verwirrter wurde ich.<br />

Schließlich kam ich mir wie eine Archäologin<br />

vor, die eine alte Stadt ausgraben will und unter<br />

der Stadt noch eine entdeckt und noch eine …<br />

Aber der Reihe nach.<br />

Ich hatte gefragt, ob Goethes Gedicht Ein gleiches<br />

ein Plagiat dieses Gedichtes ist:<br />

S P R A C H R Ä T S E L<br />

für Anspruchsvolle<br />

IGdA-aktuell, <strong>Heft</strong> 1 (<strong>2008</strong>), Seite 29<br />

auch dort, wo es überflüssig ist, etwas zu ›ver<strong>net</strong>zen‹,<br />

ein Netzwerk zu entdecken oder entstehen<br />

zu lassen.<br />

Und schließlich kann man den Kult auch einfach<br />

›mitklingen‹ lassen: Jakult ist irgend ein Gesundheitsdrink,<br />

sorry, Getränk (zweimal Kult;<br />

Scheiße). Es wird natürlich auf besonderen Kulturen<br />

gezüchtet, wie Kefir oder Joghurt auch,<br />

aber mit Kult klingt es einfach besser, zwingend –<br />

kultig –, und damit haben wir dann eindeutig<br />

einen Gipfel moderner Sprechkultur erreicht.<br />

(Anmerkung für Etymologen: Kult kommt von<br />

lat. cultus [deorum] = Götterverehrung, aus colee =<br />

bebauen/pflegen, auch geistig pflegen.)<br />

Unter allen Gipfeln ist Ruh’;<br />

In allen Wäldern hörest du<br />

Keinen Laut!<br />

Die Vögelein schlafen im Walde;<br />

Warte nur! Balde, balde<br />

Schläfst auch du!<br />

Horst Dinter<br />

Nur hatte ich die Frage offensichtlich falsch gestellt.<br />

Denn es kann kein Plagiat sein. Als Autor<br />

dieses Gedichts (Version 1 aus <strong>Heft</strong> 4/2007) galt<br />

Johann Daniel Falk, ein Gastfreund Goethes.<br />

Aber bei meinen nochmaligen Recherchen stellte<br />

ich fest, dass das (auch?) die ursprüngliche Fassung<br />

des Gedichtes sein soll, das Goethe am 6. 9.<br />

1780 (nicht am 7. 9. 1783, wie lange Zeit wegen<br />

des neben den Versen stehenden Datums angenommen<br />

wurde; an dem Tag hatte er die Inschrift<br />

erneuert; wohl weil sie ihm so wichtig<br />

war) an die Bretterwand der Jagdhütte auf dem<br />

Kickelhahn geschrieben hatte, in der er bei seinen<br />

einsamen Wanderungen durch die Natur öfter<br />

übernachtete. An besagtem Septembertag im Jahr<br />

1780 war er auf den »höchsten Berg des Reviers«<br />

gestiegen, »um dem Wuste des Städtchens, den<br />

Klagen, den Verlangen, der unverbesserlichen<br />

Verworrenheit der Menschen auszuweichen«,<br />

und schuf vermutlich aus dieser Stimmung heraus<br />

das Gedicht.<br />

Als die Hütte, die 1870 abgebrannt war, originalgetreu<br />

wieder aufgebaut worden war, wurde


die folgende Wiedergabe seiner Inschrift angebracht<br />

(die anscheinend nicht dem Original entspricht):<br />

Über allen Gipfeln ist Ruh,<br />

In allen Wipfeln spürest du<br />

Kaum einen Hauch.<br />

Es schweigen die Vöglein im Walde;<br />

Warte nur, balde<br />

Ruhest du auch.<br />

Falk schrieb die folgenden Verse als 1. Strophe<br />

des Wanderers Nachtlied in Anlehnung an Goethe:<br />

Unter allen Wipfeln ist Ruh;<br />

in allen Zweigen hörest du<br />

keinen Laut,<br />

die Vöglein schlafen im Walde:<br />

warte nur, warte nur, balde, balde,<br />

schläfst auch du!<br />

Nach eigenen Angaben hat er sie 1817 geschrieben,<br />

er könnte aber die Umdichtung von Hauch<br />

in Laut schon einige Jahre eher, also zu Heinrich<br />

von Kleists Lebzeiten, vorgenommen haben.<br />

Denn von Kleist stammt diese Version (Version 2<br />

aus <strong>Heft</strong> 4/2007):<br />

Unter allen Zweigen ist Ruh,<br />

In allen Wipfeln hörest du<br />

Keinen Laut.<br />

Die Vögelein schlafen im Walde,<br />

Warte nur, balde<br />

Schläfest du auch!<br />

Er hatte das Gedicht ohne Angabe von Ort und<br />

Datum auf einem Zettel notiert. Die Kleistforschung<br />

geht davon aus, dass es nicht vor 1805<br />

entstanden ist, da Kleist seine Handschrift damals<br />

umgestellt hatte. Er wird es aber auch nicht<br />

1808 als »Gegengedicht« oder gar Polemik gegen<br />

Goethe geschrieben haben, weil dieser die Uraufführung<br />

des Zerbrochenen Krugs am 2. 3. 1808 am<br />

Weimarer Theater durchfallen ließ (siehe die<br />

Wendung »Warte nur, balde/Schläfest du auch!«<br />

als Todesdrohung gegen Goethe …). Es könnte ja<br />

sein, dass Kleist sich an die genaue Version nicht<br />

mehr erinnert hatte. Aber er hat die Jagdhütte nie<br />

besucht, und in Goethes Werken ist das Gedicht<br />

erst 1815, vier Jahre nach Kleists Freitod, erschienen.<br />

Falk und Kleist wiederum sind sich im<br />

Sommer 1803 in Dresden begeg<strong>net</strong>.<br />

Kannte daher Kleist die Verse? Kaum. Aber<br />

woher dann? Lange nahm man an aus der von<br />

August von Kotzebue herausgegebenen Zeitschrift<br />

Der Freimütige, oder Berlinische Zeitschrift<br />

für gebildete, unbefangene Leser, in er in jedem <strong>Heft</strong><br />

IGdA-aktuell, <strong>Heft</strong> 1 (<strong>2008</strong>), Seite 30<br />

gegen Goethe giftete. Am 20. 5. 1803 hatte er<br />

Goethes Verse in einer Übersetzung aus der englischen<br />

Zeitschrift The Monthly Magazine anonym<br />

mit der Variante Vögel statt Vöglein veröffentlicht<br />

(die dritte Version aus <strong>Heft</strong> 4/2007):<br />

Über allen Wipfeln ist Ruh<br />

In allen Zweigen hörst du<br />

Keinen Hauch;<br />

Die Vöglein schlafen im Walde,<br />

Warte nur, balde<br />

Schläfst du auch.<br />

Aber inzwischen ist man fündig geworden. Denn<br />

der Autor des vom Monthly Magazine aus dem<br />

Deutschen übersetzten Artikels war der Schriftsteller<br />

und Philosoph Joseph Rückert, der das<br />

Gedicht bereits im September 1800 in einem<br />

Aufsatz unter dem Titel Bemerkungen über Weimar<br />

in drei Lieferungen in der Zeitschrift Genius der<br />

Zeit veröffentlicht hatte.<br />

Haben also Kotzebue beziehungsweise Rückert<br />

Goethes Verse »verballhornt«? Anderseits könnte<br />

diese Version auch beim Hin- und Herübersetzen<br />

aus dem Deutschen ins Englische und wieder zurück<br />

entstanden sein. Woher Joseph Rückert die<br />

Verse, die zu seinen Lebzeiten nicht gedruckt<br />

waren, die Verse kannte, ist (bisher) unbekannt.<br />

Die Gelehrten streiten also nicht darüber, ob das<br />

Gedicht ein Plagiat ist, sondern wer warum<br />

wann was geschrieben hat.<br />

Nach dem ganzen Durcheinander mit »Unter«<br />

und »Über«, mit »Wipfeln«, »Gipfeln« und<br />

»Zweigen«, »Laut« und »Hauch« und Ausrufezeichen<br />

hier noch einmal Goethes Gedicht Ein<br />

gleiches*:<br />

Über allen Gipfeln<br />

ist Ruh,<br />

In allen Wipfeln<br />

Spürest du<br />

kaum einen Hauch;<br />

Die Vöglein schweigen im Walde.<br />

Warte nur, balde<br />

Ruhest du auch.<br />

Um die Frage zu beantworten, warum die Verse<br />

Ein gleiches heißen: 1776 hatte Goethe das Gedicht<br />

Wandrers Nachtlied geschrieben, dem er<br />

Über allen Gipfeln ist Ruh … gleichsam als Antwort<br />

gegenüberstellte:


Der du von dem Himmel bist,<br />

Alles Leid und Schmerzen stillest,<br />

Den, der doppelt elend ist,<br />

Doppelt mit Erquickung füllest,<br />

Ach! ich bin des Treibens müde!<br />

Was soll all der Schmerz und Lust?<br />

Süßer Friede:<br />

Komm, ach komm in meine Brust!<br />

In diesem Gedicht drückt Goethe die Sehnsucht<br />

des an der Unvollkommenheit der Welt leidenden<br />

Wanderers nach Ruhe aus, in Ein gleiches ist<br />

das Leiden nicht mehr das Thema, sondern die<br />

Erlösung davon: Das »Treiben« wird zur »Ruh«.<br />

Goethe hatte beim Druck seiner Werkausgabe<br />

1815 bestimmt, dass die beiden Gedichte immer<br />

zusammen gedruckt werden. Nur wurde das<br />

zweite Gedicht immer wieder unautorisiert abgedruckt,<br />

und wurde so zum berühmtesten Gedicht<br />

der deutschen Sprache … (Die heute per Abmahnung<br />

so bekämpfte ungenehmigte Verbreitung<br />

von Gedichten und Texten im Inter<strong>net</strong> hat also<br />

nicht nur Nachteile.)<br />

IGdA-aktuell, <strong>Heft</strong> 1 (<strong>2008</strong>), Seite 31<br />

Aber noch einmal zurück zum Sprachrätsel: Johannes<br />

Daniel Falk ist auch der Verfasser von O<br />

du fröhliche.<br />

* Es gibt eine Anekdote zu dem Gedicht: Goethe<br />

wurde Jahre später, am 27. 8. 1831, also am Vorabend<br />

seines 82. Geburtstags, ein besonderer<br />

Wunsch erfüllt: Er fuhr mit dem Berginspektor<br />

Mahr auf den Kickelhahn, um sich das Gedicht<br />

anzuschauen. Er war sehr ergriffen, wie Mahr berichtet:<br />

»Goethe überlas diese wenigen Verse,<br />

und Tränen flossen über seine Wangen. Ganz<br />

langsam zog er sein schneeweißes Taschentuch<br />

aus seinem dunkelbraunen Tuchrock, trock<strong>net</strong>e<br />

sich die Tränen und sprach in einem sanften,<br />

wehmütigen Ton: ›Ja, warte nur, bald ruhest du<br />

auch!‹, schwieg eine halbe Minute, sah nochmals<br />

durch das Fenster in den düstern Fichtenwald<br />

und wendete sich darauf zu mir, mit den Worten:<br />

»Nun wollen wir wieder gehen!«.<br />

Literatur u. a. www.goethezeitportal.de/index.php?id=2366);www.literaturkritik.de/public/rezension.php?rez_id=8927&ausgabe=200601<br />

Nachlese zum Jahrestreffen der IGdA 2007<br />

»Wolfram von Eschenbach legt Wert darauf, von<br />

den Damen am Hofe als Ritter, nicht als schützender<br />

Minnesänger und Bücherschreiber geschätzt<br />

zu werden.« So lese ich mit großem Interesse<br />

im eindrucksvollen Museum von Wolframs-<br />

Eschenbach. Und weiter: Ȇber Damen und<br />

übers Dichten traut er sich ein Urteil zu. Für edle<br />

Damen will er kämpfen, und sie allein sollen<br />

auch über ihn urteilen. Gegen die Leichtfertigen,<br />

die mit den losen Sitten, beißt sein Spott wie eine<br />

Zange. Eine von denen hat ihn einst gekränkt.<br />

Damals hat ihm Frau Minne nicht geholfen.«<br />

D A M E N V O M H O F E<br />

Die eigene Frau nennt Wolfram (so steht’s geschrieben)<br />

nicht frouwe – edle Dame –, sondern<br />

wip, mit dem alten Wort für die »liebe Frau«. Er<br />

sagt im Willehalm, dass er gerne mit ihr schläft.<br />

Aber er möchte sie lieber nicht in diese dekadente<br />

höfische Gesellschaft mitnehmen, auf deren<br />

Applaus er angewiesen ist.<br />

Liebe Leserinnen, liebe Leser! Wenn ich das<br />

auf unsere Tagung in Wolframs-Eschenbach<br />

übertrage und mir Bilder aus der Damalszeit und<br />

der Jetztzeit ansehe, dann amüsiere ich mich<br />

köstlich. Und ich hoffe, Sie auch:


Das sind Frauen, die man vor dem falschen Beifall<br />

der höfischen Gesellschaft schützen sollte.<br />

Und diese Frauen?<br />

Da sind aber schon (ob) zu ihrem Schutze die<br />

Männer dabei!<br />

IGdA-aktuell, <strong>Heft</strong> 1 (<strong>2008</strong>), Seite 32<br />

Und diese Frau, die uns das Loblied auf die Minne<br />

und den Ritter Wolfram singt (und ihren<br />

Mann meint) ist heute im Stadtrat (der CSU):<br />

In Wolframs-Eschenbach zeigte sich – manchmal<br />

–, dass es wohl noch immer an der Tagesordnung<br />

ist, wenn »man/n« allein entscheidet. Aber es<br />

zeigte sich auch, dass »frau« – also wip – die liebe<br />

Frau – sehr eigensinnig und selbstherrlich sein<br />

kann. Da frage ich mich, als heutige »Gesellschafterin«<br />

(eigenständig), ob sich überhaupt etwas in<br />

all den Jahren – immerhin so circa achthundert<br />

Jahre in Bezug auf die Weiblichkeit und ihr Vorhandensein<br />

in der Gesellschaft getan hat. Höfische<br />

Gesellschaft ist out, aber diplomatische, katzenfreundliche,<br />

schmeichlerische ist in. Ob man<br />

das eine verlogene Gesellschaft nannte? Ich weiß<br />

es nicht, ich weiß es auch für das Heute immer<br />

noch nicht. Aber heute gibt es einen lebenden<br />

Zeitzeugen in Wolframs-Eschenbach, der nicht<br />

nur über Wolfram und sein Werk, sondern auch<br />

über den Ort und seine Einwohner/innen viel zu<br />

erzählen hatte. Und – höfisch – war er auch, galant<br />

und gepflegt, und für seine »Waltraute«, die<br />

– in der Dichtung – uneheliche Tochter von Zeus<br />

Abenteuer mit Erda – »sang« er wirklich sein<br />

dichterisches Lied vom Ritter; zu Hause ließ er<br />

sein Weib auch nicht.<br />

Und unsere Frauen? Sie kamen allein oder mit<br />

Partner, oder der Dichter brachte sein wip mit,


und sie schienen sich wohlzufühlen in dieser Gesellschaft,<br />

die eigentlich eine Gemeinschaft ist,<br />

eine Gemeinschaft deutschsprachiger Autoren,<br />

die mit Wort und Sinn, mit Lust und Laune und<br />

mit viel Engagement besonders das mögen, was<br />

ihnen aus dem Bauch in den Mund fließt ... wie<br />

gebratene Tauben. Ach nein, das ist schon wieder<br />

eine andere Dichtung aus Märchen der Gebrüder<br />

Grimm.<br />

Manchmal ist das auch miteinander zu vergleichen<br />

... sinngemäß wohlgemerkt; und märchenhaft<br />

versprechen manche Texte den Himmel<br />

oder ein Stückchen davon. Und manche auch die<br />

Hölle. Wir aber, wir frouwe von heute (hück =<br />

kölsch), wir sind so frei und dürfen sagen, was<br />

uns gefällt und was nicht, und wir dürfen<br />

schweigen (falls wir können!), ehe wir verletzen.<br />

Manch eine/r von uns kann das und manch<br />

IGdA-aktuell, <strong>Heft</strong> 1 (<strong>2008</strong>), Seite 33<br />

eine/r kann es nicht. Und manchmal ist es<br />

peinlich und manchmal lächerlich, und ob das<br />

ritterlich ist oder nicht: ich tendiere zu schwesterlich<br />

und bin froh, in einer Demokratie zu leben.<br />

Ob ich nun einen Protestsong schreibe oder ein<br />

Liebeslied, habe ich ganz allein zu verantworten.<br />

Und so grüße ich die, die einmal die Luft<br />

einer jahrhundertalten-jungen Denkweise von<br />

Liebe und Leid und Wort und Unwort geschnuppert<br />

haben. Schließlich lebte der Ritter Wolfram<br />

so ungefähr von 1180 bis 1220.<br />

Wolframs-Eschenbach, die Damen »vom Hofe«<br />

und die Herren nebst Bürgermeister »von<br />

heute« – sie leben hoch!<br />

S I E G E R G E S C H I C H T E<br />

D E S 1 . N A C H W U C H S P R E I S E S D E R I G D A<br />

Hannah König<br />

A<br />

ls Kinder haben wir beide im Gras gelegen.<br />

Ich bin mit den Fingern durch dein<br />

schwarzes Haar gefahren, und du hast<br />

meine Lider geküsst und gesagt, dass du mich<br />

liebst.<br />

Aber das ist tausend Jahre her, und jetzt sitzt<br />

du mir gegenüber, und deine blauen Augen sind<br />

so leer und kalt wie der See, in dem wir früher<br />

gebadet haben.<br />

Ich will deine Hand nehmen, aber du ziehst<br />

sie weg. Kannst du dich nicht mehr erinnern?<br />

Weißt du nicht mehr, wie unsere Kleider nass<br />

waren, weil wir uns in den Morgentau am Waldrand<br />

warfen? Weißt du nicht mehr, wie das Gras<br />

an unseren Armen und Beinen klebte und wie<br />

scharfe Kanten deine Finger blutig schlitzten? Ich<br />

weiß es noch immer. Wie ich deinen Finger zu<br />

meinen Lippen führte und den Blutstropfen damit<br />

fing. Ich weiß noch, wie du schmeckst, wie<br />

du riechst, wie sich deine Haut anfühlt. Du hast<br />

all das vergessen.<br />

Deine Augen starren kalt und blau, und deine<br />

Hand liegt verkrampft auf dem Tisch. Du willst<br />

G R A S<br />

Waltraud Weiß<br />

etwas sagen, aber deine Lippen bleiben schmal<br />

und zusammengepresst.<br />

Ich weiß noch, wie wir unsere Kleider ans<br />

Ufer warfen und das Wasser eiskalt gegen unsere<br />

Beine schlug, als wir uns hinein fallen ließen.<br />

Und als unsere Münder sich berührten, waren<br />

deine Lippen zart und sanft. Sie waren nicht<br />

schmal. Dein Gesicht war entspannt und glücklich.<br />

Jetzt siehst du starr und leblos aus … nichts<br />

ist mehr übrig.<br />

Wir lagen im Gras, den Blick zum Himmel,<br />

der rötlich golden über uns hing und das Gras<br />

unter uns in schimmerndes Licht tauchte. Die<br />

Wassertropfen perlten silbrig von deinem nassen<br />

Haar. Deine Augen waren tief und blau und die<br />

einzige Wahrheit, an die ich glaubte. Jetzt sind<br />

sie fremd und einsam. Ich erkenne dich nicht.<br />

»Lass uns reden!«, sage ich und versuche<br />

stark zu klingen, so, als wäre ich ebenso kalt wie<br />

du. Aber meine Stimme zittert, und ich weiß,<br />

dass meine Augen bläulich schimmern, als wollten<br />

sie wie unser See aus seinen Ufern brechen.


Du wendest dein Gesicht von mir ab. Aber du<br />

kannst dich nicht gegen das wehren, was gesagt<br />

werden muss.<br />

»Es geht nicht mehr«, presst du hervor und<br />

schweigst, als wären es die letzten Worte, die du<br />

jemals an mich richten kannst.<br />

»Aber früher …«, setze ich an und verstumme.<br />

Du hast den Kopf ruckartig in meine Richtung<br />

gedreht, und plötzlich liegt wieder Gefühl<br />

in deinen Augen: Hass. Wut. Angst? Ich weiß es<br />

nicht. Du bist mir so fremd.<br />

Du willst nichts mehr von früher hören. Früher<br />

ist vorbei. Gestern soll gestern bleiben. Heute<br />

ist alles anders.<br />

»Warum tust du mir das an?«, flüstere ich.<br />

Du schweigst. Dann atmest du tief ein, und<br />

ich denke daran, wie du die Pusteblumen aus<br />

meiner Hand geblasen hast.<br />

»Ich möchte Kinder«, sagst du schließlich,<br />

und ich versuche zu verstehen. Dann fange ich<br />

an zu lachen. »Kinder?«, lache ich, »Kinder?«<br />

IGdA-aktuell, <strong>Heft</strong> 1 (<strong>2008</strong>), Seite 34<br />

Ich will Kinder mit dir. Das wollte ich immer.<br />

Ich lag auf dem Rücken im Gras und hielt deine<br />

Hand, und ich wollte, dass du der Vater meiner<br />

Kinder bist. Ich schwamm neben dir im See, ich<br />

küsste jede Stelle deines Körpers und ich wollte,<br />

dass du der Vater meiner Kinder bist.<br />

Aber du lächelst nicht.<br />

»Wir können keine Kinder miteinander bekommen,<br />

und das weißt du. Es geht nicht. Du<br />

weißt, dass es nicht geht, verdammt.«<br />

Und der See läuft über und das Wasser quillt<br />

über die Ränder meiner Augen. Ich denke daran,<br />

wie wir im Gras lagen, wie du meine Tränen getrock<strong>net</strong><br />

und mich in deine Arme genommen<br />

hast.<br />

Aber du stehst auf, drehst dich um, lässt die<br />

Tür hinter dir offen. Und du bist so fremd, dass<br />

ich nicht glauben kann, dass du mein Bruder bist.<br />

(Weitere Texte der Preisträger werden in den nächsten <strong>Heft</strong>en der aktuell abgedruckt.)<br />

Kategorie Lyrik: 44 Teilnehmerinnen und Teilnehmer,<br />

18 bis 23 Jahre, eingereicht wurden 100<br />

Gedichte.<br />

Das sind die Eckdaten. Der Preis wurde erstmalig<br />

in Wolframs-Eschenbach vergeben, wo wir<br />

– die IGdA – Jahreshauptversammlung hatten,<br />

aber vor allem unser vierzigjähriges Bestehen feierten.<br />

Es wurde Lyrik und Prosa gewertet, jeder<br />

Teilnehmer, jede Teilnehmerin konnten 1 bis 3<br />

Gedichte einreichen. Alle Texte waren anonymisiert,<br />

hatten also ein Kennwort.<br />

Ich kann nur über die Auswahl der Gedichte<br />

berichten. Wir waren immer zu dritt, Christian<br />

Brüning aus Köln, Renate Weidauer und Karl-<br />

Heinz Schreiber für jeweils einen Teil der Gedichte<br />

und ich, die auch für die Organisation und<br />

Auswertung der Beurteilungsbögen der Jurorinnen<br />

und Juroren zuständig war.<br />

Es war eine neue Erfahrung für mich, aber<br />

auch eine, die mir als Verlegerin gut tat.<br />

Ich muss sagen: Die Auswahl und die jeweilige<br />

Begründung der Juroren und Jurorinnen hat<br />

mich überrascht, manchmal auch amüsiert,<br />

manchmal auch gewundert. Ich bin zu der Überzeugung<br />

gekommen beziehungsweise hat sich<br />

P R E I S V E R D Ä C H T I G<br />

meine Überzeugung der subjektiven Begrenzung<br />

bewahrheitet, dass jeder nur das beurteilen kann,<br />

was und in wie weit er dieses Gebiet beherrscht,<br />

also so weit, wie seine Nasenspitze reicht oder<br />

sein Suppentellerrand geht. Trotzdem oder gerade<br />

deswegen finde ich genau diese Aus-Wahl<br />

gerecht oder sogar weise. Die Welt der Kunst ist<br />

immer eine subjektive Erkenntnis, sie ist aber<br />

auch ein Format, das sich ändert, bildet oder das<br />

stagniert. In diesem Rahmen kann sich alles bewahrheiten,<br />

was sich literarisch, malerisch, musikalisch<br />

umsetzen lässt. Natürlich gibt es Grenzen,<br />

die anerkannterweise weltweite Gültigkeit<br />

haben. Aber auch diese sogenannte Wahrheit<br />

(Dichtung und Wahrheit hat Goethe schon auseinander<br />

gehalten) ist oft zeitbedingt und daher<br />

auch widerlegbar.<br />

Ich möchte aber heute berichten, wie die Gedichte<br />

beurteilt wurden. Dank des Auswertungsbogen<br />

per Excel ist das gut zu erkennen. Eingeteilt<br />

war der Bogen in:<br />

Kennwort, Titel, Punktvergabe Waltraud, Renate/Karl-Heinz,<br />

Christian – Punkte insgesamt/<br />

Preiswürdig (ja, nein, vielleicht) lt. Waltraud,<br />

Renate/Karl-Heinz, Christian.


Bemerkungen der Juroren und Jurorinnen zu<br />

den einzelnen Gedichten von Waltraud zusammengefasst.<br />

So sah der Bogen aus ...<br />

Ich hatte vorgeschlagen, 6 Punkte für den besten<br />

Text und 0 bzw. 1 für den schlechtesten, also<br />

genau umgekehrt wie in der Schule, zu vergeben.<br />

Und schon beim ersten Text sehe ich folgende Beurteilung:<br />

5 – 2 – 5 (also zweifache Einigkeit).<br />

Und dann 3 – 2,5 – 3 (also wieder zweifache<br />

Einigkeit). Aber es gibt auch 1 – 0 – 4 – auch<br />

zweifache Einigkeit.<br />

Und so geht es bei fast allen Texten – selten<br />

eine Übereinstimmung, auch bei der Begründung<br />

sind wir uns selten einig, der eine meint: Thema<br />

verfehlt, die andere sagt: könnte was werden; erzwungen;<br />

nichtssagend; weniger wäre mehr; es fehlt<br />

was, aber auch überlegenswert; Kern gut …<br />

Letzten Endes sagen aber alle in der Spalte<br />

»Preiswürdig« immer wieder fast einstimmig<br />

»Ja« oder (eher öfter) »Nein«. Deshalb wunderte<br />

es mich oder auch nicht, dass wir bei dem Sieger<br />

alle einer Meinung waren.<br />

Ich muss sagen: Eine Siegerin! Das Gedicht<br />

Leben, Leben hat 18 Punkte und »ja!!! – ja – ja« =<br />

dreimal »Preiswürdig ja« erhalten, und zur Begründung<br />

steht dort »beste Sprache/Inhalt/<br />

Stil«.<br />

Auch die anderen Texte der Autorin, Terrat de<br />

Barcelona und Die Welt zu Füßen haben 14 bezie-<br />

Aus einem Zwischenbericht zu einem Literaturwettbewerb:<br />

»Wir haben uns für Texte entschieden, die durch ihre<br />

sprachliche Genauigkeit auffielen, ihre unbestechliche<br />

Formulierung, die vom ersten Wort bis zum letzten<br />

Satzzeichen markant war.«<br />

Den Siegern gratuliere ich jetzt schon herzlich.<br />

Denn das klingt ja geradezu nobelpreisverdächtig.<br />

Ein bisschen bin ich allerdings ins Grübeln<br />

gekommen. Eine bescheidene Frage, gibt es solche<br />

Texte? Ohne Lektorat? Ohne dass ein Satz, ja<br />

Wort, ja Satzzeichen geändert werden müssen?<br />

Und was bedeutet »sprachliche Genauigkeit (=<br />

Bedeutungsgenauigkeit)?« – So langsam habe ich<br />

das Gefühl, dass der Begriff zur Phrase geworden<br />

ist. Gern benutzt, ohne genau zu wissen, was<br />

er bedeutet. – Was ist eine »unbestechliche Formulierung«,<br />

die dazu auch noch durchgehend<br />

vom sozusagen ersten Buchstaben bis zum letz-<br />

P R E I S W Ü R D I G<br />

IGdA-aktuell, <strong>Heft</strong> 1 (<strong>2008</strong>), Seite 35<br />

hungsweise 17 Punkte und die Bemerkung Favorit.<br />

Es gibt einen weiteren Bewerber mit 18 Punkten,<br />

und zwar Sören Helm mit seinem Text Kilimandscharo,<br />

der allerdings nicht von allen Juroren<br />

und Jurorinnen als preiswürdig erachtet wurde.<br />

Es sind immerhin unter 44 Bewerbern zwei mit<br />

sehr guten Gedichten dabei. Die Siegerin in der<br />

Sparte Lyrik hat drei Gedichte eingereicht, die alle<br />

unter die besten zehn kamen. Ich finde das beachtlich<br />

und keineswegs mager.<br />

Mein Resümee zu diesem Wettbewerb, der<br />

mich viel Zeit und Nerven gekostet hat, ist jedoch<br />

ein positives:<br />

• Es gibt Interesse an Literatur.<br />

• Es gibt Interesse von jungen Menschen an<br />

Literatur.<br />

• Es gibt junge Menschen, die sich nicht nur<br />

über die Liebe äußern, sondern eine lebendige<br />

Gedankenwelt zeigen, die hoffen<br />

lässt.<br />

• Es gibt den Nachwuchs, der die Demographie<br />

der Literatur belebt.<br />

Ob mir die »Auslese« schmeckt oder nicht – das<br />

ist Geschmackssache. Und darüber sollte man –<br />

bekanntlich – nicht streiten.<br />

Waltraud Weiß<br />

ten Satzzeichen »markant« ist? Gibt es bestechliche<br />

Formulierungen? Müssen in einem auszeichnungswürdigen<br />

Text jedes einzelne Wort, ja jedes<br />

einzelne Satzzeichen markant = auffallend, ausgeprägt,<br />

hervorstechend, ausdrucksvoll, einprägsam,<br />

frappant (lt. Thesaurus von MS Word) sein? Überfordert<br />

das nicht den Leser?<br />

Und ich gratuliere natürlich auch den Ausrichtern,<br />

dass sie über zwanzig Texte bekommen<br />

haben, die perfekt sind. Bei meinen bisherigen<br />

Tätigkeiten als Jurorin war das leider nicht der<br />

Fall.<br />

Einen Glückwunsch auch den Jurorinnen und<br />

Juroren, weil sie in der glücklichen Lage sind,<br />

aus perfekten Texten die Siegertexte herauszusuchen.<br />

Aber ich beneide sie nicht bei ihrer Aufgabe.<br />

Wie will man aus Texten, die vom ersten<br />

Wort bis zum letzten Satzzeichen perfekt sind,<br />

die perfektesten Texte auswählen? – Kann man<br />

das Wort perfekt = bestmöglich, optimal, fehlerlos<br />

steigern? Formal ja, aber kann etwas optimaler


als optimaler oder fehlerloser als fehlerlos sein?<br />

Kann etwas trockener als trocken sein? In dem<br />

Zusammenhang: Ich habe eine gute Seite für Synonyme<br />

gefunden: www.wie-sagt-man-noch.<br />

de/synonyme/ und den Blog von Dr. Bopp, der<br />

Fragen zur deutschen Sprache beantwortet:<br />

www.canoo.<strong>net</strong>/blog/. Sehr zu empfehlen ist<br />

auch www.korrekturen.de/forum/.)<br />

Und was ist das perfekte letzte Satzzeichen?<br />

Da gibt es nur den Punkt. Mit einem Fragezeichen<br />

enden, ist ungewöhnlich, aber vielleicht<br />

noch erlaubt, aber Ausrufezeichen haben in<br />

einem perfekten Text nichts zu suchen. Die drei<br />

Auslassungspunkte am Ende eines Satzes »…«<br />

auch nicht (obwohl ich sie gern schreibe …). Zu<br />

oft in einem Text verwendet, gelten sie als Denk-<br />

oder Schreibfaulheit des Autors. Der Autor soll<br />

sagen, was er zu sagen hat, ohne »punktuelle«<br />

Andeutungen.<br />

Also, liebe Mitglieder, denken Sie bei Ihren<br />

nächsten Einsendungen zu Anthologien und<br />

Wettbewerben an unbestechliche, markante,<br />

sprachgenaue Formulierungen und Satzzeichen,<br />

IGdA-aktuell, <strong>Heft</strong> 1 (<strong>2008</strong>), Seite 36<br />

damit aus Ihrem perfekten Text der perfekteste<br />

wird.<br />

Jutta Miller-Waldner<br />

Haben Sie auch interessante Erfahrungen mit<br />

Wettbewerben oder Anthologieeinreichungen gemacht?<br />

Ich drucke sie gern ab.<br />

Aus einem Interview von Titus Müller von der<br />

Federwelt mit Dr. Martin Hielscher (Programmleiter<br />

Literatur, Verlag C. H. Beck) auf die Frage,<br />

warum Manuskripte scheitern:<br />

Sie scheitern letztlich daran, dass sie eben nicht<br />

hundertprozentig gut sind, nicht zwingend notwendig,<br />

dass ihnen dann doch etwas fehlt,<br />

sprachlich, strukturell, von der Geschichte her,<br />

dass das, was man daran dann noch nicht so gelungen<br />

findet, schwerer wiegt als das Gelungene.<br />

Die meisten Lektoren haben eben eine recht eng<br />

begrenzte Zahl von Plätzen zur Verfügung und<br />

müssen zwangsläufig eine strenge Auswahl treffen.<br />

A D V E N T S K A L E N D E R D E R I G D A<br />

Die IGdA stellte 2007 das erste Mal einen Adventskalender ins Netz und bat überregional um Einsendungen<br />

dazu. Die schönsten Gedichte hatte Waltraud Weiß, die den kleinen Wettbewerb betreute, hinter<br />

23 Türen versteckt, das allerschönste erschien am 24. Dezember und war von Birgit Bauer aus<br />

Abensberg (wir werden es in der Weihnachtsausgabe der aktuell vorstellen). Dieses Jahr wird wieder<br />

ein Adventskalender eingerichtet. Waltraud Weiß, Immendorfer Weg, 50829 Köln, oder adventskalender<strong>2008</strong>@<strong>igda</strong>.<strong>net</strong>,<br />

freut sich auf Ihre Gedichte!<br />

Das muss man dem Frühling hoch anrechnen: Jedes Jahr besingen ihn die Dichter, und trotzdem<br />

kommt er immer wieder. (Karl Valentin)


B Ü C H E R T I S C H<br />

Sandy Green: Schwebende Stille. Haiku. <strong>2008</strong>. ISBN 9783837016451.<br />

Maria Sassin: Mohrles fantastische Abenteuer. Edition Wendepunkt <strong>2008</strong>.<br />

Salvatore Pisciotta: Bitte lesen Sie: Mit Ernst und Lust. Edition IGdA <strong>2008</strong>, 74 S. ISBN 3890142850.<br />

L I T E R A T U R Z E I T S C H R I F T E N<br />

M I T S P I T Z E R F E D E R B E T R A C H T E T<br />

VEILCHEN<br />

Wer die Literaturzeitschrift Veilchen in die Hand<br />

nimmt, darf sich nicht vom ersten Eindruck des<br />

äußeren Erscheinungsbildes täuschen lassen. Zu<br />

mutmaßen, dass hier die Professionalität fehlt,<br />

stellt sich beim Lesen sehr schnell als grundlegender<br />

Irrtum heraus. Unverkennbar handelt es<br />

sich beim Veilchen um ein privates Projekt, das<br />

sehr ernsthaft, mit viel Liebe und äußerst zuverlässig<br />

betrieben wird. Dafür spricht, dass die<br />

Zeitschrift seit nunmehr fünf Jahren, in vierteljährlichem<br />

Rhythmus, regelmäßig erscheint. Bewundernswert<br />

ist, dass ohne ein übermäßiges<br />

Geldpolster und ohne Zuschüsse eine gute Literaturzeitschrift<br />

gemacht werden kann. Obwohl<br />

von der Höhe der Auflage her scheinbar für<br />

einen kleinen elitären Leserkreis gemacht, sind<br />

neue Leser willkommen. Als besonderer Service<br />

können ältere Ausgaben von der Website als pdf-<br />

File herunter geladen werden.<br />

Veilchen bietet allen, die gern schreiben und<br />

lesen eine wichtige Kommunikationsplattform.<br />

Dabei ist es ein besonderes Anliegen der engagierten<br />

Herausgeberin Andrea Herrmann, vor<br />

allem noch unbekannten Nachwuchsschriftstellerinnen<br />

und -schriftstellern eine Chance zu geben<br />

und deren Texte vorzustellen.<br />

Die ausgewogene Form der anspruchsvollen<br />

Kurzgeschichten und Gedichte spricht für sich.<br />

Es fällt auf, dass kein spezielles Genre bevorzugt<br />

wird, sondern dass die Zeitschrift durch eine<br />

bunte Mischung besticht. Interessanter Inhalt gepaart<br />

mit handwerklichem Können sind Voraussetzungen,<br />

um in die nähere Auswahl zu kommen.<br />

In den <strong>Heft</strong>en finden sich immer wieder<br />

IGdA-aktuell, <strong>Heft</strong> 1 (<strong>2008</strong>), Seite 37<br />

Gustostücke, die etwas ganz Besonderes sind.<br />

Von Zeit zu Zeit finden sich Artikel der Herausgeberin,<br />

die sich mit dem grundlegenden Thema<br />

Schreiben beschäftigen und angehenden Autoren<br />

gute Tipps geben.<br />

Ein weiterer wichtiger Bestandteil jeder Ausgabe<br />

ist der Rezensionsteil. Hier werden nicht<br />

nur von der Herausgeberin selbst Bücher von<br />

Autoren und Autorinnen vorgestellt, die vom<br />

etablierten Literaturbetrieb aufgrund zu geringer<br />

Auflagenhöhe und mangels fehlender Werbemaßnahmen<br />

kaum beachtet werden. Detaillierte<br />

Hinweise auf ausgewählte Literaturwettbewerbe<br />

runden die Informationsfülle ab.<br />

Bleibt noch zu erwähnen, dass das Cover jeder<br />

Ausgabe von einem Grafiker oder Künstler<br />

gestaltet wird. Beiträge mit bis zu vier Normseiten<br />

sind jederzeit willkommen.<br />

Dass das Veilchen inhaltlich längst den Kinderschuhen<br />

entstiegen ist und nicht mehr auf leisen<br />

Sohlen heimlich den Literaturblätterwaldweg<br />

entlang geht, ist erkennbar. Mein persönlicher<br />

Wunsch ist, dass das äußere Erscheinungsbild<br />

sich dem professionellen Inhalt anpasst und die<br />

Herausgeberin auch mal über eine ISSN nachdenkt.<br />

Veilchen. Hrsg.: Andrea Herrmann. Red.: Bismarckstr. 29,<br />

69198 Schriesheim, webmasterin@geschichten-manufaktur.<br />

de. 2,50 Euro, DIN-A4, ca. 26 S., 4 <strong>Heft</strong>e im Jahr, Aufl. 60<br />

Printexemplare, ca. 50 Downloads. Gründung: 2003. Veröffentlicht:<br />

Prosa, Lyrik, Rezensionen und Termine. Hinweise<br />

für Autoren: Zusendungen sind erwünscht. www.<br />

geschichten-manufaktur.de/veilchen.html<br />

Georg Walz<br />

W O H I N M I T M E I N E N T E X T E N : L I T E R A T U R A G E N T U R E N<br />

THOMAS SCHLÜCK – AGENTUR FÜR LITERATUR<br />

UND ILLUSTRATION<br />

Die Thomas Schlück GmbH repräsentiert Verlage<br />

wie St. Martin’s Press (USA), Simon & Schuster<br />

(UK) und Warner Books (USA), Agenturen wie


Writers House (USA), MBA (UK) und RDC (Spanien)<br />

und dadurch auch viele deutsche Autoren<br />

wie Andreas Eschbach, Prof. Meinhard Miegel<br />

oder Robert Gernhardt. Zur Kontaktaufnahme<br />

wird verlangt: ein Brief, in dem Sie etwas von<br />

sich erzählen und der gegebenenfalls eine Werkbibliographie<br />

enthält. Wenn noch nichts von Ihnen<br />

veröffentlicht worden ist, sind folgende Informationen<br />

sehr wichtig: Welche Verlage haben<br />

Ihre Manuskripte bisher geprüft? Haben Sie<br />

schon mit einem anderen Literaturagenten zusammen<br />

gearbeitet? In welches literarische Genre<br />

ist Ihr Buch einzuordnen? Wie umfangreich ist<br />

das Manuskript? Wenn es sich um ein Sachbuch<br />

handelt: gibt es vergleichbare Titel, die schon<br />

veröffentlicht worden sind? Ein Exposé (max. 3<br />

DIN-A4-S.) und eine Leseprobe (etwa 20 Seiten).<br />

Fügen Sie Rückporto bei, damit im Falle einer<br />

Absage die Unterlagen zurückgeschickt werden<br />

können. Bei der Vielzahl von eingesendeten Manuskripten<br />

kann bei einer Ablehnung keine<br />

detaillierte Begründung gegeben werden.<br />

Kontakt: www.schlueckagent.com/ index.php3?pcid=<br />

3&pdid=24&sessid=f32f4a1119233e112cecf771 oder<br />

Thomas Schlück GmbH, Hinter der Worth 12, 30827<br />

Garbsen, Tel. 5131/497560, Fax 5131/497589.<br />

Die integrative Theatergruppe Die Schattenspringer<br />

in Freiburg/Breisgau, der seit 1999 auch Stefan<br />

Boris Birk angehört, feiert in diesem Jahr ihr<br />

10-jähriges Bestehen. Derzeit proben sie William<br />

Shakespeares Ein Sommernachtstraum unter der<br />

Regie von Wolfgang Kapp. Premiere wird am 29.<br />

10. <strong>2008</strong> im Vorderhaus in Freiburg sein.<br />

Jutta Miller-Waldners Gedicht Frohe Weihnachten<br />

wurde in die Materialien für den katholischen<br />

Religionsunterricht des Religionspädagogischen<br />

Portals der katholischen Kirche in Deutschland(rpp-katholisch.de/Home/tabid/36/Default.aspx)<br />

aufgenommen. (Anmerkung: Ich erfuhr<br />

davon durch Zufall, da ich nicht um Abdruckerlaubnis<br />

gefragt wurde. Ich kann es mir noch nicht einmal<br />

ansehen, weil man sich dazu registrieren muss. Es ist<br />

wohl so wie beim Abdruck in Schulbüchern: Es geht<br />

um die Ehre, und da wird man nicht lange gefragt.<br />

Zumindest die Quelle ist angegeben: www.jokers.de.<br />

Es gibt unzählige Möglichkeiten, Texte im Inter<strong>net</strong><br />

einzustellen. Ich halte jedoch jokers.de ebenso wie<br />

Lyrikwelt.de für die besten, weil sie die Gedichte begutachten,<br />

bevor sie sie aufnehmen. Offensichtlich<br />

werden die Gedichte sogar gelesen, was bei über<br />

M I T G L I E D E R B E R I C H T E N<br />

IGdA-aktuell, <strong>Heft</strong> 1 (<strong>2008</strong>), Seite 38<br />

Achtung: Seit einiger Zeit gibt es seriös erscheinende<br />

Agenturen oder Literaturbüros wie die inzwischen<br />

sang- und klanglos verschwundene Agentur Lindbergh<br />

& Well, die Bücher wie üblich kostenlos vermitteln,<br />

sogar mit Vorschuss in Höhe von rd. 2.000<br />

Euro. Klingt gut, nicht wahr? Bedingung ist aber ein<br />

externes Lektorat (für Rechtschreibung und Grammatik),<br />

das rd. 11.000 Euro kostet. Oder es wird ein Vermittlungsvertrag<br />

abgeschlossen und später(!) wird<br />

das Lektorat verlangt. Auch der Deutsche Literaturverlag<br />

verlangt solch ein externes Lektorat. Aus den<br />

Webseiten ist das nicht ersichtlich, auch nicht zwischen<br />

den Zeilen. Bitte achten Sie genau darauf, was<br />

Sie unterschreiben, auch wenn Sie sich freuen, dass<br />

Ihr Buch endlich vermittelt wurde. Infos finden Sie<br />

unter anderem hier: http://voland-quist.de/verlagsblog/die-schwarzen-schafe-der-branche/204/<br />

und<br />

www.literaturcafe.de/rodja-smolny-lindbergh-wellbauernfaengerei/.<br />

Das Literatur-Café sammelt solche<br />

Fälle (ich übrigens auch – ich habe auch erst durch ein<br />

Mitglied davon erfahren). Bitte wenden Sie sich, falls<br />

Ihnen solche Angebote gemacht werden, an die Redaktion<br />

des Literatur-Cafés, redaktion@literaturcafe.de,<br />

oder miller-waldner@<strong>igda</strong>.<strong>net</strong>. Auch der NDR hat darüber<br />

berichtet: www.literaturcafe.de/rodja-smolnylindbergh-well-ndr-bericht/.<br />

Woran Sie dubiose Agenturen<br />

erkennen, finden Sie auf unserem Blog: www.<br />

<strong>igda</strong>. <strong>net</strong>/ blog/?p=2685.<br />

jmw<br />

23.000 Beiträgen bei jokers und sicher auch vielen bei<br />

der Lyrikwelt (nachzählen mag ich nicht …) erstaunlich<br />

ist.<br />

Liane Presich-Petuelli stellte in Shanghai auf<br />

Initiative und Einladung des österreichischen Generalkonsulates<br />

und der Shanghaier Stadtregierung<br />

gemeinsam mit 4 weiteren Künstlerinnen<br />

ihre Scherenschnitte vor. Bei der festlichen Eröffnung<br />

der Präsentation am 8. 11. 2007 im Beisein<br />

von Presse und Fernsehen sandte sie gemeinsam<br />

mit dem Bariton Hubert Steiner einen musikalischen<br />

Gruß aus Österreich in Form einer kleinen<br />

Schubertiade aus dem Klavier- und Liedwerk des<br />

Meisters.<br />

Maria Sassin wurde auf ngz-online unter dem<br />

Titel Aus Freude am Schreiben vorgestellt. Am 9. 3.<br />

<strong>2008</strong> las sie auf dem 2. Grevenbroicher Lesemarathon<br />

und am 1. 4. <strong>2008</strong> beim ökumenischen Frauenfrühstück<br />

in Rommerskirchen in der Samariterkirche.<br />

Außerdem liest sie etwa alle zwei Wochen<br />

im Altersheim St. Elisabeth, Rommerskirchen.<br />

Für die neue Schulbücherei der Gillbachgrundschule<br />

in Rommerskirchen hat sie die Bücherei<br />

zusammengestellt, Lesewerke katalogisiert


und Regale eingerichtet. Sie betreut die Bücherei<br />

im Rahmen ihrer Literatur-Arbeitsgemeinschaften.<br />

Lore Tomalla ist unter die Liedermacher gegangen.<br />

Ihr Song Lichter von Benijofar erlebte die<br />

Uraufführung bei einer Sendung des Kölner Bürgerfunks.<br />

Das Lied Hévizer Melodie wurde von<br />

Gabriella Hühn-Keller ins Ungarische übersetzt.<br />

Das neueste Lied, die Sonnenschein-Melodie, wird<br />

Zu <strong>Heft</strong> 4/2007<br />

Ganz herzlichen Dank für die Zusendung des<br />

neuen IGdA-Magazins – hatte es schon im Net<br />

entdeckt und mich vorgefreut. Wie immer sehr<br />

interessante Beiträge mit viel Spannweite!<br />

Maria Sassin<br />

Liebes Redaktions-Team, liebe Jutta,<br />

herzlichen Dank für das neue <strong>Heft</strong> in bewährter<br />

Qualität. Ich habe es während einer fiebrigen Erkältung<br />

in aller Ruhe gelesen und mich immer<br />

wieder anregen lassen. Mit Vergnügen habe ich<br />

anhand des Rückblickes vom »Küken« Gabriela<br />

Franze das 40. Jahrestreffen nacherlebt, freue<br />

mich mit Euch über das Gelingen. Auch Irmengard<br />

Hörnings Laudatio auf Ernest-Edmund Keil<br />

finde ich beachtlich. Neues von der Duden-Redaktion<br />

und aus dem Zitatenkästchen werden fast immer<br />

als erstes gelesen. Und dann geht es zur<br />

Feinarbeit ...<br />

Herzliche Grüße Euch allen und danke für alle<br />

Mühe.<br />

Cordula Scheel<br />

L E S E R F O R U M<br />

IGdA-aktuell, <strong>Heft</strong> 1 (<strong>2008</strong>), Seite 39<br />

voraussichtlich am 25. 5. <strong>2008</strong> im Literaten Cafe<br />

Libresso in Köln uraufgeführt.<br />

Dittmar Werner las zusammen mit Wolf<br />

Wondratschek in der Reihe Dichter im Doppelpack<br />

am 9. 4. <strong>2008</strong> in der Volksbank Groß-Gerau. Texte<br />

von ihm sind zu finden in Vers<strong>net</strong>z (Hrsg. Axel<br />

Kutsch); Das Gedicht, Nr. 15 (Hrsg. A. G. Leitner);<br />

Die Brücke, Nr. 146, und in Salto Mortale – ein<br />

nordhessisches Lesebuch (Hrsg. Kirsten Alers).<br />

40 Jahre IGdA – von Helmfried Knoll. Der Vortrag<br />

ist einfach super ... gelesen noch intensiver<br />

als gehört. Gedichte gut ausgewählt. Wie viele<br />

Autorinnen und Autoren ich kenne – das macht<br />

mich glücklich. Hermann Wischnat: Gedichtemacherei,<br />

was soll das? Es macht mich stutzig, es<br />

bringt mich ans Denken, dann ans Grinsen (so<br />

lange brauche ich) und dann denke ich, gut, dass<br />

wir Hermann Wischnat haben! René Marti habe<br />

ich leider nicht kennen gelernt, aber ich mag<br />

seine Texte sehr. Viel Lehrreiches von dir und<br />

Horst Dinter! Zwei so kluge Köpfe vorneweg –<br />

was wollen wir IGdA-Mitglieder mehr! Dann das<br />

»Küken« Gabriela Franze – der Artikel ist wunderbar,<br />

locker, voller Begeisterung, liebenswert.<br />

Danke auch an alle, die mit viel Engagement<br />

Buchbesprechungen machen, u. a. Cordula<br />

Scheel für das schöne Buch von Gabriele von<br />

Hippel-Schäfer und Traute Bühler-Kistenberger.<br />

Da wäre noch vieles zu erwähnen, z. B. »sie<br />

schreien, schrien, knien« und das mir bis dato<br />

unbekannte Wort »Onomatopoetikum« – das<br />

klingt wie »Klare Rinderbrühe mit Einlage«.<br />

Hipp-hopp – haste jut jemacht!<br />

Waltraud Weiß<br />

W I R G R A T U L I E R E N Z U M G E B U R T S T A G<br />

Suse Schneider-Kleinheinz, Friedberg, zum 80. am 16. März <strong>2008</strong><br />

Erna Rommel zum 83. am 19. Juni <strong>2008</strong><br />

Maria Bengtsson-Stier, Malmö/Schweden, zum 84. am 25. April <strong>2008</strong><br />

Heinz von der Wall, Ankum, zum 85. am 12. Mai <strong>2008</strong><br />

Der Schatzmeister der IGdA, Volker Wille, freut sich, wenn Sie Ihren Mitgliedsbeitrag für <strong>2008</strong><br />

(und gegebenenfalls für 2007, 2006 …) so bald wie möglich überweisen. Und die IGdA freut sich, weil<br />

sie Portokosten für Mahnungen spart. (Und er ist verwundert, wenn er nach der Mahnung, die er im<br />

Oktober verschickt, plötzlich Austrittserklärungen zum Ende des Jahres bekommt. Wenn es nun schon<br />

sein muss: Laut Satzung ist die Mitgliedschaft mit einer Frist von drei Monaten zum Jahresende schriftlich<br />

bei der Geschäftsstelle kündbar. Falls Sie die Satzung verlegt haben: Sie erhalten Sie bei der<br />

Geschäftsstelle, möglichst mit frankiertem und mit Adresse versehenem Rückumschlag.


I G D A - T E R M I N E<br />

E i n l a d u n g<br />

zum<br />

J A H R E S T R E F F E N mit J A H R E S H A U P T V E R S A M M L U N G 2 0 0 8<br />

mit<br />

A u s s t e l l u n g s m ö g l i c h k e i t I h r e r K u n s t w e r k e<br />

Die IGdA lädt ein zum Jahrestreffen mit JHV vom 25. bis 28. 9. <strong>2008</strong> in Scheinfeld im Steigerwald<br />

(Franken) (www.scheinfeld-online.de/). Unterkunft im Hotel Strohofer, Autohof Strohofer GmbH,<br />

Abtl. Hotel, Scheinfelder Str. 21, 96160 Geiselwind, Tel. 09556/18600, Fax 09556/18603, hotel@autohofstrohofer.de,<br />

www.autohof-strohofer.de/explorer<strong>net</strong>scape/start.html. EZ mit Bad und HP 59 Euro<br />

(preiswerte Kategorie, bitte frühzeitig reservieren, da nur 12 Zimmer zur Verfügung stehen), EZ/Komfort<br />

mit Bad und HP 68 Euro; DZ mit Bad und HP 57,50 Euro. Kostenlose Benutzung des Wellnessbereichs<br />

mit Schwimmbad und Saunen. Reservierung unter dem Kennwort: »Bücherwurm«. Tagungsgebühr:<br />

35 Euro (Überweisung bitte auf das Konto der IGdA, Postbank Hannover, Nr. 102088302, BLZ<br />

250 100 30, mit dem Vermerk »Jahrestreffen <strong>2008</strong>«). Anmeldung zum Treffen bis zum 15. 8. <strong>2008</strong> und<br />

Infos bei Jutta Miller-Waldner, Müllerstr. 22 e, 12207 Berlin, treffen<strong>2008</strong>@<strong>igda</strong>.<strong>net</strong>. Infos gibt auch der<br />

Ausrichter des Treffens, Hans Meyer, Druck + Papier Meyer GmbH, Südring 9, 91443 Scheinfeld, Tel.<br />

09162/92980, Fax 09162/929850, h.meyer@meyer-druck.com. Das Programm erfahren Sie im nächsten<br />

<strong>Heft</strong>.<br />

V O R S T A N D S W A H L E N : K A N D I D A T I N N E N G E S U C H T<br />

Liebe IGdA-Mitglieder,<br />

<strong>2008</strong> findet laut Satzung die turnusgemäße Neuwahl zum Vorstand der IGdA statt. Ich möchte Sie dazu<br />

ermuntern, sich Gedanken über geeig<strong>net</strong>e KandidatInnen zu machen. Eigenbewerbungen sind ausdrücklich<br />

erwünscht.<br />

Die Amtszeit des Vorstands beträgt drei Jahre. Die Wahl findet per Briefwahl statt. Die Durchführung<br />

der Wahl obliegt dem Wahlausschuss, zu dessen Vorsitzende Gabriella Hühn-Keller von der JHV<br />

bestimmt wurde.<br />

Bitte senden Sie Ihre Vorschläge bis zum 15. Juni <strong>2008</strong> an Jutta Miller-Waldner, Vorsitzende der<br />

IGdA, Müllerstr. 22 e, 12207 Berlin, oder vorstandswahlen<strong>2008</strong>@<strong>igda</strong>.<strong>net</strong>.<br />

Ich freue mich auf Ihre Vorschläge!<br />

Herzliche Grüße<br />

Jutta Miller-Waldner, 1. Vorsitzende<br />

A U S D E R G E S C H I C H T E D E R I G D A<br />

Regionaltreffen fanden statt in<br />

1971: Braunlage; 1974: Paderborn; 1975: Wien; 1977: Emden, Füssen, Mechtersen, Weißenburg (Bayern);<br />

1978: Weinstadt; 1979: Trippstadt; 1980: Wien; 1984: Backnang, Emden, Nürnberg; 1986: Backnang,<br />

Emden, Tarrenz/Tirol, Wendelstein, Wien; 1989: Weinstadt; 1993: Calw, Wien; 1994: Bamberg; 1995;<br />

Pfaffenhofen; 1996: 1. Emder Autorentage; Alicante/Spanien; 1998: 2. Emder Autorentage; 2001: Radstadt;<br />

2004: Rotterdamer Literaturtreff; 2005: Eisenstadt/Burgenland.<br />

IGdA-aktuell, <strong>Heft</strong> 1 (<strong>2008</strong>), Seite 40


N E U E S A U S D E R D U D E N - R E D A K T I O N<br />

Adjektive, die nur attributiv verwendet<br />

werden<br />

Einige Adjektive werden gewöhnlich nur attributiv<br />

gebraucht. Dies gilt zum Beispiel für Adjektive,<br />

die die räumliche oder zeitliche Lage angeben:<br />

»diesjährig, morgendlich, nächtlich«, u. a.:<br />

»eine nächtliche Ruhestörung«, aber nicht: »Die<br />

Ruhestörung war nächtlich, ... hat nächtlich stattgefunden.«<br />

Ebenso fehlen sowohl die prädikative als auch<br />

die adverbiale Verwendung bei Adjektiven immer<br />

dann, wenn sie z. B. Folgendes ausdrücken:<br />

- Zugehörigkeit, etwa: »das väterliche Haus«,<br />

»Hasenclever’sche Komödien«, aber nicht:<br />

»Das Haus ist väterlich« oder »Die Komödien<br />

sind Hasenclever’sch«.<br />

- Herkunft, etwa: »tierische Fette«, »rheinischer<br />

Tagebau«, aber nicht: »Die Schnitzel sind<br />

nicht pflanzlich, sondern nur tierisch zu fetten«<br />

oder »Der Tagebau ist rheinisch«.<br />

- Bereiche, etwa: »schulische Leistungen«,<br />

»wirtschaftliche Sorgen«, aber nicht: »Die<br />

Leistungen sind schulisch« oder »Die Sorgen<br />

waren wirtschaftlich«.<br />

sich als völligen/völliger Versager<br />

empfinden<br />

Ob sich jemand nun als völliger oder als völligen<br />

Versager empfindet, sagt nun wirklich nichts<br />

Entscheidendes über seine sprachliche Kompetenz<br />

aus. Beides ist möglich. Anders verhält es<br />

sich dagegen mit »sich erweisen«. Hier funktioniert<br />

allein: »Niemand erweist sich fortwährend<br />

als völliger Versager.« Woran liegt das?<br />

Es liegt daran, dass »empfinden« in unserem<br />

Beispiel zwar reflexiv verwendet wird, aber kein<br />

echt reflexives Verb ist. Wird nämlich ein nicht<br />

echt reflexives Verb, von dem eine Fügung mit<br />

»als« oder »wie« abhängt, reflexiv verwendet, ist<br />

sowohl der Bezug auf das Subjekt (im Nominativ)<br />

möglich als auch der auf das Reflexivpronomen<br />

(im Akkusativ): »Jeder hat sich schon einmal<br />

als absoluter/absoluten Versager empfunden.<br />

Der Filmpreisträger sieht sich schon als großer/großen<br />

Hollywoodstar.«<br />

Nicht echt reflexiv ist ein Verb dann, wenn<br />

statt des Reflexivpronomens (»mich, dich, sich«<br />

u. a.) auch etwas anderes eingesetzt werden<br />

Hätten Sie’s gewusst?<br />

Was Sie schon immer wissen wollten<br />

IGdA-aktuell, <strong>Heft</strong> 1 (<strong>2008</strong>), Seite 41<br />

Wenn solche Adjektive aber eine andere Bedeutung<br />

haben, gilt diese Beschränkung nicht:<br />

»Die Kompostieranlagen sind/arbeiten wirtschaftlich<br />

(= rentabel)«, »Er war sehr väterlich (=<br />

wie ein Vater)«.<br />

Nachstellung des unflektierten Adjektivs<br />

Bei der Stellung der Adjektive unterscheiden wir<br />

im Deutschen die prädikative, d. h. zur Satzaussage<br />

gehörende, und die attributive, d. h. beifügende<br />

Stellung. In der prädikativen Stellung<br />

bleibt das Adjektiv ungebeugt: »Dieser Mittelstürmer<br />

ist fantastisch!« Steht ein Adjektiv in attributiver<br />

Stellung, steht es in der Regel vor dem<br />

Substantiv und wird entsprechend flektiert: »ein<br />

fantastischer Mittelstürmer«, »der erboste Trainer«,<br />

»begeisterte Zuschauer«.<br />

Die Sprache der Werbung bedient sich gern<br />

der umgekehrten Variante: Substantiv plus unflektiertes<br />

Adjektiv. »Whisky pur«, »Henkell trocken«,<br />

»Krönung light«. Auch in der Umgangssprache<br />

werden solche Formulierungen oft gebraucht<br />

und fungieren dort als ausdrucksverstärkendes<br />

Stilmittel: »Sonntags gibt es bei uns im<br />

Moment Spargel satt!«; »Das ist einfach Leben<br />

pur.«<br />

könnte. Tut man dies, ist allerdings nur noch der<br />

Akkusativ möglich: »Jeder hat seinen Chef schon<br />

mal als absoluten Versager empfunden. Der Regisseur<br />

sieht den Filmpreisträger schon als großen<br />

Hollywoodstar.«<br />

Dagegen sind Verben wie »sich erweisen, sich<br />

verhalten, sich zeigen« usw. echt reflexive Verben.<br />

Bei ihnen kann man das Reflexivpronomen<br />

nicht durch etwas anderes ersetzen. Bei echt reflexiven<br />

Verben, von denen eine Fügung mit<br />

»als« oder »wie« abhängt, ist stets nur der Bezug<br />

auf das Subjekt (im Nominativ) möglich: »Fast jeder<br />

hat sich schon mal als ganz, ganz gewiefter<br />

Experte gezeigt.« »Der Filmpreisträger verhielt<br />

sich schon wie ein Hollywoodstar.«<br />

Adjektive, die nur prädikativ verwendet<br />

werden<br />

In der Regel können Adjektive wie »schön, trickreich,<br />

genau« auf drei verschiedene Weisen im<br />

Satz eingesetzt werden, und zwar<br />

1. als Beifügung, also attributiv: »der schöne Galan,<br />

die trickreiche Lösung, die genaue Startzeit«;<br />

2. als Teil des Prädikats, also prädikativ: »Der


Galan macht sich schön«, »Die Lösung ist trickreich«;<br />

3. als Umstandsbestimmung, also adverbial:<br />

»Der Galan raspelt schön Süßholz«, »Die<br />

Startzeit ist genau einzuhalten«.<br />

Allerdings: Es gibt sie auch hier – die berüchtigten<br />

Ausnahmen. Einige Adjektive nämlich<br />

werden nie als Beifügung verwendet. Adjektive,<br />

die nicht attributiv verwendet werden, sind aber<br />

meist auch adverbial nicht recht zu gebrauchen;<br />

so bleibt der prädikative Gebrauch. Solche Adjektive<br />

sind etwa »plemplem, futsch, kirre, quitt,<br />

schnuppe«, u. a.: »Ihr Steuerberater ist doch<br />

»du nascht« oder »du naschst«<br />

Der Wegfall des »e« in der Endung der 2. Person<br />

Singular (du) des Indikativ Präsens ist uns heute<br />

sowohl in der Umgangssprache als auch in der<br />

Standardsprache vertraut: »du hörst«, »du<br />

wäschst«, »du kommst« usw. Wohl kaum jemand<br />

käme auf die Idee, Formen wie »du beweisest«<br />

oder »du entkommest« noch zu verwenden.<br />

Bei Verben auf »-t« oder »-d« bleibt das »e« allerdings<br />

auch heute noch erhalten: »du findest«,<br />

»du gestaltest« etc. Das gilt jedoch nicht, wenn<br />

der Vokal des Verbs wechselt: »raten« – »du<br />

rätst«, »einladen« – »du lädst ein«. Manchmal<br />

kommt man bei der Verkürzung der Verb-Endung<br />

in der 2. Person Singular in Versuchung,<br />

aus lautlichen Gründen zu viel des Guten zu<br />

tun. Das Weglassen des »s« nach »sch« in Formen<br />

wie »du wäscht«, »du nascht«, »du wischt«<br />

ist in der Standardsprache nicht zulässig. Richtig<br />

muss es heißen: »du wäschst«, »du naschst«, »du<br />

wischst«.<br />

Vorsicht auch bei Verben, deren Stamm auf<br />

»-t« endet. Hier wird das »t« aus lautlichen<br />

Gründen im Schriftbild gern versehentlich unter<br />

den Tisch fallen gelassen: Dabei entstehen nicht<br />

korrekte Formen wie »du hälst« (halten), »du<br />

flichst« (flechten). Richtig sind hier aber nur die<br />

Formen »du hältst«, »du flichtst«. Lediglich beim<br />

Verb »bersten« wird in der 2. Person Singular die<br />

pho<strong>net</strong>isch vereinfachte Form »du birst (statt:<br />

birst-st)« verwendet: »Du birst ja vor Stolz!« Zugegebenermaßen<br />

handelt es sich hier um eine<br />

Verbform, die uns im sprachlichen Alltag so gut<br />

wie nie begegnen wird. Aber man kann ja nie<br />

wissen ...<br />

Ostern<br />

1. Genus und Numerus: Heute wird Ostern im<br />

Allgemeinen als ein Neutrum Singular aufgefasst:<br />

»Hast du ein schönes Ostern gehabt?«. Es<br />

wird jedoch vorwiegend ohne Artikel gebraucht:<br />

Für Sie nachgeschlagen<br />

IGdA-aktuell, <strong>Heft</strong> 1 (<strong>2008</strong>), Seite 42<br />

plemplem; jetzt ist Ihre ganze Abschreibung<br />

futsch. Das macht mich noch ganz kirre.«<br />

Zu diesen zählen einige Grammatiker auch<br />

»meschugge«; allerdings finden sich – vor allem<br />

aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts – auch<br />

Belege für den attributiven Gebrauch: »Heiliger<br />

Äskulap! Der du die Ärzte eingesetzt hast ... sowie<br />

die meschuggenen Patienten« (Kurt Tucholsky).<br />

Die meisten dieser Adjektive können auch<br />

nicht substantiviert werden. Nicht möglich: »So<br />

was ›Plemplemes‹ wie Sie hab ich ja noch nie erlebt.«<br />

»Ostern ist längst vorbei.« »Ostern fällt in diesem<br />

Jahr auf den 21. April.« In regionalem Sprachgebrauch<br />

wird »Ostern« noch verschiedentlich, in<br />

Österreich und in der Schweiz zumeist, als Plural<br />

aufgefasst und dann gewöhnlich mit bestimmtem<br />

Artikelwort gebraucht: »Wir verreisen erst<br />

nach den Ostern.« »Diese Ostern werden wohl<br />

verregnen.« »Ich werde diese Ostern in Berlin<br />

verleben.« »Nächste Ostern werde ich nicht zu<br />

Hause bleiben.« [...]<br />

In bestimmten formelhaften Wendungen ist<br />

der Plural allgemeinsprachlich und nicht regional<br />

begrenzt: »Fröhliche Ostern!« »Weiße Ostern<br />

sind zu erwarten.« »Ostern« wird heute im Allgemeinen<br />

nicht als Subjekt oder Objekt mit Artikelwort<br />

gebraucht, dafür treten dann Komposita<br />

ein: »Die Oster[feier]tage waren sehr anstrengend.«<br />

»Das Osterfest wird in diesem Jahr sicher<br />

schön werden.« »Die herrlichsten Ostertage habe<br />

ich dort verlebt.« (Nicht üblich: »Die Ostern waren<br />

sehr anstrengend.« Oder: »Das Ostern war<br />

sehr anstrengend.«) Als feminines Substantiv ist<br />

heute »Ostern« kaum noch gebräuchlich: »Letzte<br />

Ostern war verreg<strong>net</strong>.« In Norddeutschland wird<br />

»Ostern«, besonders in adverbialen Verbindungen,<br />

gelegentlich auch noch als maskulines Substantiv<br />

gebraucht: »letzten Ostern«. [...]<br />

2. Ostern/zu Ostern/an Ostern: Man kann sagen<br />

»Was hast du Ostern gemacht?« »Ostern hatten<br />

wir ein Familientreffen«. Ebenso korrekt ist es,<br />

die Festtagsbezeichnung mit einer Präposition<br />

anzuschließen.<br />

Neben »zu Ostern«, das bes. norddeutsch gebräuchlich<br />

ist, sagt man vor allem süddeutsch<br />

auch »an Ostern«: »Was hast du an Ostern gemacht?«<br />

»Zu Ostern hatten wir ein Familientreffen.«<br />

(aus: Duden 9 – Richtiges und gutes Deutsch. Mannheim<br />

2007.)


S E R V I C E<br />

(Angaben ohne Gewähr)<br />

W E T T B E W E R B E<br />

Achtung: Verlängerter Einsendeschluss für den 2. Nachwuchspreis der IGdA. Einsendeschluss ist nun<br />

der 15. Mai <strong>2008</strong> (Ausschreibung siehe <strong>Heft</strong> 4/2007).<br />

* * *<br />

In Erinnerung an den 1979 verstorbenen Hagener<br />

Lyriker Ernst Meister stiftet die Stadt Hagen seit<br />

1981 den Ernst Meister-Preis für Lyrik, Kulturpreis<br />

der Stadt Hagen. Der Preis besteht aus<br />

einem Hauptpreis (13.000 Euro) und zwei Förderpreisen.<br />

Mit dem Hauptpreis wird das Werk<br />

einer Autorin/eines Autors ausgezeich<strong>net</strong>, in<br />

dem auf besondere Weise die Verantwortung für<br />

Sprache und Poesie und das Bemühen um ihre<br />

lebendige und zeitgemäße Weiterentwicklung<br />

zum Ausdruck kommen. Für die Zuerkennung<br />

kann das gesamte literarische Schaffen oder auch<br />

ein hervorragendes Werk maßgeblich sein. Verlage,<br />

literarische Einrichtungen und Literaturvermittler<br />

sind berechtigt, Kandidat/innen für den<br />

Hauptpreis vorzuschlagen. Eigenbewerbungen<br />

sind nicht zulässig. Der/die Preisträger/in verpflichtet<br />

sich zu einer nicht honorierten Lesung<br />

in Hagen. Die Texte müssen in 6facher Ausfertigung<br />

vorliegen, ebenso die Bio-Bibliographie.<br />

Die zwei Förderpreise erhalten Nachwuchsautorinnen<br />

und -autoren. Eine/r von ihnen muss in<br />

Westfalen beheimatet sein. Die Gedichte sollen<br />

von Experimentierfreude und besonderer Aufmerksamkeit<br />

im Umgang mit Sprache zeugen.<br />

Preis: jeweils 2.250 Euro. Die Preise bestehen<br />

außerdem in einer nicht honorierten Lesung in<br />

Hagen und zwei honorierten Lesungen in umliegenden<br />

Städten. Eigenbewerbungen sind zugelassen.<br />

Teilnahmebedingungen für die Förderpreise:<br />

Nachweis einer eigenständigen, nicht im<br />

Selbst- oder Druckkostenzuschussverlag erschienenen<br />

literarischen bzw. literaturwissenschaftlichen<br />

Buchveröffentlichung. Einsendungen (max.<br />

12 lyrische Texte in 6facher Ausfertigung, mit<br />

Namen und Adresse versehen und eine Bibliographie)<br />

bis zum 30. 4. <strong>2008</strong> an Kulturamt Hagen,<br />

Hochstr. 71, 58095 Hagen. Kontakt/Infos:<br />

Sigrun Politt, Tel. 02331/2074870, sigrun.politt@<br />

stadt-hagen.de, www.hagen.de/web/de/webseiten/41/41_04/41_0401/41-0401.html<br />

Der mit 3.000 Euro dotierte Freudenthal-Preis<br />

wird vergeben für niederdeutsche Literatur. Ziel<br />

ist die Förderung plattdeutscher Mundart. Die<br />

unveröff. Texte – Gedichte, Kurzgeschichten,<br />

Hörspiele oder Spielszenen, die in sich ge-<br />

IGdA-aktuell, <strong>Heft</strong> 1 (<strong>2008</strong>), Seite 43<br />

schlossen sind (bei kleineren Arbeiten mind. 3,<br />

max. 5 Texte, bei großen Arbeiten wie Novelle<br />

oder Hörspiel 1 Text) – sollen 25 S. à 40 Zeilen<br />

nicht überschreiten. Die Texte (in 7facher Ausfertigung<br />

mit Angabe der Titel der Arbeiten und<br />

der Gesamtseitenzahl auf einem Extrablatt) sollen<br />

anonym sein und nur mit einem Kennwort<br />

versehen. In einem verschlossenen Umschlag, beschrieben<br />

mit dem gleichen Kennwort, sind<br />

Adresse, Tel.-Nr., Mailadresse und eine Kurzvita<br />

anzugeben. Der/die PreisträgerIn wird bei den<br />

»Soltauer Kulturdaag« der Freudenthal-Gesellschaft<br />

in Soltau oder bei den Soltauer Tagen zur<br />

Regionalliteratur mitwirken. Einsendungen bis<br />

zum 31. 5. <strong>2008</strong> an: Freudenthal-Gesellschaft e.<br />

V., Altes Rathaus, Poststr. 12, 29614 Soltau, Tel.<br />

05191/82205. www.lowlands-l.<strong>net</strong>/plattewelt/<br />

freudenthal.htm<br />

Unter dem Motto »WertFrei« hat der Bundesverband<br />

junger Autoren und Autorinnen e. V.<br />

(BVjA) aus Anlass seines 20jährigen Bestehens<br />

einen Wettbewerb ausgeschrieben. Jeder Teilnehmer<br />

darf sich an beiden ausgeschriebenen Sparten<br />

(Lyrik und Prosa) beteiligen. Preise: Die Gewinner<br />

werden zur Frankfurter Buchmesse <strong>2008</strong><br />

eingeladen, wo eine öffentliche Preiswürdigung<br />

einschl. Lesung stattfinden wird. Die besten Beiträge<br />

werden in einer Sonderausgabe des Literaturmagazins<br />

LiMa veröffentlicht.* Lyrik: bis zu 3<br />

unveröff. Gedichte; Prosa: 1 unveröff. Text mit<br />

max. 15.000 Zeichen (5 DIN-A4-S. bei 1,5 Zeilenabstand<br />

und 60 Zeichen pro Zeile). Jeder Text ist<br />

mit einem Kennwort zu versehen, das auch auf<br />

einem verschlossenen Umschlag stehen soll, der<br />

Kurzvita, Kontaktdaten und Mailadresse enthält.<br />

Ferner ist in dem Kuvert das über www.bvja-online.de/PDF/Teilnahmeanmeldung_WertFrei.<br />

pdf downloadbare Anmeldeformular ausgefüllt<br />

beizufügen oder beim BVjA anzufordern. Die<br />

Teilnahme ist für BVjA-Mitglieder kostenlos.<br />

Aufgrund des damit verbundenen Aufwandes<br />

wird von den anderen Teilnehmern ein Beitrag<br />

von 10 Euro erhoben (bei gleichzeitigem Verbandseintritt<br />

entfällt er)**. Der Betrag ist mit<br />

Einsendung der Beiträge fällig. Einsendungen in<br />

5facher Ausfertigung bis zum 31. 5. <strong>2008</strong> an:


BVjA e. V., Stichwort: »WertFrei«, Postfach<br />

200303, 53133 Bonn.<br />

* Der Preis ist ein bisschen dürftig, wenn man 10 Euro für<br />

die Teilnahme bezahlen muss. Dass die Reisekosten zur<br />

Preisverleihung übernommen werden, ist eigentlich selbstverständlich.<br />

Oder haben die Ausschreibenden vergessen anzugeben,<br />

wie hoch das Preisgeld ist, weil man ja nicht vorher<br />

weiß, wie viele Autoren einreichen werden?<br />

** Das ist natürlich clever. Hätten wir bei unserer Ausschreibung<br />

auch machen sollen. Aber die IGdA verlangt<br />

keine Teilnehmergebühr. Das ist in Deutschland auch<br />

(noch) nicht üblich im Gegensatz zu den USA.<br />

Dulzinea-Preis <strong>2008</strong>: Thema für <strong>Heft</strong> 12: moderne<br />

Naturlyrik, das Thema ist frei interpretierbar.<br />

Textart: Gedichte, Haiku bzw. Senryû, Einsendeschluss:<br />

30. 4. <strong>2008</strong>, für <strong>Heft</strong> 13: kritische Lyrik,<br />

Thema ebenfalls frei interpretierbar, Textart:<br />

Gedichte, Haiku bzw. Senryû. Einsendeschluss:<br />

30. 11. <strong>2008</strong>. Die <strong>Heft</strong>ausgaben Dulzinea 12 und<br />

13 sind Textgrundlage für die Vergabe der<br />

Preise. Jeder Autor kann mit beliebig vielen,<br />

auch bereits veröff. Texten teilnehmen. Anschrift,<br />

(kurz)biographische Angaben wie Geburtsjahr,<br />

Wohnort, Tätigkeit, evtl. Autorenhomepage und<br />

Mailadresse der Einsendung beifügen. Es erfolgt<br />

keine Rücksendung von Textbeiträgen (KEIN<br />

RÜCKPORTO BEILEGEN!). Die Autoren werden<br />

via E-Mail über eine Veröffentlichung informiert.<br />

Ausschreibungsergebnisse kann man(n)/ frau<br />

auch auf www.dulzinea.de erfahren. Bitte angeben,<br />

ob die Texte auch für spätere Ausschreibungen<br />

berücksichtigt werden dürfen. Preise: Dulzinea<br />

Lyrikpreis: 1.000 Euro, Haiku- u. Senryû-<br />

Preis: 250 Euro. Einsendungen an: Dulzinea,<br />

Zeitschrift für Lyrik und Bild, Postfach 1927,<br />

36009 Fulda, oder redaktion@dulzinea.de (Anhänge<br />

als Word-, RTF- oder Textdatei; � bitte<br />

keine 10 Dateien für 10 Texte verwenden).<br />

www.dulzinea.de/ly–rikzeitschrift.htm<br />

Anmerkung: Eine Veröffentlichung in der Dulzinea gilt<br />

als Auszeichnung, auch wenn man keinen Preis erhält.<br />

Deshalb empfehle wir, auf jeden Fall Texte einzusenden.<br />

jmw<br />

Bis zum 15. 6. <strong>2008</strong> können Texte (20 bis 100 S.)<br />

für den Floriana <strong>2008</strong> zum Thema Literatur und<br />

Utopie eingereicht werden. Unveröff. Werke<br />

sind erwünscht, aber nicht Bedingung. Eine Jury<br />

wählt neun Texte aus, die von den Autoren vom<br />

13. bis 15. 11. <strong>2008</strong> auf der Floriana präsentiert<br />

werden. Preis: 1. Preis 7.000 Euro, 2. Preis 3.500<br />

Euro, 3. Preis: 2.000 Euro. Einsendungen an:<br />

Marktgemeinde St. Florian, »Floriana <strong>2008</strong>«, Leopold-Kotzmann-Str.<br />

1, A-4490 St. Florian.<br />

Anlässlich des 30. Todestages des Schriftstellers<br />

Armin T. Wegner schreiben die Armin-T.-Wegner-Gesellschaft<br />

e. V. und amnesty internatio-<br />

IGdA-aktuell, <strong>Heft</strong> 1 (<strong>2008</strong>), Seite 44<br />

nal Schwelm/Wuppertal in Kooperation mit der<br />

Westfälischen Rundschau einen Wettbewerb<br />

aus zum Thema Menschenrechte. In der Tradition<br />

dieses Autors und seines Einsatzes für die<br />

Menschenrechte sind Autoren gebeten, Beiträge<br />

in jeglicher Form, von der Kurzgeschichte bis<br />

zum Rap-Text, zu verfassen (max. 15.000 Zeichen<br />

– 5 DIN-A4-S., 60 Zeichen pro Zeile, Arial). Der<br />

Beitrag ist in 5facher Ausfertigung abzuliefern,<br />

darüber hinaus in digitalisierter Form entweder<br />

per E-Mail oder auf PC-Diskette 3,5. Im letzteren<br />

Fall sind (wegen möglicher Diskettenschäden)<br />

zwei Disketten einzureichen. Der Beitrag ist mit<br />

Kennwort zu versehen und darf keinen Namen/<br />

Adresse tragen. Adressen- und biogr. Angaben<br />

von 10–15 Zeilen sind in einem Umschlag beizulegen,<br />

der das gleiche Kennwort trägt. Ferner ist<br />

dem Kuvert das über www.amnesty-schwelm.de<br />

oder www.armin-t-wegner.de downloadbare<br />

Anmeldeformular beizufügen. Auch die E-Mail<br />

bzw. die Disketten werden mit dem Kennwort<br />

versehen. Die besten Texte sollen in einem Leseheft<br />

veröffentlicht werden. Die Schirmherrschaft<br />

des Wettbewerbs trägt Günter Wallraff. Die<br />

Preisvergabe findet am 10. 12. <strong>2008</strong> (Tag der<br />

Menschenrechte, 60 Jahre Allgemeine Erklärung<br />

der Menschenrechte) statt. Die Beiträge werden<br />

bei einer Lesung in Wuppertal der Öffentlichkeit<br />

vorgestellt. Die Preisträger verpflichten sich, bei<br />

der Preisverleihung anwesend zu sein. Preise: 1.<br />

Preis: 1.000 Euro, 2. Preis: 750 Euro, 3. Preis: 500<br />

Euro und andere wertvolle Preise. Einsendungen<br />

bis zum 30. 6. <strong>2008</strong> an: Armin T. Wegner Gesellschaft<br />

e. V., Stichwort: Literaturwettbewerb, Else-Lasker-Schüler-Str.<br />

45, 42107 Wuppertal,<br />

oder literaturwettbewerb@amnesty-schwelm.de<br />

Für den Literaturpreis der Iris Kater Verlag &<br />

Medien GmbH werden unveröff. Kurzgeschichten<br />

– fantasievolle Texte der kreativen Weiterentwicklung<br />

unserer Sprache (was immer damit<br />

auch gemeint ist, jmw) und originelle Beiträge<br />

mit künstlerischer Eigenständigkeit (max. 6 S.,<br />

max. 11.000 Zeichen incl. Leerzeichen) gesucht.<br />

Keine thematische Vorgabe. Das MS muss einseitig<br />

bedruckt und kopierfähig sein (Blätter ungeheftet)<br />

und darf keinen Verfassernamen ausweisen.<br />

Anschrift, Tel.-Nr., E-Mail, Homepage,<br />

eine Übersicht betr. evtl. bisheriger Veröffentlichungen<br />

sowie Kurzvita sind in verschlossenem<br />

Umschlag beizufügen. Der Preis ist undotiert<br />

und eine ideelle Auszeichnung. Der Ausrichter<br />

behält sich vor, die besten Texte in einer (hoffentlich<br />

kostenlosen. jmw) Anthologie zu veröffentlichen.<br />

Einsendungen unter Angabe des Absenders<br />

bis zum 30. 11. <strong>2008</strong> (Poststempel) an: Iris


Kater Verlag & Medien GmbH, Kulturförderung,<br />

Literaturpreis <strong>2008</strong>, Hormesfeld 9 b, 41748<br />

IGdA-aktuell, <strong>Heft</strong> 1 (<strong>2008</strong>), Seite 45<br />

Viersen. Infos: www.katercom.de/kulturfoerderung/0344339a1212fb84b/index.html<br />

V E R Ö F F E N T L I C H U N G S M Ö G L I C H K E I T E N<br />

Unter dem Titel Pfötchen, Huf und Ringelschwanz<br />

ist ein Kinderbuch geplant mit Tiergeschichten<br />

für ein Tierheim in Deutschland. Der Erlös<br />

kommt ausschließlich dem Tierheim zu Gute.<br />

Phantasievolle Geschichten, in denen ein Tier<br />

über seinen Alltag (Tierheim oder Familie)<br />

spricht, eine Tier-Mensch-Beziehung aufgezeigt<br />

wird, tierische Protagonisten eine Rolle spielen<br />

u. ä. (25.000 Zeichen inkl. Leerzeichen, Times<br />

New Roman, 12 pt). Es gibt keine Belegexemplare;<br />

die Autoren bekommen das Buch zum<br />

Einkaufspreis. Einsendungen bis zum 30. 4.<br />

<strong>2008</strong> an: piaoffice@yahoo.com oder Pia Bächtold,<br />

Buchweg 18, 88239 Wangen, Tel. 07522/<br />

7075550. www.piabaechthold.beep.de<br />

Heitere und ernste Schilderungen betr. Tiere<br />

jedweder Art werden erbeten, Erlebnisse mit<br />

Hund, Katze, Schwein usw. Die Länge der Texte<br />

ist freigestellt, die Beiträge können schon<br />

veröffentlicht worden sein. Einsendungen<br />

(max. 5 Gedichte oder 3 Kurzgeschichten, 10<br />

Bilder, Illustrationen, Grafiken) bis zum 30. 4.<br />

<strong>2008</strong> an: richmondverlag@t-online (Bilder usw.<br />

im JPEG- bzw. Tif-Format) oder auf Diskette<br />

bzw. CD an: Richmond Verlag, c/o Hellmut<br />

Schmidt, Loderhofstr. 2, 92237 Sulzbach-Rosenberg,<br />

Fax u. Tel. 09661/53509.<br />

Für die High-Fantasy-Anthologie für Kinder<br />

zwischen 8 und 12 Jahren Von Drachenjungen,<br />

Elfenstreichen und Zwergenkindern (Arbeitstitel)<br />

werden Geschichten vom Pias-Verlag gesucht.<br />

Sie sollen in mittelalterlichen Fantasywelten<br />

spielen. Geschichten aus der realen Welt sind<br />

nicht erlaubt, auch »keine Geschichten in Fantasy-Parallelwelten,<br />

wie z. B. bei Harry Potter<br />

oder Narnia«. Die Geschichten sollen abgeschlossen<br />

von unserer Welt in unabhängigen<br />

Fantasywelten, wie z. B. Tolkiens Mittelerde,<br />

Aventurien (DSA) spielen. Moderne Technik<br />

(Autos, Glühlampen usw.) gibt es natürlich<br />

nicht, dafür magische Wesen und alle anderen<br />

Kreaturen und Besonderheiten der High Fantasy.<br />

Die Autoren müssen die Rechte besitzen,<br />

über die betreffende Welt schreiben zu dürfen.<br />

Das heißt, Geschichten, die z. B. auf Tolkiens<br />

Mittelerde spielen, sind nicht zulässig, da die<br />

Rechte des Erschaffers verletzt würden. Alle<br />

Elemente und Figuren der High Fantasy sind<br />

gestattet, müssen aber kindgerecht dargestellt<br />

werden. Die Handlung darf gruselig, actionreich<br />

und gefährlich werden, muss aber für Kinder<br />

nachvollziehbar und geeig<strong>net</strong> sein. Kinder in dieser<br />

Welt, die sich zu Helden entwickeln, sind gefragt<br />

und sollen wichtiger als Erwachsene dargestellt<br />

werden. Protagonisten können Tiere, Menschen,<br />

menschenähnliche oder magische Wesen<br />

sein wie Feen, Elfen oder Zwerge, ein Drachenkind<br />

oder ein Einhorn. Z. B.: Wie wachsen Zwergenkinder<br />

inmitten dunkler Stollen und unheimlicher Minen<br />

auf, welche Abenteuer gibt es dort zu erleben,<br />

welche Geheimnisse gibt es für die Gnomengeschwister<br />

hinter dem Wasserfall zu entdecken, wie<br />

verkraftet die Tochter eines Meistermagiers, dass<br />

ihr Vater bei einem missglückten Zauberritual um<br />

sein Leben kam usw. Die Geschichten sollen ein<br />

gutes Ende haben und Lebensmut und Freude am<br />

Leben lehren. Jeder Autor darf mehrere Geschichten<br />

einreichen. Einsendungen (max. 25.000<br />

Zeichen) versehen mit Kontaktdaten und Mailadresse<br />

bis zum 31. 7. <strong>2008</strong> an: geschichtenwettbewerb@thargannion.de<br />

oder (digitalisiert als<br />

CD, ggf. nachreichen, wenn die Geschichte ausgewählt<br />

ist) an: Janine Kau, Lindenweg 20, 53347<br />

Alfter. Infos: www.thargannion.de/thargannionwettbewerbeins.html<br />

Der Balthasar-Verlag will eine Anthologie-Reihe<br />

aufbauen. Die Bücher im Format DIN-A5 sollen<br />

150–250 S. haben. Partner sind eine etablierte Digitaldruckerei<br />

und ein Buchhandelssortimenter. Dadurch<br />

sind der Anschluss mehrerer Tausend deutscher<br />

Buchhandlungen und eine qualitativ hochwertige<br />

Ausstattung der Bücher gewährleistet. Für<br />

jede Anthologie (sie erscheint erst, wenn genug<br />

Beiträge zum Thema zusammen gestellt wurden)<br />

können mehrere Beiträge eingereicht werden. Neben<br />

Prosa (max. 10 DIN-A5-S., Times Roman, 10<br />

pt) und Lyrik können Zeichnungen und Fotos<br />

(nur s/w) eingereicht werden. Fotos unbearbeitet<br />

und möglichst mehr als 1 MB groß. Die Rechte<br />

werden dem Verlag lediglich für den Zeitraum der<br />

garantierten Lieferzeit der Anthologie (5 Jahre) eingeräumt*.<br />

Themen: 1) Die Farbe Blau: Lyrik, Prosa,<br />

Fotos. Es könnte in einer Geschichte z. B. darum<br />

gehen, wie ein Zimmer blau gestrichen wird – zum<br />

Beispiel von einem frisch verliebten Paar. 2) Begegnungen:<br />

Begegnungen in jeglicher Hinsicht zwischen<br />

Menschen, Freunden, Liebespaaren, Adoptierten<br />

und leiblichen Eltern, Kindern, mit einem<br />

Zirkusclown usw. Prosa (vorrangig) und Lyrik. 3)


Mordsgeschichten: Kurzkrimis, ein Mord ist<br />

Bedingung. 4) Indigene Völker: Berührung mit<br />

einem der rund 5.000 Natur- und Urvölker<br />

(Adivasi, Maori, Aborigines, Indianer, Indios,<br />

Zulu, Massai, Bantu, Inuit, Berber, Tuareg, Papuas<br />

usw.). Eingereicht werden können neben<br />

Prosa (z. B. Reiseerlebnisse, Erzählungen von<br />

Angehörigen der Völker) auch Zeichnungen<br />

und Fotos (auch in Farbe). Von jedem verkauften<br />

Exemplar sollen 50 Cent an die Gesellschaft<br />

für bedrohte Völker gespendet werden. 5) Abenteuer<br />

für Jungen und Mädchen von 7 bis 13:<br />

Geschichten, gerne auch Zeichnungen, von Indianern,<br />

Piraten, Rittern, Räubern, Prinzessinnen,<br />

tapferen Mädchen usw. Spannung, gern<br />

auch mit moralischen Werten, aber ohne erhobenen<br />

Zeigefinger. 6) Ein Blick durch das<br />

Schlüsselloch: Erotische Geschichten (keine<br />

Pornografie). 7) Weltenbummler: Reisegeschichten<br />

aus dem Orient (Prosa, Zeichnungen<br />

und Fotos, keine Märchen, sondern (auch fiktive)<br />

Geschichten mit realem Hintergrund). 8)<br />

Der Förderwettbewerb »Junge Wege in Europa«<br />

(gemeinsame Projekte von Schüler- und Jugendgruppen<br />

aus Deutschland und Mittel- und<br />

Osteuropa) bietet Schüler- und Jugendgruppen<br />

aus Deutschland, Mittel- und Osteuropa die<br />

Möglichkeit, Ideen, Interessen und Zukunftserwartungen<br />

in gemeinsamen Projekten zu verwirklichen.<br />

Dabei können sie sich mit interessanten<br />

Themen beschäftigen sowie neue Menschen<br />

und spannende Orte kennen lernen. Herkunftsland<br />

kann sein: Albanien, Belarus, Bosnien und<br />

Herzegowina, Bulgarien, Estland, Kosovo, Kroatien,<br />

Lettland, Litauen, Mazedonien, Moldawien,<br />

Montenegro, Polen, Rumänien, Russland, Serbien,<br />

Slowakei, Slowenien, Tschechien, Ukraine,<br />

Ungarn usw. Als Projektteilnehmer sind 13- bis<br />

21-Jährige angesprochen. Für die Ausschreibungen<br />

stellt die Robert Bosch Stiftung insgesamt<br />

500.000 Euro zur Verfügung. Wichtig ist,<br />

dass Projektidee und Projektplan gemeinsam mit<br />

dem Projektpartner und der Projektgruppe ausgearbeitet<br />

werden. Die über das von MitOst<br />

durchgeführte Programm bewilligte Fördersumme<br />

beträgt maximal 50 % der anerkannten Gesamtsumme.<br />

Die restlichen Kosten sind über<br />

Eigen- und Drittmittel zu finanzieren. Die Be-<br />

IGdA-aktuell, <strong>Heft</strong> 1 (<strong>2008</strong>), Seite 46<br />

Die Welt der Zukunft: Science-Fiction-Geschichten.<br />

Das Stöhnen im Gebälk: Poltergeister, Hexen,<br />

Vampire und ähnliche Spukgestalten (nur Prosa).<br />

9) Hunde: Kurzgeschichten rund um des Menschen<br />

liebsten Vierbeiner – amüsant, nachdenklich,<br />

frisch aus dem Leben erzählt. 10) Schnee: Lyrik<br />

und Prosa rund um Schnee, von Schneeballschlachten,<br />

verschmusten Nächten im Auto in<br />

einem Schneesturm usw. 11) Weihnachten: Heitere<br />

und besinnliche Geschichten und Gedichte rund<br />

um das Fest der Feste – für Erwachsene. 12) Geschichten<br />

aus der Lüneburger Heide. Einsendungen<br />

an anthobalthasar@gmx.de (nicht mehr als 15<br />

MB je Mail, ggf. mehrere Mails) oder in digitalisierter<br />

Form als CD an: Thorsten Behrens, Balthasar-<br />

Verlag, Am Kuhlenberg 1, 38518 Gifhorn. Tel.<br />

0173/7483587. Infos: www.ug-balthasar.de/Ausschreibungen/ausschreibungen.html<br />

* Fünf Jahre sind eine lange Zeit. Entscheiden Sie selbst, ob<br />

Sie die Rechte wirklich kostenlos abgeben möchten (Sie erhalten<br />

für Ihre Beiträge und/oder Fotos kein Honorar).<br />

P R O J E K T - W E T T B E W E R B<br />

werbung erfolgt mit einem Projektplan, in dem<br />

Idee, Ziele, Ablauf und die Kosten des Projekts<br />

aufgeführt sind. Ebenso enthält der Plan Angaben<br />

zu den Projektpartnern und der Teamstruktur<br />

(z. B. Nennung der Projektleiter und des<br />

Mentors). Die dafür vorgesehene Vorlage kann<br />

auf www.jungewege.de heruntergeladen und bis<br />

zum 15. 5. <strong>2008</strong> eingereicht werden an: Junge<br />

Wege in Europa, Programmleitung Astrid Stefani,<br />

Schillerstr. 57, 10627 Berlin. Die Unterschriften<br />

der Leiter der am Projekt beteiligten Institutionen<br />

dürfen nicht fehlen. Themen: Die Projektthemen<br />

sollen Ideen, Interessen und Zukunftserwartungen<br />

der Projektteilnehmer spiegeln und<br />

von ihnen gemeinsam erarbeitet werden. Hinweise<br />

zur Ideenfindung finden sich auch auf der<br />

Homepage. Orientieren kann man sich auch an<br />

folgenden Themenkategorien: Mitmachen und<br />

Einmischen; Eigenes, Fremdes, Gemeinsames; Jugend<br />

und Arbeitswelt; Medien und Information;<br />

Gemeinsames Europa; Innovation und Experiment<br />

u. a. Infos www.jungewege.de/ und www.<br />

jungewege.de/pdfs/Informationen_Bewerbung_0809-2.doc.<br />

Rückfragen: astrid. stefani@<br />

jungewege.de oder Astrid Stefani: 030/ 31517475.<br />

Alle aktuellen Ausschreibungen und Ausschreibungen, die nur per Mail eingesandt werden sollen<br />

(zur Zeit 57 für Wettbewerbe, 26 für Anthologien und 8 für Literaturzeitschriften), finden Sie auf<br />

http://www.<strong>igda</strong>.<strong>net</strong>/blog/

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