Jahre Wende - Humanistischer Verband Deutschlands
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A 59349; 23. Jahrgang; 4. Quartal, Nr. 89/2009; E 4,25<br />
Zeitschrift des humanistischen verbandes<br />
20<br />
<strong>Jahre</strong><br />
<strong>Wende</strong>
Zeitschrift des humanistischen verbandes<br />
Inhalt<br />
humanisten im internet: http://www.humanismus.de e-mail: diesseits@humanismus.de<br />
Nr. 89 4/2009<br />
Editorial Thomas Hummitzsch 1<br />
Landauf/landab 2<br />
Aus den Ländern Hannover: Bundes-JuHu-Treffen Daniel Nette 6<br />
Stuttgart: Hospizinitiative Julia von Staden 7<br />
Berlin: Neue Kita Kerstin Volgmann 8<br />
Berlin: Fahrt nach Auschwitz Marcel Dankwart 10<br />
Menschen im Diesseits 13<br />
Titel 20 <strong>Jahre</strong> Mauerfall Werner Schultz 15<br />
NRW 20/21<br />
Einblicke/Ausblicke Spendenprojekt 2009 22<br />
Peter Singers Spendenprojekt Lutz Renken 23<br />
Forum Gesellschaftliche Folgen des neoliberalen Marktmodells Thomas Hummitzsch 25<br />
Nürnberger Symposium turmdersinne Inge Hüsgen 28<br />
Dissertation über Jugendfeier Rebecca Aechtner 30<br />
Magazin Sprachbilder Ralf Bachmann 32<br />
Kreuz & quer 35<br />
Auslese 36<br />
Aussprache 39<br />
Gedicht Wissenschaftliche Theologie Hans Magnus Enzensberger 41<br />
Herausgeber: <strong>Humanistischer</strong> <strong>Verband</strong> <strong>Deutschlands</strong>, Wallstraße 61-65, 10179 Berlin, Telefon 030-613 904-41. Verantwortlich im<br />
Sinne des Berliner Pressegesetzes: Patricia Block. Mit Namen gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung des<br />
Herausgebers wieder. Redaktion: Ralf Bachmann, Michael Bauer, Patricia Block, Gerd Eggers, Thomas Hummitzsch, Christian<br />
John, Siegfried R. Krebs, Fiona Lorenz, Arne Lund, Florian Noack, Lutz Renken, Jürgen Springfeld. Anzeigenleitung/Verwaltung:<br />
Bettina Kebschull. Titelgestaltung/Grafik/Layout: Jürgen Holtfreter, Berlin. Fotos: Jörg Zander, S. 1; Gabriele Groschopp, S. 3; Jörg<br />
Salomon, S. 3; Frank Roßner S. 4; Patricia Block S. 5; Daniela Kuzma, S. 5; Daniel Nette, S. 6; Alexandra Kratz (Filder-Zeitung), S.<br />
7; Stefanie Reddemann S. 8, S.9; Zdenka Buschova, S. 10, 11; Fiona Lorenz, S. 13; Lydia Strauß, S. 13; Robert Michel, S. 17, 32, 33;<br />
Jürgen Holtfreter, S. 19, S.20/21, S.27; www.patenmädchen.de, S. 23; Karin Becker, S. 29; Zeichnungen: Sempe, S. 36; Krauze, S.<br />
39; Amelie Glienke, S. 41 diesseits erscheint vierteljährlich am 1. März, 1. Juni, 1. September und 1. Dezember. Redaktionsschluss<br />
ist sechs Wochen vor dem Erscheinen. Bezugspreise: <strong>Jahre</strong>sabonnement 13,- E (inklusive Porto und Mehrwertsteuer), Ausland zuzüglich<br />
Porto mehrkosten. Einzel exemplar 4,25 E. Satz/Reinzeichnung: Michael Pickardt, Berlin. Druck: H & P Druck, Körtestr. 10,<br />
10967, Telefon 030-693 77 37. ISSN 0932-6162., diesseits wird auf umweltfreundlichem, zu 50 % chlorfrei gebleichtem Papier<br />
mit 50 % Recycling faseranteilen gedruckt.
Liebe Leserinnen, liebe Leser,<br />
die Pressestelle des HVD Berlin ist wieder neu besetzt. Mitte September<br />
habe ich die Arbeit von Antje Henke übernommen, die in<br />
Elternzeit gegangen ist. Viele spannende und abwechslungsreiche<br />
Aufgaben liegen vor mir – und ich freue mich darauf.<br />
Nach meinem Studium der Politikwissenschaften, Soziologie, Germanistik<br />
und Geschichte in München, Berlin und Paris habe ich<br />
als freier Autor, u.a. für den Freitag und die taz gearbeitet. Außerdem<br />
habe ich einen zivilgesellschaftlichen Verein sowie ein migrationspolitisches<br />
Netzwerk unterstützt. Den <strong>Verband</strong> kenne und<br />
schätze ich, seit mein Sohn in eine HVD-Kita geht und ich mich<br />
in den Elterngremien ehrenamtlich engagierte. In den zurückliegenden<br />
<strong>Jahre</strong>n habe ich mich in verschiedenen Projekten immer<br />
wieder für eine sozialere, nachhaltigere und gerechtere Politik und<br />
Gesellschaft eingesetzt.<br />
Unter diesen Aspekten betrachtet, werden die Ergebnisse der<br />
Wahlen zum 17. Deutschen Bundestag gravierende Folgen haben.<br />
Insgesamt verdeutlichen die Wahlergebnisse einen Paradigmenwechsel.<br />
Die beiden Volksparteien SPD und CDU/CSU verlieren<br />
Anhänger. Sie kamen nur noch auf etwa 57 Prozent aller abgegebenen<br />
Wählerstimmen. Auf die drei „kleinen“ Parteien entfielen<br />
hingegen circa 37 Prozent der abgegebenen Stimmen. Zugleich<br />
setzt sich der gefährliche Trend zum Nichtwählen fort. Der Anteil<br />
der Nichtwähler ist auf fast 28 Prozent gestiegen. Diese Gruppe hat<br />
damit mehr Anhänger als die einzelnen Volksparteien.<br />
Die hohen Verluste der SPD konnten weder die Zugewinne der<br />
Linken noch von Bündnis 90/Die Grünen wettmachen. Das linke<br />
Lager hat insgesamt deutlich Stimmen verloren. Zwar mussten<br />
auch die christlichen Parteien geringe Verluste hinnehmen, doch<br />
mit den starken Gewinnen der FDP kann Angela Merkel nun mit<br />
einer gestärkten bürgerlich-konservativen Koalition weiterregieren.<br />
Die geringe Wahlbeteiligung hat zu einer absurden politischen<br />
Situation geführt: Die politischen Mehrheitsverhältnisse spiegeln<br />
nicht mehr die gesamtgesellschaftlichen Empfindungen wider.<br />
editorial<br />
Nun übernehmen ausgerechnet die Verfechter der neoliberalen<br />
Wirtschaftsordnung die politische Verantwortung, obwohl das<br />
neoliberale Weltbild ursächlich zur weltweiten Wirtschaftskrise<br />
beigetragen hat. Dass CDU/CSU und FDP gestärkt aus den Wahlen<br />
hervorgehen, ist die bittere Ironie einer Wahl mit zu wenigen<br />
Wählern.<br />
Der Humanistische <strong>Verband</strong> <strong>Deutschlands</strong> hat mit seinem Mitglied<br />
Rolf Stöckel (SPD) aus Unna, der bisher immer als Direktkandidat<br />
in den Bundestag einzog, einen seiner zwei Bundestagsabgeordneten<br />
verloren. Wieder im Bundestag ist HVD-Kuratoriumsmitglied<br />
Swen Schulz aus Berlin. Die organisierten Konfessionsfreien haben<br />
mit dem neuen bayrischen SPD-Landesvorsitzenden Florian Pronold<br />
und dem Augsburger Linken Alexander Süßmair zwei weitere<br />
Vertreter im Bundestag. Beide gehören dem Bayerischen Bund für<br />
Geistesfreiheit an.<br />
Eine aktuelle Forsa-Untersuchung ergab, dass unter den Konfessionslosen<br />
DIE LINKE die beliebteste Partei ist (23 Prozent). Zu<br />
denken gibt, dass die CDU/CSU noch von 22 Prozent der Konfessionsfreien<br />
gewählt wurde. Erst auf Platz 3 erscheint die SPD<br />
(21 Prozent).<br />
Angesichts der oft prekären Lebensumstände<br />
in unserer Gesellschaft<br />
und den wirtschaftslibe<br />
ralen Ansichten der Regierungsparteien<br />
ist es nun umso<br />
wich tiger, humanistische Grundgedanken<br />
wie Solidarität, Selbstbestimmung<br />
und Toleranz hochzuhalten.<br />
Schön, wenn wir Sie<br />
liebe Leser auf diesem Weg als<br />
Mitstreiter begrüßen dürfen.<br />
Ich grüße Sie herzlich<br />
Thomas Hummitzsch<br />
4/2009 1
Der Humanistische <strong>Verband</strong> <strong>Deutschlands</strong><br />
gratuliert der Schriftstellerin Herta Müller zur<br />
Verleihung des diesjährigen<br />
Literaturnobelpreises. Herta Müllers Literatur<br />
spricht von Mut und tiefer Menschlichkeit<br />
angesichts von Diktatur und Unterdrückung,<br />
Beklemmung und Angst. Sie schreibt an gegen<br />
das Vergessen einer leidvollen Geschichte in<br />
den osteuropäischen Ländern, insbesondere in<br />
ihrem Geburtsland Rumänien.<br />
Herta Müller wurde 1953 im rumänischen<br />
Nitzkydorf geboren und studierte Germanistik<br />
und rumänische Literatur. 1979 weigerte sie<br />
sich, mit dem rumänischen Geheimdienst<br />
Securitate zusammenzuarbeiten. Ihr erster<br />
Roman Niederungen erschien in Rumänien nur<br />
in zensierter Fassung. 1987 reiste sie in die<br />
Bundesrepublik Deutschland aus. Herta Müller<br />
lebt in Berlin. Dort war sie schon mehrfach Gast<br />
auf Veranstaltungen des HVD. So nahm sie an<br />
einer Solidaritätsveranstaltung für die in ihrer<br />
Heimat Bangladesh verfolgte Schriftstellerin<br />
Taslima Nasrin teil und stellte auf einem<br />
Sonntagsforum ihren Roman „Herztier“ vor.<br />
2<br />
4/2009<br />
Bundesarbeitskreis Schule<br />
gegründet<br />
Hannover – Seit einem Jahr verfügt<br />
der HVD über eine erste weltanschauliche<br />
Schule. Der Nürnberger<br />
<strong>Verband</strong> hat in Fürth den Anfang<br />
gemacht. In Berlin ist ebenfalls ein<br />
entsprechendes Projekt in Planung<br />
und in Niedersachsen gibt es bereits<br />
Eltern, Schüler, Lehrer und<br />
sogar eine Immobilie. Einzig die<br />
Genehmigung, die derzeit durch<br />
den Bremer Senat mit bedauerlicher<br />
Verzögerung bearbeitet wird,<br />
steht noch aus. Auch in Nordrhein-<br />
Westfalen gibt es erste Ideen. Die<br />
enorm komplexe Materie zwischen<br />
Rahmenrichtlinien, Gesetzen,<br />
pädagogischer Konzeption und<br />
Finanzen ist für alle Beteiligten<br />
eine Herausforderung. Um einen<br />
besseren Fluss der Informationen<br />
zu gewährleisten, aber auch um<br />
konzeptionell ein einheitliches und<br />
schärferes humanistisches Profil zu<br />
erarbeiten, hat sich im September<br />
erstmals der Bundesarbeitskreis<br />
humanistische Schule in Hannover<br />
getroffen. Der BAK besteht aus einem<br />
jungen und innovativen Team<br />
aus den Ländern, die sich derzeit<br />
praktisch mit dem Thema Betrieb<br />
einer humanistischen Schule auseinandersetzen.<br />
Koordinator des<br />
Arbeitskreises ist der niedersächsische<br />
Landesgeschäftsführer Jürgen<br />
Steinecke. Informationen unter<br />
steinecke@humanisten.de.<br />
HVD unterstützt Petition<br />
Betreuungsrecht<br />
Berlin – Das Bundesjustizministerium<br />
hat sich im Frühjahr an den<br />
HVD gewandt mit der Bitte um<br />
Stellungnahme zur Beschlussempfehlung<br />
des Petitionsausschusses<br />
des Deutschen Bundestages zu<br />
Fragen des Betreuungsrechts im<br />
Fall des Todes des Betreuten. In einigen<br />
Landesverbänden kann der<br />
HVD auf Erfahrungen von Trauerrednern,<br />
Betreuungsvereinen, die<br />
Praxis seiner Patientenverfügungen<br />
und ambulante wie stationäre Hospizarbeit<br />
zurückgreifen. Der HVD<br />
unterstützt die Petition 16/11889<br />
und tritt für eine Erweiterung des<br />
Betreuerrechts ein. Bisher endet<br />
die Betreuung mit dem Tod des Betreuten.<br />
Diese geltende Rechtslage<br />
wird der Lebenswirklichkeit nicht<br />
immer gerecht. Mit dem Tod eines<br />
Menschen entsteht eine Vielzahl<br />
von vermögensrechtlichen Aufgaben.<br />
Hierzu gehören beispielsweise<br />
die Abmeldung beim Rentenversicherungsträger,<br />
den Energieversorgern,<br />
Kündigung der Wohnung<br />
usw. Ein Betreuer könnte diese<br />
oftmals dringenden Aufgaben erledigen.<br />
Es ist aus Sicht des HVD<br />
wünschenswert, wenn die Stellung<br />
des Betreuers gestärkt und seine<br />
Mitarbeit auch im Zusammenhang<br />
mit der erforderlichen Bestattung<br />
des Betreuten gesetzlich ermöglicht<br />
wird. Eine angemessene Aufwandsentschädigung<br />
für die Tätigkeit in<br />
diesem Zusammenhang wird für<br />
unabdingbar gehalten.<br />
Näheres unter: http://www.humanismus.de/aktuelles/hvd-unterstuetztpetition-betreuungsrecht<br />
Konfessionsfreie und<br />
Verfassungsrecht<br />
Berlin – Zu einer rechtspolitischen<br />
wissenschaftlichen Konferenz hatte<br />
die Humanistische Akademie<br />
<strong>Deutschlands</strong> am 11. und 12. September<br />
eingeladen: 90 <strong>Jahre</strong> nach<br />
Verabschiedung der Weimarer<br />
Reichsverfassung (WRV) lautete<br />
das Thema dieser Tagung daher<br />
auch „Konfessionsfreie und deutsches<br />
Verfassungsrecht.“ Hier ging<br />
es vorrangig um die sogenannten<br />
„Kirchenartikel“. Gemeint sind<br />
damit die „inkorporierten“ Artikel<br />
136 – 139 und 141 WRV, deren<br />
Bestimmungen gemäß Artikel 140<br />
GG Bestandteil des Grundgesetzes<br />
der Bundesrepublik Deutschland<br />
sind.<br />
Dr. Stefan Korioth (Professor für<br />
Öffentliches und Kirchenrecht in<br />
München) hielt das Eingangsreferat<br />
„Zur aktuellen Diskussion um<br />
eine Reform der deutschen Religionsverfassung“.<br />
Über die „Entstehung<br />
und aktuelle Bedeutung der<br />
Artikel 135 – 141 WRV“ sprach<br />
Dr. Hans Michael Heinig (Professor<br />
für Kirchen- und Staatskirchenrecht<br />
in Göttingen). Er vertrat<br />
die herrschende Meinung von Politik<br />
und brachte die parteilichen<br />
Auffassungen der Evangelischen<br />
Kirche <strong>Deutschlands</strong> (EKD) deutlich<br />
zum Ausdruck: Nichts Neues<br />
sei trotz gravierender Änderungen<br />
seit 1919 notwendig, denn das<br />
deutsche Staatskirchenrecht habe<br />
sich bewährt... Waren seinerzeit<br />
fast 100 Prozent der Deutschen<br />
Mitglied einer christlichen Amtskirche,<br />
so sind es heute nur noch<br />
gut 60 Prozent, während der Anteil<br />
der Konfessionsfreien von weniger<br />
als einem auf über 30 Prozent gestiegen<br />
ist.
Mit den „Besonderen Rechtsinteressen<br />
der Konfessionsfreien unter<br />
dem Blickwinkel von Staat und<br />
Kirche und der Religionsfreiheit“<br />
befasste sich Dr. Dr. Eric Hilgendorf<br />
(Professor für Strafrecht und<br />
Rechtstheorie in Würzburg). Hilgendorf<br />
ging auf die nach wie vor<br />
„hinkende Trennung von Staat und<br />
Kirche“ in Deutschland ein: Die<br />
Weltanschauungsgemeinschaften<br />
seien zwar seit 1919 formal den<br />
Kirchen gleichgestellt, doch in der<br />
Praxis müssten diese noch heute<br />
täglich um diese Gleichstellung<br />
kämpfen.<br />
Hilgendorf leitete daraus notwendige<br />
Änderungen ab und forderte<br />
zu einer Wiederaufnahme der Religionskritik<br />
in der Gesellschaft auf.<br />
Weitere Referenten waren Dr.<br />
Horst Groschopp und Dr. Christine<br />
Mertesdorf. Mit einer von Prof.<br />
Dr. Hero Janßen moderierten Podiumsdiskussion<br />
schloss die Tagung.<br />
Erstmals wurde eine solche Konferenz<br />
der Humanistischen Akademie<br />
<strong>Deutschlands</strong> von der Bundeszentrale<br />
für politische Bildung<br />
gefördert.<br />
HVD Berlin bedauert Gebets-<br />
Entscheidung<br />
Berlin – Auf ihrer jährlichen Mitgliedervollversammlungbedauerten<br />
die Mitglieder ausdrücklich<br />
die Entscheidung des Berliner Verwaltungsgerichts<br />
vom 29. September,<br />
dass ein muslimischer Schüler<br />
unter bestimmten Bedingungen<br />
berechtigt sei, in den Räumen<br />
der Schule seine Gebetspflicht zu<br />
erfüllen. Der HVD Berlin ist der<br />
Überzeugung, dass es für ein friedliches<br />
Zusammenleben in der Gesellschaft<br />
förderlich und notwendig<br />
ist, dass in Teilbereichen der Gesellschaft<br />
die religiös-weltanschauliche<br />
Neutralität hohes Gewicht hat. Für<br />
die Schule als Ort von Bildung,<br />
Erziehung und des Zusammenlebens<br />
gilt dies in besonderem Maße.<br />
Der HVD Berlin befürchtet, dass<br />
das Urteil des Verwaltungsgerichts<br />
Konsequenzen nach sich ziehen<br />
wird, die langfristig in der Schule<br />
zu einem Einflussbereich von Religionen<br />
führen, die weit über das<br />
Zuhörer auf der rechtspolitischen Konferenz<br />
derzeitige Modell des freiwilligen<br />
Religionsunterrichts hinausgehen.<br />
Eine Einrichtung von Gebetsräumen<br />
oder gar die Ausrichtung von<br />
Stundenplänen an Gebetszeiten,<br />
um zwei Beispiele zu nennen, würden<br />
das Recht auf negative Religionsfreiheit<br />
jedes Schülers und jeder<br />
Schülerin untergraben.<br />
Der HVD Berlin erkennt in dem<br />
konkreten Einzelfall keine Notwendigkeit,<br />
die Möglichkeit des<br />
Betens in der Schule einzuräumen.<br />
Der Koran erlaubt es ausdrücklich,<br />
Gebete zu einem späteren Zeitpunkt<br />
nachzuholen.<br />
Zugleich betont der HVD Berlin,<br />
dass er sich ausdrücklich gegen die<br />
Kräfte wendet, die diese Auseinandersetzung<br />
dazu missbrauchen, um<br />
zum Kampf gegen eine „Islamisierung“<br />
des „christlich-jüdischen“<br />
Europas aufzurufen. Der HVD<br />
erkennt die vielfältigen religiösen<br />
Orientierungen der Menschen in<br />
Deutschland aus Achtung gegenüber<br />
den Individuen an, zu deren<br />
Identität der Glauben gehört.<br />
Gleichzeitig hält es der HVD Berlin<br />
für zumutbar, dass Menschen<br />
ihre persönlichen Überzeugungen<br />
und religiösen Verpflichtungen zurückstellen,<br />
wenn Werte und Bedingungen<br />
des Zusammenlebens<br />
infrage gestellt werden. (Az. VG 3<br />
A 984.07)<br />
HVD erobert die Porta Nigra!<br />
Trier – Anlässlich von „Trier spielt!“<br />
war der HVD Rheinland-Pfalz unmittelbar<br />
am Fuße der Porta Nigra<br />
mit einem Stand vertreten. Regen<br />
Zulauf hatten die ehrenamtlichen<br />
Helfer des Standes, an dem Eltern<br />
4/2009 3
ihre Kinder schminken konnten.<br />
Die kleinen „Kunstwerke“ wurden<br />
fotografiert und anschließend in<br />
einen Layout-Rahmen des HVD<br />
eingefügt. Durch ein HVD-Transparent<br />
im Hintergrund war jedes<br />
Foto zusätzlich ein perfekter Werbeträger<br />
für den <strong>Verband</strong>. Infolge<br />
des großen Andrangs wurden auch<br />
die angebotenen Flyer und Materialien<br />
gern mitgenommen und viele<br />
interessante Gespräche geführt.<br />
Tag des Kindes<br />
Dortmund – Am Weltkindertag<br />
veranstalteten die Dortmunder<br />
Falken ihren traditionellen „Tag<br />
des Kindes“, diesmal im Revierpark<br />
Wischlingen. Die Jungen<br />
HumanistInnen Dortmund waren<br />
als Kooperationspartner mit einem<br />
eigenen Infotisch vertreten.<br />
Geworben wurde selbstverständlich<br />
für die Humanistische Jugendfeier<br />
2010. Interessierte Eltern und Kindern<br />
nahmen die Anmeldeformulare<br />
für die nächste Feier gleich mit.<br />
4<br />
4/2009<br />
Neuer Vorstand in Bielefeld<br />
Bielefeld – Nach sechsjähriger<br />
erfolgreicher Amtszeit hat Dr. Michael<br />
Niepel – auf eigenen Wunsch<br />
– den Vorsitz der Ortsgemeinschaft<br />
Bielefeld abgegeben. Auf der Mitgliederversammlung<br />
am 9. September<br />
2009 zog er Bilanz. Insbesondere<br />
lobte er die Einrichtung einer<br />
Internetseite und das Engagement<br />
für die Jugendfeier. Michael Hempel<br />
dankte im Namen der Ortsgemeinschaft<br />
Dr. Michael Niepel für<br />
seinen großen Einsatz mit einem<br />
kleinen Geschenk, auch Präsident<br />
Jürgen Springfeld hatte eine Grußbotschaft<br />
geschickt.<br />
Bei der anschließenden Wahl zum<br />
neuen Vorstand wurden jeweils<br />
einstimmig Michael Hempel zum<br />
Vorsitzenden, Gerhard Stolte zum<br />
Stellvertreter und Dr. Michael Niepel<br />
zum Kassierer gewählt. Wenn<br />
es nach den Wünschen und Ideen<br />
der Mitglieder geht, hat der neue<br />
Vorstand viel Arbeit vor sich.<br />
Nicht nur die Mitgliederzahl<br />
verdoppelt<br />
Weimar – Im September tagte<br />
erstmals der Landeshauptausschuss,<br />
das höchste Gremium des<br />
Thüringer HVD zwischen den<br />
<strong>Jahre</strong>smitgliederversammlungen.<br />
Mit dem Beitritt von Ingrid Sander<br />
aus Erfurt als 25. Mitglied hat sich<br />
die Mitgliederzahl des noch jungen<br />
Landesverbandes innerhalb von<br />
nur sechs Monaten verdoppelt.<br />
Doch nicht nur über den stetigen<br />
zahlenmäßigen Zuwachs freuen<br />
sich die Thüringer Humanisten.<br />
An erster Stelle in der insgesamt<br />
positiven Bilanz nennen sie die öffentlichkeitswirksameInteressenvertretung<br />
der Konfessionsfreien:<br />
Insbesondere das verfassungskonforme<br />
Einfordern eines Sitzes im<br />
Aufsichtsgremium für den öffentlich-rechtlichen<br />
Rundfunk, das<br />
Eintreten für weltanschaulich und<br />
religiös neutrale staatliche Schulen<br />
im Eichsfeld und die Überreichung<br />
von eigenen Wahlprüfsteinen an<br />
die demokratischen Landesparteien<br />
sowie regelmäßige Wortmeldungen<br />
zu aktuellen Ereignissen. Der Landeshauptausschuss<br />
beschloss zur<br />
Landesvorsitzender Siegfried R. Krebs begrüßt Ingrid Sander als<br />
25. Mitglied des HVD Thüringen<br />
Qualifizierung seines inhaltlichen<br />
Wirkens die Gründung einer Humanistischen<br />
Akademie Thüringen.<br />
Hierunter sollen zunächst alle<br />
eigenen Vortrags- und Bildungsveranstaltungen<br />
firmieren. Mittelfristig<br />
wird auf dieser Grundlage<br />
die Bildung eines eigenständigen<br />
gleichnamigen Vereins angestrebt.<br />
Ende September nahm auch das<br />
erste eigene ehrenamtliche Verbraucherberatungsprojekt<br />
des Thüringer<br />
HVD seine Arbeit auf. Frank<br />
Schneider aus Jena bietet hier nun<br />
regelmäßig Erstberatungen zur<br />
Energie-Effizienz an. Zu den Beratungsangeboten<br />
des Landesverbandes<br />
zählen ferner die regelmäßigen<br />
Vorträge zur Patientenverfügung<br />
von Yvonne Lautenschläger in der<br />
Region Mittelthüringen.<br />
Auch die angestrebte Zusammenarbeit<br />
mit der Jugendweihe Thüringen<br />
geht ihren Weg. Auf der Tagungsordnung<br />
einer gemeinsamen<br />
Vorstandssitzung beider Verbände<br />
am 28. November steht der Abschluss<br />
einer Kooperationsvereinbarung<br />
ganz oben.<br />
Für die Thüringer Humanisten<br />
ist es nicht zuletzt Ehrensache,<br />
Ansporn und Verpflichtung, mit<br />
ganzer Kraft den 2. Deutschen<br />
Humanistentag zu unterstützen.<br />
Diese gemeinsame Veranstaltung<br />
von HVD-Bundesverband und Jugendweihe<br />
Deutschland soll vom<br />
24. bis 26. September 2010 in<br />
Weimar stattfinden.<br />
Angriff gegen IHEU-<br />
Mitarbeiter<br />
London – In einem Brief an den<br />
nigerianischen Botschafter in<br />
Großbritannien protestierte die<br />
Präsidentin der IHEU, Sonja Eggerickx,<br />
gegen einen Angriff auf<br />
Leo Igwe.<br />
Leo Igwe arbeitet im Auftrag der<br />
IHEU mit dem Ziel, humanistische<br />
Ideen auf dem afrikanischen<br />
Kontinent zu verbreiten. In Calabar<br />
(Nigeria) organisierte er ein<br />
Symposium über Hexerei und<br />
Kinderrechte. Nach Augenzeugenberichten<br />
stürmten am 30. Juli<br />
etwa zweihundert Mitglieder der<br />
Liberty Gospel Church den Veranstaltungsort.<br />
Sie prügelten auf Leo<br />
Igwe ein und raubten ihm Tasche,<br />
Kamera und sein Handy und zerstörten<br />
seine Brille. Die Liberty<br />
Gospel Church unter der Leitung<br />
von Helen Akpabio steht unter<br />
dem Verdacht, Kinder in Prozessen<br />
der Hexerei beschuldigt zu haben.<br />
Viele dieser Kinder sind daraufhin<br />
getötet worden.
Erzieherinnen des HVD<br />
demonstrieren<br />
Berlin – Anlässlich der Haushaltsberatungen<br />
für die <strong>Jahre</strong> 2011/2012<br />
demonstrierten am 22. September<br />
insgesamt 12.000 Erzieherinnen,<br />
Eltern, Gewerkschafts- und <strong>Verband</strong>svertreter<br />
für Qualitätsverbesserungen<br />
in den Berliner Kindertagesstätten.<br />
Das Berliner Kitabündnis<br />
hatte zum Sternmarsch auf<br />
das Rote Rathaus aufgerufen. Zirka<br />
400 Mitarbeiterinnen der Kitas des<br />
Humanistischen <strong>Verband</strong>es Berlin<br />
sowie zahlreiche Eltern beteiligten<br />
sich mit ihren Kindern daran.<br />
Gemeinsam forderten die Demonstranten<br />
die politisch Verantwortlichen<br />
dazu auf, eine bessere Personalausstattung<br />
der Kindertagesstätten<br />
im Haushalt zu verankern,<br />
um Erzieherinnen und Leiterinnen<br />
in die Lage zu versetzen, ihren verantwortungsvollen<br />
Aufgaben auf<br />
der Basis des Berliner Bildungsprogrammes<br />
nachzukommen.<br />
Wahlen zum Präsidium der<br />
Humanistischen Akademie<br />
Bayern<br />
Nürnberg - Die Humanistische<br />
Akademie Bayern hat ein neues<br />
Präsidium gewählt. Dabei wurde<br />
Dr. Gerhard Engel zum Akademiepräsidenten<br />
bestimmt. Weiter<br />
wurden gewählt: Helmut Fink und<br />
Schüler schützen den Regenwald<br />
Berlin – Die Sieger des Wettbewerbs<br />
„Schüler schützen Regenwälder“<br />
2008/2009 stehen fest!<br />
Als einer der fünf besten Wettbewerbsbeiträge<br />
wurde die Arbeit<br />
einer Lebenskundegruppe aus der<br />
Homer-Europagrundschule in<br />
Berlin ausgezeichnet. Gemeinsam<br />
mit ihrer Lebenskundelehrerin<br />
Daniela Kuzma fertigten sie neben<br />
Michael Bauer (Vize-Präsidenten)<br />
sowie Klaus Riegel, Thomas Blassl,<br />
Dr. Alexander Endreß, Ulrike von<br />
Chossy (Beisitzer/innen).<br />
Die Humanistische Akademie Bayern<br />
freut sich auf neue Mitglieder.<br />
Kontakt: www.humanistische-akademie-bayern.de.<br />
Aufwind in Rheinland-Pfalz<br />
Trier – Neuer Geschäftsführer im<br />
HVD-Rheinland-Pfalz ist der 47jährige<br />
Uwe Steinbach. Der ehemalige<br />
Thüringer sieht in der Aufgabe<br />
eine große Herausforderung,<br />
gerade im Hinblick auf das kurze<br />
Bestehen des Landesverbandes und<br />
die vielen Hindernisse für religionsfreie<br />
Menschen im „schwarzen“<br />
Rheinland-Pfalz.<br />
Nach seinem naturwissenschaftlichen<br />
Studium an der Bauhaus-Uni<br />
in Weimar arbeitete er über 15 <strong>Jahre</strong><br />
als kaufmännischer Angestellter<br />
in der chemischen Industrie und<br />
war verantwortlich für den Verkauf<br />
und das Marketing. Uwe Steinbach<br />
lebt heute als alleinerziehender Vater<br />
im Raum Trier.<br />
Plakaten und Regenwaldmodellen<br />
eine umfangreiche PowerPoint-<br />
Präsentation an. Die Modelle sind<br />
zu sehen unter www.lebenskunde.<br />
de/aktionen.<br />
4/2009 5
6<br />
4/2009<br />
Daniel Nette<br />
Strahlender<br />
Sonnenschein und<br />
strahlende Gesichter<br />
beim Bundes-JuHu-<br />
Treffen in Hannover<br />
n Vom 25. bis 27. September 2009 hat in<br />
Hannover das jährliche Bundestreffen der<br />
Jungen Humanistinnen und Humanisten<br />
in Deutschland e.V. (Bundes-JuHu) stattgefunden.<br />
Es war ein Wochenende mit viel<br />
Sonnenschein, viel Spaß und vielen Ergeb-<br />
nissen. Im Laufe des Wochenendes kamen<br />
auch Vertreter des HVD zu Besuch ins Tagungshaus<br />
„Gleisdreieck“. So begrüßte der<br />
niedersächsische HVD-Präsident Prof. Dr.<br />
Hero Janßen die insgesamt 31 Teilnehmer<br />
aus den Bundes-JuHu Mitgliedsverbänden.<br />
Jürgen Steinecke, Landesgeschäftsführer<br />
des HVD Niedersachsen, und Jutta Feise,<br />
1. Vorsitzende des HVD Hannover, freuten<br />
sich, dass so viele junge Akteure der<br />
praktischen humanistischen Jugendarbeit<br />
den Weg in die Landeshauptstadt gefunden<br />
hatten.<br />
Zwischen 18 und 19.30 Uhr trafen die<br />
Teilnehmer am Freitagabend im Tagungshaus<br />
„Gleisdreieck“ ein. Nach der Zimmerverteilung<br />
gab es erst mal eine Stärkung,<br />
bevor es in die von den hannoverschen<br />
JuHus vorbereitete Kennenlernrunde ging.<br />
Nach dem Frühstück am Samstagmorgen
erichteten die im letzten Jahr gebildeten<br />
Arbeitsgruppen über ihre Ergebnisse. So<br />
wurde z.B. von der AG „Öffentlichkeitsarbeit“<br />
das Bundes-JuHu Logo in Anlehnung<br />
an das HVD Logo erstellt und eine Homepage<br />
eingerichtet. Die wieder ins Leben gerufene<br />
Bundes-AG „Jugendfeier“ berichtete<br />
über ihre Aktivitäten und das anstehende 2.<br />
Treffen in Hannover. Die AG „Internationales“<br />
konnte die Aufnahme in die IHEYO<br />
(International Humanist and Ethical Youth<br />
Organisation) als volles Mitglied mitteilen.<br />
Darüber hinaus ist die Teilnahme an<br />
der IHEYO Generalversammlung 2010 in<br />
Norwegen geplant.<br />
Nach der Mittagspause wurden Kleingruppen<br />
gebildet, die sich mit der weiteren<br />
strategischen Ausrichtung und Vernetzung<br />
von Bundes-JuHu auseinandersetzten sowie<br />
konkrete Ideen für die Arbeit des nächsten<br />
<strong>Jahre</strong>s sammelten. Der Vorstellung vieler<br />
konstruktiver Pläne, Vorschläge und Initiativen<br />
für Bundes-JuHu wohnte auch Prof.<br />
Dr. Hero Janßen bei, der sich beeindruckt<br />
und erfreut über das große Engagement<br />
des Jugendverbandes des HVD äußerte.<br />
Anschließend ging es auf eine kleine Stadterkundung.<br />
Startpunkt war das „Haus Humanitas“,<br />
in dem der niedersächsische Landesverband,<br />
das Humanistische Sozialwerk<br />
Norddeutschlands und der HVD Hannover<br />
angesiedelt sind. Von da aus ging es an der<br />
Leine entlang über die Skulpturen-Meile<br />
vorbei am Landtag zum neuen Rathaus und<br />
durch die Altstadt zum Hauptbahnhof. Als<br />
die gut gelaunte Gruppe schließlich gegen<br />
20 Uhr wieder im Gleisdreieck eintraf, war<br />
der Grill bereits vorgeheizt und bei Steaks<br />
und Würstchen wurde über die weitere Vernetzung<br />
der humanistischen Jugendarbeit<br />
diskutiert. Und natürlich gab es am Ende<br />
eines arbeitsreichen Tages noch genügend<br />
Energie für Gitarre oder Tanzfläche.<br />
Am Sonntagmorgen begann die außerordentliche<br />
Mitgliederversammlung der<br />
Jungen Humanistinnen und Humanisten.<br />
Dort wurde Andreas Henschel, Geschäftsführer<br />
der Humanisten Württemberg, der<br />
von seinem Amt im Bundes-JuHu-Vorstand<br />
zurückgetreten ist, für seine langjährige<br />
Vorstandsarbeit gedankt. Alle Teilnehmer<br />
freuen sich auf das nächste Bundestreffen<br />
in 2010 und über das Wiederbestehen eines<br />
lebendigen Bundesverbandes. l<br />
Daniel Nette ist Jugendbildungsreferent in Hannover.<br />
Julia von Staden<br />
Neue Humanistische<br />
Hosipizinitiative<br />
in Stuttgart<br />
Gemeinsames Projekt der Humanisten<br />
Württemberg und der AWO Stuttgart<br />
Stuttgart - Die Humanisten Württemberg<br />
werden als Kooperationspartner mit der<br />
Arbeiterwohlfahrt (AWO) Stuttgart bei der<br />
ambulanten Humanistischen Hospizinitiative<br />
Stuttgart mitwirken.<br />
n Ab März 2010 wird erstmals ein Kurs<br />
für ehrenamtliche Mitarbeiter zur Einführung<br />
in die Begleitung Sterbender und ihrer<br />
Angehörigen angeboten, die eine konfessionsfreie,<br />
wertoffene und humanistisch<br />
ausgerichtete Sterbebegleitung wünschen.<br />
Das Projekt wurde im September der Presse<br />
vorgestellt.<br />
Hoher Bedarf an Hospizdiensten<br />
deutschlandweit<br />
In den letzten zehn <strong>Jahre</strong>n hat sich die Zahl<br />
der durch Hospizdienste begleitet Sterbenden<br />
in Stuttgart mehr als verdoppelt. Doch<br />
laut einer Studie der Deutschen Hospiz<br />
Stiftung ist die hospizliche Versorgung, die<br />
Sterbenden ein Stück an Lebensqualität<br />
wiedergeben kann, deutschlandweit „weiterhin<br />
unbefriedigend“. Daher die klare<br />
Forderung: „Der Hospizgedanke – nämlich<br />
Selbstbestimmung und Integritätsschutz<br />
in den letzten Wochen und Monaten des<br />
Lebens – muss überall dort Einzug erhalten,<br />
wo Menschen sterben. Egal ob das zu<br />
Hause, in einem Pflegeheim oder einem<br />
Krankenhaus ist.“<br />
Dringlichkeit einer konfessionsfreien<br />
Sterbebegleitung<br />
Bisher wurden sämtliche Hospizdienste in<br />
Stuttgart von religiösen Trägern angeboten.<br />
Neben den beiden stationären Einrichtungen<br />
in kirchlicher Trägerschaft gibt es<br />
eine Vielzahl ehrenamtlicher Hospiz- und<br />
Sitzwachengruppen, die ebenfalls einem<br />
religiösen Umfeld entstammen. Dabei<br />
sind nur noch ca. 50 Prozent der Bevölkerung<br />
einer Kirche angehörig und viele<br />
Sterbende und deren Angehörige würden<br />
eine konfessionsfreie Begleitung bevorzugen.<br />
Der Geschäftsführer der Humanisten<br />
Württemberg, Andreas Henschel, erklärt<br />
die Dringlichkeit eines konfessionsfreien<br />
Hospizes auch mit dem Fehlen einer ge-<br />
Die Initiatoren: Thomas Burghoff, Gabriele Will, Friedhelm Nöh, Andreas Henschel,<br />
Christoph Keiper (v.l.n.r)<br />
4/2009 7
meinsamen Jenseitsvorstellung: „Dem Tod<br />
als Lebenskrise begegnen nicht-religiöse<br />
Menschen mit ganz anderen Bewältigungsstrategien<br />
als religiöse.“ Oftmals komme es<br />
u. a. bei religiösen Sitzwachen trotz anders<br />
lautender Übereinkunft doch dazu, dass die<br />
Ehrenamtlichen anfingen zu beten und aus<br />
der Bibel zu rezitieren. Das ist ganz klar eine<br />
Einmischung in die Selbstbestimmung und<br />
Freiheit des Einzelnen, der in dem angstbesetzten<br />
Moment des eigenen Sterbens<br />
kaum die Kraft hat, sich gegen solch eine<br />
weltanschauliche Bevormundung zu wehren.<br />
Gerade im Hinblick auf die steigende<br />
kulturelle und weltanschauliche Diversität<br />
ist die alleinige Existenz christlicher Hospizeinrichtungen<br />
einfach nicht mehr zeitgemäß.<br />
Dabei ist auch an die Bedürfnisse<br />
von ehrenamtlich Begleitenden zu denken,<br />
die selbst vielleicht gar nicht religiös sind,<br />
aber trotzdem an einer Sterbebegleitung<br />
mitwirken möchten.<br />
Die gemeinsame Hospizinitiative mit<br />
der AWO<br />
Die Humanisten Württemberg hatten<br />
schon seit <strong>Jahre</strong>n diese Lücke wahrgenommen<br />
und sich eine hospizliche Betreuung<br />
wie sie der Humanistische <strong>Verband</strong> in Berlin<br />
mit dem ambulanten Besuchs- und Hospizdienst<br />
V.I.S.I.T.E, dem stationären Hospiz<br />
„LudwigPark“ sowie einem ambulanten<br />
Kinderhospiz „Berliner Herz“ anbietet, gewünscht.<br />
Auch bei der Arbeiterwohlfahrt,<br />
die bundesweit verschiedene Dienste für<br />
ältere Menschen anbietet und in Stuttgart<br />
einen ambulanten Pflegedienst sowie drei<br />
stationäre Pflegeeinrichtungen betreibt,<br />
wurde dieser Mangel an einer Alternative<br />
zur kirchlichen Sterbebegleitung erkannt.<br />
Im vergangenen Jahr startete die AWO daher<br />
gemeinsam mit dem Deutschen Hospiz-<br />
und Palliativverband ein bundesweites<br />
Projekt zur Entwicklung einer neuen Abschiedskultur.<br />
Für den von ihnen geplanten<br />
humanistischen Hospizdienst in Stuttgart<br />
suchten sie noch einen Kooperationspartner,<br />
der sich besonders für den Part der spirituellen<br />
Begleitung, also der Vermittlung<br />
einer humanistischen Spiritualität und<br />
Weltanschauung, auszeichnet, aber auch in<br />
sonstigen Bereichen mitwirken wird. Daher<br />
haben sich die Humanisten Württemberg<br />
und die Arbeiterwohlfahrt entschlossen, in<br />
Stuttgart mit der Zielsetzung zur Schaffung<br />
eines offenen Angebots zusammen zu arbeiten.<br />
l<br />
8<br />
4/2009<br />
Eine Kita zum Staunen<br />
Kerstin Volgmann<br />
Eine Kita zum Staunen<br />
Berlin – Am 1. September 2009 eröffnete<br />
der Humanistische <strong>Verband</strong> auf der schönen<br />
Spreehalbinsel Stralau seine 23. Kita in<br />
Berlin.<br />
n Im Frühjahr 2008 schrieb das Bezirksamt<br />
Friedrichshain/Kreuzberg zwei Kitas,<br />
sozusagen im Doppelpack, zur Übernahme<br />
durch einen freien Träger aus. Dabei handelte<br />
es sich um einen Altbau auf der Halbinsel<br />
Stralau/Friedrichshain und um einen erst<br />
in der Planung befindlichen Kitaneubau in<br />
Kreuzberg. Beide Objekte waren sehr begehrt.<br />
Entsprechend groß war der Andrang<br />
bei den Informationsveranstaltungen, etwa<br />
50 bis 70 freie Träger nahmen daran teil und<br />
zeigten großes Interesse. Bis zum Frühsommer<br />
2008 musste ein innovatives pädagogisches<br />
und ein Sanierungskonzept für die<br />
Altbau-Kita eingereicht werden. Wir begriffen<br />
die Beteiligung an der Ausschreibung<br />
als große Chance, unser humanistisches<br />
Bildungskonzept weiterentwickeln zu können;<br />
unseren Anspruch, den Bedürfnissen<br />
kindlichen Lernens und einem gleichwürdigen<br />
Zusammenleben von Kindern und<br />
Erwachsenen gerecht zu werden, mit ganz<br />
neuen Ideen untersetzen zu können.<br />
Die von uns eingereichten Konzeptunterlagen<br />
überzeugten, so dass wir zu den drei<br />
Trägern gehörten, die für die 2. Stufe des<br />
Vergabeverfahrens ausgewählt worden waren.<br />
Mit der Freude wuchs die Spannung:<br />
Welche beiden anderen Träger sind ausgewählt<br />
worden? Traut man einer Humanistischen<br />
Kita in einem interkulturell geprägten<br />
Stadtbezirk konzeptionelle Akzeptanz zu?<br />
Gibt man einem Projekt des Humanistischen<br />
<strong>Verband</strong>es eine Chance in einem Sozialraum,<br />
in dem eine evangelische Kirchgemeinde<br />
sehr engagiert arbeitet. Wie werden<br />
sich die Bezirkspolitiker entscheiden?<br />
Im September 2008 fand die letzte und<br />
entscheidende Runde statt. Man gab uns<br />
– wie auch den anderen beiden Bewerbern<br />
– die Chance, innerhalb von 30 Minuten<br />
unser humanistisches pädagogisches Konzept<br />
vor einem Gremium aus Fachangestellten,<br />
Kitaleiterinnen und Elternvertretern<br />
zu verteidigen. Das Ergebnis dieser<br />
Auswahlkommission wurde im November<br />
den Bezirksverordneten mitgeteilt und als<br />
Sieger des Wettbewerbs der Humanistische<br />
<strong>Verband</strong> verkündet. Ein großer Moment<br />
für uns. Im Saal allerdings wurde es sehr<br />
unruhig. Einige Abgeordnete konnten das<br />
Ergebnis nicht fassen und zweifelten das<br />
Auswahlverfahren an. Nach einigen heftigen<br />
Diskussionen wurde das Ergebnis von<br />
der Jugendstadträtin jedoch bestätigt und<br />
der HVD endgültig als künftiger Träger der<br />
beiden Kitas verabschiedet.<br />
Seither liegt es in unserer Hand, die Skeptiker<br />
von unserer Qualität zu überzeugen.<br />
Und so begann nun eine arbeitsintensive<br />
Zeit, denn am 1. September 2009 sollte die
Kita in Stralau bereits in Betrieb gehen. Die<br />
Umbauarbeiten mussten geplant, finanziell<br />
gesichert und in kurzer Zeit umgesetzt<br />
werden. Das pädagogische Konzept war zu<br />
konkretisieren und das Personal auszuwählen<br />
und zu schulen. Es ist uns gelungen, den<br />
Eröffnungstermin am 1. September 2009<br />
zu halten. Wir alle waren mächtig stolz<br />
auf das Geleistete, denn wir hatten nicht<br />
nur die Ausschreibung gewonnen, sondern<br />
auch die geplanten Bauarbeiten in einer Rekordzeit<br />
fertig stellen können. Dieses wurde<br />
vor allem ermöglicht durch Fördermittel<br />
aus dem Investitionsprogramm des Bundes<br />
zum bedarfsgerechten Ausbau der Kindertagesbetreuung<br />
für unter dreijährige Kinder<br />
im Umfang von ca. 320.000 Euro. Es ist<br />
gelungen, ein progressives Bildungskonzept<br />
zu entwickeln, verbunden mit einem Personalkonzept,<br />
das erstmalig mehr Männer<br />
als Frauen in der Kita beschäftigt, wovon<br />
andere Kitas nur träumen.<br />
Es ist eben eine Kita zum Staunen.<br />
Alle Besucher waren im September begeistert<br />
von der Ausstattung, die entsprechend<br />
dem Konzept gestaltet wurde. Die<br />
Werkstattarbeit und somit der Forschergeist<br />
der Kinder ist zentrales Anliegen der inhalt-<br />
lichen Arbeit. Die Kita in der Bahrfeldtstraße<br />
in Stralau arbeitet nach dem pädagogischen<br />
Konzept „Werkstatt als Prinzip“, das<br />
der Entdeckerfreude, dem Experimentieren<br />
und Forschen der Kinder in den frühkindlichen<br />
<strong>Jahre</strong>n umfassend gerecht wird. Es<br />
wird ein Zusammenleben gestaltet, das<br />
von partizipativem Miteinander und einer<br />
Pädagogik geprägt ist, die der Achtsamkeit<br />
gegenüber den Kindern, aber auch<br />
verschiedener Kulturen und vielfältigen<br />
Lebensweisen Respekt und Anerkennung<br />
schenkt. Für perspektivisch 100 Kinder und<br />
ihre Familien wird es ein Bildungsort für<br />
schöpferisches, selbstbestimmtes und entdeckendes<br />
Lernen sein. Werkstätten laden<br />
ein zum selbstorganisierten freudvollen und<br />
von eigenem Interesse gezeichneten Lernen.<br />
Im Vordergrund steht nicht nur „Raum“,<br />
sondern von besonderer Bedeutung ist die<br />
Rolle der Erwachsenen sowie die Methoden<br />
und Inhalte des gesamten gemeinsamen<br />
Lernens und Lebens. Es ist eine spannende,<br />
aber auch schwierige Herausforderung, einen<br />
solchen Bildungsort zu entwickeln.<br />
Die Presse interessierte sich hauptsächlich<br />
für die vielen (Pädagogen)Männer. Für<br />
uns ist jedoch die Einheit von Rahmen-<br />
bedingungen und inhaltlicher Arbeit der<br />
PädagogInnen wichtig. Wir wollen natürlich<br />
die gegebene Chance zum genderspezifischen<br />
Arbeiten aufgreifen und sehen<br />
eine gute Verbindung zum pädagogischen<br />
Konzept. Wie sich das „Männer – Frauen<br />
– Projekt“ entwickelt und welche positiven<br />
Auswirkungen es auf die gemeinsame Arbeit<br />
haben wird, werden wir sehen. Wichtig<br />
ist, dass die ersten positiven Erfahrungen<br />
gemacht und die ersten Herausforderungen<br />
gemeistert wurden.<br />
Die zweite Kita, dann die 24. Kita des<br />
Berliner <strong>Verband</strong>es, in Kreuzberg wurde<br />
noch nicht gebaut. Wir warten schon ungeduldig<br />
auf die Planungsentwürfe der Architekten.<br />
Und es gibt noch andere Projekte, die<br />
auf uns warten. Es war uns eine Freude, die<br />
Bemühungen um ein Kita-Neubauprojekt<br />
im Land Brandenburg zu unterstützen. Der<br />
HVBB hat von der Gemeinde Fredersdorf-<br />
Vogelsdorf bereits den Zuschlag erhalten.<br />
Hier soll dem Konzept eine ökologische<br />
Orientierung gegeben werden – ein neuer<br />
Bildungsort, auch für uns! l<br />
Kerstin Volgmann ist stellvertretende Leiterin<br />
der Abteilung Kitas in Berlin.<br />
Geschafft! Nach dem Umbau in rekordverdächtiger Zeit freuen sich die Mitarbeiter auf viele neugierige Kinder. Leider noch ungewöhnlich: im<br />
Team arbeiten mehr Männer als Frauen<br />
4/2009 9
Marcel Dankwart<br />
10<br />
4/2009<br />
Die Lebenskundelehrerin Zdenka Buschova fuhr im Juni mit zwei Schülern nach Auschwitz.<br />
Für die beiden war es eine Abschlussfahrt nach zehn <strong>Jahre</strong>n Lebenskundeunterricht.<br />
Das Ziel hatten sie selbst gewählt. Zwar hatten die Jugendlichen gewusst,<br />
was auf sie zukommt, welch bleibenden Eindruck diese Reise hinterlassen würden,<br />
ahnten sie nicht.<br />
Inzwischen plädieren sie dafür,<br />
dass alle Jugendlichen einmal<br />
mit einem solchen<br />
Besuch konfrontiert<br />
werden sollten.<br />
Marcel Dankwart und Sandra Kellner erhielten vom Humanistischen <strong>Verband</strong> Berlin kleine Abschiedsgeschenke nach zehn <strong>Jahre</strong>n<br />
Lebenskundeunterricht<br />
Auschwitz – eine Reise<br />
ins Grauen<br />
Auschwitz: Massenmord, Nazis. Bekannte<br />
Assoziationen. Seit wir in der Schule etwas<br />
über dieses Konzentrationslager erfuhren,<br />
verspürte ich den Drang, diesen Ort des<br />
Grauens einmal persönlich zu sehen.<br />
n Am Endes des letzten Schuljahres war es<br />
dann so weit. Mein Kurskameradin Sandra<br />
Kellner, Frau Buschová und ich machten<br />
uns in dem kleinen Pkw auf den Weg nach<br />
Oswiecim. Nach ungefähr 8 Stunden Fahrt<br />
fuhren wir durch den kleinen Ort und dann<br />
waren da neben uns auf einmal diese Mauern<br />
mit den Wachtürmen. Ich bekam schon<br />
ein wenig Furcht, als ich das sah und verschwand<br />
in meinen Gedanken.<br />
Dann fanden wir unser Hotel. Es sah<br />
sehr freundlich aus, genauso wie das Personal<br />
sehr freundlich und die Zimmer<br />
ebenfalls angenehm gestaltet waren. Dann<br />
neigte sich auch schon der erste Tag seinem<br />
Ende.<br />
Der zweite Tag brach an und wir begaben<br />
uns zum Frühstück und besprachen<br />
noch einmal, wie wir den Tag nun ablaufen<br />
lassen. Wir fuhren daraufhin in das<br />
Konzentrationslager Auschwitz I, wo mich<br />
schon der erste Schlag traf, weil das einfach<br />
so unmenschlich von außen aussah. Dann<br />
bekamen wir eine englischsprachige Füh-<br />
rung für uns drei. Schließlich passierten wir<br />
dieses bekannte Tor mit der Aufschrift „Arbeit<br />
macht frei“, dies lies einen noch mulmiger<br />
werden, alles war in Reihe und Glied<br />
aufgebaut. Dann erzählte man uns von den<br />
Machenschaften der Nationalsozialisten in<br />
dieser Hölle.<br />
Dann begaben wir uns in die Häuser,<br />
wo ich jetzt nur wenige Beispiele bringen<br />
werde, da man dieses Grauen gar nicht in<br />
Worte fassen kann.<br />
Zum einen gab es eine Etage, wo zwei<br />
Tonnen Frauenhaare gesammelt wurden.<br />
Ich habe noch nie solch eine Menge an<br />
Haaren gesehen und der Geruch dazu war<br />
so schrecklich wie jedes einzelne Schicksal<br />
hinter einem Haarbüschel. Man kam dann<br />
in einen Raum, wo 80 000 Schuhe gelagert
wurden und daneben noch ein erheblicher<br />
Stapel mit Babyschuhen lag. Man wusste<br />
einfach, dass hinter jedem Paar ein toter<br />
Mensch steckt. Das war sehr ergreifend und<br />
fast jeder kam weinend aus dieser Etage.<br />
Dann begaben wir uns in den Todestrakt,<br />
wo Menschen unter bestialischen Bedingungen<br />
gehalten wurden; und wir kamen<br />
an die Mauer, wo abertausende Menschen<br />
hingerichtet wurden. Abschließend besichtigten<br />
wir noch die Krematorien. Diese<br />
Räume haben mich persönlich sehr getroffen.<br />
Wissen Sie, wie man sich fühlt, wenn<br />
man in einer Gaskammer steht und weiß,<br />
dass mehrere hunderttausend Menschen<br />
darin umgekommen sind und dann in den<br />
Nebenraum geht, wo sich die Brennöfen<br />
befinden? Ich kann dieses Gefühl nicht beschreiben.<br />
Dann gab es für uns etwas Pause, bevor<br />
es nach Auschwitz II – Birkenau ging. Diese<br />
Massenmörderanstalt war wirklich das<br />
bisher eindrucksvollste, was ich je gesehen<br />
habe. Man stellt sich auf einen Aussichtsturm,<br />
wo damals die Lagerleitung gesessen<br />
hat, blickt in die Ferne und man sieht<br />
kein Ende dieser abgerissenen Baracken.<br />
Schließlich wurden wir auf dem Gelände<br />
umhergeführt. 200 Menschen hatten 20<br />
bis 40 Sekunden für ihren Toilettengang,<br />
sie wurden zu zehnt oder noch mehr in ein<br />
dreistöckiges Bett gestopft und mit Befehlen<br />
unter Druck gesetzt. Das wirkte alles<br />
wie ein Stall. Und dann noch diese Seen, die<br />
künstlich angelegt wurden, um die Asche<br />
darin zu deponieren und man diese immer<br />
noch sieht. Verstehen Sie nun, warum man<br />
da sprachlos rauskommt und erst mal verarbeiten<br />
muss, eh man wieder mit dem Leben<br />
konfrontiert werden will? Ich habe wirklich<br />
noch nie etwas Schlimmeres gesehen. Ich<br />
empfehle dies jedem Menschen. Dieses<br />
Grauen menschlicher Herkunft sollte jeder<br />
einmal gesehen und dieses Gefühlschaos<br />
durchlebt haben. l<br />
4/2009 11
12<br />
4/2009
Menschen im Diesseits<br />
Herbert Steffen, Ex-Unternehmer<br />
und Mitbegründer der Giordano-<br />
Bruno-Stiftung in Mastershausen,<br />
hat die säkular-humanistische<br />
Bewegung im deutschsprachigen<br />
Raum vorangebracht wie kaum<br />
ein anderer. Als kleiner Junge im<br />
katholischen Internat erzogen und,<br />
wie er selbst sagt, „ein fanatischer<br />
Gläubiger“ – bis ihm religionsinhärente<br />
Widersprüche aufstießen.<br />
Beruflich war er bis zum 61. Le-<br />
bensjahr Möbelfabrikant, verkaufte<br />
das Unternehmen dann an der Börse<br />
und widmete sich der Unterstützung<br />
von Karlheinz Deschner und<br />
dessen Religionskritik.<br />
Seit einigen <strong>Jahre</strong>n, im September<br />
zum 40. Mal, lädt Herbert Steffen<br />
zu gut besuchten wissenschaftlichen<br />
und humanistischen Matineen<br />
in sein Haus am See. Diesseits<br />
wünscht alles Gute zum 75. Geburtstag!<br />
Langjährige diesseits-Leser wissen, dass Sie immer ein<br />
besonderer literarischer Höhepunkt erwartet, wenn der<br />
Name Ralf Bachmann im Inhaltsverzeichnis steht. Das<br />
war in den letzten 16 <strong>Jahre</strong>n genau 47 mal der Fall.<br />
Ohne Übertreibung kann man damit sagen, dass Ralf<br />
Bachmann das Bild unserer Zeitschrift wesentlich geprägt<br />
hat. Ob es um atheistische Poesie, Reisenotizen,<br />
Sprachglossen, um eigene schmerzliche Erinnerungen<br />
an die verfolgte jüdische Familie oder augenzwinkernde<br />
Berichte aus der Zeit als ADN-Korrespondent in Bonn<br />
geht – Bachmanns Texte sind sorgfältig recherchiert und<br />
lesen sich wunderbar. Am <strong>Jahre</strong>sende wird Ralf Bachmann<br />
80 <strong>Jahre</strong> alt. Dazu gratuliert ihm die Redaktion<br />
ganz herzlich. Dass er nicht daran denkt, mit dem<br />
Schreiben aufzuhören, sehen Sie in diesem (S. 32) und<br />
hoffentlich noch vielen folgenden Heften. Wer sich für<br />
Einsichten aus seinen mehr als 60 <strong>Jahre</strong>n als Journalist<br />
interessiert, hat dazu am 2. Dezember 2009 im Berliner<br />
Café Sibylle, Karl-Marx-Allee 72, (Kartentelefon 030<br />
61390410) Gelegenheit. Ralf Bachmann liest dort aus<br />
seiner neuen Veröffentlichung „Ich habe alles doppelt<br />
gesehen – Bilanz eines Journalistenlebens“. Der Autor<br />
spielt nach eigener Beteuerung mit dem Titel nicht auf<br />
den zu häufigen Genuss hochprozentiger Getränke an.<br />
Vielmehr geht es um veränderte Ein- und Ansichten<br />
durch politische Wechsel und Zunahme von Lebensjahren.<br />
Und schließlich geht es um die Sichtweise als<br />
Deutscher und als Jude, die nicht immer deckungsgleich<br />
sein kann.<br />
Die Chansonwerkstatt<br />
Potsdam hat ein<br />
musikalisches „Ostpaket“<br />
gepackt, zwar nicht mit<br />
Waschpulver, dafür aber<br />
mit jeder Menge Liedern,<br />
die sich gewaschen haben!<br />
Für das aktuelle DDR-<br />
Programm interpretiert<br />
die Chansonwerkstatt<br />
Lieder aus 40 <strong>Jahre</strong>n<br />
ostdeutscher Geschichte.<br />
Als Sängerin und<br />
Kabarettistin mit<br />
auf Tour in Berlin,<br />
Brandenburg und<br />
Thüringen ist Silvana<br />
Uhlrich, Präsidentin der<br />
International Humanist<br />
and Ethical Youth<br />
Organisation (IHEYO).<br />
Kontakt:<br />
chansonwerkstatt@web.de<br />
Das Ostpaket – <strong>Wende</strong>kinder<br />
packen aus!<br />
13
14<br />
4/2009
Werner Schultz<br />
n Der Humanistische <strong>Verband</strong> Berlin zählt<br />
heute über 4.000 Mitglieder, 800 Ehrenamtliche<br />
und fast 1.000 hauptamtliche<br />
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. 50.000<br />
Schülerinnen und Schüler besuchen den<br />
Lebenskundeunterricht, 2.100 Kinder gehen<br />
in 23 Kindertagesstätten des <strong>Verband</strong>es<br />
erste Schritte in ein Leben in Selbstbestimmung<br />
und Verantwortung, also den Grundlagen<br />
unseres praktischen Humanismus.<br />
1.500 Jugendliche haben sich in diesem Jahr<br />
für die Jugendfeier angemeldet. Und in vielen<br />
sozialen Projekten des <strong>Verband</strong>es, von<br />
der Schwangerschaftsberatung bis zu den<br />
Hospizen, erleben viele Berlinerinnen und<br />
Berliner, dass Humanismus auch Solidarität<br />
und Hilfe in schwierigen Lebenslagen<br />
bedeutet. Das alles ist erst in den letzten<br />
zwanzig <strong>Jahre</strong>n entwickelt worden.<br />
Anfänge des praktischen Humanismus<br />
Vergegenwärtigen wir uns, wie es rund um<br />
das Jahr 1989 war. In West-Berlin hatte sich<br />
der „Deutsche Freidenker-<strong>Verband</strong>“ aus der<br />
immer sektiererischer werdenden internationalen<br />
Freidenkerbewegung entfernt und<br />
sich der sehr viel größeren „Internationalen<br />
Humanistischen und Ethischen Union“,<br />
der IHEU, zugewandt. Der Hintergrund<br />
dafür lag in der Erfahrung, dass Religionen<br />
und speziell auch die Kirchen nicht mehr<br />
das zentrale Feindbild abgeben konnten,<br />
das es zu überwinden galt, um endlich das<br />
Zeitalter von Vernunft und Wissenschaft<br />
auferstehen zu lassen.<br />
Dagegen beeindruckten uns als organisierte<br />
Konfessionsfreie in West-Berlin die<br />
praktischen Erfahrungen der starken humanistischen<br />
Verbände in Holland, Belgien,<br />
Norwegen oder Frankreich. Diese haben<br />
zwar die Religionskritik und die Kritik an<br />
den Anmaßungen der Kirchen nie vergessen,<br />
aber sie legten ihren Arbeitsschwerpunkt<br />
auf eine selbstbewusste Interessenver-<br />
TITEl<br />
20 <strong>Jahre</strong> Mauerfall –<br />
Wo steht der HVD heute?<br />
Wenn wir auf die vergangenen zwanzig <strong>Jahre</strong> unseres <strong>Verband</strong>es zurückblicken, dann<br />
können wir von einer großen Erfolgsgeschichte sprechen. Die <strong>Wende</strong> hat dem organisierten<br />
Humanismus zu einem großen Auftrieb verholfen. Exemplarisch steht dafür der landesverband<br />
Berlin. An der Nahtstelle zweier Systeme trafen Konfessionslose aufeinander, die,<br />
kamen sie aus dem Westen, kampfeslustig gegen die Kirche zu Felde zogen. Den Menschen<br />
aus dem Osten war die Kirche größtenteils herzlich egal, sie hatten keine schlechten Erfahrungen,<br />
sie bot ihnen kein Feindbild. lassen wir noch einmal Revue passieren.<br />
tretung und auf die Schaffung praktischer<br />
Angebote für Konfessionslose.<br />
In diesen Angeboten nahm praktischer<br />
Humanismus eine greifbare Gestalt an und<br />
wurde damit auch außerhalb enger Zirkel<br />
meinungsfreudiger Menschen attraktiv.<br />
Sie boten, wie auch wir in Berlin, humanistischen<br />
Schulunterricht als Alternative<br />
zum Religionsunterricht an. Insbesondere<br />
beeindruckte uns das Berufsbild des Humanistischen<br />
Beraters. Diese arbeiten in<br />
Krankenhäusern, Gefängnissen, sozialen<br />
Einrichtungen (und, für uns erst einmal<br />
befremdlich, auch als Beraterinnen und Berater<br />
von Soldaten in der Armee) – sie taten<br />
das, was Pfarrer und Priester über eine lange<br />
Zeit als ihre exklusive Domäne angesehen<br />
haben.<br />
Überraschungsgründung DDR-<br />
Freidenker<br />
Zu gleicher Zeit wurde in der DDR der<br />
„<strong>Verband</strong> der Freidenker“ (VdF) aktiv. Es<br />
war für viele Menschen, besonders für die<br />
im Westen, überraschend, dass eine neue<br />
starke Mitgliederorganisation in der DDR<br />
ins Leben gerufen wurde. Große Hoffnungen<br />
auf neue Freiheiten und offene Diskussionen<br />
verbanden sich mit einer solchen<br />
Gründung. Verwunderlich war diese neue<br />
Organisation deshalb, weil die Parteiführung<br />
jahrzehntelang davon ausgegangen<br />
war, die DDR brauche keine Freidenker<br />
mehr, da ihr Staat säkular sei und Aufklärung<br />
und Wissenschaft in diesem Land gesiegt<br />
hätten.<br />
Der Präsident des Humanistischen <strong>Verband</strong>es,<br />
Horst Groschopp, hat das so formuliert:<br />
„Viele Freidenker der 1920er-<strong>Jahre</strong>,<br />
Kommunisten wie Sozialdemokraten,<br />
fanden sich nach dem Zweiten Weltkrieg<br />
in der SED wieder und kamen auch zu einigem<br />
Einfluss bei der formalen Verstaatlichung<br />
und Einvernahme freidenkerischer<br />
Ideen und Institutionen für die DDR. Ein<br />
eigener Freidenker-<strong>Verband</strong> wurde nicht<br />
gebraucht – und was hätte da freies Denken<br />
bedeutet? Erst als sich eine politische<br />
Opposition in Kirchen zu entfalten begann,<br />
erinnerten sich einige ältere Funktionäre an<br />
den Kirchenkampf der proletarischen Freidenker<br />
um 1930. Das fiel nun zusammen<br />
– und das dürfen wir nicht vergessen – mit<br />
Reformvorstellungen innerhalb und außerhalb<br />
der SED, wo einige kundige Leute freidenkerische<br />
Ambitionen bekamen. – Dass<br />
sie diese bekamen, lag in den Verhältnissen<br />
in der DDR selbst begründet: Die Kirchen<br />
waren für die 20 Prozent Gläubigen zuständig<br />
und der Staat für die 80 Prozent Konfessionslosen.<br />
Doch bekanntlich haben auch<br />
Ungläubige Bedürfnisse nach einer freien<br />
Tätigkeit und Selbstorganisation, wie sie ein<br />
Staat als Staatsgewalt niemals zu befriedigen<br />
vermag.“<br />
Der Stasi-Befehl<br />
Aus diesen ambivalenten Überlegungen heraus<br />
wurden die Freidenker der DDR 1989<br />
„von oben“ offiziell gegründet und konnten<br />
schnell eine große Zahl an Mitgliedern<br />
vorweisen. Im Westen wusste man zunächst<br />
4/2009 15
16<br />
Brief des Deutschen Freidenker-<br />
<strong>Verband</strong>es (Sitz Berlin e.V.) an<br />
den <strong>Verband</strong> der Freidenker der<br />
DDR vom 11. Oktober 1989:<br />
Sehr geehrter Herr Prof. Klein,<br />
mit besonderer Aufmerksamkeit verfolgt<br />
der Freidenker-<strong>Verband</strong> e. V. Sitz Berlin<br />
zur Zeit die Berichterstattung in den Medien<br />
zur Entwicklung einer gesellschaftlichen<br />
Oppositionsbewegung in der DDR.<br />
Die Forderung vieler Menschen nach mehr<br />
Freizügigkeit, nach mehr Demokratie,<br />
Meinungs- und Bewegungsfreiheit, nach<br />
mehr Freiheit überhaupt und der Ruf „wir<br />
bleiben hier“ ist unüberhörbar wie auch<br />
das Singen der „Internationale“ auf den<br />
Demonstrationen in Leipzig. Die Gründung<br />
oppositioneller Zusammenschlüsse<br />
wie dem „Neuen Forum“ und anderen unter<br />
dem Dach der Kirche wirft Fragen auf,<br />
warum es dem <strong>Verband</strong> der Freidenker<br />
nicht gelingt, sich aktiv und konstruktiv<br />
in diese gesellschaftspolitischen Veränderungsprozesse<br />
und Auseinandersetzungen<br />
einzumischen und wieso es den Kirchen<br />
gelingt, diese Protestbewegung zu sammeln<br />
und sich als moralische Instanz in der<br />
Diskussion und zum Staat zu profilieren?<br />
Wenn wir von einer Freidenkerbewegung<br />
ausgehen, die die Verwirklichung eines<br />
freiheitlichen und demokratischen Sozialismus<br />
als eine wesentliche Voraussetzung<br />
einer humanistischen Lebensgestaltung<br />
ansieht, so ist es uns unverständlich, warum<br />
der <strong>Verband</strong> der Freidenker der DDR<br />
in dieser Frage bisher öffentlich sprachlos<br />
blieb.<br />
Wir würden uns wünschen, dass der <strong>Verband</strong><br />
der Freidenker der DDR sich am<br />
Prozess der Erneuerung aktiv und erfolgreich<br />
beteiligt, er sich auf allen gesellschaftlichen<br />
Ebenen der DDR aktiv einmischt,<br />
um seine humanistische und weltliche<br />
Alternative einzubringen. Wir hielten es<br />
für skandalös, wenn der <strong>Verband</strong> der Freidenker<br />
vor allem nach den Ereignissen der<br />
letzten Tage in Berlin, Leipzig und Dresden<br />
schweigen würde und die Rufe nach<br />
Freiheit und Demokratie, nach Glasnost<br />
und Perestroika in der DDR von ihm ungehört<br />
blieben. Dies muss Sache der Freidenker<br />
sein und nicht nur der Kirche!<br />
Wir fordern Euch auf zur öffentlichen Einmischung<br />
in die Angelegenheiten Eures<br />
Landes getreu den Zielen eines freiheitlichen<br />
und sozialistischen Humanismus in<br />
der Freidenkerbewegung. Wir wünschen<br />
Euch dabei viel Erfolg.<br />
Mit solidarischen Freidenkergrüßen<br />
Gerald Betz<br />
(Vorsitzender)<br />
4/2009<br />
nicht so richtig, wie das einzuschätzen sei,<br />
aber natürlich war man voller Hoffnung<br />
auf die neue Organisation mit ihrem großen<br />
Namen.<br />
Als einer der ersten besuchte den <strong>Verband</strong><br />
in Ost-Berlin Rob Tielman aus den<br />
Niederlanden. Er war damals der Weltvorsitzende<br />
der IHEU. Zurück kam er sichtlich<br />
beeindruckt. In den Gesprächen wurde ihm<br />
versichert, die Ideale der Freidenker und des<br />
Humanismus prägen den neuen <strong>Verband</strong><br />
und man verstehe sich als Teil der Modernisierung<br />
der sozialistischen Gesellschaft.<br />
Nur – erzählte er damals nach einigem<br />
Zögern – er sei schon einige <strong>Jahre</strong> Vorsitzender<br />
der IHEU und kenne säkulare Verbände<br />
überall in der Welt, aber so etwas habe er<br />
noch nicht gesehen. Die Freidenker hätten<br />
eine hervorragend ausgestattete Büroetage,<br />
einen Vorstand mit vielen Professoren<br />
und ca. 80 Hauptamtliche. Jetzt, sagte man<br />
ihm, würden die ersten Mitglieder aufgenommen.<br />
Rob Tielman hatte die andere Seite kennengelernt,<br />
die dann später am runden Tisch<br />
aufgedeckt wurde und auch niemanden so<br />
richtig verwundert hatte. Der Freidenkerverband<br />
der DDR wurde auf Anweisung der<br />
SED-Führung mit Hilfe der Staatssicherheit<br />
aufgebaut. Dieser Befehl kam den Kirchen<br />
nicht ungelegen. Sie erkannten schnell seine<br />
Nützlichkeit. Schließlich saßen die DDR-<br />
Freidenker bis zu Pfarrer Gaucks Rostocker<br />
Enthüllungen mit am Runden Tisch. Die<br />
Freidenker haben sich von diesem Schlag<br />
nie wieder erholt.<br />
Forderung nach klarem Schnitt<br />
Es ist müßig zu überlegen, was aus dem „<strong>Verband</strong><br />
der Freidenker“ hätte werden können,<br />
wenn er die Zeit bekommen hätte, sich von<br />
seiner verdeckten Gründung zu emanzipieren.<br />
Wenn er eine Gemeinschaft des freien<br />
Denkens, der Ideologiekritik und des vernünftigen<br />
Arguments geworden wäre – und<br />
einige Zeichen im Frühjahr bis zum Herbst<br />
1990 sprechen durchaus dafür. Der Staat<br />
DDR aber brach zusammen und die DDR-<br />
Freidenker hatten zu diesem Zeitpunkt nur<br />
wenige Monate bestanden. Der Stasi-Befehl<br />
lastete auf der jungen Organisation wie ein<br />
Mühlstein und Kirchen und Konservative<br />
transportierten diesen Fakt ständig neu in<br />
die Medien, während sie selbst dafür sorgten,<br />
den Kirchen Geschäfts- und Missionsfelder<br />
und entsprechende Gesetzlichkeiten<br />
zu schaffen.<br />
Der West-Berliner Freidenker-<strong>Verband</strong><br />
sah sich gezwungen, einen sehr weitgehenden<br />
Schritt zu gehen: Er forderte die Freidenker<br />
der DDR auf, sich aufzulösen, um<br />
einen klaren Schnitt gegenüber der Gründungsgeschichte<br />
vorzunehmen. Im Osten<br />
dagegen sahen viele darin bloß die damals<br />
übliche Übernahme durch Westverbände.<br />
Im Nachhinein bleiben also viele Fragen.<br />
Es war nicht die Zeit des langen Nachdenkens<br />
und der einfühlsamen Dialoge über<br />
Erfahrungen und soziale Chancen in sehr<br />
unterschiedlichen gesellschaftlichen Systemen.<br />
Es kam zu heftigen und verletzenden<br />
Auseinandersetzungen, an die sich einige<br />
von uns noch heute ungern erinnern – auch<br />
wenn wohl alle ahnen, dass das Verdrängen<br />
der unausgetragenen Konflikte und der damit<br />
verbundenen Schuldverhältnisse keine<br />
Lösung sein kann.<br />
Im Ergebnis führte dieser Prozess zu<br />
einer Auflösung des Ost-Berliner Freidenkerverbandes<br />
und zum Eintritt von Einzelpersonen<br />
in den West-Berliner <strong>Verband</strong>.<br />
Der <strong>Verband</strong> der Freidenker der DDR ging<br />
einen anderen Weg. Sein Kern vereinigte<br />
sich mit dem zweiten Freidenkerverband<br />
in Westdeutschland, der bis heute stark von<br />
kommunistischen Funktionären dominiert<br />
wird. Andere kamen in Ostdeutschland<br />
zum späteren HVD oder gingen zum<br />
Jugendweihe-<strong>Verband</strong>. Aber die meisten<br />
Mitglieder des Freidenker-<strong>Verband</strong>es der<br />
DDR – und das ist das eigentlich Tragische<br />
– wurden in diesen Auseinandersetzungen<br />
abgeschreckt und verließen einfach<br />
den <strong>Verband</strong>, ohne sich anderswo wieder<br />
zu organisieren.<br />
Es gab damals auch etwas, womit die<br />
meisten nicht gerechnet hatten. Der<br />
Atheismus in Ost und West war sehr unterschiedlich.<br />
Waren die meisten Atheistinnen<br />
und Atheisten im Westen einmal<br />
selbst Kirchenmitglieder gewesen und<br />
hatten unter Protest dieser Institution den<br />
Rücken gekehrt, so war in Ostdeutschland<br />
ein Volksatheismus entstanden, der sich<br />
ganz anders äußerte. Ein schönes Beispiel<br />
dafür war eine Befragung von Jugendlichen<br />
vor dem Leipziger Hauptbahnhof: Auf die<br />
Frage einer Reporterin nach ihrem Glauben<br />
antworteten sie nach einigem Zögern:<br />
„Glauben tun wir eigentlich nichts. Wir<br />
sind eher normal.“<br />
„Es fehlt uns heute noch die historische<br />
Forschung zu den Fragen, was in den <strong>Jahre</strong>n<br />
zwischen 1988 und 1993 in Ost und West
geschah. In ,Humanismus aktuell‘ Heft 20<br />
finden sich zwar schon einige erste Überlegungen.<br />
Doch das ist zu wenig für so einen<br />
großen <strong>Verband</strong> wie den unseren. Denn<br />
es dominiert in der Öffentlichkeit immer<br />
noch die Theologen- und Kirchensicht auf<br />
alles, was atheistisch war und ist – mehr oder<br />
minder sinnfällig unterfüttert von einer<br />
problematischen, von keiner historischen<br />
Erfahrung getragenen Konstruktion, dergemäß<br />
nur kirchlich organisierte Religiosität<br />
vor der Attraktivität der Totalitarismen für<br />
die wankelmütigen Massen schützen könne“,<br />
so Horst Groschopp.<br />
Zwei Erfolge im Jahr 2009<br />
Zur Analyse, die noch zu leisten sein wird,<br />
gehört auch, was ab 1989 in West- und<br />
dann in ganz Berlin in den Praxisfeldern<br />
des HVD geschah und warum der Aufbau<br />
unserer humanistischen Praxis insgesamt so<br />
erfolgreich verlief. Denn in Berlin gelang<br />
ein Zusammenwachsen. Es ist sicherlich<br />
kein Zufall, dass auch von hier aus die Initiative<br />
für einen Zusammenschluss auf Bundesebene<br />
ausging.<br />
1993 vereinigten sich verschiedene säkulare<br />
Gruppen zum Humanistischen<br />
<strong>Verband</strong> <strong>Deutschlands</strong>. Der neue <strong>Verband</strong><br />
trat der IHEU bei und spielte eine wichtige<br />
Rolle bei der Gründung unserer europäischen<br />
Interessenvertretung, der „Europäischen<br />
Humanistischen Föderation“ (EHF)<br />
in Brüssel. Dass der Verfassungsentwurf<br />
für die Europäische Union in der Präambel<br />
keinen Bezug auf Gott hat, ist zu einem<br />
Teil auch ein Erfolg dieses humanistischen<br />
Dachverbandes.<br />
Um auch zukünftig erfolgreich zu sein,<br />
müssen wir unsere Praxisfelder weiter ausbauen<br />
und darin unser humanistisches Profil<br />
schärfen. Die Humanistische Beratung<br />
steckt noch in den Kinderschuhen und<br />
sollte wie in Holland oder Belgien institutionalisiert<br />
werden. Der Gedanke von humanistischen<br />
Kulturhäusern in der Stadt wird<br />
hoffentlich bald zu praktischen Projekten<br />
führen. Und die große Aufgabe des Zusammenschlusses<br />
der Verbände in Berlin und<br />
Brandenburg liegt unmittelbar vor uns.<br />
Abschließen möchte ich mit einem<br />
Rückblick auf zwei besondere Erfolge des<br />
Humanistischen <strong>Verband</strong>es in diesem Jahr:<br />
Das eine ist die Auseinandersetzung mit<br />
den Kirchen und insbesondere der CDU<br />
um den Ethikunterricht in Berlin. Obwohl<br />
der <strong>Verband</strong> seinen eigenen Lebenskun-<br />
4/2009 17
18<br />
4/2009
deunterricht in der Schule anbietet und<br />
bei einem Sieg der Kirchen sehr viel mehr<br />
Geld und Statusveränderung erhalten hätte<br />
– Lebenskunde wäre dann ein staatliches<br />
Fach geworden – obwohl also diese Verlockungen<br />
vor uns ausgebreitet wurden, der<br />
Humanistische <strong>Verband</strong> ist seiner Position<br />
der Trennung von Staat und Religion treu<br />
geblieben. Die in Berlin erreichte Trennung<br />
von Schule und freiwilligem Religions- und<br />
Lebenskundeunterricht ist die weitgehendste<br />
in ganz Deutschland – wir wollten sie<br />
verteidigen.<br />
Unser <strong>Verband</strong> hat seine ganze Kraft<br />
in diese Auseinandersetzung gesteckt. Wir<br />
haben gewonnen, das Quorum von 25<br />
Prozent wurde von den Kirchen weit verfehlt<br />
und – womit niemand gerechnet hat –<br />
selbst bei den abgegebenen Stimmen hatten<br />
die Nein-Stimmen die Mehrheit. Das war<br />
ein historischer Erfolg.<br />
Ich möchte ihn allerdings unter einem<br />
strategischen Gesichtspunkt einordnen.<br />
Hätten die Atheisten und Humanisten alleine<br />
gekämpft, wäre es sehr schwer geworden.<br />
Der Erfolg basierte auf einem breiten<br />
Bündnis von Parteien, Gewerkschaften und<br />
religiösen Gruppen. Gerade mit ihnen zusammen<br />
wurde die Trennung von Staat und<br />
Religion in Berlin verteidigt! Ich denke, wir<br />
sollten auch für zukünftige Konflikte diese<br />
Bündnisfähigkeit des Humanistischen <strong>Verband</strong>es<br />
ausbauen und stärken.<br />
Der zweite Erfolg liegt in der Abstimmung<br />
des deutschen Bundestags zur Patientenverfügung.<br />
Seit etwa zwanzig <strong>Jahre</strong>n<br />
haben wir darauf hingearbeitet, dass die<br />
Selbstbestimmung der Menschen auch am<br />
Lebensende anerkannt wird. Jetzt haben wir<br />
es ein wichtiges Stück weit geschafft. Es gilt<br />
ab jetzt, laut Gesetz, der Wille des Patienten<br />
oder der Patientin, wie er in einer Verfügung<br />
festgelegt wurde. Auch hier scheue ich<br />
mich nicht, von einem historischen Erfolg<br />
zu sprechen.<br />
Der Humanistische <strong>Verband</strong> hat gezeigt,<br />
was er langfristig und aktuell erreichen<br />
kann. Darauf dürfen wir mit Recht stolz<br />
sein – aber wir werden uns nicht darauf ausruhen!<br />
l<br />
Werner Schultz ist Bildungsreferent im HVD<br />
Berlin.<br />
4/2009 19
Mauerbild<br />
2009
eINblIcke<br />
Spendenprojekt für 2009:<br />
Hilfe für Indiens<br />
„Unberührbare“<br />
Wollen Sie sich in einem konkreten Projekt<br />
für Humanismus und Aufklärung in der<br />
Welt einsetzen? Dann werden Sie mit dem<br />
Humanistischen Hilfswerk Pate bzw. Patin<br />
eines indischen Dalit-Dorfes!<br />
Worum geht es?<br />
„Dalit“ ist die Bezeichnung für die früher<br />
als Unberührbare bekannten Ausgestoßenen<br />
der indischen Gesellschaft. Nach wie<br />
vor werden ihnen grundlegende Chancen<br />
vorenthalten. Diese Diskriminierung betrifft<br />
alle Aspekte des Alltags: Gesundheitswesen,<br />
Unterkunft, Bildung, Arbeit, Eheschließung,<br />
soziale Teilhabe. Die meisten<br />
Dalits haben keinerlei Aussicht, aus der<br />
kastenbedingten Diskriminierung auszubrechen.<br />
Mehrere Millionen Dalits leben<br />
in Schuldknechtschaft. Das Leid der Dalits<br />
ist ein eklatantes Beispiel für die Verletzung<br />
von Menschenrechten.<br />
Der größte Anteil der Dalits lebt in<br />
Indien, einem Land, in dem Hinduismus<br />
und Kastenwesen seit Alters her mit der<br />
zweifelhaften Praktik der Unberührbarkeit<br />
verknüpft sind. Indien hat die Unberührbarkeit<br />
zwar offiziell abgeschafft, doch es<br />
mangelt noch an der Umsetzung im Alltag.<br />
Diese Menschen sind willkommene Opfer<br />
religiöser Missionare aller Art. Ungezügelter<br />
Aberglaube und bittere Armut sind Kennzeichen<br />
der meisten Dalit-Gemeinden.<br />
22<br />
4/2009<br />
Was kann dagegen getan werden?<br />
Historisch und soziologisch ist das Problem<br />
religiösen Ursprungs. Im Gegensatz zu<br />
jenseitig orientierten Religionen kann ein<br />
lebensbejahender Humanismus die Dalit-<br />
Gemeinden in ein menschenwürdiges Dasein<br />
zurückführen. Die Hilfe für die Dalits<br />
ist daher ein durch und durch „humanistisches“<br />
Projekt!<br />
Als Berater bei den Vereinten Nationen<br />
und über informelle Kontakte versucht die<br />
Internationale Humanistische und Ethische<br />
Union (IHEU), die internationale Gemeinschaft<br />
auf das fortgesetzte Elend der Dalits<br />
aufmerksam zu machen. Ihr gehört auch<br />
der Humanistische <strong>Verband</strong> <strong>Deutschlands</strong><br />
an, dessen Landesverbände das Humanistische<br />
Hilfswerk ins Leben gerufen haben.<br />
Damit sich die Dalit-Gemeinden selbst<br />
von ihrem Joch befreien können, müssen<br />
sie jedoch mit den Ideen der Moderne konfrontiert<br />
werden, um nicht den Verführungen<br />
pseudoreligiöser Scharlatane und rückständigem<br />
Aberglauben anheim zu fallen.<br />
Durch professionelle Beratungsprogramme<br />
wie z.B. die Berufsberatung werden jungen<br />
Menschen Alternativen zu den tradierten<br />
Einkommensquellen ihrer Familien vorgestellt.<br />
Dies erleichtert ihre Integration in<br />
die moderne Wirtschaft. Diskussionen und<br />
Gruppentreffen, insbesondere für junge<br />
Dalits, werden mit explizit humanistischen<br />
Inhalten und Themen gefüllt. Nicht zuletzt<br />
benötigen sie dringend eine medizinische<br />
Grundversorgung.<br />
Helfen Sie uns, ein Dorf zu<br />
„adoptieren“!<br />
In Abstimmung mit dem Humanistischen<br />
Hilfswerk und den Mitgliedsorganisationen<br />
der IHEU in Indien (wie der Social Development<br />
Foundation, dem Atheist Center oder<br />
der Viveka Vidyalayam) wählt die IHEU<br />
eine Großgemeinde, bestehend aus sechs bis<br />
sieben Dörfern aus, in dem humanistisches<br />
Engagement dringend vonnöten ist und in<br />
relativ kurzer Zeit wirksam umgesetzt werden<br />
kann. Für je 3.000 Euro Spendenaufkommen<br />
lässt sich eines der Dalit-Dörfer<br />
für ein Jahr „adoptieren“. Damit können<br />
Sie mithelfen, die Lebensqualität von fast<br />
1.000 ausgestoßenen Männern, Frauen und<br />
Kindern entscheidend zu verbessern.<br />
In diesen zwölf Monaten wird es folgende<br />
konkrete Maßnahmen geben:<br />
– Bestellung eines örtlichen humanistischen<br />
Dalit-Vertreters zum Projektleiter<br />
– Anwerbung von ärztlichen Freiwilligen,<br />
die das Dorf einmal monatlich medizinisch<br />
betreuen<br />
– Kostenlose Bereitstellung von Heilmitteln<br />
– Aufbau einer humanistischen Bibliothek<br />
in der örtlichen Sprache<br />
– Förderung einer humanistischen Dalit-<br />
Jugendgruppe (26 Treffen)<br />
– sechs Wunder-Erprobungsprogramme<br />
– sechs wissenschaftliche Bildungsprogramme<br />
– zwölf Frauenberatungsprogramme<br />
– sechs Berufsberatungsprogramme<br />
– Schulungen für alternative Einkommenskonzepte<br />
Wie können Sie einen Beitrag dazu<br />
leisten?<br />
Mit einer Spende, so gering sie auch sein<br />
mag. Bisher ist der nötige Betrag leider<br />
noch nicht zusammengekommen. Helfen<br />
Sie mit, dass es dieses Jahr gelingt!<br />
Bitte überweisen Sie Ihre Spende mit<br />
dem Vermerk „Dalits“ auf unser Spendenkonto:<br />
Konto-Nr. 592 86 35<br />
Sparkasse Nürnberg<br />
BLZ 760 501 01<br />
oder nutzen Sie das Internet-Spendenformular,<br />
dass der HVD-Nürnberg auf<br />
seiner – natürlich gesicherten – Spendenseite<br />
bereitgestellt hat: www.hvd-nuernberg.<br />
de, und markieren Sie beim Verwendungszweck<br />
„Dalit-Dorf“.<br />
Sobald 3.000 Euro zusammen gekommen<br />
sind, übernehmen wir die Patenschaft<br />
über das erste Dorf. Auf unserer Homepage<br />
halten wir Sie über den Stand des Patenschaftsprojekts<br />
auf dem Laufenden.<br />
Das Humanistische Hilfswerk Deutschland<br />
ist als gemeinnützig anerkannt. Spenden<br />
an das Humanistische Hilfswerk sind<br />
daher steuerlich berücksichtigungsfähig.<br />
Für Spenden bis 200 € reicht als Nachweis<br />
gegenüber Ihrem Finanzamt ein Kontoauszug.<br />
Bei höheren Spenden bitten wir Sie,<br />
Ihren Namen und Ihre Anschrift auf dem<br />
Überweisungsträger anzugeben. Sie erhalten<br />
dann automatisch von uns eine Spendenquittung<br />
zugesandt.<br />
www.humanistisches-hilfswerk.de<br />
Weitere Informationen in englischer Sprache<br />
finden Sie unter www.iheu.org/dalitfaq.
Lutz Renken<br />
Zeit zu geben<br />
n Nun kommt wieder die Zeit im Jahr, in<br />
der wir verstärkt daran erinnert werden, wie<br />
gut es uns im Vergleich zu anderen geht.<br />
Prominente werben am Samstagabend im<br />
Fernsehen um Paten für Kinder in Not und<br />
Schulklassen und Kindergärten packen<br />
„Geschenke der Hoffnung“ in Schuhkartons.<br />
Wir haben das Glück, in einer Zeit<br />
in einem Teil der Welt zu leben, in der die<br />
menschlichen Grundbedürfnisse befriedigt<br />
sind. Anlass genug, unsere eigene Spende-<br />
und Hilfsbereitschaft zu betrachten.<br />
Wie hilfsbereit und großzügig sind wir<br />
wirklich? Sind wir überhaupt moralisch<br />
verpflichtet, Menschen auf der anderen Seite<br />
der Welt zu helfen? Mit diesen Fragen<br />
beschäftigt sich der australische Philosoph<br />
und Ethiker Peter Singer in seinem Buch<br />
„The Life You Can Save: Acting Now to<br />
End World Poverty“.<br />
Singer beschreibt eine Situation, in die<br />
wir in unserem Alltag geraten könnten:<br />
Man geht in einem Park spazieren und<br />
bemerkt, dass ein Kind in einem Teich zu<br />
ertrinken droht. Sollte man hineinspringen,<br />
um das Kind zu retten? Unser Gefühl<br />
sagt: Ja, natürlich. Und wenn man dadurch<br />
die neuen Schuhe ruinieren würde? Unser<br />
Gefühl sagt: Ja, natürlich auch dann. Die<br />
moralische Pflicht zu helfen würden hier<br />
nur wenige von sich weisen, denn was bedeutet<br />
schon ein Paar Schuhe im Vergleich<br />
zu einem geretteten Menschenleben? Wenn<br />
man aber bereit ist, ein paar gute Schuhe zu<br />
opfern um ein Menschenleben zu retten,<br />
warum dann nicht einfach die entsprechende<br />
Summe einer Hilfsorganisation spenden,<br />
von der man weiß, dass sie Leben rettet?<br />
Menschen sind mitfühlende Wesen. Wir<br />
verfügen über den Impuls, anderen zu Hilfe<br />
zu kommen. Zumindest dann, wenn wir<br />
die Not leidende Person sehen und wenn<br />
wir die einzige Person sind, die ihr helfen<br />
kann. Laut Singer müssen wir aber unseren<br />
Verstand mit unserem Mitgefühl verbinden<br />
und in ein allgemeines moralisches Gebot<br />
überführen. Wir befinden uns gegenüber<br />
den Hilfebedürftigen in den Entwicklungsländern<br />
nämlich in der gleichen moralischen<br />
Situation wie der Spaziergänger gegenüber<br />
dem Kind im Teich. Wir haben aufgrund<br />
unseres Wohlstands die Möglichkeit, Leben<br />
zu retten und sollten diese nutzen.<br />
Natürlich provozieren solche moralischen<br />
Ansprüche Abwehrargumente, wie<br />
z.B. „Die Armen sind für sich selbst verantwortlich“,<br />
„Hilfe führt zu Abhängigkeit“<br />
oder „Das meiste Geld versickert in<br />
der Verwaltung dieser Organisationen“.<br />
Singer zeigt, dass diese Einwände zwar zum<br />
Teil nicht ganz unbegründet sind, doch<br />
mit einer sorgfältigen Auswahl der Hilfsorganisationen<br />
zu minimieren. Auch sei die<br />
Ausgangslage – Armut dort, Reichtum hier<br />
– nicht das Versäumnis oder Verdienst der<br />
Menschen, die sich jetzt in diesen Umständen<br />
befinden. Es entbindet uns also nichts<br />
von unserer moralischen Pflicht.<br />
Hilfe als moralisches Gebot<br />
Warum reicht unser Mitgefühl nicht weiter?<br />
Singer beschreibt die psychologischen Barrieren,<br />
die uns die Not und unsere Verantwortung<br />
verdrängen lassen: die mangelnde<br />
Identifikation mit dem Hilfeempfänger<br />
durch große Opferzahlen oder räumliche<br />
Entfernung; die empfundene Ohnmacht,<br />
etwas an der Situation ändern zu können;<br />
die geteilte Verantwortung mit vielen anderen<br />
Menschen, die ebenfalls helfen müssten<br />
etc. Es sei wichtig zu verstehen, dass wir<br />
zwar evolutionär und psychologisch erklären<br />
können, warum wir unter bestimmten<br />
Umständen unwillig sind zu helfen. Das<br />
Peter Singer: Menschen im<br />
Westen handeln unmoralisch,<br />
wenn sie nicht ernsthaft etwas<br />
gegen die Armut in der Welt<br />
unternehmen.<br />
entbinde uns jedoch nicht von unserer<br />
moralischen Verantwortung. Nutzen wir<br />
also unseren Verstand dazu, die Barrieren<br />
abzubauen, indem wir uns auf die Leben<br />
konzentrieren, die wir retten können.<br />
Um potenzielle Spender nicht zu überfordern<br />
und abzuschrecken macht Singer<br />
einen pragmatischen Vorschlag, der hinter<br />
dem zurückbleibt, was er eigentlich für<br />
moralisch angebracht hält: Diejenigen,<br />
die ein komfortables Leben führen, sollten<br />
etwa ein bis fünf Prozent des Einkommens<br />
spenden, Reiche und sehr Reiche wesent-<br />
lich mehr. Da stellt sich natürlich die Frage:<br />
Führe ich ein komfortables Leben? Wer<br />
trotz Hypothek und Dispokrediten Wasser<br />
aus Flaschen statt aus der Leitung trinkt,<br />
jährlich seine Garderobe erneuert oder sich<br />
einen anderen Luxus gönnt, auf den er gut<br />
verzichten kann, der kennt die Antwort<br />
schon.<br />
Humanisten legen Wert darauf, bewusst<br />
dem eigenen Leben einen Sinn zu geben.<br />
Leben zu retten und Leid zu mindern ist<br />
ein solcher Zweck, der den Verzicht auf<br />
den vermeintlichen Luxus schnell aufwiegt.<br />
Es steckt aber noch mehr Sinn im Helfen.<br />
Meist will man mehr als „nur helfen“, nämlich<br />
Einfluss nehmen und eigene Schwerpunkte<br />
setzen. Die einen möchten Mädchen<br />
fördern, andere die Menschenrechte<br />
verteidigen, wiederum andere wollen eine<br />
bestimmte Krankheit bekämpfen oder ein<br />
ausgewähltes Krisengebiet wieder aufbauen.<br />
Natürlich möchte man nach den eigenen<br />
Überzeugungen handeln und vielleicht<br />
auch für diese werben.<br />
Hilfe im Diesseits<br />
In der Vorweihnachtszeit werden in Schulklassen<br />
und Kindergärten wieder fleißig<br />
Schuhkartons mit Spielsachen, Süßigkeiten,<br />
Weihnachtsgrüßen und Gebeten für<br />
die Aktion „Weihnachten im Schuhkarton“<br />
bepackt und an Kinder in Entwicklungsländern<br />
verschenkt. Obwohl diese Aktion<br />
allgemein unkritisch als Hilfsaktion angenommen<br />
wird, bei der die Kinder ihre eigene<br />
Hilfsbereitschaft in einer Gemeinschaft<br />
erfahren können, versteht der Trägerverein<br />
„Geschenke der Hoffnung“ dies selbst nicht<br />
als Hilfsaktion, sondern als Geschenkaktion,<br />
um armen Kindern eine Freude zu<br />
Weihnachten zu machen und damit die<br />
christliche Botschaft zu verbreiten. So wird<br />
den Geschenken z.B. noch ein Heft mit Bibelgeschichten<br />
beigefügt und die Verteilung<br />
in evangelikale Missionsaktionen eingebettet.<br />
Zugespitzt gesagt liegt das Ziel der Organisatoren<br />
darin, das Seelenheil armer Kinder<br />
in Entwicklungsländern zu retten. Dies<br />
ist angesichts des wirklichen Leids vieler<br />
Kinder in dieser Welt eine vertane Chance,<br />
mit Schul- oder Kindergartenkindern eine<br />
wirklich effektive Hilfsaktion auszuwählen<br />
und zu unterstützen.<br />
Wenn im Gegensatz hierzu das Humanistische<br />
Hilfswerk bei seiner Arbeit mit<br />
einem Dalit-Dorf auf die Verbreitung humanistischer<br />
Ideen setzt, dann mit dem<br />
4/2009 23
egründeten Ziel die „Unberührbaren“ bei<br />
der Loslösung vom Kastensystem zu unterstützen,<br />
damit diese ein selbstbestimmtes,<br />
freies Leben führen können.<br />
Das Modell der Patenschaften<br />
Die britische Hilfsorganisation „Foster Parents<br />
Plan“ (jetzt Plan International) hatte<br />
damit begonnen, wohlhabende „Eltern“<br />
im Westen mit „Patenkindern“ in Entwicklungsländern<br />
zu verbinden. Für eine<br />
regelmäßige Spende erhielten die Pateneltern<br />
Briefe „ihres“ Patenkindes. Damit<br />
hatte Plan es geschafft, eine persönliche<br />
Beziehung zu den Bedürftigen herzustellen<br />
und hilft so den Spendern, ihre oben<br />
geschilderten psychologischen Barrieren<br />
weitestgehend zu überwinden. Heute ist<br />
eine Weiterentwicklung dieses Modells so<br />
erfolgreich, dass es von einer Vielzahl von<br />
Hilfsorganisationen angewandt wird, u.a.<br />
von WorldVision, Kindernothilfe und dem<br />
CCF Kinderhilfswerk.<br />
24<br />
4/2009<br />
Plan International z.B. unterstützt Gemeinschaften<br />
und Dörfer um ein Patenkind<br />
herum, damit „Kinder keine Armut leiden,<br />
sich gesund entwickeln und frei entfalten<br />
können. In einer Gesellschaft, die Kinderrechte<br />
schützt und Kinder mit Würde und<br />
Respekt behandelt. Unabhängig von Herkunft,<br />
Religion und politischen Verhältnissen.“<br />
(Webseite von Plan International)<br />
Diese Ziele entsprechen den Absichten<br />
vieler Spender, die Verantwortung für das<br />
Wohlergehen eines benachteiligten Kindes<br />
und dessen Umfeld übernehmen wollen.<br />
Leider bieten diese Organisationen derzeit<br />
noch nicht den umfassenden Schutz, wie<br />
er von vielen Paten zu Recht erwartet wird.<br />
Wie das „Bündnis zum Schutz von Mädchen<br />
vor Genitalverstümmelung“ festgestellt<br />
hat, nutzen Plan und andere ihren Einfluss<br />
bei den Hilfe empfangenden Gemeinschaften<br />
nicht für einen effektiven Schutz der<br />
Mädchen, sondern dulden diese schwere,<br />
vorsätzliche Körperverletzung. Jedes Opfer<br />
von Genitalverstümmelung leidet ein Leben<br />
lang, viele Opfer sterben an den Folgen.<br />
Wer also umfassend helfen will, sollte eine<br />
Patenschaft schriftlich mit der Bedingung<br />
verknüpfen, dass die unterstützte Gemeinschaft<br />
des Patenkindes die grundlegenden<br />
Menschen- und Kinderrechte respektiert<br />
und z.B. die Verstümmelung von Mädchen<br />
unterlässt.<br />
Es gibt nichts Gutes, außer man tut es<br />
Nach UNICEF-Berechnungen sterben täglich<br />
26.000 Kinder unter sechs <strong>Jahre</strong>n an<br />
den Folgen von Armut. Kann ich als Einzelner<br />
etwas bewirken? Ja, denn nach Singers<br />
Berechnungen ist es für 200 bis 2000 US<br />
Dollar möglich, ein Menschenleben in den<br />
Entwicklungsländern zu retten, z.B. durch<br />
Impfungen oder den Bau von Brunnen. Je<br />
mehr Menschen ihr Mitgefühl mit ihrem<br />
Verstand verwenden und die moralischen<br />
Konsequenzen ernst nehmen, desto mehr<br />
sind wir in der Lage, das Problem der Armut<br />
insgesamt zu beeinflussen. Darum möchte<br />
Singer für eine Kultur des Gebens werben,<br />
in der es zur alltäglichen Normalität gehört<br />
zu spenden und auch darüber zu reden.<br />
Wir sollten ihm dabei helfen. Warum sich<br />
auf einer Party nicht darüber austauschen,<br />
welche Hilfsorganisation man aus welchen<br />
Gründen unterstützt? Wie unbedeutend<br />
und langweilig ist dagegen ein schickes Paar<br />
Schuhe! l<br />
Singer, Peter: The Life You Can Save. – Pan<br />
Macmillan, März 2009,<br />
dazu: www.thelifeyoucansave.<br />
com. Hier gibt es auch die Möglichkeit,<br />
sich in die Liste derer<br />
einzutragen, die sich verpflichten,<br />
einen bestimmten Anteil<br />
ihres Einkommens zu spenden.<br />
Um die Effektivität und Effizienz<br />
der Hilfen sicherzustellen<br />
und zu verbessern, kann man<br />
das Angebot von www.givewell.<br />
net nutzen, einer Organisation,<br />
die Hilfsorganisationen nach<br />
den strengsten Kriterien beurteilt<br />
und die besten mit einem<br />
Preisgeld belohnt.<br />
Weitere Informationen zur Genitalverstümmelung<br />
von Patenkindern<br />
und Möglichkeiten der<br />
Einflussnahme sind unter www.<br />
patenmaedchen.de zu erfahren.<br />
ausblIcke
Thomas Hummitzsch<br />
n Es gibt Situationen, die kann man<br />
nur absurd nennen. Seit der Bundestagswahl<br />
befinden wir uns in einer solchen.<br />
Nach dem Wahlerfolg des sogenannten<br />
bürgerlich-konservativen Lagers wird die<br />
Bundespolitik künftig von den marktliberalen<br />
Positionen von CDU/CSU und<br />
FDP bestimmt. Absurd ist es deshalb, weil<br />
diese Positionen, angelehnt an das neoliberale<br />
Weltbild, wesentlich zur Finanzkrise<br />
und infolge zu einer weltweiten Rezession<br />
beigetragen haben. In einer Zeit, in der<br />
Bedachtsamkeit, Augenmaß und Balance<br />
erforderlich wären, um ein nachhaltiges<br />
und sozial gerechtes Wirtschafts- und Gesellschaftssystem<br />
neu aufzubauen, hat der<br />
Wähler den Parteien, die noch am ehesten<br />
dafür eintreten, das Vertrauen entzogen.<br />
So befinden wir uns in einer Situation,<br />
in der die marktgläubigen Ansichten der<br />
künftigen Regierungsparteien zwar keine<br />
gesellschaftliche Mehrheit, aber aufgrund<br />
der geringen Wahlbeteiligung eine politische<br />
Mehrheit errungen haben. Diese Positionen<br />
bestimmen in den nächsten vier<br />
<strong>Jahre</strong>n das Schicksal der deutschen und anteilig<br />
auch der europäischen Gesellschaft.<br />
Was kommt damit auf uns Humanisten<br />
zu?<br />
Theorie vom freien Markt<br />
Vorreiter und Wegbereiter der neoliberalen<br />
Denkschule ist der US-Ökonom Milton<br />
Friedman. Friedman genießt den zweifelhaften<br />
Ruf, noch vor John Maynard Keynes<br />
als der einflussreichste Wirtschaftswissenschaftler<br />
des 20. Jahrhunderts angesehen zu<br />
werden. Dies muss man nicht unbedingt<br />
positiv auslegen, wenngleich Friedman in<br />
den siebziger <strong>Jahre</strong>n für seine Konsumtheorien<br />
den Wirtschaftsnobelpreis erhalten hat.<br />
Friedmans Ruhm basiert hauptsächlich auf<br />
den fatalen gesellschaftlichen Auswirkungen<br />
seiner Theorie vom „freien Markt“, die<br />
FORUM<br />
Die gesellschaftlichen Folgen<br />
des neoliberalen Marktmodells<br />
Mit der Regierungsübernahme von CDU/CSU und FDP bestimmen künftig die Anhänger des<br />
Marktkapitalismus das Schicksal in der Bundesrepublik. Was bedeutet das für unsere Gesellschaft<br />
aus humanistischer Perspektive?<br />
er jahrzehntelang an der Universität von<br />
Chicago gelehrt hat. Im Zentrum dieser<br />
Wirtschaftspolitik steht eine geradezu heilige<br />
Marktgläubigkeit. Demzufolge ist der<br />
Markt gerecht und effizient. Einem solchen<br />
Markt muss in den Augen der Verfechter<br />
des Neoliberalismus Platz geschaffen werden,<br />
global und regional, nach außen und<br />
nach innen.<br />
Dafür muss zunächst die stufenweise<br />
Beseitigung einer öffentlichen Sphäre zugunsten<br />
einer absoluten Privatwirtschaft<br />
erfolgen. Das Schlagwort des „schlanken<br />
Staates“ findet in diesen Gedanken seinen<br />
Ursprung. Der Staat soll sich auf die Förderung<br />
von Handel und Wandel beschränken<br />
und die Verteilung der Güter dem Markt<br />
überlassen. Dafür müssen dann die sozialen<br />
Sicherungsmechanismen und gesetzliche<br />
Regelungen, die dem Markt Grenzen<br />
setzen, wie Tarifverträge oder Klauseln zum<br />
Kündigungsschutz, Transferleistungen oder<br />
Wohlfahrtspflege, aufgekündigt werden.<br />
Man spricht hier auch von der Deregulierung<br />
des Marktes. Schlussendlich soll der<br />
Staat vom „gerechten Markt“ abgelöst, Sozialausgaben<br />
reduziert und die Gesellschaft<br />
der absolut freien Marktwirtschaft überlassen<br />
werden.<br />
Alles in Allem geht es den Neoliberalen<br />
also um das Entziehen staatlicher Hoheitsrechte<br />
und die allumfassende Privatisierung.<br />
Daher auch das neoliberale Credo „starving<br />
the beast“. Die „Bestie Staat“ soll verhungern,<br />
öffentliche Aufgaben werden an private<br />
Investoren verlagert. Damit einher geht<br />
eine gesellschaftspolitische Umorientierung<br />
dieser Unternehmen, weg von der Daseinsfürsorge<br />
hin zum profitorientierten Dienstleister.<br />
Seit den achtziger <strong>Jahre</strong>n vollzieht<br />
sich dieser Wandel von der Sozialstaatspolitik<br />
zu einer Politik des freien Marktes<br />
nahezu ununterbrochen und seit dem Zusammenbruch<br />
des kommunistischen Systems<br />
global.<br />
Entmündigung des Wohlfahrtsstaates<br />
Doch warum lassen Staaten, die sich zumindest<br />
teilweise einst als Wohlfahrtsstaaten<br />
begriffen haben, die eigene Entmündigung<br />
von der sozialen Verantwortung zu?<br />
Der Grund ist simpel. Die privaten Unternehmen<br />
agieren in der unbeschränkten<br />
Wirtschaft immer weniger im Sinne ihrer<br />
gesamtgesellschaftlichen Verantwortung.<br />
Sie ziehen sich aus ihrer sozialen Verantwortung<br />
zurück und überlassen dem Staat<br />
die stetig steigenden Kosten. Diese geraten<br />
in finanzielle Zwangslagen und beginnen,<br />
öffentliche Güter und Dienstleistungen zu<br />
verkaufen. Dieses System ist besser bekannt<br />
unter dem Namen „Thatcherismus“. Unter<br />
keiner anderen Regierung wurde es in<br />
dieser Reinheit umgesetzt, wie unter der<br />
ehemaligen britischen Premierministerin.<br />
Um die Staatsinflation zu bekämpfen, fing<br />
Margaret Thatcher Anfang der achtziger<br />
<strong>Jahre</strong> mit dem Verkauf von Sozialwohnungen<br />
an. Nach und nach verscherbelte sie mit<br />
British Telecom, British Petroleum, British<br />
Airways und British Railways sowie regionalen<br />
Wasser- und Stromversorgern das<br />
staatliche Tafelsilber. Zugleich beschnitt sie<br />
den Einfluss der Gewerkschaften, schränkte<br />
die Arbeitnehmerrechte ein und reduzierte<br />
die Staatsausgaben im sozialen Bereich.<br />
Der Journalist Harald Schumann brachte<br />
diese neoliberale Wirtschaftspolitik auf den<br />
Punkt, indem er sagte: „Wettbewerb ist alles,<br />
Jobs sind nichts.“<br />
4/2009 25
Diese Prozesse finden seit der Wiedervereinigung<br />
auch in Deutschland statt. Der<br />
Zusammenbruch der ehemaligen DDR<br />
bildete den Startschuss für die „Schock-<br />
Strategie“, wie die renommierte kanadische<br />
Journalistin Naomi Klein die Methode der<br />
Neoliberalen zur Eroberung der weltweiten<br />
Wirtschaftsmärkte nennt. Das Desaster,<br />
egal ob durch ein politisch-historisches<br />
Erdbeben oder eine Naturkatastrophe hervorgerufen,<br />
wird von den Marktradikalen<br />
als „entzückende Marktchance“ begriffen,<br />
um Tabula rasa zu machen und eine marktgläubige<br />
Gesellschaft von Grund auf neu zu<br />
errichten. Genau dies ist seither in Deutschland<br />
geschehen.<br />
Unter der Kohl-Administration wurden<br />
nach der Wiedervereinigung zunächst die<br />
ehemaligen Staatsbetriebe der DDR veräußert<br />
und dann auch große öffentliche Unternehmen<br />
wie Lufthansa, Post oder Wasser-<br />
und Stromversorger. Zugleich verschuldete<br />
sich der Staat zunehmend durch die steigenden<br />
sozialen Lasten, die zugegebenermaßen<br />
aufgrund der finanziellen Belastung durch<br />
die Übernahme der am Boden liegenden<br />
Ost-Wirtschaft besonders hoch waren und<br />
wurde gegenüber den Unternehmen erpressbar.<br />
Diese forderten eine Schwächung<br />
der Gewerkschaften, weniger Arbeitnehmerrechte,<br />
ein unternehmerfreundlicheres<br />
Steuersystem und größere Mitbestimmung<br />
durch Lobbyismus und vieles mehr. Unter<br />
Rot-Grün wurden diese Forderungen aufgrund<br />
der kritischen Finanzsituation und<br />
dem Zwang zur Haushaltskonsolidierung<br />
wieder aufgegriffen. Ziel der Regierungsparteien<br />
seit 1998 war es, die Staatsverschuldung<br />
zu reduzieren und die Inflation<br />
sowie den Anstieg der Arbeitslosenzahlen<br />
zu stoppen. Nicht alle diese Bestrebungen<br />
waren falsch, aber zahlreiche hatten fatale<br />
Folgen für die deutsche Gesellschaft.<br />
Kurzfristige Gewinne, langfristige<br />
Transferleistungen<br />
Dies kann exemplarisch auf verschiedenen<br />
Feldern veranschaulicht werden. So wurden<br />
in den vergangenen <strong>Jahre</strong>n zehntausende<br />
Sozialwohnungen an private (und oft spekulativ<br />
tätige) Immobilienunternehmen<br />
verkauft, um kurzfristige Gewinne einstreichen<br />
zu können. Langfristig führt dies aber<br />
dazu, dass diese Wohnungen vom öffentlichen<br />
Wohnungsmarkt verschwinden und<br />
die sozial schlechter gestellten Bewohner<br />
aus diesen Wohnungen ausziehen und er-<br />
26<br />
4/2009<br />
neut auf Transferleistungen des Staates angewiesen<br />
sein werden. Die Gesellschaft verliert<br />
an Zusammenhalt. Die Entmischung<br />
beginnt bereits im Kindergarten, denn insbesondere<br />
in den Großstädten findet eine<br />
Trennung von Kindern bildungsferner und<br />
bildungsnaher Haushalte statt. Die öffentlichen<br />
Schulen verkommen aufgrund der<br />
schlechten finanziellen Ausstattung zunehmend<br />
zu Auffangbecken des sogenannten<br />
„sozialen Prekariats“, denn finanzstarke<br />
Familien flüchten verstärkt in die privaten<br />
Alternativen. Die Entkoppelung der Löhne<br />
von tariflichen Vereinbarungen und die unterbezahlte<br />
Beschäftigung von Fachkräften<br />
über Beschäftigungsmaßnahmen führen in<br />
breiten Schichten zu existenzieller Verunsicherung.<br />
Damit löst sich die Bereitschaft<br />
zur Sorge für die Gemeinschaft zunehmend<br />
in Wohlgefallen auf.<br />
Den Staat nicht aus Verantwortung<br />
entlassen<br />
Aus der sozialen Fürsorge zieht sich der<br />
Staat immer mehr zurück und überlässt das<br />
Feld den freien Trägern. Auch wenn sich für<br />
den Humanistischen <strong>Verband</strong> so neue Betätigungsfelder<br />
ergeben, muss darauf geachtet<br />
werden, dass der Staat nicht aus seiner sozialen<br />
Verantwortung entlassen wird. Eine<br />
Übernahme staatlicher Fürsorgepflichten,<br />
dazu noch um jeden Preis, scheint weder<br />
sinnvoll, noch im Sinne des Humanismus.<br />
In diesem Zusammenhang sollten sich Humanistinnen<br />
und Humanisten der Diskussion<br />
öffnen, ob der <strong>Verband</strong> den von der<br />
öffentlichen Hand befeuerten bodenlosen<br />
Konkurrenzkampf der freien Träger um die<br />
Übernahme von Einrichtungen aus humanistischen<br />
Gesichtspunkten weiter betreiben<br />
will. Oder widersprechen die sich daraus<br />
ergebenden Arbeitsbedingen nicht dem<br />
humanistischen Anspruch nach Achtung<br />
und Selbstverwirklichung des Individuums?<br />
Und wäre eine alternative <strong>Verband</strong>spolitik,<br />
die zwar aus dem neoliberalen Arbeitsmodell<br />
ausscheert, aber gleichzeitig das Risiko<br />
birgt, im Vergleich zu anderen Dienstleistern<br />
nicht mehr konkurrenzfähig zu sein,<br />
ein praktikabler Gegenentwurf? Eine Lösung,<br />
die dem humanistischen Selbstverständnis<br />
entspricht, scheint eine der großen<br />
Aufgaben des Humanistischen <strong>Verband</strong>es<br />
in den kommenden <strong>Jahre</strong>n zu sein.<br />
Unsere Gesellschaft befindet sich in einer<br />
Phase der allumgreifenden Ökonomisierung<br />
des Alltags. Was noch nicht pro-<br />
fitabel ist, wird profitabel gemacht, durch<br />
Privatisierung, Outsourcing oder rigide<br />
Kürzungen. Aus dem Blick geraten dabei<br />
die Menschen, die von dieser Politik am<br />
meisten betroffen sind, der Mittelstand, die<br />
sozial Schwachen und die künftigen Generationen.<br />
Die von diesen Prozessen betroffenen<br />
sozialen Schichten haben im Gegensatz<br />
zur Automobilindustrie, Pharmabranche<br />
oder den Banken keine finanzstarke Lobby.<br />
Der HVD könnte hier zu einem Interessenvertreter<br />
dieser Menschen werden. Dabei<br />
könnte er sein Profil als Vertretung der<br />
Konfessionsfreien ausbauen und zugleich<br />
auf das Eintreten für ein generell besetztes<br />
Verständnis von humanem Zusammenleben<br />
ausweiten.<br />
Es steht zu befürchten, dass die Interessen<br />
der sozial schwachen und oft wehrlosen<br />
Menschen in der neoliberalen Welt<br />
der künftigen Regierung unter die Räder<br />
geraten. Die Parteiprogramme von CDU/<br />
CSU und FDP lassen dies vermuten. So will<br />
die FDP dafür sorgen, „dass sich Leistung<br />
wieder lohnt“. Und auch das Regierungsprogramm<br />
der Unionsparteien will das gesellschaftliche<br />
Zusammenleben in der Bundesrepublik<br />
auf die Füße des Leistungsprinzips<br />
stellen. „Sozial ist, was Arbeit schafft!“,<br />
heißt es knallhart. Was bedeutet dieses Leistungsprinzip<br />
aber für all jene, die in den<br />
Augen der Liberalen nichts mehr leisten,<br />
sei es aus persönlichen oder ihnen auferlegten<br />
Gründen? Wahrscheinlich schlichtweg<br />
nichts anderes, als dass sie durch das soziale<br />
Raster fallen. Denn wer nichts leistet, darf<br />
auch nichts beanspruchen. Der solidarische<br />
Grundgedanke, wie er dem Humanismus<br />
eigen und selbstverständlich ist, gerät so ins<br />
Abseits. Zwar ist im FDP-Programm auch<br />
von „selbstbestimmtem und eigenverantwortlichem<br />
Handeln“ der Bürger die Rede,<br />
die FDP meint hier jedoch vorwiegend die<br />
Entlassung des Staates aus der Verantwortung<br />
gegenüber dem Individuum.<br />
Politik des leistungsprinzips<br />
Der Humanistische <strong>Verband</strong> muss die künftige<br />
Tagespolitik aufmerksam verfolgen und<br />
kritisch begleiten, um den Grundgedanken<br />
der Solidarität im Bewusstsein einer breiten<br />
Öffentlichkeit zu bewahren. Denn es<br />
kann nicht im Sinne des humanistischen<br />
Selbstverständnisses sein, eine Politik des<br />
Leistungsprinzips unkommentiert zu lassen.<br />
Dies sollte der <strong>Verband</strong> auch stets beachten,<br />
wenn es darum geht, neue soziale
Projekte zu übernehmen. Diese sollten das<br />
sozialstaatliche Angebot sinnvoll ergänzen,<br />
jedoch keinesfalls ersetzen, denn andernfalls<br />
würde der <strong>Verband</strong> die neoliberale Gesellschaftspolitik<br />
indirekt unterstützen. Dann<br />
würde sich der Staat seiner sozialpolitischen<br />
Aufgaben schlussendlich doch Schritt für<br />
Schritt erfolgreich entledigen.<br />
Insgesamt scheinen die künftigen Regierungsparteien<br />
die Menschen in diesem<br />
Land aus dem Auge zu verlieren. Humanistische<br />
Grundwerte wie Solidarität und<br />
Selbstbestimmtheit sind in einer am Profit<br />
ausgerichteten Gesellschaft nicht mehr lebbar.<br />
Sicher sind Unionsparteien und FDP<br />
nicht die einzigen, die so wenig soziale Forderungen<br />
in den vergangenen <strong>Jahre</strong>n aufgestellt<br />
haben. Nicht umsonst ist die SPD mit<br />
dem historisch schlechtesten Wahlergebnis<br />
für ihre neoliberalen Ausflüge abgestraft<br />
worden. Aber die Absichten des bürgerlichkonservativen<br />
Lagers gehen weit über das<br />
hinaus, was in den vergangenen <strong>Jahre</strong>n an<br />
sozialstaatlichem Rückbau und Privatisierung<br />
stattgefunden hat. Der Humanistische<br />
<strong>Verband</strong> kann hier entscheidend dazu beitragen,<br />
dass die Würde und Achtung des<br />
Einzelnen wieder in das Zentrum des politischen<br />
und gesellschaftlichen Zusammenlebens<br />
rückt. Das Individuum muss Mensch<br />
bleiben können und darf nicht zu einer<br />
willkürlich verschiebbaren, wirtschaftspolitischen<br />
Einheit verkommen.<br />
Gewiss bieten die Prozesse der Globalisierung<br />
und Liberalisierung auch besondere<br />
Entwicklungschancen. Doch diese Prozesse<br />
müssen kritisch und reflektiert begleitet<br />
werden, denn sie dürfen den friedlichen Zusammenhalt<br />
einer solidarischen Gesellschaft<br />
entsprechend dem humanistischen Selbstverständnis<br />
nicht aus den Augen verlieren.<br />
In dem Ausfüllen dieser Wächterfunktion<br />
liegt die große Herausforderung des Humanistischen<br />
<strong>Verband</strong>es in den kommenden<br />
<strong>Jahre</strong>n. l<br />
4/2009 27
Inge Hüsgen<br />
n „Wenn ich als Kind von der Schule nach<br />
Hause kam, fragte meine Mutter nicht:<br />
‚Hast du heute viel gelernt?’, sondern: ‚Hast<br />
du heute eine gute Frage gestellt?’“ erinnert<br />
sich Eric Kandel an seine Kindheit im Wien<br />
der Vorkriegszeit. Regisseurin Petra Seeger<br />
hat sich für ihren Dokumentarfilm „Auf der<br />
Suche nach dem Gedächtnis“ ausführlich<br />
mit dem Medizin-Nobelpreisträger Kandel<br />
unterhalten und lässt ihn gleichermaßen auf<br />
sein Leben und auf seine Pionierleistungen<br />
als Gedächtnisforscher zurückblicken. Vor<br />
80 <strong>Jahre</strong>n, am 7. November 1929 geboren,<br />
erlebte der Sohn jüdischer Eltern die Verfolgung<br />
durch die Nationalsozialisten. Als<br />
gerade Zehnjähriger floh Kandel zu den<br />
Großeltern in die USA, wo er Psychiatrie<br />
studierte und später die physiologischen<br />
Grundlagen für Gedächtnis und Erinnerung<br />
erforschte – immer begleitet von forschender<br />
Neugierde und einer gehörigen<br />
Portion schrägem Humor.<br />
Damit befindet sich Eric Kandel in guter<br />
Gesellschaft. Auch Albert Einstein und<br />
Pablo Picasso zählen beispielsweise zu den<br />
unkonventionellen, kreativen Köpfen. Aber<br />
was ist das überhaupt, kreatives Denken?<br />
Was geschieht im Gehirn bei einer unvermittelten,<br />
genialen Intuition? Und unter<br />
welchen Bedingungen kann sich Kreativität<br />
am besten entfalten?<br />
Solche Fragen standen im Mittelpunkt<br />
des in diesem Jahr erstmals schon einen Monat<br />
vor Beginn ausverkauften Symposiums<br />
turmdersinne. Die Veranstaltung mit dem<br />
Titel „Geistesblitz und Neuronendonner“<br />
fand vom 9. bis 11. Oktober im Germanischen<br />
Nationalmuseum (Nürnberg)<br />
statt. „Die über 500 Teilnehme aus ganz<br />
Deutschland und die fundierten Diskussionen<br />
zeigen deutlich, dass sich das Symposium<br />
endgültig etabliert hat“, so das zufriedene<br />
Fazit von turmdersinne-Geschäftsführer<br />
28<br />
4/2009<br />
FORUM<br />
Geistesblitz und<br />
Neuronendonner<br />
Nürnberger Symposium turmdersinne über Intuition,<br />
Kreativität und Phantasie<br />
Dr. Rainer Rosenzweig, der die Veranstaltung<br />
gemeinsam mit Helmut Fink organisiert<br />
hatte. Den beiden sowie dem gesamten<br />
turmdersinne-Team war es auch in diesem<br />
Jahr gelungen, renommierte Wissenschaftler<br />
für die Veranstaltung zu gewinnen.<br />
Unterschwellige Wahrnehmung<br />
Beispielsweise Prof. John-Dylan Haynes.<br />
Der Psychologe und Neurowissenschaftler<br />
ist unter anderem am Max-Planck-Institut<br />
für Kognitions- und Neurowissenschaften<br />
in Leipzig tätig, wo er über die Rolle von unbewussten<br />
Wahrnehmungen für Entscheidungsprozesse<br />
forscht. Mit verblüffenden<br />
Ergebnissen: Zwar hat sich die Geschichte<br />
vom angeblichen Erfolg einer subliminalen<br />
(unterschwelligen) Cola-Werbung<br />
im Kino längst als Wandersage entpuppt.<br />
Der amerikanische Werbefachmann James<br />
Vicary hatte in den 1950ern angeblich die<br />
Texte „Drink Coca Cola“ und „Hungry?<br />
Eat Popcorn“ in einen Kinofilm einmontiert.<br />
Obwohl sie nur für Millisekunden<br />
erschienen und nicht bewusst wahrgenommen<br />
wurden, steigerte sich der Absatz der<br />
entsprechenden Produkte am Kino-Kiosk<br />
erheblich. Soweit die Legende. In späteren<br />
Versuchen konnte das Ergebnis jedoch nie<br />
repliziert werden. Später räumte Vicary ein,<br />
dass es die Studie nie gegeben hat. Dennoch<br />
sind Wissenschaftler heute gewiss, dass Außenreize,<br />
die aufgrund ihrer Schwäche die<br />
Schwelle zur bewussten Wahrnehmung<br />
nicht überschreiten, dennoch im Gehirn<br />
verarbeitet werden.<br />
Diese subliminalen Wahrnehmungen<br />
spielen sogar eine Rolle bei Entscheidungsprozessen.<br />
Deshalb funktionieren gerade<br />
komplexe Entscheidungen – nach einer anfänglichen<br />
Phase der Informationsaufnahme<br />
– am besten, wenn sie ohne bewusste<br />
Aufmerksamkeit gefällt werden. Ebenso er-<br />
staunlich: Manchmal trifft das Gehirn seine<br />
Entscheidungen mehrere Sekunden, bevor<br />
wir uns dessen bewusst werden.<br />
„Verrückte“ Genies<br />
Indes hat die Forschung der letzten <strong>Jahre</strong><br />
andererseits auch eine ganze Reihe von Kreativitäts-Mythen<br />
entkräftet. Etwa den vom<br />
„verrückten Genie“. Normalerweise sind<br />
kreative Menschen nämlich durchaus psychisch<br />
stabil – mit Ausnahme der Literaten.<br />
Die leiden tatsächlich öfter an psychischen<br />
Erkrankungen und enden signifikant häufig<br />
im Suizid. Erst mit steigender Anerkennung<br />
und finanziellem Erfolg sinkt dieser Wert,<br />
so Prof. Holm Hadulla vom Center for Advanced<br />
Studies an der Uni Köln. In seinem<br />
Vortrag entzauberte er auch den Mythos<br />
von der inspirierenden Kraft der Rauschmittel:<br />
„Die Ideen werden dadurch nicht<br />
besser, sie kommen einem im Rausch nur<br />
so vor. Wenn kreative Menschen dennoch<br />
Rauschmittel konsumieren, dann meist, um<br />
die schöpferische Spannung zu bewältigen.<br />
Als Merkmale von kreativen Geistern haben<br />
Forscher Neugierde, Motivation, Ehrgeiz<br />
und Interesse und Intelligenz ausgemacht.<br />
So auch Gerhard Roth, der in seinem<br />
Vortrag Intelligenz als „Kreatives Problemlösen<br />
unter Zeitdruck“ definierte. Zum<br />
Stichwort Intelligenz hatte der Professor<br />
am Institut für Hirnforschung der Universität<br />
Bremen gleich zwei Nachrichten.<br />
Zuerst die – scheinbar – weniger gute: Der<br />
Intelligenzquotient ist größtenteils angeboren<br />
und lässt sich durch Umwelteinflüsse<br />
nur um 15 bis 20 Punkte verändern. Klingt<br />
nach wenig, bedeutet aber: Muss ein Kind<br />
mit einem angeborenen IQ von 100 – also<br />
Durchschnitt in der Bevölkerung – mit<br />
nur wenig geistiger Anregung auskommen,<br />
kann es sein Potenzial nie ganz ausschöpfen<br />
und wird lediglich einen IQ von etwa 85
erreichen. Andererseits kann dasselbe Kind<br />
durch Förderung einen Wert von 115-120<br />
schaffen, das entspricht guten Werten von<br />
Abiturienten. Na, das ist doch eine gute<br />
Nachricht! Oder es wäre zumindest eine,<br />
wenn solch eine Förderung stattfände, kritisierte<br />
Roth.<br />
Über die besten Bedingungen für die<br />
Entfaltung von kreativen Geistern sprach<br />
in der abschließenden Podiumsdiskussion<br />
Klaus Mainzer, Professor für Philosophie<br />
und Wissenschaftstheorie an der TU<br />
München. Seine Gesprächspartner waren<br />
die beiden Psychologen Nicola Baumann<br />
(Professorin an der Universität Trier) und<br />
Markus Knauff (Inhaber des Lehrstuhls für<br />
Allgemeine Psychologie und Kognitionsforschung<br />
an der Universität Gießen).<br />
Für interdisziplinäre Ausbildung<br />
Einig waren sich alle: Kinder brauchen<br />
also Anregungen und kreative Freiräume.<br />
Genau wie Wissenschaftler, Arbeitnehmer<br />
und Studenten. In den stark reglementierten<br />
Bachelor- und Masterstudiengängen<br />
allerdings wäre für unorthodoxe Denker<br />
wie Albert Einstein kein Platz mehr, zitierte<br />
Mainzer einen Kollegen. Wichtig seien außerdem<br />
flache Hierarchien, so Knauff, der<br />
direkt von einer Einführungsveranstaltung<br />
für Studienanfänger zum Symposium kam.<br />
Den Erstsemestern hatte er dringend empfohlen:<br />
„Melden Sie sich, wenn Sie meinen,<br />
dass ich Quatsch erzähle!“<br />
Klaus Mainzer plädiert für interdisziplinäre<br />
Ausbildungen und benannte damit<br />
einen weiteren Baustein der Kreativitätsförderung.<br />
Ein Maschinenbauer etwa<br />
müsse nicht nur ein exzellenter Ingenieur<br />
sein, sondern auch mit Menschen umgehen<br />
können. Mainzer sieht Kreativität als<br />
bedeutenden Standortfaktor für das rohstoffarme<br />
Deutschland im internationalen<br />
Wettbewerb. Um dieses Potenzial voll<br />
500 Teilnehmer sorgten für ausverkaufte Ränge im Aufseß-Saal des Germanischen Nationalmuseums in Nürnberg<br />
auszuschöpfen, müssten Begabte auch aus<br />
finanzschwachen Elternhäusern die Möglichkeit<br />
zum Studieren bekommen. Die<br />
Erfahrung zeige nämlich, dass diese Fähigkeiten<br />
oft in solchen Familien auftreten, wo<br />
man es nicht erwartet. Mainzer: „Diese Begabungen<br />
abzuschöpfen ist nicht nur eine<br />
Frage der sozialen Gerechtigkeit, sondern<br />
auch der ökonomischen Vernunft.“ l<br />
Inge Hüsgen ist Redaktionsleiterin der Zeitschrift<br />
„Skeptiker – Zeitschrift für Wissenschaft<br />
und kritisches Denken“.<br />
Material zu den einzelnen Vorträgen unter www.<br />
turmdersinne.de -> Symposium<br />
Beim nächsten Symposium turmdersinne (15.<br />
bis 17. Oktober 2010) stehen die Themen Geschlechterdifferenz<br />
und Neurowissenschaft im<br />
Mittelpunkt. Der Titel: „Mann, Frau, Gehirn“.<br />
Weitere Informationen ab Frühling kommenden<br />
<strong>Jahre</strong>s unter www.turmdersinne.de<br />
4/2009 29
Rebecca Aechtner<br />
2003: Vor dem Friedrichstadtpalast<br />
komme ich ins Gespräch mit einem<br />
kanadischen Professor, der durch<br />
Zufall bei einem Berlinbesuch die<br />
Jugendfeier kennenlernt. Eine kleine<br />
Notiz in diesseits berichtete darüber.<br />
2009: Im Friedrichstadtpalast sitzt<br />
eine junge Frau neben mir im Foyer<br />
und macht sich eifrig Notizen während<br />
der Jugendfeier. Wir kommen ins<br />
Gespräch. Rebecca Aechtner ist<br />
Studentin von Professor Irving<br />
Hexham, den das Thema<br />
offensichtlich nicht mehr losgelassen<br />
hat. Nun gibt es zwar noch keine<br />
Jugendfeiern in Kanada, aber bald<br />
eine Dissertation zum Thema. Und<br />
was nicht ist…<br />
Patricia Block<br />
30<br />
4/2009<br />
FORUM<br />
Jugendfeier goes Kanada<br />
Jugendweihe? Jugendfeier? Bis vor drei <strong>Jahre</strong>n hatte ich nie eines dieser Wörter gehört.<br />
Dann sprach mein Professor in Kanada darüber. Ich war ebenfalls ahnungslos, dass es in<br />
Kanada humanistische Rituale gibt, ganz zu schweigen von Deutschland. Und jetzt schreibe<br />
ich meine Doktorarbeit über Jugendweihe, den Humanistischen <strong>Verband</strong> <strong>Deutschlands</strong><br />
und seine Jugendfeier.<br />
n Ich studiere Religionswissenschaft an der<br />
Universität in Edinburgh, Schottland. Ich<br />
bin im dritten Studienjahr meiner Doktorarbeit.<br />
Ich bin in Vancouver, Kanada geboren<br />
und wuchs in vielen verschiedenen Städten<br />
Kanadas auf. Obwohl ich Kanadierin bin,<br />
habe ich auch einen deutschen Pass, weil<br />
meine Eltern deutsche Immigranten sind,<br />
die als junges Paar nach Kanada ausgewandert<br />
waren. Die meisten unserer Freunde<br />
sind auch Immigranten aus Deutschland.<br />
So wuchs ich in der ersten Generation deutscher<br />
Kanadier auf. Folglich war ich immer<br />
an der deutschen Kultur, an der Geschichte<br />
und an der Literatur sehr interessiert. Vier<br />
<strong>Jahre</strong> lang studierte ich englische Literatur<br />
und Germanistik an der Universität<br />
von Calgary in Alberta, Kanada. Danach<br />
studierte ich noch zwei weitere <strong>Jahre</strong>, um<br />
meinen Magister Artium in Religionswissenschaft<br />
zu erhalten. Meine These behandelte<br />
das Thema „Christen und andere<br />
Glaubensrichtungen in der Grünen Partei<br />
<strong>Deutschlands</strong>“. Im Jahr 2006 reiste ich nach<br />
Berlin, um einige Mitglieder der Grünen zu<br />
interviewen. Ich genoss meine Zeit in Berlin<br />
sehr. Als dann mein Professor vorschlug, Jugendweihe<br />
in Berlin zu erforschen, stimmte<br />
ich blitzschnell zu. Dies bedeutete, dass ich<br />
über Jugendweihe und Humanismus mehr<br />
lernen musste! Und so begann eine neue<br />
Phase in meinem Leben.<br />
Jugendfeier? Nie gehört!<br />
Als ich mit den Recherchen anfing, fand ich<br />
zwiespältige und undeutliche Informationen.<br />
Zu meiner Enttäuschung wussten die<br />
meisten sehr wenig über das Ritual. Meine<br />
Eltern stammen aus dem Westen <strong>Deutschlands</strong><br />
und erinnerten sich nur, dass Jugendweihe<br />
im Osten stattgefunden hatte.<br />
Wieder andere stellten Jugendweihe negativ<br />
vor, als anti-christlich und in direkter<br />
Opposition zur Kirche und ihren Ritualen.<br />
Ich hörte fortwährend die Wörter „Kommunisten“,<br />
„Atheisten“ und „ehemalige<br />
DDR“.<br />
Von der Frau meines akademischen Beraters<br />
erfuhr ich, dass das Ritual noch heute<br />
besteht. Das weckte meine Neugier. Ich war<br />
glücklich, eine Akademikerin in Edinburgh<br />
zu finden, die bereit war, meine Forschungen<br />
zu betreuen. Ich bekam ein Stipendium<br />
von der kanadischen Regierung und der<br />
Universität von Edinburgh, um den Humanistischen<br />
<strong>Verband</strong> <strong>Deutschlands</strong> aus<br />
nächster Nähe kennenzulernen. Ich muss<br />
eingestehen, dass ich zu Beginn meiner Forschung<br />
der Meinung war, dass Jugendweihe<br />
ein quasi-religiöses Ritual sei.<br />
Obwohl es andere Organisationen gibt,<br />
die Jugendweihe-Zeremonien durchführen,<br />
wählte ich aus vielen Gründen den<br />
HVD. Mein Hauptgrund dafür ist meine<br />
Überzeugung, dass Humanismus eine interessante<br />
und wichtige Weltanschauung<br />
ist. Außerdem sind Untersuchungen über<br />
Rituale häufig kompliziert und dynamisch,<br />
wenn sie mit einer bestimmten Philosophie<br />
oder einer Ideologie verbunden sind. Die<br />
Jugendfeier des HVD ist ein Teil eines größeren<br />
ideologischen, organisatorischen und<br />
praktischen Rahmens. Ich denke, dass dieses<br />
sehr wichtig ist.<br />
Fehleinschätzungen auch unter<br />
Akademikern<br />
Im Mai 2008 kam ich deshalb nach Berlin,<br />
um die humanistische Jugendfeier kennenzulernen.<br />
Ich nahm an zwei Jugendfeiern<br />
teil: einer kleineren in Adlershof und einer<br />
größeren im Friedrichstadtpalast. Ich fand
sie faszinierend und wert, weiter beobachtet<br />
zu werden. Nebenbei sprach ich mit einigen<br />
Teilnehmern und deren Eltern über die<br />
rituelle Komponente. Ich entdeckte bald,<br />
dass die meisten meiner Annahmen über<br />
Jugendfeiern falsch waren. Das war für<br />
mich als Forscherin sehr aufregend, obwohl<br />
es bedeutete, dass ich noch viel Arbeit vor<br />
mir hatte. Ich stellte fest, dass nicht nur meine<br />
eigenen Ansichten über das Ritual falsch<br />
waren, sondern auch die populäre Meinung<br />
vieler Deutscher, selbst unter Akademikern.<br />
Viele meiner Freunde aus den alten Bundesländern<br />
haben keine Ahnung, dass Jugendweihen<br />
heute noch stattfinden. Noch<br />
schwieriger wird es, ihnen die Unterschiede<br />
zwischen herkömmlichen Jugendweihen<br />
und modernen humanistischen Jugendfeiern<br />
zu erklären.<br />
Seltsam finde ich, dass es mehr Interesse<br />
an meiner Forschung in Großbritannien<br />
und in Kanada als in Deutschland gibt.<br />
Leute, die mit der Jugendweihe der DDR<br />
vertraut sind, wundern sich mitunter, dass<br />
es sie noch gibt. Und Menschen, die nie<br />
von Jugendweihe gehört haben, sind sehr<br />
interessiert, etwas über die Geschichte des<br />
Rituals zu erfahren. Darüber hinaus sind<br />
viele Menschen zum Thema Humanismus<br />
extrem wissbegierig. Tatsächlich werde ich<br />
häufig gefragt, wie solche Rituale außerhalb<br />
<strong>Deutschlands</strong> kopiert werden könnten.<br />
HVD ist keine religiöse Bewegung<br />
Wie ich schon erwähnte, arbeite ich gegenwärtig<br />
an meiner Promotion in Religionswissenschaft<br />
und es mag merkwürdig scheinen,<br />
dass ich mich dafür dem säkularen<br />
Humanismus widme. Ich will es deutlich<br />
sagen, ich rechne den HVD nicht zu den<br />
neuen religiösen Bewegungen. Aber als eine<br />
auf Weltanschauung gegründete Gemeinschaft<br />
kann sie manchmal ähnlich wie eine<br />
religiöse Organisation aussehen. Wie ich es<br />
verstehe, will der Humanistische <strong>Verband</strong><br />
<strong>Deutschlands</strong> den Menschen helfen, ihrem<br />
Leben einen Sinn zu geben, was ja auch die<br />
Mehrzahl der religiösen Traditionen tut.<br />
Und die lange Geschichte der Jugendweihen<br />
begann als Alternative zur christlichen<br />
Konfirmation. Um zu erklären was etwas<br />
ist, ist es manchmal vorteilhafter zu erklären,<br />
was es nicht ist.<br />
Im Mai 2009 beobachtete ich sechs Jugendfeiern.<br />
Ich wurde sogar von zwei Teilnehmern<br />
eingeladen, den Tag mit ihnen<br />
und ihren Familien zu verbringen. Bis jetzt<br />
habe ich mit mehr als fünfzig Jugendfeierteilnehmern<br />
und deren Eltern gesprochen.<br />
Die meisten Menschen sind bereit, ihre<br />
Eindrücke mit mir zu teilen. Ich bin angenehm<br />
überrascht und dankbar für ihre<br />
Bereitschaft, mit mir zu sprechen.<br />
Es gibt vier Schwerpunkte meiner Forschung:<br />
n Einführung in die Jugendweihe für ein<br />
nicht-deutsches Publikum<br />
n Einzelheiten der Ritualgeschichte und<br />
Entwicklung vom 19. Jahrhundert bis<br />
heute<br />
n Fokus auf den Humanistischen <strong>Verband</strong><br />
<strong>Deutschlands</strong> und seine Jugendfeier.<br />
Vergleich der humanistischen Jugendfeier<br />
mit der Jugendweihe der DDR.<br />
n Bedeutung der humanistischen Jugendfeier<br />
für die Veranstalter, die Teilnehmer<br />
und ihre Familienangehörigen; Jugendfeier<br />
als einzigartiges und zeitgenössisches<br />
„Rite de Passage“ (Übergangsritual).<br />
Ich möchte klarstellen, dass es nicht das<br />
Ziel meiner Arbeit ist, christliche Überzeugung<br />
mit humanistischer Jugendfeier zu<br />
vergleichen. Ich möchte auch nicht die humanistische<br />
Jugendfeier mit der ehemaligen<br />
kommunistischen Jugendweihe gleichsetzen.<br />
Weil es wichtig ist, das Ritual in seinem<br />
historischen und sozialen Zusammenhang<br />
zu sehen, glaube ich, dass humanistische Jugendfeier<br />
eine eigene Studie verdient.<br />
Bitte um Mithilfe<br />
Ich bin mit meinen Nachforschungen noch<br />
nicht am Ende. Aber was ich an diesem<br />
Punkt sagen kann ist, dass Jugendfeier und<br />
der HVD interessanter sind als erwartet.<br />
Der Name Jugendfeier selbst beschreibt sehr<br />
treffend das Ritual. Es ist definitiv ein Ritual,<br />
dass die Jugend feiert, vor allem den Übergang<br />
von einem Kind zum Teenager. Aber<br />
ich frage mich, ob das Ritual mehr als nur<br />
eine Feier ist? Hat Jugendfeier mehr soziale<br />
und persönliche Bedeutung? Was bezweckt<br />
sie? Bedeutet es etwas Unterschiedliches für<br />
die Eltern als für den Jugendlichen?<br />
Die meisten dieser Fragen stelle ich aus<br />
persönlicher Erfahrung, aus der Sicht eines<br />
Rückblicks auf meine eigene Konfirmation<br />
in der kanadischen lutherischen Kirche.<br />
Ich war damals dreizehn <strong>Jahre</strong> alt und nicht<br />
am Sinn oder den Konsequenzen des Rituals<br />
interessiert. Ich war mehr von meinem<br />
Kleid, netten Jungs und meinen Geschenken<br />
begeistert. Selbst wenn ich es nicht<br />
ernst nahm, wusste ich, dass es meinen El-<br />
tern und meiner Familie viel bedeutete. Erst<br />
später wurde mir die tiefere Bedeutung der<br />
Konfirmation als Ritual bewusst.<br />
Diesen Sommer wurde ich an die Bedeutung<br />
von Ritualen erinnert. Ich heiratete<br />
zweimal in diesem Jahr – den gleichen<br />
Mann, in zwei sehr verschiedenen Hochzeitsfeiern.<br />
Unsere erste Hochzeit war eine<br />
traditionelle Hochzeit in seiner Heimat Tamil<br />
Nadu, Südindien. Ich trug einen traditionellen<br />
Hochzeits-Sari und wir hatten 2100<br />
Gäste! Es war eine erstaunliche und über-<br />
wältigende Erfahrung. Zwei Wochen später<br />
wurden wir erneut verheiratet: in Edinburgh<br />
in einer traditionellen schottischen<br />
Hochzeit mit einem Dudelsackpfeifer. Zwei<br />
Kulturen und zwei Familien kamen zusammen<br />
während zweier sehr verschiedener<br />
Hochzeitsrituale mit dem gleichen Zweck.<br />
Unter diesem Eindruck begann ich erneut,<br />
die Funktion von Übergangsriten zu<br />
überdenken. Und was genau bewirkt das<br />
Ritual Jugendfeier?<br />
Ich bin sehr interessiert an persönlichen<br />
Erfahrungen und Ansichten. Warum lassen<br />
Eltern ihre Kinder an Jugendfeiern teilnehmen?<br />
Warum möchten junge Leute teilnehmen?<br />
Ich freue mich über Zuschriften<br />
von jungen Menschen, die die Jugendfeier<br />
bereits hinter sich haben oder sich für das<br />
nächste Jahr angemeldet haben. Bitte schreiben<br />
Sie an: raechtner@hotmail.com. l<br />
4/2009 31
Ralf Bachmann<br />
n Im Bild bleiben ist in der Sprache wichtig.<br />
Das Bild, die Trope, ist ihr emotionalster<br />
und schönster Teil, vielleicht die ursprünglichste<br />
Form der Menschen, sich künstlerisch<br />
zu artikulieren. Allerdings kann man<br />
sich auch mit kaum etwas so leicht lächerlich<br />
machen wie mit dem Verdrehen und<br />
Verstümmeln bildhafter Redewendungen,<br />
seien sie noch so abgenutzt und verblasst.<br />
In der ARD-Dauerserie „In aller Freundschaft“<br />
dient ein Pfleger Brunner als Witzfigur,<br />
weil er alle Sprichwörter verballhornt.<br />
Er sagt „Schmiede das Glück, so lange es<br />
heiß ist“ oder „Morgenstunde ist aller Laster<br />
Anfang“. Ein Klassiker meiner Sammlung<br />
übertrifft ihn: Der Zahn der Zeit, der so<br />
manche Träne getrocknet hat, wird auch<br />
über diese Wunde Gras wachsen lassen.<br />
Meist entstehen solche Zerrbilder durch<br />
Versprecher. Als TV-Moderatorin Karen<br />
Mioska von einer „kläffenden Wunde“<br />
sprach, dachte sie vielleicht eher an „klaffende<br />
Hunde“. Unter Zugzwang litt der<br />
Stuttgarter Fußballtrainer Markus Babbel<br />
mit der Forderung: „Wir müssen uns selbst<br />
bei den Haaren aus dem Schopfe ziehen.“<br />
Franz Müntefering aber verwahrte sich im<br />
Fernsehen energisch dagegen, die „SPD<br />
mit der Nase durch den Ring zu ziehen“.<br />
Er hat zu viel Boxübertragungen gesehen.<br />
Das Sprachbild geht auf einen anderen Ring<br />
zurück, den durch die Nase, mit dem einst<br />
Schausteller Tanzbären vorführten. Seine<br />
Version ist ähnlich seltsam wie die Sache<br />
vom Kamel, das laut Matth. 19,24 leichter<br />
durch ein Nadelöhr kommen kann als<br />
ein Reicher ins Reich Gottes. Müssten sich<br />
kritische Leser nicht fragen, wie der Herr<br />
Jesus darauf kam, ausgerechnet das Wüstentier<br />
für eine solche Gegenüberstellung<br />
auszuwählen? Doch Martin Luther kam<br />
bei der Übersetzung nicht darauf, dass da<br />
vermutlich ein Schreibfehler unterlaufen<br />
ist. Die irischen Mönche, auf deren Bibel-<br />
32<br />
4/2009<br />
MAGAZIN<br />
Von Prothesen und Antithesen<br />
Eine Plauderei über Sprachbilder<br />
1945 stand ich als blutjunger Volontär der „Nachrichten für Grimma“ hinter dem ebenerdigen<br />
Verlagsschaufenster und wunderte mich über einige Knaben, die obszöne Gesten<br />
in unsere Richtung machten und sie mit ebensolchen Rufen begleiteten. Als des Rätsels<br />
lösung erwies sich eine kleine Notiz auf der lokalseite dieses Tages: „In der Handschuhfabrik<br />
M. & P. Händel brach gestern ein Feuer aus, das aber noch vor Eintreffen der Feuerwehr<br />
von den männlichen Gliedern der Belegschaft gelöscht werden konnte.“ Alles an<br />
diesem Text stimmte, nur das Bild nicht. So kam ich auf die Idee, spaßige Bildstörungen zu<br />
sammeln.<br />
Wer zu spät kommt,<br />
hat oft schlechte Stiefel
abschrift sich Luther stützte, kannten das<br />
griechische Wort kamilos wohl nicht und<br />
ersetzten es durch kamelos, Kamel. Kamilos<br />
heißt aber „Schiffstau“. So ein dicker Strick<br />
passt zwar nicht durch ein Nadelöhr, aber<br />
umso besser zu dem Vergleich. Eine andere,<br />
weniger wahrscheinliche Erklärung bezieht<br />
sich auf ein für Kamele zu kleines Tor in der<br />
Jerusalemer Stadtmauer.<br />
Wo beim „Bfüdi“ der Herrgott steckt<br />
Wer sich näher mit der Sprache beschäftigt,<br />
stellt fest, welchen Einfluss die Religion auf<br />
ihre Entwicklung genommen hat. Wir werden<br />
geradezu umzingelt von Redewendungen,<br />
die ihren Ursprung in kirchlichen Ritualen<br />
und in der Lutherbibel oder in abergläubischen<br />
Beschwörungen haben. Kann<br />
man „Pfui Teufel“ oder „Gottverdammich“<br />
leicht zuordnen, so muss man beim österreichischen<br />
„Bfüdi“ (Behüt dich Gott) oder<br />
dem deutschen „Tschüs“ (in dem sich das<br />
französische „Adieu“ versteckt) nach dem<br />
Allmächtigen erst suchen. Wenn in München<br />
einer „Grüß Gott“ sagt, meint er aber<br />
nichts anderes als der Ostfriese mit „Moin,<br />
Moin“ oder der Berliner mit „Tach auch“<br />
und erwartet nicht, der Angesprochene wer-<br />
de den alten Herrn demnächst treffen und<br />
ihm die Grußbotschaft übermitteln. „Gebs<br />
Gott“ ist eine Variante von hoffentlich, „So<br />
Gott will“ sagt mancher statt „Wenn wir<br />
Schwein haben“. Solche Floskeln sind in<br />
der Regel gänzlich sinnentleert. Deshalb ist<br />
auch das Vokabular von Atheisten keineswegs<br />
gottlos. Im Vorjahr habe ich bei einer<br />
HVD-Veranstaltung eine Strichliste geführt<br />
und registrierte binnen drei Stunden 19<br />
Sprachbilder „himmlischer“ Herkunft.<br />
Das Wort Himmel zum Beispiel ist in<br />
seiner nichtastronomischen, jenseitigen<br />
Bedeutung unentbehrlicher Bestandsteil<br />
jeglicher Umgangssprache: Um Himmels<br />
willen; Es schreit zum Himmel; Im siebenten<br />
Himmel; Himmel und Hölle; Himmel,<br />
Arsch und Zwirn; Ach du lieber Himmel;<br />
Himmelhund. Wer denkt bei diesen so<br />
weltlichen Wünschen, Flüchen und Ausrufen<br />
noch an jene unsterbliche Dreieinigkeit,<br />
die vom Himmelsthron aus ganz ohne Handy<br />
und Internet die Welten lenken muss?<br />
Meine Mutter liebte es, endlose Debatten<br />
mit einem resoluten „Also hat Gott die Welt<br />
geliebt wie der Pastor seine Köchin, und die<br />
hieß Marie“ zu beschließen. Das gewährte<br />
einen tiefen Einblick in die Kirchenwelt,<br />
Altes Herz ist aller Laster Anfang<br />
meinte aber nur: Hört auf mit dem blöden<br />
Gequatsche!<br />
Das ist ein eigenartiges Merkmal der<br />
meisten Sprachbilder: Ihr ursprünglicher<br />
Sinn interessiert nicht. Gewicht hat allein,<br />
was der Benutzer in ihnen sieht. Sich mit<br />
dem Wandel der Wortbedeutung zu befassen,<br />
ist aber oft nützlicher Geschichtsunterricht.<br />
Der Wiener Essayist Karl Kraus sagt<br />
es so: „Je näher man ein Wort ansieht, desto<br />
ferner sieht es zurück.“ Für Einzelheiten ist<br />
hier kein Platz, aber man denke darüber<br />
nach, in welcher Umwelt solche heute noch<br />
benutzten Redensarten entstanden sind<br />
wie: „In den ist der Teufel gefahren“, „Den<br />
Teufel austreiben“, „Ins Jenseits befördern“,<br />
„Die hätte man als Hexe verbrennen sollen“,<br />
„Muss ich bis zum Jüngsten Gericht warten?“,<br />
„Der gehört auf den Scheiterhaufen“,<br />
„Du musst die Kirche im Dorf lassen.“<br />
Nicht jede Redewendung ist ein Volltreffer.<br />
So wäre es ein Irrtum zu glauben,<br />
die Leute redeten, wie ihnen der Schnabel<br />
gewachsen ist. Die meisten geben leider, unbewusst<br />
und in gewissen Varianten, nur das<br />
wieder, was sie von anderen Schnäbeln gehört<br />
haben: von Eltern, Lehrern, in der Umgebung,<br />
den Nachrichten, Talkshows, Zei-<br />
4/2009 33
tungen. Leicht werden sie dabei manipuliert<br />
und penetrant wiederholte Begriffe sickern<br />
schließlich in ihr Denk- und Sprechschema<br />
ein. Auf Anhieb fallen mir da „christliches<br />
Abendland“, „gottgefällig handeln“, „zum<br />
rechten Glauben zurückkehren“ „christliche<br />
Leitkultur“ oder die Glaubenseidformel „So<br />
wahr mir Gott helfe“ ein. Dass in Krisenzeiten<br />
verbale Bigotterie spürbar zunimmt,<br />
begründet Kraus mit der These: „Wenn eine<br />
Kultur fühlt, dass es mit ihr zu Ende geht,<br />
lässt sie den Pfarrer kommen.“<br />
Wo gehobelt wird, fallen Späne. Selbst<br />
Große verirren sich im dichten Sprachwald<br />
dann und wann. Goethe, der im „Faust“<br />
den goldenen Baum des Lebens grün sein<br />
ließ, schrieb im „Werther“: „Das waren dem<br />
Gehirne spanische Dörfer.“ In seinem Gehirne<br />
hatten sich zwei Redensarten verheddert.<br />
Da können einem böhmische Dörfer<br />
schon mal spanisch vorkommen. Die „Berliner<br />
Zeitung“ wurde von diesem geflügelten<br />
Wort zu kühnen geografischen Phantasien<br />
angeregt: „Darüber hinaus ist Chinesisch<br />
für Mitteleuropäer eher ein böhmisches<br />
Dorf.“ In Spanien sagt man übrigens: Das<br />
kommt mir chinesisch vor.<br />
Ochsenschleim und Mutschekuh<br />
Ein weiteres markantes Ausdruckselement<br />
der Sprache ist der Klang der Wörter. Vor<br />
<strong>Jahre</strong>n las ich, wie ein Gedicht des Kinderbuchautors<br />
Lewis Carroll („Alice im Wunderland“)<br />
neu übersetzt wurde:<br />
„Verdaustig wars, und glasse Wieben<br />
Rotterten gorkicht im Gemank;<br />
Gar elump war der Pluckerwank,<br />
Und die gabben Schweisel frieben.“<br />
Bloßer Quatsch? Vorsicht. Die wichtigsten<br />
Wörter sind zwar ersponnen, aber der<br />
Text löst trotzdem Empfindungen aus, er<br />
klingt, als ob sich jemand in einer miesen<br />
Situation – im Sumpf? – elend fühlt. Wie<br />
kommt das? Da sind Laute, da sind Ähnlichkeiten<br />
mit Sinnvollem. Zumindest höherer<br />
Blödsinn also. Vokale und Buchstabengruppen<br />
können hart oder weich, lockend oder<br />
drohend, angenehm oder unappetitlich<br />
klingen, jeder weiß, dass ein „Aaah“ das Gegenteil<br />
von einem „Äääh“ ist, dass „Oooh“<br />
Freude und „Ööh“ Protest ausdrückt. Ganz<br />
unabhängig von der Bedeutung hört sich<br />
Mutschekuh lieb und Ochsenschleim eklig<br />
an. Werbeleute machen sich das zunutze.<br />
Friedrich von Logau (1604-1655) rühmte<br />
die Breite der Klangpalette unserer Muttersprache:<br />
34<br />
4/2009<br />
„Kann die deutsche Sprache schnauben,<br />
schnarren, poltern, donnern, krachen,<br />
kann sie doch auch spielen, scherzen,<br />
lieben, kosen, tändeln, lachen.“<br />
Aber aufgepasst! Der Klang kann auch<br />
irreführen. Als mein Sohn zum ersten Male<br />
das Wort Aftershave hörte, grinste er hintergründig.<br />
Auf die Frage, ob er überhaupt<br />
wisse, was das ist, antwortete er postwendend:<br />
„Na klar, was für’n Hintern.“ Und<br />
als meiner Tochter im Gespräch das Wort<br />
Kotflügel begegnete, reagierte sie mit „Iiih!“<br />
Wie hässlich klingt Gemeinnutz, wie schön<br />
dagegen Grünspan und Blausäure. Wie<br />
ähnlich sind sich Amor und Amok. Das<br />
Gegenteil von Prothese ist nicht Antithese.<br />
Mark Twain, der im „Bummel durch Europa“<br />
der „schrecklichen deutschen Sprache“<br />
ein Kapitel widmet und nicht ganz ernst gemeinte<br />
Verbesserungsvorschläge unterbreitet,<br />
bemängelte, Wortklang und Bedeutung<br />
stimmten im Deutschen nicht überein. Das<br />
Wort Gewitter erinnere ihn an Vogelgezwitscher.<br />
Selbst das englische toothbrush<br />
(Zahnbürste) komme ihm kraftvoller vor als<br />
etwa Ausbruch, von thunder, burst, crash,<br />
roar nicht zu reden. Da freute ihn, eine feine<br />
deutsche Dame zu einem US-Girl sagen zu<br />
hören: „Die beiden Sprachen sind sich so<br />
ähnlich - wie nett; wir sagen ‚Ach Gott!’,<br />
und Sie sagen ‚Goddam!’“<br />
Dahingeschieden oder abgenippelt?<br />
Wer schon mal einen Anzeigentext aufsetzen<br />
musste weiß: Umgangssprachliche Wörter<br />
sind dafür meist unbrauchbar. Warum? Es<br />
gibt drei Sprachebenen mit vielen Abstufungen:<br />
den gehobenen Stil, die stilistische<br />
Null-Färbung, die Vulgärsprache. Nehmen<br />
wir eine Todesanzeige. Da steht vom so<br />
plötzlich Dahingeschiedenen, vom teuren<br />
Toten, den der Herr zu sich genommen<br />
hat. Das sind feierliche Varianten. Der ist<br />
erbärmlich verreckt, hat ins Gras gebissen,<br />
ist abgenippelt, hat seinen Löffel abgegeben,<br />
den hat der Teufel geholt. So hört es sich<br />
vulgär an. Neutral wäre gestorben, den letzten<br />
Atemzug getan, einer langen Krankheit<br />
erlegen. Humoristen leben von der Vermischung<br />
der Stile. Auch in der Laiengruppe<br />
übten wir: Der Riese sprach mit dröhnender<br />
Stimme: Mama, ich muss pullern. In der<br />
Frage des Dieners zur Hausherrin „Geruhen<br />
Frau Gräfin nicht auch zu bemerken, dass<br />
dieses ein rechtes Scheißwetter sei?“ macht<br />
ein Wort aus dem Sprachprekariat aus der<br />
höfisch formulierten Frage einen Witz.<br />
In dieser Krisenzeit wird allenthalben<br />
zur Sparsamkeit ermahnt, warum nicht<br />
auch beim Wortgebrauch? Doppelt moppeln<br />
ist eine deutsche Sprachuntugend, die<br />
vor allem in Berlin durch die Mischung des<br />
Adelsfranzösisch mit dem heimischen Dialekt<br />
eine lange Tradition hat. Wie konstatiert<br />
der Berliner Lokaldichter und Erfinder<br />
des Eckenstehers Nante, Adolf Glaßbrenner:<br />
„Tugend ist nur Mut zur Courage.“<br />
Dem gleichen tautologischen Topf sind<br />
„infame Gemeinheit“, „konträres Gegenteil“<br />
und „gegenwärtig nicht momentan“<br />
entnommen.<br />
In der ehemaligen DDR spöttelte man<br />
gern: „Spare mit jedem Pfennig, koste es,<br />
was es wolle.“ Ehemalige DDR? Das hätte<br />
nur Sinn, wenn irgendwo eine zweite herumläge,<br />
die noch existiert. Aber manche<br />
haben Angst, als Nostalgiker zu gelten,<br />
wenn sie einfach DDR sagen, so wie sie in<br />
Berlin gar die Erdachse drehen und vom<br />
ehemaligen Ostteil der Stadt reden. Weißen<br />
Schimmeln begegnet man überall, bei<br />
RTL im Versprechen, einen „neuen Start<br />
anzufangen“, im RBB-Inforadio beim<br />
„früheren Ex-Präsidenten Clinton“, und<br />
Monitor fragt, „wie es künftig weitergehen<br />
wird“.<br />
Meist soll Wortbombast nur kleine<br />
Sprachfürzchen zu Donnerschlägen aufblasen.<br />
Beliebt ist das in Parlamentsreden. O-<br />
Ton: „Gerade im Angesicht der Komplexität<br />
der aktuellen Situation sollten wir hektische<br />
Betriebsamkeit auf diesem Sachgebiet tunlichst<br />
meiden.“ Gemeint ist: „Ehe wir in ein<br />
Fettnäpfchen treten, machen wir lieber gar<br />
nichts.“ Der Chef des Marburger Bundes<br />
verkündete vor einem Ärzteausstand: „Die<br />
Ärzte wollen eine Streiksituation gestalten.“<br />
– „Die Ärzte wollen streiken“ hätte auch<br />
genügt. Auf der Fanmeile zur Fußball-WM<br />
wollten die Händler „im Vorfeld der Veranstaltungen“<br />
die Riesenbratwürste nicht<br />
schlicht anbieten, sondern „zum Verzehr<br />
bringen“. Das teilten sie Journalisten nicht<br />
etwa mit, nein, sie brachten es ihnen zur<br />
Kenntnis.<br />
So gestelzt reden Stadionausrufer und Regierungssprecher,<br />
Betriebsrat und Bischof,<br />
Bürgermeister und Kanzlerin. Ist es wirklich<br />
schon 130 <strong>Jahre</strong> her, dass ein Münsteraner<br />
Pfarrer als Neujahrsgebet sagte: Gib den<br />
Regierenden ein besseres Deutsch und den<br />
Deutschen eine bessere Regierung. Herr<br />
sorge dafür, dass wir alle in den Himmel<br />
kommen. Aber nicht sofort. l
Bushfunk<br />
München – Mit ihren Geschichten<br />
über den Zauberlehrling Harry<br />
Potter hat die britische Autorin J.K.<br />
Rowling Leser in aller Welt fasziniert.<br />
Doch sie hatte auch Widersacher:<br />
Ausgerechnet der ehemalige<br />
amerikanische Präsident George W.<br />
Bush verdächtigte die 44-Jährige<br />
der Anstiftung zur Hexenkunst.<br />
Aus diesem Grunde habe Bush verhindert,<br />
dass der Bestsellerautorin<br />
die „Presidential Medal of Freedom“,<br />
die höchste zivile Auszeichnung<br />
der USA, verliehen wurde.<br />
Die Ehre kann grundsätzlich auch<br />
Ausländern zuteil werden.<br />
Dies plauderte der ehemalige Redenschreiber<br />
der Bush-Regierung<br />
Matt Latimer in seinem gerade bei<br />
Random House veröffentlichten<br />
Buch „Speechless: Tales of A White<br />
House Survivor“ aus.<br />
„Glaube, liebe, Hamburg“<br />
Hamburg – In der Kirche geht es<br />
um die Wurst. Für die diesjährige<br />
„Nacht der Kirchen“ in Hamburg<br />
hat NDR-Fernsehkoch Rainer Sass<br />
eine spezielle „Nacht-der-Kirchen-<br />
Wurst“ kreiert. Die Leberwurst besteht<br />
– multireligiös korrekt – nicht<br />
aus Schweinefleisch, sondern aus<br />
Lamm, Rind und Gans.<br />
Serviert wurde die kulinarische<br />
Kreation zum typisch norddeutschen<br />
Gericht „Himmel und Erde“<br />
aus Stampfkartoffeln und mit<br />
Zwiebeln, Sternanis, Ingwer, Wein<br />
und Äpfeln. Und der NDR-Fernsehkoch<br />
Rainer Sass ergänzt: „Über<br />
den Glauben zu reden, fällt leichter<br />
bei einem Glas Wein.“<br />
kReuZ & QueR<br />
Was lange währt<br />
Stuttgart – Im Kampf gegen den<br />
Priestermangel setzte die katholische<br />
Kirche auf göttlichen Beistand<br />
und einen 30-tägigen Gebetsmarathon.<br />
Den gesamten Oktober<br />
durch, rund um die Uhr und ohne<br />
Pause, wurde in der Erzdiözese Freiburg<br />
sowie in den Bistümern Fulda,<br />
Regensburg, Rottenburg-Stuttgart<br />
und Speyer ununterbrochen für<br />
geistige Berufungen gebetet. Ziel<br />
war es laut Schreiben des Freiburger<br />
Erzbischofs Robert Zollitsch, in<br />
den Gemeinden eine Atmosphäre<br />
zu schaffen, in der geistliche Berufe<br />
wachsen können.<br />
Guru in Plastik: Keine<br />
Auferstehung<br />
Kuala Lumpur – Eine Sekte in<br />
Malaysia hat ihren verstorbenen<br />
Guru in Plastik gewickelt und 13<br />
Monate lang auf seine Auferstehung<br />
gewartet. Die Polizei fand<br />
die stark verweste Leiche, nachdem<br />
Nachbarn über Ruhestörung<br />
geklagt hatten. Der Sektenführer<br />
mit dem Namen „Ching Chi Vui@<br />
Ivan“ war im August 2008 mit 37<br />
<strong>Jahre</strong>n unter bisher ungeklärten<br />
Umständen gestorben. Er hatte<br />
seinen Anhängern aufgetragen, ihn<br />
nicht zu begraben, weil er ins Leben<br />
zurückkehren werde.<br />
Gott ist rund<br />
Kaiserslautern – „Betze Unser –<br />
Dein Pakt mit den roten Teufeln!“,<br />
so startete der 1. FC Kaiserslautern<br />
seine Werbekampagne „Jetzt Dauerkarten<br />
holen“ und versicherte:<br />
„Teufelsprämien zu gewinnen“.<br />
Der pfälzische Oberkirchenrat<br />
Gottfried Müller sah in der Kampagne<br />
eine Verletzung der religiösen<br />
Gefühle gläubiger Christen in<br />
Deutschland und kritisierte den<br />
Slogan als geschmacklos. Der pensionierte<br />
Kirchenrat und ehemalige<br />
Präsident des FCK Udo Sopp schlug<br />
in die gleiche Kerbe und sprach von<br />
einem „missratenen Umgang mit<br />
religiösen Symbolen“.<br />
Es geht auch souveräner. Als jüngst<br />
einige in Deutschland lebende Muslime<br />
das Schalker Vereinslied „Blau<br />
und Weiß“ wegen einer Bezugnahme<br />
auf den Propheten Mohammed<br />
monierten, riet der Generalsekretär<br />
des Zentralrats der Muslime, Aiman<br />
A. Mazyek, launig, man solle<br />
doch bitte die „Moschee im Dorf<br />
lassen“. Die kritisierte Textzeile lautet:<br />
„Mohammed war ein Prophet,<br />
der vom Fußballspielen nichts<br />
versteht. Doch aus all der schönen<br />
Farbenpracht hat er sich das Blau<br />
und Weiße ausgedacht.“ In einem<br />
Gespräch mit dem Fernsehsender<br />
N24 sagte Mazyek: Diese Fußballhymne<br />
gibt alles richtig wieder. Sie<br />
nennt den muslimischen Propheten.<br />
Und sie gibt zu verstehen, dass<br />
er keine Ahnung hat von Fußball.<br />
Ist ja auch klar, weil er nämlich vor<br />
der Erfindung des Fußballs gelebt<br />
hat.“<br />
4/2009 35
auslese<br />
Weg von einer<br />
eurozentristischen Weltsicht<br />
Der herausgebende „Verein Ethnologie<br />
in Schule und Erwachsenenbildung“<br />
will mit dem vorliegenden<br />
Band „Götter, Gaben und<br />
Geselligkeit“ interkulturelle Kompetenz<br />
befördern. Die Textsammlung<br />
wendet sich bewusst an ein allgemeines<br />
Publikum und verzichtet<br />
daher weitgehend auf Fachtermini.<br />
Wichtigstes Anliegen der Autoren<br />
ist es, einen Beitrag zur Überwindung<br />
einer ethnozentristischen<br />
Weltsicht zu leisten. Wobei ganz<br />
konkret die eurozentristische Welt-<br />
36<br />
4/2009<br />
sicht gemeint ist. Und letztere,<br />
christlich geprägte Sicht geht voller<br />
Arroganz davon aus, dass die Gegebenheiten<br />
der (west-)europäischen<br />
Kultur/Zivilisation universell gültig<br />
seien. Und dass fremde Kulturen,<br />
Weltanschauungen und Religionen<br />
minderwertig seien.<br />
Der Band gliedert sich in drei Teile:<br />
Im Teil 1 geht es um Rituale und<br />
Zeremonien im individuellen Lebenszyklus<br />
der Menschen von der<br />
Geburt bis zum Tode. Vorgestellt<br />
werden solche Passage-Riten aus<br />
Lateinamerika (wo vorspanische<br />
Bräuche noch heute weiterleben,<br />
wenngleich oftmals verquickt mit<br />
katholischen), Afrika und moslemischen<br />
Staaten Asiens. Europa bzw.<br />
Deutschland wird vertreten durch<br />
einen fundierten und gut lesbaren<br />
Beitrag von Kristin Müller-Wenzel<br />
(Jg. 1983) über die Geschichte<br />
der Jugendweihe mit den Schwerpunkten<br />
DDR und Jugendfeiern<br />
des HVD heute (unter Bezug auf<br />
Isemeyer/Sühl). Ihren Ausführungen<br />
kann der Rezensent als Jugendweiheteilnehmer<br />
des <strong>Jahre</strong>s 1967<br />
und nachmaliger Mitgestalter solcher<br />
Feiern vor und nach 1989/90<br />
weitgehend zustimmen. Eine Bemerkung<br />
am Rande sei gestattet:<br />
Als Kristin Müller-Wenzel diesen<br />
Beitrag als Studentin in Münster<br />
verfasste, konnte die Autorin wohl<br />
nicht ahnen, dass sie nur kurze Zeit<br />
später zu den Mitbegründern des<br />
HVD in ihrer thüringischen Heimat<br />
zählen würde.<br />
Im zweiten Teil werden Rituale und<br />
Zeremonien im kollektiven <strong>Jahre</strong>sablauf<br />
vorgestellt, wiederum aus<br />
o.g. Regionen. Hierin eingebettet<br />
ist auch der Kölner Karneval. Ein<br />
dritter Teil bietet lobenswerter Weise<br />
Unterrichtsmaterialien an.<br />
Allerdings leidet die Lesbarkeit des<br />
Bandes sehr unter der penetranten<br />
durchgehenden Verwendung<br />
von weiblichen und männlichen<br />
Formen (Einwohnerinnen und<br />
Einwohner, Touristinnen und Touristen<br />
etc.) durch die meisten Autorinnen<br />
und den einen Autor.<br />
Siegfried R. Krebs<br />
Raesfeld, Lydia; Bartels, Ursula:<br />
Götter, Gaben und Geselligkeit<br />
: Einblicke in Rituale weltweit ;<br />
Gegenbilder, Band 6 – Münster<br />
u.a. : Waxmann, 2009. – 19,90<br />
Euro<br />
Die Evolution frisst ihre<br />
Kinder<br />
Der Verlag entschied sich, das<br />
Buch „Jenseits von Gut und Böse“<br />
am <strong>Jahre</strong>stag des Attentats auf das<br />
World-Trade-Center zu veröffentlichen,<br />
wohl weil Michael Schmidt-<br />
Salomon hier den Versuch macht,<br />
eine menschenfreundliche Philosophie<br />
jenseits von Gut und Böse<br />
zu skizzieren, denn unsere „altbackenen<br />
Moralvorstellungen ... ha-<br />
Adolph Hoffmann und die<br />
Trennung von Staat und Kirche<br />
Im vergangenen Jahr erinnerte aus<br />
Anlass des 150. Geburtstages eine Tagung<br />
der Humanistischen Akademie<br />
Berlin an den ehemaligen preußischen<br />
Minister für Wissenschaft, Kunst und<br />
Volksbildung, den Sozialdemokraten<br />
Adolph Hoffmann. Jetzt ist der dazugehörige<br />
Sammelband erschienen.<br />
Hoffmann hat für Konfessionslose<br />
Geschichte geschrieben, auf ihn geht<br />
die Trennung von Kirche und Staat<br />
zurück.<br />
Groschopp, Horst (Hrsg.): „Los von<br />
der Kirche!“. Adolph Hoffmann<br />
und die Staat-Kirche-Trennung in<br />
Deutschland. Schriftenreihe der<br />
Humanistischen Akademie Berlin, -<br />
Bd. 2. - 157 Seiten, kartoniert, Euro<br />
15.-, ISBN 978-3-86569-056-2<br />
ben uns“, wie er schreibt, „summa<br />
summarum krank, kritikunfähig,<br />
selbstsüchtig und dumm gemacht“.<br />
Darum bietet er uns nichts weniger<br />
an, als das, worum Christen<br />
seit Jahrhunderten beten: Die Erlösung<br />
von dem Bösen! Er lädt zu<br />
einem Perspektivwechsel ein, der,<br />
nach einer kritischen Überprüfung<br />
unserer Grundannahmen, zu<br />
einer entspannten Weltsicht verhelfen<br />
soll. Als Konsequenz wird<br />
uns eine „neue Leichtigkeit des<br />
Seins“ versprochen. Dass heißt allerdings<br />
keine Erlösung von allen<br />
Übeln, dafür aber eine wahrlich<br />
erleuchtete Lebenshaltung, die es<br />
uns erlaubt mit den „Widrigkeiten<br />
des Lebens etwas vernünftiger, etwas<br />
gelassener, etwas humorvoller<br />
umzugehen.“ Das Buch soll „einen<br />
winzigen Beitrag zur Entwicklung
einer solchen alternativen, lebensbejahenden<br />
Bewusstseinskultur<br />
leisten“. Mit seinen Ausführungen<br />
knüpft Schmidt-Salomon bewusst<br />
an Friedrich Nietzsche an (dessen<br />
Erinnerung das Buch gewidmet<br />
ist), der im Abschied vom moralischen<br />
Dreigestirn „Schuld – Sühne<br />
– Strafe“ den Fortschritt aller<br />
Fortschritte erblickte. In einer<br />
Anmerkung heißt es, dass man<br />
vieles, was er hier schreibe, unter<br />
dem Stichwort „Nietzsche Reloaded“<br />
durchgehen lassen könnte.<br />
Der erste, mit „Die neuen Früchte<br />
der Erkenntnis“ überschriebene,<br />
Teil ist eine Parforcetour durch<br />
neuere Forschungsergebnisse, die<br />
in gutem wissenschaftsjournalistischem<br />
Stil vermittelt werden. Im<br />
zweiten Teil wird eine Gebrauchsanleitung<br />
für „die neue Leichtigkeit<br />
des Seins“ geliefert. Hier stellt er<br />
u. a. in einer Verbindung westlicher<br />
und östlicher Weisheit eine<br />
„rationale Mystik“ vor, die aus<br />
eigenen Erfahrungen motiviert<br />
wurde. Leider benutzt Schmidt-<br />
Salomon in seiner Argumentation<br />
häufig Begriffe der Memetik, wo<br />
einfachere Erklärungen ausgereicht<br />
hätten. Das widerspricht dem von<br />
ihm selber an anderen Stellen oft<br />
bemühten Sparsamkeitsprinzip der<br />
Wissenschaft (Ockhams Rasiermesser).<br />
Dieses Buch ist trotzdem<br />
Aufklärung vom Besten. Es endet<br />
in der Feststellung, dass Kritik ein<br />
Geschenk sei, um die der Autor seine<br />
Leser ausdrücklich bittet.<br />
Frank Spade<br />
Schmidt-Salomon, Michael :<br />
Jenseits von Gut und Böse : Warum<br />
wir ohne Moral die besseren<br />
Menschen sind. – Zürich : Pendo-<br />
Verlag, 2009. – 19,95 Euro<br />
„Richtiges“ Sterben<br />
Im Zentrum dieses Buches steht<br />
die Schrecknis des Todes. Ich werde<br />
sterben. Sagen lässt sich das<br />
leicht. Dass dieses Ich aber nicht<br />
irgendein allgemeines, sondern tatsächlich<br />
ich bin, diese Einsicht hat<br />
eine Wucht, die es abzufedern gilt.<br />
Durch Jenseitsvorstellungen etwa.<br />
Oder, wenn die nicht mehr greifen,<br />
durch eine Vorstellung vom „richtigen“<br />
Sterben.<br />
Der Journalist und promovierte Literaturwissenschaftler<br />
Matthias Kamann<br />
liest die gegenwärtige, hitzige<br />
Debatte um Sterbehilfe als religiösen<br />
Ersatzdiskurs – und diese Lesart<br />
erweist sich in die verschiedensten<br />
Richtungen als außerordentlich<br />
fruchtbar. Geht es in dieser Debatte<br />
nicht in der Tat immer auch<br />
um Tröstung? Um die Tröstung eines<br />
Individuums, das sich seit der<br />
Aufklärung als im höchstem Maße<br />
selbstbestimmt begreifen darf,<br />
durch seine Sterblichkeit aber unauslöschlich<br />
narzisstisch verwundet<br />
bleibt, und zwar umso mehr, als<br />
kein transzendentes Pflaster mehr<br />
da ist? Was läge da näher, als die<br />
Wunde dadurch ein Stück weit zu<br />
heilen, dass gerade das Sterben zum<br />
Zielpunkt der Selbstbestimmung<br />
erklärt wird?<br />
Folgerichtig analysiert Kamann die<br />
selbstbestimmte Individualität als<br />
säkulare „Brücke“ zwischen Leben<br />
und Tod: „Ich lebe meine Furcht,<br />
meine Erschütterung und auch<br />
meine Hoffnungen angesichts des<br />
Todes dadurch aus, dass ich im<br />
Sterben ganz ich bin, sei es dank<br />
Suizid-Assistenz, sei des dank Palliativpflege.“<br />
Und nicht nur das: In Lektüren<br />
populärer Diskurse zeigt der Autor,<br />
wie die Individualität derzeit<br />
ihre eigene Sterblichkeit zu überdauern<br />
scheint, in den Tod hinein<br />
verlängert wird. Etwa im Internet,<br />
wenn Angehörige das Andenken<br />
an Verstorbene öffentlich pflegen<br />
und sich an diese richten, als wären<br />
sie noch lebendig; oder in der<br />
Körperwelten-Ausstellung Gunther<br />
van Hagens, der den Körper als unsterbliches<br />
Plastinat präsentiert.<br />
Doch nicht nur Tröstung, auch moralische<br />
Maßregelung ist das Ziel<br />
des Sterbehilfe-Ersatzdiskurses: Die<br />
religiöse Letztbegründung der Unverfügbarkeit<br />
des eigenen Lebens<br />
etwa findet seine immanente Variante<br />
im Dammbruchargument, das<br />
eine Liberalisierung der Sterbehilfe<br />
sogleich in eine Widerbelebung<br />
nationalsozialistischer Euthanasie<br />
münden sieht.<br />
Zu guter Letzt ist die Individualität<br />
für Kamann auch Dreh- und<br />
Angelpunkt eigener moraltheoretischer<br />
Überlegungen, die in ihrer<br />
ganzen Differenziertheit (etwa,<br />
warum der Autor die aktive Sterbehilfe<br />
ablehnt, die Suizidbeihilfe<br />
aber unter strengsten Bedingungen<br />
begrüßenswert fände) hier nicht<br />
wiedergegeben werden können.<br />
Soviel aber sei gesagt: Den tiefen<br />
Respekt vor der Individualität des<br />
Menschen zur obersten Maxime<br />
auch hinsichtlich seines Sterbens zu<br />
erheben, hat Überzeugungskraft. Es<br />
gibt kein „richtiges“ Sterben. Sondern<br />
nur das je einzelne Schrecknis.<br />
Und dieses im Einzelfall zu erleichtern,<br />
sofern der Tod wirklich das<br />
Letzte ist, das gewünscht werden<br />
kann – das, so Kamann, wäre human.<br />
Svenja Flaßpöhler<br />
Kamann, Matthias: Todeskämpfe<br />
; Die Politik des Jenseits und der<br />
Streit um Sterbehilfe. – Bielefeldt<br />
: Transcript Verlag, 2009. – 17,80<br />
Euro<br />
Humanismus für die Zukunft<br />
Mit das höchste Lob, das ich aussprechen<br />
kann, besteht in der<br />
Formel „Banal, aber fundamental<br />
und damit essenziell“. So auch im<br />
Fall des vorliegenden Buches von<br />
Frieder Otto Wolf: „Humanismus<br />
für das 21. Jahrhundert“. Dass dabei<br />
wesentlich genau so wenig mit<br />
wesenhaft verwechselt werden darf<br />
wie fundamental mit fundamentalistisch,<br />
erwähne ich auch deshalb,<br />
weil eine der entscheidenden Selbstkritiken<br />
des bekennenden, ja militanten<br />
Humanisten Frieder Otto<br />
Wolf in der Absage an jede Anthropologie<br />
besteht, die beansprucht,<br />
das menschliche Wesen ein für alle<br />
Mal feststellen zu können.<br />
Wolf kritisiert nicht nur ältere,<br />
metaphysische Anthropologien,<br />
sondern auch neuere, inzwischen<br />
gleichfalls veraltete scientistische,<br />
die in aller Regel zugleich naturalistische<br />
sind, gerade deshalb aber bis<br />
heute in bestimmten „freidenkerischen“<br />
Kreisen ebenfalls Zuspruch<br />
finden.<br />
Wolf geht so weit zu schreiben, dass<br />
angesichts der „‚wissenschaftlich’<br />
begründeten Eugenik-Phantasien<br />
mancher unserer Urgroßväter in<br />
Sachen Humanismus“ eingeräumt<br />
werden muss, „dass auch in unserer<br />
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4/2009 37
eigenen Tradition das Böse seinen<br />
Platz gehabt hat“. Das Böse, wie ich<br />
in Wolfs Sinn betone!<br />
Dieser ist ein so entschiedener Moralist,<br />
dass ihm generell die Kategorie<br />
„Schlecht“ für die nicht auszureichen<br />
scheint, „die einfach sagen:<br />
‚Ich will mich nicht über mein<br />
Handeln mit anderen verständigen,<br />
ich tue einfach das, was mir<br />
einfällt und gut erscheint, wozu ich<br />
mich entschließe, unabhängig davon,<br />
was es für andere bedeutet und<br />
brauche mich dafür nicht zu rechtfertigen.<br />
Ein derartiges Subjekt<br />
verhält sich in einem spezifischen<br />
Sinne „böse“, wie Wolf resümiert.<br />
Er ist überzeugt davon, „dass auf<br />
die Kategorie eines ‚bösen Subjekts’<br />
nicht zu verzichten ist, so lange es<br />
einem ernsthaft um ein gemeinsam<br />
zu findendes Gutes geht.“<br />
Auf die demokratische Interdiskursivität<br />
einer jeden Ethik humanistischen<br />
Anspruchs legt Wolf den<br />
höchsten Wert. Gerade was die<br />
aktuell-biopolitische Frage nach<br />
den Grenzen der technischen Veränderbarkeit<br />
menschlichen Erbguts<br />
angeht, plädiert er vehement für<br />
eine „Diskussion mit allen“: über<br />
die Kompatibilität gentechnischer<br />
Forschungen und Maßnahmen<br />
mit der „Würde des Menschen“.<br />
Wie anders denn, wenn man gleich<br />
Wolf die Absicht eines „praktischen<br />
Humanismus als politischer Ethik“<br />
in die Worte fasst: „produktiv und<br />
38<br />
4/2009<br />
zielbewusst daran<br />
zu arbeiten,<br />
alle Verhältnisse<br />
zu überwinden,<br />
in denen die<br />
Menschenwürde<br />
nicht geachtet<br />
wird“.<br />
Der Rückbezug<br />
auf den „jungenRadikaldemokraten“<br />
Karl Marx ist so<br />
gewollt wie evident.<br />
Wolf hält<br />
sogar am Ziel<br />
einer Überwindung<br />
der Kapitalherrschaft<br />
fest, in der gegenwärtigen,<br />
dem NeoliberalismusgeschuldetenWeltwirtschaftskrise<br />
mehr denn je,<br />
doch auf eben<br />
demokratische<br />
Art und Weise,<br />
sich damit in<br />
eine Tradition stellend, die weit<br />
hinter den jungen Marx zurückreicht,<br />
bis ins antike Athen.<br />
Wolf vertritt insgesamt die Positionen<br />
einer in der griechisch-römischen<br />
Antike beginnenden religionsunabhängigen<br />
und insofern<br />
autonomen: einer menschlichen<br />
Vernunft, doch gerade deshalb plädiert<br />
er dafür – unter „Freidenkern“<br />
nicht unbedingt selbstverständlich<br />
–, „nicht die Abgrenzung, etwa von<br />
den Kirchen, in den Vordergrund<br />
zu rücken“, sondern vielmehr das,<br />
was positiv in Gesamt-, ja Weltgesellschaft<br />
eingebracht werden kann<br />
und soll. Ja, Wolf setzt auf Dialog<br />
und Kooperation mit Bündnispartnern,<br />
die gleich welcher Konfession,<br />
für eine menschliche(re) Gesellschaft<br />
eintreten.<br />
Wolf, der sich nicht nur aus pazifistischen<br />
Gründen nachdrücklich<br />
für das „polylogische Palaver<br />
der Menschheit als Grund der<br />
Menschenrechte“ einsetzt, kann<br />
unmöglich akzeptieren, Argumente<br />
nur deshalb nicht ernsthaft zu<br />
prüfen, weil sie von jemand vorgebracht<br />
werden, der an einen Gott<br />
glaubt. Selbstverständlich ist nach<br />
wie vor deutliche Kritik angesagt<br />
gegenüber solchen, die mit religiösen<br />
Absolutheitsansprüchen auftreten,<br />
ob sie nun für viele ihrer<br />
Glaubensgenossen sprechen oder<br />
nicht. Doch unter diesen finden<br />
sich nicht wenige, die kompetent<br />
über Hunger und Elend sprechen,<br />
sich gegen Unterdrückung und für<br />
Befreiung engagieren.<br />
Wolf hat inzwischen gelernt – niemand<br />
von uns, ob (noch) gläubig<br />
oder nicht (mehr), konnte das<br />
von Kindesbeinen an wissen, so<br />
verstellt war in allen Lagern ein<br />
authentischer Zugang zur Bibel<br />
-, dass z.B. „bei den sogenannten<br />
kleinen Propheten die Bezugnahme<br />
auf das einfache Volk und seinen<br />
mit einem unnennbaren Gott geschlossenen<br />
Bund zur Grundlage<br />
der Forderung nach Autonomie“<br />
geworden ist. Komplementär dazu<br />
ist Wolf außerordentlich klar, dass<br />
es nicht mehr angehen kann, „bereits<br />
in der Abwendung von Gott<br />
oder anderen abstrakten höheren<br />
Wesen einen Beitrag zu einer rational<br />
geforderten Humanisierung<br />
der Menschheitsgeschichte zu erblicken“.<br />
Wolf, der zu pointieren versteht,<br />
nennt „Nobelpreisträger, die im<br />
Namen der Wissenschaft ihr persönliches<br />
Bekenntnis anderen aufdrängen“,<br />
nicht weniger „Pfaffen“<br />
als solche à la lettre. Kein Zweifel<br />
besteht gerade auch für ihn darin,<br />
„dass der Aufstieg der empirischen<br />
Wissenschaften im Kontext der<br />
Aufklärung die Grundlage für eine<br />
Emanzipation des Denkens von<br />
jeder Art von doktrinärer und dogmatischer<br />
Bevormundung durch<br />
Staatsmacht oder Kirchen gewesen<br />
ist“, was aber keineswegs rechtfertige,<br />
„die institutionalisierten<br />
Wissenschaften nun ihrerseits mit<br />
der Autorität einer Kirche auszustatten“.<br />
Hieraus folgt, dass wir im Hinblick<br />
auf das Verhältnis zwischen Laie<br />
und Experte, wie es sich in der<br />
Wissenschaft als Beruf darstellt,<br />
immer darauf achten müssen, „dass<br />
es nicht auf ein Verhältnis zwischen<br />
Laie und Priester regrediert, in dem<br />
es nur noch um unterschiedliche<br />
hierarchisch angeordnete und insofern<br />
im schlechten Sinne autoritäre<br />
Positionen geht“. Auch was HumanistInnen<br />
zu vertreten haben, können<br />
immer nur „Vorschläge an eine<br />
allgemeine Öffentlichkeit“ sein, die<br />
aber „der Möglichkeit des Irrtums,<br />
sicherlich auch der Zeitgebundenheit“<br />
unterliegen.<br />
Unbeschadet dessen missversteht<br />
sich Wolfsche Rationalität keinen<br />
Augenblick als schlechte Beliebigkeit<br />
in Art eines ebenso schlechten<br />
und inaktuell gewordenen Skeptizismus.<br />
Der „postmoderne“ Zeitgeist<br />
mag von ihm noch so infiltriert<br />
geblieben sein, Wolf vertritt<br />
den für ihn zentralen Gedanken der<br />
Herausarbeitung einer nicht beliebigen<br />
Haltung, ja, der Produktion<br />
einer Wahrheit unserer Zeit. Freilich<br />
ist sofort auch „Produktion“<br />
zu betonen, handelt es sich wahrheitspolitisch<br />
bei der „Wahrheit<br />
unserer Zeit“ doch um ein „unbeendbares<br />
Ringen um Wahrheit“,<br />
das allerdings – Pointe der Pointe<br />
– resultatsorientiert, also ernsthaft<br />
ist: „diskursiv und erfahrungsoffen,<br />
aber doch klar und bestimmt“ im<br />
einmal gefundenen Ergebnis. Praktischer<br />
Humanismus à la Wolf geht<br />
von den vielfältigen Erfahrungen<br />
des Leidens einzelner Menschen<br />
und Menschengruppen aus, greift<br />
sie insgesamt auf, um sie unter Beibehaltung<br />
ihrer Vielfalt dann „zusammenwirken“<br />
zu lassen.<br />
Ernsthaftigkeit und Verbindlichkeit<br />
solcher Kommunikation und<br />
Kooperation wird einfach schon<br />
von der fundamentalen Krisenhaftigkeit<br />
unserer Zeit geboten. Heute<br />
ist die große Frage nicht mehr, wie<br />
dies zu Anfang des 20. Jahrhunderts<br />
Rosa Luxemburg formuliert<br />
hat, „Sozialismus oder Barbarei?“,<br />
sondern die große Frage ist heute,<br />
ob die bereits eingetretene Barbarei<br />
weiterhin bestehen wird oder ob<br />
eine real mögliche Alternative dazu<br />
gefunden werden kann, „welche die<br />
Menschheit insgesamt zumindest<br />
auf dem Stand der erreichten zivilisatorischen<br />
Errungenschaften hält,<br />
oder sie sogar auf einem Weg der<br />
historischen Verwirklichung von<br />
gleicher Freiheit und Herrschaftsüberwindung<br />
weiter voranbringt“.<br />
Und diese Frage ist eine „dringliche“,<br />
wie Wolf betont.<br />
Gleich Propheten sind auch Apokalyptiker<br />
im 20. Jahrhundert mehr<br />
denn je wieder aktuell geworden,<br />
doch dies festzuhalten – mehr als<br />
Wolf auch der biblischen Tradition<br />
verpflichtet, obgleich ebenfalls auf<br />
agnostische Weise – ist nicht mein<br />
Punkt. Ich habe ein einziges, freilich<br />
nicht unwichtiges Desiderat anzumelden:<br />
In der vorliegenden und<br />
nur zu empfehlenden Broschüre<br />
kommen Ästhetik und Kunst mehr<br />
als zu kurz. Hier sollte im Blick auf<br />
eine wünschenswerte Zweitauflage<br />
unbedingt „nachgebessert“ werden;<br />
denn: Kein wie immer gearteter<br />
Humanismus ohne Ernstnehmen<br />
des Ästhetischen.<br />
Richard Faber<br />
Wolf, Frieder Otto : Humanismus<br />
für das 21. Jahrhundert. -<br />
Berlin: <strong>Humanistischer</strong> <strong>Verband</strong><br />
<strong>Deutschlands</strong>, Landesverband<br />
Berlin, 2009. – 5 Euro
ausspRache<br />
Nichts Neues im Eichsfeld<br />
Gegen eine staatliche Schule mit<br />
christlichem Leitbild (diesseits<br />
88/2009)<br />
Die Bedenken vor der Gründung<br />
einer staatlichen Schule mit christlichem<br />
Leitbild verstehe ich nicht ganz,<br />
denn ich habe im Eichsfeld nichts<br />
anderes kennengelernt. Nach dem<br />
Besuch meiner Kinder im staatlichen<br />
Kindergarten mit kleinem Gebet vor<br />
den Mahlzeiten ging es zur Grundschule.<br />
Auf den Wunsch, unsere Kinder<br />
vom Religionsunterricht zu befreien,<br />
erhielt ich von der Direktorin<br />
die Auskunft, dies sei nicht möglich.<br />
Meine Kinder seien die einzigen der<br />
ganzen Schule und ihnen würde<br />
dann ja ein Unterrichtsfach fehlen.<br />
Nach Auskunft des Schulrats wusste<br />
ich, dass das so nicht stimmt. Unwissenheit<br />
oder vorsätzliche Lüge der<br />
Schuldirektorin? Mein Sohn geht nun<br />
seit einigen Wochen auf ein staatliches<br />
Gymnasium. Am ersten Elternabend<br />
saß ich im Gemeinschaftsraum unter<br />
einem Jesus am Kreuz. Statt kath.<br />
Religionsunterricht 2 Stunden wöchentlich<br />
wird Ethik angeboten, aber<br />
nur eine Stunde wöchentlich und am<br />
Ende eines anstrengenden Schultages.<br />
Die Freude auf ein verspätetes Immatrikulationsfest<br />
der Klassen 5 wurde<br />
mir verdorben, als ich die Einladung<br />
las. Es wird in die Pfarrkirche gebeten,<br />
wo die Kinder mit ihren Lehrern<br />
eine kleine Andacht gestalten…<br />
Gertraud Holtz, Krombach<br />
Gutes Angebot<br />
Zur Berichterstattung über das<br />
neue Patientenverfügungsgesetz<br />
(diesseits 88/2009)<br />
Zunächst möchte ich Ihnen allgemein<br />
für das letzte Heft von diesseits meine<br />
hohe Anerkennung aussprechen. Es<br />
ist in jedem Artikel informativ, anspruchsvoll<br />
und anregend und macht<br />
Lust auf Mehr.<br />
(…) Weil mir bisher nicht bewusst<br />
war, dass sich auch der Humanistische<br />
<strong>Verband</strong> so intensiv um die<br />
Patientenverfügung bemüht, bin ich<br />
Mitglied in der Gesellschaft für Humanes<br />
Sterben geworden (…) Sehr<br />
gerne nehme ich die in diesem Heft<br />
angebotene Gelegenheit wahr, meine<br />
Patientenverfügung von Ihnen überprüfen<br />
zu lassen (…)<br />
Dr. Renate Zoepffel, Freiburg<br />
Niederländische Praxis<br />
Zum Leserbrief Feierkultur (diesseits<br />
83/2008)<br />
(…) Insgesamt fällt mir auf, dass<br />
gerade die Seite Aussprache in den<br />
verschiedenen diesseits-Ausgaben<br />
doch sehr informative und anregende<br />
Artikel enthält. (…) Anlass meines<br />
heutigen Briefes ist ein Besuch,<br />
den ich mit der Emdener Gruppe<br />
des Humanistischen <strong>Verband</strong>es am<br />
5.9. in Groningen gemacht habe. Es<br />
wurde dort auch deutlich, dass zwischen<br />
Groninger Humanisten und<br />
der deutschen Zentrale in Berlin<br />
Kontakte bestehen. Für uns deutsche<br />
Humanisten in einer Randlage<br />
<strong>Deutschlands</strong> war schon beeindruckend,<br />
dass es im Raum Groningen<br />
… 800 Vereinsmitglieder gibt, ein<br />
Vereinszentrum in relativ zentraler<br />
Lage und ein Vereinsleben inklusive<br />
monatlich erscheinender eigener<br />
Zeitschrift. Jeden Dienstag und<br />
Der Diesseits -Gedanke<br />
Mittwoch … kann jedermann ins<br />
Zentrum kommen für eine Tasse<br />
Kaffee oder auch in die humanistische<br />
Bibliothek, … so dass man<br />
in Groningen wohl der von Thorsten<br />
Sommer im Leserbrief in Nr.<br />
83/2008 ersehnten Feierkultur in<br />
nicht übertriebener Weise etwas näher<br />
gekommen ist.<br />
Wolfgang Zipper, Meppen<br />
Der Mensch dachte sich sein eigenes Gegenteil;<br />
da hatte er seinen Gott.<br />
Christian Friedrich Hebbel, 1813 – 1863,<br />
deutscher Dramatiker und Lyriker<br />
4/2009 39
humanistischer verband<br />
deutschLands (hvd)<br />
bundesvorstand<br />
Wallstr. 61-65, 10179 Berlin<br />
Fon 030-613 904-34, Fax 613 904-50<br />
http://www.humanismus.de<br />
hvd@humanismus.de<br />
bundesverband Junge<br />
humanistinnen<br />
Wallstraße 61-65, 10179 Berlin<br />
Fon 030-613904-76, Fax 613904-50<br />
info@juhu-bund.de, www.juhu-bund.de<br />
BADEN-WÜRTTEMBERG<br />
hvd regionalgemeinschaft<br />
ulm-bodensee e.v.<br />
Postfach 2307, 89013 Ulm<br />
hvd-bw@humanismus.de<br />
die humanisten Württemberg<br />
K.d.ö.R<br />
Mörikestraße 14, 70178 Stuttgart<br />
Fon 0711-6493-780, Fax -886<br />
a.henschel@dhuw.de, www.dhuw.de<br />
BAyERN<br />
hvd bayern e.v.<br />
n Landesgeschäftsstelle<br />
Äußere Cramer-Klett-Str. 11-13,<br />
90489 Nürnberg<br />
Fon 0911-43104-0, Fax 43104-15<br />
info@hvd-bayern.de, www.hvd-bayern.de<br />
humanistische akademie<br />
bayern e.v.<br />
Äußere Cramer-Klett-Str. 11-13,<br />
90489 Nürnberg<br />
Fon 0911-43104-0, Fax -15<br />
www.humanistische-akademie-bayern.de<br />
info@humanistische-akademie-bayern.de<br />
Humanistisches Sozialwerk<br />
Bayern gGmbH<br />
Äußere Cramer-Klett-Str. 11-13<br />
90489 Nürnberg<br />
Fon 0911 431040<br />
Fax 0911 4310415<br />
Projekt Schuldnercoaching:<br />
Fon 0911 43104-12 info@hsw-bayern.de<br />
www.hsw-bayern.de<br />
hvd nürnberg K.d.ö.r.<br />
n Geschäftsstelle<br />
Äußere Cramer-Klett-Str. 11-13,<br />
90489 Nürnberg<br />
Fon 0911-43104-0, Fax 43104-15<br />
info@hvd-nuernberg.de<br />
www.hvd-nuernberg.de<br />
n Bestattungsreden: 0911-43104-14<br />
n Service-Line 0180-11 123 11<br />
n Jugendfeier-Team und Junge<br />
HumanistInnen: 0911-43104-11<br />
jugendfeier@hvd-nuernberg.de<br />
www.jugendfeier.net<br />
Stadtmauerturm der JuHus: Spittlertormauer<br />
7, 90402 Nürnberg<br />
n <strong>Humanistischer</strong> Kindergarten<br />
Nbg.-St. Peter<br />
Burgerstr. 6, 90478 Nürnberg<br />
Fon 0911-42 45 68-0, Fax -3<br />
kiga.st.peter@hvd-nuernberg.de<br />
n <strong>Humanistischer</strong> Kindergarten<br />
Nbg.-Mögeldorf<br />
Ziegenstr. 28, 90482 Nürnberg<br />
Fon 0911-95 33 58-0, Fax -3<br />
kiga.moegeldorf@hvd-nuernberg.de<br />
n Humanistisches Haus für Kinder<br />
Am Südpark<br />
Dr. Meyer-Spreckels-Str. 5,<br />
90763 Fürth<br />
Telefon 0911-97791013, Fax -17<br />
hfk.fuerth@hvd-nuernberg.de<br />
n turmdersinne gGmbH<br />
Büro: Spittlertorgraben 45<br />
90429 Nürnberg<br />
Fon 0911-94432-81, Fax -69<br />
info@turmdersinne.de<br />
www.turmdersinne.de<br />
Adresse des Turms:<br />
Mohrenturm am Westtor, Nürnberg,<br />
Spittlertorgraben Ecke Mohrengasse<br />
HVD Fürth e.V.<br />
c/o Humanistische Grundschule<br />
Waldstraße 62<br />
90763 Fürth<br />
info@hvd-fuerth.de<br />
www.hvd-fuerth.de<br />
n Humanistische Grundschule Fürth<br />
Waldstraße 62<br />
90763 Fürth<br />
Fon 0911 3766833-0<br />
Fax 0911 3766833-9<br />
info@humanistische-schule.de<br />
www.humanistische-schule.de<br />
hvd Würzburg<br />
Bukarester Str. 12, 97084 Würzburg<br />
www.hvd-wuerzburg.de.vu<br />
hvd-wuerzburg@gmx.de<br />
BERLIN/BRANDENBURG<br />
humanistischer verband<br />
berlin-brandenburg<br />
Wallstr. 61-65, 10179 Berlin<br />
Fon 030-613 904-0, Fax 030-613 904-50<br />
www.hvd-potsdam.de, www.hvbb-online.de<br />
BERLIN<br />
hvd berlin<br />
Landesgeschäftsstelle<br />
Wallstr. 61-65, 10179 Berlin<br />
Fon 030-613 904-0<br />
Fax 030-613 904-50<br />
hvd-berlin@humanismus.de<br />
Direkte Durchwahlnummern:<br />
n Abteilung Kitas -39<br />
n Abteilung Gesundheit/Soziales -25<br />
n Abteilung Lebenskunde -60<br />
n Abteilung Jugend/Jugendfeier -74, Fax -89<br />
n Patientenverfügungen/Trauergruppen<br />
-11, -19, Fax -36<br />
www.patientenverfuegung.de<br />
mail@patientenverfuegung.de<br />
n V.I.S.I.T.E.<br />
Besuchs- und Hospizdienst -32<br />
www.visite-hospiz.de, mail@visite-hospiz.de<br />
n Kinderhospiz „Berliner Herz“ -80<br />
n Öffentlichkeitsarbeit -26<br />
n Kultur -23<br />
n Fundraising -38<br />
n Freiwilligenarbeit/Mitglieder betreuung/<br />
Seniorenkoordinatorin -15<br />
n Junge HumanistInnen Berlin<br />
Danziger Str. 50, 10437 Berlin<br />
Fon 030-442 72 16, Fax 442 34 93<br />
info@juhu-berlin.de, ingo@juhu-berlin.de<br />
n Jugendtreff „PPZ“ der Jungen<br />
HumanistInnen, Marzahner Chaussee 9 10315<br />
Berlin, Fon/Fax 030-510 17 76<br />
n Jugendgästehaus Heiligensee<br />
info@juhu-heiligensee.de<br />
030 43605470<br />
n Schulklub Sakura-Grundschule<br />
Rochstraße 7, 10178 Berlin<br />
Fon 030-42 85 21 79<br />
n Café Rix GmbH<br />
Karl-Marx-Straße 141, 12043 Berlin<br />
Fon/Fax 030-686 90 20<br />
n Sozialstation „Die Brücke“<br />
Wallstr. 61-65, 10179 Berlin<br />
Fon 030-613 904-93 /-97, Fax -91<br />
n Mobilitätshilfedienst Berlin-Mitte<br />
Wallstr. 61-65, 10179 Berlin<br />
Fon 030-613 904-95 /-96, Fax -91<br />
n Schwangerschaftskonflikt-beratungsstelle,<br />
Schönholzer Str. 6, 13187 Berlin<br />
Fon/Fax 030-441 79 92<br />
skb@hvd-berlin.de<br />
n Kontakt- und Informationsstelle für<br />
Selbsthilfe (KIS)<br />
Nachbarschaftshaus Pfefferwerk<br />
Fehrbelliner Str. 92, 10119 Berlin<br />
Fon 030-443 43 17, Fax 44 34 04 78<br />
n Betreuungsverein<br />
Alt-Moabit 108 a, 2. Etg., 10559 Berlin<br />
Fon 030-441 30 57, Fax 441 30 59<br />
Betreuungsverein.hvd@berlin.de<br />
n Brückentreff Psychosoziale Kontakt- und<br />
Beratungsstelle<br />
Torstraße 158, 10115 Berlin<br />
Fon 030-280 74 42/ -43, Fax -44<br />
Kitas:<br />
n Adlershofer Marktspatzen<br />
Helbigstr.31, 12489 Berlin<br />
Fon/Fax 030-677 42 09<br />
n Am Park<br />
Engelhardtstr. 10, 12487 Berlin<br />
Fon/Fax 030-631 66 99<br />
n Bornsdorfer Str. 14, 12053 Berlin<br />
Fon 030-56 82 86 63<br />
n Dreikäsehoch<br />
Johanna-Tesch-Str. 20, 12439 Berlin<br />
Fon 030-671 70 33, Fax 67 89 45 28<br />
dreikaesehoch@humanistischekitas.de<br />
n Friedenauer Strolche<br />
Sponholzstraße 16, 12159 Berlin<br />
Fon/Fax 030-75 60 62 09<br />
n Gartenstadtfrösche<br />
Zur Gartenstadt 239, 12526 Berlin<br />
Fon 030-67 82 45 03, Fax 67 82 45 04<br />
gartenstadt@humanistischekitas.de<br />
n General-Woyna-Str. 48<br />
13403 Berlin, Fon/Fax 030-413 30 72<br />
n Holtheimer Weg 6-8, 12207 Berlin<br />
Fon 030-712 49 30, Fax 71 09 74 92<br />
n Hopsekäse<br />
Scharnweberstr. 60, 10247 Berlin<br />
Fon/Fax 030-291 61 64<br />
n Kastanienallee 28/30, 12627 Berlin<br />
Fon/Fax 030-995 22 69 kastanienallee@<br />
humanistischekitas.de<br />
n Kinderhaus Felix<br />
Zühlsdorfer Str. 16, 12679 Berlin<br />
Fon 030-935 80 35, Fax 93 02 78 16<br />
kinderhausfelix@humanistischekitas.de<br />
n Knirpsenstadt am Glitzerbach<br />
Geraer Ring 50/52, 12689 Berlin<br />
Fon/ Fax 030-933 91 98<br />
n Landreiterweg 55, 12353 Berlin<br />
Fon 030-667 90 90, Fax 66 79 09 33<br />
n Michel-Klinitz-Weg 18<br />
12349 Berlin, Fon 030-743 10 14<br />
n Mühlengeister<br />
Thomas-Mann-Str. 17/19, 10409 Berlin<br />
Fon 030-424 17 31, Fax 42 16 15 86<br />
muehlengeister@humanistischekitas.de<br />
n Pillnitzer Weg 6, 13593 Berlin<br />
Fon 030-20 91 48 90, Fax 209 14 89 20<br />
pillnitzerweg@humanistischekitas.de<br />
n PrenzlZwerge<br />
Stahlheimer Str. 27, 10439 Berlin<br />
Fon 030-445 71 94, Fax 40 00 30 61<br />
prenzlzwerge@humanistischekitas.de<br />
n Stadtfüchse<br />
Jablonskistr. 11, 10405 Berlin<br />
Fon/Fax 030-441 42 82 erzieherinnen.<br />
stadtfuechse @web.de<br />
n Wasserwerkstr. 3, 13589 Berlin<br />
Fon 030-37 49 90 30, Fax 374 99 03 24<br />
wasserwerkstrasse@humanistischekitas.de<br />
n Rappelkiste<br />
Alfred-Randt-Str.15/17, 12559 Berlin<br />
Fon 030-654 35 58, Fax 654 60 49<br />
n Wirbelwind, Friedrich-Engels-<br />
Str. 45/47, 13156 Berlin<br />
Fon 030-916 51 24, Fax 47 03 68 69<br />
wirbelwind@humanistischekitas.de<br />
n Zum Hasenhügel<br />
Waldheimer Str. 10/12, 12627 Berlin<br />
Fon 030-994 28 49, Fax 99 28 50 79 zum.<br />
hasenhuegel@humanistischekitas.de<br />
n Konfliktberatung für Paare<br />
Fon über 030-613 904-15<br />
n Neustart – Betreutes Wohnen<br />
für Obdachlose<br />
Alt Reinickendorf 7, 13407 Berlin<br />
Fon 030-4 14 68 74, Fax -75<br />
neustart@hvd-berlin.de<br />
www.wp-neustart.de<br />
n Humanistische Akademie e.V.<br />
Redaktion „humanismus aktuell“<br />
Wallstr. 61-65, 10179 Berlin<br />
Fon/Fax 030-44 34 09 41<br />
www.humanistische-akademie.de<br />
n Koordinierungsstelle für ambulante<br />
Re habilitation älterer Menschen in Neukölln<br />
Haus des älteren Bürgers<br />
Werbellinstraße 42, 12053 Berlin<br />
Fon 030-689 77 00, Fax 68 97 70 20<br />
n Berliner Seniorentelefon<br />
Fehrbelliner Straße 92, 10119 Belin<br />
Fon 030-279 63 93, Fax 44 02 49 97<br />
Sprechzeiten: Mo, Fr, So 14-16 Uhr, Mi 12-16<br />
Uhr unter Fon 030-279 64 44<br />
www.berliner-seniorentelefon.de<br />
info@berliner-seniorentelefon.de<br />
n HOTEL4YOUth<br />
Schönhauser Allee 103, 10439 Berlin<br />
Fon 030-446 77 -83, Fax -859<br />
www.hotel4youth.de, info@hotel4youth.de<br />
n Kinder- und Jugendbüro Marzahn<br />
Kastanienallee 55, 12627 Berlin<br />
Fon 030 9339466<br />
kijubue-marzahn@web.de<br />
n Internetcafé für Senioren<br />
Weltenbummler, Werbellinstraße 42, 12053<br />
Berlin-Neukölln<br />
Fon 030-68054287<br />
n Gesundheitliche und soziale Dienste des HVD<br />
in Tempelhof,<br />
Friedrich-Wilhelm-Straße 59<br />
12103 Berlin, Fon 030-71096852<br />
BRANDENBURG<br />
humanistischer regionalverband<br />
Ostbrandenburg e.v.<br />
PF 1142, 15701 Königs Wusterhausen<br />
Fon 03375-29 77 78, Fax 29 33 35<br />
verein@humanistenkw.de<br />
verwaltung@humanistenkw.de<br />
n Aktionskita „Knirpsenstadt“<br />
Goethestr. 5,<br />
15711 Königs Wusterhausen<br />
Fon 03375-87 28 45<br />
n Jugend-Freizeit-Zentrum<br />
Scheederstr. 47,<br />
15711 Königs Wusterhausen<br />
Fon 03375-29 67 69<br />
hvd regionalverband brandenburg<br />
nord e.v.<br />
Mühlenfeld 12, 16515 Oranienburg<br />
Fon 03301-83 41 11, Fax 83 41 20<br />
n Humanistisches Musikzentrum<br />
n Feierkultur<br />
n Schuldnerberatung, Vermeidung von<br />
Obdachlosigkeit<br />
n Jugend- und Sozialwerk gGmbH<br />
Kanalstr. 20, 16515 Oranienburg<br />
Fon 03301-58 28 94<br />
n Berufsbildungswerk Nordost gGmbH<br />
Albert-Buchmann-Str. 1,<br />
16515 Oranienburg<br />
Fon 03301-53 54 40<br />
n Betreutes Jugendwohnen<br />
Bernauer Str. 146, Haus 106,<br />
16515 Oranienburg<br />
Fon 03301-80 70 56<br />
nebenstelle neuruppin<br />
Fehrbelliner Str. 139, 16816 Neuruppin<br />
Fon 03391-50 38 42, Fax 35 05 13<br />
n Feierkultur<br />
n Selbsthilfe-Kontaktstelle<br />
n Schulsozialarbeit<br />
humanistischer regional verband<br />
brandenburg/belzig e.v.<br />
Willibald-Alexis-Str. 28<br />
14772 Brandenburg<br />
Fon 03381-73 03 80, Fax 73 03 79<br />
humreg@humreg.de<br />
Kinder- und Jugendclub, Jugendfeier,<br />
Seniorenarbeit, Junge Humanisten,<br />
Schulsozialarbeit, Bereich „Hilfe zur Erziehung“<br />
stadtteilbüro im bürgerzentrum<br />
Große Gartenstraße 42a<br />
14776 Brandenburg an der Havel<br />
Fon 03381-25 09-62, Fax -63<br />
humanistischer regionalverband<br />
Potsdam/Potsdam-mittelmark e.v.<br />
n Geschäftsstelle Potsdam<br />
Jägerstr. 36, 14467 Potsdam<br />
Büro und Patientenverfügung:<br />
Fon 0331-290 94 76<br />
Jugendfeier: Fon 0331-270 98 04<br />
Fax 0331-280 58 81<br />
hvdppm@aol.com<br />
hvd-potsdam@freenet.de<br />
humanistischer regionalverband teltowfläming<br />
e.v.<br />
Goethestr. 8, 14959 Trebbin<br />
Fon/Fax 033731-805 24<br />
humanistischer regionalverband<br />
märkisch-Oderland e.v.<br />
„Arche“, Carl-Schmäcke-Straße 33<br />
15366 Neuenhagen<br />
Tel. 03342-21584, Fax 21586<br />
humanistisches internationales<br />
begegnungs- und beratungszentrum<br />
(hibbZ)<br />
Eisenbahnstr.14, 16225 Eberswalde<br />
Fon und Fax 03334-212491 www.hibbz.de,<br />
info@hibbz.de<br />
humanistischer freidenkerbund<br />
brandenburg e.v.<br />
Postfach 600 813, 14408 Potsdam<br />
Fon 03321-45 07 46, Fax 45 07 47<br />
Fon 03338-396 31, Fax 03338-396 32<br />
humanistischer freidenkerbund<br />
havelland e.v.<br />
n Geschäftsstelle<br />
Karl-Thon-Str. 42, 14641 Nauen<br />
Fon 03321-45 07 46, Fax 45 07 47<br />
Freidenker-Havelland@web.de<br />
n Jugendtreff Miteinander, Frauen- und<br />
Selbsthilfetreff, Berliner Str. 41, 14712<br />
Rathenow, Fon 03385-51 55 31<br />
n Treff: Suchthilfe, Kleiderkammer,<br />
Obdachlosenarbeit, Suppenküche<br />
Ritterstr. 9, 1641 Nauen<br />
Fon 03321-45 07 46<br />
freidenker barnim e.v.<br />
n Geschäftsstelle<br />
Rüdnitzer Chaussee 48-50, 16321 Bernau<br />
Fon 03338-3 96 31, Fax 3 96 32<br />
n Informations- und Beratungspunkt<br />
Berliner Str. 48, 16321 Bernau<br />
Fon/Fax 03338-2416<br />
Jugendarbeit, Jugendfeier, Senioren- und<br />
Rentenberatung, Patientenverfügung,<br />
Sozialberatung<br />
METRopoLREGIoN HAMBURG<br />
HVD Metropolregion Hamburg e.V.<br />
Beim Schlump 23, 20144 Hamburg<br />
Fon/Fax 040 67379076<br />
HVD-Hamburg@alice-dsl.net<br />
MEcKLENBURG-VoRpoMMERN<br />
Ziegeleiweg 12, 19057 Schwerin<br />
Fon: 3861 2471, hvd-mv@web.de<br />
www.humanisten-in-mv.de<br />
NIEDERSAcHSEN<br />
humanistischer verband niedersachen<br />
K.d.ö.r.<br />
Landesgeschäftsstelle<br />
Otto-Brenner-Str.20- 22, 30159 Hannover<br />
Fon 0511-167691-60, Fax -78<br />
zentrale@humanisten.de<br />
www.humanisten.de<br />
n Feierservice für weltliche Familienfeiern<br />
Fon 0511-167691-63<br />
n Junge Humanisten Hannover<br />
Landeskoordination JugendFEIER<br />
Fon 0511–18561<br />
www.juhus-hannover.de<br />
info@junge-humanisten.de<br />
n Humanistisches Sozialwerk<br />
Norddeutschland GmbH<br />
Otto Brenner Str.20-22, 30159 Hannover<br />
Haus Humanitas, Fon 0511-167691-61<br />
humanistischer verband bremen<br />
Ursel Leitzow, Prager Str. 41, 28211 Bremen<br />
Fon 0421-243 96 35 bremen@humanisten.de<br />
Ortsgemeinschaften und verbände<br />
freie humanisten<br />
Grünenplan-delligsen<br />
c/o Bodo Hage,<br />
Hinter den Höfen 16, 31073 Delligsen<br />
Fon + Fax: 05187-24 86<br />
Mobil: 0160-950 28 139<br />
gruenenplan@humanisten.de<br />
hv emden<br />
Ortsverband Emden<br />
An der Sporthalle 1, 26759 Hinte<br />
Fon: 04925 8725, 0176-96603435<br />
emden@humanisten.de<br />
hvn Ortsverband hannover<br />
Otto-Brenner-Str. 22, 30159 Hannover<br />
Fon 0511-1 61 4012, Fax 16 76 91 78<br />
hannover@humanisten.de<br />
hv Oldenburg<br />
c/o Grünberger Str. 7, 26127 Oldenburg<br />
Fon 0441-882943 oldenburg@humanisten.de<br />
humanistischer verband Osnabrück<br />
osnabrueck@humanisten.de<br />
www.osnabrueck.humanisten.de<br />
humanistischer verband Wesermarsch<br />
Postfach 1125, 26926 Elsfleth<br />
Fon 04401-695817 wesermarsch@<br />
humanisten.de<br />
NoRDRHEIN-WESTFALEN<br />
hvd nordrhein-Westfalen K.d.ö.r.<br />
Landesgeschäftsstelle<br />
Küpferstr. 1, 44135 Dortmund<br />
Fon 0231-52 72 48, Fax 57 20 72<br />
mail@hvd-nrw.de<br />
www.hvd-nrw.de<br />
Ortsgruppen in vielen Städten!<br />
Tel. erfragen!<br />
n Humanitas-Verlag<br />
www.humanitas-verlag.de<br />
n Junge HumanistInnen NRW<br />
Fon 0231-5 86 15 70<br />
hvd bergisches Land<br />
Chlodwigstr. 28<br />
42119 Wuppertal-Elberfeld<br />
Fon 0202-46 04 555<br />
hvd bielefeld<br />
Fon 0521-9824762<br />
hvd-bielefeld@web.de<br />
hvd duisburg<br />
Fon 0203-29 82 440<br />
RHEINLAND-pFALz<br />
Fon 0173-3436714<br />
hvd-rlp@email.de, www.hvd-rlp.de<br />
SAcHSEN<br />
hvd sachsen<br />
Großenhainer Straße 88<br />
01127 Dresden, Fon 0351-2198100<br />
Ronny.Winkler@hvd-sachsen.de<br />
THÜRINGEN<br />
HVD Thüringen<br />
HVD Thüringen<br />
c/o Siegfried R. Krebs<br />
Weg zum Sportplatz 18, 99438 Legefeld<br />
fon 03643 900744, www.hvd-thueringen.de<br />
info@hvd-thueringen.de<br />
SAcHSEN-ANHALT<br />
humanisten sachsen-anhalt<br />
c/o Junge Humanisten Magdeburg e.V.<br />
39128 Magdeburg<br />
Johannes-R.-Becher-Straße 57<br />
Fon 0391-2515938, Fax 2516338<br />
humanisten.sachsen-anhalt@<br />
juhu-magdeburg.de<br />
humanistischer regionalverb.<br />
halle-saalkreis e.v.<br />
Bürgerhaus „alternativE“<br />
Gustav-Bachmann-Straße 33<br />
06130 Halle<br />
Fon 0345-1 31 94 73<br />
Fax 0345-1 31 94 75<br />
buergerhaus-halle@freenet.de<br />
n Frauen Kommunikationszentrum<br />
n Offener Kinder- und Jugendtreff<br />
n Trauerberatung, Patienten verfügungen, Fon<br />
0345-2023168<br />
n Begegnungsstätte<br />
Fon 0345-12 26 90 22<br />
n Schuldnerberatung<br />
Fon 0345-1319053<br />
n Musikinstrumentenkabinett<br />
n Jugendfeier Fon 0345-1319473<br />
humanistischer regionalverb.<br />
südliches sachsen-anhalt e.v.<br />
n Bürger und Jugendhaus/Herberge<br />
Huttenstraße 12, 06217 Merseburg<br />
Fon 03461-21 35 19<br />
hrvbuergerhaus@hotmail.de<br />
n Jugendlub „Die Hütte“<br />
Unter den Eichen, 06217 Merseburg<br />
Fon/Fax 03461-50 28 75<br />
n Jugendfeier Fon 03461-213519<br />
n Jugendclub „Elofant“<br />
Häuerstraße 33, 06242 Braunsbedra<br />
Fon 0177-2115619<br />
n Projekt Schulsozialarbeit<br />
Sekundarschule „Unteres Geiseltal“<br />
Häuerstr. 39, 06242 Braunsbedra<br />
Fon 034633-2 26 09<br />
Junge humanisten magdeburg e.v.<br />
n KJFE „Kannenstieg“<br />
Johannes-R.-Becher-Straße 57<br />
39128 Magdeburg<br />
Fon 0391-2 51 59 38, Fax -63 38<br />
info@juhu-magdeburg.de<br />
n Schülertreff „Rothensee“<br />
Badeteichstraße, 39126 Magdeburg<br />
Fon 0391-5 05 00 44<br />
n Jugendfeier Fon 0391-2515938<br />
humanistischer regionalverb.<br />
mansfelder Land e.v.<br />
n Jugendclub „Die Leuchte“<br />
Beethovenstraße 1, 06333 Hettstedt<br />
Fon 03476-85 11 49<br />
n Jugendtreff „Bombastic“<br />
Friedenstraße 1, 06456 Sandersleben<br />
Fon 034785-2 02 59
Wissenschaftliche<br />
Theologie<br />
Wahrscheinlich ist er nur einer von vielen.<br />
Er wird müde sein, manchmal,<br />
zerstreut. Schwere Arbeit,<br />
all diese Versuchsreihen,<br />
überabzählbar viele. Ja,<br />
im Prinzip weiß er alles,<br />
aber natürlich, um die Details<br />
kann er sich nicht kümmern:<br />
Reaktoren, die heißlaufen,<br />
Plasmawolken, relativistische Felder.<br />
Wir sind schließlich nicht die einzigen.<br />
Erst nach einer Ewigkeit<br />
Nimmt er die Probe wieder zur Hand.<br />
In seinem riesigen Auge<br />
spiegelt sich unser Universum.<br />
Aber dann sind wir schon vorbei.<br />
Schade. Womöglich hätten wir ihn,<br />
rein wissenschaftlich gesehen,<br />
interessiert. Eine Novität, nur leider<br />
nicht sehr haltbar, unbemerkt,<br />
weil er anderweitig beschäftigt war,<br />
dieser Gott. Er hat uns verschlafen.<br />
Hans Magnus Enzensberger, deutscher Dichter, Schriftsteller, Herausgeber, Übersetzer und Redakteur, wird am 11. November 80 <strong>Jahre</strong> alt.<br />
Als Herausgeber des „Kursbuch“ galt er als Orientierungsfigur für die Studentenbewegung. Er unterstützte die außerparlamentarische Opposition (APO)<br />
ideell und materiell. Gleichzeitig wurde von den Studenten immer wieder seine zu große Distanz bemängelt. Beispielhaft zeigt sich dies in einer Debatte<br />
Enzensbergers mit Peter Weiss im Kursbuch. Weiss forderte Enzensberger auf, sich deutlich und solidarisch auf eine Seite zu stellen. Enzensberger<br />
verwahrte sich dagegen: Seine Sache sei es nicht, „mit Bekenntnissen um sich zu schmeißen. […] Bekenntnissen ziehe ich Argumente vor. Zweifel sind<br />
mir lieber als Sentiments. Widerspruchsfreie Weltbilder brauche ich nicht. Im Zweifelsfall entscheidet die Wirklichkeit.“
<strong>Humanistischer</strong> <strong>Verband</strong> <strong>Deutschlands</strong>, Wallstraße 61-65, D-10179 Berlin<br />
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<strong>Humanistischer</strong> <strong>Verband</strong> <strong>Deutschlands</strong><br />
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selbst denken – Gemeinsam leben<br />
Humanistinnen und Humanisten gestalten ihr Leben<br />
selbstbestimmt und verantwortlich, frei von Religion. Es liegt am<br />
Menschen selbst, ethische und moralische Entscheidungen zu<br />
treffen. Diese Freiheit haben wir den Gedanken der Aufklärung<br />
zu verdanken, in deren Tradition der Humanistische <strong>Verband</strong><br />
<strong>Deutschlands</strong> steht.<br />
Als Humanistinnen und Humanisten stehen wir zu unserer<br />
Verantwortung für die Menschen, das Leben und die Natur.<br />
Über die Grenzen von Sprachen und Kulturen hinweg setzen<br />
wir auf den friedlichen Austausch von Ideen und Erfahrungen.<br />
Dabei achten und respektieren wir alle weltanschaulichen und<br />
religiösen Lebensauffassungen. Toleranz hat jedoch dort Grenzen,<br />
wo Menschenrechte missachtet und Positionen der Intoleranz<br />
vertreten werden.<br />
Wir arbeiten eng mit unseren Partnerverbänden in der ganzen<br />
Welt zusammen, die wie wir der Internationalen Humanistischen<br />
und Ethischen Union (IHEU) angehören.<br />
Der Humanistische <strong>Verband</strong> <strong>Deutschlands</strong> ist eine<br />
überparteiliche, demokratische Organisation, die sich in allen<br />
Bereichen des gesellschaftlichen und politischen Lebens engagiert,<br />
in denen weltanschauliche Fragen berührt sind. Humanistinnen<br />
und Humanisten beziehen Stellung in den ethischen Debatten<br />
unserer Zeit.<br />
Der Humanistische <strong>Verband</strong> <strong>Deutschlands</strong> organisiert Kulturund<br />
Bildungsangebote und bietet soziale Unterstützung und<br />
humanistische Beratung für Menschen in allen individuellen<br />
Lebenslagen. Wir richten weltliche Namens-, Jugend-, Hochzeitsund<br />
Trauerfeiern aus. In Berlin ist der Humanistische <strong>Verband</strong><br />
Träger des Schulfaches Lebenskunde und bundesweit von<br />
vielen Kindertagestätten. Besonders gefragt ist das Angebot der<br />
Patientenverfügung. Die „Jungen HumanistInnen“ unterstützen<br />
Kinder und Jugendliche auf dem Weg zu einem selbstbestimmten<br />
Leben. Bundesweit werden zirka 250.000 Menschen pro Jahr<br />
durch die Dienstleistungen des <strong>Verband</strong>es erreicht.