Heimatbrief Nr. 220 - Kreis Borken
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<strong>Nr</strong>. <strong>220</strong> / April – Juni 2012 HEIMATBRIEF 29<br />
Aus der Arbeit von Volksmissionaren<br />
Dass die Kapuziner 1629 nach <strong>Borken</strong> kamen und<br />
hier volksmissionarisch tätig wurden, geschah im<br />
Auftrag des damaligen Landesherrn, Fürstbischof<br />
Ferdinand I. von Bayern (1612-1650). Sie folgten den<br />
Jesuiten, die schon 1624 in <strong>Borken</strong> eingetroffen waren<br />
und sich „erfolgreich“ bemüht hatten, die Einwohner<br />
im katholischen Glauben zu festigen. Mit deren<br />
Standfestigkeit war es seinerzeit nicht zum Besten<br />
bestellt, wie die Ergebnisse von Visitationen und die<br />
ablehnende Haltung gegenüber Plänen des Landesherrn,<br />
katholische Truppen in <strong>Borken</strong> einzuquartieren,<br />
in einer aus der Sicht des Bischofs dramatischen<br />
Weise gezeigt hatten. Die Jesuiten konnten schon im<br />
gleichen Jahr in ihrem Bericht an die Ordensleistung<br />
die Rückkehr von 117 Personen zum alten Glauben<br />
vorweisen. Gleichzeitig aber verließen 70 z.T. begüterte<br />
Familien die Stadt, was der Bericht allerdings<br />
verschwieg.<br />
Dass die Kapuziner die Stadt schon wenige Jahre<br />
nach ihrer Ankunft wieder verließen, ist auf Ereignisse<br />
während des Dreißigjährigen Krieges zurückzuführen,<br />
denen sich auch <strong>Borken</strong> nicht entziehen konnte. Hessische<br />
Truppen nämlich hatten die Stadt besetzt und<br />
machten ein Verbleiben der Mönche unmöglich. Erst<br />
nach dem Friedensschluss von 1648 kehrten sie zurück<br />
und setzten ihre Arbeit mit umso größerem Eifer<br />
fort, diesmal im Sinne einer intensiven Gegenreformation,<br />
die Christoph Bernhard von Galen während seiner<br />
Zeit als Fürstbischof (1650 bis 1678) im Bistum<br />
Münster, betrieb.<br />
Barocke Pracht für Auge und Herz<br />
Dank der materiellen und<br />
finanziellen Unterstützung<br />
von Seiten der Stadtväter, die<br />
sich dafür anfangs gern aus<br />
den Geldern der Armenstiftung<br />
bedienten, und anderer<br />
Förderer gelang es den Mönchen,<br />
in <strong>Borken</strong> Fuß zu fassen.<br />
Bis sie die verfallene<br />
Kommende der Johanniter<br />
käuflich erwerben, wiederherrichten<br />
und Klosterleben<br />
sowie Seelsorge beginnen<br />
lassen konnten, vergingen<br />
einige Jahre. Doch das Warten lohnte sich letzten<br />
Endes und zahlte sich vor allem für die von langen<br />
Kriegsjahren zermürbte Bevölkerung aus. In langen<br />
Gottesdiensten, Andachten, Predigten - obendrein<br />
waren die Mönche beliebte Beichtväter - suchten und<br />
fanden die Menschen aus Stadt und Kirchspiel seelischen<br />
Trost. Sie bedankten sich dafür auf ihre Weise,<br />
wenn die Mönche unterwegs waren und zur Sicherung<br />
ihres Lebensunterhaltes um Almosen baten.<br />
(Bildquelle: www.heiligenlexikon.de)<br />
Nachdem sie sich einige Jahrzehnte mit der restaurierten<br />
Kirche der Johanniter begnügt hatten, errichteten<br />
die Kapuziner 1696 eine neue Kirche, in der sich<br />
in bescheidenem Umfang barocke Pracht entfaltete.<br />
Eine mächtige Altarwand, von der Einzelteile den<br />
rigiden Umbau am Ende des 19. Jahrhunderts überstanden<br />
und heute in einem neuen Altar ihren Platz<br />
gefunden haben, war der Blickfang für alle Gottesdienstbesucher.<br />
(Erinnerungsskizze von der Altarwand aus der Feder der aus <strong>Borken</strong><br />
stammenden Malerin Julia Schily-Koppers, 1844-1944)<br />
Das Kapuzinerkloster entwickelte sich im Laufe von<br />
Jahren zu einem festen Bestandteil der Stadt. Dass<br />
es einschließlich der Kirche letztlich mehr als 150<br />
Jahre in <strong>Borken</strong> Bestand hatte, spricht für die große<br />
Sympathie, die man seinen Bewohnern, zu denen im<br />
18. Jahrhundert auch zahlreiche Novizen gehörten,<br />
allgemein entgegenbrachte. Dass es im Jahr 1812<br />
endgültig aufgelöst wurde und in das Eigentum des<br />
Kaiserreichs Frankreich überging, ist die späte Folge<br />
des Reichsdeputionshauptschlusses von 1803, der<br />
neben der Säkularisierung der geistlichen Fürstentümer<br />
auch die Enteignung von Klöstern einschloss.