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Raumproduktion im frühen 20. Jahrhundert - SommerWerkstatt

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7.1. Das Kreuz des Architekten: Zentralität und <strong>Raumproduktion</strong> 253<br />

Behrens auf den “freien” Raum. Der Rezipient wird fest in einen Rhythmus eingebunden,<br />

der sich mehr den “ewigen” Werten der Kultur als den Ansprüchen des Einzelnen<br />

verpflichtet. Insofern bildet der Private Raum, die Nahe Ordnung, die ausgerichtete aber<br />

nicht grundlegende Basis von Behrens’ Raum- und Wohnkonzept. Die Überführung und<br />

Zentrierung auf eine gemeinsame Mitte hin, die er bereits in dem Werkbund-Artikel von<br />

1914 hervorhebt, ist für Behrens die zentrale Aufgabe von Bauen und Gestalten. So ist<br />

auch sein Ersuchen um die Anerkennung des Wertes des Schönen in den Weiten der auf<br />

Ökonomie und persönlichen Komfort ausgerichteten Welt zu verstehen, das er so häufig<br />

in seine Artikel einflicht:<br />

„Aber wenn auch die Bedeutung solcher Anlagen für den kulturellen Aufbau<br />

unserer Zeit anerkannt wird, hindert doch nichts, ihnen die gebührende Sorgfalt<br />

und überlegende geistige Arbeit zuzuwenden, durch die Schönheitswerte<br />

geschaffen werden können.“ 20<br />

Der Schönheitswert, das erhebende Potential von Kunst, ist der zentrierende Moment<br />

“seines” Raumes. Auf ihn kann er nicht verzichten, weil dieser für ihn Verbindung, Verständlichkeit<br />

und Nähe der Dinge zum Menschen herstellt und so die Einordnung in<br />

das gemeinsame Ganze leisten kann. Die Hülle bzw. die materielle Form ist das Prinzip<br />

dieser Verbindung. Dabei ist eine Differenzierung nach Stellung oder Wertigkeit sozusagen<br />

natürlich. Sowie Behrens zwischen einer Nahen und einer Fernen Ordnung in der<br />

Raum-Strukturierung unterscheidet, so gibt es Zentren und Peripherie <strong>im</strong> gesellschaftlichen<br />

Raum. Diesen Umstand versucht die grafische Darstellung umzusetzen, in der die<br />

Ausrichtung aller drei Ebenen auf ein Zentrum vorrangig ist, ebenso wie die tatsächlich<br />

mittlere Position der Mittlerebene [M], die zwischen Globaler und Privater Ordnung,<br />

zwischen funktionalem Inhalt und Umgangsform, in eine konventionale Ordnung bzw.<br />

Form übersetzt.<br />

Die Zuordnung erfolgt über eine mediatorische Vermittlung der Konventionen in einer<br />

best<strong>im</strong>mten Gestalt. Behrens geht dabei auf die technologischen wie gesellschaftlichen<br />

Veränderungen ein, versucht aber, sie in eine “höhere” Ordnung zu integrieren, unter<br />

einem führenden “Motiv” zu vereinen (“Die Technik als Romantik der Zeit”). Polarität<br />

und Machtzentren sind integraler Bestandteil dieses “vorgewerteten” und ausgerichteten<br />

Raumes. Daher muss die Globale Ebene auch die zentrale Position einnehmen. Der<br />

Rhythmus ist Teil dieses eingest<strong>im</strong>mten Ganzen und der Versuch, alle Menschen erneut<br />

in einen gemeinsamen Reigen einzugliedern. Dies bleibt bis in die späten zwanziger Jahre,<br />

der Zeitraum auf den sich diese Arbeit konzentriert, erhalten. Selbst in dem Moment,<br />

wo sich die Bewegung der Häuserzeilen aus ihrer strengen Zentrierung befreit (Stuttgart<br />

Weissenhof), bleibt die rhythmische Verbindung, die komponierte, eingest<strong>im</strong>mte<br />

Beziehung, das Mittel der “Raumführung”.<br />

20 Behrens, „Industriebau und Stadtgestaltung“, S. 100.

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