Gruppenbezogene Menschenfeind - GEW
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BILDUNGSPOLITIK<br />
Elf Bundesländer<br />
nehmen an dem<br />
neuen Programm<br />
der Bund-Länder-<br />
Kommission teil.<br />
22<br />
E&W 6/2005<br />
Mehrsprachigkeit als Ressource nutzen<br />
Neue Modelle der Sprachförderung für Migrantenkinder in der Erprobung<br />
Dass Kinder und Eltern einer Grundschule<br />
„Rumpelstilzchen“ vorführen,<br />
ist nichts Sensationelles. Interessant<br />
wird die Vorführung des „internationalen<br />
Schulsprachenparlaments“ der<br />
Kautsky-Grundschule in Dortmund-<br />
Scharnhorst erst, weil die national<br />
bunt gemischte Gruppe daraus ein<br />
multilinguales und -mediales Ereignis<br />
gemacht hat. Das ungewöhnliche Experiment<br />
ist Teil eines Ansatzes, der<br />
die Herkunftssprachen der Kinder aus<br />
Einwanderungsfamilien als Ressource<br />
und nicht als Handicap betrachtet.<br />
Dahinter steht ein neues Konzept der<br />
Sprachförderung von Migrantenkindern,<br />
das in einem bundesweiten Modellversuch<br />
erprobt wird.<br />
Mütter lesen je einen<br />
Absatz auf Kurdisch,<br />
Arabisch oder Russisch<br />
vor, in ihrer<br />
Muttersprache. Ihre<br />
Kinder übersetzen<br />
mit eigenen Worten. Man merkt, sie tragen<br />
nichts auswendig Gelerntes vor – da<br />
wird dann schon mal eine „Goldschnur“<br />
aufgespult und das Rumpelstilzchen<br />
„tierisch sauer“. Schließlich liest ein<br />
deutsches Mädchen die „korrekte“<br />
Grimmsche Fassung vor. Die Szenen dazu<br />
werden gespielt, in Kostümen, die<br />
ein Vater geschneidert hat, Texte und<br />
Bilder werden an die Wand projiziert.<br />
In der monatelangen Vorbereitungszeit<br />
kamen die Eltern regelmäßig in die<br />
Schule. Volksmärchen und Sprachen<br />
wurden verglichen. Ehrgeizige russische<br />
Mütter, Analphabetinnen aus der Türkei<br />
und ihre Kinder haben bei diesem<br />
Stück gelernt, dass ihre Muttersprache<br />
wichtig ist und auch hier in der Schule<br />
etwas gilt, meint die Erzieherin Jamuna<br />
Kappel, die das Stück mit den Eltern vorbereitet<br />
hat. Sie arbeitet in der Ganztagsbetreuung<br />
der Schule, kommt aus<br />
Sri Lanka und bildet sich gerade für<br />
Sprachförderung fort.<br />
„FörMig“-Netzwerke<br />
Die Kautsky-Grundschule gehört zu einem<br />
der „FörMig“-Netzwerke. FörMig<br />
steht für das im vergangenen Jahr begonnene<br />
Modellvorhaben der Bund-<br />
Länder-Kommission für Bildungsplanung<br />
und Forschungsförderung (BLK)<br />
„Sprachförderung für Kinder und Jugendliche<br />
mit Migrationshintergrund“.<br />
Das auf fünf Jahre angelegte Programm<br />
orientiert sich am Erfolgsmodell SI-<br />
NUS, dem BLK-Projekt zur Förderung<br />
des mathematisch-naturwissenschaftlichen<br />
Unterrichts (s. auch E&W 2/2005),<br />
das an Hunderten von Schulen ein Umdenken<br />
ausgelöst und viele Beispiele<br />
guten Unterrichts hervorgebracht hat.<br />
Wie bei SINUS geht es bei FörMig<br />
nicht darum, ein von Wissenschaftlern<br />
ersonnenes Konzept für Sprachdiagnostik<br />
und -förderung zu erproben. Hunderte<br />
von Einrichtungen beteiligen sich<br />
in FörMig-Netzwerken. Initiativen in<br />
Schulen, Kindergärten, in der Jugendund<br />
Berufsbildung sollen gefördert und<br />
bewertet werden, um gute Modelle öffentlich<br />
zu verbreiten. Schulen sollen<br />
mit anderen Partnern zusammenarbeiten,<br />
von Kindergärten bis zu Jugendhilfeeinrichtungen.<br />
Und sie sollen unterschiedliche<br />
Verfahren zur Sprachdiagnostik<br />
und -förderung testen. Ihre Wirksamkeit<br />
wird dann wissenschaftlich<br />
überprüft.<br />
Elf Bundesländer nehmen am Modellversuch<br />
teil, darunter fast alle ostdeutschen.<br />
Gerade, weil hier Migrantenkinder<br />
viel weiter verstreut leben, entwickeln<br />
Schulen etwa in Brandenburg<br />
oder Sachsen ganz neue und andere<br />
Ideen zur Sprachförderung, meint die<br />
Projektleiterin Ingrid Gogolin, Erziehungswissenschaftlerin<br />
an der Uni Hamburg.<br />
Außen vor blieb der „harte Kern“<br />
der CDU-regierten Länder: Bayern, Baden-Württemberg,<br />
Hessen und Niedersachsen.<br />
Nicht, weil sie die Sprachförderung<br />
für überflüssig hielten. Ihnen ist<br />
Foto: David Ausserhofer