Streuner - Tierheim Linz
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Ein (Forscher)Leben<br />
für die Wölfe<br />
Prof. Kurt Kotrschal wurde zum österreichischen Wissenschaftler des<br />
Jahres 2010 gekürt. Er erforscht das Sozialverhalten von Tierarten, zuletzt<br />
standen die Wölfe im neuen Wolf Science Center im Wildpark<br />
Ernstbrunn im Mittelpunkt seiner Forschung.<br />
Prof. Kotrschal gewährte unserer Präsidentin<br />
Dr. Hilde Berger folgendes Interview:<br />
Wölfe und Hunde haben gleiche Vorfahren.<br />
Gibt es einen Unterschied im Hinblick<br />
auf die Intelligenz zwischen Wolf<br />
und Hund?<br />
Die Evolution von intelligenten Fähigkeiten<br />
hängt vom sozialen Zusammenhang<br />
ab. Es gibt keinen großen Unterschied in<br />
der Intelligenz zwischen Wolf und Hund.<br />
Hunde sind menschenverträglicher und<br />
eher gewillt, die Menschen zu beachten.<br />
Ein von Menschen aufgezogener Wolf<br />
behält trotzdem immer seinen eigenen<br />
Kopf. Bei manchen Hunderassen, z.B.<br />
Huskys, Malamuts und Chow-Chows,<br />
die den Wölfen noch sehr ähnlich sind,<br />
beobachtet man auch, dass sie schwierig<br />
zu erziehen sind und die Verantwortung<br />
für ihr Tun selber behalten wollen.<br />
Verabsäumt es ein Mensch z.B. einen<br />
Golden Retriever zu erziehen, so kann<br />
auch dieser wolfsähnlich werden.<br />
Würde man einen Wolf wie einen Hund<br />
bei Menschen aufziehen, was wäre der<br />
wesentliche Unterschied zu einem Hund?<br />
Der Wolf ist ein Wildtier. Wird er von<br />
Menschen aufgezogen, so vernetzt er sich<br />
zu den Menschen, die er kennt. Er reagiert<br />
aber wie ein Wildtier gegenüber ihm<br />
unbekannten Menschen. Obwohl Wölfe<br />
keinen übermäßigen Jagdtrieb haben, sind<br />
sie aber gegenüber Hunden die besseren<br />
Jäger.<br />
Als Haustier sind sie ungeeignet.<br />
Der Wolf hat ein Image Problem. Er gilt<br />
als hinterlistig und verfressen, man denke<br />
nur an die Märchen Rotkäppchen und der<br />
Wolf und die sieben Geißlein. Muss man<br />
vor einem Wolf Angst haben?<br />
Kolumnentitel | 7<br />
Absolut nicht. Wölfe, die in Freiheit aufwachsen,<br />
scheuen den Menschen und<br />
weichen ihm aus. Wenn es gelegentlich zu<br />
Unfällen gekommen ist, dann waren das<br />
meistens Wölfe, die von Menschen aufgezogen<br />
wurden.<br />
Wölfe waren bei uns früher heimisch und<br />
viele denken daran, sie wieder bei uns anzusiedeln.<br />
Was wären die Voraussetzungen<br />
dafür?<br />
Der Lebensraum für Wölfe wäre bei uns<br />
vorhanden. Um ein friedliches Zusammenleben<br />
zwischen Menschen und Wölfen<br />
zu gewährleisten, müssten aber<br />
Voraussetzungen geschaffen werden, Lösungen<br />
im Hinblick auf mögliche Konflikte<br />
wären zu treffen.<br />
Zu allererst ist hier die Politik gefragt.<br />
Möchte eine Mehrheit der Bevölkerung<br />
dem Wolf bei uns wieder eine Existenzberechtigung<br />
gewähren, so müsste man<br />
Vorsorge treffen und eventuelle Schäden,<br />
die allerdings nicht gravierend wären, mit<br />
Steuermitteln ausgleichen.<br />
Konflikte lassen sich vermeiden, wenn<br />
man zum Beispiel Schafe mit elektrischen<br />
Weidezäunen schützt, bzw. der Schafherde<br />
einen Schutzhund mitgibt.<br />
Was die Wölfe selber betrifft, betreiben sie<br />
Konfliktvermeidung und lernen bald, sich<br />
einzufügen.<br />
Danke für das Gespräch. Wenn es genügend<br />
guten Willen und Aufklärung gibt,<br />
sollte ein friedliches Zusammenleben zwischen<br />
Mensch und Wolf möglich sein.