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Kardinal Joachim Meisner

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Eminenz! Lieber Mitbruder!<br />

Wenn ich daran denke, wie lebendig und dynamisch Du im Leben<br />

der Kirche und der Welt von heute stehst, dann fällt mir schwer<br />

zu glauben, dass Du an diesem Weihnachtsfest Deinen 75. Geburtstag<br />

begehst. Aber die innere und die äußere Zeit, das innere<br />

und das äußere Alter eines Menschen sind nun einmal zwei verschiedene<br />

Größen.<br />

Dabei hast Du wahrhaft nicht in einem windstillen Winkel der<br />

Geschichte leben können, sondern bist von frühester Jugend an<br />

und all die Jahre Deines Lebens hindurch in eine Zeit voller Drangsal<br />

und Mühen hineingeworfen worden. Da stehen am Anfang die<br />

Jahre der Nazi-Diktatur, der Krieg, der Verlust der Heimat und das<br />

Einleben-Müssen in einer fremden Welt. Fremd und neu war sie<br />

für Dich zunächst als Diaspora, in der die Katholiken eine kleine<br />

Minderheit bildeten, fremd aber vor allem auch, weil sie von einer<br />

atheistischen Diktatur beherrscht wurde, deren Absicht es war, den<br />

christlichen Glauben in der Welt zum Verschwinden zu bringen -<br />

den Glauben, der Deine wirkliche Heimat war und der nun keine<br />

Zukunft mehr haben sollte.<br />

Du hast mir erzählt, dass Du in dieser Zeit die Bilder der Kardinäle<br />

Mindszenty und Stepinac über Deinem Bett befestigt hast,<br />

weil Du einer wie sie werden wolltest. Das war nicht einfach Lust<br />

zum Widerspruch, wie sie jungen Menschen zu eigen ist. Es war<br />

Ausdruck einer tiefen und freudigen Verwurzelung im Glauben als<br />

der innersten Heimat Deiner ganzen Existenz. Es war Ausdruck<br />

dafür, dass Du im Glauben das wahre Leben gefunden hast, wie es<br />

der Herr sagt: „Ich lebe und auch ihr werdet leben“ (Joh 14,19). Im<br />

Widerspruch gegen das Pseudo-Leben der Machthaber, die aus der<br />

Lüge lebten und gegen das Pseudo-Leben der Mitläufer, die sich<br />

der Lüge unterwarfen, hast Du das wirkliche Leben entdeckt, das<br />

auch des Leidens wert ist; das den Mut gibt, sich der Macht zu widersetzen,<br />

wenn sie gegen die Wahrheit und gegen das Gute steht.<br />

So hast Du Dir gegen viele Widerstände den Weg zum Priestertum<br />

freigekämpft und aus innerster Zustimmung ja sagen können, als<br />

der Herr Dich rief.<br />

Es war für Dich ein Geschenk, dass Du am Anfang Deiner<br />

priesterlichen Wege in Bischof Aufderbeck einen guten Hirten im<br />

Geist Jesu Christi begegnen<br />

und von ihm lernen durftest.<br />

Schon 1975 bist Du ins Bischofsamt<br />

berufen worden;<br />

fünf Jahre danach wurdest Du<br />

als Nachfolger von <strong>Kardinal</strong><br />

Bengsch zum Bischof von Berlin<br />

ernannt und hattest nun für<br />

die ganze katholische Kirche<br />

im damaligen sozialistischen<br />

Deutschland einzustehen. Du<br />

kanntest keine Anbiederungen,<br />

keine falschen Kompromisse;<br />

von Deinem eigenen Glaubensweg<br />

her konntest Du den<br />

Menschen helfen, zu Christus<br />

in seiner Kirche zu stehen und<br />

im Glauben die wirkliche Hoffnung<br />

des Menschen zu finden,<br />

auch wenn die äußeren Umstände<br />

diesen Glauben endgültig<br />

in die Vergangenheit abzudrängen<br />

schienen.<br />

Dann kam der Ruf nach Köln.<br />

Papst Johannes Paul II. war mit<br />

seinem visionären Blick für das<br />

Kommende davon überzeugt,<br />

dass nun gerade ein Bischof aus<br />

75 Jahre <strong>Kardinal</strong> <strong>Joachim</strong> <strong>Meisner</strong><br />

dem Osten ins westliche<br />

Deutschland gehen<br />

müsse, so wie er<br />

selbst von Krakau<br />

nach Rom gerufen<br />

worden war. Er war<br />

überzeugt, dass die<br />

Türen zwischen beiden<br />

Welten sich öffnen<br />

mussten und dass<br />

es der Glaube war, der<br />

allein sie wirklich öffnen<br />

konnte. Über die<br />

Vorgänge bei der<br />

Wahl und danach<br />

wollen wir hier nicht<br />

sprechen. Ich habe<br />

Dich bewundert, wie Du in den Anfechtungen jener Tage fest geblieben<br />

bist und nichts anderes tun wolltest, als dem Willen des<br />

Herrn und ganz praktisch dem Ruf des Heiligen Vaters Folge zu<br />

leisten. So waren die Anfänge in Köln nicht leicht. Aber weil Du<br />

nie für Dich selbst, sondern stets aus der Demut des Glaubens, aus<br />

der Liebe zu Christus gehandelt hast, darum haben immer mehr<br />

Menschen begriffen, dass Du wirklich der Hirte warst und bist, wie<br />

wir ihn in dieser Zeit brauchen.<br />

Den Vorbildern Deiner Kindheit treu, scheust Du Dich nicht zu<br />

widersprechen, wenn widersprochen werden muss, ohne auf Parteien<br />

oder auf taktische Vorteile Rücksicht zu nehmen. Du bist einfach<br />

Zeuge des Glaubens. Das bringt Dir immer wieder schmerzliche<br />

Angriffe ein, aber doch auch den Respekt vor Deiner Furchtlosigkeit<br />

und vor Deiner Demut, mit der Du die unvermeidlichen<br />

Schläge erträgst. Vor allem aber bist Du ein Hirte, der den Menschen<br />

nachgeht, ihre Sprache spricht, ihr Leben teilt und so glauben<br />

hilft.<br />

Nun darfst Du in aller Mühsal auch die Früchte sehen, die aus<br />

solchem Wirken wachsen: dass es wieder mehr Bereitschaft gibt,<br />

den Ruf des Herrn zum Priestertum<br />

anzunehmen; dass Menschen<br />

das Sakrament der Buße<br />

entdecken und die innere Befreiung,<br />

die es schenkt; dass<br />

Anbetung viele ins Mitsein mit<br />

Gott hineinführt; dass junge<br />

Menschen den Weg Jesu<br />

Christi suchen und ihm folgen<br />

möchten. Der Weltjugendtag in<br />

Köln steht nicht nur mir, sondern<br />

Menschen aller Kontinente<br />

als Lichtzeichen Gottes<br />

im Gedächtnis. Dich selber hat<br />

der Glaube jung gehalten, und<br />

das wünsche ich Dir an diesem<br />

Tag: dass die Freude Gottes<br />

auch weiterhin Dein Leben bestimmt<br />

und dass Du auch weiterhin<br />

vielen ein Wegweiser<br />

zum wahren Leben sein darfst.<br />

Kirchenzeitung Köln ● Sonderausgabe zum 25. 12. 2008 3

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