++Pfarrnachrichten Nr. 81 von Juli bis ... - St. Peter und Paul
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Liebe Gemeinde,<br />
zum Beginn der Urlaubszeit habe ich eine<br />
kleine Geschichte aus Antoine de Saint-<br />
Exupérys "Der kleine Prinz― als Denkanstoß<br />
für Sie ausgesucht:<br />
Der kleine Prinz begegnete einem Weichensteller<br />
<strong>und</strong> fragte ihn: „Was machst du<br />
da?"<br />
„Ich sortiere die Reisenden nach Tausenderpaketen",<br />
antwortete ihm der Weichensteller<br />
<strong>und</strong> fuhr fort: „Ich schicke die<br />
Züge, die sie fortbringen, bald nach rechts,<br />
bald nach links."<br />
In diesem Augenblick raste ein Schnellzug<br />
an ihnen vorbei <strong>und</strong> ließ das Weichenstellerhäuschen<br />
erzittern. „Sie haben es sehr<br />
eilig", w<strong>und</strong>erte sich der kleine Prinz.<br />
„Wohin wollen sie?" „Der Mann <strong>von</strong> der<br />
Lokomotive weiß es selbst nicht", erwiderte<br />
ihm der Weichensteller ratlos.<br />
Kaum hatte er dies gesagt, da donnerte ein<br />
zweiter Schnellzug in die entgegengesetzte<br />
Richtung.<br />
„Sie kommen schon wieder zurück?" fragte<br />
der kleine Prinz erstaunt. „Das sind nicht<br />
die gleichen", klärte ihn der Weichensteller<br />
auf. „Das wechselt."<br />
„Waren sie nicht zufrieden dort, wo sie<br />
waren?"<br />
„Man ist nie zufrieden dort, wo man ist",<br />
bemerkte der Weichensteller.<br />
Mit hoher Geschwindigkeit sauste ein dritter<br />
Schnellzug an ihnen vorüber.<br />
Der kleine Prinz war erneut verw<strong>und</strong>ert:<br />
„Verfolgen diese die ersten Reisenden?"<br />
„Sie verfolgen gar nichts", erklärte ihm der<br />
Weichensteller. „Sie schlafen da drinnen,<br />
oder sie gähnen auch. Nur die Kinder drücken<br />
ihre Nasen gegen die Fensterscheiben."<br />
Der kleine<br />
Prinz verstand.<br />
„Nur die Kinder<br />
wissen,<br />
wohin sie wollen",<br />
sagte er.<br />
„Sie wenden<br />
ihre Zeit an<br />
eine Puppe<br />
aus <strong>St</strong>offfetzen,<br />
<strong>und</strong> die Puppe<br />
wird ihnen<br />
sehr wertvoll,<br />
<strong>und</strong> wenn man sie ihnen wegnimmt, weinen<br />
sie..." „Sie haben es gut", stimmte ihm<br />
der Weichensteller nachdenklich zu.<br />
Die Schnellzugreisenden - <strong>und</strong> mit ihnen<br />
der Mann <strong>von</strong> der Lokomotive - haben<br />
keine Zeit mehr, irgendetwas wirklich<br />
kennenzulernen. An allem rasen sie vorbei.<br />
Die Welt besteht für sie aus einem bedeutungslosen<br />
Einerlei, bei dem es sich ihrer<br />
Meinung nach nicht zu verweilen lohnt.<br />
Durch diese Einstellung geht ihnen ihre<br />
eigene Einzigartigkeit verloren.<br />
Schlafend oder gähnend rasen sie in<br />
„Tausenderpaketen― in alle Richtungen,<br />
ohne zu wissen, wohin sie eigentlich wollen,<br />
<strong>und</strong> ohne dort zufrieden zu sein, wo<br />
sie angekommen sind.<br />
Ist das nicht ein zutreffendes Bild unserer<br />
Gesellschaft?<br />
Ich hoffe, <strong>und</strong> das wünsche ich Ihnen <strong>von</strong><br />
Herzen, dass Sie sich die Zeit nehmen<br />
(wollen) für sich <strong>und</strong> Ihre Umwelt, <strong>und</strong><br />
zwar nicht nur im Urlaub.<br />
Ihr Pfarrer<br />
Johannes Kurzydem<br />
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