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Jahre Wende - Humanistischer Verband Deutschlands

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A 59349; 23. Jahrgang; 4. Quartal, Nr. 89/2009; E 4,25<br />

Zeitschrift des humanistischen verbandes<br />

20<br />

<strong>Jahre</strong><br />

<strong>Wende</strong>


Zeitschrift des humanistischen verbandes<br />

Inhalt<br />

humanisten im internet: http://www.humanismus.de e-mail: diesseits@humanismus.de<br />

Nr. 89 4/2009<br />

Editorial Thomas Hummitzsch 1<br />

Landauf/landab 2<br />

Aus den Ländern Hannover: Bundes-JuHu-Treffen Daniel Nette 6<br />

Stuttgart: Hospizinitiative Julia von Staden 7<br />

Berlin: Neue Kita Kerstin Volgmann 8<br />

Berlin: Fahrt nach Auschwitz Marcel Dankwart 10<br />

Menschen im Diesseits 13<br />

Titel 20 <strong>Jahre</strong> Mauerfall Werner Schultz 15<br />

NRW 20/21<br />

Einblicke/Ausblicke Spendenprojekt 2009 22<br />

Peter Singers Spendenprojekt Lutz Renken 23<br />

Forum Gesellschaftliche Folgen des neoliberalen Marktmodells Thomas Hummitzsch 25<br />

Nürnberger Symposium turmdersinne Inge Hüsgen 28<br />

Dissertation über Jugendfeier Rebecca Aechtner 30<br />

Magazin Sprachbilder Ralf Bachmann 32<br />

Kreuz & quer 35<br />

Auslese 36<br />

Aussprache 39<br />

Gedicht Wissenschaftliche Theologie Hans Magnus Enzensberger 41<br />

Herausgeber: <strong>Humanistischer</strong> <strong>Verband</strong> <strong>Deutschlands</strong>, Wallstraße 61-65, 10179 Berlin, Telefon 030-613 904-41. Verantwortlich im<br />

Sinne des Berliner Pressegesetzes: Patricia Block. Mit Namen gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung des<br />

Herausgebers wieder. Redaktion: Ralf Bachmann, Michael Bauer, Patricia Block, Gerd Eggers, Thomas Hummitzsch, Christian<br />

John, Siegfried R. Krebs, Fiona Lorenz, Arne Lund, Florian Noack, Lutz Renken, Jürgen Springfeld. Anzeigenleitung/Verwaltung:<br />

Bettina Kebschull. Titelgestaltung/Grafik/Layout: Jürgen Holtfreter, Berlin. Fotos: Jörg Zander, S. 1; Gabriele Groschopp, S. 3; Jörg<br />

Salomon, S. 3; Frank Roßner S. 4; Patricia Block S. 5; Daniela Kuzma, S. 5; Daniel Nette, S. 6; Alexandra Kratz (Filder-Zeitung), S.<br />

7; Stefanie Reddemann S. 8, S.9; Zdenka Buschova, S. 10, 11; Fiona Lorenz, S. 13; Lydia Strauß, S. 13; Robert Michel, S. 17, 32, 33;<br />

Jürgen Holtfreter, S. 19, S.20/21, S.27; www.patenmädchen.de, S. 23; Karin Becker, S. 29; Zeichnungen: Sempe, S. 36; Krauze, S.<br />

39; Amelie Glienke, S. 41 diesseits erscheint vierteljährlich am 1. März, 1. Juni, 1. September und 1. Dezember. Redaktionsschluss<br />

ist sechs Wochen vor dem Erscheinen. Bezugspreise: <strong>Jahre</strong>sabonnement 13,- E (inklusive Porto und Mehrwertsteuer), Ausland zuzüglich<br />

Porto mehrkosten. Einzel exemplar 4,25 E. Satz/Reinzeichnung: Michael Pickardt, Berlin. Druck: H & P Druck, Körtestr. 10,<br />

10967, Telefon 030-693 77 37. ISSN 0932-6162., diesseits wird auf umweltfreundlichem, zu 50 % chlorfrei gebleichtem Papier<br />

mit 50 % Recycling faseranteilen gedruckt.


Liebe Leserinnen, liebe Leser,<br />

die Pressestelle des HVD Berlin ist wieder neu besetzt. Mitte September<br />

habe ich die Arbeit von Antje Henke übernommen, die in<br />

Elternzeit gegangen ist. Viele spannende und abwechslungsreiche<br />

Aufgaben liegen vor mir – und ich freue mich darauf.<br />

Nach meinem Studium der Politikwissenschaften, Soziologie, Germanistik<br />

und Geschichte in München, Berlin und Paris habe ich<br />

als freier Autor, u.a. für den Freitag und die taz gearbeitet. Außerdem<br />

habe ich einen zivilgesellschaftlichen Verein sowie ein migrationspolitisches<br />

Netzwerk unterstützt. Den <strong>Verband</strong> kenne und<br />

schätze ich, seit mein Sohn in eine HVD-Kita geht und ich mich<br />

in den Elterngremien ehrenamtlich engagierte. In den zurückliegenden<br />

<strong>Jahre</strong>n habe ich mich in verschiedenen Projekten immer<br />

wieder für eine sozialere, nachhaltigere und gerechtere Politik und<br />

Gesellschaft eingesetzt.<br />

Unter diesen Aspekten betrachtet, werden die Ergebnisse der<br />

Wahlen zum 17. Deutschen Bundestag gravierende Folgen haben.<br />

Insgesamt verdeutlichen die Wahlergebnisse einen Paradigmenwechsel.<br />

Die beiden Volksparteien SPD und CDU/CSU verlieren<br />

Anhänger. Sie kamen nur noch auf etwa 57 Prozent aller abgegebenen<br />

Wählerstimmen. Auf die drei „kleinen“ Parteien entfielen<br />

hingegen circa 37 Prozent der abgegebenen Stimmen. Zugleich<br />

setzt sich der gefährliche Trend zum Nichtwählen fort. Der Anteil<br />

der Nichtwähler ist auf fast 28 Prozent gestiegen. Diese Gruppe hat<br />

damit mehr Anhänger als die einzelnen Volksparteien.<br />

Die hohen Verluste der SPD konnten weder die Zugewinne der<br />

Linken noch von Bündnis 90/Die Grünen wettmachen. Das linke<br />

Lager hat insgesamt deutlich Stimmen verloren. Zwar mussten<br />

auch die christlichen Parteien geringe Verluste hinnehmen, doch<br />

mit den starken Gewinnen der FDP kann Angela Merkel nun mit<br />

einer gestärkten bürgerlich-konservativen Koalition weiterregieren.<br />

Die geringe Wahlbeteiligung hat zu einer absurden politischen<br />

Situation geführt: Die politischen Mehrheitsverhältnisse spiegeln<br />

nicht mehr die gesamtgesellschaftlichen Empfindungen wider.<br />

editorial<br />

Nun übernehmen ausgerechnet die Verfechter der neoliberalen<br />

Wirtschaftsordnung die politische Verantwortung, obwohl das<br />

neoliberale Weltbild ursächlich zur weltweiten Wirtschaftskrise<br />

beigetragen hat. Dass CDU/CSU und FDP gestärkt aus den Wahlen<br />

hervorgehen, ist die bittere Ironie einer Wahl mit zu wenigen<br />

Wählern.<br />

Der Humanistische <strong>Verband</strong> <strong>Deutschlands</strong> hat mit seinem Mitglied<br />

Rolf Stöckel (SPD) aus Unna, der bisher immer als Direktkandidat<br />

in den Bundestag einzog, einen seiner zwei Bundestagsabgeordneten<br />

verloren. Wieder im Bundestag ist HVD-Kuratoriumsmitglied<br />

Swen Schulz aus Berlin. Die organisierten Konfessionsfreien haben<br />

mit dem neuen bayrischen SPD-Landesvorsitzenden Florian Pronold<br />

und dem Augsburger Linken Alexander Süßmair zwei weitere<br />

Vertreter im Bundestag. Beide gehören dem Bayerischen Bund für<br />

Geistesfreiheit an.<br />

Eine aktuelle Forsa-Untersuchung ergab, dass unter den Konfessionslosen<br />

DIE LINKE die beliebteste Partei ist (23 Prozent). Zu<br />

denken gibt, dass die CDU/CSU noch von 22 Prozent der Konfessionsfreien<br />

gewählt wurde. Erst auf Platz 3 erscheint die SPD<br />

(21 Prozent).<br />

Angesichts der oft prekären Lebensumstände<br />

in unserer Gesellschaft<br />

und den wirtschaftslibe<br />

ralen Ansichten der Regierungsparteien<br />

ist es nun umso<br />

wich tiger, humanistische Grundgedanken<br />

wie Solidarität, Selbstbestimmung<br />

und Toleranz hochzuhalten.<br />

Schön, wenn wir Sie<br />

liebe Leser auf diesem Weg als<br />

Mitstreiter begrüßen dürfen.<br />

Ich grüße Sie herzlich<br />

Thomas Hummitzsch<br />

4/2009 1


Der Humanistische <strong>Verband</strong> <strong>Deutschlands</strong><br />

gratuliert der Schriftstellerin Herta Müller zur<br />

Verleihung des diesjährigen<br />

Literaturnobelpreises. Herta Müllers Literatur<br />

spricht von Mut und tiefer Menschlichkeit<br />

angesichts von Diktatur und Unterdrückung,<br />

Beklemmung und Angst. Sie schreibt an gegen<br />

das Vergessen einer leidvollen Geschichte in<br />

den osteuropäischen Ländern, insbesondere in<br />

ihrem Geburtsland Rumänien.<br />

Herta Müller wurde 1953 im rumänischen<br />

Nitzkydorf geboren und studierte Germanistik<br />

und rumänische Literatur. 1979 weigerte sie<br />

sich, mit dem rumänischen Geheimdienst<br />

Securitate zusammenzuarbeiten. Ihr erster<br />

Roman Niederungen erschien in Rumänien nur<br />

in zensierter Fassung. 1987 reiste sie in die<br />

Bundesrepublik Deutschland aus. Herta Müller<br />

lebt in Berlin. Dort war sie schon mehrfach Gast<br />

auf Veranstaltungen des HVD. So nahm sie an<br />

einer Solidaritätsveranstaltung für die in ihrer<br />

Heimat Bangladesh verfolgte Schriftstellerin<br />

Taslima Nasrin teil und stellte auf einem<br />

Sonntagsforum ihren Roman „Herztier“ vor.<br />

2<br />

4/2009<br />

Bundesarbeitskreis Schule<br />

gegründet<br />

Hannover – Seit einem Jahr verfügt<br />

der HVD über eine erste weltanschauliche<br />

Schule. Der Nürnberger<br />

<strong>Verband</strong> hat in Fürth den Anfang<br />

gemacht. In Berlin ist ebenfalls ein<br />

entsprechendes Projekt in Planung<br />

und in Niedersachsen gibt es bereits<br />

Eltern, Schüler, Lehrer und<br />

sogar eine Immobilie. Einzig die<br />

Genehmigung, die derzeit durch<br />

den Bremer Senat mit bedauerlicher<br />

Verzögerung bearbeitet wird,<br />

steht noch aus. Auch in Nordrhein-<br />

Westfalen gibt es erste Ideen. Die<br />

enorm komplexe Materie zwischen<br />

Rahmenrichtlinien, Gesetzen,<br />

pädagogischer Konzeption und<br />

Finanzen ist für alle Beteiligten<br />

eine Herausforderung. Um einen<br />

besseren Fluss der Informationen<br />

zu gewährleisten, aber auch um<br />

konzeptionell ein einheitliches und<br />

schärferes humanistisches Profil zu<br />

erarbeiten, hat sich im September<br />

erstmals der Bundesarbeitskreis<br />

humanistische Schule in Hannover<br />

getroffen. Der BAK besteht aus einem<br />

jungen und innovativen Team<br />

aus den Ländern, die sich derzeit<br />

praktisch mit dem Thema Betrieb<br />

einer humanistischen Schule auseinandersetzen.<br />

Koordinator des<br />

Arbeitskreises ist der niedersächsische<br />

Landesgeschäftsführer Jürgen<br />

Steinecke. Informationen unter<br />

steinecke@humanisten.de.<br />

HVD unterstützt Petition<br />

Betreuungsrecht<br />

Berlin – Das Bundesjustizministerium<br />

hat sich im Frühjahr an den<br />

HVD gewandt mit der Bitte um<br />

Stellungnahme zur Beschlussempfehlung<br />

des Petitionsausschusses<br />

des Deutschen Bundestages zu<br />

Fragen des Betreuungsrechts im<br />

Fall des Todes des Betreuten. In einigen<br />

Landesverbänden kann der<br />

HVD auf Erfahrungen von Trauerrednern,<br />

Betreuungsvereinen, die<br />

Praxis seiner Patientenverfügungen<br />

und ambulante wie stationäre Hospizarbeit<br />

zurückgreifen. Der HVD<br />

unterstützt die Petition 16/11889<br />

und tritt für eine Erweiterung des<br />

Betreuerrechts ein. Bisher endet<br />

die Betreuung mit dem Tod des Betreuten.<br />

Diese geltende Rechtslage<br />

wird der Lebenswirklichkeit nicht<br />

immer gerecht. Mit dem Tod eines<br />

Menschen entsteht eine Vielzahl<br />

von vermögensrechtlichen Aufgaben.<br />

Hierzu gehören beispielsweise<br />

die Abmeldung beim Rentenversicherungsträger,<br />

den Energieversorgern,<br />

Kündigung der Wohnung<br />

usw. Ein Betreuer könnte diese<br />

oftmals dringenden Aufgaben erledigen.<br />

Es ist aus Sicht des HVD<br />

wünschenswert, wenn die Stellung<br />

des Betreuers gestärkt und seine<br />

Mitarbeit auch im Zusammenhang<br />

mit der erforderlichen Bestattung<br />

des Betreuten gesetzlich ermöglicht<br />

wird. Eine angemessene Aufwandsentschädigung<br />

für die Tätigkeit in<br />

diesem Zusammenhang wird für<br />

unabdingbar gehalten.<br />

Näheres unter: http://www.humanismus.de/aktuelles/hvd-unterstuetztpetition-betreuungsrecht<br />

Konfessionsfreie und<br />

Verfassungsrecht<br />

Berlin – Zu einer rechtspolitischen<br />

wissenschaftlichen Konferenz hatte<br />

die Humanistische Akademie<br />

<strong>Deutschlands</strong> am 11. und 12. September<br />

eingeladen: 90 <strong>Jahre</strong> nach<br />

Verabschiedung der Weimarer<br />

Reichsverfassung (WRV) lautete<br />

das Thema dieser Tagung daher<br />

auch „Konfessionsfreie und deutsches<br />

Verfassungsrecht.“ Hier ging<br />

es vorrangig um die sogenannten<br />

„Kirchenartikel“. Gemeint sind<br />

damit die „inkorporierten“ Artikel<br />

136 – 139 und 141 WRV, deren<br />

Bestimmungen gemäß Artikel 140<br />

GG Bestandteil des Grundgesetzes<br />

der Bundesrepublik Deutschland<br />

sind.<br />

Dr. Stefan Korioth (Professor für<br />

Öffentliches und Kirchenrecht in<br />

München) hielt das Eingangsreferat<br />

„Zur aktuellen Diskussion um<br />

eine Reform der deutschen Religionsverfassung“.<br />

Über die „Entstehung<br />

und aktuelle Bedeutung der<br />

Artikel 135 – 141 WRV“ sprach<br />

Dr. Hans Michael Heinig (Professor<br />

für Kirchen- und Staatskirchenrecht<br />

in Göttingen). Er vertrat<br />

die herrschende Meinung von Politik<br />

und brachte die parteilichen<br />

Auffassungen der Evangelischen<br />

Kirche <strong>Deutschlands</strong> (EKD) deutlich<br />

zum Ausdruck: Nichts Neues<br />

sei trotz gravierender Änderungen<br />

seit 1919 notwendig, denn das<br />

deutsche Staatskirchenrecht habe<br />

sich bewährt... Waren seinerzeit<br />

fast 100 Prozent der Deutschen<br />

Mitglied einer christlichen Amtskirche,<br />

so sind es heute nur noch<br />

gut 60 Prozent, während der Anteil<br />

der Konfessionsfreien von weniger<br />

als einem auf über 30 Prozent gestiegen<br />

ist.


Mit den „Besonderen Rechtsinteressen<br />

der Konfessionsfreien unter<br />

dem Blickwinkel von Staat und<br />

Kirche und der Religionsfreiheit“<br />

befasste sich Dr. Dr. Eric Hilgendorf<br />

(Professor für Strafrecht und<br />

Rechtstheorie in Würzburg). Hilgendorf<br />

ging auf die nach wie vor<br />

„hinkende Trennung von Staat und<br />

Kirche“ in Deutschland ein: Die<br />

Weltanschauungsgemeinschaften<br />

seien zwar seit 1919 formal den<br />

Kirchen gleichgestellt, doch in der<br />

Praxis müssten diese noch heute<br />

täglich um diese Gleichstellung<br />

kämpfen.<br />

Hilgendorf leitete daraus notwendige<br />

Änderungen ab und forderte<br />

zu einer Wiederaufnahme der Religionskritik<br />

in der Gesellschaft auf.<br />

Weitere Referenten waren Dr.<br />

Horst Groschopp und Dr. Christine<br />

Mertesdorf. Mit einer von Prof.<br />

Dr. Hero Janßen moderierten Podiumsdiskussion<br />

schloss die Tagung.<br />

Erstmals wurde eine solche Konferenz<br />

der Humanistischen Akademie<br />

<strong>Deutschlands</strong> von der Bundeszentrale<br />

für politische Bildung<br />

gefördert.<br />

HVD Berlin bedauert Gebets-<br />

Entscheidung<br />

Berlin – Auf ihrer jährlichen Mitgliedervollversammlungbedauerten<br />

die Mitglieder ausdrücklich<br />

die Entscheidung des Berliner Verwaltungsgerichts<br />

vom 29. September,<br />

dass ein muslimischer Schüler<br />

unter bestimmten Bedingungen<br />

berechtigt sei, in den Räumen<br />

der Schule seine Gebetspflicht zu<br />

erfüllen. Der HVD Berlin ist der<br />

Überzeugung, dass es für ein friedliches<br />

Zusammenleben in der Gesellschaft<br />

förderlich und notwendig<br />

ist, dass in Teilbereichen der Gesellschaft<br />

die religiös-weltanschauliche<br />

Neutralität hohes Gewicht hat. Für<br />

die Schule als Ort von Bildung,<br />

Erziehung und des Zusammenlebens<br />

gilt dies in besonderem Maße.<br />

Der HVD Berlin befürchtet, dass<br />

das Urteil des Verwaltungsgerichts<br />

Konsequenzen nach sich ziehen<br />

wird, die langfristig in der Schule<br />

zu einem Einflussbereich von Religionen<br />

führen, die weit über das<br />

Zuhörer auf der rechtspolitischen Konferenz<br />

derzeitige Modell des freiwilligen<br />

Religionsunterrichts hinausgehen.<br />

Eine Einrichtung von Gebetsräumen<br />

oder gar die Ausrichtung von<br />

Stundenplänen an Gebetszeiten,<br />

um zwei Beispiele zu nennen, würden<br />

das Recht auf negative Religionsfreiheit<br />

jedes Schülers und jeder<br />

Schülerin untergraben.<br />

Der HVD Berlin erkennt in dem<br />

konkreten Einzelfall keine Notwendigkeit,<br />

die Möglichkeit des<br />

Betens in der Schule einzuräumen.<br />

Der Koran erlaubt es ausdrücklich,<br />

Gebete zu einem späteren Zeitpunkt<br />

nachzuholen.<br />

Zugleich betont der HVD Berlin,<br />

dass er sich ausdrücklich gegen die<br />

Kräfte wendet, die diese Auseinandersetzung<br />

dazu missbrauchen, um<br />

zum Kampf gegen eine „Islamisierung“<br />

des „christlich-jüdischen“<br />

Europas aufzurufen. Der HVD<br />

erkennt die vielfältigen religiösen<br />

Orientierungen der Menschen in<br />

Deutschland aus Achtung gegenüber<br />

den Individuen an, zu deren<br />

Identität der Glauben gehört.<br />

Gleichzeitig hält es der HVD Berlin<br />

für zumutbar, dass Menschen<br />

ihre persönlichen Überzeugungen<br />

und religiösen Verpflichtungen zurückstellen,<br />

wenn Werte und Bedingungen<br />

des Zusammenlebens<br />

infrage gestellt werden. (Az. VG 3<br />

A 984.07)<br />

HVD erobert die Porta Nigra!<br />

Trier – Anlässlich von „Trier spielt!“<br />

war der HVD Rheinland-Pfalz unmittelbar<br />

am Fuße der Porta Nigra<br />

mit einem Stand vertreten. Regen<br />

Zulauf hatten die ehrenamtlichen<br />

Helfer des Standes, an dem Eltern<br />

4/2009 3


ihre Kinder schminken konnten.<br />

Die kleinen „Kunstwerke“ wurden<br />

fotografiert und anschließend in<br />

einen Layout-Rahmen des HVD<br />

eingefügt. Durch ein HVD-Transparent<br />

im Hintergrund war jedes<br />

Foto zusätzlich ein perfekter Werbeträger<br />

für den <strong>Verband</strong>. Infolge<br />

des großen Andrangs wurden auch<br />

die angebotenen Flyer und Materialien<br />

gern mitgenommen und viele<br />

interessante Gespräche geführt.<br />

Tag des Kindes<br />

Dortmund – Am Weltkindertag<br />

veranstalteten die Dortmunder<br />

Falken ihren traditionellen „Tag<br />

des Kindes“, diesmal im Revierpark<br />

Wischlingen. Die Jungen<br />

HumanistInnen Dortmund waren<br />

als Kooperationspartner mit einem<br />

eigenen Infotisch vertreten.<br />

Geworben wurde selbstverständlich<br />

für die Humanistische Jugendfeier<br />

2010. Interessierte Eltern und Kindern<br />

nahmen die Anmeldeformulare<br />

für die nächste Feier gleich mit.<br />

4<br />

4/2009<br />

Neuer Vorstand in Bielefeld<br />

Bielefeld – Nach sechsjähriger<br />

erfolgreicher Amtszeit hat Dr. Michael<br />

Niepel – auf eigenen Wunsch<br />

– den Vorsitz der Ortsgemeinschaft<br />

Bielefeld abgegeben. Auf der Mitgliederversammlung<br />

am 9. September<br />

2009 zog er Bilanz. Insbesondere<br />

lobte er die Einrichtung einer<br />

Internetseite und das Engagement<br />

für die Jugendfeier. Michael Hempel<br />

dankte im Namen der Ortsgemeinschaft<br />

Dr. Michael Niepel für<br />

seinen großen Einsatz mit einem<br />

kleinen Geschenk, auch Präsident<br />

Jürgen Springfeld hatte eine Grußbotschaft<br />

geschickt.<br />

Bei der anschließenden Wahl zum<br />

neuen Vorstand wurden jeweils<br />

einstimmig Michael Hempel zum<br />

Vorsitzenden, Gerhard Stolte zum<br />

Stellvertreter und Dr. Michael Niepel<br />

zum Kassierer gewählt. Wenn<br />

es nach den Wünschen und Ideen<br />

der Mitglieder geht, hat der neue<br />

Vorstand viel Arbeit vor sich.<br />

Nicht nur die Mitgliederzahl<br />

verdoppelt<br />

Weimar – Im September tagte<br />

erstmals der Landeshauptausschuss,<br />

das höchste Gremium des<br />

Thüringer HVD zwischen den<br />

<strong>Jahre</strong>smitgliederversammlungen.<br />

Mit dem Beitritt von Ingrid Sander<br />

aus Erfurt als 25. Mitglied hat sich<br />

die Mitgliederzahl des noch jungen<br />

Landesverbandes innerhalb von<br />

nur sechs Monaten verdoppelt.<br />

Doch nicht nur über den stetigen<br />

zahlenmäßigen Zuwachs freuen<br />

sich die Thüringer Humanisten.<br />

An erster Stelle in der insgesamt<br />

positiven Bilanz nennen sie die öffentlichkeitswirksameInteressenvertretung<br />

der Konfessionsfreien:<br />

Insbesondere das verfassungskonforme<br />

Einfordern eines Sitzes im<br />

Aufsichtsgremium für den öffentlich-rechtlichen<br />

Rundfunk, das<br />

Eintreten für weltanschaulich und<br />

religiös neutrale staatliche Schulen<br />

im Eichsfeld und die Überreichung<br />

von eigenen Wahlprüfsteinen an<br />

die demokratischen Landesparteien<br />

sowie regelmäßige Wortmeldungen<br />

zu aktuellen Ereignissen. Der Landeshauptausschuss<br />

beschloss zur<br />

Landesvorsitzender Siegfried R. Krebs begrüßt Ingrid Sander als<br />

25. Mitglied des HVD Thüringen<br />

Qualifizierung seines inhaltlichen<br />

Wirkens die Gründung einer Humanistischen<br />

Akademie Thüringen.<br />

Hierunter sollen zunächst alle<br />

eigenen Vortrags- und Bildungsveranstaltungen<br />

firmieren. Mittelfristig<br />

wird auf dieser Grundlage<br />

die Bildung eines eigenständigen<br />

gleichnamigen Vereins angestrebt.<br />

Ende September nahm auch das<br />

erste eigene ehrenamtliche Verbraucherberatungsprojekt<br />

des Thüringer<br />

HVD seine Arbeit auf. Frank<br />

Schneider aus Jena bietet hier nun<br />

regelmäßig Erstberatungen zur<br />

Energie-Effizienz an. Zu den Beratungsangeboten<br />

des Landesverbandes<br />

zählen ferner die regelmäßigen<br />

Vorträge zur Patientenverfügung<br />

von Yvonne Lautenschläger in der<br />

Region Mittelthüringen.<br />

Auch die angestrebte Zusammenarbeit<br />

mit der Jugendweihe Thüringen<br />

geht ihren Weg. Auf der Tagungsordnung<br />

einer gemeinsamen<br />

Vorstandssitzung beider Verbände<br />

am 28. November steht der Abschluss<br />

einer Kooperationsvereinbarung<br />

ganz oben.<br />

Für die Thüringer Humanisten<br />

ist es nicht zuletzt Ehrensache,<br />

Ansporn und Verpflichtung, mit<br />

ganzer Kraft den 2. Deutschen<br />

Humanistentag zu unterstützen.<br />

Diese gemeinsame Veranstaltung<br />

von HVD-Bundesverband und Jugendweihe<br />

Deutschland soll vom<br />

24. bis 26. September 2010 in<br />

Weimar stattfinden.<br />

Angriff gegen IHEU-<br />

Mitarbeiter<br />

London – In einem Brief an den<br />

nigerianischen Botschafter in<br />

Großbritannien protestierte die<br />

Präsidentin der IHEU, Sonja Eggerickx,<br />

gegen einen Angriff auf<br />

Leo Igwe.<br />

Leo Igwe arbeitet im Auftrag der<br />

IHEU mit dem Ziel, humanistische<br />

Ideen auf dem afrikanischen<br />

Kontinent zu verbreiten. In Calabar<br />

(Nigeria) organisierte er ein<br />

Symposium über Hexerei und<br />

Kinderrechte. Nach Augenzeugenberichten<br />

stürmten am 30. Juli<br />

etwa zweihundert Mitglieder der<br />

Liberty Gospel Church den Veranstaltungsort.<br />

Sie prügelten auf Leo<br />

Igwe ein und raubten ihm Tasche,<br />

Kamera und sein Handy und zerstörten<br />

seine Brille. Die Liberty<br />

Gospel Church unter der Leitung<br />

von Helen Akpabio steht unter<br />

dem Verdacht, Kinder in Prozessen<br />

der Hexerei beschuldigt zu haben.<br />

Viele dieser Kinder sind daraufhin<br />

getötet worden.


Erzieherinnen des HVD<br />

demonstrieren<br />

Berlin – Anlässlich der Haushaltsberatungen<br />

für die <strong>Jahre</strong> 2011/2012<br />

demonstrierten am 22. September<br />

insgesamt 12.000 Erzieherinnen,<br />

Eltern, Gewerkschafts- und <strong>Verband</strong>svertreter<br />

für Qualitätsverbesserungen<br />

in den Berliner Kindertagesstätten.<br />

Das Berliner Kitabündnis<br />

hatte zum Sternmarsch auf<br />

das Rote Rathaus aufgerufen. Zirka<br />

400 Mitarbeiterinnen der Kitas des<br />

Humanistischen <strong>Verband</strong>es Berlin<br />

sowie zahlreiche Eltern beteiligten<br />

sich mit ihren Kindern daran.<br />

Gemeinsam forderten die Demonstranten<br />

die politisch Verantwortlichen<br />

dazu auf, eine bessere Personalausstattung<br />

der Kindertagesstätten<br />

im Haushalt zu verankern,<br />

um Erzieherinnen und Leiterinnen<br />

in die Lage zu versetzen, ihren verantwortungsvollen<br />

Aufgaben auf<br />

der Basis des Berliner Bildungsprogrammes<br />

nachzukommen.<br />

Wahlen zum Präsidium der<br />

Humanistischen Akademie<br />

Bayern<br />

Nürnberg - Die Humanistische<br />

Akademie Bayern hat ein neues<br />

Präsidium gewählt. Dabei wurde<br />

Dr. Gerhard Engel zum Akademiepräsidenten<br />

bestimmt. Weiter<br />

wurden gewählt: Helmut Fink und<br />

Schüler schützen den Regenwald<br />

Berlin – Die Sieger des Wettbewerbs<br />

„Schüler schützen Regenwälder“<br />

2008/2009 stehen fest!<br />

Als einer der fünf besten Wettbewerbsbeiträge<br />

wurde die Arbeit<br />

einer Lebenskundegruppe aus der<br />

Homer-Europagrundschule in<br />

Berlin ausgezeichnet. Gemeinsam<br />

mit ihrer Lebenskundelehrerin<br />

Daniela Kuzma fertigten sie neben<br />

Michael Bauer (Vize-Präsidenten)<br />

sowie Klaus Riegel, Thomas Blassl,<br />

Dr. Alexander Endreß, Ulrike von<br />

Chossy (Beisitzer/innen).<br />

Die Humanistische Akademie Bayern<br />

freut sich auf neue Mitglieder.<br />

Kontakt: www.humanistische-akademie-bayern.de.<br />

Aufwind in Rheinland-Pfalz<br />

Trier – Neuer Geschäftsführer im<br />

HVD-Rheinland-Pfalz ist der 47jährige<br />

Uwe Steinbach. Der ehemalige<br />

Thüringer sieht in der Aufgabe<br />

eine große Herausforderung,<br />

gerade im Hinblick auf das kurze<br />

Bestehen des Landesverbandes und<br />

die vielen Hindernisse für religionsfreie<br />

Menschen im „schwarzen“<br />

Rheinland-Pfalz.<br />

Nach seinem naturwissenschaftlichen<br />

Studium an der Bauhaus-Uni<br />

in Weimar arbeitete er über 15 <strong>Jahre</strong><br />

als kaufmännischer Angestellter<br />

in der chemischen Industrie und<br />

war verantwortlich für den Verkauf<br />

und das Marketing. Uwe Steinbach<br />

lebt heute als alleinerziehender Vater<br />

im Raum Trier.<br />

Plakaten und Regenwaldmodellen<br />

eine umfangreiche PowerPoint-<br />

Präsentation an. Die Modelle sind<br />

zu sehen unter www.lebenskunde.<br />

de/aktionen.<br />

4/2009 5


6<br />

4/2009<br />

Daniel Nette<br />

Strahlender<br />

Sonnenschein und<br />

strahlende Gesichter<br />

beim Bundes-JuHu-<br />

Treffen in Hannover<br />

n Vom 25. bis 27. September 2009 hat in<br />

Hannover das jährliche Bundestreffen der<br />

Jungen Humanistinnen und Humanisten<br />

in Deutschland e.V. (Bundes-JuHu) stattgefunden.<br />

Es war ein Wochenende mit viel<br />

Sonnenschein, viel Spaß und vielen Ergeb-<br />

nissen. Im Laufe des Wochenendes kamen<br />

auch Vertreter des HVD zu Besuch ins Tagungshaus<br />

„Gleisdreieck“. So begrüßte der<br />

niedersächsische HVD-Präsident Prof. Dr.<br />

Hero Janßen die insgesamt 31 Teilnehmer<br />

aus den Bundes-JuHu Mitgliedsverbänden.<br />

Jürgen Steinecke, Landesgeschäftsführer<br />

des HVD Niedersachsen, und Jutta Feise,<br />

1. Vorsitzende des HVD Hannover, freuten<br />

sich, dass so viele junge Akteure der<br />

praktischen humanistischen Jugendarbeit<br />

den Weg in die Landeshauptstadt gefunden<br />

hatten.<br />

Zwischen 18 und 19.30 Uhr trafen die<br />

Teilnehmer am Freitagabend im Tagungshaus<br />

„Gleisdreieck“ ein. Nach der Zimmerverteilung<br />

gab es erst mal eine Stärkung,<br />

bevor es in die von den hannoverschen<br />

JuHus vorbereitete Kennenlernrunde ging.<br />

Nach dem Frühstück am Samstagmorgen


erichteten die im letzten Jahr gebildeten<br />

Arbeitsgruppen über ihre Ergebnisse. So<br />

wurde z.B. von der AG „Öffentlichkeitsarbeit“<br />

das Bundes-JuHu Logo in Anlehnung<br />

an das HVD Logo erstellt und eine Homepage<br />

eingerichtet. Die wieder ins Leben gerufene<br />

Bundes-AG „Jugendfeier“ berichtete<br />

über ihre Aktivitäten und das anstehende 2.<br />

Treffen in Hannover. Die AG „Internationales“<br />

konnte die Aufnahme in die IHEYO<br />

(International Humanist and Ethical Youth<br />

Organisation) als volles Mitglied mitteilen.<br />

Darüber hinaus ist die Teilnahme an<br />

der IHEYO Generalversammlung 2010 in<br />

Norwegen geplant.<br />

Nach der Mittagspause wurden Kleingruppen<br />

gebildet, die sich mit der weiteren<br />

strategischen Ausrichtung und Vernetzung<br />

von Bundes-JuHu auseinandersetzten sowie<br />

konkrete Ideen für die Arbeit des nächsten<br />

<strong>Jahre</strong>s sammelten. Der Vorstellung vieler<br />

konstruktiver Pläne, Vorschläge und Initiativen<br />

für Bundes-JuHu wohnte auch Prof.<br />

Dr. Hero Janßen bei, der sich beeindruckt<br />

und erfreut über das große Engagement<br />

des Jugendverbandes des HVD äußerte.<br />

Anschließend ging es auf eine kleine Stadterkundung.<br />

Startpunkt war das „Haus Humanitas“,<br />

in dem der niedersächsische Landesverband,<br />

das Humanistische Sozialwerk<br />

Norddeutschlands und der HVD Hannover<br />

angesiedelt sind. Von da aus ging es an der<br />

Leine entlang über die Skulpturen-Meile<br />

vorbei am Landtag zum neuen Rathaus und<br />

durch die Altstadt zum Hauptbahnhof. Als<br />

die gut gelaunte Gruppe schließlich gegen<br />

20 Uhr wieder im Gleisdreieck eintraf, war<br />

der Grill bereits vorgeheizt und bei Steaks<br />

und Würstchen wurde über die weitere Vernetzung<br />

der humanistischen Jugendarbeit<br />

diskutiert. Und natürlich gab es am Ende<br />

eines arbeitsreichen Tages noch genügend<br />

Energie für Gitarre oder Tanzfläche.<br />

Am Sonntagmorgen begann die außerordentliche<br />

Mitgliederversammlung der<br />

Jungen Humanistinnen und Humanisten.<br />

Dort wurde Andreas Henschel, Geschäftsführer<br />

der Humanisten Württemberg, der<br />

von seinem Amt im Bundes-JuHu-Vorstand<br />

zurückgetreten ist, für seine langjährige<br />

Vorstandsarbeit gedankt. Alle Teilnehmer<br />

freuen sich auf das nächste Bundestreffen<br />

in 2010 und über das Wiederbestehen eines<br />

lebendigen Bundesverbandes. l<br />

Daniel Nette ist Jugendbildungsreferent in Hannover.<br />

Julia von Staden<br />

Neue Humanistische<br />

Hosipizinitiative<br />

in Stuttgart<br />

Gemeinsames Projekt der Humanisten<br />

Württemberg und der AWO Stuttgart<br />

Stuttgart - Die Humanisten Württemberg<br />

werden als Kooperationspartner mit der<br />

Arbeiterwohlfahrt (AWO) Stuttgart bei der<br />

ambulanten Humanistischen Hospizinitiative<br />

Stuttgart mitwirken.<br />

n Ab März 2010 wird erstmals ein Kurs<br />

für ehrenamtliche Mitarbeiter zur Einführung<br />

in die Begleitung Sterbender und ihrer<br />

Angehörigen angeboten, die eine konfessionsfreie,<br />

wertoffene und humanistisch<br />

ausgerichtete Sterbebegleitung wünschen.<br />

Das Projekt wurde im September der Presse<br />

vorgestellt.<br />

Hoher Bedarf an Hospizdiensten<br />

deutschlandweit<br />

In den letzten zehn <strong>Jahre</strong>n hat sich die Zahl<br />

der durch Hospizdienste begleitet Sterbenden<br />

in Stuttgart mehr als verdoppelt. Doch<br />

laut einer Studie der Deutschen Hospiz<br />

Stiftung ist die hospizliche Versorgung, die<br />

Sterbenden ein Stück an Lebensqualität<br />

wiedergeben kann, deutschlandweit „weiterhin<br />

unbefriedigend“. Daher die klare<br />

Forderung: „Der Hospizgedanke – nämlich<br />

Selbstbestimmung und Integritätsschutz<br />

in den letzten Wochen und Monaten des<br />

Lebens – muss überall dort Einzug erhalten,<br />

wo Menschen sterben. Egal ob das zu<br />

Hause, in einem Pflegeheim oder einem<br />

Krankenhaus ist.“<br />

Dringlichkeit einer konfessionsfreien<br />

Sterbebegleitung<br />

Bisher wurden sämtliche Hospizdienste in<br />

Stuttgart von religiösen Trägern angeboten.<br />

Neben den beiden stationären Einrichtungen<br />

in kirchlicher Trägerschaft gibt es<br />

eine Vielzahl ehrenamtlicher Hospiz- und<br />

Sitzwachengruppen, die ebenfalls einem<br />

religiösen Umfeld entstammen. Dabei<br />

sind nur noch ca. 50 Prozent der Bevölkerung<br />

einer Kirche angehörig und viele<br />

Sterbende und deren Angehörige würden<br />

eine konfessionsfreie Begleitung bevorzugen.<br />

Der Geschäftsführer der Humanisten<br />

Württemberg, Andreas Henschel, erklärt<br />

die Dringlichkeit eines konfessionsfreien<br />

Hospizes auch mit dem Fehlen einer ge-<br />

Die Initiatoren: Thomas Burghoff, Gabriele Will, Friedhelm Nöh, Andreas Henschel,<br />

Christoph Keiper (v.l.n.r)<br />

4/2009 7


meinsamen Jenseitsvorstellung: „Dem Tod<br />

als Lebenskrise begegnen nicht-religiöse<br />

Menschen mit ganz anderen Bewältigungsstrategien<br />

als religiöse.“ Oftmals komme es<br />

u. a. bei religiösen Sitzwachen trotz anders<br />

lautender Übereinkunft doch dazu, dass die<br />

Ehrenamtlichen anfingen zu beten und aus<br />

der Bibel zu rezitieren. Das ist ganz klar eine<br />

Einmischung in die Selbstbestimmung und<br />

Freiheit des Einzelnen, der in dem angstbesetzten<br />

Moment des eigenen Sterbens<br />

kaum die Kraft hat, sich gegen solch eine<br />

weltanschauliche Bevormundung zu wehren.<br />

Gerade im Hinblick auf die steigende<br />

kulturelle und weltanschauliche Diversität<br />

ist die alleinige Existenz christlicher Hospizeinrichtungen<br />

einfach nicht mehr zeitgemäß.<br />

Dabei ist auch an die Bedürfnisse<br />

von ehrenamtlich Begleitenden zu denken,<br />

die selbst vielleicht gar nicht religiös sind,<br />

aber trotzdem an einer Sterbebegleitung<br />

mitwirken möchten.<br />

Die gemeinsame Hospizinitiative mit<br />

der AWO<br />

Die Humanisten Württemberg hatten<br />

schon seit <strong>Jahre</strong>n diese Lücke wahrgenommen<br />

und sich eine hospizliche Betreuung<br />

wie sie der Humanistische <strong>Verband</strong> in Berlin<br />

mit dem ambulanten Besuchs- und Hospizdienst<br />

V.I.S.I.T.E, dem stationären Hospiz<br />

„LudwigPark“ sowie einem ambulanten<br />

Kinderhospiz „Berliner Herz“ anbietet, gewünscht.<br />

Auch bei der Arbeiterwohlfahrt,<br />

die bundesweit verschiedene Dienste für<br />

ältere Menschen anbietet und in Stuttgart<br />

einen ambulanten Pflegedienst sowie drei<br />

stationäre Pflegeeinrichtungen betreibt,<br />

wurde dieser Mangel an einer Alternative<br />

zur kirchlichen Sterbebegleitung erkannt.<br />

Im vergangenen Jahr startete die AWO daher<br />

gemeinsam mit dem Deutschen Hospiz-<br />

und Palliativverband ein bundesweites<br />

Projekt zur Entwicklung einer neuen Abschiedskultur.<br />

Für den von ihnen geplanten<br />

humanistischen Hospizdienst in Stuttgart<br />

suchten sie noch einen Kooperationspartner,<br />

der sich besonders für den Part der spirituellen<br />

Begleitung, also der Vermittlung<br />

einer humanistischen Spiritualität und<br />

Weltanschauung, auszeichnet, aber auch in<br />

sonstigen Bereichen mitwirken wird. Daher<br />

haben sich die Humanisten Württemberg<br />

und die Arbeiterwohlfahrt entschlossen, in<br />

Stuttgart mit der Zielsetzung zur Schaffung<br />

eines offenen Angebots zusammen zu arbeiten.<br />

l<br />

8<br />

4/2009<br />

Eine Kita zum Staunen<br />

Kerstin Volgmann<br />

Eine Kita zum Staunen<br />

Berlin – Am 1. September 2009 eröffnete<br />

der Humanistische <strong>Verband</strong> auf der schönen<br />

Spreehalbinsel Stralau seine 23. Kita in<br />

Berlin.<br />

n Im Frühjahr 2008 schrieb das Bezirksamt<br />

Friedrichshain/Kreuzberg zwei Kitas,<br />

sozusagen im Doppelpack, zur Übernahme<br />

durch einen freien Träger aus. Dabei handelte<br />

es sich um einen Altbau auf der Halbinsel<br />

Stralau/Friedrichshain und um einen erst<br />

in der Planung befindlichen Kitaneubau in<br />

Kreuzberg. Beide Objekte waren sehr begehrt.<br />

Entsprechend groß war der Andrang<br />

bei den Informationsveranstaltungen, etwa<br />

50 bis 70 freie Träger nahmen daran teil und<br />

zeigten großes Interesse. Bis zum Frühsommer<br />

2008 musste ein innovatives pädagogisches<br />

und ein Sanierungskonzept für die<br />

Altbau-Kita eingereicht werden. Wir begriffen<br />

die Beteiligung an der Ausschreibung<br />

als große Chance, unser humanistisches<br />

Bildungskonzept weiterentwickeln zu können;<br />

unseren Anspruch, den Bedürfnissen<br />

kindlichen Lernens und einem gleichwürdigen<br />

Zusammenleben von Kindern und<br />

Erwachsenen gerecht zu werden, mit ganz<br />

neuen Ideen untersetzen zu können.<br />

Die von uns eingereichten Konzeptunterlagen<br />

überzeugten, so dass wir zu den drei<br />

Trägern gehörten, die für die 2. Stufe des<br />

Vergabeverfahrens ausgewählt worden waren.<br />

Mit der Freude wuchs die Spannung:<br />

Welche beiden anderen Träger sind ausgewählt<br />

worden? Traut man einer Humanistischen<br />

Kita in einem interkulturell geprägten<br />

Stadtbezirk konzeptionelle Akzeptanz zu?<br />

Gibt man einem Projekt des Humanistischen<br />

<strong>Verband</strong>es eine Chance in einem Sozialraum,<br />

in dem eine evangelische Kirchgemeinde<br />

sehr engagiert arbeitet. Wie werden<br />

sich die Bezirkspolitiker entscheiden?<br />

Im September 2008 fand die letzte und<br />

entscheidende Runde statt. Man gab uns<br />

– wie auch den anderen beiden Bewerbern<br />

– die Chance, innerhalb von 30 Minuten<br />

unser humanistisches pädagogisches Konzept<br />

vor einem Gremium aus Fachangestellten,<br />

Kitaleiterinnen und Elternvertretern<br />

zu verteidigen. Das Ergebnis dieser<br />

Auswahlkommission wurde im November<br />

den Bezirksverordneten mitgeteilt und als<br />

Sieger des Wettbewerbs der Humanistische<br />

<strong>Verband</strong> verkündet. Ein großer Moment<br />

für uns. Im Saal allerdings wurde es sehr<br />

unruhig. Einige Abgeordnete konnten das<br />

Ergebnis nicht fassen und zweifelten das<br />

Auswahlverfahren an. Nach einigen heftigen<br />

Diskussionen wurde das Ergebnis von<br />

der Jugendstadträtin jedoch bestätigt und<br />

der HVD endgültig als künftiger Träger der<br />

beiden Kitas verabschiedet.<br />

Seither liegt es in unserer Hand, die Skeptiker<br />

von unserer Qualität zu überzeugen.<br />

Und so begann nun eine arbeitsintensive<br />

Zeit, denn am 1. September 2009 sollte die


Kita in Stralau bereits in Betrieb gehen. Die<br />

Umbauarbeiten mussten geplant, finanziell<br />

gesichert und in kurzer Zeit umgesetzt<br />

werden. Das pädagogische Konzept war zu<br />

konkretisieren und das Personal auszuwählen<br />

und zu schulen. Es ist uns gelungen, den<br />

Eröffnungstermin am 1. September 2009<br />

zu halten. Wir alle waren mächtig stolz<br />

auf das Geleistete, denn wir hatten nicht<br />

nur die Ausschreibung gewonnen, sondern<br />

auch die geplanten Bauarbeiten in einer Rekordzeit<br />

fertig stellen können. Dieses wurde<br />

vor allem ermöglicht durch Fördermittel<br />

aus dem Investitionsprogramm des Bundes<br />

zum bedarfsgerechten Ausbau der Kindertagesbetreuung<br />

für unter dreijährige Kinder<br />

im Umfang von ca. 320.000 Euro. Es ist<br />

gelungen, ein progressives Bildungskonzept<br />

zu entwickeln, verbunden mit einem Personalkonzept,<br />

das erstmalig mehr Männer<br />

als Frauen in der Kita beschäftigt, wovon<br />

andere Kitas nur träumen.<br />

Es ist eben eine Kita zum Staunen.<br />

Alle Besucher waren im September begeistert<br />

von der Ausstattung, die entsprechend<br />

dem Konzept gestaltet wurde. Die<br />

Werkstattarbeit und somit der Forschergeist<br />

der Kinder ist zentrales Anliegen der inhalt-<br />

lichen Arbeit. Die Kita in der Bahrfeldtstraße<br />

in Stralau arbeitet nach dem pädagogischen<br />

Konzept „Werkstatt als Prinzip“, das<br />

der Entdeckerfreude, dem Experimentieren<br />

und Forschen der Kinder in den frühkindlichen<br />

<strong>Jahre</strong>n umfassend gerecht wird. Es<br />

wird ein Zusammenleben gestaltet, das<br />

von partizipativem Miteinander und einer<br />

Pädagogik geprägt ist, die der Achtsamkeit<br />

gegenüber den Kindern, aber auch<br />

verschiedener Kulturen und vielfältigen<br />

Lebensweisen Respekt und Anerkennung<br />

schenkt. Für perspektivisch 100 Kinder und<br />

ihre Familien wird es ein Bildungsort für<br />

schöpferisches, selbstbestimmtes und entdeckendes<br />

Lernen sein. Werkstätten laden<br />

ein zum selbstorganisierten freudvollen und<br />

von eigenem Interesse gezeichneten Lernen.<br />

Im Vordergrund steht nicht nur „Raum“,<br />

sondern von besonderer Bedeutung ist die<br />

Rolle der Erwachsenen sowie die Methoden<br />

und Inhalte des gesamten gemeinsamen<br />

Lernens und Lebens. Es ist eine spannende,<br />

aber auch schwierige Herausforderung, einen<br />

solchen Bildungsort zu entwickeln.<br />

Die Presse interessierte sich hauptsächlich<br />

für die vielen (Pädagogen)Männer. Für<br />

uns ist jedoch die Einheit von Rahmen-<br />

bedingungen und inhaltlicher Arbeit der<br />

PädagogInnen wichtig. Wir wollen natürlich<br />

die gegebene Chance zum genderspezifischen<br />

Arbeiten aufgreifen und sehen<br />

eine gute Verbindung zum pädagogischen<br />

Konzept. Wie sich das „Männer – Frauen<br />

– Projekt“ entwickelt und welche positiven<br />

Auswirkungen es auf die gemeinsame Arbeit<br />

haben wird, werden wir sehen. Wichtig<br />

ist, dass die ersten positiven Erfahrungen<br />

gemacht und die ersten Herausforderungen<br />

gemeistert wurden.<br />

Die zweite Kita, dann die 24. Kita des<br />

Berliner <strong>Verband</strong>es, in Kreuzberg wurde<br />

noch nicht gebaut. Wir warten schon ungeduldig<br />

auf die Planungsentwürfe der Architekten.<br />

Und es gibt noch andere Projekte, die<br />

auf uns warten. Es war uns eine Freude, die<br />

Bemühungen um ein Kita-Neubauprojekt<br />

im Land Brandenburg zu unterstützen. Der<br />

HVBB hat von der Gemeinde Fredersdorf-<br />

Vogelsdorf bereits den Zuschlag erhalten.<br />

Hier soll dem Konzept eine ökologische<br />

Orientierung gegeben werden – ein neuer<br />

Bildungsort, auch für uns! l<br />

Kerstin Volgmann ist stellvertretende Leiterin<br />

der Abteilung Kitas in Berlin.<br />

Geschafft! Nach dem Umbau in rekordverdächtiger Zeit freuen sich die Mitarbeiter auf viele neugierige Kinder. Leider noch ungewöhnlich: im<br />

Team arbeiten mehr Männer als Frauen<br />

4/2009 9


Marcel Dankwart<br />

10<br />

4/2009<br />

Die Lebenskundelehrerin Zdenka Buschova fuhr im Juni mit zwei Schülern nach Auschwitz.<br />

Für die beiden war es eine Abschlussfahrt nach zehn <strong>Jahre</strong>n Lebenskundeunterricht.<br />

Das Ziel hatten sie selbst gewählt. Zwar hatten die Jugendlichen gewusst,<br />

was auf sie zukommt, welch bleibenden Eindruck diese Reise hinterlassen würden,<br />

ahnten sie nicht.<br />

Inzwischen plädieren sie dafür,<br />

dass alle Jugendlichen einmal<br />

mit einem solchen<br />

Besuch konfrontiert<br />

werden sollten.<br />

Marcel Dankwart und Sandra Kellner erhielten vom Humanistischen <strong>Verband</strong> Berlin kleine Abschiedsgeschenke nach zehn <strong>Jahre</strong>n<br />

Lebenskundeunterricht<br />

Auschwitz – eine Reise<br />

ins Grauen<br />

Auschwitz: Massenmord, Nazis. Bekannte<br />

Assoziationen. Seit wir in der Schule etwas<br />

über dieses Konzentrationslager erfuhren,<br />

verspürte ich den Drang, diesen Ort des<br />

Grauens einmal persönlich zu sehen.<br />

n Am Endes des letzten Schuljahres war es<br />

dann so weit. Mein Kurskameradin Sandra<br />

Kellner, Frau Buschová und ich machten<br />

uns in dem kleinen Pkw auf den Weg nach<br />

Oswiecim. Nach ungefähr 8 Stunden Fahrt<br />

fuhren wir durch den kleinen Ort und dann<br />

waren da neben uns auf einmal diese Mauern<br />

mit den Wachtürmen. Ich bekam schon<br />

ein wenig Furcht, als ich das sah und verschwand<br />

in meinen Gedanken.<br />

Dann fanden wir unser Hotel. Es sah<br />

sehr freundlich aus, genauso wie das Personal<br />

sehr freundlich und die Zimmer<br />

ebenfalls angenehm gestaltet waren. Dann<br />

neigte sich auch schon der erste Tag seinem<br />

Ende.<br />

Der zweite Tag brach an und wir begaben<br />

uns zum Frühstück und besprachen<br />

noch einmal, wie wir den Tag nun ablaufen<br />

lassen. Wir fuhren daraufhin in das<br />

Konzentrationslager Auschwitz I, wo mich<br />

schon der erste Schlag traf, weil das einfach<br />

so unmenschlich von außen aussah. Dann<br />

bekamen wir eine englischsprachige Füh-<br />

rung für uns drei. Schließlich passierten wir<br />

dieses bekannte Tor mit der Aufschrift „Arbeit<br />

macht frei“, dies lies einen noch mulmiger<br />

werden, alles war in Reihe und Glied<br />

aufgebaut. Dann erzählte man uns von den<br />

Machenschaften der Nationalsozialisten in<br />

dieser Hölle.<br />

Dann begaben wir uns in die Häuser,<br />

wo ich jetzt nur wenige Beispiele bringen<br />

werde, da man dieses Grauen gar nicht in<br />

Worte fassen kann.<br />

Zum einen gab es eine Etage, wo zwei<br />

Tonnen Frauenhaare gesammelt wurden.<br />

Ich habe noch nie solch eine Menge an<br />

Haaren gesehen und der Geruch dazu war<br />

so schrecklich wie jedes einzelne Schicksal<br />

hinter einem Haarbüschel. Man kam dann<br />

in einen Raum, wo 80 000 Schuhe gelagert


wurden und daneben noch ein erheblicher<br />

Stapel mit Babyschuhen lag. Man wusste<br />

einfach, dass hinter jedem Paar ein toter<br />

Mensch steckt. Das war sehr ergreifend und<br />

fast jeder kam weinend aus dieser Etage.<br />

Dann begaben wir uns in den Todestrakt,<br />

wo Menschen unter bestialischen Bedingungen<br />

gehalten wurden; und wir kamen<br />

an die Mauer, wo abertausende Menschen<br />

hingerichtet wurden. Abschließend besichtigten<br />

wir noch die Krematorien. Diese<br />

Räume haben mich persönlich sehr getroffen.<br />

Wissen Sie, wie man sich fühlt, wenn<br />

man in einer Gaskammer steht und weiß,<br />

dass mehrere hunderttausend Menschen<br />

darin umgekommen sind und dann in den<br />

Nebenraum geht, wo sich die Brennöfen<br />

befinden? Ich kann dieses Gefühl nicht beschreiben.<br />

Dann gab es für uns etwas Pause, bevor<br />

es nach Auschwitz II – Birkenau ging. Diese<br />

Massenmörderanstalt war wirklich das<br />

bisher eindrucksvollste, was ich je gesehen<br />

habe. Man stellt sich auf einen Aussichtsturm,<br />

wo damals die Lagerleitung gesessen<br />

hat, blickt in die Ferne und man sieht<br />

kein Ende dieser abgerissenen Baracken.<br />

Schließlich wurden wir auf dem Gelände<br />

umhergeführt. 200 Menschen hatten 20<br />

bis 40 Sekunden für ihren Toilettengang,<br />

sie wurden zu zehnt oder noch mehr in ein<br />

dreistöckiges Bett gestopft und mit Befehlen<br />

unter Druck gesetzt. Das wirkte alles<br />

wie ein Stall. Und dann noch diese Seen, die<br />

künstlich angelegt wurden, um die Asche<br />

darin zu deponieren und man diese immer<br />

noch sieht. Verstehen Sie nun, warum man<br />

da sprachlos rauskommt und erst mal verarbeiten<br />

muss, eh man wieder mit dem Leben<br />

konfrontiert werden will? Ich habe wirklich<br />

noch nie etwas Schlimmeres gesehen. Ich<br />

empfehle dies jedem Menschen. Dieses<br />

Grauen menschlicher Herkunft sollte jeder<br />

einmal gesehen und dieses Gefühlschaos<br />

durchlebt haben. l<br />

4/2009 11


12<br />

4/2009


Menschen im Diesseits<br />

Herbert Steffen, Ex-Unternehmer<br />

und Mitbegründer der Giordano-<br />

Bruno-Stiftung in Mastershausen,<br />

hat die säkular-humanistische<br />

Bewegung im deutschsprachigen<br />

Raum vorangebracht wie kaum<br />

ein anderer. Als kleiner Junge im<br />

katholischen Internat erzogen und,<br />

wie er selbst sagt, „ein fanatischer<br />

Gläubiger“ – bis ihm religionsinhärente<br />

Widersprüche aufstießen.<br />

Beruflich war er bis zum 61. Le-<br />

bensjahr Möbelfabrikant, verkaufte<br />

das Unternehmen dann an der Börse<br />

und widmete sich der Unterstützung<br />

von Karlheinz Deschner und<br />

dessen Religionskritik.<br />

Seit einigen <strong>Jahre</strong>n, im September<br />

zum 40. Mal, lädt Herbert Steffen<br />

zu gut besuchten wissenschaftlichen<br />

und humanistischen Matineen<br />

in sein Haus am See. Diesseits<br />

wünscht alles Gute zum 75. Geburtstag!<br />

Langjährige diesseits-Leser wissen, dass Sie immer ein<br />

besonderer literarischer Höhepunkt erwartet, wenn der<br />

Name Ralf Bachmann im Inhaltsverzeichnis steht. Das<br />

war in den letzten 16 <strong>Jahre</strong>n genau 47 mal der Fall.<br />

Ohne Übertreibung kann man damit sagen, dass Ralf<br />

Bachmann das Bild unserer Zeitschrift wesentlich geprägt<br />

hat. Ob es um atheistische Poesie, Reisenotizen,<br />

Sprachglossen, um eigene schmerzliche Erinnerungen<br />

an die verfolgte jüdische Familie oder augenzwinkernde<br />

Berichte aus der Zeit als ADN-Korrespondent in Bonn<br />

geht – Bachmanns Texte sind sorgfältig recherchiert und<br />

lesen sich wunderbar. Am <strong>Jahre</strong>sende wird Ralf Bachmann<br />

80 <strong>Jahre</strong> alt. Dazu gratuliert ihm die Redaktion<br />

ganz herzlich. Dass er nicht daran denkt, mit dem<br />

Schreiben aufzuhören, sehen Sie in diesem (S. 32) und<br />

hoffentlich noch vielen folgenden Heften. Wer sich für<br />

Einsichten aus seinen mehr als 60 <strong>Jahre</strong>n als Journalist<br />

interessiert, hat dazu am 2. Dezember 2009 im Berliner<br />

Café Sibylle, Karl-Marx-Allee 72, (Kartentelefon 030<br />

61390410) Gelegenheit. Ralf Bachmann liest dort aus<br />

seiner neuen Veröffentlichung „Ich habe alles doppelt<br />

gesehen – Bilanz eines Journalistenlebens“. Der Autor<br />

spielt nach eigener Beteuerung mit dem Titel nicht auf<br />

den zu häufigen Genuss hochprozentiger Getränke an.<br />

Vielmehr geht es um veränderte Ein- und Ansichten<br />

durch politische Wechsel und Zunahme von Lebensjahren.<br />

Und schließlich geht es um die Sichtweise als<br />

Deutscher und als Jude, die nicht immer deckungsgleich<br />

sein kann.<br />

Die Chansonwerkstatt<br />

Potsdam hat ein<br />

musikalisches „Ostpaket“<br />

gepackt, zwar nicht mit<br />

Waschpulver, dafür aber<br />

mit jeder Menge Liedern,<br />

die sich gewaschen haben!<br />

Für das aktuelle DDR-<br />

Programm interpretiert<br />

die Chansonwerkstatt<br />

Lieder aus 40 <strong>Jahre</strong>n<br />

ostdeutscher Geschichte.<br />

Als Sängerin und<br />

Kabarettistin mit<br />

auf Tour in Berlin,<br />

Brandenburg und<br />

Thüringen ist Silvana<br />

Uhlrich, Präsidentin der<br />

International Humanist<br />

and Ethical Youth<br />

Organisation (IHEYO).<br />

Kontakt:<br />

chansonwerkstatt@web.de<br />

Das Ostpaket – <strong>Wende</strong>kinder<br />

packen aus!<br />

13


14<br />

4/2009


Werner Schultz<br />

n Der Humanistische <strong>Verband</strong> Berlin zählt<br />

heute über 4.000 Mitglieder, 800 Ehrenamtliche<br />

und fast 1.000 hauptamtliche<br />

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. 50.000<br />

Schülerinnen und Schüler besuchen den<br />

Lebenskundeunterricht, 2.100 Kinder gehen<br />

in 23 Kindertagesstätten des <strong>Verband</strong>es<br />

erste Schritte in ein Leben in Selbstbestimmung<br />

und Verantwortung, also den Grundlagen<br />

unseres praktischen Humanismus.<br />

1.500 Jugendliche haben sich in diesem Jahr<br />

für die Jugendfeier angemeldet. Und in vielen<br />

sozialen Projekten des <strong>Verband</strong>es, von<br />

der Schwangerschaftsberatung bis zu den<br />

Hospizen, erleben viele Berlinerinnen und<br />

Berliner, dass Humanismus auch Solidarität<br />

und Hilfe in schwierigen Lebenslagen<br />

bedeutet. Das alles ist erst in den letzten<br />

zwanzig <strong>Jahre</strong>n entwickelt worden.<br />

Anfänge des praktischen Humanismus<br />

Vergegenwärtigen wir uns, wie es rund um<br />

das Jahr 1989 war. In West-Berlin hatte sich<br />

der „Deutsche Freidenker-<strong>Verband</strong>“ aus der<br />

immer sektiererischer werdenden internationalen<br />

Freidenkerbewegung entfernt und<br />

sich der sehr viel größeren „Internationalen<br />

Humanistischen und Ethischen Union“,<br />

der IHEU, zugewandt. Der Hintergrund<br />

dafür lag in der Erfahrung, dass Religionen<br />

und speziell auch die Kirchen nicht mehr<br />

das zentrale Feindbild abgeben konnten,<br />

das es zu überwinden galt, um endlich das<br />

Zeitalter von Vernunft und Wissenschaft<br />

auferstehen zu lassen.<br />

Dagegen beeindruckten uns als organisierte<br />

Konfessionsfreie in West-Berlin die<br />

praktischen Erfahrungen der starken humanistischen<br />

Verbände in Holland, Belgien,<br />

Norwegen oder Frankreich. Diese haben<br />

zwar die Religionskritik und die Kritik an<br />

den Anmaßungen der Kirchen nie vergessen,<br />

aber sie legten ihren Arbeitsschwerpunkt<br />

auf eine selbstbewusste Interessenver-<br />

TITEl<br />

20 <strong>Jahre</strong> Mauerfall –<br />

Wo steht der HVD heute?<br />

Wenn wir auf die vergangenen zwanzig <strong>Jahre</strong> unseres <strong>Verband</strong>es zurückblicken, dann<br />

können wir von einer großen Erfolgsgeschichte sprechen. Die <strong>Wende</strong> hat dem organisierten<br />

Humanismus zu einem großen Auftrieb verholfen. Exemplarisch steht dafür der landesverband<br />

Berlin. An der Nahtstelle zweier Systeme trafen Konfessionslose aufeinander, die,<br />

kamen sie aus dem Westen, kampfeslustig gegen die Kirche zu Felde zogen. Den Menschen<br />

aus dem Osten war die Kirche größtenteils herzlich egal, sie hatten keine schlechten Erfahrungen,<br />

sie bot ihnen kein Feindbild. lassen wir noch einmal Revue passieren.<br />

tretung und auf die Schaffung praktischer<br />

Angebote für Konfessionslose.<br />

In diesen Angeboten nahm praktischer<br />

Humanismus eine greifbare Gestalt an und<br />

wurde damit auch außerhalb enger Zirkel<br />

meinungsfreudiger Menschen attraktiv.<br />

Sie boten, wie auch wir in Berlin, humanistischen<br />

Schulunterricht als Alternative<br />

zum Religionsunterricht an. Insbesondere<br />

beeindruckte uns das Berufsbild des Humanistischen<br />

Beraters. Diese arbeiten in<br />

Krankenhäusern, Gefängnissen, sozialen<br />

Einrichtungen (und, für uns erst einmal<br />

befremdlich, auch als Beraterinnen und Berater<br />

von Soldaten in der Armee) – sie taten<br />

das, was Pfarrer und Priester über eine lange<br />

Zeit als ihre exklusive Domäne angesehen<br />

haben.<br />

Überraschungsgründung DDR-<br />

Freidenker<br />

Zu gleicher Zeit wurde in der DDR der<br />

„<strong>Verband</strong> der Freidenker“ (VdF) aktiv. Es<br />

war für viele Menschen, besonders für die<br />

im Westen, überraschend, dass eine neue<br />

starke Mitgliederorganisation in der DDR<br />

ins Leben gerufen wurde. Große Hoffnungen<br />

auf neue Freiheiten und offene Diskussionen<br />

verbanden sich mit einer solchen<br />

Gründung. Verwunderlich war diese neue<br />

Organisation deshalb, weil die Parteiführung<br />

jahrzehntelang davon ausgegangen<br />

war, die DDR brauche keine Freidenker<br />

mehr, da ihr Staat säkular sei und Aufklärung<br />

und Wissenschaft in diesem Land gesiegt<br />

hätten.<br />

Der Präsident des Humanistischen <strong>Verband</strong>es,<br />

Horst Groschopp, hat das so formuliert:<br />

„Viele Freidenker der 1920er-<strong>Jahre</strong>,<br />

Kommunisten wie Sozialdemokraten,<br />

fanden sich nach dem Zweiten Weltkrieg<br />

in der SED wieder und kamen auch zu einigem<br />

Einfluss bei der formalen Verstaatlichung<br />

und Einvernahme freidenkerischer<br />

Ideen und Institutionen für die DDR. Ein<br />

eigener Freidenker-<strong>Verband</strong> wurde nicht<br />

gebraucht – und was hätte da freies Denken<br />

bedeutet? Erst als sich eine politische<br />

Opposition in Kirchen zu entfalten begann,<br />

erinnerten sich einige ältere Funktionäre an<br />

den Kirchenkampf der proletarischen Freidenker<br />

um 1930. Das fiel nun zusammen<br />

– und das dürfen wir nicht vergessen – mit<br />

Reformvorstellungen innerhalb und außerhalb<br />

der SED, wo einige kundige Leute freidenkerische<br />

Ambitionen bekamen. – Dass<br />

sie diese bekamen, lag in den Verhältnissen<br />

in der DDR selbst begründet: Die Kirchen<br />

waren für die 20 Prozent Gläubigen zuständig<br />

und der Staat für die 80 Prozent Konfessionslosen.<br />

Doch bekanntlich haben auch<br />

Ungläubige Bedürfnisse nach einer freien<br />

Tätigkeit und Selbstorganisation, wie sie ein<br />

Staat als Staatsgewalt niemals zu befriedigen<br />

vermag.“<br />

Der Stasi-Befehl<br />

Aus diesen ambivalenten Überlegungen heraus<br />

wurden die Freidenker der DDR 1989<br />

„von oben“ offiziell gegründet und konnten<br />

schnell eine große Zahl an Mitgliedern<br />

vorweisen. Im Westen wusste man zunächst<br />

4/2009 15


16<br />

Brief des Deutschen Freidenker-<br />

<strong>Verband</strong>es (Sitz Berlin e.V.) an<br />

den <strong>Verband</strong> der Freidenker der<br />

DDR vom 11. Oktober 1989:<br />

Sehr geehrter Herr Prof. Klein,<br />

mit besonderer Aufmerksamkeit verfolgt<br />

der Freidenker-<strong>Verband</strong> e. V. Sitz Berlin<br />

zur Zeit die Berichterstattung in den Medien<br />

zur Entwicklung einer gesellschaftlichen<br />

Oppositionsbewegung in der DDR.<br />

Die Forderung vieler Menschen nach mehr<br />

Freizügigkeit, nach mehr Demokratie,<br />

Meinungs- und Bewegungsfreiheit, nach<br />

mehr Freiheit überhaupt und der Ruf „wir<br />

bleiben hier“ ist unüberhörbar wie auch<br />

das Singen der „Internationale“ auf den<br />

Demonstrationen in Leipzig. Die Gründung<br />

oppositioneller Zusammenschlüsse<br />

wie dem „Neuen Forum“ und anderen unter<br />

dem Dach der Kirche wirft Fragen auf,<br />

warum es dem <strong>Verband</strong> der Freidenker<br />

nicht gelingt, sich aktiv und konstruktiv<br />

in diese gesellschaftspolitischen Veränderungsprozesse<br />

und Auseinandersetzungen<br />

einzumischen und wieso es den Kirchen<br />

gelingt, diese Protestbewegung zu sammeln<br />

und sich als moralische Instanz in der<br />

Diskussion und zum Staat zu profilieren?<br />

Wenn wir von einer Freidenkerbewegung<br />

ausgehen, die die Verwirklichung eines<br />

freiheitlichen und demokratischen Sozialismus<br />

als eine wesentliche Voraussetzung<br />

einer humanistischen Lebensgestaltung<br />

ansieht, so ist es uns unverständlich, warum<br />

der <strong>Verband</strong> der Freidenker der DDR<br />

in dieser Frage bisher öffentlich sprachlos<br />

blieb.<br />

Wir würden uns wünschen, dass der <strong>Verband</strong><br />

der Freidenker der DDR sich am<br />

Prozess der Erneuerung aktiv und erfolgreich<br />

beteiligt, er sich auf allen gesellschaftlichen<br />

Ebenen der DDR aktiv einmischt,<br />

um seine humanistische und weltliche<br />

Alternative einzubringen. Wir hielten es<br />

für skandalös, wenn der <strong>Verband</strong> der Freidenker<br />

vor allem nach den Ereignissen der<br />

letzten Tage in Berlin, Leipzig und Dresden<br />

schweigen würde und die Rufe nach<br />

Freiheit und Demokratie, nach Glasnost<br />

und Perestroika in der DDR von ihm ungehört<br />

blieben. Dies muss Sache der Freidenker<br />

sein und nicht nur der Kirche!<br />

Wir fordern Euch auf zur öffentlichen Einmischung<br />

in die Angelegenheiten Eures<br />

Landes getreu den Zielen eines freiheitlichen<br />

und sozialistischen Humanismus in<br />

der Freidenkerbewegung. Wir wünschen<br />

Euch dabei viel Erfolg.<br />

Mit solidarischen Freidenkergrüßen<br />

Gerald Betz<br />

(Vorsitzender)<br />

4/2009<br />

nicht so richtig, wie das einzuschätzen sei,<br />

aber natürlich war man voller Hoffnung<br />

auf die neue Organisation mit ihrem großen<br />

Namen.<br />

Als einer der ersten besuchte den <strong>Verband</strong><br />

in Ost-Berlin Rob Tielman aus den<br />

Niederlanden. Er war damals der Weltvorsitzende<br />

der IHEU. Zurück kam er sichtlich<br />

beeindruckt. In den Gesprächen wurde ihm<br />

versichert, die Ideale der Freidenker und des<br />

Humanismus prägen den neuen <strong>Verband</strong><br />

und man verstehe sich als Teil der Modernisierung<br />

der sozialistischen Gesellschaft.<br />

Nur – erzählte er damals nach einigem<br />

Zögern – er sei schon einige <strong>Jahre</strong> Vorsitzender<br />

der IHEU und kenne säkulare Verbände<br />

überall in der Welt, aber so etwas habe er<br />

noch nicht gesehen. Die Freidenker hätten<br />

eine hervorragend ausgestattete Büroetage,<br />

einen Vorstand mit vielen Professoren<br />

und ca. 80 Hauptamtliche. Jetzt, sagte man<br />

ihm, würden die ersten Mitglieder aufgenommen.<br />

Rob Tielman hatte die andere Seite kennengelernt,<br />

die dann später am runden Tisch<br />

aufgedeckt wurde und auch niemanden so<br />

richtig verwundert hatte. Der Freidenkerverband<br />

der DDR wurde auf Anweisung der<br />

SED-Führung mit Hilfe der Staatssicherheit<br />

aufgebaut. Dieser Befehl kam den Kirchen<br />

nicht ungelegen. Sie erkannten schnell seine<br />

Nützlichkeit. Schließlich saßen die DDR-<br />

Freidenker bis zu Pfarrer Gaucks Rostocker<br />

Enthüllungen mit am Runden Tisch. Die<br />

Freidenker haben sich von diesem Schlag<br />

nie wieder erholt.<br />

Forderung nach klarem Schnitt<br />

Es ist müßig zu überlegen, was aus dem „<strong>Verband</strong><br />

der Freidenker“ hätte werden können,<br />

wenn er die Zeit bekommen hätte, sich von<br />

seiner verdeckten Gründung zu emanzipieren.<br />

Wenn er eine Gemeinschaft des freien<br />

Denkens, der Ideologiekritik und des vernünftigen<br />

Arguments geworden wäre – und<br />

einige Zeichen im Frühjahr bis zum Herbst<br />

1990 sprechen durchaus dafür. Der Staat<br />

DDR aber brach zusammen und die DDR-<br />

Freidenker hatten zu diesem Zeitpunkt nur<br />

wenige Monate bestanden. Der Stasi-Befehl<br />

lastete auf der jungen Organisation wie ein<br />

Mühlstein und Kirchen und Konservative<br />

transportierten diesen Fakt ständig neu in<br />

die Medien, während sie selbst dafür sorgten,<br />

den Kirchen Geschäfts- und Missionsfelder<br />

und entsprechende Gesetzlichkeiten<br />

zu schaffen.<br />

Der West-Berliner Freidenker-<strong>Verband</strong><br />

sah sich gezwungen, einen sehr weitgehenden<br />

Schritt zu gehen: Er forderte die Freidenker<br />

der DDR auf, sich aufzulösen, um<br />

einen klaren Schnitt gegenüber der Gründungsgeschichte<br />

vorzunehmen. Im Osten<br />

dagegen sahen viele darin bloß die damals<br />

übliche Übernahme durch Westverbände.<br />

Im Nachhinein bleiben also viele Fragen.<br />

Es war nicht die Zeit des langen Nachdenkens<br />

und der einfühlsamen Dialoge über<br />

Erfahrungen und soziale Chancen in sehr<br />

unterschiedlichen gesellschaftlichen Systemen.<br />

Es kam zu heftigen und verletzenden<br />

Auseinandersetzungen, an die sich einige<br />

von uns noch heute ungern erinnern – auch<br />

wenn wohl alle ahnen, dass das Verdrängen<br />

der unausgetragenen Konflikte und der damit<br />

verbundenen Schuldverhältnisse keine<br />

Lösung sein kann.<br />

Im Ergebnis führte dieser Prozess zu<br />

einer Auflösung des Ost-Berliner Freidenkerverbandes<br />

und zum Eintritt von Einzelpersonen<br />

in den West-Berliner <strong>Verband</strong>.<br />

Der <strong>Verband</strong> der Freidenker der DDR ging<br />

einen anderen Weg. Sein Kern vereinigte<br />

sich mit dem zweiten Freidenkerverband<br />

in Westdeutschland, der bis heute stark von<br />

kommunistischen Funktionären dominiert<br />

wird. Andere kamen in Ostdeutschland<br />

zum späteren HVD oder gingen zum<br />

Jugendweihe-<strong>Verband</strong>. Aber die meisten<br />

Mitglieder des Freidenker-<strong>Verband</strong>es der<br />

DDR – und das ist das eigentlich Tragische<br />

– wurden in diesen Auseinandersetzungen<br />

abgeschreckt und verließen einfach<br />

den <strong>Verband</strong>, ohne sich anderswo wieder<br />

zu organisieren.<br />

Es gab damals auch etwas, womit die<br />

meisten nicht gerechnet hatten. Der<br />

Atheismus in Ost und West war sehr unterschiedlich.<br />

Waren die meisten Atheistinnen<br />

und Atheisten im Westen einmal<br />

selbst Kirchenmitglieder gewesen und<br />

hatten unter Protest dieser Institution den<br />

Rücken gekehrt, so war in Ostdeutschland<br />

ein Volksatheismus entstanden, der sich<br />

ganz anders äußerte. Ein schönes Beispiel<br />

dafür war eine Befragung von Jugendlichen<br />

vor dem Leipziger Hauptbahnhof: Auf die<br />

Frage einer Reporterin nach ihrem Glauben<br />

antworteten sie nach einigem Zögern:<br />

„Glauben tun wir eigentlich nichts. Wir<br />

sind eher normal.“<br />

„Es fehlt uns heute noch die historische<br />

Forschung zu den Fragen, was in den <strong>Jahre</strong>n<br />

zwischen 1988 und 1993 in Ost und West


geschah. In ,Humanismus aktuell‘ Heft 20<br />

finden sich zwar schon einige erste Überlegungen.<br />

Doch das ist zu wenig für so einen<br />

großen <strong>Verband</strong> wie den unseren. Denn<br />

es dominiert in der Öffentlichkeit immer<br />

noch die Theologen- und Kirchensicht auf<br />

alles, was atheistisch war und ist – mehr oder<br />

minder sinnfällig unterfüttert von einer<br />

problematischen, von keiner historischen<br />

Erfahrung getragenen Konstruktion, dergemäß<br />

nur kirchlich organisierte Religiosität<br />

vor der Attraktivität der Totalitarismen für<br />

die wankelmütigen Massen schützen könne“,<br />

so Horst Groschopp.<br />

Zwei Erfolge im Jahr 2009<br />

Zur Analyse, die noch zu leisten sein wird,<br />

gehört auch, was ab 1989 in West- und<br />

dann in ganz Berlin in den Praxisfeldern<br />

des HVD geschah und warum der Aufbau<br />

unserer humanistischen Praxis insgesamt so<br />

erfolgreich verlief. Denn in Berlin gelang<br />

ein Zusammenwachsen. Es ist sicherlich<br />

kein Zufall, dass auch von hier aus die Initiative<br />

für einen Zusammenschluss auf Bundesebene<br />

ausging.<br />

1993 vereinigten sich verschiedene säkulare<br />

Gruppen zum Humanistischen<br />

<strong>Verband</strong> <strong>Deutschlands</strong>. Der neue <strong>Verband</strong><br />

trat der IHEU bei und spielte eine wichtige<br />

Rolle bei der Gründung unserer europäischen<br />

Interessenvertretung, der „Europäischen<br />

Humanistischen Föderation“ (EHF)<br />

in Brüssel. Dass der Verfassungsentwurf<br />

für die Europäische Union in der Präambel<br />

keinen Bezug auf Gott hat, ist zu einem<br />

Teil auch ein Erfolg dieses humanistischen<br />

Dachverbandes.<br />

Um auch zukünftig erfolgreich zu sein,<br />

müssen wir unsere Praxisfelder weiter ausbauen<br />

und darin unser humanistisches Profil<br />

schärfen. Die Humanistische Beratung<br />

steckt noch in den Kinderschuhen und<br />

sollte wie in Holland oder Belgien institutionalisiert<br />

werden. Der Gedanke von humanistischen<br />

Kulturhäusern in der Stadt wird<br />

hoffentlich bald zu praktischen Projekten<br />

führen. Und die große Aufgabe des Zusammenschlusses<br />

der Verbände in Berlin und<br />

Brandenburg liegt unmittelbar vor uns.<br />

Abschließen möchte ich mit einem<br />

Rückblick auf zwei besondere Erfolge des<br />

Humanistischen <strong>Verband</strong>es in diesem Jahr:<br />

Das eine ist die Auseinandersetzung mit<br />

den Kirchen und insbesondere der CDU<br />

um den Ethikunterricht in Berlin. Obwohl<br />

der <strong>Verband</strong> seinen eigenen Lebenskun-<br />

4/2009 17


18<br />

4/2009


deunterricht in der Schule anbietet und<br />

bei einem Sieg der Kirchen sehr viel mehr<br />

Geld und Statusveränderung erhalten hätte<br />

– Lebenskunde wäre dann ein staatliches<br />

Fach geworden – obwohl also diese Verlockungen<br />

vor uns ausgebreitet wurden, der<br />

Humanistische <strong>Verband</strong> ist seiner Position<br />

der Trennung von Staat und Religion treu<br />

geblieben. Die in Berlin erreichte Trennung<br />

von Schule und freiwilligem Religions- und<br />

Lebenskundeunterricht ist die weitgehendste<br />

in ganz Deutschland – wir wollten sie<br />

verteidigen.<br />

Unser <strong>Verband</strong> hat seine ganze Kraft<br />

in diese Auseinandersetzung gesteckt. Wir<br />

haben gewonnen, das Quorum von 25<br />

Prozent wurde von den Kirchen weit verfehlt<br />

und – womit niemand gerechnet hat –<br />

selbst bei den abgegebenen Stimmen hatten<br />

die Nein-Stimmen die Mehrheit. Das war<br />

ein historischer Erfolg.<br />

Ich möchte ihn allerdings unter einem<br />

strategischen Gesichtspunkt einordnen.<br />

Hätten die Atheisten und Humanisten alleine<br />

gekämpft, wäre es sehr schwer geworden.<br />

Der Erfolg basierte auf einem breiten<br />

Bündnis von Parteien, Gewerkschaften und<br />

religiösen Gruppen. Gerade mit ihnen zusammen<br />

wurde die Trennung von Staat und<br />

Religion in Berlin verteidigt! Ich denke, wir<br />

sollten auch für zukünftige Konflikte diese<br />

Bündnisfähigkeit des Humanistischen <strong>Verband</strong>es<br />

ausbauen und stärken.<br />

Der zweite Erfolg liegt in der Abstimmung<br />

des deutschen Bundestags zur Patientenverfügung.<br />

Seit etwa zwanzig <strong>Jahre</strong>n<br />

haben wir darauf hingearbeitet, dass die<br />

Selbstbestimmung der Menschen auch am<br />

Lebensende anerkannt wird. Jetzt haben wir<br />

es ein wichtiges Stück weit geschafft. Es gilt<br />

ab jetzt, laut Gesetz, der Wille des Patienten<br />

oder der Patientin, wie er in einer Verfügung<br />

festgelegt wurde. Auch hier scheue ich<br />

mich nicht, von einem historischen Erfolg<br />

zu sprechen.<br />

Der Humanistische <strong>Verband</strong> hat gezeigt,<br />

was er langfristig und aktuell erreichen<br />

kann. Darauf dürfen wir mit Recht stolz<br />

sein – aber wir werden uns nicht darauf ausruhen!<br />

l<br />

Werner Schultz ist Bildungsreferent im HVD<br />

Berlin.<br />

4/2009 19


Mauerbild<br />

2009


eINblIcke<br />

Spendenprojekt für 2009:<br />

Hilfe für Indiens<br />

„Unberührbare“<br />

Wollen Sie sich in einem konkreten Projekt<br />

für Humanismus und Aufklärung in der<br />

Welt einsetzen? Dann werden Sie mit dem<br />

Humanistischen Hilfswerk Pate bzw. Patin<br />

eines indischen Dalit-Dorfes!<br />

Worum geht es?<br />

„Dalit“ ist die Bezeichnung für die früher<br />

als Unberührbare bekannten Ausgestoßenen<br />

der indischen Gesellschaft. Nach wie<br />

vor werden ihnen grundlegende Chancen<br />

vorenthalten. Diese Diskriminierung betrifft<br />

alle Aspekte des Alltags: Gesundheitswesen,<br />

Unterkunft, Bildung, Arbeit, Eheschließung,<br />

soziale Teilhabe. Die meisten<br />

Dalits haben keinerlei Aussicht, aus der<br />

kastenbedingten Diskriminierung auszubrechen.<br />

Mehrere Millionen Dalits leben<br />

in Schuldknechtschaft. Das Leid der Dalits<br />

ist ein eklatantes Beispiel für die Verletzung<br />

von Menschenrechten.<br />

Der größte Anteil der Dalits lebt in<br />

Indien, einem Land, in dem Hinduismus<br />

und Kastenwesen seit Alters her mit der<br />

zweifelhaften Praktik der Unberührbarkeit<br />

verknüpft sind. Indien hat die Unberührbarkeit<br />

zwar offiziell abgeschafft, doch es<br />

mangelt noch an der Umsetzung im Alltag.<br />

Diese Menschen sind willkommene Opfer<br />

religiöser Missionare aller Art. Ungezügelter<br />

Aberglaube und bittere Armut sind Kennzeichen<br />

der meisten Dalit-Gemeinden.<br />

22<br />

4/2009<br />

Was kann dagegen getan werden?<br />

Historisch und soziologisch ist das Problem<br />

religiösen Ursprungs. Im Gegensatz zu<br />

jenseitig orientierten Religionen kann ein<br />

lebensbejahender Humanismus die Dalit-<br />

Gemeinden in ein menschenwürdiges Dasein<br />

zurückführen. Die Hilfe für die Dalits<br />

ist daher ein durch und durch „humanistisches“<br />

Projekt!<br />

Als Berater bei den Vereinten Nationen<br />

und über informelle Kontakte versucht die<br />

Internationale Humanistische und Ethische<br />

Union (IHEU), die internationale Gemeinschaft<br />

auf das fortgesetzte Elend der Dalits<br />

aufmerksam zu machen. Ihr gehört auch<br />

der Humanistische <strong>Verband</strong> <strong>Deutschlands</strong><br />

an, dessen Landesverbände das Humanistische<br />

Hilfswerk ins Leben gerufen haben.<br />

Damit sich die Dalit-Gemeinden selbst<br />

von ihrem Joch befreien können, müssen<br />

sie jedoch mit den Ideen der Moderne konfrontiert<br />

werden, um nicht den Verführungen<br />

pseudoreligiöser Scharlatane und rückständigem<br />

Aberglauben anheim zu fallen.<br />

Durch professionelle Beratungsprogramme<br />

wie z.B. die Berufsberatung werden jungen<br />

Menschen Alternativen zu den tradierten<br />

Einkommensquellen ihrer Familien vorgestellt.<br />

Dies erleichtert ihre Integration in<br />

die moderne Wirtschaft. Diskussionen und<br />

Gruppentreffen, insbesondere für junge<br />

Dalits, werden mit explizit humanistischen<br />

Inhalten und Themen gefüllt. Nicht zuletzt<br />

benötigen sie dringend eine medizinische<br />

Grundversorgung.<br />

Helfen Sie uns, ein Dorf zu<br />

„adoptieren“!<br />

In Abstimmung mit dem Humanistischen<br />

Hilfswerk und den Mitgliedsorganisationen<br />

der IHEU in Indien (wie der Social Development<br />

Foundation, dem Atheist Center oder<br />

der Viveka Vidyalayam) wählt die IHEU<br />

eine Großgemeinde, bestehend aus sechs bis<br />

sieben Dörfern aus, in dem humanistisches<br />

Engagement dringend vonnöten ist und in<br />

relativ kurzer Zeit wirksam umgesetzt werden<br />

kann. Für je 3.000 Euro Spendenaufkommen<br />

lässt sich eines der Dalit-Dörfer<br />

für ein Jahr „adoptieren“. Damit können<br />

Sie mithelfen, die Lebensqualität von fast<br />

1.000 ausgestoßenen Männern, Frauen und<br />

Kindern entscheidend zu verbessern.<br />

In diesen zwölf Monaten wird es folgende<br />

konkrete Maßnahmen geben:<br />

– Bestellung eines örtlichen humanistischen<br />

Dalit-Vertreters zum Projektleiter<br />

– Anwerbung von ärztlichen Freiwilligen,<br />

die das Dorf einmal monatlich medizinisch<br />

betreuen<br />

– Kostenlose Bereitstellung von Heilmitteln<br />

– Aufbau einer humanistischen Bibliothek<br />

in der örtlichen Sprache<br />

– Förderung einer humanistischen Dalit-<br />

Jugendgruppe (26 Treffen)<br />

– sechs Wunder-Erprobungsprogramme<br />

– sechs wissenschaftliche Bildungsprogramme<br />

– zwölf Frauenberatungsprogramme<br />

– sechs Berufsberatungsprogramme<br />

– Schulungen für alternative Einkommenskonzepte<br />

Wie können Sie einen Beitrag dazu<br />

leisten?<br />

Mit einer Spende, so gering sie auch sein<br />

mag. Bisher ist der nötige Betrag leider<br />

noch nicht zusammengekommen. Helfen<br />

Sie mit, dass es dieses Jahr gelingt!<br />

Bitte überweisen Sie Ihre Spende mit<br />

dem Vermerk „Dalits“ auf unser Spendenkonto:<br />

Konto-Nr. 592 86 35<br />

Sparkasse Nürnberg<br />

BLZ 760 501 01<br />

oder nutzen Sie das Internet-Spendenformular,<br />

dass der HVD-Nürnberg auf<br />

seiner – natürlich gesicherten – Spendenseite<br />

bereitgestellt hat: www.hvd-nuernberg.<br />

de, und markieren Sie beim Verwendungszweck<br />

„Dalit-Dorf“.<br />

Sobald 3.000 Euro zusammen gekommen<br />

sind, übernehmen wir die Patenschaft<br />

über das erste Dorf. Auf unserer Homepage<br />

halten wir Sie über den Stand des Patenschaftsprojekts<br />

auf dem Laufenden.<br />

Das Humanistische Hilfswerk Deutschland<br />

ist als gemeinnützig anerkannt. Spenden<br />

an das Humanistische Hilfswerk sind<br />

daher steuerlich berücksichtigungsfähig.<br />

Für Spenden bis 200 € reicht als Nachweis<br />

gegenüber Ihrem Finanzamt ein Kontoauszug.<br />

Bei höheren Spenden bitten wir Sie,<br />

Ihren Namen und Ihre Anschrift auf dem<br />

Überweisungsträger anzugeben. Sie erhalten<br />

dann automatisch von uns eine Spendenquittung<br />

zugesandt.<br />

www.humanistisches-hilfswerk.de<br />

Weitere Informationen in englischer Sprache<br />

finden Sie unter www.iheu.org/dalitfaq.


Lutz Renken<br />

Zeit zu geben<br />

n Nun kommt wieder die Zeit im Jahr, in<br />

der wir verstärkt daran erinnert werden, wie<br />

gut es uns im Vergleich zu anderen geht.<br />

Prominente werben am Samstagabend im<br />

Fernsehen um Paten für Kinder in Not und<br />

Schulklassen und Kindergärten packen<br />

„Geschenke der Hoffnung“ in Schuhkartons.<br />

Wir haben das Glück, in einer Zeit<br />

in einem Teil der Welt zu leben, in der die<br />

menschlichen Grundbedürfnisse befriedigt<br />

sind. Anlass genug, unsere eigene Spende-<br />

und Hilfsbereitschaft zu betrachten.<br />

Wie hilfsbereit und großzügig sind wir<br />

wirklich? Sind wir überhaupt moralisch<br />

verpflichtet, Menschen auf der anderen Seite<br />

der Welt zu helfen? Mit diesen Fragen<br />

beschäftigt sich der australische Philosoph<br />

und Ethiker Peter Singer in seinem Buch<br />

„The Life You Can Save: Acting Now to<br />

End World Poverty“.<br />

Singer beschreibt eine Situation, in die<br />

wir in unserem Alltag geraten könnten:<br />

Man geht in einem Park spazieren und<br />

bemerkt, dass ein Kind in einem Teich zu<br />

ertrinken droht. Sollte man hineinspringen,<br />

um das Kind zu retten? Unser Gefühl<br />

sagt: Ja, natürlich. Und wenn man dadurch<br />

die neuen Schuhe ruinieren würde? Unser<br />

Gefühl sagt: Ja, natürlich auch dann. Die<br />

moralische Pflicht zu helfen würden hier<br />

nur wenige von sich weisen, denn was bedeutet<br />

schon ein Paar Schuhe im Vergleich<br />

zu einem geretteten Menschenleben? Wenn<br />

man aber bereit ist, ein paar gute Schuhe zu<br />

opfern um ein Menschenleben zu retten,<br />

warum dann nicht einfach die entsprechende<br />

Summe einer Hilfsorganisation spenden,<br />

von der man weiß, dass sie Leben rettet?<br />

Menschen sind mitfühlende Wesen. Wir<br />

verfügen über den Impuls, anderen zu Hilfe<br />

zu kommen. Zumindest dann, wenn wir<br />

die Not leidende Person sehen und wenn<br />

wir die einzige Person sind, die ihr helfen<br />

kann. Laut Singer müssen wir aber unseren<br />

Verstand mit unserem Mitgefühl verbinden<br />

und in ein allgemeines moralisches Gebot<br />

überführen. Wir befinden uns gegenüber<br />

den Hilfebedürftigen in den Entwicklungsländern<br />

nämlich in der gleichen moralischen<br />

Situation wie der Spaziergänger gegenüber<br />

dem Kind im Teich. Wir haben aufgrund<br />

unseres Wohlstands die Möglichkeit, Leben<br />

zu retten und sollten diese nutzen.<br />

Natürlich provozieren solche moralischen<br />

Ansprüche Abwehrargumente, wie<br />

z.B. „Die Armen sind für sich selbst verantwortlich“,<br />

„Hilfe führt zu Abhängigkeit“<br />

oder „Das meiste Geld versickert in<br />

der Verwaltung dieser Organisationen“.<br />

Singer zeigt, dass diese Einwände zwar zum<br />

Teil nicht ganz unbegründet sind, doch<br />

mit einer sorgfältigen Auswahl der Hilfsorganisationen<br />

zu minimieren. Auch sei die<br />

Ausgangslage – Armut dort, Reichtum hier<br />

– nicht das Versäumnis oder Verdienst der<br />

Menschen, die sich jetzt in diesen Umständen<br />

befinden. Es entbindet uns also nichts<br />

von unserer moralischen Pflicht.<br />

Hilfe als moralisches Gebot<br />

Warum reicht unser Mitgefühl nicht weiter?<br />

Singer beschreibt die psychologischen Barrieren,<br />

die uns die Not und unsere Verantwortung<br />

verdrängen lassen: die mangelnde<br />

Identifikation mit dem Hilfeempfänger<br />

durch große Opferzahlen oder räumliche<br />

Entfernung; die empfundene Ohnmacht,<br />

etwas an der Situation ändern zu können;<br />

die geteilte Verantwortung mit vielen anderen<br />

Menschen, die ebenfalls helfen müssten<br />

etc. Es sei wichtig zu verstehen, dass wir<br />

zwar evolutionär und psychologisch erklären<br />

können, warum wir unter bestimmten<br />

Umständen unwillig sind zu helfen. Das<br />

Peter Singer: Menschen im<br />

Westen handeln unmoralisch,<br />

wenn sie nicht ernsthaft etwas<br />

gegen die Armut in der Welt<br />

unternehmen.<br />

entbinde uns jedoch nicht von unserer<br />

moralischen Verantwortung. Nutzen wir<br />

also unseren Verstand dazu, die Barrieren<br />

abzubauen, indem wir uns auf die Leben<br />

konzentrieren, die wir retten können.<br />

Um potenzielle Spender nicht zu überfordern<br />

und abzuschrecken macht Singer<br />

einen pragmatischen Vorschlag, der hinter<br />

dem zurückbleibt, was er eigentlich für<br />

moralisch angebracht hält: Diejenigen,<br />

die ein komfortables Leben führen, sollten<br />

etwa ein bis fünf Prozent des Einkommens<br />

spenden, Reiche und sehr Reiche wesent-<br />

lich mehr. Da stellt sich natürlich die Frage:<br />

Führe ich ein komfortables Leben? Wer<br />

trotz Hypothek und Dispokrediten Wasser<br />

aus Flaschen statt aus der Leitung trinkt,<br />

jährlich seine Garderobe erneuert oder sich<br />

einen anderen Luxus gönnt, auf den er gut<br />

verzichten kann, der kennt die Antwort<br />

schon.<br />

Humanisten legen Wert darauf, bewusst<br />

dem eigenen Leben einen Sinn zu geben.<br />

Leben zu retten und Leid zu mindern ist<br />

ein solcher Zweck, der den Verzicht auf<br />

den vermeintlichen Luxus schnell aufwiegt.<br />

Es steckt aber noch mehr Sinn im Helfen.<br />

Meist will man mehr als „nur helfen“, nämlich<br />

Einfluss nehmen und eigene Schwerpunkte<br />

setzen. Die einen möchten Mädchen<br />

fördern, andere die Menschenrechte<br />

verteidigen, wiederum andere wollen eine<br />

bestimmte Krankheit bekämpfen oder ein<br />

ausgewähltes Krisengebiet wieder aufbauen.<br />

Natürlich möchte man nach den eigenen<br />

Überzeugungen handeln und vielleicht<br />

auch für diese werben.<br />

Hilfe im Diesseits<br />

In der Vorweihnachtszeit werden in Schulklassen<br />

und Kindergärten wieder fleißig<br />

Schuhkartons mit Spielsachen, Süßigkeiten,<br />

Weihnachtsgrüßen und Gebeten für<br />

die Aktion „Weihnachten im Schuhkarton“<br />

bepackt und an Kinder in Entwicklungsländern<br />

verschenkt. Obwohl diese Aktion<br />

allgemein unkritisch als Hilfsaktion angenommen<br />

wird, bei der die Kinder ihre eigene<br />

Hilfsbereitschaft in einer Gemeinschaft<br />

erfahren können, versteht der Trägerverein<br />

„Geschenke der Hoffnung“ dies selbst nicht<br />

als Hilfsaktion, sondern als Geschenkaktion,<br />

um armen Kindern eine Freude zu<br />

Weihnachten zu machen und damit die<br />

christliche Botschaft zu verbreiten. So wird<br />

den Geschenken z.B. noch ein Heft mit Bibelgeschichten<br />

beigefügt und die Verteilung<br />

in evangelikale Missionsaktionen eingebettet.<br />

Zugespitzt gesagt liegt das Ziel der Organisatoren<br />

darin, das Seelenheil armer Kinder<br />

in Entwicklungsländern zu retten. Dies<br />

ist angesichts des wirklichen Leids vieler<br />

Kinder in dieser Welt eine vertane Chance,<br />

mit Schul- oder Kindergartenkindern eine<br />

wirklich effektive Hilfsaktion auszuwählen<br />

und zu unterstützen.<br />

Wenn im Gegensatz hierzu das Humanistische<br />

Hilfswerk bei seiner Arbeit mit<br />

einem Dalit-Dorf auf die Verbreitung humanistischer<br />

Ideen setzt, dann mit dem<br />

4/2009 23


egründeten Ziel die „Unberührbaren“ bei<br />

der Loslösung vom Kastensystem zu unterstützen,<br />

damit diese ein selbstbestimmtes,<br />

freies Leben führen können.<br />

Das Modell der Patenschaften<br />

Die britische Hilfsorganisation „Foster Parents<br />

Plan“ (jetzt Plan International) hatte<br />

damit begonnen, wohlhabende „Eltern“<br />

im Westen mit „Patenkindern“ in Entwicklungsländern<br />

zu verbinden. Für eine<br />

regelmäßige Spende erhielten die Pateneltern<br />

Briefe „ihres“ Patenkindes. Damit<br />

hatte Plan es geschafft, eine persönliche<br />

Beziehung zu den Bedürftigen herzustellen<br />

und hilft so den Spendern, ihre oben<br />

geschilderten psychologischen Barrieren<br />

weitestgehend zu überwinden. Heute ist<br />

eine Weiterentwicklung dieses Modells so<br />

erfolgreich, dass es von einer Vielzahl von<br />

Hilfsorganisationen angewandt wird, u.a.<br />

von WorldVision, Kindernothilfe und dem<br />

CCF Kinderhilfswerk.<br />

24<br />

4/2009<br />

Plan International z.B. unterstützt Gemeinschaften<br />

und Dörfer um ein Patenkind<br />

herum, damit „Kinder keine Armut leiden,<br />

sich gesund entwickeln und frei entfalten<br />

können. In einer Gesellschaft, die Kinderrechte<br />

schützt und Kinder mit Würde und<br />

Respekt behandelt. Unabhängig von Herkunft,<br />

Religion und politischen Verhältnissen.“<br />

(Webseite von Plan International)<br />

Diese Ziele entsprechen den Absichten<br />

vieler Spender, die Verantwortung für das<br />

Wohlergehen eines benachteiligten Kindes<br />

und dessen Umfeld übernehmen wollen.<br />

Leider bieten diese Organisationen derzeit<br />

noch nicht den umfassenden Schutz, wie<br />

er von vielen Paten zu Recht erwartet wird.<br />

Wie das „Bündnis zum Schutz von Mädchen<br />

vor Genitalverstümmelung“ festgestellt<br />

hat, nutzen Plan und andere ihren Einfluss<br />

bei den Hilfe empfangenden Gemeinschaften<br />

nicht für einen effektiven Schutz der<br />

Mädchen, sondern dulden diese schwere,<br />

vorsätzliche Körperverletzung. Jedes Opfer<br />

von Genitalverstümmelung leidet ein Leben<br />

lang, viele Opfer sterben an den Folgen.<br />

Wer also umfassend helfen will, sollte eine<br />

Patenschaft schriftlich mit der Bedingung<br />

verknüpfen, dass die unterstützte Gemeinschaft<br />

des Patenkindes die grundlegenden<br />

Menschen- und Kinderrechte respektiert<br />

und z.B. die Verstümmelung von Mädchen<br />

unterlässt.<br />

Es gibt nichts Gutes, außer man tut es<br />

Nach UNICEF-Berechnungen sterben täglich<br />

26.000 Kinder unter sechs <strong>Jahre</strong>n an<br />

den Folgen von Armut. Kann ich als Einzelner<br />

etwas bewirken? Ja, denn nach Singers<br />

Berechnungen ist es für 200 bis 2000 US<br />

Dollar möglich, ein Menschenleben in den<br />

Entwicklungsländern zu retten, z.B. durch<br />

Impfungen oder den Bau von Brunnen. Je<br />

mehr Menschen ihr Mitgefühl mit ihrem<br />

Verstand verwenden und die moralischen<br />

Konsequenzen ernst nehmen, desto mehr<br />

sind wir in der Lage, das Problem der Armut<br />

insgesamt zu beeinflussen. Darum möchte<br />

Singer für eine Kultur des Gebens werben,<br />

in der es zur alltäglichen Normalität gehört<br />

zu spenden und auch darüber zu reden.<br />

Wir sollten ihm dabei helfen. Warum sich<br />

auf einer Party nicht darüber austauschen,<br />

welche Hilfsorganisation man aus welchen<br />

Gründen unterstützt? Wie unbedeutend<br />

und langweilig ist dagegen ein schickes Paar<br />

Schuhe! l<br />

Singer, Peter: The Life You Can Save. – Pan<br />

Macmillan, März 2009,<br />

dazu: www.thelifeyoucansave.<br />

com. Hier gibt es auch die Möglichkeit,<br />

sich in die Liste derer<br />

einzutragen, die sich verpflichten,<br />

einen bestimmten Anteil<br />

ihres Einkommens zu spenden.<br />

Um die Effektivität und Effizienz<br />

der Hilfen sicherzustellen<br />

und zu verbessern, kann man<br />

das Angebot von www.givewell.<br />

net nutzen, einer Organisation,<br />

die Hilfsorganisationen nach<br />

den strengsten Kriterien beurteilt<br />

und die besten mit einem<br />

Preisgeld belohnt.<br />

Weitere Informationen zur Genitalverstümmelung<br />

von Patenkindern<br />

und Möglichkeiten der<br />

Einflussnahme sind unter www.<br />

patenmaedchen.de zu erfahren.<br />

ausblIcke


Thomas Hummitzsch<br />

n Es gibt Situationen, die kann man<br />

nur absurd nennen. Seit der Bundestagswahl<br />

befinden wir uns in einer solchen.<br />

Nach dem Wahlerfolg des sogenannten<br />

bürgerlich-konservativen Lagers wird die<br />

Bundespolitik künftig von den marktliberalen<br />

Positionen von CDU/CSU und<br />

FDP bestimmt. Absurd ist es deshalb, weil<br />

diese Positionen, angelehnt an das neoliberale<br />

Weltbild, wesentlich zur Finanzkrise<br />

und infolge zu einer weltweiten Rezession<br />

beigetragen haben. In einer Zeit, in der<br />

Bedachtsamkeit, Augenmaß und Balance<br />

erforderlich wären, um ein nachhaltiges<br />

und sozial gerechtes Wirtschafts- und Gesellschaftssystem<br />

neu aufzubauen, hat der<br />

Wähler den Parteien, die noch am ehesten<br />

dafür eintreten, das Vertrauen entzogen.<br />

So befinden wir uns in einer Situation,<br />

in der die marktgläubigen Ansichten der<br />

künftigen Regierungsparteien zwar keine<br />

gesellschaftliche Mehrheit, aber aufgrund<br />

der geringen Wahlbeteiligung eine politische<br />

Mehrheit errungen haben. Diese Positionen<br />

bestimmen in den nächsten vier<br />

<strong>Jahre</strong>n das Schicksal der deutschen und anteilig<br />

auch der europäischen Gesellschaft.<br />

Was kommt damit auf uns Humanisten<br />

zu?<br />

Theorie vom freien Markt<br />

Vorreiter und Wegbereiter der neoliberalen<br />

Denkschule ist der US-Ökonom Milton<br />

Friedman. Friedman genießt den zweifelhaften<br />

Ruf, noch vor John Maynard Keynes<br />

als der einflussreichste Wirtschaftswissenschaftler<br />

des 20. Jahrhunderts angesehen zu<br />

werden. Dies muss man nicht unbedingt<br />

positiv auslegen, wenngleich Friedman in<br />

den siebziger <strong>Jahre</strong>n für seine Konsumtheorien<br />

den Wirtschaftsnobelpreis erhalten hat.<br />

Friedmans Ruhm basiert hauptsächlich auf<br />

den fatalen gesellschaftlichen Auswirkungen<br />

seiner Theorie vom „freien Markt“, die<br />

FORUM<br />

Die gesellschaftlichen Folgen<br />

des neoliberalen Marktmodells<br />

Mit der Regierungsübernahme von CDU/CSU und FDP bestimmen künftig die Anhänger des<br />

Marktkapitalismus das Schicksal in der Bundesrepublik. Was bedeutet das für unsere Gesellschaft<br />

aus humanistischer Perspektive?<br />

er jahrzehntelang an der Universität von<br />

Chicago gelehrt hat. Im Zentrum dieser<br />

Wirtschaftspolitik steht eine geradezu heilige<br />

Marktgläubigkeit. Demzufolge ist der<br />

Markt gerecht und effizient. Einem solchen<br />

Markt muss in den Augen der Verfechter<br />

des Neoliberalismus Platz geschaffen werden,<br />

global und regional, nach außen und<br />

nach innen.<br />

Dafür muss zunächst die stufenweise<br />

Beseitigung einer öffentlichen Sphäre zugunsten<br />

einer absoluten Privatwirtschaft<br />

erfolgen. Das Schlagwort des „schlanken<br />

Staates“ findet in diesen Gedanken seinen<br />

Ursprung. Der Staat soll sich auf die Förderung<br />

von Handel und Wandel beschränken<br />

und die Verteilung der Güter dem Markt<br />

überlassen. Dafür müssen dann die sozialen<br />

Sicherungsmechanismen und gesetzliche<br />

Regelungen, die dem Markt Grenzen<br />

setzen, wie Tarifverträge oder Klauseln zum<br />

Kündigungsschutz, Transferleistungen oder<br />

Wohlfahrtspflege, aufgekündigt werden.<br />

Man spricht hier auch von der Deregulierung<br />

des Marktes. Schlussendlich soll der<br />

Staat vom „gerechten Markt“ abgelöst, Sozialausgaben<br />

reduziert und die Gesellschaft<br />

der absolut freien Marktwirtschaft überlassen<br />

werden.<br />

Alles in Allem geht es den Neoliberalen<br />

also um das Entziehen staatlicher Hoheitsrechte<br />

und die allumfassende Privatisierung.<br />

Daher auch das neoliberale Credo „starving<br />

the beast“. Die „Bestie Staat“ soll verhungern,<br />

öffentliche Aufgaben werden an private<br />

Investoren verlagert. Damit einher geht<br />

eine gesellschaftspolitische Umorientierung<br />

dieser Unternehmen, weg von der Daseinsfürsorge<br />

hin zum profitorientierten Dienstleister.<br />

Seit den achtziger <strong>Jahre</strong>n vollzieht<br />

sich dieser Wandel von der Sozialstaatspolitik<br />

zu einer Politik des freien Marktes<br />

nahezu ununterbrochen und seit dem Zusammenbruch<br />

des kommunistischen Systems<br />

global.<br />

Entmündigung des Wohlfahrtsstaates<br />

Doch warum lassen Staaten, die sich zumindest<br />

teilweise einst als Wohlfahrtsstaaten<br />

begriffen haben, die eigene Entmündigung<br />

von der sozialen Verantwortung zu?<br />

Der Grund ist simpel. Die privaten Unternehmen<br />

agieren in der unbeschränkten<br />

Wirtschaft immer weniger im Sinne ihrer<br />

gesamtgesellschaftlichen Verantwortung.<br />

Sie ziehen sich aus ihrer sozialen Verantwortung<br />

zurück und überlassen dem Staat<br />

die stetig steigenden Kosten. Diese geraten<br />

in finanzielle Zwangslagen und beginnen,<br />

öffentliche Güter und Dienstleistungen zu<br />

verkaufen. Dieses System ist besser bekannt<br />

unter dem Namen „Thatcherismus“. Unter<br />

keiner anderen Regierung wurde es in<br />

dieser Reinheit umgesetzt, wie unter der<br />

ehemaligen britischen Premierministerin.<br />

Um die Staatsinflation zu bekämpfen, fing<br />

Margaret Thatcher Anfang der achtziger<br />

<strong>Jahre</strong> mit dem Verkauf von Sozialwohnungen<br />

an. Nach und nach verscherbelte sie mit<br />

British Telecom, British Petroleum, British<br />

Airways und British Railways sowie regionalen<br />

Wasser- und Stromversorgern das<br />

staatliche Tafelsilber. Zugleich beschnitt sie<br />

den Einfluss der Gewerkschaften, schränkte<br />

die Arbeitnehmerrechte ein und reduzierte<br />

die Staatsausgaben im sozialen Bereich.<br />

Der Journalist Harald Schumann brachte<br />

diese neoliberale Wirtschaftspolitik auf den<br />

Punkt, indem er sagte: „Wettbewerb ist alles,<br />

Jobs sind nichts.“<br />

4/2009 25


Diese Prozesse finden seit der Wiedervereinigung<br />

auch in Deutschland statt. Der<br />

Zusammenbruch der ehemaligen DDR<br />

bildete den Startschuss für die „Schock-<br />

Strategie“, wie die renommierte kanadische<br />

Journalistin Naomi Klein die Methode der<br />

Neoliberalen zur Eroberung der weltweiten<br />

Wirtschaftsmärkte nennt. Das Desaster,<br />

egal ob durch ein politisch-historisches<br />

Erdbeben oder eine Naturkatastrophe hervorgerufen,<br />

wird von den Marktradikalen<br />

als „entzückende Marktchance“ begriffen,<br />

um Tabula rasa zu machen und eine marktgläubige<br />

Gesellschaft von Grund auf neu zu<br />

errichten. Genau dies ist seither in Deutschland<br />

geschehen.<br />

Unter der Kohl-Administration wurden<br />

nach der Wiedervereinigung zunächst die<br />

ehemaligen Staatsbetriebe der DDR veräußert<br />

und dann auch große öffentliche Unternehmen<br />

wie Lufthansa, Post oder Wasser-<br />

und Stromversorger. Zugleich verschuldete<br />

sich der Staat zunehmend durch die steigenden<br />

sozialen Lasten, die zugegebenermaßen<br />

aufgrund der finanziellen Belastung durch<br />

die Übernahme der am Boden liegenden<br />

Ost-Wirtschaft besonders hoch waren und<br />

wurde gegenüber den Unternehmen erpressbar.<br />

Diese forderten eine Schwächung<br />

der Gewerkschaften, weniger Arbeitnehmerrechte,<br />

ein unternehmerfreundlicheres<br />

Steuersystem und größere Mitbestimmung<br />

durch Lobbyismus und vieles mehr. Unter<br />

Rot-Grün wurden diese Forderungen aufgrund<br />

der kritischen Finanzsituation und<br />

dem Zwang zur Haushaltskonsolidierung<br />

wieder aufgegriffen. Ziel der Regierungsparteien<br />

seit 1998 war es, die Staatsverschuldung<br />

zu reduzieren und die Inflation<br />

sowie den Anstieg der Arbeitslosenzahlen<br />

zu stoppen. Nicht alle diese Bestrebungen<br />

waren falsch, aber zahlreiche hatten fatale<br />

Folgen für die deutsche Gesellschaft.<br />

Kurzfristige Gewinne, langfristige<br />

Transferleistungen<br />

Dies kann exemplarisch auf verschiedenen<br />

Feldern veranschaulicht werden. So wurden<br />

in den vergangenen <strong>Jahre</strong>n zehntausende<br />

Sozialwohnungen an private (und oft spekulativ<br />

tätige) Immobilienunternehmen<br />

verkauft, um kurzfristige Gewinne einstreichen<br />

zu können. Langfristig führt dies aber<br />

dazu, dass diese Wohnungen vom öffentlichen<br />

Wohnungsmarkt verschwinden und<br />

die sozial schlechter gestellten Bewohner<br />

aus diesen Wohnungen ausziehen und er-<br />

26<br />

4/2009<br />

neut auf Transferleistungen des Staates angewiesen<br />

sein werden. Die Gesellschaft verliert<br />

an Zusammenhalt. Die Entmischung<br />

beginnt bereits im Kindergarten, denn insbesondere<br />

in den Großstädten findet eine<br />

Trennung von Kindern bildungsferner und<br />

bildungsnaher Haushalte statt. Die öffentlichen<br />

Schulen verkommen aufgrund der<br />

schlechten finanziellen Ausstattung zunehmend<br />

zu Auffangbecken des sogenannten<br />

„sozialen Prekariats“, denn finanzstarke<br />

Familien flüchten verstärkt in die privaten<br />

Alternativen. Die Entkoppelung der Löhne<br />

von tariflichen Vereinbarungen und die unterbezahlte<br />

Beschäftigung von Fachkräften<br />

über Beschäftigungsmaßnahmen führen in<br />

breiten Schichten zu existenzieller Verunsicherung.<br />

Damit löst sich die Bereitschaft<br />

zur Sorge für die Gemeinschaft zunehmend<br />

in Wohlgefallen auf.<br />

Den Staat nicht aus Verantwortung<br />

entlassen<br />

Aus der sozialen Fürsorge zieht sich der<br />

Staat immer mehr zurück und überlässt das<br />

Feld den freien Trägern. Auch wenn sich für<br />

den Humanistischen <strong>Verband</strong> so neue Betätigungsfelder<br />

ergeben, muss darauf geachtet<br />

werden, dass der Staat nicht aus seiner sozialen<br />

Verantwortung entlassen wird. Eine<br />

Übernahme staatlicher Fürsorgepflichten,<br />

dazu noch um jeden Preis, scheint weder<br />

sinnvoll, noch im Sinne des Humanismus.<br />

In diesem Zusammenhang sollten sich Humanistinnen<br />

und Humanisten der Diskussion<br />

öffnen, ob der <strong>Verband</strong> den von der<br />

öffentlichen Hand befeuerten bodenlosen<br />

Konkurrenzkampf der freien Träger um die<br />

Übernahme von Einrichtungen aus humanistischen<br />

Gesichtspunkten weiter betreiben<br />

will. Oder widersprechen die sich daraus<br />

ergebenden Arbeitsbedingen nicht dem<br />

humanistischen Anspruch nach Achtung<br />

und Selbstverwirklichung des Individuums?<br />

Und wäre eine alternative <strong>Verband</strong>spolitik,<br />

die zwar aus dem neoliberalen Arbeitsmodell<br />

ausscheert, aber gleichzeitig das Risiko<br />

birgt, im Vergleich zu anderen Dienstleistern<br />

nicht mehr konkurrenzfähig zu sein,<br />

ein praktikabler Gegenentwurf? Eine Lösung,<br />

die dem humanistischen Selbstverständnis<br />

entspricht, scheint eine der großen<br />

Aufgaben des Humanistischen <strong>Verband</strong>es<br />

in den kommenden <strong>Jahre</strong>n zu sein.<br />

Unsere Gesellschaft befindet sich in einer<br />

Phase der allumgreifenden Ökonomisierung<br />

des Alltags. Was noch nicht pro-<br />

fitabel ist, wird profitabel gemacht, durch<br />

Privatisierung, Outsourcing oder rigide<br />

Kürzungen. Aus dem Blick geraten dabei<br />

die Menschen, die von dieser Politik am<br />

meisten betroffen sind, der Mittelstand, die<br />

sozial Schwachen und die künftigen Generationen.<br />

Die von diesen Prozessen betroffenen<br />

sozialen Schichten haben im Gegensatz<br />

zur Automobilindustrie, Pharmabranche<br />

oder den Banken keine finanzstarke Lobby.<br />

Der HVD könnte hier zu einem Interessenvertreter<br />

dieser Menschen werden. Dabei<br />

könnte er sein Profil als Vertretung der<br />

Konfessionsfreien ausbauen und zugleich<br />

auf das Eintreten für ein generell besetztes<br />

Verständnis von humanem Zusammenleben<br />

ausweiten.<br />

Es steht zu befürchten, dass die Interessen<br />

der sozial schwachen und oft wehrlosen<br />

Menschen in der neoliberalen Welt<br />

der künftigen Regierung unter die Räder<br />

geraten. Die Parteiprogramme von CDU/<br />

CSU und FDP lassen dies vermuten. So will<br />

die FDP dafür sorgen, „dass sich Leistung<br />

wieder lohnt“. Und auch das Regierungsprogramm<br />

der Unionsparteien will das gesellschaftliche<br />

Zusammenleben in der Bundesrepublik<br />

auf die Füße des Leistungsprinzips<br />

stellen. „Sozial ist, was Arbeit schafft!“,<br />

heißt es knallhart. Was bedeutet dieses Leistungsprinzip<br />

aber für all jene, die in den<br />

Augen der Liberalen nichts mehr leisten,<br />

sei es aus persönlichen oder ihnen auferlegten<br />

Gründen? Wahrscheinlich schlichtweg<br />

nichts anderes, als dass sie durch das soziale<br />

Raster fallen. Denn wer nichts leistet, darf<br />

auch nichts beanspruchen. Der solidarische<br />

Grundgedanke, wie er dem Humanismus<br />

eigen und selbstverständlich ist, gerät so ins<br />

Abseits. Zwar ist im FDP-Programm auch<br />

von „selbstbestimmtem und eigenverantwortlichem<br />

Handeln“ der Bürger die Rede,<br />

die FDP meint hier jedoch vorwiegend die<br />

Entlassung des Staates aus der Verantwortung<br />

gegenüber dem Individuum.<br />

Politik des leistungsprinzips<br />

Der Humanistische <strong>Verband</strong> muss die künftige<br />

Tagespolitik aufmerksam verfolgen und<br />

kritisch begleiten, um den Grundgedanken<br />

der Solidarität im Bewusstsein einer breiten<br />

Öffentlichkeit zu bewahren. Denn es<br />

kann nicht im Sinne des humanistischen<br />

Selbstverständnisses sein, eine Politik des<br />

Leistungsprinzips unkommentiert zu lassen.<br />

Dies sollte der <strong>Verband</strong> auch stets beachten,<br />

wenn es darum geht, neue soziale


Projekte zu übernehmen. Diese sollten das<br />

sozialstaatliche Angebot sinnvoll ergänzen,<br />

jedoch keinesfalls ersetzen, denn andernfalls<br />

würde der <strong>Verband</strong> die neoliberale Gesellschaftspolitik<br />

indirekt unterstützen. Dann<br />

würde sich der Staat seiner sozialpolitischen<br />

Aufgaben schlussendlich doch Schritt für<br />

Schritt erfolgreich entledigen.<br />

Insgesamt scheinen die künftigen Regierungsparteien<br />

die Menschen in diesem<br />

Land aus dem Auge zu verlieren. Humanistische<br />

Grundwerte wie Solidarität und<br />

Selbstbestimmtheit sind in einer am Profit<br />

ausgerichteten Gesellschaft nicht mehr lebbar.<br />

Sicher sind Unionsparteien und FDP<br />

nicht die einzigen, die so wenig soziale Forderungen<br />

in den vergangenen <strong>Jahre</strong>n aufgestellt<br />

haben. Nicht umsonst ist die SPD mit<br />

dem historisch schlechtesten Wahlergebnis<br />

für ihre neoliberalen Ausflüge abgestraft<br />

worden. Aber die Absichten des bürgerlichkonservativen<br />

Lagers gehen weit über das<br />

hinaus, was in den vergangenen <strong>Jahre</strong>n an<br />

sozialstaatlichem Rückbau und Privatisierung<br />

stattgefunden hat. Der Humanistische<br />

<strong>Verband</strong> kann hier entscheidend dazu beitragen,<br />

dass die Würde und Achtung des<br />

Einzelnen wieder in das Zentrum des politischen<br />

und gesellschaftlichen Zusammenlebens<br />

rückt. Das Individuum muss Mensch<br />

bleiben können und darf nicht zu einer<br />

willkürlich verschiebbaren, wirtschaftspolitischen<br />

Einheit verkommen.<br />

Gewiss bieten die Prozesse der Globalisierung<br />

und Liberalisierung auch besondere<br />

Entwicklungschancen. Doch diese Prozesse<br />

müssen kritisch und reflektiert begleitet<br />

werden, denn sie dürfen den friedlichen Zusammenhalt<br />

einer solidarischen Gesellschaft<br />

entsprechend dem humanistischen Selbstverständnis<br />

nicht aus den Augen verlieren.<br />

In dem Ausfüllen dieser Wächterfunktion<br />

liegt die große Herausforderung des Humanistischen<br />

<strong>Verband</strong>es in den kommenden<br />

<strong>Jahre</strong>n. l<br />

4/2009 27


Inge Hüsgen<br />

n „Wenn ich als Kind von der Schule nach<br />

Hause kam, fragte meine Mutter nicht:<br />

‚Hast du heute viel gelernt?’, sondern: ‚Hast<br />

du heute eine gute Frage gestellt?’“ erinnert<br />

sich Eric Kandel an seine Kindheit im Wien<br />

der Vorkriegszeit. Regisseurin Petra Seeger<br />

hat sich für ihren Dokumentarfilm „Auf der<br />

Suche nach dem Gedächtnis“ ausführlich<br />

mit dem Medizin-Nobelpreisträger Kandel<br />

unterhalten und lässt ihn gleichermaßen auf<br />

sein Leben und auf seine Pionierleistungen<br />

als Gedächtnisforscher zurückblicken. Vor<br />

80 <strong>Jahre</strong>n, am 7. November 1929 geboren,<br />

erlebte der Sohn jüdischer Eltern die Verfolgung<br />

durch die Nationalsozialisten. Als<br />

gerade Zehnjähriger floh Kandel zu den<br />

Großeltern in die USA, wo er Psychiatrie<br />

studierte und später die physiologischen<br />

Grundlagen für Gedächtnis und Erinnerung<br />

erforschte – immer begleitet von forschender<br />

Neugierde und einer gehörigen<br />

Portion schrägem Humor.<br />

Damit befindet sich Eric Kandel in guter<br />

Gesellschaft. Auch Albert Einstein und<br />

Pablo Picasso zählen beispielsweise zu den<br />

unkonventionellen, kreativen Köpfen. Aber<br />

was ist das überhaupt, kreatives Denken?<br />

Was geschieht im Gehirn bei einer unvermittelten,<br />

genialen Intuition? Und unter<br />

welchen Bedingungen kann sich Kreativität<br />

am besten entfalten?<br />

Solche Fragen standen im Mittelpunkt<br />

des in diesem Jahr erstmals schon einen Monat<br />

vor Beginn ausverkauften Symposiums<br />

turmdersinne. Die Veranstaltung mit dem<br />

Titel „Geistesblitz und Neuronendonner“<br />

fand vom 9. bis 11. Oktober im Germanischen<br />

Nationalmuseum (Nürnberg)<br />

statt. „Die über 500 Teilnehme aus ganz<br />

Deutschland und die fundierten Diskussionen<br />

zeigen deutlich, dass sich das Symposium<br />

endgültig etabliert hat“, so das zufriedene<br />

Fazit von turmdersinne-Geschäftsführer<br />

28<br />

4/2009<br />

FORUM<br />

Geistesblitz und<br />

Neuronendonner<br />

Nürnberger Symposium turmdersinne über Intuition,<br />

Kreativität und Phantasie<br />

Dr. Rainer Rosenzweig, der die Veranstaltung<br />

gemeinsam mit Helmut Fink organisiert<br />

hatte. Den beiden sowie dem gesamten<br />

turmdersinne-Team war es auch in diesem<br />

Jahr gelungen, renommierte Wissenschaftler<br />

für die Veranstaltung zu gewinnen.<br />

Unterschwellige Wahrnehmung<br />

Beispielsweise Prof. John-Dylan Haynes.<br />

Der Psychologe und Neurowissenschaftler<br />

ist unter anderem am Max-Planck-Institut<br />

für Kognitions- und Neurowissenschaften<br />

in Leipzig tätig, wo er über die Rolle von unbewussten<br />

Wahrnehmungen für Entscheidungsprozesse<br />

forscht. Mit verblüffenden<br />

Ergebnissen: Zwar hat sich die Geschichte<br />

vom angeblichen Erfolg einer subliminalen<br />

(unterschwelligen) Cola-Werbung<br />

im Kino längst als Wandersage entpuppt.<br />

Der amerikanische Werbefachmann James<br />

Vicary hatte in den 1950ern angeblich die<br />

Texte „Drink Coca Cola“ und „Hungry?<br />

Eat Popcorn“ in einen Kinofilm einmontiert.<br />

Obwohl sie nur für Millisekunden<br />

erschienen und nicht bewusst wahrgenommen<br />

wurden, steigerte sich der Absatz der<br />

entsprechenden Produkte am Kino-Kiosk<br />

erheblich. Soweit die Legende. In späteren<br />

Versuchen konnte das Ergebnis jedoch nie<br />

repliziert werden. Später räumte Vicary ein,<br />

dass es die Studie nie gegeben hat. Dennoch<br />

sind Wissenschaftler heute gewiss, dass Außenreize,<br />

die aufgrund ihrer Schwäche die<br />

Schwelle zur bewussten Wahrnehmung<br />

nicht überschreiten, dennoch im Gehirn<br />

verarbeitet werden.<br />

Diese subliminalen Wahrnehmungen<br />

spielen sogar eine Rolle bei Entscheidungsprozessen.<br />

Deshalb funktionieren gerade<br />

komplexe Entscheidungen – nach einer anfänglichen<br />

Phase der Informationsaufnahme<br />

– am besten, wenn sie ohne bewusste<br />

Aufmerksamkeit gefällt werden. Ebenso er-<br />

staunlich: Manchmal trifft das Gehirn seine<br />

Entscheidungen mehrere Sekunden, bevor<br />

wir uns dessen bewusst werden.<br />

„Verrückte“ Genies<br />

Indes hat die Forschung der letzten <strong>Jahre</strong><br />

andererseits auch eine ganze Reihe von Kreativitäts-Mythen<br />

entkräftet. Etwa den vom<br />

„verrückten Genie“. Normalerweise sind<br />

kreative Menschen nämlich durchaus psychisch<br />

stabil – mit Ausnahme der Literaten.<br />

Die leiden tatsächlich öfter an psychischen<br />

Erkrankungen und enden signifikant häufig<br />

im Suizid. Erst mit steigender Anerkennung<br />

und finanziellem Erfolg sinkt dieser Wert,<br />

so Prof. Holm Hadulla vom Center for Advanced<br />

Studies an der Uni Köln. In seinem<br />

Vortrag entzauberte er auch den Mythos<br />

von der inspirierenden Kraft der Rauschmittel:<br />

„Die Ideen werden dadurch nicht<br />

besser, sie kommen einem im Rausch nur<br />

so vor. Wenn kreative Menschen dennoch<br />

Rauschmittel konsumieren, dann meist, um<br />

die schöpferische Spannung zu bewältigen.<br />

Als Merkmale von kreativen Geistern haben<br />

Forscher Neugierde, Motivation, Ehrgeiz<br />

und Interesse und Intelligenz ausgemacht.<br />

So auch Gerhard Roth, der in seinem<br />

Vortrag Intelligenz als „Kreatives Problemlösen<br />

unter Zeitdruck“ definierte. Zum<br />

Stichwort Intelligenz hatte der Professor<br />

am Institut für Hirnforschung der Universität<br />

Bremen gleich zwei Nachrichten.<br />

Zuerst die – scheinbar – weniger gute: Der<br />

Intelligenzquotient ist größtenteils angeboren<br />

und lässt sich durch Umwelteinflüsse<br />

nur um 15 bis 20 Punkte verändern. Klingt<br />

nach wenig, bedeutet aber: Muss ein Kind<br />

mit einem angeborenen IQ von 100 – also<br />

Durchschnitt in der Bevölkerung – mit<br />

nur wenig geistiger Anregung auskommen,<br />

kann es sein Potenzial nie ganz ausschöpfen<br />

und wird lediglich einen IQ von etwa 85


erreichen. Andererseits kann dasselbe Kind<br />

durch Förderung einen Wert von 115-120<br />

schaffen, das entspricht guten Werten von<br />

Abiturienten. Na, das ist doch eine gute<br />

Nachricht! Oder es wäre zumindest eine,<br />

wenn solch eine Förderung stattfände, kritisierte<br />

Roth.<br />

Über die besten Bedingungen für die<br />

Entfaltung von kreativen Geistern sprach<br />

in der abschließenden Podiumsdiskussion<br />

Klaus Mainzer, Professor für Philosophie<br />

und Wissenschaftstheorie an der TU<br />

München. Seine Gesprächspartner waren<br />

die beiden Psychologen Nicola Baumann<br />

(Professorin an der Universität Trier) und<br />

Markus Knauff (Inhaber des Lehrstuhls für<br />

Allgemeine Psychologie und Kognitionsforschung<br />

an der Universität Gießen).<br />

Für interdisziplinäre Ausbildung<br />

Einig waren sich alle: Kinder brauchen<br />

also Anregungen und kreative Freiräume.<br />

Genau wie Wissenschaftler, Arbeitnehmer<br />

und Studenten. In den stark reglementierten<br />

Bachelor- und Masterstudiengängen<br />

allerdings wäre für unorthodoxe Denker<br />

wie Albert Einstein kein Platz mehr, zitierte<br />

Mainzer einen Kollegen. Wichtig seien außerdem<br />

flache Hierarchien, so Knauff, der<br />

direkt von einer Einführungsveranstaltung<br />

für Studienanfänger zum Symposium kam.<br />

Den Erstsemestern hatte er dringend empfohlen:<br />

„Melden Sie sich, wenn Sie meinen,<br />

dass ich Quatsch erzähle!“<br />

Klaus Mainzer plädiert für interdisziplinäre<br />

Ausbildungen und benannte damit<br />

einen weiteren Baustein der Kreativitätsförderung.<br />

Ein Maschinenbauer etwa<br />

müsse nicht nur ein exzellenter Ingenieur<br />

sein, sondern auch mit Menschen umgehen<br />

können. Mainzer sieht Kreativität als<br />

bedeutenden Standortfaktor für das rohstoffarme<br />

Deutschland im internationalen<br />

Wettbewerb. Um dieses Potenzial voll<br />

500 Teilnehmer sorgten für ausverkaufte Ränge im Aufseß-Saal des Germanischen Nationalmuseums in Nürnberg<br />

auszuschöpfen, müssten Begabte auch aus<br />

finanzschwachen Elternhäusern die Möglichkeit<br />

zum Studieren bekommen. Die<br />

Erfahrung zeige nämlich, dass diese Fähigkeiten<br />

oft in solchen Familien auftreten, wo<br />

man es nicht erwartet. Mainzer: „Diese Begabungen<br />

abzuschöpfen ist nicht nur eine<br />

Frage der sozialen Gerechtigkeit, sondern<br />

auch der ökonomischen Vernunft.“ l<br />

Inge Hüsgen ist Redaktionsleiterin der Zeitschrift<br />

„Skeptiker – Zeitschrift für Wissenschaft<br />

und kritisches Denken“.<br />

Material zu den einzelnen Vorträgen unter www.<br />

turmdersinne.de -> Symposium<br />

Beim nächsten Symposium turmdersinne (15.<br />

bis 17. Oktober 2010) stehen die Themen Geschlechterdifferenz<br />

und Neurowissenschaft im<br />

Mittelpunkt. Der Titel: „Mann, Frau, Gehirn“.<br />

Weitere Informationen ab Frühling kommenden<br />

<strong>Jahre</strong>s unter www.turmdersinne.de<br />

4/2009 29


Rebecca Aechtner<br />

2003: Vor dem Friedrichstadtpalast<br />

komme ich ins Gespräch mit einem<br />

kanadischen Professor, der durch<br />

Zufall bei einem Berlinbesuch die<br />

Jugendfeier kennenlernt. Eine kleine<br />

Notiz in diesseits berichtete darüber.<br />

2009: Im Friedrichstadtpalast sitzt<br />

eine junge Frau neben mir im Foyer<br />

und macht sich eifrig Notizen während<br />

der Jugendfeier. Wir kommen ins<br />

Gespräch. Rebecca Aechtner ist<br />

Studentin von Professor Irving<br />

Hexham, den das Thema<br />

offensichtlich nicht mehr losgelassen<br />

hat. Nun gibt es zwar noch keine<br />

Jugendfeiern in Kanada, aber bald<br />

eine Dissertation zum Thema. Und<br />

was nicht ist…<br />

Patricia Block<br />

30<br />

4/2009<br />

FORUM<br />

Jugendfeier goes Kanada<br />

Jugendweihe? Jugendfeier? Bis vor drei <strong>Jahre</strong>n hatte ich nie eines dieser Wörter gehört.<br />

Dann sprach mein Professor in Kanada darüber. Ich war ebenfalls ahnungslos, dass es in<br />

Kanada humanistische Rituale gibt, ganz zu schweigen von Deutschland. Und jetzt schreibe<br />

ich meine Doktorarbeit über Jugendweihe, den Humanistischen <strong>Verband</strong> <strong>Deutschlands</strong><br />

und seine Jugendfeier.<br />

n Ich studiere Religionswissenschaft an der<br />

Universität in Edinburgh, Schottland. Ich<br />

bin im dritten Studienjahr meiner Doktorarbeit.<br />

Ich bin in Vancouver, Kanada geboren<br />

und wuchs in vielen verschiedenen Städten<br />

Kanadas auf. Obwohl ich Kanadierin bin,<br />

habe ich auch einen deutschen Pass, weil<br />

meine Eltern deutsche Immigranten sind,<br />

die als junges Paar nach Kanada ausgewandert<br />

waren. Die meisten unserer Freunde<br />

sind auch Immigranten aus Deutschland.<br />

So wuchs ich in der ersten Generation deutscher<br />

Kanadier auf. Folglich war ich immer<br />

an der deutschen Kultur, an der Geschichte<br />

und an der Literatur sehr interessiert. Vier<br />

<strong>Jahre</strong> lang studierte ich englische Literatur<br />

und Germanistik an der Universität<br />

von Calgary in Alberta, Kanada. Danach<br />

studierte ich noch zwei weitere <strong>Jahre</strong>, um<br />

meinen Magister Artium in Religionswissenschaft<br />

zu erhalten. Meine These behandelte<br />

das Thema „Christen und andere<br />

Glaubensrichtungen in der Grünen Partei<br />

<strong>Deutschlands</strong>“. Im Jahr 2006 reiste ich nach<br />

Berlin, um einige Mitglieder der Grünen zu<br />

interviewen. Ich genoss meine Zeit in Berlin<br />

sehr. Als dann mein Professor vorschlug, Jugendweihe<br />

in Berlin zu erforschen, stimmte<br />

ich blitzschnell zu. Dies bedeutete, dass ich<br />

über Jugendweihe und Humanismus mehr<br />

lernen musste! Und so begann eine neue<br />

Phase in meinem Leben.<br />

Jugendfeier? Nie gehört!<br />

Als ich mit den Recherchen anfing, fand ich<br />

zwiespältige und undeutliche Informationen.<br />

Zu meiner Enttäuschung wussten die<br />

meisten sehr wenig über das Ritual. Meine<br />

Eltern stammen aus dem Westen <strong>Deutschlands</strong><br />

und erinnerten sich nur, dass Jugendweihe<br />

im Osten stattgefunden hatte.<br />

Wieder andere stellten Jugendweihe negativ<br />

vor, als anti-christlich und in direkter<br />

Opposition zur Kirche und ihren Ritualen.<br />

Ich hörte fortwährend die Wörter „Kommunisten“,<br />

„Atheisten“ und „ehemalige<br />

DDR“.<br />

Von der Frau meines akademischen Beraters<br />

erfuhr ich, dass das Ritual noch heute<br />

besteht. Das weckte meine Neugier. Ich war<br />

glücklich, eine Akademikerin in Edinburgh<br />

zu finden, die bereit war, meine Forschungen<br />

zu betreuen. Ich bekam ein Stipendium<br />

von der kanadischen Regierung und der<br />

Universität von Edinburgh, um den Humanistischen<br />

<strong>Verband</strong> <strong>Deutschlands</strong> aus<br />

nächster Nähe kennenzulernen. Ich muss<br />

eingestehen, dass ich zu Beginn meiner Forschung<br />

der Meinung war, dass Jugendweihe<br />

ein quasi-religiöses Ritual sei.<br />

Obwohl es andere Organisationen gibt,<br />

die Jugendweihe-Zeremonien durchführen,<br />

wählte ich aus vielen Gründen den<br />

HVD. Mein Hauptgrund dafür ist meine<br />

Überzeugung, dass Humanismus eine interessante<br />

und wichtige Weltanschauung<br />

ist. Außerdem sind Untersuchungen über<br />

Rituale häufig kompliziert und dynamisch,<br />

wenn sie mit einer bestimmten Philosophie<br />

oder einer Ideologie verbunden sind. Die<br />

Jugendfeier des HVD ist ein Teil eines größeren<br />

ideologischen, organisatorischen und<br />

praktischen Rahmens. Ich denke, dass dieses<br />

sehr wichtig ist.<br />

Fehleinschätzungen auch unter<br />

Akademikern<br />

Im Mai 2008 kam ich deshalb nach Berlin,<br />

um die humanistische Jugendfeier kennenzulernen.<br />

Ich nahm an zwei Jugendfeiern<br />

teil: einer kleineren in Adlershof und einer<br />

größeren im Friedrichstadtpalast. Ich fand


sie faszinierend und wert, weiter beobachtet<br />

zu werden. Nebenbei sprach ich mit einigen<br />

Teilnehmern und deren Eltern über die<br />

rituelle Komponente. Ich entdeckte bald,<br />

dass die meisten meiner Annahmen über<br />

Jugendfeiern falsch waren. Das war für<br />

mich als Forscherin sehr aufregend, obwohl<br />

es bedeutete, dass ich noch viel Arbeit vor<br />

mir hatte. Ich stellte fest, dass nicht nur meine<br />

eigenen Ansichten über das Ritual falsch<br />

waren, sondern auch die populäre Meinung<br />

vieler Deutscher, selbst unter Akademikern.<br />

Viele meiner Freunde aus den alten Bundesländern<br />

haben keine Ahnung, dass Jugendweihen<br />

heute noch stattfinden. Noch<br />

schwieriger wird es, ihnen die Unterschiede<br />

zwischen herkömmlichen Jugendweihen<br />

und modernen humanistischen Jugendfeiern<br />

zu erklären.<br />

Seltsam finde ich, dass es mehr Interesse<br />

an meiner Forschung in Großbritannien<br />

und in Kanada als in Deutschland gibt.<br />

Leute, die mit der Jugendweihe der DDR<br />

vertraut sind, wundern sich mitunter, dass<br />

es sie noch gibt. Und Menschen, die nie<br />

von Jugendweihe gehört haben, sind sehr<br />

interessiert, etwas über die Geschichte des<br />

Rituals zu erfahren. Darüber hinaus sind<br />

viele Menschen zum Thema Humanismus<br />

extrem wissbegierig. Tatsächlich werde ich<br />

häufig gefragt, wie solche Rituale außerhalb<br />

<strong>Deutschlands</strong> kopiert werden könnten.<br />

HVD ist keine religiöse Bewegung<br />

Wie ich schon erwähnte, arbeite ich gegenwärtig<br />

an meiner Promotion in Religionswissenschaft<br />

und es mag merkwürdig scheinen,<br />

dass ich mich dafür dem säkularen<br />

Humanismus widme. Ich will es deutlich<br />

sagen, ich rechne den HVD nicht zu den<br />

neuen religiösen Bewegungen. Aber als eine<br />

auf Weltanschauung gegründete Gemeinschaft<br />

kann sie manchmal ähnlich wie eine<br />

religiöse Organisation aussehen. Wie ich es<br />

verstehe, will der Humanistische <strong>Verband</strong><br />

<strong>Deutschlands</strong> den Menschen helfen, ihrem<br />

Leben einen Sinn zu geben, was ja auch die<br />

Mehrzahl der religiösen Traditionen tut.<br />

Und die lange Geschichte der Jugendweihen<br />

begann als Alternative zur christlichen<br />

Konfirmation. Um zu erklären was etwas<br />

ist, ist es manchmal vorteilhafter zu erklären,<br />

was es nicht ist.<br />

Im Mai 2009 beobachtete ich sechs Jugendfeiern.<br />

Ich wurde sogar von zwei Teilnehmern<br />

eingeladen, den Tag mit ihnen<br />

und ihren Familien zu verbringen. Bis jetzt<br />

habe ich mit mehr als fünfzig Jugendfeierteilnehmern<br />

und deren Eltern gesprochen.<br />

Die meisten Menschen sind bereit, ihre<br />

Eindrücke mit mir zu teilen. Ich bin angenehm<br />

überrascht und dankbar für ihre<br />

Bereitschaft, mit mir zu sprechen.<br />

Es gibt vier Schwerpunkte meiner Forschung:<br />

n Einführung in die Jugendweihe für ein<br />

nicht-deutsches Publikum<br />

n Einzelheiten der Ritualgeschichte und<br />

Entwicklung vom 19. Jahrhundert bis<br />

heute<br />

n Fokus auf den Humanistischen <strong>Verband</strong><br />

<strong>Deutschlands</strong> und seine Jugendfeier.<br />

Vergleich der humanistischen Jugendfeier<br />

mit der Jugendweihe der DDR.<br />

n Bedeutung der humanistischen Jugendfeier<br />

für die Veranstalter, die Teilnehmer<br />

und ihre Familienangehörigen; Jugendfeier<br />

als einzigartiges und zeitgenössisches<br />

„Rite de Passage“ (Übergangsritual).<br />

Ich möchte klarstellen, dass es nicht das<br />

Ziel meiner Arbeit ist, christliche Überzeugung<br />

mit humanistischer Jugendfeier zu<br />

vergleichen. Ich möchte auch nicht die humanistische<br />

Jugendfeier mit der ehemaligen<br />

kommunistischen Jugendweihe gleichsetzen.<br />

Weil es wichtig ist, das Ritual in seinem<br />

historischen und sozialen Zusammenhang<br />

zu sehen, glaube ich, dass humanistische Jugendfeier<br />

eine eigene Studie verdient.<br />

Bitte um Mithilfe<br />

Ich bin mit meinen Nachforschungen noch<br />

nicht am Ende. Aber was ich an diesem<br />

Punkt sagen kann ist, dass Jugendfeier und<br />

der HVD interessanter sind als erwartet.<br />

Der Name Jugendfeier selbst beschreibt sehr<br />

treffend das Ritual. Es ist definitiv ein Ritual,<br />

dass die Jugend feiert, vor allem den Übergang<br />

von einem Kind zum Teenager. Aber<br />

ich frage mich, ob das Ritual mehr als nur<br />

eine Feier ist? Hat Jugendfeier mehr soziale<br />

und persönliche Bedeutung? Was bezweckt<br />

sie? Bedeutet es etwas Unterschiedliches für<br />

die Eltern als für den Jugendlichen?<br />

Die meisten dieser Fragen stelle ich aus<br />

persönlicher Erfahrung, aus der Sicht eines<br />

Rückblicks auf meine eigene Konfirmation<br />

in der kanadischen lutherischen Kirche.<br />

Ich war damals dreizehn <strong>Jahre</strong> alt und nicht<br />

am Sinn oder den Konsequenzen des Rituals<br />

interessiert. Ich war mehr von meinem<br />

Kleid, netten Jungs und meinen Geschenken<br />

begeistert. Selbst wenn ich es nicht<br />

ernst nahm, wusste ich, dass es meinen El-<br />

tern und meiner Familie viel bedeutete. Erst<br />

später wurde mir die tiefere Bedeutung der<br />

Konfirmation als Ritual bewusst.<br />

Diesen Sommer wurde ich an die Bedeutung<br />

von Ritualen erinnert. Ich heiratete<br />

zweimal in diesem Jahr – den gleichen<br />

Mann, in zwei sehr verschiedenen Hochzeitsfeiern.<br />

Unsere erste Hochzeit war eine<br />

traditionelle Hochzeit in seiner Heimat Tamil<br />

Nadu, Südindien. Ich trug einen traditionellen<br />

Hochzeits-Sari und wir hatten 2100<br />

Gäste! Es war eine erstaunliche und über-<br />

wältigende Erfahrung. Zwei Wochen später<br />

wurden wir erneut verheiratet: in Edinburgh<br />

in einer traditionellen schottischen<br />

Hochzeit mit einem Dudelsackpfeifer. Zwei<br />

Kulturen und zwei Familien kamen zusammen<br />

während zweier sehr verschiedener<br />

Hochzeitsrituale mit dem gleichen Zweck.<br />

Unter diesem Eindruck begann ich erneut,<br />

die Funktion von Übergangsriten zu<br />

überdenken. Und was genau bewirkt das<br />

Ritual Jugendfeier?<br />

Ich bin sehr interessiert an persönlichen<br />

Erfahrungen und Ansichten. Warum lassen<br />

Eltern ihre Kinder an Jugendfeiern teilnehmen?<br />

Warum möchten junge Leute teilnehmen?<br />

Ich freue mich über Zuschriften<br />

von jungen Menschen, die die Jugendfeier<br />

bereits hinter sich haben oder sich für das<br />

nächste Jahr angemeldet haben. Bitte schreiben<br />

Sie an: raechtner@hotmail.com. l<br />

4/2009 31


Ralf Bachmann<br />

n Im Bild bleiben ist in der Sprache wichtig.<br />

Das Bild, die Trope, ist ihr emotionalster<br />

und schönster Teil, vielleicht die ursprünglichste<br />

Form der Menschen, sich künstlerisch<br />

zu artikulieren. Allerdings kann man<br />

sich auch mit kaum etwas so leicht lächerlich<br />

machen wie mit dem Verdrehen und<br />

Verstümmeln bildhafter Redewendungen,<br />

seien sie noch so abgenutzt und verblasst.<br />

In der ARD-Dauerserie „In aller Freundschaft“<br />

dient ein Pfleger Brunner als Witzfigur,<br />

weil er alle Sprichwörter verballhornt.<br />

Er sagt „Schmiede das Glück, so lange es<br />

heiß ist“ oder „Morgenstunde ist aller Laster<br />

Anfang“. Ein Klassiker meiner Sammlung<br />

übertrifft ihn: Der Zahn der Zeit, der so<br />

manche Träne getrocknet hat, wird auch<br />

über diese Wunde Gras wachsen lassen.<br />

Meist entstehen solche Zerrbilder durch<br />

Versprecher. Als TV-Moderatorin Karen<br />

Mioska von einer „kläffenden Wunde“<br />

sprach, dachte sie vielleicht eher an „klaffende<br />

Hunde“. Unter Zugzwang litt der<br />

Stuttgarter Fußballtrainer Markus Babbel<br />

mit der Forderung: „Wir müssen uns selbst<br />

bei den Haaren aus dem Schopfe ziehen.“<br />

Franz Müntefering aber verwahrte sich im<br />

Fernsehen energisch dagegen, die „SPD<br />

mit der Nase durch den Ring zu ziehen“.<br />

Er hat zu viel Boxübertragungen gesehen.<br />

Das Sprachbild geht auf einen anderen Ring<br />

zurück, den durch die Nase, mit dem einst<br />

Schausteller Tanzbären vorführten. Seine<br />

Version ist ähnlich seltsam wie die Sache<br />

vom Kamel, das laut Matth. 19,24 leichter<br />

durch ein Nadelöhr kommen kann als<br />

ein Reicher ins Reich Gottes. Müssten sich<br />

kritische Leser nicht fragen, wie der Herr<br />

Jesus darauf kam, ausgerechnet das Wüstentier<br />

für eine solche Gegenüberstellung<br />

auszuwählen? Doch Martin Luther kam<br />

bei der Übersetzung nicht darauf, dass da<br />

vermutlich ein Schreibfehler unterlaufen<br />

ist. Die irischen Mönche, auf deren Bibel-<br />

32<br />

4/2009<br />

MAGAZIN<br />

Von Prothesen und Antithesen<br />

Eine Plauderei über Sprachbilder<br />

1945 stand ich als blutjunger Volontär der „Nachrichten für Grimma“ hinter dem ebenerdigen<br />

Verlagsschaufenster und wunderte mich über einige Knaben, die obszöne Gesten<br />

in unsere Richtung machten und sie mit ebensolchen Rufen begleiteten. Als des Rätsels<br />

lösung erwies sich eine kleine Notiz auf der lokalseite dieses Tages: „In der Handschuhfabrik<br />

M. & P. Händel brach gestern ein Feuer aus, das aber noch vor Eintreffen der Feuerwehr<br />

von den männlichen Gliedern der Belegschaft gelöscht werden konnte.“ Alles an<br />

diesem Text stimmte, nur das Bild nicht. So kam ich auf die Idee, spaßige Bildstörungen zu<br />

sammeln.<br />

Wer zu spät kommt,<br />

hat oft schlechte Stiefel


abschrift sich Luther stützte, kannten das<br />

griechische Wort kamilos wohl nicht und<br />

ersetzten es durch kamelos, Kamel. Kamilos<br />

heißt aber „Schiffstau“. So ein dicker Strick<br />

passt zwar nicht durch ein Nadelöhr, aber<br />

umso besser zu dem Vergleich. Eine andere,<br />

weniger wahrscheinliche Erklärung bezieht<br />

sich auf ein für Kamele zu kleines Tor in der<br />

Jerusalemer Stadtmauer.<br />

Wo beim „Bfüdi“ der Herrgott steckt<br />

Wer sich näher mit der Sprache beschäftigt,<br />

stellt fest, welchen Einfluss die Religion auf<br />

ihre Entwicklung genommen hat. Wir werden<br />

geradezu umzingelt von Redewendungen,<br />

die ihren Ursprung in kirchlichen Ritualen<br />

und in der Lutherbibel oder in abergläubischen<br />

Beschwörungen haben. Kann<br />

man „Pfui Teufel“ oder „Gottverdammich“<br />

leicht zuordnen, so muss man beim österreichischen<br />

„Bfüdi“ (Behüt dich Gott) oder<br />

dem deutschen „Tschüs“ (in dem sich das<br />

französische „Adieu“ versteckt) nach dem<br />

Allmächtigen erst suchen. Wenn in München<br />

einer „Grüß Gott“ sagt, meint er aber<br />

nichts anderes als der Ostfriese mit „Moin,<br />

Moin“ oder der Berliner mit „Tach auch“<br />

und erwartet nicht, der Angesprochene wer-<br />

de den alten Herrn demnächst treffen und<br />

ihm die Grußbotschaft übermitteln. „Gebs<br />

Gott“ ist eine Variante von hoffentlich, „So<br />

Gott will“ sagt mancher statt „Wenn wir<br />

Schwein haben“. Solche Floskeln sind in<br />

der Regel gänzlich sinnentleert. Deshalb ist<br />

auch das Vokabular von Atheisten keineswegs<br />

gottlos. Im Vorjahr habe ich bei einer<br />

HVD-Veranstaltung eine Strichliste geführt<br />

und registrierte binnen drei Stunden 19<br />

Sprachbilder „himmlischer“ Herkunft.<br />

Das Wort Himmel zum Beispiel ist in<br />

seiner nichtastronomischen, jenseitigen<br />

Bedeutung unentbehrlicher Bestandsteil<br />

jeglicher Umgangssprache: Um Himmels<br />

willen; Es schreit zum Himmel; Im siebenten<br />

Himmel; Himmel und Hölle; Himmel,<br />

Arsch und Zwirn; Ach du lieber Himmel;<br />

Himmelhund. Wer denkt bei diesen so<br />

weltlichen Wünschen, Flüchen und Ausrufen<br />

noch an jene unsterbliche Dreieinigkeit,<br />

die vom Himmelsthron aus ganz ohne Handy<br />

und Internet die Welten lenken muss?<br />

Meine Mutter liebte es, endlose Debatten<br />

mit einem resoluten „Also hat Gott die Welt<br />

geliebt wie der Pastor seine Köchin, und die<br />

hieß Marie“ zu beschließen. Das gewährte<br />

einen tiefen Einblick in die Kirchenwelt,<br />

Altes Herz ist aller Laster Anfang<br />

meinte aber nur: Hört auf mit dem blöden<br />

Gequatsche!<br />

Das ist ein eigenartiges Merkmal der<br />

meisten Sprachbilder: Ihr ursprünglicher<br />

Sinn interessiert nicht. Gewicht hat allein,<br />

was der Benutzer in ihnen sieht. Sich mit<br />

dem Wandel der Wortbedeutung zu befassen,<br />

ist aber oft nützlicher Geschichtsunterricht.<br />

Der Wiener Essayist Karl Kraus sagt<br />

es so: „Je näher man ein Wort ansieht, desto<br />

ferner sieht es zurück.“ Für Einzelheiten ist<br />

hier kein Platz, aber man denke darüber<br />

nach, in welcher Umwelt solche heute noch<br />

benutzten Redensarten entstanden sind<br />

wie: „In den ist der Teufel gefahren“, „Den<br />

Teufel austreiben“, „Ins Jenseits befördern“,<br />

„Die hätte man als Hexe verbrennen sollen“,<br />

„Muss ich bis zum Jüngsten Gericht warten?“,<br />

„Der gehört auf den Scheiterhaufen“,<br />

„Du musst die Kirche im Dorf lassen.“<br />

Nicht jede Redewendung ist ein Volltreffer.<br />

So wäre es ein Irrtum zu glauben,<br />

die Leute redeten, wie ihnen der Schnabel<br />

gewachsen ist. Die meisten geben leider, unbewusst<br />

und in gewissen Varianten, nur das<br />

wieder, was sie von anderen Schnäbeln gehört<br />

haben: von Eltern, Lehrern, in der Umgebung,<br />

den Nachrichten, Talkshows, Zei-<br />

4/2009 33


tungen. Leicht werden sie dabei manipuliert<br />

und penetrant wiederholte Begriffe sickern<br />

schließlich in ihr Denk- und Sprechschema<br />

ein. Auf Anhieb fallen mir da „christliches<br />

Abendland“, „gottgefällig handeln“, „zum<br />

rechten Glauben zurückkehren“ „christliche<br />

Leitkultur“ oder die Glaubenseidformel „So<br />

wahr mir Gott helfe“ ein. Dass in Krisenzeiten<br />

verbale Bigotterie spürbar zunimmt,<br />

begründet Kraus mit der These: „Wenn eine<br />

Kultur fühlt, dass es mit ihr zu Ende geht,<br />

lässt sie den Pfarrer kommen.“<br />

Wo gehobelt wird, fallen Späne. Selbst<br />

Große verirren sich im dichten Sprachwald<br />

dann und wann. Goethe, der im „Faust“<br />

den goldenen Baum des Lebens grün sein<br />

ließ, schrieb im „Werther“: „Das waren dem<br />

Gehirne spanische Dörfer.“ In seinem Gehirne<br />

hatten sich zwei Redensarten verheddert.<br />

Da können einem böhmische Dörfer<br />

schon mal spanisch vorkommen. Die „Berliner<br />

Zeitung“ wurde von diesem geflügelten<br />

Wort zu kühnen geografischen Phantasien<br />

angeregt: „Darüber hinaus ist Chinesisch<br />

für Mitteleuropäer eher ein böhmisches<br />

Dorf.“ In Spanien sagt man übrigens: Das<br />

kommt mir chinesisch vor.<br />

Ochsenschleim und Mutschekuh<br />

Ein weiteres markantes Ausdruckselement<br />

der Sprache ist der Klang der Wörter. Vor<br />

<strong>Jahre</strong>n las ich, wie ein Gedicht des Kinderbuchautors<br />

Lewis Carroll („Alice im Wunderland“)<br />

neu übersetzt wurde:<br />

„Verdaustig wars, und glasse Wieben<br />

Rotterten gorkicht im Gemank;<br />

Gar elump war der Pluckerwank,<br />

Und die gabben Schweisel frieben.“<br />

Bloßer Quatsch? Vorsicht. Die wichtigsten<br />

Wörter sind zwar ersponnen, aber der<br />

Text löst trotzdem Empfindungen aus, er<br />

klingt, als ob sich jemand in einer miesen<br />

Situation – im Sumpf? – elend fühlt. Wie<br />

kommt das? Da sind Laute, da sind Ähnlichkeiten<br />

mit Sinnvollem. Zumindest höherer<br />

Blödsinn also. Vokale und Buchstabengruppen<br />

können hart oder weich, lockend oder<br />

drohend, angenehm oder unappetitlich<br />

klingen, jeder weiß, dass ein „Aaah“ das Gegenteil<br />

von einem „Äääh“ ist, dass „Oooh“<br />

Freude und „Ööh“ Protest ausdrückt. Ganz<br />

unabhängig von der Bedeutung hört sich<br />

Mutschekuh lieb und Ochsenschleim eklig<br />

an. Werbeleute machen sich das zunutze.<br />

Friedrich von Logau (1604-1655) rühmte<br />

die Breite der Klangpalette unserer Muttersprache:<br />

34<br />

4/2009<br />

„Kann die deutsche Sprache schnauben,<br />

schnarren, poltern, donnern, krachen,<br />

kann sie doch auch spielen, scherzen,<br />

lieben, kosen, tändeln, lachen.“<br />

Aber aufgepasst! Der Klang kann auch<br />

irreführen. Als mein Sohn zum ersten Male<br />

das Wort Aftershave hörte, grinste er hintergründig.<br />

Auf die Frage, ob er überhaupt<br />

wisse, was das ist, antwortete er postwendend:<br />

„Na klar, was für’n Hintern.“ Und<br />

als meiner Tochter im Gespräch das Wort<br />

Kotflügel begegnete, reagierte sie mit „Iiih!“<br />

Wie hässlich klingt Gemeinnutz, wie schön<br />

dagegen Grünspan und Blausäure. Wie<br />

ähnlich sind sich Amor und Amok. Das<br />

Gegenteil von Prothese ist nicht Antithese.<br />

Mark Twain, der im „Bummel durch Europa“<br />

der „schrecklichen deutschen Sprache“<br />

ein Kapitel widmet und nicht ganz ernst gemeinte<br />

Verbesserungsvorschläge unterbreitet,<br />

bemängelte, Wortklang und Bedeutung<br />

stimmten im Deutschen nicht überein. Das<br />

Wort Gewitter erinnere ihn an Vogelgezwitscher.<br />

Selbst das englische toothbrush<br />

(Zahnbürste) komme ihm kraftvoller vor als<br />

etwa Ausbruch, von thunder, burst, crash,<br />

roar nicht zu reden. Da freute ihn, eine feine<br />

deutsche Dame zu einem US-Girl sagen zu<br />

hören: „Die beiden Sprachen sind sich so<br />

ähnlich - wie nett; wir sagen ‚Ach Gott!’,<br />

und Sie sagen ‚Goddam!’“<br />

Dahingeschieden oder abgenippelt?<br />

Wer schon mal einen Anzeigentext aufsetzen<br />

musste weiß: Umgangssprachliche Wörter<br />

sind dafür meist unbrauchbar. Warum? Es<br />

gibt drei Sprachebenen mit vielen Abstufungen:<br />

den gehobenen Stil, die stilistische<br />

Null-Färbung, die Vulgärsprache. Nehmen<br />

wir eine Todesanzeige. Da steht vom so<br />

plötzlich Dahingeschiedenen, vom teuren<br />

Toten, den der Herr zu sich genommen<br />

hat. Das sind feierliche Varianten. Der ist<br />

erbärmlich verreckt, hat ins Gras gebissen,<br />

ist abgenippelt, hat seinen Löffel abgegeben,<br />

den hat der Teufel geholt. So hört es sich<br />

vulgär an. Neutral wäre gestorben, den letzten<br />

Atemzug getan, einer langen Krankheit<br />

erlegen. Humoristen leben von der Vermischung<br />

der Stile. Auch in der Laiengruppe<br />

übten wir: Der Riese sprach mit dröhnender<br />

Stimme: Mama, ich muss pullern. In der<br />

Frage des Dieners zur Hausherrin „Geruhen<br />

Frau Gräfin nicht auch zu bemerken, dass<br />

dieses ein rechtes Scheißwetter sei?“ macht<br />

ein Wort aus dem Sprachprekariat aus der<br />

höfisch formulierten Frage einen Witz.<br />

In dieser Krisenzeit wird allenthalben<br />

zur Sparsamkeit ermahnt, warum nicht<br />

auch beim Wortgebrauch? Doppelt moppeln<br />

ist eine deutsche Sprachuntugend, die<br />

vor allem in Berlin durch die Mischung des<br />

Adelsfranzösisch mit dem heimischen Dialekt<br />

eine lange Tradition hat. Wie konstatiert<br />

der Berliner Lokaldichter und Erfinder<br />

des Eckenstehers Nante, Adolf Glaßbrenner:<br />

„Tugend ist nur Mut zur Courage.“<br />

Dem gleichen tautologischen Topf sind<br />

„infame Gemeinheit“, „konträres Gegenteil“<br />

und „gegenwärtig nicht momentan“<br />

entnommen.<br />

In der ehemaligen DDR spöttelte man<br />

gern: „Spare mit jedem Pfennig, koste es,<br />

was es wolle.“ Ehemalige DDR? Das hätte<br />

nur Sinn, wenn irgendwo eine zweite herumläge,<br />

die noch existiert. Aber manche<br />

haben Angst, als Nostalgiker zu gelten,<br />

wenn sie einfach DDR sagen, so wie sie in<br />

Berlin gar die Erdachse drehen und vom<br />

ehemaligen Ostteil der Stadt reden. Weißen<br />

Schimmeln begegnet man überall, bei<br />

RTL im Versprechen, einen „neuen Start<br />

anzufangen“, im RBB-Inforadio beim<br />

„früheren Ex-Präsidenten Clinton“, und<br />

Monitor fragt, „wie es künftig weitergehen<br />

wird“.<br />

Meist soll Wortbombast nur kleine<br />

Sprachfürzchen zu Donnerschlägen aufblasen.<br />

Beliebt ist das in Parlamentsreden. O-<br />

Ton: „Gerade im Angesicht der Komplexität<br />

der aktuellen Situation sollten wir hektische<br />

Betriebsamkeit auf diesem Sachgebiet tunlichst<br />

meiden.“ Gemeint ist: „Ehe wir in ein<br />

Fettnäpfchen treten, machen wir lieber gar<br />

nichts.“ Der Chef des Marburger Bundes<br />

verkündete vor einem Ärzteausstand: „Die<br />

Ärzte wollen eine Streiksituation gestalten.“<br />

– „Die Ärzte wollen streiken“ hätte auch<br />

genügt. Auf der Fanmeile zur Fußball-WM<br />

wollten die Händler „im Vorfeld der Veranstaltungen“<br />

die Riesenbratwürste nicht<br />

schlicht anbieten, sondern „zum Verzehr<br />

bringen“. Das teilten sie Journalisten nicht<br />

etwa mit, nein, sie brachten es ihnen zur<br />

Kenntnis.<br />

So gestelzt reden Stadionausrufer und Regierungssprecher,<br />

Betriebsrat und Bischof,<br />

Bürgermeister und Kanzlerin. Ist es wirklich<br />

schon 130 <strong>Jahre</strong> her, dass ein Münsteraner<br />

Pfarrer als Neujahrsgebet sagte: Gib den<br />

Regierenden ein besseres Deutsch und den<br />

Deutschen eine bessere Regierung. Herr<br />

sorge dafür, dass wir alle in den Himmel<br />

kommen. Aber nicht sofort. l


Bushfunk<br />

München – Mit ihren Geschichten<br />

über den Zauberlehrling Harry<br />

Potter hat die britische Autorin J.K.<br />

Rowling Leser in aller Welt fasziniert.<br />

Doch sie hatte auch Widersacher:<br />

Ausgerechnet der ehemalige<br />

amerikanische Präsident George W.<br />

Bush verdächtigte die 44-Jährige<br />

der Anstiftung zur Hexenkunst.<br />

Aus diesem Grunde habe Bush verhindert,<br />

dass der Bestsellerautorin<br />

die „Presidential Medal of Freedom“,<br />

die höchste zivile Auszeichnung<br />

der USA, verliehen wurde.<br />

Die Ehre kann grundsätzlich auch<br />

Ausländern zuteil werden.<br />

Dies plauderte der ehemalige Redenschreiber<br />

der Bush-Regierung<br />

Matt Latimer in seinem gerade bei<br />

Random House veröffentlichten<br />

Buch „Speechless: Tales of A White<br />

House Survivor“ aus.<br />

„Glaube, liebe, Hamburg“<br />

Hamburg – In der Kirche geht es<br />

um die Wurst. Für die diesjährige<br />

„Nacht der Kirchen“ in Hamburg<br />

hat NDR-Fernsehkoch Rainer Sass<br />

eine spezielle „Nacht-der-Kirchen-<br />

Wurst“ kreiert. Die Leberwurst besteht<br />

– multireligiös korrekt – nicht<br />

aus Schweinefleisch, sondern aus<br />

Lamm, Rind und Gans.<br />

Serviert wurde die kulinarische<br />

Kreation zum typisch norddeutschen<br />

Gericht „Himmel und Erde“<br />

aus Stampfkartoffeln und mit<br />

Zwiebeln, Sternanis, Ingwer, Wein<br />

und Äpfeln. Und der NDR-Fernsehkoch<br />

Rainer Sass ergänzt: „Über<br />

den Glauben zu reden, fällt leichter<br />

bei einem Glas Wein.“<br />

kReuZ & QueR<br />

Was lange währt<br />

Stuttgart – Im Kampf gegen den<br />

Priestermangel setzte die katholische<br />

Kirche auf göttlichen Beistand<br />

und einen 30-tägigen Gebetsmarathon.<br />

Den gesamten Oktober<br />

durch, rund um die Uhr und ohne<br />

Pause, wurde in der Erzdiözese Freiburg<br />

sowie in den Bistümern Fulda,<br />

Regensburg, Rottenburg-Stuttgart<br />

und Speyer ununterbrochen für<br />

geistige Berufungen gebetet. Ziel<br />

war es laut Schreiben des Freiburger<br />

Erzbischofs Robert Zollitsch, in<br />

den Gemeinden eine Atmosphäre<br />

zu schaffen, in der geistliche Berufe<br />

wachsen können.<br />

Guru in Plastik: Keine<br />

Auferstehung<br />

Kuala Lumpur – Eine Sekte in<br />

Malaysia hat ihren verstorbenen<br />

Guru in Plastik gewickelt und 13<br />

Monate lang auf seine Auferstehung<br />

gewartet. Die Polizei fand<br />

die stark verweste Leiche, nachdem<br />

Nachbarn über Ruhestörung<br />

geklagt hatten. Der Sektenführer<br />

mit dem Namen „Ching Chi Vui@<br />

Ivan“ war im August 2008 mit 37<br />

<strong>Jahre</strong>n unter bisher ungeklärten<br />

Umständen gestorben. Er hatte<br />

seinen Anhängern aufgetragen, ihn<br />

nicht zu begraben, weil er ins Leben<br />

zurückkehren werde.<br />

Gott ist rund<br />

Kaiserslautern – „Betze Unser –<br />

Dein Pakt mit den roten Teufeln!“,<br />

so startete der 1. FC Kaiserslautern<br />

seine Werbekampagne „Jetzt Dauerkarten<br />

holen“ und versicherte:<br />

„Teufelsprämien zu gewinnen“.<br />

Der pfälzische Oberkirchenrat<br />

Gottfried Müller sah in der Kampagne<br />

eine Verletzung der religiösen<br />

Gefühle gläubiger Christen in<br />

Deutschland und kritisierte den<br />

Slogan als geschmacklos. Der pensionierte<br />

Kirchenrat und ehemalige<br />

Präsident des FCK Udo Sopp schlug<br />

in die gleiche Kerbe und sprach von<br />

einem „missratenen Umgang mit<br />

religiösen Symbolen“.<br />

Es geht auch souveräner. Als jüngst<br />

einige in Deutschland lebende Muslime<br />

das Schalker Vereinslied „Blau<br />

und Weiß“ wegen einer Bezugnahme<br />

auf den Propheten Mohammed<br />

monierten, riet der Generalsekretär<br />

des Zentralrats der Muslime, Aiman<br />

A. Mazyek, launig, man solle<br />

doch bitte die „Moschee im Dorf<br />

lassen“. Die kritisierte Textzeile lautet:<br />

„Mohammed war ein Prophet,<br />

der vom Fußballspielen nichts<br />

versteht. Doch aus all der schönen<br />

Farbenpracht hat er sich das Blau<br />

und Weiße ausgedacht.“ In einem<br />

Gespräch mit dem Fernsehsender<br />

N24 sagte Mazyek: Diese Fußballhymne<br />

gibt alles richtig wieder. Sie<br />

nennt den muslimischen Propheten.<br />

Und sie gibt zu verstehen, dass<br />

er keine Ahnung hat von Fußball.<br />

Ist ja auch klar, weil er nämlich vor<br />

der Erfindung des Fußballs gelebt<br />

hat.“<br />

4/2009 35


auslese<br />

Weg von einer<br />

eurozentristischen Weltsicht<br />

Der herausgebende „Verein Ethnologie<br />

in Schule und Erwachsenenbildung“<br />

will mit dem vorliegenden<br />

Band „Götter, Gaben und<br />

Geselligkeit“ interkulturelle Kompetenz<br />

befördern. Die Textsammlung<br />

wendet sich bewusst an ein allgemeines<br />

Publikum und verzichtet<br />

daher weitgehend auf Fachtermini.<br />

Wichtigstes Anliegen der Autoren<br />

ist es, einen Beitrag zur Überwindung<br />

einer ethnozentristischen<br />

Weltsicht zu leisten. Wobei ganz<br />

konkret die eurozentristische Welt-<br />

36<br />

4/2009<br />

sicht gemeint ist. Und letztere,<br />

christlich geprägte Sicht geht voller<br />

Arroganz davon aus, dass die Gegebenheiten<br />

der (west-)europäischen<br />

Kultur/Zivilisation universell gültig<br />

seien. Und dass fremde Kulturen,<br />

Weltanschauungen und Religionen<br />

minderwertig seien.<br />

Der Band gliedert sich in drei Teile:<br />

Im Teil 1 geht es um Rituale und<br />

Zeremonien im individuellen Lebenszyklus<br />

der Menschen von der<br />

Geburt bis zum Tode. Vorgestellt<br />

werden solche Passage-Riten aus<br />

Lateinamerika (wo vorspanische<br />

Bräuche noch heute weiterleben,<br />

wenngleich oftmals verquickt mit<br />

katholischen), Afrika und moslemischen<br />

Staaten Asiens. Europa bzw.<br />

Deutschland wird vertreten durch<br />

einen fundierten und gut lesbaren<br />

Beitrag von Kristin Müller-Wenzel<br />

(Jg. 1983) über die Geschichte<br />

der Jugendweihe mit den Schwerpunkten<br />

DDR und Jugendfeiern<br />

des HVD heute (unter Bezug auf<br />

Isemeyer/Sühl). Ihren Ausführungen<br />

kann der Rezensent als Jugendweiheteilnehmer<br />

des <strong>Jahre</strong>s 1967<br />

und nachmaliger Mitgestalter solcher<br />

Feiern vor und nach 1989/90<br />

weitgehend zustimmen. Eine Bemerkung<br />

am Rande sei gestattet:<br />

Als Kristin Müller-Wenzel diesen<br />

Beitrag als Studentin in Münster<br />

verfasste, konnte die Autorin wohl<br />

nicht ahnen, dass sie nur kurze Zeit<br />

später zu den Mitbegründern des<br />

HVD in ihrer thüringischen Heimat<br />

zählen würde.<br />

Im zweiten Teil werden Rituale und<br />

Zeremonien im kollektiven <strong>Jahre</strong>sablauf<br />

vorgestellt, wiederum aus<br />

o.g. Regionen. Hierin eingebettet<br />

ist auch der Kölner Karneval. Ein<br />

dritter Teil bietet lobenswerter Weise<br />

Unterrichtsmaterialien an.<br />

Allerdings leidet die Lesbarkeit des<br />

Bandes sehr unter der penetranten<br />

durchgehenden Verwendung<br />

von weiblichen und männlichen<br />

Formen (Einwohnerinnen und<br />

Einwohner, Touristinnen und Touristen<br />

etc.) durch die meisten Autorinnen<br />

und den einen Autor.<br />

Siegfried R. Krebs<br />

Raesfeld, Lydia; Bartels, Ursula:<br />

Götter, Gaben und Geselligkeit<br />

: Einblicke in Rituale weltweit ;<br />

Gegenbilder, Band 6 – Münster<br />

u.a. : Waxmann, 2009. – 19,90<br />

Euro<br />

Die Evolution frisst ihre<br />

Kinder<br />

Der Verlag entschied sich, das<br />

Buch „Jenseits von Gut und Böse“<br />

am <strong>Jahre</strong>stag des Attentats auf das<br />

World-Trade-Center zu veröffentlichen,<br />

wohl weil Michael Schmidt-<br />

Salomon hier den Versuch macht,<br />

eine menschenfreundliche Philosophie<br />

jenseits von Gut und Böse<br />

zu skizzieren, denn unsere „altbackenen<br />

Moralvorstellungen ... ha-<br />

Adolph Hoffmann und die<br />

Trennung von Staat und Kirche<br />

Im vergangenen Jahr erinnerte aus<br />

Anlass des 150. Geburtstages eine Tagung<br />

der Humanistischen Akademie<br />

Berlin an den ehemaligen preußischen<br />

Minister für Wissenschaft, Kunst und<br />

Volksbildung, den Sozialdemokraten<br />

Adolph Hoffmann. Jetzt ist der dazugehörige<br />

Sammelband erschienen.<br />

Hoffmann hat für Konfessionslose<br />

Geschichte geschrieben, auf ihn geht<br />

die Trennung von Kirche und Staat<br />

zurück.<br />

Groschopp, Horst (Hrsg.): „Los von<br />

der Kirche!“. Adolph Hoffmann<br />

und die Staat-Kirche-Trennung in<br />

Deutschland. Schriftenreihe der<br />

Humanistischen Akademie Berlin, -<br />

Bd. 2. - 157 Seiten, kartoniert, Euro<br />

15.-, ISBN 978-3-86569-056-2<br />

ben uns“, wie er schreibt, „summa<br />

summarum krank, kritikunfähig,<br />

selbstsüchtig und dumm gemacht“.<br />

Darum bietet er uns nichts weniger<br />

an, als das, worum Christen<br />

seit Jahrhunderten beten: Die Erlösung<br />

von dem Bösen! Er lädt zu<br />

einem Perspektivwechsel ein, der,<br />

nach einer kritischen Überprüfung<br />

unserer Grundannahmen, zu<br />

einer entspannten Weltsicht verhelfen<br />

soll. Als Konsequenz wird<br />

uns eine „neue Leichtigkeit des<br />

Seins“ versprochen. Dass heißt allerdings<br />

keine Erlösung von allen<br />

Übeln, dafür aber eine wahrlich<br />

erleuchtete Lebenshaltung, die es<br />

uns erlaubt mit den „Widrigkeiten<br />

des Lebens etwas vernünftiger, etwas<br />

gelassener, etwas humorvoller<br />

umzugehen.“ Das Buch soll „einen<br />

winzigen Beitrag zur Entwicklung


einer solchen alternativen, lebensbejahenden<br />

Bewusstseinskultur<br />

leisten“. Mit seinen Ausführungen<br />

knüpft Schmidt-Salomon bewusst<br />

an Friedrich Nietzsche an (dessen<br />

Erinnerung das Buch gewidmet<br />

ist), der im Abschied vom moralischen<br />

Dreigestirn „Schuld – Sühne<br />

– Strafe“ den Fortschritt aller<br />

Fortschritte erblickte. In einer<br />

Anmerkung heißt es, dass man<br />

vieles, was er hier schreibe, unter<br />

dem Stichwort „Nietzsche Reloaded“<br />

durchgehen lassen könnte.<br />

Der erste, mit „Die neuen Früchte<br />

der Erkenntnis“ überschriebene,<br />

Teil ist eine Parforcetour durch<br />

neuere Forschungsergebnisse, die<br />

in gutem wissenschaftsjournalistischem<br />

Stil vermittelt werden. Im<br />

zweiten Teil wird eine Gebrauchsanleitung<br />

für „die neue Leichtigkeit<br />

des Seins“ geliefert. Hier stellt er<br />

u. a. in einer Verbindung westlicher<br />

und östlicher Weisheit eine<br />

„rationale Mystik“ vor, die aus<br />

eigenen Erfahrungen motiviert<br />

wurde. Leider benutzt Schmidt-<br />

Salomon in seiner Argumentation<br />

häufig Begriffe der Memetik, wo<br />

einfachere Erklärungen ausgereicht<br />

hätten. Das widerspricht dem von<br />

ihm selber an anderen Stellen oft<br />

bemühten Sparsamkeitsprinzip der<br />

Wissenschaft (Ockhams Rasiermesser).<br />

Dieses Buch ist trotzdem<br />

Aufklärung vom Besten. Es endet<br />

in der Feststellung, dass Kritik ein<br />

Geschenk sei, um die der Autor seine<br />

Leser ausdrücklich bittet.<br />

Frank Spade<br />

Schmidt-Salomon, Michael :<br />

Jenseits von Gut und Böse : Warum<br />

wir ohne Moral die besseren<br />

Menschen sind. – Zürich : Pendo-<br />

Verlag, 2009. – 19,95 Euro<br />

„Richtiges“ Sterben<br />

Im Zentrum dieses Buches steht<br />

die Schrecknis des Todes. Ich werde<br />

sterben. Sagen lässt sich das<br />

leicht. Dass dieses Ich aber nicht<br />

irgendein allgemeines, sondern tatsächlich<br />

ich bin, diese Einsicht hat<br />

eine Wucht, die es abzufedern gilt.<br />

Durch Jenseitsvorstellungen etwa.<br />

Oder, wenn die nicht mehr greifen,<br />

durch eine Vorstellung vom „richtigen“<br />

Sterben.<br />

Der Journalist und promovierte Literaturwissenschaftler<br />

Matthias Kamann<br />

liest die gegenwärtige, hitzige<br />

Debatte um Sterbehilfe als religiösen<br />

Ersatzdiskurs – und diese Lesart<br />

erweist sich in die verschiedensten<br />

Richtungen als außerordentlich<br />

fruchtbar. Geht es in dieser Debatte<br />

nicht in der Tat immer auch<br />

um Tröstung? Um die Tröstung eines<br />

Individuums, das sich seit der<br />

Aufklärung als im höchstem Maße<br />

selbstbestimmt begreifen darf,<br />

durch seine Sterblichkeit aber unauslöschlich<br />

narzisstisch verwundet<br />

bleibt, und zwar umso mehr, als<br />

kein transzendentes Pflaster mehr<br />

da ist? Was läge da näher, als die<br />

Wunde dadurch ein Stück weit zu<br />

heilen, dass gerade das Sterben zum<br />

Zielpunkt der Selbstbestimmung<br />

erklärt wird?<br />

Folgerichtig analysiert Kamann die<br />

selbstbestimmte Individualität als<br />

säkulare „Brücke“ zwischen Leben<br />

und Tod: „Ich lebe meine Furcht,<br />

meine Erschütterung und auch<br />

meine Hoffnungen angesichts des<br />

Todes dadurch aus, dass ich im<br />

Sterben ganz ich bin, sei es dank<br />

Suizid-Assistenz, sei des dank Palliativpflege.“<br />

Und nicht nur das: In Lektüren<br />

populärer Diskurse zeigt der Autor,<br />

wie die Individualität derzeit<br />

ihre eigene Sterblichkeit zu überdauern<br />

scheint, in den Tod hinein<br />

verlängert wird. Etwa im Internet,<br />

wenn Angehörige das Andenken<br />

an Verstorbene öffentlich pflegen<br />

und sich an diese richten, als wären<br />

sie noch lebendig; oder in der<br />

Körperwelten-Ausstellung Gunther<br />

van Hagens, der den Körper als unsterbliches<br />

Plastinat präsentiert.<br />

Doch nicht nur Tröstung, auch moralische<br />

Maßregelung ist das Ziel<br />

des Sterbehilfe-Ersatzdiskurses: Die<br />

religiöse Letztbegründung der Unverfügbarkeit<br />

des eigenen Lebens<br />

etwa findet seine immanente Variante<br />

im Dammbruchargument, das<br />

eine Liberalisierung der Sterbehilfe<br />

sogleich in eine Widerbelebung<br />

nationalsozialistischer Euthanasie<br />

münden sieht.<br />

Zu guter Letzt ist die Individualität<br />

für Kamann auch Dreh- und<br />

Angelpunkt eigener moraltheoretischer<br />

Überlegungen, die in ihrer<br />

ganzen Differenziertheit (etwa,<br />

warum der Autor die aktive Sterbehilfe<br />

ablehnt, die Suizidbeihilfe<br />

aber unter strengsten Bedingungen<br />

begrüßenswert fände) hier nicht<br />

wiedergegeben werden können.<br />

Soviel aber sei gesagt: Den tiefen<br />

Respekt vor der Individualität des<br />

Menschen zur obersten Maxime<br />

auch hinsichtlich seines Sterbens zu<br />

erheben, hat Überzeugungskraft. Es<br />

gibt kein „richtiges“ Sterben. Sondern<br />

nur das je einzelne Schrecknis.<br />

Und dieses im Einzelfall zu erleichtern,<br />

sofern der Tod wirklich das<br />

Letzte ist, das gewünscht werden<br />

kann – das, so Kamann, wäre human.<br />

Svenja Flaßpöhler<br />

Kamann, Matthias: Todeskämpfe<br />

; Die Politik des Jenseits und der<br />

Streit um Sterbehilfe. – Bielefeldt<br />

: Transcript Verlag, 2009. – 17,80<br />

Euro<br />

Humanismus für die Zukunft<br />

Mit das höchste Lob, das ich aussprechen<br />

kann, besteht in der<br />

Formel „Banal, aber fundamental<br />

und damit essenziell“. So auch im<br />

Fall des vorliegenden Buches von<br />

Frieder Otto Wolf: „Humanismus<br />

für das 21. Jahrhundert“. Dass dabei<br />

wesentlich genau so wenig mit<br />

wesenhaft verwechselt werden darf<br />

wie fundamental mit fundamentalistisch,<br />

erwähne ich auch deshalb,<br />

weil eine der entscheidenden Selbstkritiken<br />

des bekennenden, ja militanten<br />

Humanisten Frieder Otto<br />

Wolf in der Absage an jede Anthropologie<br />

besteht, die beansprucht,<br />

das menschliche Wesen ein für alle<br />

Mal feststellen zu können.<br />

Wolf kritisiert nicht nur ältere,<br />

metaphysische Anthropologien,<br />

sondern auch neuere, inzwischen<br />

gleichfalls veraltete scientistische,<br />

die in aller Regel zugleich naturalistische<br />

sind, gerade deshalb aber bis<br />

heute in bestimmten „freidenkerischen“<br />

Kreisen ebenfalls Zuspruch<br />

finden.<br />

Wolf geht so weit zu schreiben, dass<br />

angesichts der „‚wissenschaftlich’<br />

begründeten Eugenik-Phantasien<br />

mancher unserer Urgroßväter in<br />

Sachen Humanismus“ eingeräumt<br />

werden muss, „dass auch in unserer<br />

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4/2009 37


eigenen Tradition das Böse seinen<br />

Platz gehabt hat“. Das Böse, wie ich<br />

in Wolfs Sinn betone!<br />

Dieser ist ein so entschiedener Moralist,<br />

dass ihm generell die Kategorie<br />

„Schlecht“ für die nicht auszureichen<br />

scheint, „die einfach sagen:<br />

‚Ich will mich nicht über mein<br />

Handeln mit anderen verständigen,<br />

ich tue einfach das, was mir<br />

einfällt und gut erscheint, wozu ich<br />

mich entschließe, unabhängig davon,<br />

was es für andere bedeutet und<br />

brauche mich dafür nicht zu rechtfertigen.<br />

Ein derartiges Subjekt<br />

verhält sich in einem spezifischen<br />

Sinne „böse“, wie Wolf resümiert.<br />

Er ist überzeugt davon, „dass auf<br />

die Kategorie eines ‚bösen Subjekts’<br />

nicht zu verzichten ist, so lange es<br />

einem ernsthaft um ein gemeinsam<br />

zu findendes Gutes geht.“<br />

Auf die demokratische Interdiskursivität<br />

einer jeden Ethik humanistischen<br />

Anspruchs legt Wolf den<br />

höchsten Wert. Gerade was die<br />

aktuell-biopolitische Frage nach<br />

den Grenzen der technischen Veränderbarkeit<br />

menschlichen Erbguts<br />

angeht, plädiert er vehement für<br />

eine „Diskussion mit allen“: über<br />

die Kompatibilität gentechnischer<br />

Forschungen und Maßnahmen<br />

mit der „Würde des Menschen“.<br />

Wie anders denn, wenn man gleich<br />

Wolf die Absicht eines „praktischen<br />

Humanismus als politischer Ethik“<br />

in die Worte fasst: „produktiv und<br />

38<br />

4/2009<br />

zielbewusst daran<br />

zu arbeiten,<br />

alle Verhältnisse<br />

zu überwinden,<br />

in denen die<br />

Menschenwürde<br />

nicht geachtet<br />

wird“.<br />

Der Rückbezug<br />

auf den „jungenRadikaldemokraten“<br />

Karl Marx ist so<br />

gewollt wie evident.<br />

Wolf hält<br />

sogar am Ziel<br />

einer Überwindung<br />

der Kapitalherrschaft<br />

fest, in der gegenwärtigen,<br />

dem NeoliberalismusgeschuldetenWeltwirtschaftskrise<br />

mehr denn je,<br />

doch auf eben<br />

demokratische<br />

Art und Weise,<br />

sich damit in<br />

eine Tradition stellend, die weit<br />

hinter den jungen Marx zurückreicht,<br />

bis ins antike Athen.<br />

Wolf vertritt insgesamt die Positionen<br />

einer in der griechisch-römischen<br />

Antike beginnenden religionsunabhängigen<br />

und insofern<br />

autonomen: einer menschlichen<br />

Vernunft, doch gerade deshalb plädiert<br />

er dafür – unter „Freidenkern“<br />

nicht unbedingt selbstverständlich<br />

–, „nicht die Abgrenzung, etwa von<br />

den Kirchen, in den Vordergrund<br />

zu rücken“, sondern vielmehr das,<br />

was positiv in Gesamt-, ja Weltgesellschaft<br />

eingebracht werden kann<br />

und soll. Ja, Wolf setzt auf Dialog<br />

und Kooperation mit Bündnispartnern,<br />

die gleich welcher Konfession,<br />

für eine menschliche(re) Gesellschaft<br />

eintreten.<br />

Wolf, der sich nicht nur aus pazifistischen<br />

Gründen nachdrücklich<br />

für das „polylogische Palaver<br />

der Menschheit als Grund der<br />

Menschenrechte“ einsetzt, kann<br />

unmöglich akzeptieren, Argumente<br />

nur deshalb nicht ernsthaft zu<br />

prüfen, weil sie von jemand vorgebracht<br />

werden, der an einen Gott<br />

glaubt. Selbstverständlich ist nach<br />

wie vor deutliche Kritik angesagt<br />

gegenüber solchen, die mit religiösen<br />

Absolutheitsansprüchen auftreten,<br />

ob sie nun für viele ihrer<br />

Glaubensgenossen sprechen oder<br />

nicht. Doch unter diesen finden<br />

sich nicht wenige, die kompetent<br />

über Hunger und Elend sprechen,<br />

sich gegen Unterdrückung und für<br />

Befreiung engagieren.<br />

Wolf hat inzwischen gelernt – niemand<br />

von uns, ob (noch) gläubig<br />

oder nicht (mehr), konnte das<br />

von Kindesbeinen an wissen, so<br />

verstellt war in allen Lagern ein<br />

authentischer Zugang zur Bibel<br />

-, dass z.B. „bei den sogenannten<br />

kleinen Propheten die Bezugnahme<br />

auf das einfache Volk und seinen<br />

mit einem unnennbaren Gott geschlossenen<br />

Bund zur Grundlage<br />

der Forderung nach Autonomie“<br />

geworden ist. Komplementär dazu<br />

ist Wolf außerordentlich klar, dass<br />

es nicht mehr angehen kann, „bereits<br />

in der Abwendung von Gott<br />

oder anderen abstrakten höheren<br />

Wesen einen Beitrag zu einer rational<br />

geforderten Humanisierung<br />

der Menschheitsgeschichte zu erblicken“.<br />

Wolf, der zu pointieren versteht,<br />

nennt „Nobelpreisträger, die im<br />

Namen der Wissenschaft ihr persönliches<br />

Bekenntnis anderen aufdrängen“,<br />

nicht weniger „Pfaffen“<br />

als solche à la lettre. Kein Zweifel<br />

besteht gerade auch für ihn darin,<br />

„dass der Aufstieg der empirischen<br />

Wissenschaften im Kontext der<br />

Aufklärung die Grundlage für eine<br />

Emanzipation des Denkens von<br />

jeder Art von doktrinärer und dogmatischer<br />

Bevormundung durch<br />

Staatsmacht oder Kirchen gewesen<br />

ist“, was aber keineswegs rechtfertige,<br />

„die institutionalisierten<br />

Wissenschaften nun ihrerseits mit<br />

der Autorität einer Kirche auszustatten“.<br />

Hieraus folgt, dass wir im Hinblick<br />

auf das Verhältnis zwischen Laie<br />

und Experte, wie es sich in der<br />

Wissenschaft als Beruf darstellt,<br />

immer darauf achten müssen, „dass<br />

es nicht auf ein Verhältnis zwischen<br />

Laie und Priester regrediert, in dem<br />

es nur noch um unterschiedliche<br />

hierarchisch angeordnete und insofern<br />

im schlechten Sinne autoritäre<br />

Positionen geht“. Auch was HumanistInnen<br />

zu vertreten haben, können<br />

immer nur „Vorschläge an eine<br />

allgemeine Öffentlichkeit“ sein, die<br />

aber „der Möglichkeit des Irrtums,<br />

sicherlich auch der Zeitgebundenheit“<br />

unterliegen.<br />

Unbeschadet dessen missversteht<br />

sich Wolfsche Rationalität keinen<br />

Augenblick als schlechte Beliebigkeit<br />

in Art eines ebenso schlechten<br />

und inaktuell gewordenen Skeptizismus.<br />

Der „postmoderne“ Zeitgeist<br />

mag von ihm noch so infiltriert<br />

geblieben sein, Wolf vertritt<br />

den für ihn zentralen Gedanken der<br />

Herausarbeitung einer nicht beliebigen<br />

Haltung, ja, der Produktion<br />

einer Wahrheit unserer Zeit. Freilich<br />

ist sofort auch „Produktion“<br />

zu betonen, handelt es sich wahrheitspolitisch<br />

bei der „Wahrheit<br />

unserer Zeit“ doch um ein „unbeendbares<br />

Ringen um Wahrheit“,<br />

das allerdings – Pointe der Pointe<br />

– resultatsorientiert, also ernsthaft<br />

ist: „diskursiv und erfahrungsoffen,<br />

aber doch klar und bestimmt“ im<br />

einmal gefundenen Ergebnis. Praktischer<br />

Humanismus à la Wolf geht<br />

von den vielfältigen Erfahrungen<br />

des Leidens einzelner Menschen<br />

und Menschengruppen aus, greift<br />

sie insgesamt auf, um sie unter Beibehaltung<br />

ihrer Vielfalt dann „zusammenwirken“<br />

zu lassen.<br />

Ernsthaftigkeit und Verbindlichkeit<br />

solcher Kommunikation und<br />

Kooperation wird einfach schon<br />

von der fundamentalen Krisenhaftigkeit<br />

unserer Zeit geboten. Heute<br />

ist die große Frage nicht mehr, wie<br />

dies zu Anfang des 20. Jahrhunderts<br />

Rosa Luxemburg formuliert<br />

hat, „Sozialismus oder Barbarei?“,<br />

sondern die große Frage ist heute,<br />

ob die bereits eingetretene Barbarei<br />

weiterhin bestehen wird oder ob<br />

eine real mögliche Alternative dazu<br />

gefunden werden kann, „welche die<br />

Menschheit insgesamt zumindest<br />

auf dem Stand der erreichten zivilisatorischen<br />

Errungenschaften hält,<br />

oder sie sogar auf einem Weg der<br />

historischen Verwirklichung von<br />

gleicher Freiheit und Herrschaftsüberwindung<br />

weiter voranbringt“.<br />

Und diese Frage ist eine „dringliche“,<br />

wie Wolf betont.<br />

Gleich Propheten sind auch Apokalyptiker<br />

im 20. Jahrhundert mehr<br />

denn je wieder aktuell geworden,<br />

doch dies festzuhalten – mehr als<br />

Wolf auch der biblischen Tradition<br />

verpflichtet, obgleich ebenfalls auf<br />

agnostische Weise – ist nicht mein<br />

Punkt. Ich habe ein einziges, freilich<br />

nicht unwichtiges Desiderat anzumelden:<br />

In der vorliegenden und<br />

nur zu empfehlenden Broschüre<br />

kommen Ästhetik und Kunst mehr<br />

als zu kurz. Hier sollte im Blick auf<br />

eine wünschenswerte Zweitauflage<br />

unbedingt „nachgebessert“ werden;<br />

denn: Kein wie immer gearteter<br />

Humanismus ohne Ernstnehmen<br />

des Ästhetischen.<br />

Richard Faber<br />

Wolf, Frieder Otto : Humanismus<br />

für das 21. Jahrhundert. -<br />

Berlin: <strong>Humanistischer</strong> <strong>Verband</strong><br />

<strong>Deutschlands</strong>, Landesverband<br />

Berlin, 2009. – 5 Euro


ausspRache<br />

Nichts Neues im Eichsfeld<br />

Gegen eine staatliche Schule mit<br />

christlichem Leitbild (diesseits<br />

88/2009)<br />

Die Bedenken vor der Gründung<br />

einer staatlichen Schule mit christlichem<br />

Leitbild verstehe ich nicht ganz,<br />

denn ich habe im Eichsfeld nichts<br />

anderes kennengelernt. Nach dem<br />

Besuch meiner Kinder im staatlichen<br />

Kindergarten mit kleinem Gebet vor<br />

den Mahlzeiten ging es zur Grundschule.<br />

Auf den Wunsch, unsere Kinder<br />

vom Religionsunterricht zu befreien,<br />

erhielt ich von der Direktorin<br />

die Auskunft, dies sei nicht möglich.<br />

Meine Kinder seien die einzigen der<br />

ganzen Schule und ihnen würde<br />

dann ja ein Unterrichtsfach fehlen.<br />

Nach Auskunft des Schulrats wusste<br />

ich, dass das so nicht stimmt. Unwissenheit<br />

oder vorsätzliche Lüge der<br />

Schuldirektorin? Mein Sohn geht nun<br />

seit einigen Wochen auf ein staatliches<br />

Gymnasium. Am ersten Elternabend<br />

saß ich im Gemeinschaftsraum unter<br />

einem Jesus am Kreuz. Statt kath.<br />

Religionsunterricht 2 Stunden wöchentlich<br />

wird Ethik angeboten, aber<br />

nur eine Stunde wöchentlich und am<br />

Ende eines anstrengenden Schultages.<br />

Die Freude auf ein verspätetes Immatrikulationsfest<br />

der Klassen 5 wurde<br />

mir verdorben, als ich die Einladung<br />

las. Es wird in die Pfarrkirche gebeten,<br />

wo die Kinder mit ihren Lehrern<br />

eine kleine Andacht gestalten…<br />

Gertraud Holtz, Krombach<br />

Gutes Angebot<br />

Zur Berichterstattung über das<br />

neue Patientenverfügungsgesetz<br />

(diesseits 88/2009)<br />

Zunächst möchte ich Ihnen allgemein<br />

für das letzte Heft von diesseits meine<br />

hohe Anerkennung aussprechen. Es<br />

ist in jedem Artikel informativ, anspruchsvoll<br />

und anregend und macht<br />

Lust auf Mehr.<br />

(…) Weil mir bisher nicht bewusst<br />

war, dass sich auch der Humanistische<br />

<strong>Verband</strong> so intensiv um die<br />

Patientenverfügung bemüht, bin ich<br />

Mitglied in der Gesellschaft für Humanes<br />

Sterben geworden (…) Sehr<br />

gerne nehme ich die in diesem Heft<br />

angebotene Gelegenheit wahr, meine<br />

Patientenverfügung von Ihnen überprüfen<br />

zu lassen (…)<br />

Dr. Renate Zoepffel, Freiburg<br />

Niederländische Praxis<br />

Zum Leserbrief Feierkultur (diesseits<br />

83/2008)<br />

(…) Insgesamt fällt mir auf, dass<br />

gerade die Seite Aussprache in den<br />

verschiedenen diesseits-Ausgaben<br />

doch sehr informative und anregende<br />

Artikel enthält. (…) Anlass meines<br />

heutigen Briefes ist ein Besuch,<br />

den ich mit der Emdener Gruppe<br />

des Humanistischen <strong>Verband</strong>es am<br />

5.9. in Groningen gemacht habe. Es<br />

wurde dort auch deutlich, dass zwischen<br />

Groninger Humanisten und<br />

der deutschen Zentrale in Berlin<br />

Kontakte bestehen. Für uns deutsche<br />

Humanisten in einer Randlage<br />

<strong>Deutschlands</strong> war schon beeindruckend,<br />

dass es im Raum Groningen<br />

… 800 Vereinsmitglieder gibt, ein<br />

Vereinszentrum in relativ zentraler<br />

Lage und ein Vereinsleben inklusive<br />

monatlich erscheinender eigener<br />

Zeitschrift. Jeden Dienstag und<br />

Der Diesseits -Gedanke<br />

Mittwoch … kann jedermann ins<br />

Zentrum kommen für eine Tasse<br />

Kaffee oder auch in die humanistische<br />

Bibliothek, … so dass man<br />

in Groningen wohl der von Thorsten<br />

Sommer im Leserbrief in Nr.<br />

83/2008 ersehnten Feierkultur in<br />

nicht übertriebener Weise etwas näher<br />

gekommen ist.<br />

Wolfgang Zipper, Meppen<br />

Der Mensch dachte sich sein eigenes Gegenteil;<br />

da hatte er seinen Gott.<br />

Christian Friedrich Hebbel, 1813 – 1863,<br />

deutscher Dramatiker und Lyriker<br />

4/2009 39


humanistischer verband<br />

deutschLands (hvd)<br />

bundesvorstand<br />

Wallstr. 61-65, 10179 Berlin<br />

Fon 030-613 904-34, Fax 613 904-50<br />

http://www.humanismus.de<br />

hvd@humanismus.de<br />

bundesverband Junge<br />

humanistinnen<br />

Wallstraße 61-65, 10179 Berlin<br />

Fon 030-613904-76, Fax 613904-50<br />

info@juhu-bund.de, www.juhu-bund.de<br />

BADEN-WÜRTTEMBERG<br />

hvd regionalgemeinschaft<br />

ulm-bodensee e.v.<br />

Postfach 2307, 89013 Ulm<br />

hvd-bw@humanismus.de<br />

die humanisten Württemberg<br />

K.d.ö.R<br />

Mörikestraße 14, 70178 Stuttgart<br />

Fon 0711-6493-780, Fax -886<br />

a.henschel@dhuw.de, www.dhuw.de<br />

BAyERN<br />

hvd bayern e.v.<br />

n Landesgeschäftsstelle<br />

Äußere Cramer-Klett-Str. 11-13,<br />

90489 Nürnberg<br />

Fon 0911-43104-0, Fax 43104-15<br />

info@hvd-bayern.de, www.hvd-bayern.de<br />

humanistische akademie<br />

bayern e.v.<br />

Äußere Cramer-Klett-Str. 11-13,<br />

90489 Nürnberg<br />

Fon 0911-43104-0, Fax -15<br />

www.humanistische-akademie-bayern.de<br />

info@humanistische-akademie-bayern.de<br />

Humanistisches Sozialwerk<br />

Bayern gGmbH<br />

Äußere Cramer-Klett-Str. 11-13<br />

90489 Nürnberg<br />

Fon 0911 431040<br />

Fax 0911 4310415<br />

Projekt Schuldnercoaching:<br />

Fon 0911 43104-12 info@hsw-bayern.de<br />

www.hsw-bayern.de<br />

hvd nürnberg K.d.ö.r.<br />

n Geschäftsstelle<br />

Äußere Cramer-Klett-Str. 11-13,<br />

90489 Nürnberg<br />

Fon 0911-43104-0, Fax 43104-15<br />

info@hvd-nuernberg.de<br />

www.hvd-nuernberg.de<br />

n Bestattungsreden: 0911-43104-14<br />

n Service-Line 0180-11 123 11<br />

n Jugendfeier-Team und Junge<br />

HumanistInnen: 0911-43104-11<br />

jugendfeier@hvd-nuernberg.de<br />

www.jugendfeier.net<br />

Stadtmauerturm der JuHus: Spittlertormauer<br />

7, 90402 Nürnberg<br />

n <strong>Humanistischer</strong> Kindergarten<br />

Nbg.-St. Peter<br />

Burgerstr. 6, 90478 Nürnberg<br />

Fon 0911-42 45 68-0, Fax -3<br />

kiga.st.peter@hvd-nuernberg.de<br />

n <strong>Humanistischer</strong> Kindergarten<br />

Nbg.-Mögeldorf<br />

Ziegenstr. 28, 90482 Nürnberg<br />

Fon 0911-95 33 58-0, Fax -3<br />

kiga.moegeldorf@hvd-nuernberg.de<br />

n Humanistisches Haus für Kinder<br />

Am Südpark<br />

Dr. Meyer-Spreckels-Str. 5,<br />

90763 Fürth<br />

Telefon 0911-97791013, Fax -17<br />

hfk.fuerth@hvd-nuernberg.de<br />

n turmdersinne gGmbH<br />

Büro: Spittlertorgraben 45<br />

90429 Nürnberg<br />

Fon 0911-94432-81, Fax -69<br />

info@turmdersinne.de<br />

www.turmdersinne.de<br />

Adresse des Turms:<br />

Mohrenturm am Westtor, Nürnberg,<br />

Spittlertorgraben Ecke Mohrengasse<br />

HVD Fürth e.V.<br />

c/o Humanistische Grundschule<br />

Waldstraße 62<br />

90763 Fürth<br />

info@hvd-fuerth.de<br />

www.hvd-fuerth.de<br />

n Humanistische Grundschule Fürth<br />

Waldstraße 62<br />

90763 Fürth<br />

Fon 0911 3766833-0<br />

Fax 0911 3766833-9<br />

info@humanistische-schule.de<br />

www.humanistische-schule.de<br />

hvd Würzburg<br />

Bukarester Str. 12, 97084 Würzburg<br />

www.hvd-wuerzburg.de.vu<br />

hvd-wuerzburg@gmx.de<br />

BERLIN/BRANDENBURG<br />

humanistischer verband<br />

berlin-brandenburg<br />

Wallstr. 61-65, 10179 Berlin<br />

Fon 030-613 904-0, Fax 030-613 904-50<br />

www.hvd-potsdam.de, www.hvbb-online.de<br />

BERLIN<br />

hvd berlin<br />

Landesgeschäftsstelle<br />

Wallstr. 61-65, 10179 Berlin<br />

Fon 030-613 904-0<br />

Fax 030-613 904-50<br />

hvd-berlin@humanismus.de<br />

Direkte Durchwahlnummern:<br />

n Abteilung Kitas -39<br />

n Abteilung Gesundheit/Soziales -25<br />

n Abteilung Lebenskunde -60<br />

n Abteilung Jugend/Jugendfeier -74, Fax -89<br />

n Patientenverfügungen/Trauergruppen<br />

-11, -19, Fax -36<br />

www.patientenverfuegung.de<br />

mail@patientenverfuegung.de<br />

n V.I.S.I.T.E.<br />

Besuchs- und Hospizdienst -32<br />

www.visite-hospiz.de, mail@visite-hospiz.de<br />

n Kinderhospiz „Berliner Herz“ -80<br />

n Öffentlichkeitsarbeit -26<br />

n Kultur -23<br />

n Fundraising -38<br />

n Freiwilligenarbeit/Mitglieder betreuung/<br />

Seniorenkoordinatorin -15<br />

n Junge HumanistInnen Berlin<br />

Danziger Str. 50, 10437 Berlin<br />

Fon 030-442 72 16, Fax 442 34 93<br />

info@juhu-berlin.de, ingo@juhu-berlin.de<br />

n Jugendtreff „PPZ“ der Jungen<br />

HumanistInnen, Marzahner Chaussee 9 10315<br />

Berlin, Fon/Fax 030-510 17 76<br />

n Jugendgästehaus Heiligensee<br />

info@juhu-heiligensee.de<br />

030 43605470<br />

n Schulklub Sakura-Grundschule<br />

Rochstraße 7, 10178 Berlin<br />

Fon 030-42 85 21 79<br />

n Café Rix GmbH<br />

Karl-Marx-Straße 141, 12043 Berlin<br />

Fon/Fax 030-686 90 20<br />

n Sozialstation „Die Brücke“<br />

Wallstr. 61-65, 10179 Berlin<br />

Fon 030-613 904-93 /-97, Fax -91<br />

n Mobilitätshilfedienst Berlin-Mitte<br />

Wallstr. 61-65, 10179 Berlin<br />

Fon 030-613 904-95 /-96, Fax -91<br />

n Schwangerschaftskonflikt-beratungsstelle,<br />

Schönholzer Str. 6, 13187 Berlin<br />

Fon/Fax 030-441 79 92<br />

skb@hvd-berlin.de<br />

n Kontakt- und Informationsstelle für<br />

Selbsthilfe (KIS)<br />

Nachbarschaftshaus Pfefferwerk<br />

Fehrbelliner Str. 92, 10119 Berlin<br />

Fon 030-443 43 17, Fax 44 34 04 78<br />

n Betreuungsverein<br />

Alt-Moabit 108 a, 2. Etg., 10559 Berlin<br />

Fon 030-441 30 57, Fax 441 30 59<br />

Betreuungsverein.hvd@berlin.de<br />

n Brückentreff Psychosoziale Kontakt- und<br />

Beratungsstelle<br />

Torstraße 158, 10115 Berlin<br />

Fon 030-280 74 42/ -43, Fax -44<br />

Kitas:<br />

n Adlershofer Marktspatzen<br />

Helbigstr.31, 12489 Berlin<br />

Fon/Fax 030-677 42 09<br />

n Am Park<br />

Engelhardtstr. 10, 12487 Berlin<br />

Fon/Fax 030-631 66 99<br />

n Bornsdorfer Str. 14, 12053 Berlin<br />

Fon 030-56 82 86 63<br />

n Dreikäsehoch<br />

Johanna-Tesch-Str. 20, 12439 Berlin<br />

Fon 030-671 70 33, Fax 67 89 45 28<br />

dreikaesehoch@humanistischekitas.de<br />

n Friedenauer Strolche<br />

Sponholzstraße 16, 12159 Berlin<br />

Fon/Fax 030-75 60 62 09<br />

n Gartenstadtfrösche<br />

Zur Gartenstadt 239, 12526 Berlin<br />

Fon 030-67 82 45 03, Fax 67 82 45 04<br />

gartenstadt@humanistischekitas.de<br />

n General-Woyna-Str. 48<br />

13403 Berlin, Fon/Fax 030-413 30 72<br />

n Holtheimer Weg 6-8, 12207 Berlin<br />

Fon 030-712 49 30, Fax 71 09 74 92<br />

n Hopsekäse<br />

Scharnweberstr. 60, 10247 Berlin<br />

Fon/Fax 030-291 61 64<br />

n Kastanienallee 28/30, 12627 Berlin<br />

Fon/Fax 030-995 22 69 kastanienallee@<br />

humanistischekitas.de<br />

n Kinderhaus Felix<br />

Zühlsdorfer Str. 16, 12679 Berlin<br />

Fon 030-935 80 35, Fax 93 02 78 16<br />

kinderhausfelix@humanistischekitas.de<br />

n Knirpsenstadt am Glitzerbach<br />

Geraer Ring 50/52, 12689 Berlin<br />

Fon/ Fax 030-933 91 98<br />

n Landreiterweg 55, 12353 Berlin<br />

Fon 030-667 90 90, Fax 66 79 09 33<br />

n Michel-Klinitz-Weg 18<br />

12349 Berlin, Fon 030-743 10 14<br />

n Mühlengeister<br />

Thomas-Mann-Str. 17/19, 10409 Berlin<br />

Fon 030-424 17 31, Fax 42 16 15 86<br />

muehlengeister@humanistischekitas.de<br />

n Pillnitzer Weg 6, 13593 Berlin<br />

Fon 030-20 91 48 90, Fax 209 14 89 20<br />

pillnitzerweg@humanistischekitas.de<br />

n PrenzlZwerge<br />

Stahlheimer Str. 27, 10439 Berlin<br />

Fon 030-445 71 94, Fax 40 00 30 61<br />

prenzlzwerge@humanistischekitas.de<br />

n Stadtfüchse<br />

Jablonskistr. 11, 10405 Berlin<br />

Fon/Fax 030-441 42 82 erzieherinnen.<br />

stadtfuechse @web.de<br />

n Wasserwerkstr. 3, 13589 Berlin<br />

Fon 030-37 49 90 30, Fax 374 99 03 24<br />

wasserwerkstrasse@humanistischekitas.de<br />

n Rappelkiste<br />

Alfred-Randt-Str.15/17, 12559 Berlin<br />

Fon 030-654 35 58, Fax 654 60 49<br />

n Wirbelwind, Friedrich-Engels-<br />

Str. 45/47, 13156 Berlin<br />

Fon 030-916 51 24, Fax 47 03 68 69<br />

wirbelwind@humanistischekitas.de<br />

n Zum Hasenhügel<br />

Waldheimer Str. 10/12, 12627 Berlin<br />

Fon 030-994 28 49, Fax 99 28 50 79 zum.<br />

hasenhuegel@humanistischekitas.de<br />

n Konfliktberatung für Paare<br />

Fon über 030-613 904-15<br />

n Neustart – Betreutes Wohnen<br />

für Obdachlose<br />

Alt Reinickendorf 7, 13407 Berlin<br />

Fon 030-4 14 68 74, Fax -75<br />

neustart@hvd-berlin.de<br />

www.wp-neustart.de<br />

n Humanistische Akademie e.V.<br />

Redaktion „humanismus aktuell“<br />

Wallstr. 61-65, 10179 Berlin<br />

Fon/Fax 030-44 34 09 41<br />

www.humanistische-akademie.de<br />

n Koordinierungsstelle für ambulante<br />

Re habilitation älterer Menschen in Neukölln<br />

Haus des älteren Bürgers<br />

Werbellinstraße 42, 12053 Berlin<br />

Fon 030-689 77 00, Fax 68 97 70 20<br />

n Berliner Seniorentelefon<br />

Fehrbelliner Straße 92, 10119 Belin<br />

Fon 030-279 63 93, Fax 44 02 49 97<br />

Sprechzeiten: Mo, Fr, So 14-16 Uhr, Mi 12-16<br />

Uhr unter Fon 030-279 64 44<br />

www.berliner-seniorentelefon.de<br />

info@berliner-seniorentelefon.de<br />

n HOTEL4YOUth<br />

Schönhauser Allee 103, 10439 Berlin<br />

Fon 030-446 77 -83, Fax -859<br />

www.hotel4youth.de, info@hotel4youth.de<br />

n Kinder- und Jugendbüro Marzahn<br />

Kastanienallee 55, 12627 Berlin<br />

Fon 030 9339466<br />

kijubue-marzahn@web.de<br />

n Internetcafé für Senioren<br />

Weltenbummler, Werbellinstraße 42, 12053<br />

Berlin-Neukölln<br />

Fon 030-68054287<br />

n Gesundheitliche und soziale Dienste des HVD<br />

in Tempelhof,<br />

Friedrich-Wilhelm-Straße 59<br />

12103 Berlin, Fon 030-71096852<br />

BRANDENBURG<br />

humanistischer regionalverband<br />

Ostbrandenburg e.v.<br />

PF 1142, 15701 Königs Wusterhausen<br />

Fon 03375-29 77 78, Fax 29 33 35<br />

verein@humanistenkw.de<br />

verwaltung@humanistenkw.de<br />

n Aktionskita „Knirpsenstadt“<br />

Goethestr. 5,<br />

15711 Königs Wusterhausen<br />

Fon 03375-87 28 45<br />

n Jugend-Freizeit-Zentrum<br />

Scheederstr. 47,<br />

15711 Königs Wusterhausen<br />

Fon 03375-29 67 69<br />

hvd regionalverband brandenburg<br />

nord e.v.<br />

Mühlenfeld 12, 16515 Oranienburg<br />

Fon 03301-83 41 11, Fax 83 41 20<br />

n Humanistisches Musikzentrum<br />

n Feierkultur<br />

n Schuldnerberatung, Vermeidung von<br />

Obdachlosigkeit<br />

n Jugend- und Sozialwerk gGmbH<br />

Kanalstr. 20, 16515 Oranienburg<br />

Fon 03301-58 28 94<br />

n Berufsbildungswerk Nordost gGmbH<br />

Albert-Buchmann-Str. 1,<br />

16515 Oranienburg<br />

Fon 03301-53 54 40<br />

n Betreutes Jugendwohnen<br />

Bernauer Str. 146, Haus 106,<br />

16515 Oranienburg<br />

Fon 03301-80 70 56<br />

nebenstelle neuruppin<br />

Fehrbelliner Str. 139, 16816 Neuruppin<br />

Fon 03391-50 38 42, Fax 35 05 13<br />

n Feierkultur<br />

n Selbsthilfe-Kontaktstelle<br />

n Schulsozialarbeit<br />

humanistischer regional verband<br />

brandenburg/belzig e.v.<br />

Willibald-Alexis-Str. 28<br />

14772 Brandenburg<br />

Fon 03381-73 03 80, Fax 73 03 79<br />

humreg@humreg.de<br />

Kinder- und Jugendclub, Jugendfeier,<br />

Seniorenarbeit, Junge Humanisten,<br />

Schulsozialarbeit, Bereich „Hilfe zur Erziehung“<br />

stadtteilbüro im bürgerzentrum<br />

Große Gartenstraße 42a<br />

14776 Brandenburg an der Havel<br />

Fon 03381-25 09-62, Fax -63<br />

humanistischer regionalverband<br />

Potsdam/Potsdam-mittelmark e.v.<br />

n Geschäftsstelle Potsdam<br />

Jägerstr. 36, 14467 Potsdam<br />

Büro und Patientenverfügung:<br />

Fon 0331-290 94 76<br />

Jugendfeier: Fon 0331-270 98 04<br />

Fax 0331-280 58 81<br />

hvdppm@aol.com<br />

hvd-potsdam@freenet.de<br />

humanistischer regionalverband teltowfläming<br />

e.v.<br />

Goethestr. 8, 14959 Trebbin<br />

Fon/Fax 033731-805 24<br />

humanistischer regionalverband<br />

märkisch-Oderland e.v.<br />

„Arche“, Carl-Schmäcke-Straße 33<br />

15366 Neuenhagen<br />

Tel. 03342-21584, Fax 21586<br />

humanistisches internationales<br />

begegnungs- und beratungszentrum<br />

(hibbZ)<br />

Eisenbahnstr.14, 16225 Eberswalde<br />

Fon und Fax 03334-212491 www.hibbz.de,<br />

info@hibbz.de<br />

humanistischer freidenkerbund<br />

brandenburg e.v.<br />

Postfach 600 813, 14408 Potsdam<br />

Fon 03321-45 07 46, Fax 45 07 47<br />

Fon 03338-396 31, Fax 03338-396 32<br />

humanistischer freidenkerbund<br />

havelland e.v.<br />

n Geschäftsstelle<br />

Karl-Thon-Str. 42, 14641 Nauen<br />

Fon 03321-45 07 46, Fax 45 07 47<br />

Freidenker-Havelland@web.de<br />

n Jugendtreff Miteinander, Frauen- und<br />

Selbsthilfetreff, Berliner Str. 41, 14712<br />

Rathenow, Fon 03385-51 55 31<br />

n Treff: Suchthilfe, Kleiderkammer,<br />

Obdachlosenarbeit, Suppenküche<br />

Ritterstr. 9, 1641 Nauen<br />

Fon 03321-45 07 46<br />

freidenker barnim e.v.<br />

n Geschäftsstelle<br />

Rüdnitzer Chaussee 48-50, 16321 Bernau<br />

Fon 03338-3 96 31, Fax 3 96 32<br />

n Informations- und Beratungspunkt<br />

Berliner Str. 48, 16321 Bernau<br />

Fon/Fax 03338-2416<br />

Jugendarbeit, Jugendfeier, Senioren- und<br />

Rentenberatung, Patientenverfügung,<br />

Sozialberatung<br />

METRopoLREGIoN HAMBURG<br />

HVD Metropolregion Hamburg e.V.<br />

Beim Schlump 23, 20144 Hamburg<br />

Fon/Fax 040 67379076<br />

HVD-Hamburg@alice-dsl.net<br />

MEcKLENBURG-VoRpoMMERN<br />

Ziegeleiweg 12, 19057 Schwerin<br />

Fon: 3861 2471, hvd-mv@web.de<br />

www.humanisten-in-mv.de<br />

NIEDERSAcHSEN<br />

humanistischer verband niedersachen<br />

K.d.ö.r.<br />

Landesgeschäftsstelle<br />

Otto-Brenner-Str.20- 22, 30159 Hannover<br />

Fon 0511-167691-60, Fax -78<br />

zentrale@humanisten.de<br />

www.humanisten.de<br />

n Feierservice für weltliche Familienfeiern<br />

Fon 0511-167691-63<br />

n Junge Humanisten Hannover<br />

Landeskoordination JugendFEIER<br />

Fon 0511–18561<br />

www.juhus-hannover.de<br />

info@junge-humanisten.de<br />

n Humanistisches Sozialwerk<br />

Norddeutschland GmbH<br />

Otto Brenner Str.20-22, 30159 Hannover<br />

Haus Humanitas, Fon 0511-167691-61<br />

humanistischer verband bremen<br />

Ursel Leitzow, Prager Str. 41, 28211 Bremen<br />

Fon 0421-243 96 35 bremen@humanisten.de<br />

Ortsgemeinschaften und verbände<br />

freie humanisten<br />

Grünenplan-delligsen<br />

c/o Bodo Hage,<br />

Hinter den Höfen 16, 31073 Delligsen<br />

Fon + Fax: 05187-24 86<br />

Mobil: 0160-950 28 139<br />

gruenenplan@humanisten.de<br />

hv emden<br />

Ortsverband Emden<br />

An der Sporthalle 1, 26759 Hinte<br />

Fon: 04925 8725, 0176-96603435<br />

emden@humanisten.de<br />

hvn Ortsverband hannover<br />

Otto-Brenner-Str. 22, 30159 Hannover<br />

Fon 0511-1 61 4012, Fax 16 76 91 78<br />

hannover@humanisten.de<br />

hv Oldenburg<br />

c/o Grünberger Str. 7, 26127 Oldenburg<br />

Fon 0441-882943 oldenburg@humanisten.de<br />

humanistischer verband Osnabrück<br />

osnabrueck@humanisten.de<br />

www.osnabrueck.humanisten.de<br />

humanistischer verband Wesermarsch<br />

Postfach 1125, 26926 Elsfleth<br />

Fon 04401-695817 wesermarsch@<br />

humanisten.de<br />

NoRDRHEIN-WESTFALEN<br />

hvd nordrhein-Westfalen K.d.ö.r.<br />

Landesgeschäftsstelle<br />

Küpferstr. 1, 44135 Dortmund<br />

Fon 0231-52 72 48, Fax 57 20 72<br />

mail@hvd-nrw.de<br />

www.hvd-nrw.de<br />

Ortsgruppen in vielen Städten!<br />

Tel. erfragen!<br />

n Humanitas-Verlag<br />

www.humanitas-verlag.de<br />

n Junge HumanistInnen NRW<br />

Fon 0231-5 86 15 70<br />

hvd bergisches Land<br />

Chlodwigstr. 28<br />

42119 Wuppertal-Elberfeld<br />

Fon 0202-46 04 555<br />

hvd bielefeld<br />

Fon 0521-9824762<br />

hvd-bielefeld@web.de<br />

hvd duisburg<br />

Fon 0203-29 82 440<br />

RHEINLAND-pFALz<br />

Fon 0173-3436714<br />

hvd-rlp@email.de, www.hvd-rlp.de<br />

SAcHSEN<br />

hvd sachsen<br />

Großenhainer Straße 88<br />

01127 Dresden, Fon 0351-2198100<br />

Ronny.Winkler@hvd-sachsen.de<br />

THÜRINGEN<br />

HVD Thüringen<br />

HVD Thüringen<br />

c/o Siegfried R. Krebs<br />

Weg zum Sportplatz 18, 99438 Legefeld<br />

fon 03643 900744, www.hvd-thueringen.de<br />

info@hvd-thueringen.de<br />

SAcHSEN-ANHALT<br />

humanisten sachsen-anhalt<br />

c/o Junge Humanisten Magdeburg e.V.<br />

39128 Magdeburg<br />

Johannes-R.-Becher-Straße 57<br />

Fon 0391-2515938, Fax 2516338<br />

humanisten.sachsen-anhalt@<br />

juhu-magdeburg.de<br />

humanistischer regionalverb.<br />

halle-saalkreis e.v.<br />

Bürgerhaus „alternativE“<br />

Gustav-Bachmann-Straße 33<br />

06130 Halle<br />

Fon 0345-1 31 94 73<br />

Fax 0345-1 31 94 75<br />

buergerhaus-halle@freenet.de<br />

n Frauen Kommunikationszentrum<br />

n Offener Kinder- und Jugendtreff<br />

n Trauerberatung, Patienten verfügungen, Fon<br />

0345-2023168<br />

n Begegnungsstätte<br />

Fon 0345-12 26 90 22<br />

n Schuldnerberatung<br />

Fon 0345-1319053<br />

n Musikinstrumentenkabinett<br />

n Jugendfeier Fon 0345-1319473<br />

humanistischer regionalverb.<br />

südliches sachsen-anhalt e.v.<br />

n Bürger und Jugendhaus/Herberge<br />

Huttenstraße 12, 06217 Merseburg<br />

Fon 03461-21 35 19<br />

hrvbuergerhaus@hotmail.de<br />

n Jugendlub „Die Hütte“<br />

Unter den Eichen, 06217 Merseburg<br />

Fon/Fax 03461-50 28 75<br />

n Jugendfeier Fon 03461-213519<br />

n Jugendclub „Elofant“<br />

Häuerstraße 33, 06242 Braunsbedra<br />

Fon 0177-2115619<br />

n Projekt Schulsozialarbeit<br />

Sekundarschule „Unteres Geiseltal“<br />

Häuerstr. 39, 06242 Braunsbedra<br />

Fon 034633-2 26 09<br />

Junge humanisten magdeburg e.v.<br />

n KJFE „Kannenstieg“<br />

Johannes-R.-Becher-Straße 57<br />

39128 Magdeburg<br />

Fon 0391-2 51 59 38, Fax -63 38<br />

info@juhu-magdeburg.de<br />

n Schülertreff „Rothensee“<br />

Badeteichstraße, 39126 Magdeburg<br />

Fon 0391-5 05 00 44<br />

n Jugendfeier Fon 0391-2515938<br />

humanistischer regionalverb.<br />

mansfelder Land e.v.<br />

n Jugendclub „Die Leuchte“<br />

Beethovenstraße 1, 06333 Hettstedt<br />

Fon 03476-85 11 49<br />

n Jugendtreff „Bombastic“<br />

Friedenstraße 1, 06456 Sandersleben<br />

Fon 034785-2 02 59


Wissenschaftliche<br />

Theologie<br />

Wahrscheinlich ist er nur einer von vielen.<br />

Er wird müde sein, manchmal,<br />

zerstreut. Schwere Arbeit,<br />

all diese Versuchsreihen,<br />

überabzählbar viele. Ja,<br />

im Prinzip weiß er alles,<br />

aber natürlich, um die Details<br />

kann er sich nicht kümmern:<br />

Reaktoren, die heißlaufen,<br />

Plasmawolken, relativistische Felder.<br />

Wir sind schließlich nicht die einzigen.<br />

Erst nach einer Ewigkeit<br />

Nimmt er die Probe wieder zur Hand.<br />

In seinem riesigen Auge<br />

spiegelt sich unser Universum.<br />

Aber dann sind wir schon vorbei.<br />

Schade. Womöglich hätten wir ihn,<br />

rein wissenschaftlich gesehen,<br />

interessiert. Eine Novität, nur leider<br />

nicht sehr haltbar, unbemerkt,<br />

weil er anderweitig beschäftigt war,<br />

dieser Gott. Er hat uns verschlafen.<br />

Hans Magnus Enzensberger, deutscher Dichter, Schriftsteller, Herausgeber, Übersetzer und Redakteur, wird am 11. November 80 <strong>Jahre</strong> alt.<br />

Als Herausgeber des „Kursbuch“ galt er als Orientierungsfigur für die Studentenbewegung. Er unterstützte die außerparlamentarische Opposition (APO)<br />

ideell und materiell. Gleichzeitig wurde von den Studenten immer wieder seine zu große Distanz bemängelt. Beispielhaft zeigt sich dies in einer Debatte<br />

Enzensbergers mit Peter Weiss im Kursbuch. Weiss forderte Enzensberger auf, sich deutlich und solidarisch auf eine Seite zu stellen. Enzensberger<br />

verwahrte sich dagegen: Seine Sache sei es nicht, „mit Bekenntnissen um sich zu schmeißen. […] Bekenntnissen ziehe ich Argumente vor. Zweifel sind<br />

mir lieber als Sentiments. Widerspruchsfreie Weltbilder brauche ich nicht. Im Zweifelsfall entscheidet die Wirklichkeit.“


<strong>Humanistischer</strong> <strong>Verband</strong> <strong>Deutschlands</strong>, Wallstraße 61-65, D-10179 Berlin<br />

<strong>Humanistischer</strong> <strong>Verband</strong> <strong>Deutschlands</strong>, Wallstraße 61-65, D-10179 Berlin<br />

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<strong>Humanistischer</strong> <strong>Verband</strong> <strong>Deutschlands</strong><br />

Wallstraße 61-65,10179 Berlin<br />

selbst denken – Gemeinsam leben<br />

Humanistinnen und Humanisten gestalten ihr Leben<br />

selbstbestimmt und verantwortlich, frei von Religion. Es liegt am<br />

Menschen selbst, ethische und moralische Entscheidungen zu<br />

treffen. Diese Freiheit haben wir den Gedanken der Aufklärung<br />

zu verdanken, in deren Tradition der Humanistische <strong>Verband</strong><br />

<strong>Deutschlands</strong> steht.<br />

Als Humanistinnen und Humanisten stehen wir zu unserer<br />

Verantwortung für die Menschen, das Leben und die Natur.<br />

Über die Grenzen von Sprachen und Kulturen hinweg setzen<br />

wir auf den friedlichen Austausch von Ideen und Erfahrungen.<br />

Dabei achten und respektieren wir alle weltanschaulichen und<br />

religiösen Lebensauffassungen. Toleranz hat jedoch dort Grenzen,<br />

wo Menschenrechte missachtet und Positionen der Intoleranz<br />

vertreten werden.<br />

Wir arbeiten eng mit unseren Partnerverbänden in der ganzen<br />

Welt zusammen, die wie wir der Internationalen Humanistischen<br />

und Ethischen Union (IHEU) angehören.<br />

Der Humanistische <strong>Verband</strong> <strong>Deutschlands</strong> ist eine<br />

überparteiliche, demokratische Organisation, die sich in allen<br />

Bereichen des gesellschaftlichen und politischen Lebens engagiert,<br />

in denen weltanschauliche Fragen berührt sind. Humanistinnen<br />

und Humanisten beziehen Stellung in den ethischen Debatten<br />

unserer Zeit.<br />

Der Humanistische <strong>Verband</strong> <strong>Deutschlands</strong> organisiert Kulturund<br />

Bildungsangebote und bietet soziale Unterstützung und<br />

humanistische Beratung für Menschen in allen individuellen<br />

Lebenslagen. Wir richten weltliche Namens-, Jugend-, Hochzeitsund<br />

Trauerfeiern aus. In Berlin ist der Humanistische <strong>Verband</strong><br />

Träger des Schulfaches Lebenskunde und bundesweit von<br />

vielen Kindertagestätten. Besonders gefragt ist das Angebot der<br />

Patientenverfügung. Die „Jungen HumanistInnen“ unterstützen<br />

Kinder und Jugendliche auf dem Weg zu einem selbstbestimmten<br />

Leben. Bundesweit werden zirka 250.000 Menschen pro Jahr<br />

durch die Dienstleistungen des <strong>Verband</strong>es erreicht.

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