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Tüüfner Poscht Ausgabe 04 / 2008

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ORTSBILDSCHUTZ 3<br />

Entdeckt in Teufen: «Luschthüsli» (Pavillons)<br />

Der Inventarisator berichtet aus seiner Tätigkeit für die Arbeitsgruppe, die das Bauinventar überprüft und anpasst (2. Teil).<br />

Hierzulande sagte man ihnen «Luschthüsli».<br />

Ihre ursprüngliche Nutzung – wie muss man<br />

sie sich vorstellen? Vielleicht so: Nach einem<br />

heissen Tag sich hineinsetzen und den Sommerabend<br />

geniessen, mit den Kindern noch<br />

ein Spielchen machen oder gemeinsam ein<br />

Lied singen vor dem Zu-Bett-gehen: «Wir<br />

sitzen so traulich beisammen» oder «Hab oft<br />

im Kreise der Lieben…»<br />

In Mode gekommen sind Pavillons in<br />

der Biedermeierzeit. Die Industrialisierung<br />

schritt voran, die Arbeitszeiten waren im<br />

Begriff, geregelt zu werden, und die Lücke<br />

dazwischen erhielt einen neuen Namen:<br />

Freizeit. Freizeit war zunächst ein Vakuum,<br />

das aufgefüllt werden musste. So traten denn<br />

auch flugs Angebote auf den Plan, abendfüllende<br />

Neuheiten bisher unbekannter Art.<br />

Zum Beispiel die Familienzeitschriften, welche<br />

bald wie Pilze aus dem Boden schossen<br />

und ab 1850 die Abendtische deckte; vorher<br />

waren es die Almanache. Dann die Dorfvereine,<br />

damals aufblühend und im Lauf des<br />

19. Jahrhunderts eine ungeheure Bedeutung<br />

erlangend als Anbieter von allen denkbaren<br />

Freizeitinhalten. Und eben das «Luschthüsli»<br />

im Garten. Könnte es nicht aus dem gleichen<br />

Zusammenhang erklärt werden? Indem es<br />

entstanden wäre als Entspannungsangebot<br />

für die Zeit nach Arbeitsschluss im Betrieb?<br />

Hiess nicht die berühmteste aller Familienzeitschriften<br />

«Die Gartenlaube»? Jedenfalls<br />

zierten Gartenpavillons aller Art durch das<br />

Hier drin einen Tisch haben, einen Stuhl –<br />

und lesend alles rundherum vergessen.<br />

Vorne der Stakettenzaun, die Gartenkugel, hinten der Brunnen, der Spalier – selbst das Kindervelo<br />

passt ins Bild. Fotos: Jost Kirchgraber<br />

ganze 19. Jahrhundert hindurch jeden ordentlichen<br />

Bürgerhausgarten. Nach dem<br />

Ersten Weltkrieg sind sie verschwunden.<br />

Die wenigen, welche es in Teufen noch<br />

gibt, sehen ganz verschieden aus. Der älteste<br />

steht im Gremm und ist ein richtiges kleines<br />

Häuschen mit Fenstern und Läden, talwärts<br />

auf Säulen ruhend, erbaut um 1820. Heute<br />

träumen sie vor sich hin, wie wenn sie war-<br />

Dieser ist ganz aus Eisen, filigran und von<br />

grösster Transparenz – der Garten wird zum Park.<br />

ten würden, irgendwie ohne recht zu wissen<br />

worauf. Aber brauchen sie überhaupt eine<br />

Nutzung? Sind sie nicht einfach hübsch und<br />

schmücken den Aussenraum wie ein niedliches<br />

Möbel? Kinder würden ein Gartenhaus<br />

wahrscheinlich immer noch lieben und zu<br />

benutzen wissen, wohl ebenso wie Trampolins<br />

und Klettergerüste.<br />

Jost Kirchgraber, Inventarisator n<br />

Ein Puppenhaus – Zeit haben heute höchstens noch<br />

Kinder.<br />

4/<strong>2008</strong><br />

TÜÜFNER POSCHT

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