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katalog-overlapping voices - Ritesinstitute

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war die riesige kluft zwischen politischer Rhetorik<br />

und Praxis keine Überraschung. sie verzeichneten<br />

es als einen weiteren frustrierenden fall in der<br />

langen Reihe falscher versprechen, die man ihnen<br />

in ihrer kurzen geschichte als arabische minderheit<br />

im jüdischen staat seit der Unabhängigkeitserklärung<br />

im Jahr 1948 gegeben hatte.<br />

trotz der vorfälle vom oktober 2000 und ihrer auswirkungen<br />

auf die Beziehungen zwischen der jüdischen<br />

mehrheit und der arabischen minderheit<br />

ist der status der Palästinenser in israel seit 2001<br />

relativ stabil. Der status quo ist jedoch aus der<br />

sicht der arabischen Bürger keine wünschenswerte<br />

option. Die Privatisierung der wirtschaft und<br />

andere maßnahmen der Regierungspolitik verbreitern<br />

die sozioökonomische kluft zwischen Reich<br />

und arm in israel. nach allen indizes sind die arabischen<br />

Bürger die Ärmsten der armen im land.<br />

als gemeinschaft leiden sie unter der lange bestehenden<br />

Diskriminierung durch den staat, und um<br />

ihre sozioökonomische mobilität ist es sehr schlecht<br />

bestellt. Daher bemühen sie sich unablässig um<br />

eine Änderung in den systemimmanenten Ungerechtigkeiten,<br />

da dies eine voraussetzung für eine<br />

bessere Zukunft darstellt. Das politische verhalten<br />

und die erwartungen der arabischen Bürger israels<br />

haben sich in den letzten 60 Jahren dramatisch<br />

verändert. in den ersten zwei Jahrzehnten<br />

ging es um das Überleben. Die israelische staatsbürgerschaft<br />

war ein mittel zum Zweck, um in der<br />

heimat zu bleiben und die ausweisung zu verhindern.<br />

während dieser Periode war der größte<br />

traum die abschaffung der militärkontrolle und ein<br />

ende der Beschlagnahme von arabischem land<br />

durch den staat und seine Behörden. Die ergebnisse<br />

des krieges im Juni 1967 führten zu einer<br />

bedeutenden veränderung.<br />

Der sechstagekrieg änderte die politische wahrnehmung<br />

unter den arabern in der Region im allgemeinen<br />

und speziell unter den arabern in israel.<br />

Der kampf ums Überleben war gewonnen, und die<br />

neue, auch von den kommunisten vertretene politische<br />

agenda enthielt zwei forderungen an die<br />

israelische Regierung: die Besetzung des westjordanlandes<br />

und des gazastreifens zu beenden, um<br />

die errichtung eines palästinensischen staates neben<br />

israel und die vollständige gleichstellung der<br />

arabischen Bürger zu ermöglichen. Zu diesem<br />

Zeitpunkt bedeutete gleichstellung grundsätzlich<br />

das ende der gegen araber gerichteten Diskriminierung.<br />

von aktiven oder positiveren bürgerrechtlichen<br />

Zielen, die von einer anderen und klaren vision<br />

getragen werden, hörte man erst in den 90er<br />

Jahren. nach dem vertrag von oslo und dem friedensprozess<br />

in der mitte der 90er Jahre begannen<br />

palästinensische intellektuelle in israel ihre vision<br />

zu formulieren. sie meinten, dass das Paradigma<br />

der völligen gleichstellung als staatsbürger nicht<br />

mit der eigendefinition israels als jüdischer staat<br />

kompatibel sei. Diese Definition bezieht viele Juden<br />

mit ein, die außerhalb des landes leben, aber<br />

potenziell einfluss auf seine Politik haben. Zugleich<br />

grenzt israel als staat des jüdischen volkes seine<br />

arabischen Bürger aus und bereitet damit den weg<br />

für die Diskriminierung von nichtjuden, besonders<br />

von palästinensischen arabern.<br />

Epilog<br />

seit kurzem versucht die gesetzgebende versammlung<br />

israels, die knesset, eine verfassung auf dem<br />

konsensweg zu schaffen. Dieser versuch wurde<br />

von den arabischen Bürgern israels als ernsthafte<br />

Bedrohung für jede hoffnung gesehen, gleiche<br />

Rechte und chancen in israel zu erhalten.<br />

im gegensatz zu anderen fällen der weltgeschichte,<br />

in denen die verabschiedung einer verfassung<br />

ein festlicher anlass war, stellt der israelische<br />

versuch eine festschreibung des<br />

problematischen status quo der seit langem bestehenden<br />

Besetzung dar. Zu seinem 60. Jahrestag<br />

hat israel noch immer keine anerkannten grenzen,<br />

hat einen problematischen ansatz in puncto<br />

staatsbürgerschaft, und Besetzung und kolonisierung<br />

sind ein Dauerzustand. in einem solchen stadium<br />

der israelischen geschichte haben die Palästinenser<br />

im allgemeinen und die Bürger des<br />

jüdischen staates im Besonderen nichts zu gewinnen.<br />

Jede Zustimmung von ihrer seite zur vorgeschlagenen<br />

israelischen verfassung wird sich auf<br />

ihren kampf um gleichstellung hinderlich auswirken.<br />

Die gegenwärtig vorgeschlagene verfassung<br />

legitimiert den status quo und festigt die Definition<br />

von israel als einem jüdischen und demokratischen<br />

staat. eine solche verfassungsmäßige Definition<br />

von israel ist für die arabischen Bürger absolut inakzeptabel.<br />

Daher entschloss sich die politische<br />

und intellektuelle führung der arabischen minderheit,<br />

ihre eigene vision der jüdisch-arabischen Beziehungen<br />

zu veröffentlichen.<br />

Das erste Dokument mit dem titel „the future vision“<br />

(Die Zukunftsvision) wurde im Dezember<br />

2006 von einer gruppe politischer aktivisten und<br />

maßgebender arabischer akademiker unter der federführung<br />

von shawqi khatib, dem leiter des<br />

„high follow-up committee“, veröffentlicht. im<br />

märz 2007 publizierte dann adalah, das juristische<br />

Zentrum für arabische minderheitenrechte in israel,<br />

sein Dokument mit dem titel „Democratic<br />

constitution“ (Demokratische verfassung). Dieses<br />

Dokument weist viele gemeinsamkeiten mit „the<br />

future vision“ auf, konzentriert sich aber auf juristische<br />

themen. es handelt sich eigentlich um eine<br />

art grundrechte<strong>katalog</strong> aus der Perspektive der arabischen<br />

minderheit. Die letzte veröffentlichung<br />

dieser art erschien im mai 2007 unter dem titel<br />

„Document of haifa“ (Dokument von haifa). Dieser<br />

text wurde von Dutzenden intellektuellen und<br />

Bürgerrechtsaktivisten verfasst und unterzeichnet.<br />

Die treffen der gruppe fanden in haifa im mada-<br />

Zentrum für angewandte sozialforschung statt.<br />

Die drei Dokumente ergänzen einander und präsentieren<br />

die ansichten des politischen main-<br />

streams der Palästinenser in israel. es ist angezeigt,<br />

abschließend festzustellen, dass die<br />

Dokumente und ihre veröffentlichung in hebräischer<br />

und englischer sprache, zusätzlich zum<br />

arabischen, einen neuen trend in den führungskreisen<br />

der arabischen minderheit in israel darstellen.<br />

Diese kreise ergriffen die initiative, mit der<br />

jüdischen mehrheit in einen Dialog einzutreten,<br />

statt nur auf ihre ansichten zu reagieren. Zusätzlich<br />

zur inhaltlichen seite ist das eine sehr wichtige<br />

entwicklung, die von allen betroffenen seiten berücksichtigt<br />

werden sollte. Die araber in israel legten<br />

in den Dokumenten ihre konditionen für eine gleichberechtigte<br />

Partnerschaft mit der jüdischen mehrheit<br />

dar. Diese neue herausforderung der arabischen<br />

minderheit an den jüdischen staat ist<br />

Zeichen eines dramatischen wandels, mit dem sich<br />

die hegemonische mehrheit in Zukunft auseinandersetzen<br />

muss. aus israel einen normalen staat<br />

für alle seine Bürger zu machen, könnte auch die<br />

Beziehungen zwischen den Juden und den arabischen<br />

völkern im nahen osten normalisieren.<br />

Die palästinensische Katastrophe<br />

(Nakba)<br />

israel konstituierte sich am 15. mai 1948 mitten<br />

in einem krieg mit den Palästinensern und den benachbarten<br />

arabischen ländern als jüdischer<br />

staat. am ende dieses krieges, nach Unterzeichnung<br />

der waffenstillstandsabkommen im Jahr<br />

1949, wurde die tragweite der arabischen niederlage<br />

und der palästinensischen katastrophe für<br />

alle Beteiligten klar ersichtlich. Die winzige jüdische<br />

gemeinde in Palästina (etwa 650.000 Personen)<br />

konnte die Palästinenser (1.350.000) und<br />

die sie unterstützenden arabischen armeen besiegen.<br />

Die araber verabsäumten es, die errichtung<br />

des jüdischen staates zu verhindern. Zudem wurde<br />

israel auf einem größeren gebiet errichtet als vom<br />

teilungsplan der Uno vorgesehen. Der arabische<br />

staat, der für die Palästinenser vorgesehen war,<br />

wurde bis zum heutigen Datum nicht errichtet, und<br />

das palästinensische volk ist seit 1948 staatenlos.<br />

israel wurde auf etwa 77 Prozent des gebietes des<br />

historischen Palästina errichtet. Der Rest des<br />

landes wurde zwischen Jordanien (westjordanland)<br />

und Ägypten (gazastreifen) aufgeteilt. so<br />

konnte der Zionismus die erreichung seines größten<br />

Ziels (ein jüdischer staat) feiern, während die<br />

Palästinenser begannen, an den verlust ihres heimatlandes<br />

zu erinnern. Der name Palästina wurde<br />

aus der weltkarte und den landkarten des nahen<br />

ostens gestrichen. Palästinenser verloren ihr land<br />

und wurden zu einem staatenlosen volk, das in<br />

isolierte und ausgegrenzte gemeinschaften zersplittert<br />

wurde. Das ist kurz zusammengefasst das<br />

wesen der palästinensischen katastrophe im Jahr<br />

1948.<br />

Die palästinensische gesellschaft wurde zerstreut,<br />

und mehr als die hälfte (etwa 750.000) wurde zu<br />

flüchtlingen, die ihr heim, ihr land und ihren Be-<br />

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