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zeitschrift des humanistischen verbandes - Humanistischer Verband ...

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A 59349; 22. Jahrgang; 3. Quartal, Nr. 84/2008; E 4,25<br />

Zeitschrift <strong>des</strong> <strong>humanistischen</strong> verban<strong>des</strong>


<strong>zeitschrift</strong> <strong>des</strong> <strong>humanistischen</strong> verban<strong>des</strong><br />

Inhalt<br />

<strong>Humanistischer</strong> <strong>Verband</strong><br />

Deutschlands<br />

Nr. 84 3/2008<br />

Editorial Arne Lund 1<br />

Landauf/landab 2<br />

Aus den Ländern berlin: Jugendgästehaus heiligensee Margit Witzke 6<br />

Berlin: Familienhaus Felix Kerstin Volgmann 7<br />

Nürnberg: Grundlagendebatte Humanismus Helmut Fink 8<br />

halle: darwin-Konferenz Edmund Fröse 9<br />

Zwischenruf horte nicht an freie träger Norbert Böhnke 10<br />

Menschen im diesseits 11<br />

Titel Wenn das Leben zur Qual wird – alterssuizide Michael Bauer, Gita Neumann 12<br />

ich bestimme mein ende selbst – interview mit ingrid sander Patricia Block 15<br />

Einblicke/Ausblicke forsa-umfrage zu Lebenskunde Gerd Eggers 17<br />

Forum Lebenskunde international Bernhard Stolz 18<br />

Wozu brauche ich Gott? Fiona Lorenz 22<br />

studium der <strong>humanistischen</strong> Lebenskunde Dorothea Janowitz<br />

Susan Navissi<br />

Ulla Ringe 24<br />

Magazin Karl emil franzos und der „Pojaz“ Ralf Bachmann 26<br />

robert blum- ein tragischer held Michael Bauer 29<br />

ein tag im november Ralf Bachmann 32<br />

Kreuz/quer 34<br />

Auslese 36<br />

Angesehen rhythm is it! Assia Maria Harwazinski 38<br />

Aussprache 39<br />

Gedicht zweierlei Götterglück Christoph Martin Wieland 41<br />

humanisten im internet: http://www.humanismus.de e-mail: diesseits@humanismus.de<br />

Herausgeber: <strong>Humanistischer</strong> <strong>Verband</strong> Deutschlands, Wallstraße 61-65, 10179 Berlin, Telefon 030-613 904-41. Verantwortlich im<br />

Sinne <strong>des</strong> Berliner Pressegesetzes: Patricia Block. Mit Namen gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung <strong>des</strong><br />

Herausgebers wieder. Redaktion: Ralf Bachmann, Michael Bauer, Patricia Block, Gerd Eggers, Jürgen Ger<strong>des</strong>, Christian John, Jürgen<br />

Springfeld. Anzeigenleitung/Verwaltung: Bettina Kebschull. Titelgestaltung/Grafik/Layout: Jürgen Holtfreter, Berlin. Fotos: Evelin<br />

Frerk S.1, Patricia Block S.2, Daniel Nette S.3, Gabriele Groschopp S.4, Jens-Uwe Pröse S.5, Arne Lund S.5, Carmen Malling S.12,<br />

Patricia Block S.12, Neukölln-Kalender 2006 S.12, Daniel Paulmann S.15, Robert Michel S.20/21, Lydia Strauß S.32, Olaf Schäfer<br />

S.34, Patricia Block S.34. Zeichnungen: Lee&Kim 36/37. diesseits erscheint vierteljährlich am 1. März, 1. Juni, 1. September und<br />

1. Dezember. Redaktionsschluss ist sechs Wochen vor dem Erscheinen. Bezugspreise: Jahresabonnement 13,- E (inklusive Porto<br />

und Mehrwertsteuer), Ausland zuzüglich Portomehrkosten. Einzelexemplar 4,25 E. Satz/Reinzeichnung: Michael Pickardt, Berlin.<br />

Druck: H & P Druck, Körtestr. 10, 10967, Telefon 030-693 77 37. ISSN 0932-6162., diesseits wird auf umweltfreundlichem, zu<br />

50 % chlorfrei gebleichtem Papier mit 50 % Recyclingfaseranteilen gedruckt.


Liebe Leserin, lieber Leser,<br />

zum Jahresbeginn 2008 wurde ich vom erst seit September 2007<br />

amtierenden neuen Lan<strong>des</strong>vorstand zum Geschäftsführer <strong>des</strong> HVD<br />

Hamburg ernannt, eines zahlenmäßig (noch) kleinen Lan<strong>des</strong>verban<strong>des</strong>,<br />

den es nun gilt, aus einem mehr oder weniger langjährigen<br />

„Dornröschenschlaf“ zu erwecken, um eine humanistische Szene<br />

in der zweitgrößten deutschen Stadt aufzubauen und nachhaltig<br />

zu stärken.<br />

Hierzu wird sicherlich auch entscheidend die am 1. März 2008<br />

geschlossene Kooperationsvereinbarung zwischen dem HVD<br />

Hamburg und der in der Jugendarbeit etablierten Jugendweihe<br />

Hamburg e.V. beitragen.<br />

Durch die Teilnahme an verschiedenen Veranstaltungen (Geschäftsführertreffen,<br />

Bun<strong>des</strong>delegiertenversammlungen und -<br />

vorstandssitzungen, Fachtagungen) sowie vor allem durch meine<br />

Mitarbeit im Bun<strong>des</strong>arbeitskreis Humanistische Lebenskunde<br />

lernte ich als „Neuer“ die zuständigen Personen schnell persönlich<br />

kennen; Grundvoraussetzung für eine konstruktive und vertrauensvolle<br />

Zusammenarbeit. Besonders für die vielen Hilfsangebote<br />

aus dem Bun<strong>des</strong>verband und einigen Lan<strong>des</strong>verbänden möchte ich<br />

mich an dieser Stelle noch einmal sehr herzlich bedanken; stellvertretend<br />

seien hier Gerd Eggers und Werner Schultz erwähnt.<br />

Ein Schwerpunkt meiner Tätigkeit wird neben der Unterstützung<br />

<strong>des</strong> Vorstan<strong>des</strong> hinsichtlich der Planung und Durchführung interessanter<br />

öffentlicher Veranstaltungen auch zur Mitliederwerbung<br />

darin bestehen, die Humanistische Lebenskunde als Alternative<br />

zum Religionsunterricht in Hamburg einzuführen. Mir ist – auch<br />

im Hinblick auf die in anderen Bun<strong>des</strong>ländern diesbezüglich gemachten<br />

Erfahrungen – bewusst, dass vor uns auch in Hamburg ein<br />

langer und steiniger Weg liegen wird; das letzte Wort werden wohl<br />

die Gerichte haben. Die repräsentativen Umfrageergebnisse von<br />

Forsa im Auftrag <strong>des</strong> HVD belegen jedoch, dass eine sehr deutliche<br />

Editorial<br />

Nachfrage vorhanden ist; diesen Bedarf wollen wir nutzen. Davon,<br />

dass es sich lohnt, einen „langen Atem“ zu beweisen, konnte ich<br />

mich kürzlich bei Hospitationen in verschiedenen Klassenstufen in<br />

einer Berliner Grundschule wieder persönlich überzeugen, wo der<br />

Lebenskundeunterricht seit Jahren vorbildlich gestaltet wird.<br />

Meiner Meinung nach sollte jeder Mensch das uneingeschränkte<br />

Recht auf Selbstbestimmung und Würde am Lebensende haben<br />

und folglich für sich selbst entscheiden können, ob „im Fall der<br />

Fälle“ – und wenn ja, in welchem Umfang – medizinische Maßnahmen<br />

zur Lebensverlängerung in Anspruch genommen werden<br />

sollen. Nicht erst seitdem ich durch eine schwere Erkrankung im<br />

engsten Familienkreis persönlich betroffen bin, verfolge ich aufmerksam<br />

die Diskussion um die Patientenverfügung. Das aktuelle<br />

„Ziehen und Zerren“ um das von vielen herbeigesehnte Gesetz zur<br />

Patientenverfügung wird uns noch eine Zeitlang beschäftigen. Wer<br />

diesbezüglich Beratungsbedarf haben sollte, dem empfehle ich,<br />

sich an das kompetente Team<br />

um Gita Neumann (Bun<strong>des</strong>zentralstelle<br />

Patientenverfügungen<br />

<strong>des</strong> HVD) zu wenden. Der LV<br />

Hamburg wird durch verschiedeneInformationsveranstaltungen<br />

versuchen, die individuelle<br />

Patientenverfügung <strong>des</strong> HVD in<br />

Hamburg bekannt zu machen.<br />

Mit <strong>humanistischen</strong> Grüßen aus<br />

Hamburg<br />

Arne Lund<br />

3/2008


Bun<strong>des</strong>delegiertenversammlung 2008<br />

Stuttgart – Rund 50 Delegierte aus den<br />

Lan<strong>des</strong>verbänden <strong>des</strong> Humanistischen<br />

Verban<strong>des</strong> Deutschlands trafen sich am<br />

Wochenende vom 7./8. Juni mit zahlreichen<br />

Gästen im „Karl-Becker-Haus“<br />

der „Humanisten Württemberg“ zur<br />

Bun<strong>des</strong>delegiertenversammlung 008.<br />

Die Delegierten begrüßten, dass sich<br />

der Bun<strong>des</strong>verband für die Einführung<br />

<strong>des</strong> Schulfaches Humanistische<br />

Lebenskunde als ordentliches Lehrfach<br />

entsprechend der Lan<strong>des</strong>gesetzgebung<br />

im gesamten Bun<strong>des</strong>gebiet<br />

einsetzen wird. Die dafür notwendige<br />

Satzungsänderung war somit nur noch<br />

eine Formsache. Das Präsidium wird<br />

in Abstimmung mit den Mitgliedsverbänden<br />

Grundsätze für Humanistische<br />

Lebenskunde entsprechend Artikel 7<br />

Absatz 3 <strong>des</strong> Grundgesetzes sowie<br />

Rahmenrichtlinien für den Unterricht<br />

und die Qualifizierung der Lehrkräfte<br />

erlassen.<br />

Neu in die Reihen <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>verban<strong>des</strong><br />

aufgenommen wurde der kürz-<br />

3/2008<br />

lich gegründete Lan<strong>des</strong>verband Rheinland-Pfalz.<br />

Die Vorsitzende, Dr. Fiona<br />

Lorenz, erhielt viel Beifall für ihre Schilderung<br />

<strong>des</strong> Gründungsvorgangs und<br />

der Motivation der Aktiven vor Ort.<br />

Intensive Vorarbeiten gingen den verabschiedeten<br />

„Rechtspolitischen<br />

Grundpositionen“ voraus. Hinsichtlich<br />

vieler noch offener Punkte (Arbeitsrecht,<br />

Bestattungskultur) werden kontinuierlich<br />

Ergänzungen durch Experten<br />

vorgenommen werden. Das Material<br />

wird im Anschluss einem rechtspolitischen<br />

Kongress im September 009<br />

zum Arbeitsthema „Konfessionsfreie,<br />

ihre Interessen und Organisationen im<br />

Rahmen der Reformen <strong>des</strong> deutschen<br />

Religionsverfassungsrechts“ übergeben.<br />

Im Voraus kontrovers diskutiert wurden<br />

die „Bun<strong>des</strong>richtlinien“. So überraschte<br />

die Einhelligkeit, mit der diese<br />

organisatorischen Leitlinien dann<br />

schließlich beschlossen wurden. Sie<br />

traten im Juli in Kraft und werden 0<br />

landauf<br />

auf ihre Wirksamkeit hin überprüft.<br />

Darüber hinaus wurde eine umfängliche<br />

Position zu Rechten und Einflussmöglichkeiten<br />

der Jugendlichen<br />

im <strong>Verband</strong> erarbeitet.<br />

Bei den Wahlen zum neuen Präsidium<br />

wurde Dr. Horst Groschopp zum Präsidenten<br />

gewählt. Als Vizepräsidenten<br />

fungieren zukünftig: Susanne Jahn<br />

(Vorsitzende Bayern), Prof. Dr. Hero<br />

Janßen (Präsident Niedersachsen),<br />

Prof. Dr. Frieder Otto Wolf (Stellv. Vorsitzender<br />

Berlin). Schatzmeister wurde<br />

Helmut Fink (Vorsitzender Nürnberg).<br />

Ein herzliches Dankeschön geht an<br />

die Stuttgarter Gastgeber, vertreten<br />

durch Frau Dr. Gabriele Will und den<br />

Geschäftsführer Andreas Henschel.<br />

So sorgte die freundliche Atmosphäre<br />

wohl mit dafür, dass auch ausgiebige<br />

und zum Teil emotionale Debatten<br />

stets sachlich blieben und der Grundkurs<br />

<strong>des</strong> bisherigen Vorstan<strong>des</strong> und<br />

jetzigen Präsidiums bestätigt werden<br />

konnte.<br />

Das neue Bun<strong>des</strong>präsidium, v.l. Prof. Dr. Hero Janßen, Prof. Dr. Frieder Otto Wolf, Susanne Jahn, Dr. Horst Groschopp, Helmut Fink


drachenboote für mehr<br />

Toleranz<br />

Hannover – Der Arbeitskreis der<br />

Religionen und Weltanschauungen<br />

in Hannover hat am 22. Juni ein<br />

Drachenbootrennen der besonderen<br />

Art auf dem Maschsee in Hannover<br />

organisiert. Das Drachenbootfahren<br />

geht auf eine konkrete<br />

Begebenheit in China vor rund<br />

2000 Jahren zurück. So soll sich<br />

der Dichter Chu Yuan aus Kummer<br />

über eine ungerechtfertigte Verbannung<br />

in den Fluss Mi-Lo gestürzt<br />

haben. Am Rand stehende Fischer<br />

sprangen in ihre Boote und paddelten<br />

ihm mit lauten Trommeln zu<br />

Hilfe. Leider waren die hungrigen<br />

Fische schneller. Zur Abschreckung<br />

baute man später riesige Drachenköpfe<br />

und Schwänze an die Boote<br />

und paddelt je<strong>des</strong> Jahr an die Unglücksstelle.<br />

Drachenbootrennen<br />

symbolisieren den gemeinsamen<br />

Kampf für soziale Gerechtigkeit,<br />

verbunden mit der Zivilcourage <strong>des</strong><br />

Einzelnen. Sie widerspiegeln auch<br />

die Verpflichtung <strong>des</strong> Einzelnen,<br />

sich in eine Gruppe einzubringen<br />

und gemeinsam ein Ziel zu verfolgen.<br />

Folgerichtig gingen in Hannover<br />

Menschen aus verschiedenen<br />

Religionen und Kulturen an den<br />

Start. Die Mannschaften in den<br />

Booten waren bunt gemischt – ein<br />

Zeichen für ein friedliches und tolerantes<br />

Miteinander. Mit von der<br />

Partie waren auch die Juhus und<br />

Mitglieder der Humanisten Hannovers.<br />

Ganz egal in welcher Reihenfolge<br />

die Boote ins Ziel kamen,<br />

das Werben für mehr Toleranz<br />

machte an diesem Tag alle Teilnehmer<br />

zu Siegern.<br />

Humanismus-Preis 2009<br />

ausgeschrieben<br />

Berlin – Der HVD Berlin und<br />

die Humanismus Stiftung schreiben<br />

zum vierten Mal den mit<br />

2.500 Euro dotierten „Humanismus-Preis“<br />

aus. Mit dem Preis<br />

soll eine Persönlichkeit, Gruppe<br />

oder Institution geehrt werden,<br />

die sich durch ihr Wirken auf wissenschaftlichem,<br />

künstlerischem,<br />

politischem, weltanschaulich-philosophischem<br />

Gebiet oder durch<br />

praktisch-soziales Engagement für<br />

die Verwirklichung <strong>des</strong> Humanismus<br />

eingesetzt hat. Der Preis trägt<br />

den Namen Ossip K. Flechtheims,<br />

<strong>des</strong> 1998 verstorbenen Politologen<br />

und Zukunftsforschers sowie langjährigem<br />

Mitglieds <strong>des</strong> Verban<strong>des</strong>.<br />

Am 5. März 2009 wäre Flechtheim<br />

100 Jahre alt geworden. Aus diesem<br />

Grunde wird die Preisverleihung als<br />

eine besondere Festveranstaltung<br />

mit vielen prominenten Gästen<br />

konzipiert.<br />

Vorschläge für Preisträger (bitte mit<br />

ausführlicher schriftlicher Begründung)<br />

nimmt die Geschäftsstelle<br />

<strong>des</strong> HVD Berlin, Wallstraße 61-65,<br />

10179 Berlin, entgegen.<br />

Kurs ehrenamtliche<br />

Sterbebegleitung<br />

Berlin – Für Interessierte, die sich<br />

dem Thema „Sterben, Tod und<br />

landab<br />

Trauer“ nähern und auf diesem<br />

Gebiet ehrenamtlich mitwirken<br />

wollen, führt V.I.S.I.T.E., das ambulante<br />

Hospiz <strong>des</strong> HVD Berlin,<br />

ab September 2008 wieder Kurse<br />

zu ehrenamtlicher Sterbebegleitung<br />

durch. Der Grundkurs findet<br />

ab dem 26. September bis Dezember<br />

jeweils Freitags von 17 bis 20<br />

Uhr statt. Im anschließenden praktischen<br />

Aufbaukurs werden die<br />

Teilnehmer mit Schwerstkranken<br />

in Kontakt kommen. Insgesamt<br />

umfasst der Kurs 200 Unterrichtsstunden<br />

an 44 Abenden und beinhaltet<br />

zwei Wochenendseminare<br />

im Oktober 2008 und im April<br />

2009.<br />

Anmeldung: www.visite-hospiz.de,<br />

mail@visite-hospiz.de.<br />

Telefon 030 61390432; Fax 030<br />

61390478; Ansprechpartnerinnen:<br />

Gabriela von Oettingen und Gudrun<br />

Ott-Meinhold.<br />

Die Aufnahmegebühr beträgt 50<br />

Euro. Bei Vereinbarung einer zweijährigen<br />

ehrenamtlichen Mitarbeit<br />

im ambulanten Hospiz V.I.S.I.T.E.<br />

sind die weiteren Kursveranstaltungen<br />

kostenfrei.<br />

Integrativer unterricht<br />

für die Werteerziehung in<br />

Europa<br />

Falkensee – Der Dachverband<br />

Freier Weltanschauungsgemeinschaften<br />

e.V. (DFW) führt in Zusammenarbeit<br />

mit der European<br />

Humanist Federation (EHF) vom<br />

21. bis 23. November 2008 in der<br />

Jugendbildungsstätte Klingberg/<br />

Scharbeutz eine Konferenz über<br />

Werteerziehung in Europa durch.<br />

Auf dem Programm stehen u.a. folgende<br />

Themen:<br />

Prof. Dr. Peter Struck: Wie kann<br />

eine Werteerziehung im säkularen<br />

Europa <strong>des</strong> 21. Jahrhunderts<br />

aussehen? Beispielhaft werden<br />

Varianten der Werteerziehung in<br />

Deutschland, in England und in<br />

Holland durch die Referenten Werner<br />

Schultz, Peter Kriesel, Georges<br />

Lienard, Andrew Copson und<br />

Tryntsje de Groot vorgestellt.<br />

Anmeldung: Astrid Steinbach, Tel.<br />

04524 9388, Fax 04524 1483,<br />

info@bildung-klingberg.de bis<br />

zum 15. Oktober 2008, Konferenzgebühr<br />

40 Euro.<br />

3/2008 3


landauf<br />

Multikulturelles Sommerferienprogramm<br />

Berlin – In diesem Sommer zogen<br />

die Berliner JuHus mit einer bunten<br />

Sprachenmischung durch Berlin<br />

und seine Umgebung. Sieben<br />

Wochen lang betreuten 25 JuHus<br />

im Hotel4Youth 200 Sprachschüler<br />

aus Europa und Lateinamerika.<br />

Morgens lernten die Jugendlichen<br />

beim DID deutsch, nachmittags<br />

und abends boten ihnen die JuHus<br />

ein vielfältiges Freizeitprogramm<br />

neues Präsidium der freien<br />

akademie<br />

Falkensee – Auf der Mitgliederversammlung<br />

der Freien Akademie am<br />

1. Mai 2008 kandidierte der bisherige<br />

Präsident der Freien Akademie<br />

e.V., Prof. Dr. Jörg Albertz (Berlin),<br />

nach 29 Amtsjahren nicht wieder.<br />

Ihm wurde für seine sehr erfolgreiche<br />

Tätigkeit herzlich gedankt.<br />

Als Nachfolger wurde Dr. Volker<br />

Mueller gewählt.<br />

Als weitere Präsidiumsmitglieder<br />

wurden als Vizepräsidenten PD<br />

Dr. Dieter Fauth (Würzburg) und<br />

Prof. Dr. Michael Breuer (Berlin),<br />

als Schatzmeister Prof. Dr. Rolf<br />

Röber (Marzling) und als Beisitzer<br />

Winfried Zöllner wieder bzw., im<br />

Falle von Michael Breuer, neu gewählt.<br />

Freie Akademie, Dr. Volker Mueller,<br />

14612 Falkensee, Rudolf-<br />

Breitscheid-Str. 15<br />

3/2008<br />

aus den Bereichen Kultur, Sport<br />

und Kreatives. Auch die daheim<br />

gebliebenen JuHus konnten an<br />

diesem Programm teilnehmen und<br />

viel über andere Länder, Kulturen<br />

und Sprachen erfahren. Das Angebot<br />

reichte vom Paddeln auf der<br />

Havel über Fotowettbewerb und<br />

Improvisationstheater-Workshop<br />

bis zum Besuch der Gedenkstätte<br />

Sachsenhausen.<br />

Reederei mit Herz<br />

Berlin – Zugunsten <strong>des</strong> ambulanten<br />

Kinderhospizes „Berliner<br />

Herz“ veranstaltete die Reederei<br />

Starline am Internationalen Kindertag<br />

eine „Brücken-Piratenfahrt“.<br />

Während die Erwachsenen<br />

eine dreistündige Fahrt auf Spree<br />

und Landwehrkanal genossen,<br />

sorgte u.a. der Schauspieler Gregor<br />

Weber mit Piratengeschichten für<br />

das Amüsement der Kinder. Für<br />

täuschend echtes Piratenaussehen<br />

wurden die Mädchen und Jungen<br />

natürlich fachgerecht geschminkt<br />

und die Köche an Bord der MS<br />

„Blue Star“ sorgten für echtes Piratenessen.<br />

Diese Brücken-Piratenfahrt<br />

war der Auftakt für eine Spendenaktion<br />

der Reederei Starline für<br />

das „Berliner Herz“. Während der<br />

Sommerferien wurden 50 Cent<br />

pro verkauftem Ticket dem ambulanten<br />

Kinderhospiz gespendet.<br />

Kooperationsvertrag<br />

Berlin – Am Freitag, dem 4. Juli,<br />

haben der Humanistische <strong>Verband</strong><br />

Deutschlands und Jugendweihe<br />

Deutschland ihre Verhandlungen<br />

über Perspektiven der Zusammenarbeit<br />

beendet und einen Kooperationsvertrag<br />

abgeschlossen. Er<br />

wurde von Konny G. Neumann in<br />

Vertretung für den Präsidenten der<br />

Jugendweihe Wilfried Estel und<br />

von Dr. Horst Groschopp für den<br />

HVD unterschrieben.<br />

Von beiden Seiten wurde der Vertrag<br />

nach der Unterzeichnung als<br />

großer Schritt zur Stärkung <strong>des</strong><br />

organisierten Humanismus in<br />

Deutschland angesehen. Beide<br />

Vertragspartner haben sich verpflichtet,<br />

die Interessen <strong>des</strong> jeweils<br />

Anderen zu respektieren und gegebenenfalls<br />

gegenüber weiteren<br />

Partnern zum Ausdruck zu bringen.<br />

Beide Organisationen sehen<br />

es als für die Zukunft wichtig an,<br />

über Arbeitsteilungen und Gründung<br />

weiterer humanistischer<br />

Organisationen gezielt nachzudenken.<br />

Hervorzuheben ist, dass die getroffenen<br />

Vereinbarungen auf der<br />

gemeinsamen <strong>humanistischen</strong><br />

Weltanschauung und dem gemeinsamen<br />

Interesse an der Entwicklung<br />

von <strong>humanistischen</strong> Angeboten in<br />

der Jugendarbeit und der Erschließung<br />

neuer Arbeitsfelder darüber<br />

hinaus basieren. Im Zentrum der<br />

Partnerschaft steht die Förderung<br />

der gesellschaftlichen Partizipation<br />

von konfessionsfreien Menschen<br />

in Deutschland. Hierzu nutzen die<br />

Partner ihre Kompetenzen, Erfahrungen<br />

und Ressourcen im direkten<br />

Zusammenwirken mit weiteren<br />

Partnern, Einrichtungen, Freien<br />

Trägern, Verbänden und Vereinen<br />

sowie Schulen. In ihrer konkreten<br />

Bündnispolitik und in den Grundfragen<br />

ihrer Öffentlichkeitsarbeit<br />

werden sie sich künftig abstimmen.<br />

Die Unterzeichnung erfolgte am<br />

Rande einer Tagung über Arbeitsfelder<br />

<strong>des</strong> Praktischen Humanismus,<br />

die von der Humanistischen<br />

Akademie Berlin in Kooperation<br />

mit dem Humanistischen <strong>Verband</strong><br />

Berlin und Jugendweihe Deutschland<br />

durchgeführt wurde.<br />

Einhellige Freude bei den Vertragspartnern:<br />

Dr. Horst Groschopp (l.) und Konny Neumann nach der<br />

Unterzeichnung der Kooperationsvereinbarung


Aus Anlass <strong>des</strong> 90. Geburtstages von Nelson Mandela veranstaltete der Humanistische <strong>Verband</strong> Berlin am 27. Juni im Kammermusiksaal<br />

der Philharmonie ein Konzert mit Chormusik aus Afrika und der 5. Sinfonie von Beethoven. Mitwirkende waren die Junge Philharmonie<br />

Brandenburg, der JazzPopChor Fabulous Fridays von der Universität der Künste und der Kinder- und Jugendchor der Nelson-Mandela-<br />

Schule Berlin (hier im Bild), der die Gäste besonders charmant begeisterte.<br />

Radiosendung<br />

Nürnberg – In Bayern spricht die<br />

vergleichsweise großzügige Rechtslage<br />

nicht nur den großen Kirchen,<br />

sondern auch den Weltanschauungsgemeinschaften,<br />

die Körperschaft<br />

<strong>des</strong> öffentlichen Rechts sind,<br />

Sendezeiten im öffentlich-rechtlichen<br />

Rundfunk zu.<br />

Für die kleinen Religionsgemeinschaften<br />

(Baptisten, Zeugen Jehovas,<br />

Altkatholiken etc.) und die<br />

Weltanschauungsgemeinschaften<br />

gibt es dafür im Hörfunk unter<br />

dem Namen „Positionen“ eine Sendung<br />

auf Bayern 2, sonntags um<br />

7.05 Uhr.<br />

Bisher nutzte der Bund für Geistesfreiheit<br />

Bayern diese Sendemöglichkeiten.<br />

Nachdem sich der HVD-<br />

Nürnberg aber von dieser Organisation<br />

getrennt hat, forderten die<br />

Nürnberger Humanisten vom BR<br />

eine eigene Sendezeit – und bekamen<br />

sie sogleich: Vier bis fünf mal<br />

im Jahr jeweils 15 Minuten wurden<br />

den Nürnberger Humanisten<br />

eingeräumt.<br />

Anders als die bisher für dieses Format<br />

üblichen Rundfunkvorträge<br />

will der HVD-Nürnberg ein „Humanistisches<br />

Magazin“ senden.<br />

Es enthält Berichte, Interviews,<br />

Kommentare, Einspiel-Berichte<br />

und Gespräche mit Studiogästen.<br />

In einer eigenen Rubrik werden<br />

die Jungen HumanistInnen über<br />

ihre Themen und Aktivitäten berichten.<br />

Die Sendungen können anschließend<br />

im Podcast-Bereich von www.<br />

hvd-nuernberg.de jederzeit gehört<br />

und heruntergeladen werden. Die<br />

nächste Sendung in diesem Jahr ist<br />

für den 9. November geplant.<br />

landab<br />

Zum Fachvortrag „Das Gesetz zur Patientenverfügung – neuester<br />

Stand“ lud der Humanistische <strong>Verband</strong> am 28. Juni den<br />

Palliativmediziner Dr. Wolf Diemer (2.v.l.) und den SPD-<br />

Bun<strong>des</strong>tagsabgeordneten Swen Schulz (l.) ein. Dieser zählt zu den gut<br />

200 Parlamentariern, die sich bereits für den sogenannten Stünker-<br />

Entwurf ausgesprochen haben. Weiter auf dem Podium Frank Spade<br />

und Gita Neuman aus dem Bereich Patientenverfügung <strong>des</strong> HVD.<br />

3/2008 5


3/2008<br />

Margrit Witzke<br />

Kinder- und Jugendgästehaus<br />

Heiligensee<br />

im HVD<br />

berlin – Zum 1. august 2008 hat der Humanistische<br />

<strong>Verband</strong> berlin gemeinsam mit<br />

seinem Jugendverband, den Jungen HumanistInnen<br />

(JuHu), die Trägerschaft für ein<br />

Kinder- und Jugendgästehaus im norden<br />

berlins übernommen.<br />

n Wenn Kinder- und Jugendgruppen aus<br />

Kindertagesstätten und Schulen, von Jugendeinrichtungen<br />

und Jugendverbänden<br />

aus nah und fern auf eine Reise nach Berlin<br />

gehen wollen, dann haben Sie dafür ab<br />

sofort eine empfehlenswerte Adresse. Das<br />

vom zuständigen Bezirksamt in freie Trägerschaft<br />

überführte Haus liegt nahe der Havel<br />

und <strong>des</strong> Heiligensees, dicht am Tegeler Forst<br />

und ist auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln<br />

gut zu erreichen. Das zweigeschossige<br />

Haupthaus verfügt über insgesamt 45 Plätze.<br />

30 Kinder oder Jugendliche finden Platz<br />

in drei freundlichen 10-Bett-Zimmern, eine<br />

Kitagruppe ist im „Schneewittchenzimmer“<br />

bestens untergebracht (15 Kinder/2<br />

Erwachsene). Für Betreuer/innen steht im<br />

Obergeschoss neben einem Einzelzimmer<br />

auch ein Aufenthalts- und Beratungsraum<br />

zur Verfügung. Sanitäre Anlagen befinden<br />

sich auf beiden Etagen.<br />

Im Erdgeschoss gibt es große Gruppenräume<br />

für Mahlzeiten, gemeinsame Aktivitäten,<br />

Freizeit oder Veranstaltungen, die bei<br />

Bedarf verbunden werden können. Zusätzlich<br />

ist in einem ca. 25 qm großen Mehrzweckraum<br />

eine Spielecke für die Jüngsten<br />

eingerichtet. Separat gelegen sind zwei weitere<br />

Doppelzimmer für Betreuer/innen.<br />

Die fünf einfach ausgestatteten Bungalows<br />

sind flexibel nutzbar. Neben Räumen<br />

für Übernachtung, Aufenthalt oder Gruppenaktivitäten<br />

gibt es eine Küche zur Selbstverpflegung.<br />

Der hintere Bereich <strong>des</strong> schönen Waldgrundstücks<br />

ist mit Spielgeräten und Grillplätzen<br />

ausgestattet, dort können auch Zelte<br />

aufgeschlagen werden.<br />

Buchungsanfragen und Informationen:<br />

Kinder- und Jugendgästehaus Heiligensee<br />

Sandhauser Straße 76/Ecke Rallenweg 2<br />

13505 Berlin<br />

Tel. 030 4312639<br />

Email: info@juhu-heiligensee.de<br />

Internet: www.juhu-heiligensee.de


Kerstin Volgmann<br />

Familienhaus Felix –<br />

Kindertagesstätte und<br />

Familienzentrum <strong>des</strong><br />

HVD<br />

berlin – unter dem Motto „Gemeinsam<br />

leben und lernen, Helfen und Vernetzen“<br />

wurde nach einer erfolgreichen halbjährigen<br />

aufbauphase mit einer auftaktveranstaltung<br />

am 30. Juni 2008 aus dem Kinderhaus<br />

felix das familienhaus felix.<br />

n Das Familienhaus Felix, seit zehn Jahren<br />

in Trägerschaft <strong>des</strong> Humanistischen<br />

Verban<strong>des</strong> Berlin, ist von nun an Kindertagesstätte<br />

und Familienzentrum unter einem<br />

Dach, welches als familienstärkende und<br />

bildungsfördernde Einrichtung für Kinder<br />

und Eltern nachhaltig Chancengleichheit<br />

fördern will. Ziel ist es, gemeinsam mit Eltern<br />

für Eltern, Verwandte, Freunde und<br />

Nachbarn mit ihren Kindern eine offene<br />

Begegnungsstätte mit vielfältigen Angeboten<br />

zu schaffen.<br />

Selbstbestimmung und Gemeinschaftsfähigkeit<br />

sind sich gegenseitig bedingende<br />

zentrale Werte <strong>des</strong> <strong>humanistischen</strong> Selbstverständnisses<br />

und Voraussetzung für ein gelingen<strong>des</strong><br />

Leben in komplexen Gesellschaften.<br />

Die Familie ist der Ort, an dem Kinder die<br />

frühesten und wichtigsten Selbstwerterfahrungen<br />

ihres Lebens machen. Familien als<br />

Orte <strong>des</strong> gelebten Respekts zu stärken, ist<br />

daher zentrales Anliegen <strong>des</strong> Humanistischen<br />

Verban<strong>des</strong>.<br />

Das Familienzentrum, beheimatet im<br />

sozialen Brennpunkt Marzahn-Hellersdorf,<br />

möchte den Eltern ermöglichen, selbst Angebote<br />

organisieren und nutzen zu können,<br />

um sich auszutauschen und somit Unterstützung<br />

im Alltag zu erfahren. Selbst aktiv<br />

zu werden, stärkt die Kinder wie auch ihre<br />

Eltern und fördert ein positives Lebensgefühl.<br />

So heißt Familienhaus auch, einen Ort<br />

für Kinder zu entwickeln, der vielfältige Angebote<br />

zum Forschen und Experimentieren<br />

bietet, und wo gleichzeitig die Eltern Möglichkeiten<br />

finden, sich an den Bildungsprozessen<br />

zu beteiligen.<br />

Elfi Jantzen, Vorstandsmitglied <strong>des</strong><br />

HVD, LV Berlin, stellte auf der Eröffnungsfeier<br />

mit deutlichen Worten klar, wie<br />

wichtig in nächster Zukunft diese gemeinsame<br />

Arbeit von Erziehern und Eltern, aber<br />

auch die Zusammenarbeit mit den Kooperationspartnern<br />

im Sozialraum sein wird.<br />

Die Kita wird als ein wichtiger Bildungsort<br />

für Kinder und Erwachsene zunehmend an<br />

Bedeutung gewinnen. Bildung selbst wird<br />

immer mehr zum Indikator für Chancengleichheit<br />

bzw. Teilhabe am gesellschaftlichen<br />

Leben.<br />

Auch Bezirksbürgermeisterin Dagmar<br />

Pohle konnte sich an diesem Tag vom<br />

außerordentlich hohen Engagement aller<br />

Beteiligten überzeugen und zeigte sich so<br />

beeindruckt, dass sie gleich einen nächsten<br />

Besuchstermin vereinbart und weitere Unterstützung<br />

zugesagt hat.<br />

Der Kooperationspartner Zirkus Cabuwazi<br />

begeisterte an diesem Nachmittag<br />

nicht nur die Kleinen, sondern sorgte auch<br />

für große strahlende Augen.<br />

Im Augenblick können im Familienhaus<br />

regelmäßig das Elterncafe besucht und viele<br />

weitere unterstützende Angebote wahrgenommen<br />

werden. Das Elterncafé, von Eltern<br />

selbst organisiert, ist zur Zeit dienstags<br />

von 14 bis 16. 30 Uhr und donnerstags von<br />

9 bis 11.30 Uhr geöffnet und lädt dazu ein,<br />

sich gegenseitig kennenzulernen, neue Kontakte<br />

zu knüpfen und in gemütlicher Runde<br />

bei Kaffee oder Tee zu sitzen, zu spielen,<br />

zu planen, zu feiern oder einfach nur zu<br />

reden. Weitere Angebote wie eine Eltern-<br />

Kind-Gruppe oder einen Ernährungs-Bewegungs-Entspannungskurs<br />

(ab September<br />

2008) können telefonisch erfragt werden,<br />

030 32298631.<br />

Zurzeit wird gemeinsam ein Niedrigseilgarten<br />

geplant und gebaut. l<br />

Familienhaus Felix, Zühlsdorfer Str. 16-18,<br />

12679 Berlin, montags bis freitags von 6 bis 18<br />

Uhr geöffnet.


Helmut Fink<br />

Grundlagendebatte <strong>des</strong><br />

Humanismus<br />

nürnberg – auf einer hochkarätigen Tagung<br />

auf der nürnberger burg am 21./22. Juni<br />

wurden naturalismus und Humanismus<br />

miteinander gekreuzt. das Ergebnis ist ein<br />

naturalistischer Humanismus.<br />

n Das schönste Sommerwetter konnte die<br />

fast 200 Teilnehmer nicht davon abhalten,<br />

sich am Welthumanistentag in den Eppeleinsaal<br />

der Kaiserstallung auf der Burg<br />

zurückzuziehen, um den eingeladenen<br />

Philosophen und Naturwissenschaftlern<br />

zu lauschen, sich an den Diskussionen zu<br />

beteiligen, Kontakte zu pflegen und Bücher<br />

zum Thema zu erstehen.<br />

Titel der Tagung war „Der neue Humanismus.<br />

Wissenschaftliches Menschenbild<br />

und säkulare Ethik“. Inspiriert war dieser<br />

Titel durch das journalistische Schlagwort<br />

vom „neuen Atheismus“, mit dem seit wenigen<br />

Jahren kompromisslose Religionskritiker<br />

wie der britische Evolutionsbiologe<br />

Richard Dawkins belegt worden sind.<br />

Für die längerfristige Debatte um ein<br />

zeitgemäßes und fruchtbares Verständnis<br />

der säkularen Triebkräfte, die von naturwissenschaftlichen<br />

Erkenntnissen ausgehen,<br />

erschien den Veranstaltern jedoch der<br />

Übergang von „Atheismus“ zu „Humanismus“<br />

sinnvoll, ja geradezu geboten. Denn<br />

für die Orientierung <strong>des</strong> Menschen in einer<br />

erforschbaren Welt reicht Religionskritik<br />

nicht aus. Positive Werte und säkulare<br />

Ethik werden gebraucht, und hierfür bleibt<br />

die Tradition <strong>des</strong> Humanismus ein unverzichtbarer<br />

kultureller Hintergrund.<br />

Religion als Placebo-Effekt<br />

Das Eröffnungsreferat hielt der Vorstandssprecher<br />

der Giordano Bruno Stiftung, Michael<br />

Schmidt-Salomon. Die von ihm vertretene<br />

Ausprägung naturalistischen Denkens<br />

betont die Entzauberung traditioneller<br />

philosophischer Konzepte wie (Willens-)<br />

Freiheit, Würde, Gut und Böse und setzt<br />

statt<strong>des</strong>sen auf evolutionäre Erklärungen,<br />

spieltheoretische Betrachtungen und biologische<br />

Mechanismen. Auf dieser Grundlage<br />

soll die Menschwerdung in naturgeschichtlicher<br />

wie in ethischer Hinsicht verständlich<br />

werden: als Hominisierung einerseits und<br />

als Humanisierung andererseits.<br />

8<br />

3/2008<br />

Antike Wurzeln <strong>humanistischen</strong> Denkens<br />

wurden erschlossen von Theo Ebert<br />

aus Erlangen, der das Weltbild <strong>des</strong> Epikur<br />

erläuterte, und von Bernulf Kanitscheider<br />

aus Gießen, der über hedonistische Ethik<br />

sprach. Am Nachmittag ging es dann um<br />

Erklärungen für Religiosität aus evolutionärer<br />

Sicht: Eckart Voland aus Gießen und<br />

Gerhard Schurz aus Düsseldorf gingen der<br />

Frage nach, worin der Überlebensvorteil religiösen<br />

Verhaltens in der Menschheitsentwicklung<br />

zu suchen ist.<br />

Während Voland die bloße Fähigkeit zur<br />

Religiosität (nicht aber Grad oder Art ihrer<br />

Verwirklichung) als Teil der natürlichen<br />

Ausstattung <strong>des</strong> Menschen untersucht, betont<br />

Schurz eher die Ebene der kulturellen<br />

Evolution. Religion kann dann durch verallgemeinerte<br />

Placebo-Effekte erklärt werden.<br />

Bernulf Kanitscheider<br />

Der Biologe Josef H. Reichholf betrachtete<br />

die Mechanismen der Abgrenzung verschiedener<br />

Menschengruppen voneinander<br />

und erkannte Sprache und Kultur als die<br />

entscheidenden Faktoren. Kultur als die<br />

zweite Natur <strong>des</strong> Menschen und die Auseinandersetzung<br />

mit Ideologien sieht er als<br />

wesentliche Felder <strong>des</strong> Humanismus. Die<br />

biologischen Grundlagen ermöglichten<br />

Humanismus, bestimmten ihn aber nicht.<br />

Der Physiker Bernd Vowinkel gab einen<br />

kurzweiligen Überblick über Hoffnungen<br />

und Perspektiven <strong>des</strong> sogenannten Transhumanismus<br />

– der technischen Weiterentwicklung,<br />

Optimierung und Reparatur der<br />

Ausstattung <strong>des</strong> Menschen. Gentechnik,<br />

Prothetik und neuronale Implantate machen<br />

Fortschritte, lindern Leid und verlängern<br />

das Leben. Ohne kulturelle Verarbeitung<br />

<strong>des</strong> technischen Fortschritts, seines<br />

möglichen Missbrauchs und seiner Grenzen<br />

erscheinen allerdings manche Verspre-<br />

chungen – etwa eines ewigen Lebens auf<br />

künstlicher Basis – als überzogen und naiv.<br />

Mit dieser Diskussion um die technische<br />

Erweiterbarkeit menschlicher Fähigkeiten<br />

ging ein spannender Vortragstag zu Ende,<br />

abends noch abgerundet durch die Vorführung<br />

<strong>des</strong> Spielfilms „Wer den Wind sät“.<br />

Dieser hervorragende US-Film von 1960<br />

zeichnet den emotionalen Streit um Kreationismus<br />

vs. Evolution im amerikanischen<br />

Schulunterricht anlässlich <strong>des</strong> so genannten<br />

Affenprozesses von 1925 nach und vermittelt<br />

dabei ein heute rar gewordenes Wissenschaftspathos.<br />

die Tagung ist beendet, die debatte<br />

nicht<br />

Am folgenden Tag verglich Franz-Josef<br />

Wetz aus Schwäbisch-Gmünd „alten“<br />

und „neuen“ Humanismus, vor allem im<br />

Hinblick auf die Verankerung der menschlichen<br />

Selbstachtung. Der Theologe und<br />

Wissenschaftsphilosoph Winfried Löffler<br />

aus Innsbruck beleuchtete die Struktur <strong>des</strong><br />

wissenschaftlichen Erkenntnisprozesses und<br />

seiner weltanschaulichen Voraussetzungen<br />

und Auswirkungen. Dabei trat er der Erwartung<br />

einer „wissenschaftlichen Weltanschauung“<br />

entgegen und kritisierte die<br />

Schein-Alternativen weltanschaulich überspitzter<br />

Positionen.<br />

Für eine gehörige Portion säkularer<br />

Selbstkritik sorgte schließlich Armin Pfahl-<br />

Traughbers Frage nach strukturellen Analogien<br />

zwischen radikalem Atheismus und<br />

dogmatischer Religion. Somit hatte sich<br />

mehr als genug Stoff für ein kontroverses<br />

Rundtischgespräch angesammelt, bei dem<br />

das schwierige Verhältnis von Wissenschaft<br />

und Weltanschauung facettenreich und<br />

engagiert behandelt wurde. Die Tagung ist<br />

vorbei, die Debatte nicht am Ende.<br />

Die Zusammenarbeit der Nürnberger<br />

Humanisten, hier in Gestalt der Humanistischen<br />

Akademie Bayern und <strong>des</strong> turmdersinne,<br />

mit der Giordano Bruno Stiftung,<br />

hat sich nach beidseitiger Einschätzung<br />

bestens bewährt und soll im Darwin-Jahr<br />

2009 durch eine weitere wissenschaftliche<br />

Großveranstaltung fortgeführt werden. In<br />

der Zwischenzeit wird die Herausgabe der<br />

Tagungsbeiträge zum „Neuen Humanismus“<br />

in Buchform vorbereitet. Wer nicht<br />

hören konnte, soll wenigstens lesen dürfen.<br />

Denn Humanismus braucht Theorie. l<br />

Helmut Fink ist Vorsitzender der Nürnberger<br />

Humanisten.


Edmund Fröse<br />

Evolutionstheorie und<br />

Humanismus<br />

Eine Konferenznachlese<br />

Halle – aus anlass <strong>des</strong> 150-jährigen Jubiläums<br />

der Erstlesung von Charles darwins<br />

Schrift „Über den ursprung der arten…“,<br />

fand am 11. Juni 2008 ein gemeinsames<br />

Kolloquium „Evolutionstheorie und Humanismus“<br />

<strong>des</strong> Humanistischen Regionalverban<strong>des</strong><br />

Halle-Saalkreis e.V., der Rosaluxemburg-Stiftung<br />

Sachsen-anhalt e.V.<br />

(HRV) und der Humanistischen akademie<br />

statt.<br />

n Nach Aufklärung, Rationalisierung und<br />

wissenschaftlich-technischer Revolution<br />

wird von Politikern wieder die Aufnahme<br />

der christlichen Weltsicht in das deutsche<br />

Schulsystem gefordert. Aber die wissenschaftliche<br />

Evolutionstheorie steht den Lehren<br />

<strong>des</strong> Kreationismus diametral gegenüber.<br />

An der Interpretation der Evolutionstheorie<br />

entzünden sich auch heute, wie bereits vor<br />

150 Jahren, hitzige Debatten.<br />

Im Eröffnungsbeitrag von Dr. K. Stöber<br />

„Darwins Theorie und seine Kritiker – gestern<br />

und heute“ wurde die wissenschaftliche<br />

Bedeutung der Darwinschen Evolutionstheorie,<br />

mit der eine unerhörte, neuartige<br />

Denkweise ansetzte, verdeutlicht. Seine<br />

Theorie, die zugleich den Mechanismus <strong>des</strong><br />

Wandels der Arten durch natürliche Selektion<br />

und Variationen der Individuen erklärt,<br />

revolutionierte das biologische Denken,<br />

weil nunmehr der Wandel, die Entwicklung<br />

biologischen Lebens und nicht mehr<br />

die morphologische Klassifizierung <strong>des</strong> Lebendigen<br />

im Mittelpunkt <strong>des</strong> wissenschaftlichen<br />

Interesses stand.<br />

Darwins Werk, so Dr. H. Groschopp in<br />

seinem Beitrag „Zur Aufnahme von Darwins<br />

Lehre bei den Freidenkern“, gab dieser<br />

Bewegung einen enormen Schub. Darwin<br />

widerlegte nicht nur die göttliche Urheberschaft<br />

<strong>des</strong> Menschen, er verwies auch auf die<br />

gemeinsame Abstammungsgeschichte aller<br />

Lebewesen, insbesondere der von Affen und<br />

Menschen, was zu jener Zeit eine unerhörte<br />

Behauptung darstellte. Die biologische Tatsache<br />

der natürlichen Selektion wurde insbesondere<br />

von Haeckel auf die gesellschaftliche<br />

Entwicklung übertragen. Der Sozialdarwinismus<br />

folgerte, dass ebenso wie in der<br />

Natur sich auch auf der gesellschaftlichen<br />

Ebene der „Kampf ums Dasein“ vollzieht<br />

und stets der Stärkere gewinne. Um dies zu<br />

unterstreichen, führte Haeckel den Begriff<br />

„Lebenswert“, der den „Unwert“ wie das<br />

„unwerte Leben“ impliziert, ein. Über den<br />

„Lebenswert“ einer Rasse solle der Staat, so<br />

Haeckel, wachen. Hier wird deutlich, wie<br />

die Interpretation der Evolutionstheorie unmittelbar<br />

unsere weltanschaulichen Überzeugungen<br />

zur Frage nach der Entstehung<br />

<strong>des</strong> Lebens, zur Stellung <strong>des</strong> Menschen in<br />

Natur und Gesellschaft berührt. Im Kern<br />

geht es um die Möglichkeit zur individuellen<br />

und politischen Selbstbestimmung<br />

<strong>des</strong> Menschen und der Verantwortung <strong>des</strong><br />

Menschen für sein Handeln.<br />

Wie Dr. Fröse in seinem Beitrag „Wissenschaft,<br />

Ethik und Humanismus“ ausführte,<br />

kann aber die Frage, „Was soll ich tun?“<br />

von den Einzelwissenschaften nicht geklärt<br />

werden, denn sie geben Auskunft darüber<br />

was ist, ihr höchster Wert ist die objektive<br />

Erkenntnis. Handlungsanleitung geben uns<br />

ethische Maxime, die in weltanschauliche<br />

Überzeugungen, wie z.B. den atheistischen<br />

Humanismus, eingebettet sind.<br />

Von welchem Menschenbild, so kann<br />

im Anschluss an den Vortrag von Dr. V.<br />

Schubert-Lehnhardt „Das Prinzip der<br />

‚natürlichen Auslese’ und das Bild vom<br />

behinderten Menschen heute“, gefragt<br />

werden, lässt sich die moderne biomedizinische<br />

Debatte leiten? Wenn die Humanisierung<br />

<strong>des</strong> Menschen als Vernunft-Wesen<br />

als gescheitert angesehen wird, eröffnen<br />

uns nun die Perspektiven der Manipulation<br />

<strong>des</strong> Erbgutes die Möglichkeit der<br />

Referentin Dr. Viola Schubert-Lehnhardt<br />

„Verbesserung“ <strong>des</strong> Menschen? Bereits vor<br />

der Geburt wird nach Erbkrankheiten <strong>des</strong><br />

werdenden Menschen gesucht und entsprechend<br />

„selektiert“. Wer aber soll die<br />

Kriterien der Selektion festlegen? Eine<br />

solche Entscheidung setzt eine ethische<br />

Bewertung nach einem „Lebenswert“ voraus.<br />

Droht in diesen aktuellen Debatten<br />

ein neuer „Rassismus“ nach Erbmerkmalen?<br />

An diesen medizinethischen Fragen<br />

entzündete sich eine lebhafte Diskussion<br />

unter den Teilnehmern.<br />

Von besonderer aktueller Bedeutung<br />

in den weltanschaulichen Auseinandersetzungen<br />

sind Fragen der Bildung und Erziehung,<br />

wie im abschließenden Vortrag<br />

von Christoph Lammers „Zwischen Arche<br />

Noah und Beagle. Evolutionstheorie, Kreationismus<br />

und Bildung“ hervorgehoben<br />

wurde. Die Veränderungen im deutschen<br />

Bildungssystem, wie z.B. die Privatisierung<br />

oder die Umstellung von Wissens- auf reine<br />

Informationsvermittlung, leisten kreationistischen<br />

Positionen Vorschub. Auch<br />

in der Bun<strong>des</strong>republik wird der Ruf nach<br />

Einführung <strong>des</strong> christlichen Schöpfungsmythos<br />

in die Lehrpläne mit dem Argument<br />

der „Freiheit der Wissenschaften“<br />

gerechtfertigt. Doch die Lösung der aktuellen<br />

Probleme der Gerechtigkeit, <strong>des</strong> Klimawandels,<br />

der Verknappung der Rohstoffe<br />

und Nahrungsmittel verlangt nach einer<br />

aufgeklärten, wissenschaftlichen Weltsicht,<br />

die den ethischen Maximen <strong>des</strong> Humanismus<br />

verpflichtet ist. l<br />

Dr. Edmund Fröse ist Philosoph und Mitarbeiter<br />

im Humanistischen Regionalverband Halle-<br />

Saalkreis.<br />

3/2008 9


n In Berlin gibt es zur Zeit eine heftige<br />

und kontroverse Debatte zur Übernahme<br />

von Horten an staatlichen Schulen<br />

durch private Träger. Endlich kommen<br />

dadurch neue, innovative Ideen in die<br />

verkrustete Bildungslandschaft, sagen die<br />

Befürworter. Die Kritiker – vorwiegend<br />

aus dem gewerkschaftlichen Spektrum<br />

– entgegnen: Die Übernahmen finden<br />

auf dem Hintergrund der Sparvorhaben<br />

<strong>des</strong> Senats statt. Private Träger erreichen<br />

Kostensenkungen nur durch die Verschlechterung<br />

der Arbeitsbedingungen<br />

der Beschäftigten. Der Wechsel gefährdet<br />

in der Beziehungsarbeit mit Jugendlichen<br />

wichtige pädagogische Kontinuität, zudem<br />

erhalten private Träger oft nur zeitlich<br />

befristete Aufträge. Es ist ein Fortschritt,<br />

dass auch Horte nicht mehr als<br />

Betreuungseinrichtungen, sondern als<br />

Bildungsangebot definiert werden, folgerichtig<br />

haben die Hortmitarbeiterinnen<br />

auch ein Stimmrecht in den schulischen<br />

Mitbestimmungsgremien. Dieses entfällt<br />

an staatlichen Schulen bei von außen<br />

kommendem Personal.<br />

Nun gibt es auch im HVD Stimmen,<br />

die dem <strong>Verband</strong> raten, sich um Schulhorte<br />

zu bewerben. Dies würde die Einflussmöglichkeiten<br />

vergrößern und schließlich<br />

sei zu erwarten, dass sich auch die Kirchen<br />

um Horte bemühen werden. Spätestens<br />

hier erscheint mir ein Zwischenruf nötig.<br />

Die Kirchen sehen ihre Bildungsangebote<br />

als unverzichtbaren Bestandteil der abendländischen<br />

Kultur, wollen ihren Einfluss<br />

in den öffentlichen Schulen behalten oder<br />

vergrößern und drängen <strong>des</strong>halb gegenwärtig<br />

in Berlin darauf, die hier bestehende<br />

Trennung von Staat und Kirche abzuschaffen<br />

und ein Wahlpflichtfach Religion<br />

0<br />

3/2008<br />

Norbert Böhnke<br />

einzuführen. Dagegen verteidigt der HVD<br />

die Trennung von Staat und Kirche, die<br />

weltanschauliche Neutralität <strong>des</strong> Staates in<br />

der schulischen Bildung und das integrative<br />

Fach Ethik für alle Schülerinnen und<br />

Schüler. Viele Eltern sind auf den Besuch<br />

ihrer Kinder von Schulhorten angewiesen,<br />

diese stellen ein sinnvolles zusätzliches Bildungsangebot<br />

dar. Schulhorte sind an den<br />

einzelnen Schulen ein alternativloses Angebot.<br />

Ich hielte es nicht für angebracht,<br />

wenn am Vormittag in den Schulen weltanschauliche<br />

Neutralität herrscht und am<br />

Nachmittag dann die christliche Weltsicht.<br />

Umgekehrt ist aber auch religiösen<br />

Eltern und Kindern nicht zuzumuten,<br />

dass sie mit einer vorherrschenden <strong>humanistischen</strong><br />

oder atheistischen Sichtweise<br />

konfrontiert werden.<br />

Nun ziehen die Befürworter einer Hortübernahme<br />

durch den HVD den Joker<br />

und argumentieren, man müsse in der<br />

Hortarbeit die eigene Weltanschauung ja<br />

nicht allzu explizit vertreten, könne sich<br />

also sozusagen auf einen „Humanismus<br />

light“ bei dieser Arbeit verständigen. Nein<br />

– Einspruch! Bildungsarbeit an der öffentlichen<br />

Schule muss am Vor- und Nachmittag<br />

werteorientiert, aber weltanschaulich<br />

neutral sein. Es ist und bleibt eben ein<br />

Unterschied, ob ich ein um seine geliebte<br />

Oma trauern<strong>des</strong> Kind damit tröste, indem<br />

ich sage, sie wartet jetzt im Himmel auf<br />

dich, dort wirst du sie auch einmal wiedertreffen<br />

oder ich sage mit Immanuel Kant,<br />

tot ist nur, wer vergessen wird.<br />

Wer für sein Kind ein explizit weltanschaulich<br />

ausgerichtetes Bildungsangebot<br />

haben möchte, kann dies an der Berliner<br />

Schule im Religionsunterricht, der christlich,<br />

jüdisch, islamisch oder auch bud-<br />

Zwischenruf<br />

„All you can eat“ macht dicker,<br />

aber nicht stärker!<br />

dhistisch sein kann, oder im <strong>humanistischen</strong><br />

Lebenskundeunterricht erhalten.<br />

Aber dies sind eben freiwillige Angebote,<br />

zu denen niemand gezwungen wird. Wer<br />

dies noch umfangreicher haben möchte,<br />

der kann sein Kind in eine private Schule<br />

mit einer spezifischen Ausrichtung schicken.<br />

Damit plädiere ich keineswegs dafür,<br />

der HVD solle sich auf eine lebensferne<br />

„reine Lehre“ zurückziehen und sich in<br />

Zukunft ausschließlich einer freidenkerischen<br />

Ideologievermittlung widmen.<br />

Zu einem modernen, zunehmend in der<br />

Gesellschaft an Einfluss gewinnenden<br />

Humanismus gehören selbstverständlich<br />

die sozialen Angebote <strong>des</strong> HVD vom<br />

Kindergarten, der Sozialstation bis zum<br />

Hospiz. All dies sind aber Angebote, die<br />

die Menschen bewusst, freiwillig und<br />

selbstbestimmt wählen können. Diese<br />

Wahlfreiheit besteht bei Horten an öffentlichen<br />

Schulen nicht und es kann auch<br />

nicht sein, dass sich Schulkonferenzen je<br />

nach der augenblicklichen Mehrheitslage<br />

für einen kirchlichen oder <strong>humanistischen</strong><br />

Anbieter entscheiden. Sollten Kirchen eine<br />

solche Trägerschaft beantragen, so sehe ich<br />

die Aufgabe <strong>des</strong> HVD darin, vom Senat<br />

die Ablehnung eines solchen Ansinnens<br />

einzufordern.<br />

Horte sind Teil der Bildungseinrichtung<br />

Schule, sie haben an öffentlichen<br />

Schulen weltanschaulich neutral zu sein,<br />

die Trennung von Staat und Kirche ist zu<br />

beachten. l<br />

Norbert Böhnke (Oberstudienrat), unterrichtet<br />

als Fachleiter Sport an einer Gesamtschule<br />

sowie Deutsch und Ethik und verantwortet im<br />

Lan<strong>des</strong>vorstand Berlin <strong>des</strong> HVD das Fach humanistische<br />

Lebenskunde.


Menschen im Diesseits<br />

Am 6. Mai feierte das Berliner Fördermitglied<br />

Charlotte Konetznik<br />

ihren 100. Geburtstag. Die festliche<br />

Begrüßung der Gäste übernahm sie<br />

nicht selbst, „dazu reicht die Lautstärke<br />

meiner Stimme nicht mehr<br />

aus“. Umso mehr freute sie sich,<br />

in der großen Geburtstagrunde<br />

mit vielen Gästen ins Gespräch zu<br />

kommen. Seit langem hat sie diesen<br />

Tag herbeigesehnt. „Ich möchte so<br />

gerne noch ein wenig mitspielen<br />

auf dieser Welt“- so ihre Grundeinstellung<br />

zum Leben. Weiterhin viel<br />

Gesundheit für Sie!<br />

Am 27. Juli wurde das Berliner Ehrenmitglied<br />

Heinz Striek 90 Jahre<br />

alt. Das ehemalige Mitglied <strong>des</strong> Abgeordnetenhauses,<br />

<strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>tages<br />

und ehemaliger Berliner Finanzsenator<br />

trat 1960 gemeinsam mit<br />

seiner Frau Ilse in den damaligen<br />

Freidenkerverband ein und wirkte<br />

über lange Jahre als „Türöffner“ <strong>des</strong><br />

Verban<strong>des</strong> in die Berliner Politik.<br />

Ein besonderes Geschenk machte<br />

ihm seine Familie, bestehend aus<br />

drei Kindern, acht Enkelkindern<br />

und zehn Urenkeln. Sie gaben ihm<br />

das Versprechen, „dass ein Jeder<br />

eintreten wird für den Anderen,<br />

heute und immerdar, dass keiner<br />

im Abseits steht oder – fallen gelassen<br />

wird“.<br />

Am 14. Juni heiratete Bun<strong>des</strong>koordinatorin Bettina Kebschull (rechts)<br />

ihre langjährige Lebenspartnerin Susanne Thederan auf dem Stan<strong>des</strong>amt<br />

Berlin-Pankow. Mit in die Familie kam Susannes Tochter Antonia.<br />

Am 20. Juni erhielt Lebenskundelehrerin<br />

Helga Boehrer aus den<br />

Händen von Brandenburgs Ministerpräsident<br />

Matthias Platzeck<br />

das „Band für Mut und Verständigung<br />

2008“. Frau Boehrer lebt mit<br />

ihrem, wie sie selbst sagt, “schwäbischen<br />

Migrationshintergrund“ seit<br />

20 Jahren in Berlin-Neukölln. Dort<br />

unterrichtet sie an zwei Grundschulen<br />

Klassen, die zu 90 Prozent<br />

aus Kindern aus Migrantenfamilien<br />

bestehen. Dies tut sie mit so viel<br />

Engagement, dass sie vom „Bündnis<br />

der Vernunft gegen Gewalt und<br />

Ausländerfeindlichkeit“ für diese<br />

hohe Ehrung vorgeschlagen wurde.<br />

Viel wichtiger für sie sind jedoch<br />

die sichtbaren sprachlichen und<br />

sozialen Erfolge ihrer Schüler, die<br />

Helga Boehrer Mut machen und<br />

Kraft geben.<br />

3/2008


Michael Bauer<br />

Für ein menschenwürdiges Ende<br />

Mit der „Suizidbegleitung“ von Roger Kusch hat<br />

Deutschland ein bizarres Sommerthema gefunden.<br />

Schnell waren die üblichen Verdächtigen wortmächtig<br />

auf den Bildschirmen – die ewig wiederkehrenden<br />

Bischöfinnen, Politikerinnen, Kommentatorinnen<br />

der Weltläufte aller Couleur – und dazwischen<br />

eingestreut, damit der Auftrieb authentischer<br />

werde, ein paar Betroffene. Sie, die erlebt haben,<br />

wie ein lieber Mensch selbst sein Leben beendete,<br />

sahen oftmals ein wenig verloren aus in all der<br />

wohlondulierten Pracht der medialen Selbstdarsteller.<br />

Verloren ging in diesem Jahrmarkt der Eitelkeiten oft<br />

auch die eigentliche, auf den ersten Blick gar nicht<br />

so komplizierte Frage: Soll ein Mensch sich selbst<br />

töten dürfen, und darf man ihm dabei helfen?<br />

Was die politische Forderung selbst betrifft, so<br />

ist die Sache schnell geklärt: Natürlich sollte die<br />

Selbstbestimmung <strong>des</strong> Menschen über sein Leben<br />

auch das Ende <strong>des</strong>selben einschließen, warum auch<br />

nicht. Strafrechtliche Schwierigkeiten gibt es dabei<br />

zwar im Bereich der unterlassenen Hilfeleistung, nicht<br />

aber in der Sache selbst. Die Selbstbestimmung eines<br />

würdigen Abschieds scheint auf den ersten Blick nur<br />

einen begrenzten argumentativen Schrecken zu haben.<br />

Alles klar also? Mitnichten. Denn: Darf das Ende eines<br />

Lebens so leicht zur Wahl stehen? Sollte zuvor nicht<br />

verlässlich alles getan werden, um es zu erhalten und um<br />

es erhaltenswert sein zu lassen? Ist der „Frei“-Tod wirklich<br />

immer frei? Würde der zu einfach gemachte, ja „normale“<br />

Suizid sich nicht irgendwann und irgendwie gegen das<br />

Leben wenden und schon aus wirtschaftlichen Gründen<br />

öfter erfolgen als ohne diese Implikation? Ja, wird es<br />

dann vielleicht einmal ein Krankenversicherungsmodell<br />

geben, in dem man sich die verkürzte Lebenszeit<br />

auszahlen lassen kann? Medizinökonomen<br />

diskutieren bereits die Rahmenbedingungen<br />

für die nutzenorientierte Rationierung von<br />

Gesundheitsleistungen. Es wäre naiv, es bei einem so<br />

heiklen Thema beim „Wertehimmel“ zu belassen und<br />

die ökonomischen Hintergründe auszublenden.<br />

Zweifellos führt das Thema <strong>des</strong> assistierten Suizids<br />

den HVD an eine Grenze. Denn er versteht sich<br />

als „Lebenshilfe-Verein“, und da passt zwar die<br />

hinwendungsvolle Begleitung beim Sterben sehr gut,<br />

die zum Tode selbst aber gar nicht so recht hinein.<br />

Es bedarf der Diskussion, auch darüber, wie und wie<br />

weit gehend der HVD sein Engagement definiert.<br />

Diesseits will mit den folgenden Beiträgen zum<br />

Nachdenken beitragen und sachlich informieren. Denn<br />

das Thema geht uns etwas an. Für das gelungene<br />

Leben – und auch für sein menschenwürdiges Ende.<br />

Michael Bauer ist Lan<strong>des</strong>beauftragter für Patientenverfügungen <strong>des</strong><br />

HVD-Bayern und Berater für Ethik in der Medizin.<br />

3/2008<br />

TiTel<br />

Gita Neumann<br />

Wenn das Altwerden zur<br />

Last wird<br />

Alterssuizid, Prävention, Ausmaß<br />

der Verzweiflung<br />

n Medienwirksam hat Ex-Senator Dr. Kusch den Suizid der<br />

79-jährigen Bettina Sch. inszeniert. Ins öffentliche Bewusstsein<br />

gerückt wurde ein letztes Tabu – worüber die Betroffenen<br />

selbst allerdings längst intensiv nachdenken: Alterssuizid.<br />

Oder zumin<strong>des</strong>t der dringende Wunsch, es so gern selbst in<br />

der Hand zu haben, wann Schluss sein soll. In Deutschland<br />

sind etwa 40 Prozent der jährlich rund 11.000 offiziellen Suizid-Toten<br />

im Rentenalter. Zur Zeit scheidet rein rechnerisch<br />

etwa alle zwei Stunden ein über 65-jähriger Mensch hierzulande<br />

freiwillig aus dem Leben. Tendenz steigend – das Risiko<br />

nimmt mit zunehmendem Alter deutlich zu (während die<br />

Zahl der jüngeren Suizidenten rückläufig ist).<br />

Eindeutiges Hauptmotiv: Die Angst, es zu Hause nicht<br />

mehr allein zu schaffen, ins Pflegeheim zu müssen. Hintergründe:<br />

Verminderte Lebensqualität durch vielseitige<br />

Krankheitsbeschwerden (Lähmungen, Atemnot, chronische<br />

Schmerzen, Inkontinenz, Minderung oder Verlust von Seh-<br />

oder Hörfähigkeit), Verlusterfahrungen, empfundene Sinnlosigkeit.<br />

So kommt es zum Bedürfnis, endlich nur noch Ruhe<br />

und Frieden zu finden. Oder zum bilanzierten Empfinden,<br />

mit 80 sei das eigene Leben jetzt doch abgerundet und man<br />

möchte entspannt in den Tod gehen. Ein besonderes Problem:<br />

Die suizidale Verstimmung durch Altersdepression – hier<br />

kann allerdings der nötige Antrieb verloren gegangen sein,<br />

den Sterbewunsch in die Wirklichkeit umzusetzen.<br />

Experten schätzen die versuchten Selbsttötungen min<strong>des</strong>tens<br />

zehnmal – manche meinen sogar: fünfzigmal – höher<br />

ein als die Zahl der vollendeten. Opferzahlen von Gewalttaten<br />

oder Verkehrsunfällen – alles verschwindend klein im<br />

Vergleich zu dieser unvorstellbaren Größe. Und fast ebenso<br />

unvorstellbar: Das (bisherige) öffentliche Schweigen darüber.<br />

Hinzu kommen die unzähligen „verkappten“ Fälle, die eigentlich<br />

gar kein richtiger Suizid sind: Ältere Menschen, die<br />

aufgehört haben, ihre Medikamente einzunehmen – oder zu<br />

essen oder zu trinken.<br />

Schockierende Ahnungslosigkeit <strong>des</strong> Umfel<strong>des</strong><br />

Es gibt ziemlich klare Unterscheidungskriterien zwischen dem<br />

Alterssuizid und dem Suizid anderer Gruppen. „Der unbedingte<br />

Wunsch zu sterben – das ist typisch für Selbsttötungen<br />

im Alter“, sagt Dr. Peter Klostermann, Rechtsmediziner an der<br />

Berliner Charité. „Hochbetagte Menschen wollen nicht gefunden<br />

oder von der Putzfrau gerettet werden. Das unterschei-


det sie von jüngeren Menschen, bei denen<br />

Suizidversuche oft Hilfeschreie sind, um<br />

mehr Aufmerksamkeit zu bekommen.“<br />

Klostermann weiß, wovon er spricht.<br />

Für seine Studie zum Alterssuizid (bereits<br />

2004) untersuchte er 172 Fälle 65-95-<br />

Jähriger, die sich das Leben genommen<br />

hatten. Er las Abschiedsbriefe, sprach mit<br />

den Hinterbliebenen, sichtete Obduktions-<br />

und Polizeiprotokolle. Es zeigte sich: Diese<br />

Selbsttötungen waren keine affektive Kurzschlussreaktionen,<br />

vielmehr lange geplant.<br />

Dennoch hatten weder die Angehörigen<br />

noch die Hausärzte bis auf seltene Ausnahmen<br />

nicht die geringste Ahnung. Suizid<br />

durch „Medikamentencocktails“ waren den<br />

„Gebildeten“, vorrangig selbst aus Medizinberufen,<br />

vorbehalten, die man oft in guter<br />

Bekleidung in der aufgeräumten Wohnung<br />

vor sortierten Dokumenten fand.<br />

„Harte“ Suizidmethoden und<br />

Abschiedsbriefe<br />

Die allermeisten der älteren Menschen wählen,<br />

wie Klostermann feststellte, allerdings<br />

so genannte harte Methoden: Erhängen,<br />

Ersticken, Stürzen, Erschießen; Mittel wie<br />

Chemikalien, Strom, Messer. Sie sehen sich<br />

oft gezwungen, gewaltsame Methoden zu<br />

wählen, bzw. grausame – wovon Protokolle<br />

eines To<strong>des</strong>kampfes zeugen. Diese können<br />

zudem noch andere Menschen in Mitleidenschaft<br />

ziehen. (Ein Thema, worüber in<br />

Zeitungen und Medien nicht berichtet werden<br />

darf: Durchschnittlich drei bis vier Mal<br />

pro Tag werfen sich suizidwillige Menschen<br />

vor Züge – ein Teil der Bahnverspätungen<br />

rührt daher.)<br />

Doch die vermeintlich „todsicheren“<br />

Wege, aus dem Leben zu scheiden, misslingen<br />

nicht selten und hinterlassen um<br />

so schwerere Schädigungen, insbesondere<br />

Querschnittslähmungen, Verstümmelungen,<br />

Organerkrankungen. Und das bei<br />

Menschen, die ohnehin darunter litten,<br />

keine Kraft zum Weiterleben mehr zu haben.<br />

Nun könnte man sagen: Würde man<br />

ihnen eine garantiert sichere, sanfte und<br />

schmerzfreie Option <strong>des</strong> begleiteten Suizidhilfe<br />

anbieten, würden davon ja noch mehr<br />

Gebrauch machen – so sind sie wenigstens<br />

abgeschreckt. Aber: Spricht nicht die empirische<br />

Realität der oben genannten Zahlen<br />

dagegen? Und: Ist das human? Lassen sich<br />

Suizide älterer Menschen überhaupt verhindern<br />

– etwa durch Zwangseinweisung in die<br />

Psychiatrie?<br />

Suizidalen entwicklungen vorbeugen<br />

– aber wie?<br />

Das Problem ist so gravierend, dass es endlich<br />

auch zum Thema zahlreicher Fachkongresse<br />

und Debatten unter Psychologen,<br />

Psychiatern, Altersforschern, Medizinern,<br />

Lebensberatern und Seelsorgern wird. 2002<br />

initiierte die Deutsche Gesellschaft für Suizidprävention<br />

(DGS) ein Nationales Suizidpräventionsprogramm.<br />

Deren Arbeitsgruppe<br />

„Alte Menschen“ hat das Heft „Wenn das<br />

Altwerden zur Last wird – Suizidprävention<br />

im Alter“ herausgegeben. Dieses wird auch<br />

vom HVD – das Heft ist kostenfrei – an<br />

Interessenten, Betroffene und professionell<br />

Tätige abgegeben – um bestehende Hürden<br />

bei der Bestellung per Internet oder dauerbesetztem<br />

Publikationsversand der Bun<strong>des</strong>regierung<br />

zu unterlaufen. Die Initiative<br />

zur Suizidprävention wird unterstützt vom<br />

Bun<strong>des</strong>gesundheitsministerium. Zahlreiche<br />

Verbände haben sich angeschlossen.<br />

Der Humanistische <strong>Verband</strong> Deutschlands<br />

trägt mit seinen Angeboten zur Lebensberatung<br />

und –hilfe ebenfalls dazu bei.<br />

Im vorigen Jahr wurden in Berlin – neben<br />

den traditionsreichen Hilfen und Gruppen<br />

zur Trauer- und Verlustbewältigung – die<br />

ersten <strong>humanistischen</strong> Berater ausgebildet.<br />

Sie sind ehrenamtlich tätig. Ihre Aufgabe:<br />

Zuhören; Selbstreflexion <strong>des</strong> Gegenübers<br />

begleiten; bestehende Anpassungsbereitschaft<br />

auch an widrige Umstände fördern;<br />

Verständnis zeigen – gegenüber vermin-<br />

dertem Selbstwertgefühl, gedrückter Stimmung,<br />

Kränkung. Vielleicht nicht viel mehr<br />

als ein Tropfen auf den heißen Stein? Aber<br />

etwas muss getan werden, Patentrezepte gibt<br />

es nicht. Auch keine medikamentösen oder<br />

therapeutischen gegen die Altersdepression<br />

– wenngleich hier oft ein Abklingen erreicht<br />

werden kann.<br />

Ein weiteres Problem: Alle Experten –<br />

wie z. B. vom Hamburger Therapiezentrum<br />

für Suizidgefährdete – sind sich einig: Die<br />

betroffenen alten Menschen suchen von<br />

selbst nie Beratungs- oder Therapiehilfe auf.<br />

Statt<strong>des</strong>sen wenden sie sich eher an Suizid-<br />

bzw. Sterbehilfegesellschaften wie Dignitas,<br />

Dignitate oder jetzt an den Verein von Dr.<br />

Kusch. Bei denen meinen sie – nicht zu unrecht<br />

– sicher sein können, mit ihrem Anliegen<br />

zunächst einmal Verständnis zu finden.<br />

Das Paradoxe: Die absolute Akzeptanz und<br />

das – nicht verurteilende – Ernstnehmen<br />

<strong>des</strong> Sterbewunsches eint Suizidprophylaxe<br />

und Suizidhilfe. Der Unterschied ist empirisch<br />

betrachtet viel geringer, als manche<br />

glauben möchten. Unabdingbar ist es nämlich<br />

auch in der Suizidvermeidung, sich auf<br />

die als unerträglich empfundene Situation<br />

<strong>des</strong> Gesprächspartners einzulassen. Und<br />

unbestritten ist, dass allein die Aussicht auf<br />

einen letzten „Ausgang“ zu einer spürbaren<br />

Entlastung führt. Oftmals wird dann diese<br />

mögliche Option nie in Anspruch genommen<br />

werden. Aber was, wenn doch einmal?<br />

Zur Wissenschaftlichen Fachtagung<br />

„Was ist heute Humanismus?“<br />

laden die Akademie der Politischen Bildung der Friedrich-Ebert-Stiftung<br />

(fes) und die Humanistische Akademie Deutschland (HAD) ein.<br />

Termin: 15./16. November 2008 in Berlin<br />

. Tag:<br />

Humanismus in Deutschland –<br />

zwischen Antikerezeption und Weltanschauungskampf<br />

Ort: Friedrich-Ebert-Stiftung, Hiroshimastr. 7, 0785 Berlin<br />

. Tag:<br />

„Neuer Atheismus“ und politischer Humanismus –<br />

Bedeutung für Konfessionsfreie<br />

Ort: Kulturzentrum Danziger50; Danziger Str. 50, 0 35 Berlin<br />

Nähere Informationen und Anmeldung unter:<br />

www.humanistische-akademie-deutschland.de/Bun<strong>des</strong>akademie.html<br />

3/2008 3


Der Verzweiflung gerecht werden<br />

Der Humanistische <strong>Verband</strong> Deutschland<br />

(HVD) ist mit Sicherheit keine Sterbehilfe-<br />

oder Suizidvereinigung. Wer so etwas<br />

tatsachenwidrig in verleumderischer Weise<br />

behauptet, hat u. U. mit zivilerechtlichen<br />

Konsequenzen zu rechnen. Der HVD ist als<br />

Weltanschauungsverband dem gelungenen<br />

Leben und der Sinnvermittlung verpflichtet.<br />

Er leistet auch Hilfe für Bedürftige, u.<br />

a. durch krankenkassenfinanzierte Hospizarbeit.<br />

Wobei er allerdings „die Beihilfe<br />

zum Freitod zumin<strong>des</strong>t nicht kategorisch<br />

ablehnt“ – wie der SPIEGEL in seiner Ausgabe<br />

vom 7. Juli 2008 zutreffend schreibt.<br />

Zitiert wird die Referentin Lebenshilfe <strong>des</strong><br />

HVD, die sich zu bekannten Suizidhelfern<br />

von (früher) H.-H. Atrott bis (jetzt) R.<br />

Kusch wie folgt äußert. Bei ihnen „vermischt<br />

sich immer missionarischer Eifer mit<br />

Geltungssucht“. Zu einer gefährlichen Mischung<br />

führe zudem die „maßlose Dankbarkeit“<br />

der Sterbewilligen, die „schmeichle<br />

dann natürlich schon dem Ego“ <strong>des</strong> Helfers.<br />

Der Präsident <strong>des</strong> HVD, Dr. Horst Gro-<br />

Selbstbestimmung<br />

am�Ende <strong>des</strong>�Lebens<br />

Selbstbestimmung<br />

am�Ende <strong>des</strong>�Lebens<br />

www.alibri.de<br />

3/2008<br />

schopp, hat sich in einer Pressemitteilung zu<br />

dieser Debatte ausführlich erklärt. In einem<br />

Interview vom 4. Juli mit dem Pressedienst<br />

hpd geht es auch um das Buch „Wege zu<br />

einem humanen, selbst bestimmten Sterben“<br />

(Amsterdam, Juli 2008) der niederländischen<br />

Ärzte P. Admiraal, B. Chabot u.a.<br />

Es ist (unter www.wozz.nl/de) gegen 25.-<br />

€ Vorauszahlung auf ein niederländisches<br />

Konto für jeden weltweit in deutscher Sprache<br />

erhältlich. Mit seinen über 140 Seiten,<br />

auch über palliative Begleitung und den<br />

Einbezug von Angehörigen, handelt es sich<br />

dabei keineswegs um ein schnelles „Rezept“,<br />

wie sich jemand umbringen kann. Der<br />

HVD hat sich <strong>des</strong>halb entschlossen, sich an<br />

der Verbreitung dieses Buches zu beteiligen.<br />

Er wird das Buch auf Wunsch bereithalten<br />

für seine Mitglieder und Förderer, die beim<br />

HVD den Prozess einer sorgfältig aufgesetzten<br />

Patientenverfügung durchlaufen haben,<br />

sowie für Ärztinnen und Ärzte.<br />

Dr. Groschopp im hpd-Interview:<br />

„... alle, die darüber demokratisch entschieden<br />

haben, dass der HVD das Buch<br />

in den genannten Grenzen auf Wunsch<br />

hin verbreitet, das Präsidium und einige<br />

unserer Experten und Expertinnen, haben<br />

das Vorausexemplar gelesen und ihr<br />

Urteil war einhellig: „humanistisch und<br />

einfühlsam“. ... Die Sprache ist einfach<br />

und verständlich, gerade in der Sachlichkeit<br />

bestechend. Gleich eingangs wird<br />

auf Übereinstimmungen mit dem deutschen<br />

Nationalen Ethikrat verwiesen.<br />

... die Humanistische Union (HU)<br />

ihr anderes Herangehen als das <strong>des</strong> HVD<br />

noch einmal bekräftigt. Sie wollen über<br />

die Neufassung <strong>des</strong> § 216 Strafgesetzbuch<br />

„Tötung auf Verlangen“ gehen.<br />

Das wollen wir nicht. ...“Tötung auf<br />

Verlangen“ soll verboten bleiben – da<br />

sind wir eisern.<br />

„Menschheit hat noch keine erfahrung<br />

mit neuer Situation“<br />

Hintergrund für die beschlossenen Vergabekriterien<br />

ist zum einen, dass alle Optionen<br />

auf „passive und indirekte“ Sterbehilfe“<br />

durch eine Patientenverfügung einem<br />

aktiven Tun prinzipiell vorzuziehen sind<br />

– und zumin<strong>des</strong>t den Betroffenen bekannt<br />

sein müssen.<br />

Zum anderen, dass der HVD die Möglichkeit<br />

<strong>des</strong> ärztlich verantworteten, kont-<br />

rollierten und begleiteten Suizids befürwortet.<br />

Und zwar in Abgrenzung zur Tötung<br />

auf Verlangen. Aber auch, weil damit vermeintlicher<br />

zukünftiger „Geschäftemacherei“<br />

und „wildem Alterssuizid“ besser entgegenwirkt<br />

werden kann als mit hilflosen<br />

Verbotsversuchen.<br />

Auch Dr. Klostermann plädiert für diesen<br />

„dritten Weg“. Er unterstützt, wie der HVD<br />

und zahlreiche namhafte Persönlichkeiten<br />

(darunter mit Prof. Bettina Schöne-Seifert<br />

ein Mitglied <strong>des</strong> Nationalen Ethikrates), die<br />

informelle ärztliche Initiative der Internetseite<br />

www.sterbehilfe.de. Diese setzt sich<br />

für ein neues, vertrauensvolles Arzt-Patientenverhältnis<br />

ein und weist jeden (neuen)<br />

ethischen Paternalismus zurück.<br />

Es wäre grundfalsch und zynisch, den<br />

Schluss zu ziehen: Der HVD verträte die<br />

Auffassung, es könne sich doch jeder selbst<br />

das Leben nehmen, wenn ihm danach ist.<br />

Es geht vielmehr darum, die bange Frage<br />

vieler Menschen ernst zu nehmen, die lautet:<br />

Was wird aus mir, wenn ich nicht mehr<br />

so kann, wie es meinem Anspruch ans Leben<br />

entspricht – wenn ich müde und am<br />

Ende bin? Mit Tabu und Vorenthaltung<br />

von verfügbaren Informationen werden<br />

wir dem Ausmaß der Verzweiflung nicht<br />

gerecht. Und auch nicht der verständlichen<br />

Sorge, die bereits Menschen mittleren Alters<br />

befällt. l<br />

Gita Neumann ist Dipl. Psychologin, Sozialwissenschaftlerin<br />

und (Medizin-)Ethikerin, tätig<br />

als Referentin Lebenshilfe im HVD-Lan<strong>des</strong>verband<br />

Berlin, Mitglied der Akademie „Ethik in<br />

der Medizin“ (AEM, Göttingen)<br />

Bestellmöglichkeiten:<br />

Das Buch „Wege zu einem humanen, selbst<br />

bestimmten Sterben“ der niederländischen<br />

WOZZ-Stiftung (Kostenerstattung: 25 Euro) ist<br />

unter den o. g. Vergabekriterien für (Förder-)<br />

Mitglieder <strong>des</strong> HVD sowie für Ärzte beim HVD-<br />

Bund in Berlin zu bestellen. HVD-Bund, Wallstraße<br />

61-65, 10179 Berlin, Tel. 030 61390434,<br />

hvd@humanismus.de. (Im Internet unter:<br />

www.wozz.nl/de).<br />

Das (kostenfreie) Heft „Wenn das Altwerden<br />

zur Last wird – Suizidprävention im Alter“<br />

wird an alle interessierten (Förder-) Mitglieder<br />

abgegeben. (Im Internet unter: www.<br />

suizidpraevention-deutschland.de oder www.<br />

bmfsfj.de)<br />

Bei Bestellung über den HVD-Bund wird<br />

zusätzlich um eine Pauschale für Verschickung/Porto<br />

von 2,50 gebeten.


ingrid Sander lebt in erfurt/Thüringen.<br />

Sie ist schwerkrank und denkt in aller Öffentlichkeit<br />

über die Möglichkeit nach, ihr<br />

leben selbst zu beenden. Patricia Block<br />

sprach mit ihr über ihre Beweggründe.<br />

Diesseits: Frau Sander, Sie sind schwer<br />

krank, worunter genau leiden Sie?<br />

Ingrid Sander: Ich hatte 1943 mit fünf<br />

Jahren eine schwere Poliomyelitis, Kinderlähmung.<br />

Damals waren alle Gliedmaßen,<br />

Rücken und Kopf gelähmt. Leiden – das<br />

Wort gefällt mir nicht, aber wenn Sie das<br />

so formulieren, dann lassen wir es auch<br />

dabei. Nach Jahren einer erträglichen Phase<br />

wirken sich die Spätfolgen der Polio<br />

– auch Postpoliosyndrom (PPS) genannt,<br />

wie eine zweite Neuerkrankung aus. Dieser<br />

Prozess kann über mehrere Jahrzehnte<br />

schleichend oder akut verlaufen und führt<br />

zu chronischen Schmerzen, Muskelschwäche,<br />

zunehmender Kälteintoleranz, Müdigkeits-<br />

und Erschöpfungszuständen,<br />

Krämpfen, Schlafstörungen, fortschreitender<br />

Bewegungs- und Gehunfähigkeit, um<br />

nur einiges zu nennen. Dämonen, die mich<br />

in fröhlichem Wechsel einzeln oder geballt<br />

heimsuchen. Abgesehen von den auch „gesunde“<br />

Leute treffenden „Altersbeschwerden“.<br />

Das schlimmste ist die recht häufig<br />

stattfindende soziale Ausgrenzung und die<br />

Flucht der Freuden.<br />

Seit wann ist es für Sie besonders schlimm<br />

und womit müssen Sie eventuell noch<br />

rechnen?<br />

Warum nicht dem Tod<br />

entgegengehen?<br />

Gespräch mit Ingrid Sander<br />

Begonnen hat das für mich bewusst Heiligabend<br />

1996 mit einem Sturz und der<br />

Fraktur meines linken Knies, 1997 Bruch<br />

<strong>des</strong> rechten Knies, 1999 Oberschenkelfraktur<br />

rechts, 2003 wieder rechtes Knie, 2004<br />

hatte ich mir das rechte Wadenbeinköpfchen<br />

angebrochen. Der letzte Unfall war der<br />

schmerzhafteste und es ging gar nichts mehr<br />

bei mir. Dazu hat sich noch eine Diabetes<br />

gesellt, und die Ärzte überlegen schon, ob<br />

sie mir eventuell noch ein Bein abnehmen.<br />

Das hieße dann für mich völlige Bewegungsunfähigkeit,<br />

denn in meinen Armen habe<br />

ich keine Kraft, um mich im Bett zu drehen<br />

oder anzuheben. Die Vorstellung, über längere<br />

Zeit (im wahrsten Sinne <strong>des</strong> Wortes) ans<br />

Bett gefesselt zu sein, von Dekubitus zerfressen,<br />

von Krämpfen geschüttelt und und und<br />

– all die endlosen schmerzerfüllten Stunden,<br />

Tage, Nächte. Dann habe ich nur noch den<br />

Tod als einzige Verbesserung vor Augen. Ja,<br />

und warum ihm nicht entgegengehen?<br />

Bringen Ihnen Schmerzmittel keine Erleichterung?<br />

Nur sehr partiell und manchmal gar<br />

nicht. Und was bei einigen Schmerzen<br />

ohne unerwünschte Nebenwirkungen hilft,<br />

ist nur auf Privatrezept erhältlich. Das kann<br />

ich mir aber nicht leisten. Weil ich arm bin,<br />

muss ich nicht nur eher sterben, sondern<br />

auch länger und heftiger leiden. Besorge ich<br />

mir aber den Wirkstoff auf der Straße, bin<br />

ich kriminell. Ich rede von Cannabis, der<br />

auch in unseren Breitengraden heimischen,<br />

uralten Heilpflanze, seit Jahrzehnten zur<br />

kulturfremden Droge hochstilisiert. Aber<br />

irgendwann hilft gar kein Mittel mehr, das<br />

muss man auch mal klar sagen. Allerdings<br />

bin ich nicht der Typ, der demütig und gehorsam<br />

vor sich hin leidet. Sehen Sie, jetzt<br />

habe ich das Wort leiden selbst benutzt. Ich<br />

glaube, jetzt habe ich die Formulierung.<br />

Leiden sind für mich Zustände, denen ich<br />

hilflos ausgeliefert bin, also wenn ich keinen<br />

Einfluss mehr auf mein Leben, meine<br />

Bedürfnisse und Wünsche nehmen kann,<br />

dann glaube ich, würde ich lieber sterben<br />

wollen. Aber wann dieser Zeitpunkt genau<br />

eintrifft – wer kennt schon im Voraus das<br />

Ausmaß seiner Leidensfähigkeit?<br />

Aber ist das nicht genau das falsche Argument,<br />

man könnte Ihnen entgegenhalten,<br />

Sie bräuchten einfach nur bessere<br />

Schmerzmittel. Dann wollte und müsste<br />

niemand mehr früher sterben.<br />

Auch das ist eben nur die mehr als dreiste<br />

Lüge, die von Medizinfunktionären und anderen<br />

Nutznießern verbreitet wird. Etwa 5<br />

bis 15 Prozent der Menschen sind schmerzlinderungsresistent.<br />

Und beim Dekubitus<br />

sowieso. Wer das nicht weiß, verlässt sich<br />

auf windige Versprechen. Und wenn jemand<br />

merkt, dass er angelogen wurde, befindet<br />

er sich meist schon in jenem hilf- und<br />

wehrlosen Zustand, in dem er sich kaum<br />

noch artikulieren kann, geschweige denn<br />

wehren, denn die Opiate lähmen auch die<br />

Stimmbänder.<br />

Sie treten für das Recht ein, über den<br />

Zeitpunkt seines eigenen To<strong>des</strong> bestimmen<br />

zu können. Wie genau sollte das ablaufen?<br />

Wünschen Sie sich dabei ärztliche<br />

Hilfe?<br />

Ich habe als Kind oft im Krankenhaus<br />

gelegen. Dort habe ich die Sterbenden<br />

schreien gehört, das geht mir bis heute nicht<br />

aus dem Ohr. Seitdem wünsche ich mir,<br />

meinen Tod bei vollem Bewusstsein und im<br />

Kreise meiner Familie und Freunde erleben<br />

zu können. Ein totales Ausgeliefertsein an<br />

die kollektive Gleichgültigkeit sprich Pflegeheim,<br />

wäre für mich das Letzte, was mir<br />

widerfahren soll. Ein Arzt kann dabei nicht<br />

von Schaden sein, sofern er meinen Willen<br />

respektiert. Denn das Schrecklichste ist, in<br />

meiner Wehrlosigkeit gegen meinen Willen<br />

die Begehrlichkeiten fremder Interessen<br />

über mich ergehen lassen zu müssen, wie<br />

Heimmafia, gern leichtes Geld verdienende<br />

3/2008 5


Ärzte (so was soll es geben), Pharmaindustrie,<br />

Hilfsmittelhersteller usw.<br />

Man will Sterbende „retten“, obwohl die<br />

Behandlung im höheren Lebensalter so gut<br />

wie immer tödlich ist, jedenfalls mit kaum<br />

Aussicht auf Erfolg. Und die Lebenwollenden<br />

und Lebenkönnenden speist man<br />

mit dem Lebensnotwendigsten ab. Das ist<br />

schizophren und schizophren ist auch nicht<br />

gesund.<br />

Was genau erhoffen Sie sich von einer gesetzlichen<br />

Regelung?<br />

Das, was man jetzt als Gnadenakt verantwortungsvoller<br />

Ärzte hinstellt, zu einem<br />

Grundrecht für jeden zu deklarieren, ganz<br />

egal ob ich Gebrauch davon mache oder<br />

nicht. Ansonsten liegt es wieder im Ermessen<br />

anderer, ob ich schwerst leidend bin,<br />

oder ich das bisschen Schmerz wegstecken<br />

kann. All das im Namen von Ethik und<br />

Lebensschutz. Womit ich wieder Fremdinteressen<br />

ausgeliefert bin und sich das ganze<br />

weiterhin in einer Grauzone bewegt.<br />

Können Sie sich vorstellen, Ihr Recht auf<br />

einen selbst bestimmten Tod gerichtlich<br />

einzuklagen?<br />

Ja! Wenn ich das Geld hätte, sofort.<br />

Wie stehen Ihre Kinder zu diesen Fragen?<br />

Ich habe meine Kinder von klein auf damit<br />

konfrontiert. Ich habe sie bei diesem<br />

Thema nie weggeschickt oder ein Blatt vor<br />

den Mund genommen. Immer habe ich<br />

mir einen wirksamen Schlummertrunk<br />

vorgestellt – jetzt Natriumpentobarbitural<br />

– wobei ich friedlich einschlafe – und wenn<br />

ich dann munter werde, bin ich tot. Ein<br />

bisschen flapsig ausgedrückt, aber genau<br />

so wünsche ich mir das. Mich hat schon<br />

immer beschäftigt, weshalb die Tötung auf<br />

Verlangen strafbar ist, aber das Töten und<br />

Getötwerden von tausenden Menschen mit<br />

Orden belohnt wird. Fürchte, das wird mir<br />

wohl ein ewiges Geheimnis bleiben. Im<br />

Übrigen stehen beide Kinder hinter meinen<br />

Intentionen von einem selbstbestimmten<br />

Sterben. Gelegentlich überlegen auch sie<br />

schon, ob sie nicht vor Gericht ziehen und<br />

einen Präzendensfall schaffen sollten.<br />

Haben Sie Angst, Ihren Kindern zur Last<br />

zu fallen?<br />

Nein. Und auch nicht den anderen Menschen<br />

in meinem Umfeld. Ich sage immer,<br />

3/2008<br />

ich muss mit den anderen leben, dann müssen<br />

sie das auch mit mir.<br />

Sie haben sicher von dem neuen Ratgeberbuch<br />

gehört, das genaue Rezeptangaben<br />

zu einem, wie Sie es nennen<br />

„Schlummertrunk“, enthält. Was halten<br />

Sie davon, ein solches Buch für jeden zugänglich<br />

zu machen?<br />

Ist das Buch wirklich für jeden frei verkäuflich?<br />

Ich kann einen Ratgeber, der meine<br />

Autonomie stärkt, nur als gut empfinden.<br />

Wenn es um meine Gesundheit geht,<br />

bin ich selbst verantwortlich. Also habe<br />

ich auch das Recht, selbst verantwortlich<br />

Bücher kaufen zu können oder auch nicht.<br />

Den Skeptikern sei gesagt, der Schaden<br />

wird sich in Grenzen halten – das Thema<br />

wird erstaunlich gern verdrängt – wer denkt<br />

schon freiwillig an seine Endlichkeit.<br />

Was halten Sie von dem Fall Kusch?<br />

Herr Dr. Kusch hat genau das richtige<br />

getan. Er hat die Massen aufgeschreckt.<br />

Das zeigt, was für ein Bedarf vorliegt. Die<br />

Sonntagsreden von Politikern und Kirchenvertretern<br />

sind so verlogen und substanzlos<br />

wie eh und je. Das macht sie nicht glaubwürdiger.<br />

Im Übrigen bin ich doch nicht<br />

gezwungen, seine „Tötungsmaschine“ zu<br />

kaufen. Ich werde von der Regierung und<br />

den Politikern als „mündiger Bürger“ hofiert,<br />

behandelt werde ich aber wie ein Idiot.<br />

Weil die Menschen anfangen, das zu begreifen,<br />

soll Dr. Kusch von jenen, deren Kreise<br />

er stört, auf dem Altar der göttlichen Demut<br />

geopfert werden. Doch von denen, die unter<br />

jämmerlichen Qualen elend verenden,<br />

wird dabei fast nie gesprochen. Wenn ich<br />

mein Menschenrecht auf selbstbestimmtes<br />

Sterben geltend mache, fühlen sich Lobbyisten<br />

politischer, weltanschaulicher, religiöser<br />

und monetärer Interessen in ihrer Gier<br />

nach Macht und Stan<strong>des</strong>recht bedroht.<br />

Menschen wie ich, die sich der barbarischen<br />

„Fürsorgepflicht“ <strong>des</strong> Staates durch Gehorsamsverweigerung<br />

entziehen wollen, sollen<br />

als Gefahrenpotenzial durch neue Gesetze<br />

bestraft, werden, sozusagen prophylaktisch.<br />

Hatten wir das nicht schon einmal?<br />

Frau Bettina Schardt (Dr. Roger Kusch<br />

begleitete die Rentnerin B. Schardt, 79,<br />

aktiv in den Tod. D. Red.) hatte eine bewundernswert<br />

gelassen-locker-heitere Einstellung<br />

zum Sterben, die allen Menschen<br />

zu wünschen wäre. Sie hatte verinnerlicht,<br />

dass unsere Lebensdauer nicht ewig währt.<br />

Carpe diem! Und lauthals herumzutönen:<br />

„ ... eine völlig gesunde Frau...“ heißt, die<br />

Nachwelt vertrotteln zu wollen. Mit 79<br />

Jahren ist man nicht mehr „gesund“, nur<br />

weil sie nicht jedem die Ohren vollgejammert<br />

hat. Vermutlich wusste nur sie selbst,<br />

wie beschwerlich ihr Dasein inzwischen<br />

geworden war. Sie hatte einen klaren logischen<br />

Verstand, den sie nicht außer Kraft<br />

gesetzt wissen wollte. Ihre Angst vor dem<br />

Pflegeheim ist mehr als verständlich. Ich<br />

selbst kann ihre Beweggründe hundertprozentig<br />

nachvollziehen und möchte es einmal<br />

genauso machen wie sie. Ihr lag eben<br />

nichts an staatlicher Zwangsbeglückung.<br />

Sie hat sich die letzte Freiheit der Wahl<br />

genommen und die Demokratie samt<br />

Grundgesetz beim Wort. Wer wollte sie<br />

dafür tadeln? Auch ich werde mich durch<br />

die Androhung von Strafen nicht mundtot<br />

machen lassen.<br />

Sie planen, in Kürze eine Patientenverfügung<br />

abzuschließen. Was werden sie<br />

darin festlegen?<br />

Meinen Traum und meinen unmissverständlichen<br />

Willen von und zu einem Sterben<br />

in Würde und ohne Angst nach meinen<br />

Vorstellungen und im Wortlaut wasserdicht<br />

gegen anmaßende Mutmaßungen oder/und<br />

mutmaßende Anmaßungen. Nach dem geplanten<br />

neuen Gesetz allerdings kann mir<br />

wahrscheinlich schon die Formulierung,<br />

das Gespräch über die gewünschte To<strong>des</strong>art<br />

oder das Beharren auf dem Anspruch von<br />

Selbstbestimmung den Weg von der freiheitlichen<br />

Demokratie direkt in die Verliese<br />

<strong>des</strong> Vatikans bahnen. Denn in Deutschland<br />

scheint die Trennung von Staat und Kirche<br />

nicht stattgefunden zu haben. Wie sonst<br />

könnte mir der Klerus vorschreiben, wie<br />

ich meinen Tod nicht gestalten darf. Oh<br />

Deutschland, deine Heuchler!<br />

Frau Sander, morgen feiern Sie Ihren 70.<br />

Geburtstag. Was kann man Ihnen wünschen?<br />

Tja, wohl Gesundheit (lacht). Nein im<br />

Ernst, die Beschäftigung mit diesem Thema<br />

verdirbt mir überhaupt nicht den Appetit,<br />

morgen werden wir wohl an die 20 Leute<br />

sein und richtig feiern. Ich habe viele gute<br />

Freunde, wenn die mir nicht ein Leben lang<br />

so viel geholfen hätten, ich hätte es gar nicht<br />

geschafft bis hierher. Und trotzdem, wenn<br />

man es nicht mehr ertragen kann, soll man<br />

gehen können dürfen. In Würde! l


EInblICKE<br />

n Eine bun<strong>des</strong>weite Repräsentativumfrage<br />

vom Mai 2008 hat für unseren <strong>Verband</strong> sehr<br />

erfreuliche Ergebnisse gezeitigt: Eine deutliche<br />

Mehrheit der Bun<strong>des</strong>bürger wünscht<br />

sich Humanistische Lebenskunde als Alternative<br />

zum Religionsunterricht. Mehr<br />

als ein Drittel würden ihr Kind eher zum<br />

Lebenskunde- als zum Religionsunterricht<br />

schicken.<br />

Nach der erfolgreichen Durchsetzung <strong>des</strong><br />

Lebenskundeunterrichts in Brandenburg<br />

hatte die Bun<strong>des</strong>delegiertenversammlung<br />

<strong>des</strong> HVD 2006 angeregt, eine Arbeitsgruppe<br />

zu bilden, die das Projekt „Humanistische<br />

Lebenskunde“ deutschlandweit vorantreiben<br />

soll. In diesem Bun<strong>des</strong>arbeitskreis<br />

sind inzwischen Mitgliedsverbände aus<br />

neun Bun<strong>des</strong>ländern vertreten.<br />

Wichtige Entscheidungen und<br />

aktivitäten<br />

Anträge zur Einführung <strong>des</strong> Faches in<br />

Bayern, NRW und Niedersachsen wurden<br />

2006 eingereicht, verschiedene konzeptionelle<br />

Fragen diskutiert und Erfahrungen<br />

aus der Praxis reflektiert. Nachdem 2007<br />

durch den damaligen Bun<strong>des</strong>vorstand<br />

Grundsätze und rechtspolitische Positionen<br />

zum Lebenskundeunterricht beschlossen<br />

Humanistische Lebenskunde Religionsunterricht Sonstiges<br />

Gerd Eggers<br />

Humanistische Lebenskunde als Alternative zum<br />

Religionsunterricht<br />

<strong>Verband</strong>saktivitäten – Widerstände – bun<strong>des</strong>weite Nachfrage<br />

wurden, verabschiedete die außerordentliche<br />

Bun<strong>des</strong>delegiertenversammlung <strong>des</strong><br />

HVD im Januar 2008 das Grundsatzpapier<br />

„Ethikunterricht für alle und Humanistische<br />

Lebenskunde als Alternative zum<br />

Religionsunterricht“. Im März wurde ein<br />

länderübergreifender Rahmenlehrplan<br />

für Humanistische Lebenskunde als Diskussions-<br />

und Erprobungsfassung fertiggestellt.<br />

Und schließlich wurde durch die<br />

Bun<strong>des</strong>delegiertenversammlung im Juni<br />

2008 Lebenskunde als eine Kernaufgabe<br />

unseres Verban<strong>des</strong> in der Bun<strong>des</strong>satzung<br />

verankert.<br />

In den Ländern Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern<br />

und Hamburg<br />

fanden Informationsveranstaltungen statt<br />

und haben sich Arbeitskreise gebildet, um<br />

länderspezifische Konzeptionen für die<br />

Einführung <strong>Humanistischer</strong> Lebenskunde<br />

zu entwickeln. In Schwerin startete unter<br />

Beteiligung von Landtagsabgeordneten und<br />

<strong>des</strong> Humanistischen Verban<strong>des</strong> im Juli 2008<br />

eine Initiative „LER 2011“, die sich für ein<br />

Pflichtfach „Lebensgestaltung-Ethik-Religionskunde“<br />

und für die Einführung von<br />

Lebenskunde als Alternative zum Religionsunterricht<br />

in Mecklenburg-Vorpommern<br />

engagieren wird.<br />

„Würden Sie<br />

Ihr Kind eher am<br />

Schulfach<br />

Humanistische<br />

Lebenskunde oder<br />

eher am Religionsunterricht<br />

teilnehmen lassen?“<br />

Konservative Widerstände<br />

Nicht unerwartet stoßen die Bemühungen<br />

um die Ausweitung <strong>des</strong> Lebenskundeunterrichts<br />

bei den christlich-konservativen<br />

Lan<strong>des</strong>regierungen in NRW, Niedersachsen<br />

und Bayern auf massive Widerstände.<br />

Sie sind eher bereit, sich einem islamischen<br />

Religionsunterricht zu öffnen als einem <strong>humanistischen</strong><br />

Unterricht. Ablehnungsbescheide,<br />

wie sie inzwischen bei den Verbänden<br />

in NRW und Niedersachsen eingingen,<br />

bringen das Bestreben zum Ausdruck, gestützt<br />

auf das Argument einer angeblichen<br />

Privilegierung von Religionsgemeinschaften<br />

durch Artikel 7 Absatz 3 <strong>des</strong> Grundgesetzes<br />

einerseits kirchliche Vormachtstellungen zu<br />

verteidigen und andererseits nichtgläubige<br />

Menschen und Weltanschauungsgemeinschaften<br />

zu benachteiligen.<br />

In NRW musste <strong>des</strong>halb der <strong>Verband</strong><br />

im November 2007 die Lan<strong>des</strong>regierung<br />

verklagen. Eine Klage gegen die niedersächsische<br />

Lan<strong>des</strong>regierung wird im August<br />

2008 folgen. Beide Klagen haben – wie seinerzeit<br />

in Brandenburg – sehr gute Erfolgschancen,<br />

weil sie sich auf die Verfassungsgebote<br />

der Bekenntnisfreiheit nach Artikel<br />

4 und der Gleichbehandlung nach Artikel 3<br />

<strong>des</strong> Grundgesetzes stützen können.<br />

3/2008 7


Großes bun<strong>des</strong>weites Interesse<br />

Unklar war bisher, wie groß die Nachfrage<br />

nach Lebenskunde über Berlin und Brandenburg<br />

hinaus sein wird. Zur Klärung<br />

wurde durch mehrere Mitgliedsverbände<br />

beim Meinungsforschungsinstitut forsa<br />

eine bun<strong>des</strong>weite Repräsentativumfrage in<br />

Auftrag gegeben. Im Mai wurden 2.110<br />

Bun<strong>des</strong>bürger ab 14 Jahren befragt – mit<br />

sehr erfreulichen und ermutigenden Ergebnissen:<br />

– 61 Prozent aller Befragten sprechen sich<br />

dafür aus, dass „das Schulfach Humanistische<br />

Lebenskunde in allen Bun<strong>des</strong>ländern<br />

eingeführt und eine Alternative<br />

zum Religionsunterricht“ bieten soll.<br />

– 37 Prozent aller Befragten würden ihr<br />

Kind „eher am Schulfach Humanistische<br />

Lebenskunde als am Religionsunterricht<br />

teilnehmen lassen“.<br />

Nach Berechnungen der Forschungsgruppe<br />

Weltanschauungen in Deutschland<br />

Bernhard Stolz<br />

n In vielen Berliner Schulen in den Innenstadtbezirken<br />

liegt der Anteil von Kindern<br />

mit Migrationshintergrund mittlerweile<br />

bei über 80 Prozent, in naher Zukunft wird<br />

jeder zweite Berliner Schüler auf eine Einwanderungsgeschichte<br />

in der eigenen Familie<br />

zurückblicken. In den Lehrplänen der<br />

Schulen gibt es zwar Ansätze zu interkulturellem<br />

Lernen (wenn auch viel zu wenige),<br />

aber die Migrationsgeschichte der Familien,<br />

und die daraus resultierenden Fähigkeiten<br />

und Ressourcen der Kinder werden eher<br />

selten beleuchtet.<br />

Schlechte Deutschkenntnisse, Parallelgesellschaften,<br />

gewaltbereite ausländische<br />

Jugendliche, fast immer wird Migration in<br />

einem problembehafteten Kontext diskutiert.<br />

Nicht, dass es keine Probleme gäbe,<br />

aber die fast reflexhafte Fixierung auf diese<br />

negativ besetzten Themenfelder ist für den<br />

Schulalltag alles andere als hilfreich.<br />

8<br />

3/2008<br />

fowid würden in absoluten Zahlen in den<br />

1. bis 4. Klassen in NRW derzeit 252.000<br />

Kinder und in Niedersachsen 115.000 Kindern<br />

den Lebenskundeunterricht besuchen,<br />

vorausgesetzt, dass die entsprechenden Rahmenbedingungen<br />

gegeben wären.<br />

die Praxis in weiteren ländern hat<br />

begonnen<br />

In Dortmund hat der Humanistische <strong>Verband</strong><br />

NRW Anfang 2008 ein Pilotprojekt<br />

gestartet, um die konkrete Nachfrage zu<br />

bestimmen und erste pädagogische Erfahrungen<br />

vor Ort zu sammeln. Für das neue<br />

Schuljahr ist die Ausdehnung <strong>des</strong> Unterrichts<br />

auf eine weitere Schule geplant. Der<br />

Humanistische <strong>Verband</strong> Niedersachsen<br />

wird voraussichtlich einen Schulversuch für<br />

die 1. – 4. Klassen beantragen.<br />

Insgesamt kann so für unseren <strong>Verband</strong><br />

eine recht positive Zwischenbilanz gezogen<br />

werden. l<br />

foRuM<br />

Vielfalt als Chance –<br />

Lebenskunde international<br />

MIlES, dahinter verbirgt sich Migration learning in European Schools, ein internationales<br />

Projekt in dem der lebenskundebereich <strong>des</strong> HVd berlin neben fünf anderen Institutionen<br />

aus verschieden europäischen ländern aktiv ist.<br />

Migration als Herausforderung<br />

Dies zu ändern hat sich das Comeniusnetzwerk<br />

„Learning Migration“ zur Aufgabe gemacht.<br />

Auf jährlichen Konferenzen treffen<br />

sich Lehrerinnen und Lehrer, Menschen<br />

aus der Lehrerausbildung und Vertreter der<br />

Bildungsforschung und der Bildungsverwaltung<br />

aus mittlerweile 13 europäischen<br />

Ländern zu einem Austausch über die jeweilige<br />

Arbeit und zur Diskussion von neuen<br />

Projekten. Migration als Herausforderung<br />

und Bereicherung und nicht nur als Problem<br />

für die Schulen <strong>des</strong> 21. Jahrhunderts<br />

ist dabei der gemeinsame Nenner. Der Lebenskundebereich<br />

ist seit mehreren Jahren<br />

aktiver Partner, auf den Konferenzen wur-<br />

Gerd Eggers ist Bildungsbeauftragter <strong>des</strong><br />

Humanistischen Verban<strong>des</strong> Deutschlands.<br />

Ergebnisse der forsa-Befragung:<br />

unter www.fowid.de auSblICKE<br />

den Beispiele aus dem Unterricht vorgestellt<br />

und so entstand die Idee eines neuen<br />

Projekts, bei dem die Unterrichsideen aus<br />

verschiedenen Ländern ausgetauscht und<br />

weiterentwickelt werden und so ein internationaler<br />

Lehrer-Fortbildungskurs rund<br />

um das Thema Migration auf europäischer<br />

Ebene entwickelt wird.<br />

Das MILES-Projekt war geboren. MI-<br />

LES, dahinter verbirgt sich Migration<br />

Learning in European Schools, ein internationales<br />

Projekt in dem der Lebenskundebereich<br />

neben fünf anderen Institutionen<br />

aus verschiedenen europäischen Ländern<br />

aktiv ist. Neben Partnern aus Nordirland<br />

sind noch eine Lehrerfortbildungseinrich-


tung in Rumänien und Norwegen und die<br />

Universitäten in Ankara und Oldenburg<br />

beteiligt. Wie können positive Integrationsimpulse<br />

von der Schule ausgehen? Wie<br />

können wir durch den Austausch und die<br />

Weiterentwicklung von Methoden rund<br />

um das Thema Migration neue Impulse in<br />

die jeweiligen Schulen einbringen? Das sind<br />

die zentralen Fragestellungen <strong>des</strong> MILES-<br />

Projekts. Nach Antworten sucht ein von<br />

mir entwickeltes Filmprojekt im Lebenskundeunterricht:<br />

Was bedeutet „türkisch sein“ und<br />

„deutsch sein“ für mich, eine Frage, zu der<br />

sich Lebenskundekinder der Kreuzberger<br />

Otto-Wels-Grundschule interviewt haben.<br />

Der daraus entstandene Film gibt einen<br />

kleinen Einblick in die große Bandbreite<br />

der jeweiligen Identitätsentwürfe und Zuschreibungen,<br />

mit denen sich Kinder mit<br />

Migrationshintergrund auseinanderzusetzen<br />

haben. Die Kinder haben auch Eltern,<br />

Großeltern befragt. Heraus kamen Geschichten<br />

über Auswanderung oder Flucht,<br />

die ihre Wirkung in der öffentlichen Filmvorführung<br />

beim Lebenskundefilmfest im<br />

Kino nicht verfehlten. Forschen<strong>des</strong>, biografisches<br />

Lernen im besten Sinn.<br />

blick in die Geschichte<br />

Ein norwegischer Kollege berichtete über<br />

ein Projekt, bei dem Schüler anhand von<br />

Einwohnerlisten über 200 Jahre die Mieter<br />

von Häusern im Stadtzentrum von Mandal<br />

recherchieren. So erfahren sie auf direktem<br />

Wege, dass in Norwegen Aus- und Einwanderung<br />

der Normalfall und nicht etwa die<br />

problematische Ausnahmesituation ist, zu<br />

der rechte norwegische Politiker die momentane<br />

Immigrationsdebatte umfunktionieren<br />

wollen. Aber auch in Deutschland<br />

ist ein Blick in die Geschichte hilfreich,<br />

vergisst man doch zu leicht, dass auch hier<br />

viele Menschen in den letzten 150 Jahren<br />

das Land verlassen haben.<br />

Unsere Partner von der Museumspädagogik<br />

<strong>des</strong> nordirischen Ulster American<br />

Folk Parks vermitteln das Thema Migration<br />

auf eine hautnah erfahrbare Weise. In einem<br />

Open-Air-Museum sind die armseligen<br />

Hütten aus dem 17. Jahrhundert aufgebaut<br />

und echte Menschen erzählen die Ge-<br />

schichten dieser Zeit. Die Auswanderung<br />

nach Amerika kann man auf dem Schiff in<br />

den engen Kojen der 3., 4. und 5. Klasse<br />

nachempfinden. In einer Straße in New<br />

York begrüßen am Ende <strong>des</strong> Rundganges<br />

Taschendiebe, Händler und Fotografen aus<br />

dieser Zeit die Besucher.<br />

Trotz völlig unterschiedlicher Vorrausetzungen<br />

in den beteiligten Ländern ist das<br />

Thema Integration überall auf der Tagesordnung,<br />

sei es bei den Sinti und Roma in<br />

Rumänien oder bei der Wandlung in Irland<br />

vom Hauptauswanderungs- zum Haupteinwanderungsland<br />

in der EU.<br />

Die Schule ist eine Schlüsseleinrichtung<br />

bei der Integration und gerade der Lebenskundeunterricht<br />

mit seinem Ziel, selbstbewusste<br />

Entscheidungen unter Berücksichtigung<br />

der Ressourcen der Kinder zu<br />

fördern, kann hier einen wertvollen Beitrag<br />

leisten. l<br />

Bernhard Stolz ist Lebenskundelehrer und koordiniert<br />

im <strong>Verband</strong> das MILES Projekt<br />

Weitere Informationen über das Projekt:<br />

http://www.uni-oldenburg.de/PolitischeBildung/31288.html<br />

Die Teilnehmer einer Zeitreise im Auswanderungsmuseum in Omagh/Nordirland-Suchbild: Finde die beiden Lebenskundelehrer!<br />

3/2008 9


Fiona Lorenz<br />

n Das Buch „Wozu brauche ich einen<br />

Gott!? – Gespräche mit Abtrünnigen und<br />

Ungläubigen“ basiert auf persönlichen Erzählungen.<br />

Mich interessierte, wie es an<br />

der Basis aussieht: Wie denken und fühlen<br />

Gottlose? Unterscheiden sie sich von Gläubigen?<br />

Wenn ja: worin? Wie leben sie? Ich<br />

wollte wissen, weshalb Menschen ungläubig<br />

sind, weshalb sie sich von Kirche, Religion<br />

und dem Glauben abgewendet und welche<br />

Erfahrungen sie damit gemacht haben. Das<br />

Buch ist für Zweifler am und Haderer mit<br />

dem Glauben geschrieben. Viele Gläubige<br />

scheinen Angst vor einer Art „transzendentaler<br />

Obdachlosigkeit“ zu haben – durch diese<br />

Angst sind einige der von mir Befragten<br />

gegangen. Was sie am Ende ihres Wegs (an<br />

dem viele noch gar nicht angekommen<br />

sind) erleben und wie sie leben, das haben<br />

sie mir erzählt.<br />

Das Thema Religionskritik kommt seit<br />

ein bis zwei Jahren, gesellschaftlich betrachtet,<br />

aus der grauen Ecke heraus in die<br />

Öffentlichkeit. Mittlerweile treten im gesamten<br />

deutschsprachigen Raum, auf Podiumsdiskussionen<br />

und in Talkshows, bei<br />

Maischberger, Johannes B. Kerner, Gert<br />

Scobel und Arabella Kiesbauer, Atheisten<br />

gegen Gläubige an. Das Thema ist in.<br />

Gut leben ohne Glauben<br />

Habe ich jemals an Gott geglaubt? Ich kann<br />

mich daran nicht erinnern. Von daher würde<br />

ich sagen, ich war schon immer Atheistin.<br />

Ich hab als Jugendliche einige Wochen<br />

lang versucht, an Gott zu glauben, und<br />

dann für mich das Fazit gezogen, dass ich<br />

das nicht kann. Seitdem fahre ich auch sehr<br />

gut damit, ich kenne es nicht anders. Dennoch<br />

würde ich nicht unbedingt darauf beharren,<br />

dass es keinen Gott gibt – ich halte<br />

es nur für sehr, sehr unwahrscheinlich, und<br />

gebraucht habe ich das Konstrukt „Gott“<br />

noch nie.<br />

Zum Thema dieses Buches kam es so:<br />

In der Giordano-Bruno-Stiftung in Mastershausen<br />

traf ich 2006 auf einige Frauen<br />

3/2008<br />

foRuM<br />

Wozu brauche ich einen Gott!?<br />

Gespräche mit Abtrünnigen und Ungläubigen<br />

Im Januar <strong>des</strong> nächsten Jahres wird bei Rowohlt ein buch erscheinen, in dem Menschen<br />

der autorin fiona lorenz ihre lebensgeschichten berichten. Sie erzählen darin von ihren<br />

Erfahrungen mit Kirche und Religion und sprechen über die Gründe, sich vom Glauben zu<br />

distanzieren. In diesseits berichtet die autorin vorab über dieses Projekt.<br />

und Männer, die bereits die Sechzig überschritten<br />

hatten und kam mit ihnen ins Gespräch.<br />

Es stellte sich heraus, dass sie sich<br />

zum überwiegenden Teil jahrzehntelang in<br />

der Kirche engagiert hatten. Irgendwann<br />

begannen sie Widersprüche festzustellen,<br />

diffus, nicht richtig greifbar oder benennbar.<br />

Diese Situation blieb mir noch einige Tage<br />

im Gedächtnis. Hier waren Menschen, die<br />

sich nicht unbedingt mit religionskritischen<br />

Theorien oder Philosophie befassen würden,<br />

die aber vielleicht durch die Lebensgeschichten<br />

anderer Menschen angeregt werden<br />

könnten, ihre Zweifel bezüglich ihres<br />

Glaubens zuzulassen. Die eventuell durch<br />

die persönlichen Erfahrungsberichte anderer<br />

dazu bewegt würden, ihre Angst vor dem<br />

Verlust <strong>des</strong> Glaubens abzulegen, wenn sie<br />

sehen, dass ungläubig zu sein heißen kann,<br />

sehr gut leben zu können. Dem entsprach<br />

auch meine über die Jahre gemachte Beobachtung,<br />

wie schwer sich Bekannte von<br />

mir getan hatten, aus der Kirche auszutreten<br />

oder sich mit Widersprüchen der Religion<br />

auseinanderzusetzen. Zugleich reagierten sie<br />

auf „vernünftige“, rational-philosophische<br />

Argumente zum Teil verzweifelt, so dass mir<br />

klar wurde, wie hoch emotional das Thema<br />

Religion für viele Menschen besetzt ist und<br />

wie groß die Angst sein kann, sich davon<br />

zu lösen.<br />

Ein Motiv, das Buch zu schreiben war<br />

daher die Hoffnung, wenn genügend Menschen<br />

ihre Geschichte erzählen, die Geschichte<br />

ihres kirchen-, religions- und gottlosen,<br />

dafür aber erfüllten, <strong>humanistischen</strong><br />

Lebens, dass Zweifler am Glauben dazu<br />

ermutigt werden, sich mit den Widersprüchen<br />

im System Religion oder mit der Angst<br />

vor dem Verlust eines Gottes zu konfrontieren<br />

und eventuell davon Abschied nehmen<br />

können.<br />

Wer hat sich beteiligt?<br />

Insgesamt ließen sich zwischen Mai 2006<br />

und Mai 2008 siebzig Personen befragen,<br />

56 Männer und 14 Frauen, was in etwa die<br />

Verteilung der Gottlosen nach Geschlecht<br />

in der Bevölkerung widerspiegelt. Die Befragten<br />

waren zwischen 14 und 86 Jahre alt<br />

und lebten überwiegend in Deutschland<br />

verteilt, aber auch aus Luxemburg, der<br />

Schweiz, Teneriffa und Österreich meldeten<br />

sich Interessierte. Mehrere Befragte<br />

oder deren Eltern waren aus dem Iran, aus<br />

Afghanistan oder Italien. Nur elf der Befragten<br />

waren nie Mitglied einer Weltanschauungsgemeinschaft<br />

gewesen, die meisten<br />

von ihnen stammten aus dem Osten<br />

Deutschlands. Manche der konfessionell<br />

Gebundenen sind als Zwangskonfessionalisierte<br />

anzusehen, die aus beruflichen oder<br />

sozialen Gründen Kirchenmitglieder bleiben<br />

müssen.


Einige der Befragten sind der säkularen<br />

Szene zuzurechnen, d.h. sie sind in<br />

irgendeiner Form in einer der religionskritischen<br />

Vereinigungen wie der Giordano-<br />

Bruno-Stiftung, dem Internationalen Bund<br />

der Konfessionslosen und AtheistInnen<br />

(IBKA), dem Humanistischen <strong>Verband</strong><br />

Deutschlands (HVD) oder dem Bund für<br />

Geistesfreiheit (BfG) organisiert und aktiv.<br />

Die meisten Befragten sind jedoch einfach<br />

Privatmenschen, die sich zwar als kirchen-<br />

und/oder religionskritisch, als atheistisch,<br />

agnostisch und/oder humanistisch bezeichnen,<br />

aber dieses Faktum selbst nicht als so<br />

wichtig ansehen, dass sie sich in diesem Bereich<br />

engagieren würden.<br />

Einige der Befragten (9 von 70) wollten<br />

anonym bleiben, weil sie berufliche oder soziale<br />

Nachteile fürchteten.<br />

Für das Projekt hatte ich zunächst geplant,<br />

bestimmte Prominente zu befragen,<br />

von denen aus verschiedenen Kanälen bekannt<br />

ist bzw. vermutet wird, dass sie areligiös<br />

sind. Denn wenn Prominente sich<br />

als areligiös outen würden, hätte dies wahrscheinlich<br />

eine größere Beispielwirkung als<br />

bei „normalen“ Sterblichen. Einige Prominente<br />

entpuppten sich dann doch als religiös,<br />

die anderen gaben in der Mehrzahl an,<br />

„keine Zeit“ für ein Interview zu haben oder<br />

reagierten erst gar nicht. Zum Glück waren<br />

einige doch zum Interview bereit – es handelt<br />

sich überwiegend um Prominente, die<br />

bereits mit religionskritischen Äußerungen<br />

an die Öffentlichkeit gegangen waren, wie<br />

z.B. der Kinderbuchautor Janosch, der Comiczeichner<br />

Ralf König, der Urmel-Schöpfer<br />

und Kulturhistoriker Max Kruse und<br />

Mina Ahadi, die mittlerweile Vorsitzende<br />

<strong>des</strong> Zentralrats der Ex-Muslime ist, sowie<br />

die Schriftstellerin Esther Vilar und die<br />

Schauspielerin Nina Vorbrodt.<br />

Beispielhaft möchte ich an dieser Stelle<br />

einige Befragte kurz vorstellen:<br />

Pierre Wallendorff<br />

Irene Nickel<br />

Zu Atheisten wurden viele Befragte, indem<br />

sie Widersprüche in der Religion oder<br />

zwischen den Welterklärungen der Religion<br />

und wissenschaftlichen Erklärungen bemerkten<br />

und diesen nachgingen. Für viele<br />

gab es einen Anlass, sich mit dem Thema<br />

Religion zu befassen, so auch für Hans-Georg<br />

Rüter, einen Schulleiter.<br />

Einige haben verschiedene Glaubensrichtungen<br />

ausprobiert – oder dieselbe<br />

mehrmals. Christian Langenbach ist zweimal<br />

aus Glaubensrichtungen ausgetreten,<br />

hat sich intensiv mit unterschiedlichen Religionen<br />

beschäftigt, war Missionar, hörte<br />

die Stimme Gottes und hat trotz der Erfahrungen<br />

von Liebe und Geborgenheit im<br />

Glauben einen schmerzhaften Abschied von<br />

jeglicher Religion genommen, um schließlich<br />

Atheist und Humanist zu werden.<br />

Der Biologie-Promovend Tobias Fromme<br />

beschreibt, wie er durchaus positive Erfahrungen<br />

mit der Kirche gemacht und sich<br />

trotzdem davon distanziert hat.<br />

Nachdem eine Postkarte Janoschs,<br />

„Die Taufe“ in der Trierer Konstantin-Ausstellung<br />

„Kunst und Provokation“ gezeigt<br />

wurde, auf dem einem Baby ein Kreuz in<br />

den Bauch getrieben wird, stellte der CSU-<br />

Vorsitzende Stoiber entgeistert fest: Janosch<br />

hat sich vom Glauben verabschiedet. Dies<br />

geschah auf Grund von schmerzhaften Erlebnissen<br />

mit dem Klerus in seiner Kindheit<br />

und Jugend.<br />

Nach anfänglich positiven Erfahrungen<br />

mit dem Glauben kam Irene Nickel in ihrer<br />

Jugend mit den dunklen Seiten <strong>des</strong> christlichen<br />

Gottes in Kontakt, stellte fest, wie<br />

sehr der Einfluss der Religion sie in ihrer Lebensführung<br />

behinderte, und sie entfernte<br />

Tobias Fromme<br />

Christian Langenbach<br />

sich immer mehr, bis sie aktive Atheistin<br />

wurde.<br />

Schon als Kind fielen dem Luxemburger<br />

Pierre Wallendorf die Widersprüche zwischen<br />

Predigt und Handeln der Kirchenvertreter<br />

auf und er begann zu zweifeln, um<br />

schließlich zum Atheisten mit spirituellem<br />

Einschlag zu werden.<br />

Einige Befragte waren sehr lange – jahrzehntelang<br />

– religiös, bevor sie durch ein<br />

Buch oder ein Interview in Kontakt mit anderen<br />

Weltanschauungen kamen. Der Ablösungsprozess<br />

war häufig sehr schmerzhaft,<br />

vor allem weil die „vertane Zeit“ bedauert<br />

und betrauert wurde. So erging es auch<br />

Ruth Hofbauer, die mit 65 Jahren ihren<br />

Glauben endgültig aufgab.<br />

Von Haus aus wenig mit dem Glauben<br />

konfrontiert, hat der Gymnasiast Luca Blumenthal<br />

nur in der Schule direkte Erfahrungen<br />

mit Religion gemacht. Widersprüche<br />

und Lügen sowie Informationen brachten<br />

ihn mit 14 Jahren zur Religionskritik,<br />

mit 16 wurde er zum Atheisten.<br />

Fazit: Das Spektrum der Erfahrungen<br />

mit Religion ist sehr groß. Die Erfahrungen<br />

scheinen – wenn sie unangenehm<br />

sind – schon Kinder und Jugendliche<br />

abzuschrecken. Positive Erfahrungen mit<br />

Religion werden naturwissenschaftlichen<br />

Erklärungen gegenübergestellt, und bei<br />

diesem Wettbewerb der Welterklärungskonzepte<br />

verliert die Religion. Wer sehr<br />

gläubig war, leidet häufig unter dem Verlust<br />

einer wichtigen Lebensstütze und<br />

braucht mitunter Jahre oder gar Jahrzehnte,<br />

um sich vom Glauben endgültig zu<br />

verabschieden. Viele ärgern sich über den<br />

Einfluss der Kirchen auf unser aller Leben<br />

– manche treibt diese Erkenntnis in den<br />

Widerstand gegen Religion und Kirche.<br />

Auch das Sexualleben, die Körperlichkeit,<br />

ist nach wie vor von kirchlich-religiösen<br />

Moralvorstellungen geprägt und viele<br />

berichten von ihrer Erleichterung, vom<br />

vereinfachten Umgang mit dem anderen<br />

Geschlecht bzw. der Selbstakzeptanz ihrer<br />

Homosexualität, als sie sich endlich von<br />

der restriktiven religiösen Sexualmoral befreit<br />

hatten. l<br />

Fiona Lorenz ist Vorsitzende <strong>des</strong> Humanistischen<br />

Verban<strong>des</strong> Rheinland-Pfalz.<br />

Wozu brauche ich einen Gott!? – Gespräche mit<br />

Abtrünnigen und Ungläubigen, illustriert von<br />

Ralf König, wird voraussichtlich im Januar 2009<br />

bei Rowohlt erscheinen. 190 Seiten, € 8,95<br />

3/2008 3


Ulla Ringe<br />

Susan Navissi<br />

Dorothea Janowitz<br />

ulla Ringe, lebenskundelehrerin<br />

seit 2002<br />

Nach fast 5 Jahren Tätigkeit als Lebenskundelehrerin<br />

hatte ich das Gefühl, im Hamsterrad<br />

zu laufen und ganz dringend das Bedürfnis<br />

nach Abwechslung und vor allem<br />

geistigem Input. Die Idee zu studieren und<br />

sich, anders als in Fortbildungen, mit Themen<br />

wie Pädagogik, Psychologie, vor allem<br />

aber Philosophie, Religionswissenschaften,<br />

Humanismus kontinuierlich über einen<br />

längeren Zeitraum zu beschäftigen, begeisterte<br />

mich. Nach kurzer Nachfrage war klar,<br />

dass auch ich als hauptamtliche Lebenskundelehrerin<br />

ohne Staatsexamen dieses Studi-<br />

3/2008<br />

foRuM<br />

De- und Rekonstruktion<br />

<strong>des</strong> Selbst und andere<br />

Absonderlichkeiten<br />

Drei Studentinnen berichten über ihr Studium der<br />

Humanistischen Lebenskunde und nutzen die Chance,<br />

auf diesem Wege Danke zu sagen.<br />

um machen könne und zu meiner großen<br />

Freude danach in der Gehaltseinstufung <strong>des</strong><br />

HVD eine Klasse höher rutschen würde.<br />

Außerdem würde ich einen Stundenerlass<br />

von 4 Unterrichtsstunden erhalten und damit<br />

einen schulfreien Uni-Mittwoch!<br />

Leider bringt das Lehrerergänzungsstudium<br />

auch höchst anstrengende Prüfungen<br />

mit sich: Unterrichtspraktikum mit Praktikumsbericht<br />

und abschließender Prüfung,<br />

Klausur und mündliche Prüfungen in den<br />

Studienbereichen: Geschichte und Theorie<br />

<strong>des</strong> Humanismus, Praktischer Humanismus<br />

und Pädagogik <strong>des</strong> Lebenskundeunterrichts.<br />

Für mich hat das Studium sehr viel<br />

bewirkt. An meiner praktischen, pädagogischen<br />

Arbeit als Lebenskundelehrerin hat<br />

sich zwar nur wenig geändert, aber ich sehe<br />

den Lebenskundeunterricht unter sehr viel<br />

mehr Aspekten und bin in meiner grundsätzlichen<br />

Einstellung zum Leben und Weltgeschehen<br />

ein Stück weitergekommen.<br />

Vor allem hat sich für mich gezeigt, dass<br />

der Ausbruch aus der Routine und die Auseinandersetzung,<br />

der Austausch und die vielen<br />

Anregungen, die das Studium mit sich<br />

bringt, sinnvoll und notwendig sind, um<br />

nicht im alltäglichen Chaos abzustumpfen.<br />

Susan navissi, lebenskundelehrerin<br />

seit 2004<br />

Nach 2 Jahren als Lebenskundelehrerin mit<br />

voller Stelle erschien mir die Aussicht auf<br />

4 Stunden Ermäßigung im Tausch gegen<br />

10 Semesterwochenstunden Philosophie,<br />

Psychologie und Religionswissenschaften<br />

verlockend.<br />

Ich hatte mein Studium der Anglistik<br />

und Pädagogik an der Humboldt-Universität<br />

in guter Erinnerung, was sollte also gegen<br />

eine erneute Runde sprechen? Nichts.<br />

Dann habe ich das Fach Lebenskunde,<br />

das ich sehr gerne unterrichte, „richtig“ studiert,<br />

hätte mehr theoretische Grundlagen<br />

und könnte mich in diesem Rahmen endlich<br />

auch der Philosophie nähern.<br />

Tatsächlich stellte sich für mich genau<br />

der Bereich Philosophie als eine Quelle der<br />

Freude und Herausforderung dar.<br />

Ich kann nicht behaupten, das Studium<br />

wäre nicht anstrengend gewesen. Aber es<br />

war eine Art der Herausforderung, wie ich


Susan Navissi Dorothea Janowitz<br />

sie mag. Aussichten nach dem Studium: In<br />

meinem Fall wird es keine nennenswerten<br />

äußeren Veränderungen geben. Aber ich<br />

werde an meiner Schule eine Theatergruppe<br />

anbieten, die sich humanistisch mit dem<br />

Thema Menschenrechte und anderen Rahmenplaninhalten<br />

auseinandersetzen wird.<br />

dorothea Janowitz, Hauptschullehrerin<br />

Am Anfang stand eigentlich nur der Ärger<br />

und das Mittel zum Zweck: Ein Kultusminister-Beschluss<br />

von vor über dreißig Jahren<br />

ist auch heute noch gültig: Ein Zweites<br />

Staatsexamen der „roten Kaderschmiede“<br />

– wie es damals hieß – der Universität Bremen,<br />

kann das Land Berlin nicht anerkennen,<br />

jedenfalls nicht gleich zwei Fächer und<br />

sowieso... „Lernbereich“... das kannte man<br />

hier nicht: „Jeht nich – Jibs nich“. Heute<br />

kennt auch Berlin „Lernbereiche“ als Fach,<br />

aber das heißt ja nun nicht gleich, dass man<br />

dafür auch das Gehalt entsprechend erhöhen<br />

könnte. Ein zweites Fach musste nun<br />

also „nachstudiert“ werden.<br />

Als Alleinerziehende konnte das nur ein<br />

Projekt für „später einmal“ sein. Aber jetzt<br />

war der Zeitpunkt gekommen und ich bewarb<br />

mich beim Humanistischen <strong>Verband</strong><br />

für das Studium <strong>des</strong> Faches „Lebenskunde“.<br />

Es gab noch einen zweiten Ärger, sagen<br />

wir mal lieber ein Unbehagen, ein großes<br />

Fragezeichen hinter der Frage: Was läuft<br />

hier eigentlich?<br />

Meine Schülerinnen, Schüler und ich<br />

arbeiten und lernen (ich auch täglich) an<br />

einer Hauptschule. Dies ist zwar eine besondere<br />

Hauptschule mit dem „besonderen<br />

pädagogischen Konzept für individuelle<br />

Praxislernprojekte“, aber was wird ihnen das<br />

nutzen, wenn nachher eigentlich doch nur<br />

abfragbares Wissen bei Vergleichsarbeiten,<br />

zentralen Prüfungen und Einstellungstests<br />

der Arbeitgeber gefragt ist? Die Frage: „Was<br />

tue ich hier eigentlich?“ stand und steht für<br />

mich im Raum. Hat das alles noch einen<br />

Sinn?<br />

Das Studium gab mir Antworten. Natürlich<br />

ist jetzt nicht die Sinnfrage im Allgemeinen<br />

und im Besonderen beantwortet,<br />

aber ich weiß jetzt besser, wo ich stehe.<br />

Ich war und bin hoch erfreut zu entdecken,<br />

dass es noch mehr Menschen gibt, die<br />

mein Unbehagen teilen und in Worte fassen<br />

können. Natürlich hätte ich diese Texte<br />

auch einmal alleine lesen können, aber erstens<br />

wäre ich nicht auf die Idee gekommen,<br />

zweitens wäre ich zu müde gewesen und drittens<br />

hätte ich nicht die Auseinandersetzung<br />

mit den anderen SeminarteilnehmerInnen<br />

gehabt und das war das Wichtigste.<br />

Sehr einig waren sich alle drei Befragten<br />

in ihrer höchsten Wertschätzung für die<br />

Dozenten und Dozentinnen. Besondere<br />

Höhepunkte waren die Seminare bei<br />

Dr. Petra Caysa, die den Studenten mit<br />

Leidenschaft und Kompetenz einen ganz<br />

neuen Zugang zur Philosophie brachte.<br />

Ringe: „Foucault wurde verständlich,<br />

das Mittelalter erschien in neuem Licht und<br />

die Analytik der Gegenwart öffnete uns die<br />

Augen. Dazu gab es hervorragende Reader,<br />

Ergänzungsstudium: Lehrerinnen und Lehrer für<br />

Humanistische Lebenskunde<br />

Bis zum 30. April 009 besteht die Möglichkeit, sich für das Ergänzungsstudium<br />

Humanistische Lebenskunde zu bewerben. Der Ergänzungsstudiengang wird<br />

vom Ausbildungsinstitut für Humanistische Lebenskunde <strong>des</strong> Humanistischen<br />

Verban<strong>des</strong> Deutschlands in Kooperation mit der TU Berlin, Institut für<br />

Gesellschaftswissenschaften und historisch-politische Bildung, durchgeführt.<br />

Zulassungsvoraussetzung ist der Abschluss <strong>des</strong> Zweiten Staatsexamens in<br />

min<strong>des</strong>tens einem Fach oder ein als gleichwertig anerkannter anderer Abschluss.<br />

Das Ergänzungsstudium kann zu Beginn eines jeden Wintersemesters<br />

aufgenommen werden. Der nächst mögliche Studienbeginn ist der 0 . August<br />

009. Der Studiengang dauert in der Regel vier Semester und umfasst 0<br />

Semesterwochenstunden; die Studiengebühr beträgt 300 Euro pro Semester.<br />

Freistellungen vom Schulunterricht sind möglich. Nach der erfolgreichen<br />

Prüfung ist die staatliche Anerkennung für ein weiteres Unterrichtsfach mit<br />

entsprechender Höherbesoldung gegeben. Bewerbungen an: <strong>Humanistischer</strong><br />

<strong>Verband</strong> Deutschlands, Ausbildungsinstitut für Humanistische Lebenskunde,<br />

Wallstr. - 5, 0 79 Berlin, Tel. 030 390 5/ 8, Fax: 030 390 5 ,<br />

e-mail: lk-institut@hvd-berlin.de<br />

3/2008 5


die uns bestimmt noch lange beschäftigen<br />

werden.“<br />

Navissi: „Schon in der Einführungsveranstaltung<br />

wurde mein Bild der Welt und<br />

meiner Selbst (meines Selbst) nachhaltig<br />

erschüttert. Eine Erschütterung, für die ich<br />

ihr, weit über das Studium hinaus, dankbar<br />

bin.<br />

Untersuchungen von Machtstrukturen,<br />

ein kritisches Verhältnis zu Daueroptimierungsmaßnahmen<br />

(an sich und anderen)<br />

im neoliberalen Kontext und auch und vor<br />

allem das, was wir tagtäglich tun (Stichwort<br />

immaterielle und Lohn-Arbeit im Bildungsbereich)<br />

sind nur einige der Themen, deren<br />

weitere Bearbeitung ihre Seminare in mir<br />

anregten und -regen.<br />

Janowitz: „Ich weiß jetzt besser, wo ich<br />

stehe, kann es besser in Worte fassen und<br />

mich geistig besser positionieren. Ich habe<br />

neue Ziele für mich entwickelt, die mir eine<br />

Orientierung geben, wie ich mich in meinem<br />

pädagogischen Alltag verhalten kann. Das<br />

betrifft nicht nur meinen Lebenskunde-<br />

Unterricht, sondern auch meine gesamte<br />

Haltung zur Schule, zu Unterricht und zum<br />

Leben in dieser Gesellschaft. Es hat mir neue<br />

Kraft gegeben, mich dem oft frustrierenden<br />

Alltag in der Schule zu stellen.“<br />

Ein weiteres Highlight sehen unterschiedslos<br />

alle drei Studentinnen in den<br />

Seminaren von Dr. Martin Ganguly.<br />

Navissi: „Diese Seminare zu den Bereichen<br />

Film und Theater – humanistisch und<br />

didaktisch umgesetzt – verwirklichen etwas,<br />

von dem theoretisch viel zu hören und lesen<br />

ist, jedoch praktisch in der Erwachsenen-<br />

bzw. Lehrerfortbildung bisher wenig<br />

zu erfahren war. Avantgarde der Didaktik<br />

würde ich es nennen. Wir haben bei hohem<br />

theoretischem Anspruch doch auch immer<br />

direkt ‚am Stoff’ gearbeitet. Eine Herangehensweise,<br />

die ich sehr schätze und von der<br />

ich und andere enorm profitiert haben.<br />

Ringe: „… hat in mir neue Berlinale-<br />

Begeisterung geweckt, die ich gleich an die<br />

Kinder in meinen Lebenskundegruppen<br />

weitergeben konnte.“<br />

Janowitz: „Die Seminare zum Thema<br />

Rollenspiel, Theater und Film geben mir<br />

auch noch aktuell sehr viel Anregungen, wie<br />

ich mit HauptschülerInnen, die sich in einer<br />

von Krisen bestimmten Lebenssituation<br />

befinden, umgehen und arbeiten kann, so,<br />

dass es für sie ‚Sinn macht’“. l<br />

3/2008<br />

MAgAzin<br />

Ralf Bachmann<br />

Warum der „Pojaz“ nicht<br />

sterben darf<br />

Am Grab von Karl Emil Franzos auf dem<br />

Jüdischen Friedhof Weißensee<br />

Der aus galizien stammende und in Berlin gestorbene jüdische erzähler und Verleger Karl<br />

emil Franzos (1848-1904) fühlte sich zeit seines lebens als progressiver, national gesinnter<br />

Deutscher, ohne je sein Judentum aufzugeben, das für ihn nicht glauben, sondern<br />

zugehörigkeit bedeutete. Walter Benjamin nannte ihn wegen seines Bemühens, Jüdisches<br />

und Deutsches in sich auszubalancieren, einen „zweigeist“. Der 160. geburtstag am 25.<br />

Oktober 2008 ist kein ganz run<strong>des</strong> Jubiläum, aber eine Möglichkeit, ihn einer Versenkung<br />

zu entreißen, die Juden und nichtjuden in Deutschland gleichermaßen schadet. Ralf Bachmann<br />

wollte ein Scherflein zum erinnern beitragen und begab sich nach Weißensee.<br />

n Karl Emil Franzos ist auf dem Jüdischen<br />

Friedhof in Berlin-Weißensee begraben, der<br />

als der größte erhalten gebliebene Europas<br />

gilt. Ich ging an einem trüben und kalten<br />

Januartag zu seiner letzten Ruhestätte, um<br />

dort am Geburtstag <strong>des</strong> verehrten Dichters<br />

und liebenswerten Menschen, <strong>des</strong> so<br />

wie Heinrich Heine deutschen Juden und<br />

jüdischen Deutschen eine Blume niederzulegen.<br />

Selbst bei wolkenverhangenem Himmel<br />

ist ein Besuch dieses Friedhofs lohnend<br />

und interessant.<br />

Man findet die Gräber bedeutender jüdischer<br />

Persönlichkeiten und guter Freunde<br />

überall auf dem weiten Terrain. Da ist Leo<br />

Baeck, der angesehene Religionswissenschaftler,<br />

Vordenker <strong>des</strong> liberalen Judentums<br />

und letzte große Rabbiner vor dem<br />

Holocaust, da der von den Nazis ermordete<br />

Widerstandskämpfer Herbert Baum, nach<br />

dem die Straße zum Friedhof benannt worden<br />

ist, dort der berühmte Dichter Stefan<br />

Heym, der bekannte Maler Lesser Ury, der<br />

Warenhausgründer Hermann Tietz (Hertie),<br />

der Schriftsteller und Journalist Theodor<br />

Wolff.<br />

Man wird nachdenklich und bereichert,<br />

wenn man die Spruchweisheiten auf den<br />

Gedenksteinen liest, und lernt dabei eine<br />

Schatzkammer jüdischer Philosophie ken-<br />

nen. Am meisten zu Herzen ging mir stets<br />

gerade die Inschrift am Grabmal von Karl<br />

Emil Franzos. Es ist, obwohl nahe dem<br />

Friedhofeingang gelegen, unauffällig und<br />

wird leicht übersehen: ein schwarzer Stein,<br />

den auf der Rückseite ein Lorbeerkranz,<br />

auf der Vorderseite der goldgeprägte Vers<br />

schmückt:<br />

„Wär’ dein auch alle Erdenpracht<br />

Und aller Weisheit Blüte<br />

Das, was zum Menschen erst dich macht<br />

Ist doch allein die Güte.“<br />

Nach dieser Erkenntnis hat der in Czortkow<br />

(Galizien) geborene Dichter gehandelt.<br />

Über sein Leben kann sich, wer will, in<br />

Nachschlagewerken informieren. Hier sei<br />

nur erwähnt, was sein Werk entscheidend<br />

beeinflusst hat. Das waren fast zehn Jahre in<br />

Czernowitz, der Hauptstadt der Bukowina,<br />

wo er das deutsche Gymnasium besuchte<br />

und in der ethnischen Vielfalt Österreich-<br />

Ungarns immer stärker die Zwiespalte<br />

zwischen den Völkerschaften und Religionen<br />

fühlte und auch am eigenen Leibe<br />

erlitt. Diese Eindrücke prägten Themen<br />

und Inhalte seiner literarischen Arbeit, die<br />

schon in seiner Studienzeit (er promovierte<br />

zum Dr. jur.) begann. Franzos arbeitete als<br />

Feuilletonredakteur, unternahm Reisen<br />

und verfasste kulturhistorisch-ethnogra-


fische Reportagen, die auch in Buchform<br />

erschienen („Aus Halb-Asien. Kulturbilder<br />

aus Galizien, der Bukowina, Südrussland<br />

und Rumänien“). Vor allem aber schrieb er<br />

von intimer Kenntnis getragene Ghettogeschichten,<br />

so die Novellensammlung „Die<br />

Juden von Barnow“. Der große Erfolg der<br />

Bücher erlaubte ihm schließlich, der Tagesjournalistik<br />

Valet zu sagen.<br />

„aber mit der Taufe Handel treiben, das<br />

ging nicht“<br />

Über seine erste Ghettonovelle äußerte<br />

er später, er habe sich darin selbst wiedergefunden.<br />

„Jetzt ahnte ich, wo die innere<br />

Ausgleichung <strong>des</strong> Gegensatzes lag“, schrieb<br />

er in „Mein Erstlingswerk“. „Ich musste in<br />

der kleinen jüdischen Gemeinschaft ebenso<br />

meine Pflicht tun wie in der großen deutschen.“<br />

Das erwies sich aber als eine fast<br />

unlösbare Aufgabe. Von deutscher und österreichischer<br />

Seite wurde er als Jude ständig<br />

benachteiligt. Zwar standen ungewöhnliche<br />

Begabung und Eignung außer Zweifel, aber<br />

– „der Gedankenstrich bedeutete das Taufbecken“.<br />

Ohne Taufe kein Stipendium,<br />

keine Universitätsprofessur, keine staatliche<br />

Position. „Ich sagte sofort Nein. Ich hatte<br />

kein Vorurteil gegen Christen und Christentum,<br />

wahrlich nicht... Aber mit der Taufe<br />

Handel treiben, das ging nicht.“ Franzos<br />

nahm alle Opfer auf sich, die das Ju<strong>des</strong>ein<br />

mit sich brachte und blieb sich und seiner<br />

Jüdischkeit treu. „Ich wurde kein Frommer<br />

im Lande, aber mein Interesse für das Judentum,<br />

das Gefühl meiner Zusammenge-<br />

hörigkeit mit den armen Kaftanjuden in der<br />

Czernowitzer ,Wassergasse’ wurde ungleich<br />

stärker als bisher.“ Auf jüdisch-orthodoxer<br />

Seite wiederum verübelte man ihm das<br />

Deutschnationale, die positive Haltung<br />

zur Reichsgründung 1871 und seine Forderung,<br />

die Juden sollten sich mehr an die<br />

„deutsche Kultur“ anpassen.<br />

So blieb er das, was Benjamin „Zweigeist“<br />

nannte, und konnte die Zerrissenheit nur<br />

als Künstler auszugleichen versuchen. Man<br />

vermag seine Haltung und ihre so aktuelle<br />

Bedeutung kaum klarer zu formulieren, als<br />

er selbst es getan hat: „Ich trete für die Juden<br />

ein, weil sie geknechtet sind, aber ich greife<br />

die Knechtschaft an, welche die orthodoxen<br />

Juden selbst den Freisinnigen ihres Glaubens<br />

bereiten. Ich bin für den berechtigten<br />

Einfluss <strong>des</strong> deutschen Geistes im Osten,<br />

aber wo in seinem Namen gewaltsame Germanisierung<br />

versucht wurde, da geißle ich<br />

diese verhängnisvollen Bestrebungen. Ich<br />

weiß mich frei von jeglichem nationalen<br />

oder religiösen Vorurteil; ich hasse die Tyrannei<br />

Russlands, aber nicht die Russen, ich<br />

bekämpfe die ungerechte Hegemonie der<br />

galizischen Polen, aber nicht die Polen als<br />

Nation.“<br />

Den Herrschenden in Österreich-Ungarn<br />

und in Preußen-Deutschland konnte<br />

keineswegs zusagen, dass sich ein Mann, sei<br />

er auch noch so „deutschgesinnt“, von den<br />

revolutionären Idealen seines Geburtsjahres<br />

ebenso wenig lossagen wollte wie von den<br />

Lehren aufrührerischer Philosophen und<br />

rebellischer Dichter. In einem Brief vermutet<br />

Franzos, das ursprünglich wegen seiner<br />

außergewöhnlichen Fähigkeiten von der<br />

österreichischen Regierung versprochene<br />

Stipendium für ein Studium der klassischen<br />

Philologie sei ihm 1867 verweigert worden,<br />

weil er unter seinen Mitschülern für eine<br />

Freiligrath-Feier warb. Das war, schrieb er,<br />

„der Regierung, da Freiligrath als besonders<br />

roter Dichter galt, nicht erwünscht“.<br />

nur die liebe macht selig, der Glaube<br />

blind<br />

Den strenggläubigen Juden, und nicht nur<br />

ihnen, war die Auffassung unannehmbar:<br />

„Die Notwendigkeit ist die einzige Gottheit,<br />

an die man glauben darf, ohne je zweifeln<br />

oder verzweifeln zu müssen.“ Noch weniger<br />

die Schlussfolgerung: „Lasst uns endlich<br />

die Wahrheit begreifen, dass nur die Liebe<br />

selig macht, der Glaube aber blind.“ Allen<br />

Anfeindungen zum Trotz blieb Franzos bei<br />

3/2008 7


seinen Überzeugungen und konsequent der<br />

Wahrheit verbunden, ob sie den Ideologen<br />

und Buchstabengelehrten passte oder nicht:<br />

„Ich ziehe Schlüsse aus Tatsachen, die mir<br />

als Wahrheit feststehen, voll und ganz, ich<br />

fälsche keine Tatsachen, um Schlüsse daraus<br />

ziehen zu können.“<br />

Meine eigene erste Begegnung mit dem<br />

Werk von Karl Emil Franzos geschah recht<br />

zufällig. Ich sammelte in jungen Jahren eine<br />

vom Verlag Neues Leben herausgegebene<br />

Reihe schmaler Hefte „Spannend erzählt“.<br />

Dort erschien „für die Jugend bearbeitet“<br />

ein Extrakt <strong>des</strong> zweibändigen Romans „Ein<br />

Kampf ums Recht“. Er war wohl zu sehr<br />

„jugendgemäß“ verdünnt, denn ich hatte<br />

seinen Inhalt schnell vergessen und weiß<br />

nur noch, dass es um den ukrainischen Freiheitskämpfer<br />

Taras Bulba ging.<br />

Aber den Autorennamen hatte ich mir<br />

gemerkt – glücklicherweise. Denn in der<br />

DDR wurde damals anders als in der Bun<strong>des</strong>republik<br />

den Werken <strong>des</strong> jüdischen<br />

Dichters wieder ziemliche Aufmerksamkeit<br />

zuteil. Deshalb fielen mir kurz darauf eine<br />

nicht sehr gute, aber immerhin informative<br />

Biografie, die eine Brücke von Franzos zu<br />

Egon Erwin Kisch zu schlagen versuchte,<br />

und vor allem „Der Pojaz“ in die Hände, der<br />

mich seitdem nicht mehr losließ.<br />

Zuerst las ich in der Biografie zu meinem<br />

Erstaunen, dass mir ohne Franzos der Revolutionär<br />

Georg Büchner, <strong>des</strong>sen „Hessischen<br />

Landboten“ mit der Losung „Friede<br />

den Hütten! Krieg den Palästen!“ wir auf der<br />

FDJ-Schule studiert hatten, wahrscheinlich<br />

nie als Dichter <strong>des</strong> „Woyzeck“ bekannt<br />

geworden wäre. Der so jung verstorbene<br />

Büchner hatte dieses Drama als Fragment<br />

mit einer teilweise völlig unleserlichen Mikroschrift<br />

hinterlassen, die zudem weitgehend<br />

verblichen war. Da war es ein Segen für<br />

die deutsche Literatur, dass es mit Karl Emil<br />

Franzos ein Gleichgesinnter übernahm, die<br />

erste Gesamtausgabe der Werke Büchners<br />

herauszubringen, wozu ihm <strong>des</strong>sen Bruder<br />

Ludwig auch das Manuskript <strong>des</strong> „Woyzeck“-Fragments<br />

(übrigens unfrankiert)<br />

schickte. Es bedurfte <strong>des</strong> Schwefel-Ammoniaks,<br />

der Lupe und der Kongenialität eines<br />

Franzos, um aus „sehr blassen gelblichen<br />

Strichelchen“ das Bühnenwerk zu enträtseln,<br />

das heute ganz selbstverständlich zur<br />

Weltliteratur gehört.<br />

„Kurz, es war eine unsägliche Geduldsprobe“,<br />

schreibt Franzos in der Einleitung<br />

der „Sämtlichen Werke“. „Aber was ich<br />

8<br />

3/2008<br />

entzifferte, war geeignet, mir immer wieder<br />

den Mut zu stählen.“ Er würdigt Büchner<br />

als literarisches Genie auf einem Gebiet,<br />

auf dem in Deutschland Mangel herrscht,<br />

dem <strong>des</strong> Dramas, jedoch auch als Politiker:<br />

„Büchner war wirklich Sozialist aus Überzeugung.<br />

Aber noch mehr: er war der erste<br />

in Deutschland, welcher in die demokratischen<br />

Bestrebungen dies neue Element<br />

hineintrug und der ,Landbote’ die erste sozialistische<br />

Flugschrift, welche in deutscher<br />

Sprache erschienen ist.“ Ausgehend von<br />

dieser Herausgeberarbeit wurden immer<br />

neue produktive Anregungen aus Büchners<br />

Werken und namentlich aus dem „Woyzeck“-Fragment<br />

geschöpft, von Gerhart<br />

Hauptmann über Rilke und Hofmannsthal<br />

bis Brecht. Alban Berg schließlich diente<br />

das Manuskript als Vorlage für die Oper<br />

„Wozzek“.<br />

Ein Stück deutscher Ehrenpflicht<br />

Der Roman „Der Pojaz“ (der Titel ist eine<br />

Verballhornung <strong>des</strong> Wortes „Bajazzo“, <strong>des</strong><br />

Spaßmachers im italienischen Volkslustspiel)<br />

wurde unstreitig das Hauptwerk von<br />

Karl Emil Franzos. Die Geschichte <strong>des</strong><br />

bettelarmen galizischen Judenjungen Sender<br />

(Alexander) Glatteis, der unter allen<br />

Umständen und gegen alle Widerstände<br />

deutscher Schauspieler werden will und<br />

nicht an fehlendem Talent, sondern an den<br />

Umständen scheitert, ist fiktiv. Aber in ihrer<br />

Substanz finden sich zahlreiche autobiografische<br />

Züge.<br />

Umso merkwürdiger mag es anmuten,<br />

dass dieses literarisch wie inhaltlich grandiose<br />

Werk, in dem sich die faustischen und die<br />

tragischen Züge <strong>des</strong> (nicht nur ost)jüdischen<br />

Strebens nach gleichen Chancen und Rechten<br />

vereinen, zunächst in Russland und<br />

erst nach seinem Tode 1905 in Deutschland<br />

erschien. Über die Gründe dafür ist<br />

viel gerätselt worden. Der eine glaubt, der<br />

sich zuspitzende Antisemitismus um die<br />

Jahrhundertwende in Deutschland habe<br />

Franzos zögern lassen, der andere meint,<br />

der Dichter habe Angst vor den jüdischen<br />

Reaktionen gehabt. Der Feuilletonist der<br />

DDR-Zeitschrift „Wochenpost“ und unermüdliche<br />

Spaziergänger auf den Spuren<br />

jüdischen Wirkens in Berlin, Heinz Knobloch,<br />

spricht in diesem Zusammenhang von<br />

„Pointen im Literaturgeschichtsbuch. Und<br />

im Almanach der Ironie“.<br />

Denn das gescheiterte Ziel <strong>des</strong> Pojaz, Erfüllung<br />

und Befreiung im deutschen Thea-<br />

ter zu finden, ist bei Franzos vor allem als<br />

Aufschrei gegen die Ghettoenge, als Protest<br />

gegen die Bildungsfeindlichkeit der orthodoxen<br />

Überväter, als Klage über einen Winkel<br />

der Erde dargestellt, „wo die Binde <strong>des</strong><br />

religiösen Vorurteils den armen Menschen<br />

so dicht um die Augen liegt wie selten anderwärts“.<br />

Gleichzeitig wehrt sich der Dichter vehement,<br />

wo immer er auf deutsche Vorurteile<br />

gegen den Osten stößt und fragt nach<br />

der Schuld an der Zurückgebliebenheit der<br />

Menschen und der Verhältnisse dort. Das ist<br />

auch offensive Selbstverteidigung. Als Pojaz<br />

sah er sich ja selbst. Am Ende seines Lebens<br />

sind ihm wohl fast prophetische Zweifel an<br />

jenem Deutschland gekommen, auf das er<br />

so gesetzt hatte. Als die Witwe Ottilie Franzos<br />

den „Pojaz“ endlich im angesehenen<br />

Cotta-Verlag auf Deutsch herausbringen<br />

konnte, betonte sie aber in ihrer Vorbemerkung:<br />

„... er scheute nicht den Kampf mit<br />

den dunklen Mächten, die dies Buch vielleicht<br />

wieder gegen ihn aufgewühlt hätten.<br />

Denn bis zu seinem letzten Atemzuge blieb<br />

er ein Streiter für Recht und Licht.“<br />

Die Entwicklung seit diesem letzten<br />

Atemzug zeigt, dass der Kampf von Karl<br />

Emil Franzos noch lange nicht ausgefochten<br />

ist. Stichworte wie Hitler, Holocaust,<br />

antiisraelische Vernichtungsdrohungen,<br />

Antisemitismus in alten und neuen Varianten,<br />

nicht zuletzt gegenüber den aus dem<br />

Osten neu zu uns gekommenen Juden,<br />

Grabschändungen, erst kürzlich wieder<br />

auch auf dem Friedhof in Weißensee, und<br />

rechtsextremistische Aufmärsche zu Ehren<br />

der Judenmörder mögen genügen. Der<br />

„Pojaz“ darf nicht sterben, das Werk von<br />

Karl Emil Franzos muss weiterleben oder<br />

wieder leben. „Es dürfte... fast ein Stück<br />

deutscher Ehrenpflicht sein, diesen Mann<br />

nicht in Vergessenheit geraten zu lassen.“<br />

Das schrieb Victor Klemperer – und zwar<br />

schon vor exakt 100 Jahren. l<br />

Ein Hinweis zum Weiterlesen: Meine Absicht<br />

war, Neugier zu wecken. Wer nicht gleich den<br />

„Pojaz“ bestellen mag, sei auf ein ganz hervorragen<strong>des</strong><br />

Lesebuch von Oskar Ansull verwiesen<br />

„ZweiGeist Karl Emil Franzos“. Es ist 2005 im<br />

„Deutschen Kulturforum östliches Europa“<br />

Potsdam erschienen (ISBN 3-936168-21-0)<br />

und enthält in unterhaltsamer Form nicht nur<br />

das Wichtigste, was man über und von Karl<br />

Emil Franzos gelesen haben muss, sondern als<br />

Zugabe die CD „Ein bunter Flecken am Kaftan“<br />

für einen literarischen Franzos-Abend mit<br />

Klezmermusik.


Michael Bauer<br />

n Es war der 3. Juni <strong>des</strong> Jahres 1848, als<br />

der Verfassungsausschuss der Deutschen<br />

Nationalversammlung in Frankfurt zu seiner<br />

17. Sitzung zusammentrat. Auf der Tagesordnung<br />

stand das Verhältnis von Staat<br />

und Kirche. Robert Blum, Deputierter aus<br />

Sachsen, war zu diesem Zeitpunkt bereits<br />

zu einem der Wortführer der gemäßigten<br />

Linken avanciert. Stimmgewaltig, mit wallendem<br />

rotblondem Bart und wuchtigen<br />

Locken galt er als einer der mitreißendsten<br />

Redner der Versammlung. In die fein ziselierten<br />

Ausführungen der anderen Redner,<br />

mal mehr für die eine Kirche, mal mehr für<br />

die andere Vorteile herausschlagend, mengte<br />

er sich nicht ein. Erst gegen Ende der<br />

Debatte meldete er sich zu Wort, mit wenigen,<br />

aber umso treffenderen Bemerkungen.<br />

Blum machte geltend, dass den Staat die<br />

religiösen Überzeugungen seiner Bürger<br />

zunächst einmal gar nichts angingen, einzig<br />

habe er die ungehinderte Ausübung oder<br />

Nicht-Ausübung eines selbst gewählten<br />

Glaubens zu schützen. Doch überall übe<br />

die Religion Zwang auf die Bürger aus<br />

– Tauf-, Schul-, Trau- und schließlich Begräbniszwang.<br />

Und so formulierte er kurz<br />

und bündig seinen Beschlussvorschlag für<br />

die neue Reichsverfassung: „Niemand kann<br />

zu irgendeiner kirchlichen Handlung oder<br />

Feierlichkeit gezwungen werden.“ Der Vorschlag<br />

wurde angenommen – und definiert<br />

nahezu unverändert bis heute ein Grundrecht<br />

aller Deutschen.<br />

ungestillter bildungshunger<br />

Am 10. November 1807 wurde Blum als<br />

Sohn eines Fassbinders und einer Bauerntochter<br />

in Köln geboren. Durch eine frühe<br />

Infektionskrankheit nahmen seine Augen<br />

dauerhaft Schaden. Der begabte Junge sollte<br />

dennoch eine gute Schulausbildung bei<br />

den Jesuiten erhalten. Auf der Ordensschule<br />

galt er rasch als der beste Schüler. Doch ein<br />

Stipendium für die höhere Schullaufbahn<br />

stand nicht zur rechten Zeit zur Verfügung<br />

MaGaZIn<br />

Ich sterbe für die Freiheit!<br />

Robert Blum: Ein tragischer Held<br />

oft sind die Spuren der Geschichte unscheinbar, auch wenn große Männer sie hinterlassen<br />

haben. Eine dieser Spuren, durch die die Vergangenheit wie durch ein kleines fenster<br />

hindurch scheint, findet sich in unserem Grundgesetz wieder. dort heißt es in artikel 140:<br />

„niemand darf zu einer kirchlichen Handlung oder feierlichkeit oder zur Teilnahme an<br />

religiösen Übungen […] gezwungen werden.“ Ein wichtiges Grundrecht, gerade für Humanistinnen<br />

und Humanisten. Wie kam es dazu?<br />

und so musste er nach der Sexta abgehen.<br />

Er begann verschiedene Handwerksberufe,<br />

wurde schließlich als Gelbgießer freigesprochen,<br />

ein mäßig anspruchsvoller Metallberuf.<br />

Nach seiner kurzen Gesellenwalz heuerte<br />

er als Vertreter für Rüböl-Laternen an.<br />

Seinerzeit wurde das Nachtleben der Städte<br />

illuminiert, und so wurde Blum auch in<br />

diesem ganz handfesten Sinn zu einem der<br />

ersten Lichtbringer der modernen Zeiten.<br />

Er kam weit herum, doch sein Bildungshunger<br />

war noch immer ungestillt. In München<br />

und Berlin nahm er als Gasthörer an<br />

universitären Vorlesungen teil. Erste literarische<br />

Arbeiten entstanden, einige Gedichte<br />

wurden veröffentlicht. Die französische<br />

Juli-Revolution – Frankreich wieder eine<br />

Republik! – und die politische Gärung in<br />

Deutschland, der Freiheitskampf der Polen,<br />

Burschenschaftler und Hambacher Fest<br />

entflammten ihn.<br />

Doch dann fanden die freien Jahre der<br />

Wanderschaft abrupt ihr Ende, als das Lampenunternehmen<br />

Pleite ging. Blum wandte<br />

sich zurück nach Köln, und 1830 wurde<br />

der belesene Dilettant beim dortigen Stadttheater<br />

angestellt – als Theaterdiener. Nach<br />

zwei Jahren folgte er dem Prinzipal Ringelhardt<br />

nach Leipzig. Hier entfaltete er seine<br />

Talente, wirkte wie ein Hansdampf in allen<br />

Gassen. Er schrieb eigene Theaterstücke,<br />

freilich ohne rechten Erfolg, publizierte Artikel<br />

zu Literatur und Politik und gab selbst<br />

Zeitschriften und auch Lexika heraus; sein<br />

3/2008 9


„Theater-Lexikon“ in sieben Bänden wurde<br />

zum Standardwerk. Die „Sächsischen<br />

Vaterlandsblätter“ erschienen unter seiner<br />

Ägide, dann die „Constitutionelle Staatsbürger-Zeitung“,<br />

und er produzierte unter<br />

dem Titel „Vorwärts!“ ein jährliches Volkstaschenbuch<br />

mit Essays, biographischen<br />

Porträts, Gedichten und – von ihm selbst<br />

beigesteuert – Aufsätzen über Justizirrtümer<br />

und Prozessverbrechen. Seine Zielgruppe:<br />

das Volk, die freiheitshungrigen Bürger, oftmals<br />

die Handwerker und Arbeiter. Seine<br />

Themen immer wieder: Freiheit, Gerechtigkeit,<br />

Gleichheit!<br />

Auch sein auffälliges Talent als Redner<br />

und Veranstalter von vaterländisch-literarischen<br />

Festveranstaltungen und unermüdlicher<br />

Vereinsgründer sicherten ihm schnell<br />

einen prominenten Platz in der Leipziger<br />

Öffentlichkeit.<br />

Stadtverordneter mit der höchsten<br />

Stimmenzahl<br />

Blums politische Ambitionen waren ab<br />

den späten 1830er-Jahren unübersehbar.<br />

Seit 1839 gehörte er zum exquisiten<br />

„Hallgarten-Kreis“, dem gesamtdeutschen<br />

Zentrum der liberalen Opposition. Das<br />

entscheidende Datum für seinen Aufstieg<br />

auch zum formal legitimierten Führungskreis<br />

<strong>des</strong> Vormärz ist der 12. August 1845.<br />

An diesem Tag besuchte der sächsische<br />

Prinz Johann, unbeliebt, katholisch, autokratisch,<br />

das bereits bürgerlich-unruhige<br />

Leipzig. Eine Volksmenge demonstrierte<br />

gegen ihn, Soldaten wurden gerufen, sie<br />

schossen in die Menge. Der schon stadtbekannte<br />

Blum beruhigte eine aufgebrachte<br />

Menge. „Verlasst den Boden <strong>des</strong> Gesetzes<br />

nicht!“ rief er ihr donnernd zu. Dann<br />

führte er eine erhitzte Versammlung vors<br />

Rathaus, in beeindruckender Stille, und<br />

verkündete die Forderungen: Austausch<br />

der Garnison, Untersuchungskommission.<br />

Tags drauf sprach er die Trauerrede für<br />

die Gefallenen, viele Tausende hören zu.<br />

Im Herbst darauf waren Stadtverordnetenwahlen:<br />

Blum erhielt die höchste Stimmzahl<br />

aller Bewerber.<br />

Jetzt kamen die Dinge für Blum auch beruflich<br />

in Bewegung. Er folgte seinem Unternehmernaturell,<br />

die „Verlagsbuchhandlung<br />

Blum & Co.“ wurde gegründet. Doch<br />

blieb ihm dafür nur wenig Zeit. 1848 zog<br />

er als Leipziger Abgeordneter ins Parlament<br />

ein. Im Gepäck hatte er übrigens auch eine<br />

ausdrückliche Vollmacht der jüdischen Ge-<br />

30<br />

3/2008<br />

meinde Leipzigs, in der sie ihn ermächtigte,<br />

für die Gemeinde zu sprechen und sich für<br />

umfassende Glaubensfreiheit einzusetzen.<br />

Hier nun ist Blums Bedeutung für die religiöse<br />

Reformbewegung <strong>des</strong> Vormärz nachzutragen.<br />

Verbunden war dieser Aufbruch<br />

vor allem mit der Person <strong>des</strong> schlesischen<br />

Pfarrers Johannes Ronge. Dessen offener<br />

Brief an den Trierer Bischof Arnoldi wurde<br />

1842 zuerst von Blums Zeitung, den „Sächsischen<br />

Vaterlandsblättern“, abgedruckt<br />

und fand rasch massenhafte Verbreitung.<br />

In diesem „Sendschreiben“ geißelte der bis<br />

dahin unbekannte katholische Geistliche<br />

den Popanz, der um den „Trierer Rock“,<br />

eine Reliquie zweifelhaften Ursprungs, getrieben<br />

wurde. Ronges Kritik schlug ein<br />

wie ein Bombe und erschütterte das religiös-politische<br />

Gefüge <strong>des</strong> Vormärz. In<br />

der Folge gründeten sich überall im Reich<br />

deutschkatholische und freie Gemeinden.<br />

Sie fanden ihre Klientel vor allem in der<br />

Arbeiterschaft und im Kleinbürgertum,<br />

oft mit einem Akademiker an der Spitze.<br />

Gemeinsam mit Ronge organisierte Blum<br />

in Sachsen den Deutschkatholizismus und<br />

stürzte sich in die örtliche Gemeindearbeit.<br />

Er übernahm dabei auch Pfarreraufgaben,<br />

predigte, hielt Leichenreden, nahm<br />

Trauungen vor. „Kirchenvater“ nannte er<br />

sich scherzhaft, die ersten Blum-Portraits<br />

wurden verkauft. 1847 gab er ein „Gebet-<br />

und Gesangbuch für deutsch-katholische<br />

Christen“ mit Choralmelodien heraus.<br />

Sein Bemühen, der Bewegung eine Form<br />

zu geben, ist nicht zu übersehen. Und in der<br />

Tat lag die eigentliche Pointe <strong>des</strong> Deutsch-<br />

Katholizismus weniger in seinen religiösen<br />

Inhalten im engeren Sinne. Viel mehr als<br />

um konfessionelle Nuancen ging es um die<br />

Freiheit schlechthin, im Glauben und auch<br />

in der Organisation der Gemeinde. 1846<br />

ließ Blum in seinem „Vorwärts“ schreiben,<br />

die religiöse Reformbewegung habe „sowohl<br />

ein nationales als ein demokratisches<br />

Moment“, sie sei „die Verinnerung <strong>des</strong> Freiheitskrieges“<br />

und leite „eine gründliche Befreiung<br />

<strong>des</strong> deutschen Volkes nicht nur von<br />

den Resten der Fremdherrschaft, sondern<br />

auch von seiner Selbstentfremdung ein.“<br />

Dies spiegle sich in der Verfasstheit der Gemeinden<br />

wieder: denn deutschkatholische<br />

Gemeinden hätten notwendigerweise eine<br />

„demokratische Verfassung“.<br />

durch Streitereien zermürbt<br />

Der Linkshegelianer Bruno Bauer war es,<br />

der als einer der ersten auf die geistigen Zusammenhänge<br />

zwischen der freireligiösen<br />

„Reformation“ und dem späteren Scheitern<br />

<strong>des</strong> Paulskirchen-Parlaments aufmerksam<br />

machte. Bauer, nicht ohne Ärger, sah<br />

in beidem den gleichen verhängnisvollen<br />

Geist wirken: die Unentschlossenheit, den<br />

mangelnden Willen, vom Räsonnieren<br />

zur Tat zu schreiten, das Zurückschrecken<br />

vor dem Ziehen der notwendigen Konsequenzen.<br />

Ebenso wenig wie die „Reformatoren“<br />

bereit waren, den Boden <strong>des</strong> christlichen<br />

Glaubens zu verlassen und zu einer<br />

wirklich nur auf der Vernunft gegründeten<br />

Weltanschauung zu gelangen, und von dort<br />

aus die Befreiung der Gemeindemitglieder<br />

nicht nur aus religiösen Schranken, sondern<br />

auch zu mündigen Staatsbürgern einer demokratischen<br />

Republik zu bewerkstelligen,<br />

so wenig wollte sich das Frankfurter Parlament<br />

an die Spitze der Volksbewegung für


echte Demokratie setzen und die allerorts<br />

gärende Hefe in seinem Sinne ausnutzen.<br />

Auf der Klaviatur <strong>des</strong> Umsturzes wollte man<br />

hier wie dort nicht spielen – oder vermochte<br />

es nicht.<br />

So sah es im Herbst <strong>des</strong> Jahres 1848 wohl<br />

auch Robert Blum. Verschlissen und zermürbt<br />

von kleinlichen Streitereien versuchte<br />

der Abgeordnete Blum in der Paulskirche<br />

seine Ideale durchzusetzen. Und es ging<br />

nur wenig, sehr wenig voran. Weitsichtiger<br />

als andere ahnt er bereits das Scheitern der<br />

Revolution. Da kommt ein Hilferuf aus der<br />

Stadt Wien gerade recht. Dort hat man das<br />

Reden hinter sich und ist zur Tat geschritten,<br />

zur offenen Rebellion. Die Paulskirche<br />

soll und will eine Delegation an die Donau<br />

schicken, in diplomatischer Mission,<br />

aber auch um ihre Unterstützung zumin<strong>des</strong>t<br />

symbolisch zu zeigen. Blum ist sofort<br />

dabei und ergreift so die Chance, aus dem<br />

mühevollen Gehäuse der Parlamentsarbeit<br />

auszubrechen sich durch die Reise auch ein<br />

wenig von ihr zu erholen.<br />

blum verdient „alles“<br />

Im 17. Oktober trifft er in Wien ein. Die<br />

revolutionäre Stimmung begeistert ihn, so<br />

hätte er es sich auch anderswo gewünscht.<br />

Doch schon drei Tage darauf ist die Libertinage<br />

vorbei. Kaiserliches Militär ist vor der<br />

Stadt in Stellung gegangen, geführt vom<br />

Feldmarschall Alfred Fürst zu Windischgrätz.<br />

Am 22. Oktober verhängt dieser den Belagerungszustand<br />

über Wien, die Stimmung<br />

in der Stadt erhitzt sich. Dann verlangt der<br />

Fürst die Unterwerfung. Undenkbar! Am<br />

25. Oktober treten Blum und sein Mitdelegierter,<br />

der Abgeordnete Julius Fröbel,<br />

als Hauptleute in die Wiener Nationalgarde<br />

ein. Nun herrscht offener Bürgerkrieg. Drei<br />

Tage verteidigt Blum nicht ohne Geschick<br />

und militärischen Erfolg eine strategisch<br />

wichtige Brücke, dann ist es vorbei. Wien<br />

kapituliert. Die Frankfurter Delegation bereitet<br />

sich auf die Abreise vor, meint sich im<br />

Schutz der parlamentarischen Immunität.<br />

Am 4. November schreibt Blum – wie auch<br />

Fröbel – an den Stadtkommandanten, man<br />

möge ihm Ausreisepapiere zukommen lassen.<br />

Ein naiver Fehler – da erst werden sie<br />

auf ihn aufmerksam, er wird sofort verhaftet.<br />

Windischgrätz will ihn zunächst einfach<br />

abschieben, aber sein Schwager Schwarzenberg,<br />

<strong>des</strong>ignierter Ministerpräsident, erkennt<br />

die unverhoffte Chance, ein Zeichen<br />

zu setzen gegen die Demokratenpest. So<br />

schreibt Schwarzenberg nach Wien: Blum<br />

„verdient Alles“.<br />

Robert Blum starb am 9. November<br />

1848. Er wurde auf der Wiener Brigittenau<br />

auf Betreiben <strong>des</strong> habsburgischen Establishments<br />

standrechtlich erschossen, will<br />

heißen: ermordet. Das Schnellgericht hatte<br />

nicht viel auf eine solche Petitesse wie parlamentarische<br />

Immunität gegeben. Politische<br />

Bedenken – schließlich hatte man einen<br />

prominenten und einflussreichen Mann<br />

vor sich – wurden zwar erwogen, aber rasch<br />

beiseite geschoben. Nicht einmal die Ehre<br />

eines ordentlichen Begräbnisses haben sie<br />

ihm erwiesen; sein Leichnam wurde namenlos<br />

verscharrt.<br />

Blums letzte Worte sollen gewesen sein:<br />

„Ich sterbe für die Freiheit. Möge das Vaterland<br />

meiner Eingedenk sein.“ Nach einer<br />

langen Schrecksekunde war es das auch.<br />

Man konnte die Schandtat zunächst nicht<br />

glauben. „So weit würden sie nicht gehen!“,<br />

hieß es allenorten. Doch die Reaktion war<br />

so weit gegangen, auch – und vielleicht<br />

vor allem – um dem Parlament und den<br />

Demokraten insgesamt zu zeigen, dass die<br />

reale Macht allein bei den herrschenden<br />

Adelshäusern und ihren Regierungen war,<br />

und nicht etwa mit den Volksvertretern in<br />

Frankfurt. Insofern markiert die Ermordung<br />

Blums symbolisch das Scheitern der<br />

deutschen Revolution im Ganzen. Einige<br />

Zeit lebte Blum noch als Erinnerungsikone,<br />

als „Märtyrer“ fort. Eine Sammlung zur<br />

Unterstützung seiner Familie – er hatte vier<br />

Kinder – erbrachte immerhin gewaltige<br />

Summen, und sein Konterfei oder Szenen<br />

aus seinem Leben und Sterben zierten Pfeifen,<br />

Standuhren, Porzellanteller. Porträts<br />

wurden mit schwarz-rot-goldenem Trauerflor<br />

verkauft, Gedichte besangen sein Ende,<br />

am bekanntesten wohl das <strong>des</strong> Revolutionsdichters<br />

Freiligrath.<br />

letzte Konsequenz: bewaffneter Kampf<br />

Was bleibt? Die Tragödie. Blum, der eigentlich<br />

nichts falsch gemacht hat, hatte zu<br />

büßen für die Lauheit der anderen. Auch<br />

er selbst war eher ein Mann <strong>des</strong> Ausgleichs,<br />

nicht der gewaltsamen Entscheidung;<br />

der Debatte, nicht der Barrikaden. Doch<br />

mit den Mitteln <strong>des</strong> schnell verhallenden<br />

Wortes und eines unvollkommenen Rechts<br />

ließen sich keine Regime stürzen, die im<br />

vollen Saft ihrer militärisch gesicherten,<br />

dynastischen Arroganz standen. Erst am<br />

Schluss – den er freilich nicht als solchen<br />

ahnen konnte – zog Blum auch die letzte<br />

Konsequenz und wählte den bewaffneten<br />

Kampf gegen die verhasste Unterdrückung.<br />

Das versöhnte postum die kommunistischsozialistischen<br />

Revolutionäre mit ihm. Was<br />

auch für Otto von Bismarck gilt, der Blum<br />

später in nun wirklich atemberaubender<br />

Unverschämtheit als einen seiner Fraktion<br />

ausgeben wollte. Schließlich nahm sich<br />

die Arbeiterbewegung seiner an. Kein geringerer<br />

als Wilhelm Liebknecht gliederte<br />

ihn mit einer Biographie und der Herausgabe<br />

seiner Schriften in die Frühgeschichte<br />

der Sozialdemokratie ein – zu Recht, wie<br />

es scheint, denn in seinem Wirken und<br />

Denken finden sich wichtige Elemente <strong>des</strong><br />

sozialdemokratischen Politikverständnisses.<br />

Das freilich braucht, um wirken zu können,<br />

andere Voraussetzungen als Blum sie vorfinden<br />

durfte. l<br />

Zum Weiterlesen:<br />

Robert Blum – ein Demokrat, Revolutionär und<br />

Freigeist. – Neustadt : Angelika Lenz Verlag,<br />

2007. – 8,90 Euro<br />

Das Buch beleuchtet sein Wirken für die Entstehung<br />

der neuen Religionsbewegung als Opposition<br />

zur katholischen Kirche.<br />

Robert Blum als Terrakottafigur, Konstanz,<br />

Rosgartenmuseum<br />

3/2008 3


Ralf Bachmann<br />

n Ganze Büchereien haben Historiker,<br />

Literaten und Journalisten bereits über die<br />

verschiedenen Aspekte dieses Verbrechens<br />

verfasst: über die zentrale Steuerung der<br />

angeblich spontanen Pogrome, über die<br />

gnadenlose Zerstörung jüdischer Heiligtümer<br />

und ganz profaner Besitztümer durch<br />

den SA-Mob. Aber auch über die bereitwillige<br />

Beteiligung von Millionen „einfachen<br />

Deutschen“ an der physischen und psychischen<br />

Verletzung unschuldiger jüdischer<br />

Männer, Frauen und Kinder, die noch gestern<br />

ihre lieben Nachbarn waren, über die<br />

zynische Verherrlichung der nie gesühnten<br />

Schandtaten in der seinerzeitigen deutschen<br />

Presse, über die Tapferkeit einzelner Mitbürger<br />

vom Handwerksgesellen bis zum<br />

Polizeiwachtmeister bei der Rettung von<br />

Synagogen und Menschen.<br />

auch ein Stück meiner eigenen<br />

Geschichte<br />

Als Vorwand für die offensichtlich von der<br />

obersten Führung genau geplante Judenhatz<br />

diente ein Attentat <strong>des</strong> jungen Herschel<br />

Grynszpan auf den Pariser Gesandtschaftsrat<br />

Ernst vom Rath am 7. November. Binnen<br />

weniger Stunden kam es im gesamten<br />

Reichsgebiet (dem seit März 1938 ja auch<br />

Österreich angehörte) zum Ausbruch judenfeindlicher<br />

Gewalttaten, wie sie bis dahin<br />

in der Geschichte moderner Staaten nicht<br />

ihresgleichen hatten. Politiker und Wissenschaftler<br />

werden den „runden“ Jahrestag<br />

zum Anlass nehmen, noch einmal mit Zahlen<br />

und Fakten zu Vorgeschichte, Dimensionen<br />

und welterschütternden Folgen <strong>des</strong><br />

Novemberpogroms Stellung zu nehmen.<br />

Ich kann und will das nicht. Richard von<br />

Weizsäcker hat jedoch vor fast genau zehn<br />

Jahren im gleichen Zusammenhang kritisch<br />

bemerkt: „Unsere Geschichte gehört nicht<br />

nur den Historikern.“ Nein, sie ist auch<br />

unsere, meine Geschichte. Ich werde mich<br />

ganz bewusst im wesentlichen auf meine<br />

eigenen Erlebnisse beschränken. Eine einfache<br />

Rechnung ergibt, dass Augenzeugen<br />

<strong>des</strong> 9. November 1938, selbst wenn sie<br />

damals nur Kinder waren, heute das achtzigste<br />

Lebensjahr fast erreicht oder schon<br />

überschritten haben müssen. Aus eigener<br />

3<br />

3/2008<br />

MaGaZIn<br />

Ein Tag im November<br />

der 9. november ist ein Schicksalstag in deutschland. da herrscht in den Redaktionen kein<br />

Mangel an Kommentarstoffen. Je nach politischer Richtung wird betroffen, begeistert oder<br />

wenigstens bewegt über die Jubiläen dieses Tages, über erfolgreiche und gescheiterte<br />

Revolutionen und Putsche, aktionen und Reaktionen geschrieben. am meisten nachdenklich<br />

sind gewöhnlich die Kommentare zu dem für die deutsch-jüdische Geschichte gravierendsten,<br />

weil einen Schlussstrich ziehenden november-Ereignis, das nicht zufällig bislang<br />

keinen wirklich zutreffenden namen besitzt. die von den nazis beschönigend so genannte<br />

Reichskristallnacht, heute gern ungenau und nicht weniger aussagearm Reichspogromnacht<br />

betitelt, wurde Symbol der diskriminierung, Verfolgung, Vertreibung und Vernichtung<br />

der deutschen Juden. am 9. november 2008 jährt sich diese nacht zum 70. Male.<br />

Anschauung berichten, was damals an Ungeheuerlichem<br />

geschah, können immer weniger.<br />

Umso größer ist ihre Verpflichtung,<br />

es zu tun. Ihr Zeugnis, und sei es nur für<br />

ein kleines Detail, ist eine Waffe gegen die<br />

nie aussterbenden Leugner und Verfälscher,<br />

erhöht Gewicht und Glaubhaftigkeit von<br />

Artikeln und Vorträgen der Experten.<br />

Ich war damals noch keine neun Jahre<br />

alt und wohnte mit meinen Eltern in der<br />

sächsischen Textilarbeiterstadt Crimmitschau.<br />

Dort gab es nicht sehr viele Juden,<br />

aber da meine Eltern viele Leidensgefährten<br />

aus der weiteren Umgebung gut kannten,<br />

klingelte und klopfte es die ganze Nacht<br />

zwischen dem 9. und dem 10. an unserer<br />

Tür. Die meisten Besucher erhofften ein<br />

kurzes Asyl und ein wenig Ruhe, da mein<br />

Vater Nichtjude und zu erwarten war, dass<br />

„Mischehen“ an diesem Tag noch nicht auf<br />

der „spontanen“ Menschenjagdagenda der<br />

Nazis standen.<br />

Weinen aus tiefer Enttäuschung<br />

Sie kamen, um uns nicht in Schwierigkeiten<br />

zu bringen, so unauffällig, wie man das mit<br />

blutenden Wunden und frischen Verbänden<br />

eben kann. Ich hockte still unter dem<br />

großen Stubentisch, denn niemand dachte<br />

daran, mich ins Bett zu schicken, und hörte<br />

alles mit. Jeder erzählte sein Erlebnis mit<br />

der SA und anderen „deutschen Volksgenossen“.<br />

Fast alle weinten, nicht nur der<br />

Schmerzen oder <strong>des</strong> Schocks wegen, sondern<br />

auch aus tiefer Enttäuschung darüber,<br />

dass sich Nachbarn, Freunde, Skat- und<br />

Stammtischbrüder an den Misshandlungen<br />

und Plünderungen beteiligt hatten. Zum<br />

erstenmal war allen bewusst geworden, dass<br />

sie es hier nicht mit einer Horde verrückter<br />

Nazis zu tun hatten, sondern mit der Mehrheit<br />

<strong>des</strong> Volkes, welches bis gestern auch das<br />

ihre gewesen war.<br />

Wer als Jude noch etwas Bargeld auftreiben<br />

konnte oder zahlungskräftige An-


gehörige in Übersee besaß, konnte nur eine<br />

Schlussfolgerung ziehen: So schnell und so<br />

weit wie möglich fort von hier, auch wenn<br />

das hieß, weg aus der Heimat, weg von Hab<br />

und Gut, weg von der einzigen Sprache, die<br />

man seit dem ersten Lallen sprach. Ich hörte<br />

die abenteuerlichsten Flucht- und Reisepläne,<br />

von denen die meisten schon am nächsten<br />

Tag wie Seifenblasen zerplatzten, weil<br />

in Wahrheit allein 30.000 jüdische Männer<br />

nicht über irgendeine Grenze, sondern nach<br />

Buchenwald und in andere Konzentrationslager<br />

kamen.<br />

In meiner Erinnerung vermischen sich<br />

ihre Berichte mit Gerüchen, die mir bis dahin<br />

fremd waren – dem Geruch von Blut<br />

und von beißendem Rauch in den Kleidern<br />

der Besucher. Und noch eine scheinbare<br />

Kleinigkeit ist mir von jenem Tag im Gedächtnis<br />

geblieben: Hunderte von Knöpfen<br />

waren auf den Teppich gefallen. Viele<br />

der Schutzsuchenden hatten seit Jahren<br />

nur die Möglichkeit gehabt, sich als Hausierer<br />

durchzuschlagen. Von nun an, mit<br />

den Erfahrungen eines Tages, an dem sie<br />

dabei mit Faustschlägen und Stockhieben<br />

verjagt worden waren, hätten sie sich mit<br />

ihren Bauchläden in kein Haus mehr gewagt.<br />

Ihre Ware, Knöpfe, Senkel, Nadeln,<br />

Zwirn und Gummilitze, ließen sie bei uns,<br />

es wäre auf dem vermeintlichen Weg nach<br />

Amerika nur Ballast gewesen. Der einzige,<br />

der mit dem Knopfsegen etwas anzufangen<br />

vermochte, war ich. Ich baute aus Hosen-,<br />

Zier- und Wäscheknöpfen aller Größen<br />

Tiergehege und spielte damit und mit einer<br />

großen Portion Phantasie Zoodirektor.<br />

Ein kleiner Beutel dieser Wäscheknöpfe,<br />

den mir meine Mutter aufgehoben hat,<br />

liegt noch heute zum ewigen Gedenken<br />

an die Nacht <strong>des</strong> Schauderns in meinem<br />

Schreibtisch.<br />

„Überall in den nestern der Itzigs<br />

loderten die flammen“<br />

Wie viel an jenem Tag in Flammen aufgegangen<br />

war, sah ich am nächsten Tag, als<br />

meine Eltern in Sorge um das Schicksal <strong>des</strong><br />

Bruders meiner Mutter und seiner Familie<br />

mit mir nach Leipzig fuhren. Am Augustusplatz<br />

war das Eckhaus zur Grimmaischen<br />

Straße völlig ausgebrannt, in dem sich das<br />

große jüdische Konfektionshaus Bamberger<br />

& Hertz befunden hatte. Was hier<br />

geschehen war, durfte man nicht einmal<br />

aussprechen. Die vom offiziellen Naziorgan<br />

„Leipziger Tages-Zeitung“ verbreitete Versi-<br />

on lautete nämlich, „die Juden“ hätten dort<br />

„in raffinierter Weise eigenhändig Feuer<br />

angelegt“. Kein normaler Mensch glaubte<br />

das. So erzählte man überall in Leipzig den<br />

Witz, ein Vater habe mit seinem Sohn im<br />

Café am Augustusplatz bei Kuchen und<br />

Sahne gesessen und sei erschrocken, als der<br />

laut fragte: „Papa, wer hat denn Bamberger<br />

& Hertz angebrannt?“ „Ess, mein Junge“,<br />

bat er statt zu antworteten. Der Knabe wiederholte<br />

seine Frage, und der Vater sagte<br />

nachdrücklicher: „Ess, ess, mein Junge!“<br />

Nun gab sich der Sohn zufrieden: „Dacht<br />

ich mir doch gleich.“<br />

In triumphierendem Ton bilanzierte die<br />

„Leipziger Tages-Zeitung“ – wie viele deutsche<br />

Journalistengenerationen mögen deren<br />

nie zur Rechenschaft gezogene Redakteure<br />

wohl noch zu wahren Demokraten erzogen<br />

haben? – am Tage danach: „Die Synagoge<br />

an der Gottschedstraße und das Bethaus in<br />

Apels Garten waren nicht die einzigen Tempel,<br />

die die Volkswut vernichtete. Überall,<br />

wo sich die Itzigs mit ihren Thora-Büchern<br />

eingenistet hatten, loderten die Flammen.<br />

Auch die Kapelle auf dem Israelitischen<br />

Friedhof fing Feuer.“<br />

buchenwald, Havanna, auschwitz<br />

Die stolze jüdische Gemeinde von Leipzig,<br />

der nicht wenige der angesehensten Bürger<br />

der Stadt, von Warenhausbesitzern über<br />

Ärzte, Bankiers und Pelzhändlern bis zu<br />

Philosophieprofessoren, angehört hatten<br />

und die seit 1933 immer kleiner geworden<br />

war, wurde von nun an restlos und systematisch<br />

zerstört.<br />

Auch mein Onkel Willy war schon am<br />

Folgetag unmittelbar davon betroffen. Er<br />

musste sich im Polizeipräsidium melden<br />

und wurde von dort direkt in das KZ Buchenwald<br />

abtransportiert. Nach fünfeinhalb<br />

Monaten hat man ihn nur gegen die Verpflichtung<br />

entlassen, sofort aus Deutschland<br />

zu verschwinden. Am 13. Mai 1939<br />

begab er sich in Hamburg mit über 900<br />

anderen jüdischen „Kristallnacht“-Flüchtlingen<br />

an Bord <strong>des</strong> Hapag-Kreuzfahrtschiffs<br />

„St. Louis“ in Richtung Havanna. Die extrem<br />

teuren Passagen waren meist von amerikanischen<br />

Juden finanziert worden.<br />

Was dann geschah, ist in Filmen wie<br />

dem Oscar-nominierten britischen Streifen<br />

„Reise der Verdammten“, TV-Dokumentationen,<br />

Artikeln und Büchern beschrieben.<br />

Kuba annullierte die Einreiseerlaubnis, die<br />

USA nahmen keinen der Passagiere auf, weil<br />

das Jahreskontingent 1939 „für Deutsche“<br />

überschritten war. Es schien am Vorabend<br />

<strong>des</strong> Krieges keine Rettung vor der Rückkehr<br />

nach Nazideutschland und damit dem<br />

sicheren Tod zu geben, bis sich im letzten<br />

Moment England, Frankreich, Holland<br />

und Belgien zur Aufnahme der Flüchtlinge<br />

bereit erklärten. Überleben freilich bedeutete<br />

das fast nur für die in England Untergekommenen.<br />

Für meinen Onkel endete die<br />

Reise nach Zwischenstationen in Frankreich<br />

und Belgien 1942 in den Gaskammern von<br />

Auschwitz. So schlägt sein Schicksal wie das<br />

so vieler deutscher Juden die Brücke von der<br />

„Reichskristallnacht“ zum Holocaust.<br />

Erich Mühsam: Ich lehr euch<br />

Gedächtnis!<br />

Ein jüdischer Essayist hat davor gewarnt,<br />

das Gedenken einseitig zu sehen. Trübsinnig<br />

rückwärts zu meditieren genüge nicht,<br />

man müsse mutiger vorwärts handeln. Zu<br />

neuem Nachdenken und Tun gibt es manchen<br />

Anlass. Vor wenigen Tagen las ich in<br />

einer Zeitschrift Zitate aus Polizeiprotokollen<br />

von NPD-Aufmärschen. In Frankfurt<br />

am Main gab es Sprechchöre „Juden raus<br />

aus deutschen Straßen!“ und „BRD, Judenstaat,<br />

wir haben dich zum Kotzen satt!“, in<br />

München schrie einer bei der Festnahme:<br />

„Judenschweine, verpisst euch doch!“, in<br />

Hamburg skandierten die Neonazis bei einer<br />

Demonstration an diesem 1. Mai die<br />

Parole „Nie wieder Israel!“<br />

Man darf es nicht so weit kommen lassen,<br />

dass die Enkel der Schuldigen <strong>des</strong> 9.<br />

November 1938 ihre Worte von heute zur<br />

Tat von morgen werden lassen können. Den<br />

Anfängen wehren? Sie gab es längst und<br />

ohne allzu große Aufregung auszulösen.<br />

Fast unbewegt hörte die Öffentlichkeit den<br />

Vorsitzenden der NPD pöbeln, aus den<br />

Stelen <strong>des</strong> Holocaust-Mahnmals könnten<br />

die Fundamente einer neuen Reichskanzlei<br />

werden.<br />

Es ist wieder 9. November. Darf man das<br />

Datum übergehen? Der Jude und Anarchist<br />

Erich Mühsam schrieb im Angesicht <strong>des</strong><br />

nahen To<strong>des</strong> 1934 an die Mitgefangenen<br />

im Zuchthaus Oranienburg, die »Kameraden<br />

der Not«, bald werde das Henkerbrot<br />

in den Kerker gereicht. Aber es werde die<br />

Zeit kommen, da die Welt sich befreit und<br />

das Leben in lockenden Sprachen spricht.<br />

Sein letztes Vermächtnis für diese Zeit sei:<br />

»Vergesst eure Not, eure Leiden nicht! Ich<br />

lehr euch: Gedächtnis!« l<br />

3/2008 33


3<br />

3/2008


üller<br />

Stockholm – Dompfarrer Jan Olof<br />

Johansson aus Växjö möchte schreiende<br />

Kleinkinder samt ihren Eltern<br />

durch eine Glaskabine im Kirchenschiff<br />

vom Rest der Gottesdienstbesucher<br />

trennen, damit der Gottesdienst<br />

störungsfrei verlaufen kann.<br />

Die Regionalverwaltung lehnte<br />

dies mit dem Hinweis auf die kulturhistorische<br />

Bedeutung der Kirche<br />

ab. Eine Glaskabine würde die<br />

Optik im Innern der Kirche stören.<br />

Johansson ging gegen den Bescheid<br />

in Berufung: „Kinder sind in der<br />

Kirche natürlich willkommen, aber<br />

leider entdecken sie, dass es hier<br />

einen fantastischen Effekt ergibt,<br />

wenn man schreit“, erklärte der<br />

Geistliche gegenüber einem lokalen<br />

Radiosender.<br />

bayern-buddhas<br />

München – Die Neuzugänge <strong>des</strong><br />

FC Bayern kommen aus Burma<br />

und sind mit Gold besetzt. Sie<br />

schießen keine Tore sondern sitzen<br />

nur so rum: auf dem Dach<br />

<strong>des</strong> neuen Leistungszentrums, auf<br />

den Fensterbänken und auf dem<br />

Boden. Der neue Trainer Jürgen<br />

Klinsmann hat vier Buddhas aufstellen<br />

lassen. Die Idee stammt von<br />

Innenarchitekt Jürgen Meißner, der<br />

in Klinsis Auftrag das Leistungszentrum<br />

gestalten und für einen<br />

„guten Energiefluss“ (Klinsmann)<br />

sorgen sollte. Das kam nicht überall<br />

gut an. So kritisierte der CSU-Politiker<br />

Norbert Geis die Installation<br />

der goldenen Figuren als „abwegig“<br />

und forderte vom Coach, „seine religiösen<br />

Gefühle nicht seinen Spielern<br />

aufzwingen“.<br />

KREuZ & QuER<br />

naked Mission impossible<br />

Salt Lake City – Geharnischte Post<br />

von seiner Glaubensgemeinschaft<br />

bekam der Mormone Chad Hardy,<br />

31, aus Las Vegas, der einen Fotokalender<br />

mit halbnackten männlichen<br />

Laienmodels herausgegeben<br />

hatte. Bei den abgebildeten Männern<br />

mit lediglich freiem Oberkörper<br />

handelt es sich um Feuerwehr-<br />

der diesseits -Gedanke<br />

männer und Soldaten, die zuvor<br />

als Missionare tätig waren. Rund<br />

10.000 Exemplare gingen für einen<br />

guten Zweck über den Ladentisch.<br />

Trotzdem droht ihm nun ein Ausschluss<br />

aus seiner Kirche. Hardy<br />

sieht es gelassen, inzwischen hat er<br />

mehr als einhundert Anfragen, alles<br />

ehemalige Missionare, die für den<br />

Kalender 2009 posieren wollen.<br />

Hüte deine Zunge<br />

Bhubaneshwar – In der Stadt<br />

Rourkela im Bun<strong>des</strong>staat Orissa<br />

(Indien) hat sich ein 25 Jahre alter<br />

Mann in einem Tempel mit einer<br />

Rasierklinge seine eigene Zunge abgeschnitten,<br />

um dem Hindu-Gott<br />

Shiva ein Opfer darzubringen.<br />

Anschließend deponierte er das<br />

Körperteil an einer Statue Shivas.<br />

Priester riefen daraufhin die Poli-<br />

Die Grundlage <strong>des</strong> Christentums ist ein Apfel.<br />

Gustave Flaubert, französischer Schriftsteller<br />

1821 bis 1880<br />

zei. Der verletzte Gläubige wurde<br />

ins Krankenhaus gebracht. Dort<br />

hoffen die Ärzte, dass er nach einer<br />

Operation wieder sprechen können<br />

werde. In Indien gibt es eine alte<br />

Tradition, Hindu-Götter durch<br />

Opfer zu beschwichtigen.<br />

Hochzeit ohne Stan<strong>des</strong>amt<br />

München – In Deutschland sind<br />

künftig kirchliche Hochzeiten ohne<br />

Trauung beim Stan<strong>des</strong>amt möglich.<br />

Das ergibt sich laut „Süddeutscher<br />

Zeitung“ aus einer von der Öffentlichkeit<br />

weitgehend unbemerkten<br />

Änderung <strong>des</strong> Rechts der Eheschließung,<br />

die am 1. Januar 2009<br />

in Kraft tritt. Die Neuregelung ist<br />

Bestandteil <strong>des</strong> gänzlich neu gestalteten<br />

Personenstandsgesetzes. Der<br />

Regensburger Familienrechtsprofessor<br />

Dieter Schwab wies im Blatt<br />

auf weitreichende Folgen hin: „Ein<br />

Paar, das sich kirchlich, aber nicht<br />

stan<strong>des</strong>amtlich trauen lässt, befindet<br />

sich in einer Ehe, die vom staatlichen<br />

Recht als nichteheliche Gemeinschaft<br />

angesehen wird – mit<br />

allen Konsequenzen.“ Dies bedeute:<br />

kein Unterhalt, kein Erbrecht,<br />

keine Schutzvorschriften für den<br />

Schwächeren beim Scheitern der<br />

Ehe, auch kein Zugewinnausgleich.<br />

Die bisherige Bestimmung, dass<br />

die stan<strong>des</strong>amtliche einer kirchlichen<br />

Hochzeit vorausgehen muss,<br />

geht auf eine Regelung von 1875<br />

zurück. Bei Zuwiderhandlung habe<br />

Priestern lange eine Bestrafung gedroht,<br />

zuletzt sei dies aber nur noch<br />

eine Ordnungswidrigkeit ohne<br />

Sanktion gewesen.<br />

Die Neuregelung blieb weitgehend<br />

unbemerkt, weil sie im vergangenen<br />

Jahr zu später Stunde im Bun<strong>des</strong>tag<br />

beschlossen worden und die<br />

Reden nur zu Protokoll gegeben<br />

worden seien.<br />

Relativ viel<br />

London – Ein handgeschriebener<br />

Brief von Albert Einstein hat für<br />

260000 Euro den Besitzer gewechselt.<br />

Das Schreiben, das Einstein im<br />

Jahr 1954 – ein Jahr vor seinem Tod<br />

– verfasst hatte, erzielte damit mehr<br />

als das 25-fache <strong>des</strong> erwarteten Preises,<br />

teilte das Aktionshaus Bloomsbury<br />

in London mit. In den Briefen<br />

an den Philosophen Eric Gutkind<br />

erklärt Einstein, das Wort „Gott“<br />

sei lediglich ein Ausdruck und das<br />

Produkt menschlicher Schwäche<br />

und die Bibel eine Sammlung kindischer<br />

Legenden.<br />

3/2008 35


3<br />

German for Sie<br />

15 Lektionen Neudeutsch für<br />

Amateure mit Ralf Bachmann<br />

Unser Autor Ralf Bachmann<br />

hat über viele Jahre für die Senioren<strong>zeitschrift</strong><br />

„Spätsommer“<br />

Sprachglossen verfasst, die jetzt<br />

in einer noch unveröffentlichten<br />

Sammlung erhältlich sind. Die<br />

jeder „Lektion“ angehängten<br />

Wortbeispiele sollen helfen, mit<br />

Begriffen zurecht zu kommen,<br />

die zur Alltagssprache geworden<br />

sind, obwohl viele sie überhaupt<br />

nicht verstehen. Die Leser sollen<br />

spüren, dass man sich dafür<br />

nicht schämen muss, dass manches<br />

„Neusprech“ keine höhere<br />

Bildung verrät, sondern einfach<br />

lächerlich ist. Interessenten<br />

melden sich bitte bei diesseits<br />

(diesseits@humanismus.de). Wir<br />

schicken Ihnen das Manuskript<br />

als Datei gern kostenlos zu.<br />

3/2008<br />

Recht und Religion<br />

auSlESE<br />

Welche rechtlichen Prinzipien<br />

sollen das soziale Miteinander in<br />

einer multireligiösen Gesellschaft<br />

prägen? Worin besteht das Ausmaß<br />

und worin die Grenze <strong>des</strong> Rechts<br />

auf freie Religionsausübung? Über<br />

welchen rechtlichen Status verfügen<br />

einzelne Religionsgemeinschaften<br />

und ihre Angehörigen? Diese und<br />

andere Fragen dürften auch in Zukunft<br />

immer wieder Gegenstand<br />

öffentlicher und wissenschaftlicher<br />

Diskussionen sein. Wer zu den juristischen<br />

Grundlagen und Kontroversen<br />

eine kompakte Einführung<br />

und Überblicksdarstellung sucht,<br />

der kann ein überaus informatives<br />

und sachkundiges Werk in Gerhard<br />

Czermaks „Religions- und<br />

Weltanschauungsrecht“ finden.<br />

Der frühere Verwaltungsjurist ist<br />

durch eine Reihe von kritischen<br />

Publikationen zum Themenkomplex<br />

„Recht und Religion“ bekannt<br />

geworden. In Kooperation mit<br />

dem Würzburger Strafrechtler Eric<br />

Hilgendorf legt er eine Art Bilanz<br />

seiner bisherigen Arbeit zum Thema<br />

vor. In „Religions- und Weltanschaungsrecht“<br />

geht es den Autoren<br />

um die Vermittlung eines Grundverständnisses<br />

für die Rechts- und<br />

Verfassungsprobleme der religiösen<br />

und nicht-religiösen Sinnsysteme<br />

und der entsprechenden Gemeinschaften<br />

und Individuen. Aufgebaut<br />

ist das Werk wie ein klassisches<br />

juristisches Lehrbuch: Man findet<br />

in den einzelnen Kapiteln die wichtigsten<br />

Informationen zu Themen<br />

wie dem Stellenwert von Religion<br />

im Grundgesetz, den Grenzen individueller<br />

Religionsfreiheit, der<br />

Trennung von Staat und Religion<br />

oder rechtlichen Konflikten um<br />

Religion in Schulen. Czermak argumentiert<br />

aus der Perspektive <strong>des</strong><br />

verfassungsrechtlich begründeten<br />

Neutralitätsgebots und widerspricht<br />

damit den dominierenden<br />

juristischen Sichtweisen im Interesse<br />

der großen Kirchen. Dies geschieht<br />

aber immer in der gebotenen<br />

Sachlichkeit ohne polemische<br />

Ausfälle. Gerade in der Kombination<br />

der beiden Gesichtspunkte, der<br />

souveränen Einführung mit einem<br />

hohen Informationsgehalt und der<br />

kritischen Kommentierung von<br />

Widersprüchen in der Rechtspraxis,<br />

besteht das besondere Verdienst<br />

dieses beachtenswerten Buches.<br />

Armin Pfahl-Traughber<br />

Czermak, Gerhard: Religions-<br />

und Weltanschauungsrecht. Berlin-Heidelberg.<br />

– Springer, 2008,<br />

– 24,95 Euro<br />

der Geist <strong>des</strong> atheismus<br />

In die Diskussion über neuen Atheismus<br />

und Humanismus bringt<br />

dieses kleine Buch „Woran glaubt<br />

ein Atheist? Spiritualität ohne<br />

Gott“ eine Perspektive ein, die ehemaligen<br />

Gläubigen und Suchenden,<br />

aber gerade auch Ungläubigen<br />

sympathisch sein könnte. Statt<br />

eines rational kalten Weltbil<strong>des</strong><br />

zeichnet André Comte-Sponville<br />

eine atheistische Sicht, die von Toleranz,<br />

Barmherzigkeit und Liebe<br />

geprägt ist. Statt das Trennende in<br />

den Vordergrund zu stellen, betont


er das Verbindende, grenzt sich aber<br />

auch klar von Dogmatismus, Obskurantismus,<br />

Fundamentalismus,<br />

Fanatismus sowie vom Nihilismus<br />

und der Lauheit ab. „Der Kampf<br />

für die Aufklärung geht weiter“<br />

schreibt er, „und er war selten so<br />

dringlich, denn die Freiheit steht<br />

auf dem Spiel.“<br />

Als ehemaliger Katholik, der sich<br />

schon als 18-Jähriger von der Kirche<br />

abgewandt hat, propagiert der<br />

französische Philosoph eine Spiritualität<br />

<strong>des</strong> Bekennens statt <strong>des</strong><br />

Glaubens, <strong>des</strong> Handelns statt <strong>des</strong><br />

Hoffens und resümiert: „Ich habe<br />

das Gefühl besser zu leben, seit ich<br />

Atheist bin, klarer, freier, intensiver.“<br />

Man darf nicht schließen<br />

– schreibt er – dass die moralischen,<br />

kulturellen und spirituellen Werte<br />

einen Gott brauchen, um zu überdauern,<br />

aber dass wir als Gesellschaft<br />

der Moral, der Kommunion<br />

und <strong>des</strong> Bekenntnisses zu unserer<br />

Geschichte und unseren Werten<br />

bedürfen, um zu überleben.<br />

Vermutlich dürften die Gedanken<br />

zu einer Spiritualität der Diesseitigkeit<br />

für Atheisten am überraschendsten<br />

sein und werfen vielleicht<br />

die meisten Fragen für unser<br />

Selbstverständnis auf. Comte-<br />

Sponville interessiert sich für das<br />

spirituelle Leben, weil nicht an<br />

Gott zu glauben nicht heißt, keinen<br />

Geist zu haben und uns auch nicht<br />

erspart, ihn zu benutzen. „Nur weil<br />

ich Atheist bin, will ich doch meine<br />

Seele nicht kastrieren. Geist ist<br />

eine zu bedeutsame Sache, als dass<br />

man sie den Priestern, Mullahs und<br />

Spiritualisten überlassen dürfte. Er<br />

ist der höchste Teil <strong>des</strong> Menschen<br />

oder besser: seine höchste Funktion,<br />

die uns anders, mehr und besser<br />

macht als die Tiere, die wir ja auch<br />

sind.“ Er beschreibt das Erlebnis<br />

eines „ozeanischen Gefühls“ und<br />

stellt fest, dass das Paradies daneben<br />

läppisch wirkt: „Was ich erlebte<br />

oder erahnte, war eine Wahrheit<br />

ohne Worte, ein Bewusstsein ohne<br />

Ego, ein Glück ohne Narzissmus.<br />

Intellektuell sehe ich darin keinen<br />

Beweis für was auch immer, aber<br />

ich kann auch nicht so tun, als<br />

wäre nichts gewesen. ... Ich habe<br />

nie etwas Besseres erlebt, nichts<br />

Einfacheres, Stärkeres, Erschütternderes.“<br />

Er beschreibt einen undogmatischen<br />

Atheismus, der mir im<br />

Wesentlichen deckungsgleich mit<br />

dem vom Humanistischen <strong>Verband</strong><br />

(HVD) vertretenen Humanismus<br />

zu sein scheint, erweitert<br />

um eine spirituelle Komponente,<br />

die das Jenseitige verneint, aber<br />

das Mystische nicht ausspart und<br />

so die Diskussion über den neuen<br />

Humanismus befruchtet und erweitert.<br />

Für ihn ist Humanismus<br />

ein Bekenntnis zur Liebe und eine<br />

Ablehnung <strong>des</strong> Nihilismus. Mit<br />

Comte-Sponvilles Worten: „Unser<br />

Kampf soll dem Laizismus dienen.<br />

Die Atheisten müssen nur noch die<br />

passende Spiritualität erfinden.“<br />

Dieses Buch – so der Autor – soll<br />

dazu einen Beitrag leisten.<br />

Eine anspruchsvolle Lektüre mit<br />

wohl durchdachten Argumenten,<br />

einer erfrischenden Perspektive für<br />

den neuen Humanismus und einer<br />

integralen Spiritualität, die sogar<br />

eine atheistische Mystik zulässt. Er<br />

schreibt mit einer oft verblüffenden<br />

Klarheit und findet erhellende Differenzierungen.<br />

Frank Spade<br />

(Der Rezensent steht für Lesungen<br />

zur Verfügung.)<br />

Comte-Sponville, André: Woran<br />

glaubt ein Atheist? Spiritualität<br />

ohne Gott. – Diogenes, 2008,<br />

– 19,90 Euro<br />

August Thalheimer<br />

So ist die<br />

Vernunft<br />

selbst weltlich<br />

August Thalheimer (1884-<br />

1948), gehörte zunächst zum<br />

linken Flügel der Sozialdemokratie<br />

und war Redakteur diverser<br />

Zeitungen. 1918 Mitbegründer<br />

der KPD und einer ihrer führenden<br />

Theoretiker; nach 1924<br />

verbrachte er mehrere Jahre im<br />

„Ehrenexil“ in Moskau. 1928<br />

wurde er aus der KPD ausgeschlossen<br />

und gehörte seitdem<br />

zur KPD-O. 1933 emigrierte<br />

er und gelangte schließlich<br />

nach Kuba. Dort starb er, weil<br />

die Besatzungsbehörden seine<br />

Einreise nach Deutschland<br />

nicht erlaubten. Neben seinen<br />

journalistischen Arbeiten gab<br />

er die Werke Franz Mehrings<br />

heraus. Die Sammlung enthält<br />

eine Auswahl seiner wichtigsten<br />

philosophischen und religionskritischen<br />

Schriften mit einer<br />

ausführlichen Einleitung.<br />

Ausgewählte philosophische<br />

und religionskritische<br />

Schriften. – Aschaffenburg<br />

: Alibri Verlag. – (Klassiker<br />

der Religionskritik ; 10). – 13<br />

Euro<br />

3/2008 37


angesehen<br />

Assia Maria Harwazinski<br />

„Rhythm is it!“<br />

n Ein ungewöhnliches Tanzprojekt machte<br />

in den vergangenen Jahren Schlagzeilen: Die<br />

Choreographie <strong>des</strong> englischen Tanzpädagogen<br />

Royston Maldoom mit 250 Kindern<br />

und Jugendlichen aus mehreren Berliner<br />

Schulen und den Berliner Philharmonikern<br />

unter der Leitung von Sir Simon Rattle. Im<br />

Jahr 2004 wurde darüber von Thomas Grube<br />

und Enrique Sanchez Lansch ein Dokumentarfilm<br />

gedreht, mit dem vielsagenden<br />

Untertitel „You can change your life in a<br />

dance class“. Jetzt ist diese Produktion auf<br />

DVD erhältlich.<br />

Royston Maldoom hat in der Vergangenheit<br />

bereits mehrere solcher Tanzprojekte,<br />

unter anderem mit Straßenkindern,<br />

durchgeführt und steht damit in der USamerikanischen<br />

Tradition von Tommy the<br />

Clown in Los Angeles, der eine Gegenbewegung<br />

zu den gewalttätigen kriminellen<br />

Jugendgangs ins Leben rief. Geboren<br />

1940 in London, kam Maldoom erst mit<br />

22 Jahren zum Tanz, inspiriert durch einen<br />

Film mit Margot Fonteyn und Rudolf<br />

Nurejew. Mit Stipendien absolvierte<br />

er eine Tanzausbildung in renommierten<br />

Häusern in London und New York. Er ist<br />

der Begründer von „Dance United“, einer<br />

neuen Richtung, die an den Schnittstellen<br />

von Tanz und sozialen Problemen arbeitet.<br />

Zu den Projekten von „Dance United“ gehörten<br />

Tanzproduktionen in Zagreb während<br />

<strong>des</strong> Balkankrieges, die Arbeit mit<br />

38<br />

3/2008<br />

Straßenkindern in Südafrika und Peru<br />

und ein Langzeit-Projekt in Äthiopien.<br />

Gegenwärtig probt er in Großbritannien<br />

mit jungen Straftätern. Die Aufführung<br />

von „Le sacre du Printemps“ war seine erste<br />

Zusammenarbeit mit Sir Simon Rattle,<br />

<strong>des</strong>sen leiser Stoßseufzer nach der Generalprobe,<br />

„It´s fucking unbelievable!“ Furore<br />

machte.<br />

Die Sammel-Edition von „Rhythm is it!“<br />

auf drei DVDs begleitet die Tanzpädagogen<br />

Suz Broughton und Royston Maldoom, die<br />

Schüler und Schülerinnen und die Musiker<br />

über sechs gemeinsame Trainingswochen.<br />

Interviews geben Einblick in die Gefühlswelt<br />

der Jugendlichen, die größtenteils zuvor<br />

noch nie etwas mit klassischer Musik<br />

oder Tanz zu tun hatten, vor und nach den<br />

neuen Erfahrungen durch diese tanzpädagogische<br />

„Sozial“-Arbeit.<br />

Das Projekt begann im Winter. Die<br />

ersten Bilder zeigen das tendenziell graue<br />

Berlin, verschneite Straßen und Schulhöfe.<br />

Die Kamera schwenkt in die Turnhalle.<br />

Jugendliche von acht Jahren bis Anfang<br />

20, aus unterschiedlichen sozialen Schichten,<br />

verschiedenen Nationalitäten, beiden<br />

deutschen Seiten und mit unterschiedlicher<br />

körperlicher Kondition sind versammelt.<br />

Maldoom und Broughton geben ihre<br />

Anweisungen. Schüler mit wenig Selbstvertrauen<br />

üben das „Rennen ohne Geräusch“.<br />

Die Trainer sind schockiert über<br />

das mangelnde Selbstvertrauen der Kinder,<br />

über ihre mangelnde Körperbeherrschung.<br />

Größtes Problem der Schüler ist jedoch die<br />

Konzentration, die Orientierung an einem<br />

(Brenn-)Punkt.<br />

Der Film ist immer nah dran an den<br />

Veränderungen, die in Kopf und Körper<br />

vor sich gehen. Zu sehen ist beispielsweise,<br />

wie sich das Verhalten, das einigen das Gefühl<br />

gibt, Anführer einer Gruppe zu sein,<br />

sich im Laufe der Zeit verliert. Rattle war<br />

schnell überzeugt: „Jeder Einzelne wird das<br />

Seine dazu beitragen und das Ego beiseite<br />

lassen.“ Dagegen ist Disziplin sehr wichtig;<br />

die Dinge müssen machbar sein, aber<br />

zugleich herausfordernd. Martin, 19 Jahre,<br />

sagt: „Ich mag es nicht, Leute zu berühren.“<br />

Er macht das Training solange, bis es sich<br />

gut anfühlt.<br />

Alle finden im Lauf der Projektarbeit irgendwie<br />

Gefallen an der Musik, zu der sie<br />

ursprünglich keinen Zugang hatten. Das<br />

Stück, entstanden kurz vor Ausbruch <strong>des</strong><br />

1. Weltkrieges, erzählt einen altslawischen<br />

Opfer-Mythos über den Frühling, der nur<br />

kommen kann, wenn sich eine Frau zu Tode<br />

tanzt.<br />

Am Ende – ein überwältigen<strong>des</strong> Ergebnis:<br />

250 Schüler und Schülerinnen tanzen<br />

„Le Sacre du Printemps“ vor ausverkauftem<br />

Haus und ernten stehende Ovationen. Die<br />

Zuschauer erleben eine dynamische, ausdrucksstarke<br />

Choreographie auf klassischer<br />

Basis, mit Solos und modernen Elementen,<br />

kraftvolle, explosive Bewegungen in kaum<br />

vorstellbarer Harmonie. Ein unerwarteter,<br />

vielbeachteter Erfolg jugendlicher Tanzlaien<br />

aus finanziellen und sozialen Verhältnissen,<br />

die eine derartige musische Beschäftigung<br />

üblicherweise nicht fördern.<br />

Der pädagogisch deutlichste Erfolg<br />

dieses Tanzprojekts zeigt sich am Schluss in<br />

den leuchtenden Blicken der aufgeregten,<br />

zufriedenen Schüler und Schülerinnen, die<br />

nach wochenlanger harter Arbeit ausrufen:<br />

„Wir haben’s geschafft!“<br />

DVD 1 (100 Min., englische Sprache/deutsche<br />

Untertitel) zeigt die komplette Aufzeichnung<br />

der sechs Wochen Tanztraining.<br />

DVD 2 (40 Min., englische Sprache/deutsche<br />

Untertitel) zeigt die Tanzperformance „Le<br />

Sacre du Printemps“.<br />

DVD 3 (52 Min./Filmdokumentation): „The<br />

Making of…“ ein Blick hinter die Kulissen<br />

<strong>des</strong> Projektes inkl. Ausschnitten aus weiteren<br />

Education-Projekten der Jahre 2004 und<br />

2005<br />

Die DVD-ROM zu „Rhythm is it!“,<br />

Collector´s Edition, ist zu beziehen über:<br />

Boomtown Media GmbH & Co. KG, e-mail:<br />

info@boomtownmedia.de. – 23,95 Euro


auSSPRaCHE<br />

Zu große aufgabe für den<br />

HVd<br />

Zur diesseits Nr. 82<br />

(…) Mir gefällt das Logo <strong>des</strong> HVD<br />

– um mit etwas schlicht-Positivem zu<br />

beginnen (sowas ist keine belanglose<br />

Selbstverständlichkeit; man kann<br />

dem HVD dazu nur gratulieren)!<br />

Zur „Akzeptanz“ (also Forsa-Umfrage)<br />

könnte man unserer Gesellschaft<br />

gratulieren – ich bin dazu aber etwas<br />

zu ungeduldig...<br />

Auch aus der auf dem Cover <strong>des</strong> Magazins<br />

zitierten Frage ergibt sich für<br />

mich schlüssig, dass der HVD eine<br />

Alternative zu etwas sehr eng Umschriebenen<br />

darstellt, nämlich zu<br />

konventioneller Religion mit ihren<br />

partiellen Auswirkungen auf die Gestaltungsräume<br />

unserer Gesellschaft.<br />

Für mich ist damit klar, dass das<br />

meiste, was der HVD geistig bietet,<br />

in der Alternative zur Religion besteht,<br />

ja sich darin erschöpfen sollte.<br />

Daher sollte klar sein, dass man sich<br />

als HVD in seinen thematischen Ansprüchen<br />

bescheiden muss und das<br />

Gros der die Gesellschaft angehenden<br />

und in ihr auftretenden Fragen einem<br />

generellen „Diskurs“ (bin kein Habermas-Fan,<br />

aber manchmal ist das<br />

Wort ja praktisch) überlassen muss,<br />

zumal es oft/meist gar keinen speziell<br />

„<strong>humanistischen</strong>“ Standpunkt zu<br />

diesen Fragen geben wird.<br />

So ist für mich der „Zwischenruf“<br />

von A. Käthner „Armut...“ eher<br />

absurd und überflüssig – natürlich<br />

nicht, weil mir die Armut egal wäre,<br />

sondern weil das Thema in der politischen<br />

Arena angesiedelt und gemäß<br />

unterschiedlicher Prioritäten („ordnungspolitisch“,„wirtschafts-/sozialpolitisch“<br />

etc.) unterschiedlich beantwortet<br />

werden wird. Was anderes wären<br />

z.B. Inserate, in denen etwa von<br />

„HELP“, Cap Anamur oder meinetwegen<br />

auch vom Diakonischen Werk<br />

an die Spendenbereitschaft der HVD-<br />

Mitglieder appelliert würde. Wie jedoch<br />

politisch mit dem heimischen<br />

Armutsproblem umzugehen ist, sollte<br />

nicht qua HVD reflektiert werden,<br />

allenfalls auch innerhalb <strong>des</strong> HVD<br />

(dem ja Leute unterschiedlicher politischer<br />

Couleur angehören). Wenn<br />

Frau Käthner jedoch schreibt: „In<br />

der professionellen Praxis können wir<br />

die Betroffenen bei der Durchsetzung<br />

ihrer individuellen Ansprüche unterstützen...“,<br />

dann sehe ich dabei auch<br />

die Gefahr, sich zu „verheben“. Hier<br />

scheint mir nur der Weg zu einer Beteiligung<br />

und ggf. allmählichen Erweiterung<br />

bestehender Angebote wie<br />

AWO (vielleicht das falsche Beispiel)<br />

sinnvoll. Es ist ja eben nicht so wie<br />

im kirchen-nahen Hospizbereich, wo<br />

die religiöse Komponente zumin<strong>des</strong>t<br />

im Hintergrund wirksam ist, so dass<br />

es sich anbietet, etwas Eigenständiges<br />

aufzubauen, was den Konfessionslosen<br />

entgegenkommt. Ein anderes<br />

Beispiel für eine sinnvoll-eigenständige<br />

Organisation ist ProFamilia<br />

– und es ist gut, dass es die ja schon<br />

gibt, sonst wäre hier der HVD wohl<br />

gefragt (jedoch ebenfalls aktuell vermutlich<br />

überfordert). (…)<br />

Dr. Christian Walther, Marburg<br />

Toleranz statt Respekt<br />

Zum Artikel „Neuer Humanismus“<br />

diesseits 83/2008)<br />

Vielleicht kann im Leitungsgremium<br />

<strong>des</strong> HVD einmal darüber diskutiert<br />

werden, ob es nicht richtig wäre,<br />

auf der letzten Seite von diesseits<br />

die Worte „achten und respektieren“<br />

durch „tolerieren“ zu ersetzen. Der<br />

nachfolgende Satz beginnt sogar mit<br />

„Toleranz“ und nicht mit „Achtung<br />

und Respekt“.<br />

Angeregt wurde ich zu diesem Änderungswunsch<br />

durch den Artikel<br />

von Schmidt-Salomon in diesseits<br />

2/2008 (…)<br />

Ich beispielsweise achte und respektiere<br />

keinesfalls eine religiöse Lebensauffassung,<br />

da sie für mich nur<br />

lächerlich ist.<br />

Peter Bock, Köln<br />

Kein Krieg in afghanistan<br />

Gerhard Reth aus Schönwalde in<br />

Schleswig-Holstein ist gegen den<br />

Afghanistankrieg und hat dies<br />

mehrmals im Internetforum mit<br />

Bun<strong>des</strong>tagsabgeordneten – www.<br />

abgeordnetenwatch.de – deutlich<br />

gemacht. Nachfolgend ist sein<br />

Brief an den CDU-Abgeordneten<br />

Holger Haibach abgedruckt.<br />

Herr Reth würde es begrüßen,<br />

wenn sich die säkularen Verbände<br />

öffentlich klarer gegen den Krieg<br />

aussprechen.<br />

„Sehr geehrter Herr Haibach,<br />

Sie hatten mich am 15.5. in Abgeordnetenwatch<br />

gefragt: Was ist die<br />

Alternative zum Afghanistankrieg?<br />

Völker müssen ihre Terrorregime aus<br />

eigener Kraft überwinden! Dass dies<br />

möglich ist, zeigen die Beispiele Chile,<br />

Argentinien, Rumänien, DDR.<br />

In ‚Menschen bei Maischberger’<br />

erklärte Altkanzler Schmidt am<br />

20.5.08: ‚Militärische Einmischungen<br />

sind auch bei Menschenrechtsverletzungen<br />

abzulehnen, weil<br />

andernfalls die Folgen der Kriegshandlungen<br />

unkalkulierbar sind.<br />

(…) Isaf-Kommandant Mc Neill<br />

selbst hat erklärt, dass 400.000<br />

Mann nötig wären, um Afghanistan<br />

nachhaltig zu befrieden (Der Spiegel<br />

22/2008, S. 126). Merken Sie jetzt,<br />

dass Ihre Ziele unerreichbar sind?<br />

(…)<br />

Grundbedürfnis<br />

Gemeinschaftlichkeit<br />

Zur Aussprache „Fehlende Feierkultur“<br />

(diesseits 83/2008)<br />

Dieser Artikel trifft für mich den<br />

berühmten Nagel auf den Kopf. Der<br />

normale Bürger, ständig Anpassungen<br />

folgend, täglich gefordert durch die<br />

Widrigkeiten <strong>des</strong> Lebens, gereizt von<br />

den vielfältigen Eindrücken und gestresst<br />

von Lärm, Medien, Arbeitsleben<br />

(…) sucht zum Ausgleich eine<br />

Gemeinschaft, in der er sich wohlfühlen<br />

und erholen kann.<br />

Wir Humanisten bieten hier wirklich<br />

wenig. Eigentlich verteidigen wir<br />

zu oft unsere Weltanschauung und<br />

meist sehr verkopft. Wir bieten viele<br />

Informationen dazu und beispielhafte<br />

Vorbilder. Doch wo werden die<br />

Gefühle angesprochen? Herr Sommer<br />

führt die Rituale an, die in Religionsgemeinschaften<br />

geboten werden.<br />

Gemeinsame Stunden, auch für Familien<br />

mit Kindern, denn das ist ja<br />

eine der Zielgruppen. Gemeinsame<br />

Gruppenerlebnisse, die archaische<br />

Tiefen erreichen wie Singen, Sprechgesänge,<br />

Musik und Ansprachen.<br />

Jeder kann abschalten durch die Abgeschirmtheit<br />

und Geborgenheit in<br />

einer überschaubaren Gruppe. (…)<br />

Es gibt einen Zeremonienmeister und<br />

seine Appelle an das Gute und andere<br />

<strong>humanistischen</strong> Werte sind wohlverpackt<br />

in einen Gottesglauben und somit<br />

findet jeder seine Weltvorstellung<br />

und blendet den Rest aus.<br />

Daneben sind viele örtliche Veranstaltungen<br />

geboten, die zusätzlich<br />

Gelegenheit geben zu Gesprächen,<br />

zu allerlei Tratsch und gegenseitigen<br />

Vergleichen, eben zu menschlichen<br />

Grundbedürfnissen. Ich erlebte z.B.<br />

in den USA, dass Familien die Kirchenzugehörigkeit<br />

bei einem Umzug<br />

wechselten, wenn die gewohnte nicht<br />

in der Nähe war. Die Zugehörigkeit<br />

zur örtlichen Gemeinde und der<br />

Plausch nach dem Kirchgang waren<br />

wichtiger als jeder Unterschied in der<br />

Gottesvorstellung.<br />

Natürlich graut mir vor solchen Veranstaltungen,<br />

denn ich war zwangsgetaufter<br />

Insider und fand meine<br />

neue „Gemeinde“ über den bfg Erlangen<br />

und Nürnberg beim HVD.<br />

Nachdem ich ab Oktober 2008 wieder<br />

in Nürnberg wohnen werde, freue<br />

ich mich darauf, zusätzlich zu den<br />

bestehenden Angeboten, die Ideen<br />

von Herrn Sommer zu unterstützen.<br />

Gemeinschaft pflegen, Spaß haben<br />

und verstehen zu feiern!<br />

Rudolf von Bergen-Wedemeyer,<br />

Bad Kissingen<br />

3/2008 39


HUMANISTISCHER VERBAND<br />

DEUTSCHLANDS (HVD)<br />

Bun<strong>des</strong>vorstand<br />

Wallstr. 61-65, 10179 Berlin<br />

Fon 030-613 904-34, Fax 613 904-50<br />

http://www.humanismus.de<br />

hvd@humanismus.de<br />

Bun<strong>des</strong>verband Junge<br />

HumanistInnen<br />

Wallstraße 61-65, 10179 Berlin<br />

Fon 030-613904-76, Fax 613904-50<br />

mwitzke.hvd-berlin@humanismus.de<br />

BADEN-WÜRTTEMBERG<br />

HVD Regionalgemeinschaft<br />

Ulm-Bodensee e.V.<br />

Postfach 2307, 89013 Ulm<br />

hvd-bw@humanismus.de<br />

Die Humanisten Württemberg<br />

K.d.ö.R<br />

Mörikestraße 14, 70178 Stuttgart<br />

Fon 0711-6493-780, Fax -886<br />

a.henschel@dhuw.de, www.dhuw.de<br />

BAyERN<br />

HVD Bayern e.V.<br />

n Lan<strong>des</strong>geschäftsstelle<br />

Äußere Cramer-Klett-Str. 11-13,<br />

90489 Nürnberg<br />

Fon 0911-43104-0, Fax 43104-15<br />

info@hvd-bayern.de, www.hvd-bayern.de<br />

Humanistische Akademie<br />

Bayern e.V.<br />

Äußere Cramer-Klett-Str. 11-13,<br />

90489 Nürnberg<br />

Fon 0911-43104-0, Fax -15<br />

www.humanistische-akademie-bayern.de<br />

info@humanistische-akademie-bayern.de<br />

HVD Nürnberg K.d.ö.R.<br />

n Geschäftsstelle<br />

Äußere Cramer-Klett-Str. 11-13,<br />

90489 Nürnberg<br />

Fon 0911-43104-0, Fax 43104-15<br />

info@hvd-nuernberg.de<br />

www.hvd-nuernberg.de<br />

n Bestattungsreden: 0911-43104-14<br />

n Service-Line 0180-11 123 11<br />

n Jugendfeier-Team und Junge<br />

HumanistInnen: 0911-43104-11<br />

jugendfeier@hvd-nuernberg.de<br />

www.jugendfeier.net<br />

Stadtmauerturm der JuHus:<br />

Spittlertormauer 7, 90402 Nürnberg<br />

n <strong>Humanistischer</strong> Kindergarten<br />

Nbg.-St. Peter<br />

Burgerstr. 6, 90478 Nürnberg<br />

Fon 0911-42 45 68-0, Fax -3<br />

kiga.st.peter@hvd-nuernberg.de<br />

n <strong>Humanistischer</strong> Kindergarten<br />

Nbg.-Mögeldorf<br />

Ziegenstr. 28, 90482 Nürnberg<br />

Fon 0911-95 33 58-0, Fax -3<br />

kiga.moegeldorf@hvd-nuernberg.de<br />

n Humanistisches Haus für Kinder<br />

Am Südpark<br />

Dr. Meyer-Spreckels-Str. 5,<br />

90763 Fürth<br />

Telefon 0911-97791013, Fax -17<br />

hfk.fuerth@hvd-nuernberg.de<br />

n turmdersinne gGmbH<br />

Büro: Spittlertorgraben 45<br />

90429 Nürnberg<br />

Fon 0911-94432-81, Fax -69<br />

info@turmdersinne.de<br />

www.turmdersinne.de<br />

Adresse <strong>des</strong> Turms:<br />

Mohrenturm am Westtor, Nürnberg,<br />

Spittlertorgraben Ecke Mohrengasse<br />

HVD Würzburg<br />

Bukarester Str. 12, 97084 Würzburg<br />

www.hvd-wuerzburg.de.vu<br />

hvd-wuerzburg@gmx.de<br />

BERLIN/BRANDENBURG<br />

<strong>Humanistischer</strong> <strong>Verband</strong><br />

Berlin-Brandenburg<br />

Wallstr. 61-65, 10179 Berlin<br />

Fon 030-613 904-0, Fax 030-613 904-50<br />

www.hvd-potsdam.de<br />

BERLIN<br />

HVD Berlin<br />

Lan<strong>des</strong>geschäftsstelle<br />

Wallstr. 61-65, 10179 Berlin<br />

Fon 030-613 904-0<br />

Fax 030-613 904-50<br />

hvd-berlin@humanismus.de<br />

Direkte Durchwahlnummern:<br />

n Abteilung Kitas -39<br />

n Abteilung Gesundheit/Soziales -25<br />

n Abteilung Lebenskunde -60<br />

n Abteilung Jugend/Jugendfeier -74,<br />

Fax -89<br />

n Patientenverfügungen/Trauergruppen<br />

-11, -19, Fax -36<br />

www.patientenverfuegung.de<br />

mail@patientenverfuegung.de<br />

n V.I.S.I.T.E.<br />

Besuchs- und Hospizdienst -32<br />

www.visite-hospiz.de<br />

mail@visite-hospiz.de<br />

n Kinderhospiz „Berliner Herz“ -80<br />

n Öffentlichkeitsarbeit -26<br />

n Kultur -23<br />

n Fundraising -38<br />

n Freiwilligenarbeit/Mitgliederbetreuung/<br />

Seniorenkoordinatorin -15<br />

n Junge HumanistInnen Berlin<br />

Danziger Str. 50, 10437 Berlin<br />

Fon 030-442 72 16, Fax 442 34 93<br />

info@juhu-berlin.de, ingo@juhu-berlin.de<br />

n Jugendtreff „PPZ“ der Jungen<br />

HumanistInnen, Marzahner Chaussee 9<br />

10315 Berlin, Fon/Fax 030-510 17 76<br />

n Schulklub Sakura-Grundschule<br />

Rochstraße 7, 10178 Berlin<br />

Fon 030-42 85 21 79<br />

n Café Rix GmbH<br />

Karl-Marx-Straße 141, 12043 Berlin<br />

Fon/Fax 030-686 90 20<br />

n Sozialstation „Die Brücke“<br />

Wallstr. 61-65, 10179 Berlin<br />

Fon 030-613 904-93 /-97, Fax -91<br />

n Mobilitätshilfedienst Berlin-Mitte<br />

Wallstr. 61-65, 10179 Berlin<br />

Fon 030-613 904-95 /-96, Fax -91<br />

n Schwangerschaftskonflikt-beratungsstelle,<br />

Schönholzer Str. 6, 13187 Berlin<br />

Fon/Fax 030-441 79 92<br />

skb@hvd-berlin.de<br />

n Kontakt- und Informationsstelle für<br />

Selbsthilfe (KIS)<br />

Nachbarschaftshaus Pfefferwerk<br />

Fehrbelliner Str. 92, 10119 Berlin<br />

Fon 030-443 43 17, Fax 44 34 04 78<br />

n Betreuungsverein<br />

Alt-Moabit 108 a, 2. Etg., 10559 Berlin<br />

Fon 030-441 30 57, Fax 441 30 59<br />

Betreuungsverein.hvd@berlin.de<br />

n Brückentreff Psychosoziale Kontakt- und<br />

Beratungsstelle<br />

Torstraße 158, 10115 Berlin<br />

Fon 030-280 74 42/ -43, Fax -44<br />

Kitas:<br />

n Adlershofer Marktspatzen<br />

Helbigstr.31, 12489 Berlin<br />

Fon/Fax 030-677 42 09<br />

n Am Park<br />

Engelhardtstr. 10, 12487 Berlin<br />

Fon/Fax 030-631 66 99<br />

n Bornsdorfer Str. 14, 12053 Berlin<br />

Fon 030-56 82 86 63<br />

n Dreikäsehoch<br />

Johanna-Tesch-Str. 20, 12439 Berlin<br />

Fon 030-671 70 33, Fax 67 89 45 28<br />

dreikaesehoch@humanistischekitas.de<br />

n Friedenauer Strolche<br />

Sponholzstraße 16, 12159 Berlin<br />

Fon/Fax 030-75 60 62 09<br />

n Gartenstadtfrösche<br />

Zur Gartenstadt 239, 12526 Berlin<br />

Fon 030-67 82 45 03, Fax 67 82 45 04<br />

gartenstadt@humanistischekitas.de<br />

n General-Woyna-Str. 48<br />

13403 Berlin, Fon/Fax 030-413 30 72<br />

n Holtheimer Weg 6-8, 12207 Berlin<br />

Fon 030-712 49 30, Fax 71 09 74 92<br />

n Hopsekäse<br />

Scharnweberstr. 60, 10247 Berlin<br />

Fon/Fax 030-291 61 64<br />

n Kastanienallee 28/30, 12627 Berlin<br />

Fon/Fax 030-995 22 69 kastanienallee@<br />

humanistischekitas.de<br />

n Kinderhaus Felix<br />

Zühlsdorfer Str. 16, 12679 Berlin<br />

Fon 030-935 80 35, Fax 93 02 78 16<br />

kinderhausfelix@humanistischekitas.de<br />

n Knirpsenstadt am Glitzerbach<br />

Geraer Ring 50/52, 12689 Berlin<br />

Fon/ Fax 030-933 91 98<br />

n Landreiterweg 55, 12353 Berlin<br />

Fon 030-667 90 90, Fax 66 79 09 33<br />

n Michel-Klinitz-Weg 18<br />

12349 Berlin, Fon 030-743 10 14<br />

n Mühlengeister<br />

Thomas-Mann-Str. 17/19, 10409 Berlin<br />

Fon 030-424 17 31, Fax 42 16 15 86<br />

muehlengeister@humanistischekitas.de<br />

n Pillnitzer Weg 6, 13593 Berlin<br />

Fon 030-20 91 48 90, Fax 209 14 89 20<br />

pillnitzerweg@humanistischekitas.de<br />

n PrenzlZwerge<br />

Stahlheimer Str. 27, 10439 Berlin<br />

Fon 030-445 71 94, Fax 40 00 30 61<br />

prenzlzwerge@humanistischekitas.de<br />

n Stadtfüchse<br />

Jablonskistr. 11, 10405 Berlin<br />

Fon/Fax 030-441 42 82 erzieherinnen.<br />

stadtfuechse @web.de<br />

n Wasserwerkstr. 3, 13589 Berlin<br />

Fon 030-37 49 90 30, Fax 374 99 03 24<br />

wasserwerkstrasse@humanistischekitas.de<br />

n Rappelkiste<br />

Alfred-Randt-Str.15/17, 12559 Berlin<br />

Fon 030-654 35 58, Fax 654 60 49<br />

n Wirbelwind, Friedrich-Engels-<br />

Str. 45/47, 13156 Berlin<br />

Fon 030-916 51 24, Fax 47 03 68 69<br />

wirbelwind@humanistischekitas.de<br />

n Zum Hasenhügel<br />

Waldheimer Str. 10/12, 12627 Berlin<br />

Fon 030-994 28 49, Fax 99 28 50 79 zum.<br />

hasenhuegel@humanistischekitas.de<br />

n Konfliktberatung für Paare<br />

Fon über 030-613 904-15<br />

n Neustart – Betreutes Wohnen<br />

für Obdachlose<br />

Alt Reinickendorf 7, 13407 Berlin<br />

Fon 030-4 14 68 74, Fax -75<br />

neustart@hvd-berlin.de<br />

www.wp-neustart.de<br />

n Humanistische Akademie e.V.<br />

Redaktion „humanismus aktuell“<br />

Wallstr. 61-65, 10179 Berlin<br />

Fon/Fax 030-44 34 09 41<br />

www.humanistische-akademie.de<br />

n Koordinierungsstelle für ambulante<br />

Rehabilitation älterer Menschen in Neukölln<br />

Haus <strong>des</strong> älteren Bürgers<br />

Werbellinstraße 42, 12053 Berlin<br />

Fon 030-689 77 00, Fax 68 97 70 20<br />

n Berliner Seniorentelefon<br />

Fehrbelliner Straße 92, 10119 Belin<br />

Fon 030-279 63 93, Fax 44 02 49 97<br />

Sprechzeiten: Mo, Fr, So 14-16 Uhr, Mi 12-<br />

16 Uhr unter Fon 030-279 64 44<br />

www.berliner-seniorentelefon.de<br />

info@berliner-seniorentelefon.de<br />

n HOTEL4YOUth<br />

Schönhauser Allee 103, 10439 Berlin<br />

Fon 030-446 77 -83, Fax -859<br />

www.hotel4youth.de, info@hotel4youth.de<br />

n Kinder- und Jugendbüro Marzahn<br />

Kastanienallee 55, 12627 Berlin<br />

kijubue-marzahn@web.de<br />

n Internetcafé für Senioren<br />

Weltenbummler, Werbellinstraße 42, 12053<br />

Berlin-Neukölln<br />

Fon 030-68054287<br />

n Gesundheitliche und soziale Dienste <strong>des</strong><br />

HVD in Tempelhof,<br />

Friedrich-Wilhelm-Straße 59<br />

12103 Berlin, Fon 030-71096852<br />

BRANDENBURG<br />

<strong>Humanistischer</strong> Regionalverband<br />

Ostbrandenburg e.V.<br />

PF 1142, 15701 Königs Wusterhausen<br />

Fon 03375-29 77 78, Fax 29 33 35<br />

humanistus@aol.com<br />

www.hro-kwh.de<br />

n Aktionskita „Knirpsenstadt“<br />

Goethestr. 5,<br />

15711 Königs Wusterhausen<br />

Fon 03375-87 28 45<br />

n Jugend-Freizeit-Zentrum<br />

Scheederstr. 47,<br />

15711 Königs Wusterhausen<br />

Fon 03375-29 67 69<br />

HVD Regionalverband Brandenburg<br />

Nord e.V.<br />

Mühlenfeld 12, 16515 Oranienburg<br />

Fon 03301-83 41 11, Fax 83 41 20<br />

n Humanistisches Musikzentrum<br />

n Feierkultur<br />

n Schuldnerberatung, Vermeidung von<br />

Obdachlosigkeit<br />

n Jugend- und Sozialwerk gGmbH<br />

Kanalstr. 20, 16515 Oranienburg<br />

Fon 03301-58 28 94<br />

n Berufsbildungswerk Nordost gGmbH<br />

Albert-Buchmann-Str. 1,<br />

16515 Oranienburg<br />

Fon 03301-53 54 40<br />

n Betreutes Jugendwohnen<br />

Bernauer Str. 146, Haus 106,<br />

16515 Oranienburg<br />

Fon 03301-80 70 56<br />

Nebenstelle Neuruppin<br />

Fehrbelliner Str. 139, 16816 Neuruppin<br />

Fon 03391-50 38 42, Fax 35 05 13<br />

n Feierkultur<br />

n Selbsthilfe-Kontaktstelle<br />

n Schulsozialarbeit<br />

<strong>Humanistischer</strong> Regionalverband<br />

Brandenburg/Belzig e.V.<br />

Willibald-Alexis-Str. 28<br />

14772 Brandenburg<br />

Fon 03381-73 03 80, Fax 73 03 79<br />

humreg@humreg.de<br />

Kinder- und Jugendclub, Jugendfeier,<br />

Seniorenarbeit, Junge Humanisten,<br />

Schulsozialarbeit, Bereich „Hilfe zur<br />

Erziehung“<br />

Stadtteilbüro im Bürgerzentrum<br />

Große Gartenstraße 42a<br />

14776 Brandenburg an der Havel<br />

Fon 03381-25 09-62, Fax -63<br />

<strong>Humanistischer</strong> Regionalverband<br />

Potsdam/Potsdam-Mittelmark e.V.<br />

n Geschäftsstelle Potsdam<br />

Jägerstr. 36, 14467 Potsdam<br />

Büro und Patientenverfügung:<br />

Fon 0331-290 94 76<br />

Jugendfeier: Fon 0331-270 98 04<br />

Fax 0331-280 58 81<br />

hvdppm@aol.com<br />

hvd-potsdam@freenet.de<br />

<strong>Humanistischer</strong> Regionalverband<br />

Teltow-Fläming e.V.<br />

Goethestr. 8, 14959 Trebbin<br />

Fon/Fax 033731-805 24<br />

<strong>Humanistischer</strong> Regionalverband<br />

Märkisch-Oderland e.V.<br />

„Arche“, Carl-Schmäcke-Straße 33<br />

15366 Neuenhagen<br />

Tel. 03342-21584, Fax 21586<br />

Humanistisches Internationales<br />

Begegnungs- und Beratungszentrum<br />

(HIBBZ)<br />

Eisenbahnstr.14, 16225 Eberswalde<br />

Fon und Fax 03334-212491 www.hibbz.<br />

de, info@hibbz.de<br />

<strong>Humanistischer</strong> Freidenkerbund<br />

Brandenburg e.V.<br />

Postfach 600 813, 14408 Potsdam<br />

Fon 03321-45 07 46, Fax 45 07 47<br />

Fon 03338-396 31, Fax 03338-396 32<br />

<strong>Humanistischer</strong> Freidenkerbund<br />

Havelland e.V.<br />

n Geschäftsstelle<br />

Karl-Thon-Str. 42, 14641 Nauen<br />

Fon 03321-45 07 46, Fax 45 07 47<br />

Freidenker-Havelland@web.de<br />

n Jugendtreff Miteinander, Frauen- und<br />

Selbsthilfetreff, Berliner Str. 41, 14712<br />

Rathenow, Fon 03385-51 55 31<br />

n Treff: Suchthilfe, Kleiderkammer,<br />

Obdachlosenarbeit, Suppenküche<br />

Ritterstr. 9, 1641 Nauen<br />

Fon 03321-45 07 46<br />

Freidenker Barnim e.V.<br />

n Geschäftsstelle<br />

Rüdnitzer Chaussee 48-50, 16321 Bernau<br />

Fon 03338-3 96 31, Fax 3 96 32<br />

n Informations- und Beratungspunkt<br />

Berliner Str. 48, 16321 Bernau<br />

Fon/Fax 03338-2416<br />

Jugendarbeit, Jugendfeier, Senioren- und<br />

Rentenberatung, Patientenverfügung,<br />

Sozialberatung<br />

METRopoLREGIoN HAMBURG<br />

HVD Metropolregion Hamburg<br />

Beim Schlump 23, 20144 Hamburg<br />

Fon/Fax 040 67379076<br />

HVD-Hamburg@alice-dsl.net<br />

MEckLENBURG-VoRpoMMERN<br />

hvd-mv@web.de<br />

NIEDERsAcHsEN<br />

<strong>Humanistischer</strong> <strong>Verband</strong><br />

Niedersachen K.d.ö.R.<br />

Lan<strong>des</strong>geschäftsstelle<br />

Otto-Brenner-Str.20- 22, 30159 Hannover<br />

Fon 0511-167691-60, Fax -78<br />

zentrale@humanisten.de<br />

www.humanisten.de<br />

n Feierservice für weltliche Familienfeiern<br />

Fon 0511-167691-63<br />

n Junge Humanisten Hannover<br />

Lan<strong>des</strong>koordination JugendFEIER<br />

Fon 0511–18561<br />

www.juhus-hannover.de<br />

info@junge-humanisten.de<br />

n Humanistisches Sozialwerk<br />

Norddeutschland GmbH<br />

Otto Brenner Str.20-22, 30159 Hannover<br />

Haus Humanitas, Fon 0511-167691-61<br />

<strong>Humanistischer</strong> <strong>Verband</strong> Bremen<br />

Ursel Leitzow<br />

Prager Str. 41, 28211 Bremen<br />

Fon 0421-243 96 35 bremen@<br />

humanisten.de<br />

Ortsgemeinschaften und Verbände<br />

Freie Humanisten<br />

Grünenplan-Delligsen<br />

c/o Bodo Hage,<br />

Hinter den Höfen 16, 31073 Delligsen<br />

Fon + Fax: 05187-24 86<br />

Mobil: 0160-950 28 139<br />

gruenenplan@humanisten.de<br />

HV Emden<br />

c/o Eckhard Kühl<br />

An der Sporthalle 1, 26759 Hinte<br />

Fon 04925-8725, emden@humanisten.de<br />

HVN Ortsverband Hannover<br />

Otto-Brenner-Str. 22, 30159 Hannover<br />

Fon 0511-1 61 4012, Fax 16 76 91 78<br />

hannover@humanisten.de<br />

HV Oldenburg<br />

c/o Grünberger Str. 7, 26127 Oldenburg<br />

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HVD Nordrhein-Westfalen K.d.ö.R.<br />

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sAcHsEN<br />

HVD Sachsen<br />

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01127 Dresden, Fon 0351-2198100<br />

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Humanisten Sachsen-Anhalt<br />

c/o Junge Humanisten Magdeburg e.V.<br />

39128 Magdeburg<br />

Johannes-R.-Becher-Straße 57<br />

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<strong>Humanistischer</strong> Regionalverb.<br />

Halle-Saalkreis e.V.<br />

Bürgerhaus „alternativE“<br />

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Fax 0345-1 31 94 75<br />

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n Frauen Kommunikationszentrum<br />

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n Trauerberatung, Patientenverfügungen,<br />

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n Begegnungsstätte<br />

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n Schuldnerberatung<br />

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n Musikinstrumentenkabinett<br />

n Jugendfeier Fon 0345-1319473<br />

<strong>Humanistischer</strong> Regionalverb.<br />

Südliches Sachsen-Anhalt e.V.<br />

n Bürger und Jugendhaus/Herberge<br />

Huttenstraße 12, 06217 Merseburg<br />

Fon 03461-21 35 19<br />

hrvbuergerhaus@aol.com<br />

n Jugendlub „Die Hütte“<br />

Unter den Eichen, 06217 Merseburg<br />

Fon/Fax 03461-50 28 75<br />

n Jugendfeier Fon 03461-213519<br />

n Jugendclub „Elofant“<br />

Häuerstraße 33, 06242 Braunsbedra<br />

Fon 0177-2115619<br />

n Projekt Schulsozialarbeit<br />

Sekundarschule „Unteres Geiseltal“<br />

Häuerstr. 39, 06242 Braunsbedra<br />

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Junge Humanisten Magdeburg e.V.<br />

n KJFE „Kannenstieg“<br />

Johannes-R.-Becher-Straße 57<br />

39128 Magdeburg<br />

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juhu-magdeburg@t-online.de<br />

n Schülertreff „Rothensee“<br />

Badeteichstraße, 39126 Magdeburg<br />

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n Jugendfeier Fon 0391-2515938<br />

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Mansfelder Land e.V.<br />

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Christoph Martin Wieland<br />

Zweierlei Götterglück<br />

„Der Götterstand“ – sprach einst von seinem Wolkenthron<br />

Der Sultan im Olymp zu Majens schönem Sohn,<br />

„Der Götterstand, Herr Sohn, um ihm sein Recht zu geben,<br />

Ist (unter uns) beim Styx! ein schales Leben.<br />

Ja, wer nur nicht dazu geboren wär,<br />

Und allenfalls auf acht bis vierzehn Tage,<br />

Da ließ ichs gelten! Aber mehr<br />

Wird Unsrer Deität am Ende sehr zur Plage.<br />

Man kriegt zuletzt <strong>des</strong> Weihrauchs so genug!<br />

Und für und für zum Dudeldum der Sphären<br />

Die Grazien tanzen sehn, die Musen singen hören,<br />

Und immer Ganymed mit seinem Nektarkrug,<br />

Ich sage dir, man kriegt‘s genug!<br />

Dann noch dazu den ewgen Litaneien<br />

Des Erdenvolks die Ohren herzuleihen!<br />

‚Zeus, gib mir dies! Zeus, gib mir das!‘<br />

Ein tolles Galimathias<br />

Von Bitten ohne Sinn und Maß<br />

Um nichts und wieder nichts, oft um Unmöglichkeiten!<br />

‚Es sind ja (sagen sie) dir lauter Kleinigkeiten!<br />

Ein wenig Sonnenschein zu meiner Wäsche nur!’<br />

‚Zwei Regentage bloß für meine trockne Flur!’<br />

Ruft Mann und Frau aus hellem Munde<br />

In Einem Haus, in Einer Stunde.<br />

Der Dedschial hör alle das Gebrüll!<br />

Tät ich ein einzigmal was jeder haben will,<br />

Es richtete die Welt und mich zu Grunde.<br />

Kurz, trauter Sohn, die Stiefeln angeschnürt!<br />

Steig, eh ich hier <strong>des</strong> Gähnens müde werde,<br />

Ein wenig nieder auf die Erde,<br />

Zu sehen, ob man dort sich besser amüsiert!“<br />

Merkur gehorcht, und ohne anzufragen,<br />

Ob Juno nach dem Erdenplan<br />

Was zu bestellen hat, und ohne Donnerwagen,<br />

Schleicht Jupiter sich weg, und wird bei Leda – Schwan.<br />

Der Pfarrerssohn Christoph Martin Wieland wurde vor 275 Jahren am 5. September 1733 geboren. Er starb am 20. Januar 1813 in<br />

Weimar. Der Älteste <strong>des</strong> klassischen Viergestirns aus Weimar (Goethe, Schiller, Herder) gilt als Begründer der Tradition <strong>des</strong> deutschen<br />

Bildungsromans. Nach einer Phase der frommen Schwärmerei entwickelte er sich zu einem der einflussreichsten Schriftsteller der<br />

Aufklärung. Die Uraufführung <strong>des</strong> Trauerspiels „Lady Johanna Gray“ (1758) begrüßte Lessing mit der Bemerkung, Wieland habe „die<br />

ätherischen Sphären verlassen und wandle wieder unter Menschen“.


<strong>Humanistischer</strong> <strong>Verband</strong> Deutschlands, Wallstraße 61­65, D­10179 Berlin<br />

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<strong>Humanistischer</strong> <strong>Verband</strong> Deutschlands<br />

Wallstraße 61­65,10179 Berlin<br />

selbst denken – Gemeinsam leben<br />

Humanistinnen und Humanisten gestalten ihr Leben<br />

selbstbestimmt und verantwortlich, frei von Religion. Es liegt am<br />

Menschen selbst, ethische und moralische Entscheidungen zu<br />

treffen. Diese Freiheit haben wir den Gedanken der Aufklärung<br />

zu verdanken, in deren Tradition der Humanistische <strong>Verband</strong><br />

Deutschlands steht.<br />

Als Humanistinnen und Humanisten stehen wir zu unserer<br />

Verantwortung für die Menschen, das Leben und die Natur.<br />

Über die Grenzen von Sprachen und Kulturen hinweg setzen<br />

wir auf den friedlichen Austausch von Ideen und Erfahrungen.<br />

Dabei achten und respektieren wir alle weltanschaulichen und<br />

religiösen Lebensauffassungen. Toleranz hat jedoch dort Grenzen,<br />

wo Menschenrechte missachtet und Positionen der Intoleranz<br />

vertreten werden.<br />

Wir arbeiten eng mit unseren Partnerverbänden in der ganzen<br />

Welt zusammen, die wie wir der Internationalen Humanistischen<br />

und Ethischen Union (IHEU) angehören.<br />

Der Humanistische <strong>Verband</strong> Deutschlands ist eine<br />

überparteiliche, demokratische Organisation, die sich in allen<br />

Bereichen <strong>des</strong> gesellschaftlichen und politischen Lebens engagiert,<br />

in denen weltanschauliche Fragen berührt sind. Humanistinnen<br />

und Humanisten beziehen Stellung in den ethischen Debatten<br />

unserer Zeit.<br />

Der Humanistische <strong>Verband</strong> Deutschlands organisiert Kulturund<br />

Bildungsangebote und bietet soziale Unterstützung und<br />

humanistische Beratung für Menschen in allen individuellen<br />

Lebenslagen. Wir richten weltliche Namens­, Jugend­, Hochzeitsund<br />

Trauerfeiern aus. In Berlin ist der Humanistische <strong>Verband</strong><br />

Träger <strong>des</strong> Schulfaches Lebenskunde und bun<strong>des</strong>weit von<br />

vielen Kindertagestätten. Besonders gefragt ist das Angebot der<br />

Patientenverfügung. Die „Jungen HumanistInnen“ unterstützen<br />

Kinder und Jugendliche auf dem Weg zu einem selbstbestimmten<br />

Leben. Bun<strong>des</strong>weit werden zirka 250.000 Menschen pro Jahr<br />

durch die Dienstleistungen <strong>des</strong> Verban<strong>des</strong> erreicht.

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