Kardinal Joachim Meisner
Kardinal Joachim Meisner
Kardinal Joachim Meisner
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Des Heiligen Apostolischen Stuhles geborener Legat<br />
er <strong>Kardinal</strong> hat einen anti-<br />
Drömischen Affekt. Das mag<br />
zwar überraschen, stimmt aber -<br />
was die Stadt Rom angeht. <strong>Kardinal</strong><br />
<strong>Joachim</strong> <strong>Meisner</strong> liebt<br />
Rom nicht. Zwar gibt es die<br />
Gräber der Apostelfürsten, den<br />
Vatikan und den Papst, aber der<br />
Lärm, der Autoverkehr, die<br />
Hitze im Sommer - all das liegt<br />
ihm nicht. Da ich hingegen ein<br />
Mensch bin, der Rom auch als<br />
Stadt geradezu liebt, führte dies<br />
immer wieder zu leidenschaftlichen<br />
Debatten.<br />
Der antirömische Affekt des<br />
Erzbischofs beschränkt sich<br />
allerdings auf Rom als Stadt. In<br />
kirchlichen Angelegenheiten<br />
ist er immer an der Seite Roms<br />
zu finden. Das bedeutet nicht,<br />
dass er, wenn es mit einigen Dikasterien<br />
der römischen Kurie<br />
sachliche Differenzen gibt, diese<br />
offen, mündlich oder schriftlich,<br />
thematisiert. Und wenn er<br />
zu einem persönlichen Gespräch<br />
beim Heiligen Vater ist,<br />
dann wird - das ist, ohne es zu<br />
wissen, zumindest meine Überzeugung<br />
- nicht nur höfliche<br />
Konversation gepflegt, sondern<br />
ebenso offen geredet. Doch geschieht<br />
dies auf Basis einer unzerstörbaren<br />
Liebe zur Kirche,<br />
die in Rom ihren sichtbaren<br />
Mittelpunkt und im Nachfolger<br />
des heiligen Petrus ihren von<br />
Gott geschenkten sichtbaren<br />
Fels hat. Schon als Bischof von<br />
Berlin erlebte er die Verbundenheit<br />
mit Rom geradezu als<br />
Lebenselixier. Mehrfach betonte<br />
ihm gegenüber der damalige<br />
Kirchenstaatssekretär der<br />
DDR, dass sie mit den wenigen<br />
Katholiken in der DDR schon<br />
fertig würden, wenn da nicht<br />
der Papst in Rom und damit die<br />
katholische Weltkirche im<br />
Hintergrund stünde.<br />
So ist <strong>Kardinal</strong> <strong>Meisner</strong> ein<br />
Mensch, der sich nicht nur hinter<br />
den Papst stellt, sondern,<br />
wenn gefordert, auch vor ihn<br />
und seine Mitarbeiter, selbst<br />
wenn dies zum Eklat führt. Ich<br />
erinnere mich an folgende Begebenheit:<br />
Es war bei einer der<br />
vielen Festveranstaltungen einer<br />
kirchlichen Institution. Einer<br />
der Festredner übte im<br />
75 Jahre <strong>Kardinal</strong> <strong>Joachim</strong> <strong>Meisner</strong><br />
Von Generalvikar Dominik Schwaderlapp<br />
Zum Geburtstag überreichte Generalvikar Dominik Schwaderlapp<br />
<strong>Kardinal</strong> <strong>Meisner</strong> eine Festschrift mit dem Titel „Spes nostra<br />
firma“ - „Unsere Hoffnung steht fest“. (Foto: Boecker)<br />
Rahmen seiner Ansprache harsche<br />
Kritik am damaligen Präfekten<br />
der Glaubenskongregation,<br />
Joseph <strong>Kardinal</strong> Ratzinger.<br />
Nach dem Ende dieser Rede<br />
ging <strong>Kardinal</strong> <strong>Meisner</strong> zu<br />
ihm und machte ihm unmissverständlich<br />
und auch für die<br />
Umstehenden hörbar deutlich,<br />
dass er es nicht akzeptieren<br />
könne, wenn er diese Festveranstaltung<br />
dazu missbrauche,<br />
den Präfekten der Glaubenskongregation<br />
zu attackieren.<br />
Dem Redner blieb nichts<br />
anderes übrig als zu antworten:<br />
„Ich nehme dies zur Kenntnis!“<br />
Niemand hat Freude an einem<br />
Eklat, auch nicht <strong>Kardinal</strong><br />
<strong>Meisner</strong>. Doch wenn es um die<br />
Liebe zur Kirche geht, treten<br />
politische Erwägungen in den<br />
Hintergrund. Ein Titel des Erzbischofs<br />
von Köln lautet: „Des<br />
Heiligen Apostolischen Stuhles<br />
geborener Legat.“ Das ist kein<br />
überkommener formaler Titel.<br />
<strong>Kardinal</strong> <strong>Meisner</strong> erfüllt ihn mit<br />
Leben.<br />
Von historischer Bedeutung<br />
war für die katholische Kirche<br />
nicht nur in Deutschland das<br />
Jahr 2005, das manche auch das<br />
„katholische Jahr“ nennen. Das<br />
Sterben Johannes Paul II. löste<br />
geradezu eine Jugendbewegung<br />
nach Rom aus. Millionen<br />
vor allem junger Menschen<br />
kamen, um sich von Johannes<br />
Paul II. zu verabschieden. Die<br />
Wahl Joseph Ratzingers zum<br />
Papst Benedikt XVI. brachte<br />
gerade der Kirche in Deutschland<br />
einen neuen Impuls. „Wir<br />
sind Papst!“ titelte ein großes<br />
deutsches Boulevardblatt und<br />
gab damit ein wenig die Stimmung<br />
in Deutschland wieder.<br />
Die Rolle, die <strong>Kardinal</strong> <strong>Meisner</strong><br />
im Konklave einnahm, unterliegt<br />
wie das gesamte Konklave<br />
der Vertraulichkeit. Aufgrund<br />
seiner freundschaftlichen Beziehungen<br />
zu <strong>Kardinal</strong> Ratzinger<br />
ist es sicherlich keine verbotene<br />
Spekulation anzunehmen,<br />
dass auch hier <strong>Kardinal</strong><br />
<strong>Meisner</strong> seinen Beitrag geleistet<br />
hat. Als er am Ende jenes<br />
Jahres in der Fernsehshow<br />
„Menschen 2005“ von Johannes<br />
B. Kerner gefragt wurde,<br />
wen er denn im Konklave gewählt<br />
hat, antwortete er: „Das<br />
darf ich nicht sagen, das will ich<br />
nicht sagen, aber das muss ich<br />
auch nicht sagen, denn ohnehin<br />
kann sich das wohl jeder denken.“<br />
Der Autor ist Domkapitular<br />
und Generalvikar des<br />
Erzbischofs von Köln.<br />
Kirchenzeitung Köln ● Sonderausgabe zum 25. 12. 2008 17