treng genommen ist das Ge- Sbiet, in dem ein Erzbischof sein Hirtenamt für die ihm anvertrauten Menschen ausübt, seine Diözese, für <strong>Kardinal</strong> <strong>Joachim</strong> <strong>Meisner</strong> die Ortskirche von Köln. Wer aber vom Heiligen Vater mit der Würde eines <strong>Kardinal</strong>s ausgezeichnet ist, gehört zum Senat des Papstes und nimmt in besonderer Weise teil an dessen Sorge um das Geschehen der Weltkirche. Diese katholische Kirche besteht eben nicht nur aus Deutschen und Westeuropäern in wohlhabenden Ländern. Zu ihr gehören ebenso die Menschen in den Elendsvierteln der Städte Brasiliens und Mexikos, die rechtlos gemachten Landarbeiter Lateinamerikas, diejenigen in den Müllbergen Manilas und Kairos oder die Menschen am afrikanischen Äquator. Schon zu Zeiten der Kölner 26 75 Jahre <strong>Kardinal</strong> <strong>Joachim</strong> <strong>Meisner</strong> Einmal sehen ist besser als zehnmal lesen Randnotizen zu <strong>Kardinal</strong> <strong>Meisner</strong>s Reisen in die Weltkirche / Von Erich Läufer Kardinäle Josef Frings und Joseph Höffner gab es Hilfen des „reichen Bistums“ in viele Teile der Weltkirche unter dem Motto „Ortskirche im Dienst der Weltkirche“. Dieses Denken und Handeln hat <strong>Kardinal</strong> <strong>Meisner</strong> nahtlos übernommen. Die zahlreichen Informationsreisen, besonders die längeren in den ersten Jahren als Erzbischof von Köln, dienten der klärenden Information und waren nie ein Produkt schierer Reiselust. Persönlich an Ort und Stelle zu sehen, wie es um die Glaubensbrüder und -schwestern steht, ist besser als zehnmal darüber zu lesen. Hier geht es nicht um eine umfassende Chronik jener Erkundungen in die Weite der Weltkirche, sondern um einige wenige Eindrücke, die sich festgesetzt haben. Beachtliche Kilometer und Meilen in alle Himmelsrichtungen wurden dabei zurückgelegt: Japan und Hongkong, das Heilige Land, Portugal, Brasilien, Mexiko, Indien, Benin, Griechenland, Türkei, Philippinen, Kanada, Togo, Sibirien, Kasachstan, die Ukraine und das Baltikum, die nordischen Länder, Polen, Tschechien, die Slowakei, der Balkan und so fort. Und was ist davon besonders ins Herz gedrungen und unvergesslich? Ich denke an den Aufenthalt bei einem krankenhausreif geprügelten Bischof im brasilianischen Nova Iguacu. Gequält und geschunden, weil er sich für die Armen eingesetzt und weil er auf dem Weg zum ewigen Heil die irdische Not der Menschen nicht vergaß. Weder der Kölner <strong>Kardinal</strong> noch wir als Begleiter werden je die Stunden in einer Favela, einem jener berüchtigten Elends- viertel rund um Rio de Janeiro, vergessen. Tausende hausen dort, wo die Menschenwürde mit Füßen getreten wird. In jenen „Städten“ aus Kisten, Wellblech und Brettern. Und mitten drin eine Kapelle aus Abfallholz und zusammengenähten Säcken mit dem Lattenkreuz draußen, das anzeigt, dass hier der Platz der Eucharistiefeier ist. Gefeiert mit einem Priester, der freiwillig in diesem Elend lebt, das ein Europäer nur stundenweise ertragen kann. Da sind die Erinnerungen an Manaus, der merkwürdigen Stadtsiedlung am Amazonas, wo in einem Seminar am Rand des Tropenwaldes sich junge Männer darauf vorbereiten, Priester zu werden, um als „Einheimische“ das Wort Gottes zu verkünden. Dort traf <strong>Kardinal</strong> <strong>Meisner</strong> einen in die <strong>Kardinal</strong> <strong>Joachim</strong> <strong>Meisner</strong> mit einem Mitbruder am Strand in Südindien. (Fotos: Läufer) Kirchenzeitung Köln ● Sonderausgabe zum 25. 12. 2008
75 Jahre <strong>Kardinal</strong> <strong>Joachim</strong> <strong>Meisner</strong> Ein nachdenklicher Kölner Erzbischof vor einer „Kapelle“ in einer brasilianischen Favela. Auf dem indischen Subkontinent ließ sich <strong>Kardinal</strong> <strong>Meisner</strong> von der Lebensfreude der einheimischen Christinnen anstecken. Kirchenzeitung Köln ● Sonderausgabe zum 25. 12. 2008 27