29.01.2013 Aufrufe

Raumproduktion im frühen 20. Jahrhundert - SommerWerkstatt

Raumproduktion im frühen 20. Jahrhundert - SommerWerkstatt

Raumproduktion im frühen 20. Jahrhundert - SommerWerkstatt

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

6.2. Aneignen: <strong>Raumproduktion</strong> <strong>im</strong> Kontext technologischer Entwicklung 191<br />

der Bauglieder wird über ein raumdynamisches Spannungsverhältnis in eine neue Einheit<br />

überführt. Die Verbindung der Einzelelemente erfolgt <strong>im</strong> Raum, wie Gropius Definition<br />

besagt, über die Bewegung.<br />

Fazit<br />

„Wissenschaft und Philosophie haben die statische Auffassung von unserer<br />

Umwelt durch eine dynamische, ständig sich verändernde Beziehung ersetzt.<br />

Die tiefgreifende Verwandlung in der Vorstellung von unserer Umwelt ist als<br />

neue D<strong>im</strong>ension, mit dem Ausdruck Raum=Zeit bezeichnet worden. [...] Das<br />

Wesen des Lebens ist eine unaufhörliche Metamorphose.“ 178<br />

Beide besprochenen Aspekte, das “Aktivieren des Raumes” und die bauliche Bezugnahme<br />

auf den urbanen “Umraum‘”, beschreiben den Versuch Gropius’, dem neuen<br />

Raumgefühl architektonisch Ausdruck zu verleihen. Sie zeichnen ein verändertes Befinden<br />

<strong>im</strong> Raum aus. Die “Bindung” oder das Aktivieren des Rezipienten durch neue<br />

Wahrnehmungsqualitäten, die durch Konstruktion und Materialqualität <strong>im</strong> architektonisch<br />

gebildeten Raum ermöglicht werden, ist eine Strategie. Die andere verweist auf eine<br />

neue Qualität der Zusammenhänge <strong>im</strong> gesellschaftlichen Raum – eine Qualität die aufgegriffen<br />

und herausgestellt werden soll. Wiewohl durch die technologische Entwicklung<br />

auseinander gerissen, soll eine Einheit über den abstrakt zusammenwirkenden, dynamisierten<br />

Raum hergestellt, repräsentiert und spürbar werden. Dies kann nur über Stabilität<br />

auf einer anderen Ebene, ein selbstbewusstes Erleben und die aktive Beteiligung<br />

des Einzelnen sowie durch Räume garantiert werden, die sich in diesem dynamischen<br />

Raum verorten können. Insofern möchte die Autorin auch Norberg-Schulz zust<strong>im</strong>men,<br />

der auf die <strong>im</strong> Bauhausgebäude Dessau angelegte Erdgebundenheit hinweist, die er dort<br />

in den dunklen Sockelzonen sieht. 179 Die Baukörper Gropius’ schweben nicht haltlos <strong>im</strong><br />

Raum, sondern sie inkorporieren eine neue urbane Bewegungsstruktur, die durch das<br />

neue Raumempfinden bedingt wird. Sie sind <strong>im</strong> urbanen Raum “beweglich” (überall<br />

“absetzbar”), beziehen sich jedoch noch ganz eindeutig, gerade durch die horizontale<br />

Lagerung, auf festen Boden.<br />

Gropius setzt für die Repräsentation dieses neuen Gelebten Raumes, der sich ihm<br />

ankündigt und den er gesellschaftlich als neuen Sammelpunkt festschreiben will, neue<br />

Maßstäbe. Er sieht in der technologischen Entwicklung und ihrer Aneignung durch Kunst<br />

und Architektur die Möglichkeit für den Menschen, die Sklaverei durch die Maschine zu<br />

178 Gropius, „Gibt es eine Wissenschaft der Gestaltung?“, S. 36.<br />

179 „Only one formal element is used throughout to keep and unify the composition: around the whole<br />

building runs a low basement, which is characterized as “massive” by means of deep set windows and<br />

a dark colour, which contrasts with the white, “weightless” surface above. [...] The dark basement of<br />

the Bauhaus evidently serves to visualize this fundamental structure of our Dasein. Only in relation<br />

to a continuous, massive ground human action becomes meaningful.“ Norberg-Schulz, Architecture:<br />

meaning and place, S. 168.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!