AkADemie einer AnDeren stADt mitwisser.net - IBA Hamburg
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zeigt meine Eltern und mich bei dem Versuch<br />
des Hörens und Imitierens von etwas, was so<br />
nah und gewohnt ist, und doch gleichzeitig so<br />
schwer anzueignen ist.<br />
Der Akzent wird im übertragenen Sinne<br />
behandelt wie ein Erbstück, und das Projekt<br />
illustriert die Herangehensweise, dieses<br />
schwer fassbare und ultimativ kulturell<br />
determinierte Attribut zu transferieren. (N.K.)<br />
Andrea knobloch<br />
Düsseldorf<br />
Zürich rührt sich<br />
Mario<strong>net</strong>tentheater, 2007/2009<br />
Das Projekt „Zürich rührt sich“ thematisiert<br />
Ausformulierungen von Bewegung als körperliche<br />
Aktivität im Raum parallel zum Wandel<br />
der Produktionsbedingungen (Industrialisierung,<br />
De-Industrialisierung, Dienstleistungs-<br />
und Freizeitgesellschaft) seit Beginn des<br />
vorigen Jahrhunderts bis heute.<br />
Dabei interessiert es sich insbesondere für<br />
das widerständige und emanzipatorische<br />
Potential des sich im städtischen Raum freizügig<br />
bewegenden Körpers. Das Sich-Selbst-<br />
Bewegen, im Sinne <strong>einer</strong> selbst bestimmten<br />
Führung und Gestaltung des eigenen Lebens,<br />
wird dabei als eine Praxis der Mitgestaltung<br />
dieser Räume interpretiert, denn die Arbeit<br />
an der Gestaltung des eigenen Lebensraums<br />
wirkt in kollektiv genutzte Räume hinein.<br />
Diese Arbeit kann als eine in gegenwärtiges<br />
Handeln verwebte utopische Praxis verstanden<br />
werden, die an Versuche der Reformbewegungen<br />
vom Anfang des letzten Jahrhunderts<br />
anknüpft, individuelle Freiheit kollektiv<br />
zu verwirklichen.<br />
Installationsansicht „Zürich rührt sich“, Shedhalle Zürich, 2007,<br />
courtesy/© Andrea Knobloch<br />
Während und nach dem ersten Weltkrieg<br />
konzentrierte sich in Zürich eine einzigartige<br />
Konstellation von Persönlichkeiten: Sowohl<br />
Rudolf von Laban, der als maßgeblicher<br />
Entwickler des modernen Ausdruckstanzes<br />
bis heute Geltung hat, als auch seine Schülerinnen<br />
Suzanne Perrottet, Mary Wigman<br />
und Sophie Taeuber lebten und arbeiteten<br />
in der Stadt. Das Projekt „Zürich rührt sich“<br />
formuliert sich als Mario<strong>net</strong>tentheater<br />
und stellt historische und zeitgenössische<br />
Persönlichkeiten, die die Entwicklung der<br />
Bewegungs- und Körperkultur entscheidend<br />
geprägt haben, als Figurinen mit präzise definierten<br />
Bewegungsradien im Zusammenhang<br />
eines an historischen Fakten orientierten<br />
Szenarios vor. (A.K.)<br />
thomas köner<br />
nizza<br />
périphériques (2005-2006)<br />
Video und Sound, 2005-2006<br />
Drei Orte im Abseits, 2. Welt, 3. Welt, Welt am<br />
Rand. Menschen auf <strong>einer</strong> Straße in Harar,<br />
in Belgrad und <strong>einer</strong> Favela in Buenos Aires:<br />
Die Kamera sieht zerfließende und wiederkehrende<br />
Muster in den Bewegungen von<br />
Personen, erkennt Geschichten in Gesichtern,<br />
die transparent werden. Unser Blick<br />
begeg<strong>net</strong> drei Augenblicken im Unwichtigen,<br />
Bedeutungslosen und stürzt dabei in die<br />
Tiefe des Moments, in einen Mikrokosmos<br />
der Zeit, in den man nur vom Rand der Welt<br />
eintauchen kann. Als lösten sich Person und<br />
Identität unter Beobachtung auf, nähert sich<br />
die Kamera im dritten Teil vorbeigehenden<br />
Passanten und verliert sich in <strong>einer</strong> bewegten<br />
Leere ohne Zentrum.<br />
Still aus „PÉRIPHÉRIQUES“, 2005/06, courtesy/© Thomas Köner<br />
Thomas Köners Interesse gilt der Leere<br />
und Entleerung, den Zeichen und Spuren<br />
des Verschwindens, der Passage und des<br />
Selbstverlusts in den Peripherien – vernachlässigten<br />
und prekären Stadträumen und<br />
Weltgegenden. Er sammelt die Bild- und<br />
Soundspuren von vergehenden und vergangenen<br />
Anwesenheiten sowohl per Inter<strong>net</strong> als<br />
auch vor Ort und schafft durch Überlagerungen,<br />
Schichtungen von Bildern und Sounds<br />
verdichtete Bilder des Entzugs. (T. K.)<br />
Thomas Köner wird die Besonderheiten<br />
und die schönen Seiten des Lebens in der<br />
Peripherie zum Thema eines Workshops und<br />
s<strong>einer</strong> weiteren Auseinandersetzung mit den<br />
<strong>Hamburg</strong>er Elbinseln machen.<br />
christine Lemke<br />
berlin<br />
wie in einem spiegel oder seit ich die<br />
sprache lerne, die ich spreche<br />
Powerpoint-Installation, 2009<br />
„Die Sprache ist der Schlüssel für eine<br />
erfolgreiche Integration“, lautet eine der zentralen<br />
Thesen des 2005 in Kraft getretenen<br />
neuen Zuwanderungsgesetzes. Den Kern des<br />
bundesweiten Integrationsprogramms bilden<br />
seither die so genannten Integrationskurse.<br />
Programmatische Zielsetzung ist es, die<br />
„Wie in einem Spiegel oder Seit ich die Sprache lerne, die ich<br />
spreche“, 2009, courtesy/© Christine Lemke<br />
Vermittlung der deutschen Sprache mit auf<br />
Migrant/innen zugeschnittenen lebenspraktischen<br />
Inhalten und landeskundlichen Elementen<br />
über Deutschland, deutsche Kultur<br />
und Geschichte zu verbinden.<br />
Christine Lemke, die neben ihrer künstlerischen<br />
Tätigkeit auch als Dozentin für<br />
Deutsch als Zweitsprache Integrationskurse<br />
unterrichtet, hat Bild- und Textmaterial<br />
aus den vom Bundesamt für Migration und<br />
Flüchtlinge zugelassenen Lehrwerken für<br />
Integrationskurse zusammengetragen und zu<br />
<strong>einer</strong> kommentierten Sammlung verdichtet.<br />
In ihrer analytischen Auswahl kreist sie um<br />
unterschiedliche Fragestellungen und Felder<br />
der Untersuchung: Wie wird eine ‘deutsche<br />
Lebenswirklichkeit’, wie ein ‘deutscher Alltag’<br />
repräsentiert? Wie werden die Figuren,<br />
Akteure und Personen, die in den Fotografien,<br />
Illustrationen und Texten der Lehrbücher<br />
auftauchen, als migrantische oder deutsche<br />
unterschieden und dargestellt? Welche Vorstellungen<br />
vom ‘Typischen’ oder ‘Normalen’<br />
werden verallgem<strong>einer</strong>t und aufbereitet? Wie<br />
werden Frauen und Männer, wie ihr Verhältnis<br />
zueinander entworfen? Welcher Begriff von<br />
‘Kultur’ wird in den Lehrwerken benutzt und<br />
abgebildet? Und auf welche Art und Weise<br />
wird für einen imaginierten Blick von außen<br />
eine ‘deutsche Identität’ konstruiert? (CH.L.)<br />
Ab September beginnt Christine Lemke<br />
außerdem, ein Konzept für nicht offizielle<br />
Türkisch-Kurse bei türkischen Privatpersonen<br />
auf den Elbinseln auszuarbeiten und<br />
umzusetzen.<br />
harald Lemke<br />
hamburg<br />
Das gastmahl-projekt<br />
Rauminstallation aus Camping-Esstisch mit<br />
Gaskocher, Kochtopf, Tütensuppe und kl<strong>einer</strong><br />
‚Gastrosophischer Bibliothek‘, 2009<br />
Mit seinem „Gastmahl-Projekt“ geht es<br />
Harald Lemke um eine Art ‚gastrosophischer<br />
Feldforschung‘. Versucht wird, die Kunst des<br />
Essens als alltägliche Wissenspraxis und<br />
kollektiven Prozess <strong>einer</strong> kulturellen Identitätskonstruktion<br />
zu markieren. Geplant sind<br />
drei Gastmahle. Jedes Gastmahl steht unter<br />
einem anderem Thema und wird an einem<br />
dazu passenden Ort zusammen mit lokalen<br />
Kochkünstlern und Gastgebern sowie mit<br />
externen Gastrednern und interessierten<br />
Gästen abgehalten.<br />
„Das Gastmahl-Projekt“, 2009, courtesy/© Harald Lemke<br />
„Die Einverleibung des Fremden (Gastmahl<br />
1)“: … Wenn der gastrosophische Allgemeinplatz<br />
zutrifft, dass ‚der Mensch ist,<br />
was er isst‘, dann fragt sich, ob wir nicht<br />
auch von dem einverleibten Fremden in uns<br />
leben und diesen Anderen für die Identität<br />
unseres Selbst sogar brauchen? Zu essen<br />
heißt, dem Fremden noch auf eine andere<br />
und gastfreundlichere Weise zu begegnen,<br />
nämlich im Genuss von fremden Küchen und<br />
Kochkünsten. Schon lange ist die ‚deutsche<br />
Küche‘ ein Sammelsurium oder Gustatorium<br />
aus zahlreichen fremdländischen Gästen und<br />
Esskulturen. Viele finden es selbstverständlich,<br />
dass die eigene kulinarische Identität<br />
ein transkulturelles Konstrukt ist, das sich<br />
aus französischen, italienischen, türkischen,<br />
indischen, chinesischen, afrikanischen usw.<br />
Bestandteilen und Geschmäckern zusammensetzt.<br />
Was bedeutet diese (im wahrsten<br />
Sinne des Wortes) eindringliche Fremdenliebe<br />
– als Gegenmittel zu unappetitlichem<br />
Fremdenhass – für unseren alltäglichen<br />
Umgang mit dem Fremden? (H.L)<br />
marina Lindemann<br />
hamburg<br />
20 kg<br />
Installation, 2005-2009<br />
„Ich wandere aus. Angesichts dessen, dass<br />
Deutschland mehrere Tausend Kilometer<br />
weit weg ist und ich kein Geld habe, muss ich<br />
davon ausgehen, dass ich nie wiederkehre.<br />
Ich darf nur 20 kg Fluggepäck mitnehmen.“<br />
Installationsansicht „20 kg“, courtesy/© Marina Lindemann<br />
Mit unseren Sachen verbinden wir Erinnerungen,<br />
sie machen ein Teil unserer Persönlichkeit<br />
aus. Nun muss die Bedeutung dieser<br />
Erinnerungen in Relation zu dem tatsächlichen<br />
Gewicht gesetzt werden. (M.L.)<br />
myplace!<br />
hh wilhelmsburg<br />
kinder und Jugendliche entdecken und<br />
gestalten öffentliche räume<br />
Installation mit Modellen, Fotografien, 2009<br />
Modell „Utopia Café“, entstanden während des Projektes „My-<br />
Place“, 2009, courtesy/© Myplace/JAS<br />
Menschen bauen Häuser, planen Städte,<br />
gestalten ihre Umwelt. Wie aber sehen Bewohnerinnen<br />
und Bewohner ihre Umgebung?<br />
Was würden sie verändern? Was ist ihre<br />
Vorstellung von Stadtraum und von ihrem<br />
Platz in der Stadt?<br />
Im Rahmen des Projektes „myplace!“ von<br />
STADTKULTUR HAMBURG und dem JASWERK<br />
(Jugend Architektur Stadt) finden Kinder und<br />
Jugendliche Antworten darauf und entwickeln<br />
Ideen zur Gestaltung ihres Stadtteils.<br />
Auf Rundgängen erkunden sie öffentliche<br />
Räume in Wilhelmsburg und nehmen<br />
Orte, die ihnen wichtig sind, ins Visier. Ihre<br />
Ideen setzen sie in Modellen oder direkten<br />
künstlerischen Eingriffen in den Stadtteil um<br />
und gestalten so ihr Viertel mit. „myplace!“<br />
fördert damit die Verantwortungsübernahme<br />
gegenüber der eigenen Umwelt und versetzt<br />
Kinder und Jugendliche in die Lage, eine persönliche<br />
Sichtweise auf öffentliche Räume zu<br />
entwickeln und dafür als Experten in eigener<br />
Sache Ideen zu gestalten.<br />
Das Projekt startete im Mai 2009 mit <strong>einer</strong><br />
8. Klasse der Gesamtschule Wilhelmsburg,<br />
gefolgt von einem Workshop mit Schüler/<br />
innen aus mehreren Jahrgangsstufen der<br />
Willi-Kraft-Schule im Juni 2009 und einem<br />
Ferienprogramm auf dem Stübenplatz.<br />
beteiligte schüler/innen: Anke, Aysun, Betül,<br />
Beyza, Çaglar, Ciya, Elvis, Fatima, Gabi, Halil,<br />
Haminder, Jan, Janina, Jennifer-Katja, Jenny,<br />
Joanna, Kevin, Lynn, Kerem, Mara, Mel,<br />
Merve, Mert, Monika, Muhammed, Natascha,<br />
Newroz, Patricia, Pooja, Seda, Serdal, Sophia,<br />
Stephanie, Sümeyye, Tatijana, Tony, Tolga,<br />
Zorica sowie weitere Kinder und Jugendliche<br />
aus dem Wilhelmsburger Reiherstiegviertel,<br />
die am Ferienprogramm teilgenommen<br />
haben. betreuung: Pia Degenhardt, Silke<br />
Edelhoff, Merle Breyer JASWERK Jugend<br />
Architektur Stadt, Angela Behn, Wilhelm<br />
Kelber-Bretz (Gesamtschule Wilhelmsburg),<br />
Käthelies Stevenson (Willi-Kraft-Schule)<br />
ferienprogramm: Silke Edelhoff, Sybille Merbitz,<br />
Christiane Pietsch, JASWERK Jugend<br />
Architektur Stadt<br />
mark raidpere<br />
tallinn<br />
10 men<br />
Video, 2003<br />
Still aus „10 Men“, 2003, courtesy/© art agents gallery <strong>Hamburg</strong><br />
Das Video „10 Men“ zeigt Portraits von zehn<br />
Insassen <strong>einer</strong> Haftanstalt in Tallinn. Zu<br />
sehen ist jeweils nur ihr Kopf und Oberkörper<br />
vor <strong>einer</strong> leeren Wand. In zeitlupenartigen<br />
Bewegungen nehmen sie unterschiedliche<br />
Haltungen ein und lassen sich zögerlich-neugierig<br />
auf das Spiel mit der Kamera ein.<br />
Es sind gezeich<strong>net</strong>e, bisweilen apathische<br />
oder verlegen lachende Männer, denen die<br />
Kamera buchstäblich auf den Leib rückt. Wir<br />
scheinen sie ungeschützt aus nächster Nähe<br />
in sehr persönlichen Momenten zu sehen.<br />
Irritiert werden die Aufnahmen immer wieder<br />
durch ein Blitzlicht aus dem Off, das für pixelartige<br />
Einschüsse und Bildstörungen sorgt<br />
und die Nähe zu den Dargestellten bricht.<br />
helga scheffler<br />
hh wilhelmsburg<br />
meine erinnerungen an die große sturmflut<br />
am 17. februar 1962<br />
Dias und Text, 1962<br />
Tagelang hatte es schon aus Nordwest kräftig<br />
gestürmt, der Sturm tobte orkanartig. Aber<br />
starke Stürme waren wir ja gewohnt, deshalb<br />
machten wir uns auch keine weiteren Gedanken<br />
darüber, was passieren könnte. Was<br />
sollte auch passieren?<br />
Am Freitagabend kam ich mit meinem Verlobten,<br />
meinem heutigen Mann, von unserem<br />
Freitagskreis in der Paul-Gerhardt-Gemeinde.<br />
Den Wind im Rücken wurden wir nach Hause<br />
getrieben. Zu Hause angekommen, erwarteten<br />
uns schon meine Eltern und waren froh,<br />
dass wir unbeschadet wieder zurück waren.<br />
Der Sturm hatte nicht nachgelassen, nein –<br />
war er nicht noch stärker geworden? Es tobte<br />
ein Orkan! Ich erinnere mich noch, dass meine<br />
kleine Schwester zu unserem Vater sagte:<br />
„Vati, wenn das unsere Deiche man halten.“<br />
Und Vaters Antwort: „Kind – unsere Deiche<br />
sind sicher!! Da kannst du ganz beruhigt<br />
sein.“ So gingen wir zu Bett. (H.S.)<br />
katrin ströbel<br />
stuttgart<br />
Destiny, 2009, mission impossible i & ii, 2008,<br />
worldwideprayingdirections, ongoing, 2008<br />
Wand- und Bodenzeichnung, Videoinstallation<br />
für das „House of Glory e.V.“ im ehemaligen<br />
kubi-center, 2009<br />
Oh Lord, I loved the habitation of your house<br />
and the place where you glory dwells.<br />
(Psalm 26,8)<br />
Das House of Glory ist auch nicht mehr das,<br />
was es einmal war. Keine besonders paradiesischen<br />
Umstände hier. Vergilbte Girlanden,<br />
ein paar Bibelseiten liegen verstreut am<br />
Boden. Von den Wänden lösen sich Fototapeten,<br />
die eher an amerikanische Middle-<br />
Class-Wohnphantasien als an den Garten<br />
Eden erinnern. Hoffentlich sieht so nicht das<br />
Paradies aus. Auch ein altersschwacher und<br />
überladener Bus macht sich davon, dem<br />
Wandzeichnung, „Destiny“, 2008, courtesy/© Katrin Ströbel<br />
Schicksal nach, vielleicht ins Jenseits, vielleicht<br />
an einen besseren Ort hier auf Erden.<br />
House of Glory. Unbekannt verzogen. Thurs. &<br />
Sat.: 19:30-21:30 – Prayers and Miracle Hour.<br />
Keine Wunder, keine Lieder. Statt der Lob-<br />
gesänge der Gemeindemitglieder füllt<br />
befremdliches Geraune die Räume. Es sind<br />
die vergeblichen Versuche Catherine<br />
Hepburns, in missionarischer Sturheit<br />
Dorfbewohnern im Kongo christliches Liedgut<br />
nahe zu bringen. Ebenso gelangweilt und<br />
resistent zeigen sich die „ehemaligen<br />
Missionare“ angesichts der samstäglichen<br />
Missionierungsversuche <strong>einer</strong> angolanischen<br />
Erweckungskirche in der Stuttgarter<br />
Fußgängerzone. Mission impossible (K.S.)<br />
wer ist Lurup?<br />
hh Lurup<br />
Zeitung, 2009<br />
Wissen Sie, wer Lurup ist?<br />
Lurup ist ein Stadtteil im Westen von <strong>Hamburg</strong>,<br />
werden Sie sagen, das ist doch klar! Ist<br />
es nicht oder jedenfalls nicht nur. Wir finden,<br />
Lurup ist doch wohl viel mehr als bloß ein Teil<br />
<strong>einer</strong> Stadt im Norden Deutschlands.<br />
Deshalb fragen wir: Wer ist Lurup?<br />
Wir, das sind die Schüler der Klasse 8c des<br />
Goethe-Gymnasiums in <strong>Hamburg</strong>-Lurup, und<br />
wenn jemand herausfinden kann, wer oder<br />
was Lurup eigentlich ist, dann ja wohl wir.<br />
Zusammen mit unserer Lehrerin Silvia Götz,<br />
dem Künstler Markus Bertuch und dem<br />
Fotografen Martin Richter haben wir uns<br />
deshalb auf eine Entdeckungsreise begeben.<br />
Ausgerüstet mit Fotoapparaten, Stift und<br />
Papier sind wir durch Lurup gezogen, haben<br />
Augenblicke eingefangen und Geschichten<br />
gesammelt. Wir haben versucht, Lurup<br />
einmal anders zu sehen, abzubilden und zu<br />
beschreiben. So wie wir es sehen und nicht<br />
so, wie vielleicht im Reiseführer oder der<br />
Abendzeitung darüber geschrieben wird.<br />
Sie fragen sich: Wer ist das denn?<br />
Dann schlagen Sie unsere Zeitung auf.<br />
Schauen Sie sich die Bilder an und lesen Sie<br />
unsere Geschichten. Vielleicht wissen Sie<br />
dann, wer Lurup ist.<br />
beteiligte schüler/innen: Neha Berry, Sabrina<br />
Betttenhausen, David Böttcher, Pinar Bozdag,<br />
Paul Döring, Felix Ebel, Leon Gera, Jaqueline<br />
Hassan, Laura-Pilar Hensel, Tim Hiris, Dafina<br />
Ibrahimaj, Rauf Karagöz, Sydney Keller, Rojda<br />
Köse, Lukas Kromer, Christopher Kühner,<br />
Jakob Kwasniewaki, Melanie Lange, Sandra<br />
Litke, Rron Meta, Daniel Neidenberger,<br />
Yannick Petretti, Melisa Sahin, Clara Sailer<br />
und Winona Wöbka. idee / projektleitung:<br />
Silvia Götz (Klassenlehrerin), Kooperation<br />
Fotografie: Martin Richter, Kooperation Text<br />
und Grafik: Markus Bertuch<br />
Klasse 8c, Goethe Gymnasium, 2009, courtesy/© Silvia Götz<br />
thomas wiczak<br />
berlin<br />
statt suchen stadt finden<br />
Arbeiten für die Elbinseln, 2009<br />
Die Arbeiten in der Ausstellung entstehen in<br />
einem Workshop vor Ort. Dieser Workshop fokussiert<br />
das Arbeiten im öffentlichen Raum.<br />
Die aus Wilhelmsburg und von den Elbinseln<br />
eingeladenen Teilnehmer/innen werden mit<br />
visuellen und akustischen Gestaltungsmitteln<br />
„Statt Suchen Stadt Finden“. Die Stadt<br />
wird hierbei als Spielfeld betrachtet.<br />
Auf Erkundungsspaziergängen und in<br />
Arbeitsräumen werden Situationen und<br />
Aktionen gesucht, erforscht und entwickelt,<br />
die sich am Ende eines jeden Tages im<br />
Stadtraum manifestieren sollen. Seien sie<br />
provokant, sich abhebend und unübersehbar<br />
oder harmlos, sich einfügend und eigentlich<br />
unauffindbar. Auch die Grenzen der hervortretenden<br />
Einfallsreichtümer werden im<br />
Hinblick auf Realisation ausgelotet. (T.W.)<br />
wir hier!<br />
hh wilhelmsburg<br />
Rauminstallation im ehemaligen kubicenter,<br />
2009<br />
Wir sind die Jahrgänge 5 / 6 / 9 und 10<br />
der Gesamtschule Wilhelmsburg. In den<br />
vergangenen Schuljahren haben wir uns auf<br />
unterschiedliche Weise mit dem Arbeitsthema<br />
„Demokratie“ beschäftigt: move wie<br />
machen / go wie gleich / try wie trauen / play<br />
wie prasseln.<br />
Wir halten das Gleichgewicht und versuchen<br />
den Kompromiss. Ausgehend von der visuellen<br />
Idee „Was hat unsere Insel zu bieten?“,<br />
„Was macht uns besonders?“, „Was ist da<br />
draußen eigentlich los?“ zeigen wir ein spannendes<br />
Szenario. Wir riskieren den freien<br />
Blick in die Welt, auch wenn ihr denkt, den<br />
gibt es hier nicht. Gemeinsam entscheiden<br />
wir uns. Wir gehen unseren Weg. Wir bieten<br />
das offene Wort – auch wenn ihr glaubt, wir<br />
kennen es nicht. Wir zeichnen, beschreiben,<br />
fotografieren, collagieren und malen unser<br />
Leben.<br />
so sieht es aus!<br />
Unser Künstlerbuch<br />
einzigART – coco und das purpurne schnecklein<br />
in der warteschleife – dokumentiert<br />
unsere Art, das Leben zu betrachten.<br />
(Achtung: Originale Künstlerbücher sind pa-<br />
rallel in der Ausstellung! Wir stellen Plakate<br />
aus und gedruckte Versionen)<br />
Das mitmach-künstlerbuch für besucher:<br />
Gebt uns eure Gedanken und Bilder: zeich<strong>net</strong>,<br />
fotografiert, klebt ein und übermalt!<br />
beteiligte schüler/innen: Navina Fuddou<br />
Agro, Mirkan Akulut, Rosemound Akyine, Ali<br />
AlHalas, Jilber Ameti, Nathalie Asmusen,<br />
Laura Böttcher, Farooq Butt, Bahar Canbaz,<br />
Hasan Ciftci, Oguzhan Cinar, Mehmet Corluoglu,<br />
Ayla Demir, Armend Fetai, Anita Gasi,<br />
Enes Görgüc, Jennifer Fink, Anne Höffner,<br />
Anni Hübner, Kaddy Jaiteh, Chiara Kaymaz,<br />
Karsten Kruse, Justin Lange, Stevan Loupatty,<br />
Sabrin Mustapha, Vanessa Nieländer, Audrey<br />
Nyirenda, Hülya Odabas, Celil Öldürücü,<br />
Patricia Rapregen, Wieda Sakhi, Sandra<br />
Schultze, Janina Skodda, Ishak Uzun, Shqiponja<br />
Veseli, Annemarie Voigt, Tim Wedermann,<br />
Aysenur Yildiz, Büsra Yildiz und Furkan<br />
Yilmaz. Anleitung: Gundi Wiemer, Künstlerin<br />
und Lehrerin, Gesamtschule Wilhelmsburg<br />
moira Zoitl<br />
wien/berlin<br />
exchange square, part of chat(t)er gardens<br />
Installation aus Fotografien, Videos, Raummodell<br />
und Bodenzeichnung, 2005-2008<br />
„Exchange Square“, 2002, courtesy/© Moira Zoitl<br />
Das Video „Babae/Women“ (2005, 9 min, 58<br />
sec) zeigt Maria Theresa Hamto, die im Zuge<br />
<strong>einer</strong> Straßenaktion ein Gedicht vorträgt, das<br />
sie gemeinsam mit Lagrimas Medina-Cunanan<br />
(unter dem Künstlernamen Rema) verfasst<br />
hatte. Dieses Gedicht thematisiert die Probleme<br />
philippinischer Hausangestellter im<br />
Ausland, es schildert die paradoxe Situation,<br />
die eigenen Kinder verlassen zu müssen und<br />
sich stattdessen um fremde Kinder zu kümmern,<br />
um die eigenen erhalten zu können.<br />
Es erzählt von sexuellem Missbrauch und<br />
von körperlichen Züchtigungen erwachsener<br />
Frauen, es prangert die demütigende Lage<br />
der Frauen an und ermutigt zu Widerstand<br />
sowie zum Kampf um ein menschenwürdiges<br />
Dasein.<br />
In Moira Zoitls Videodokumentation ist die<br />
Straße als Ort der Aufführung zu sehen, meist<br />
konzentriert sich die Kamera aber auf die<br />
Performerin, bringt sie in Nahaufnahmen<br />
und setzt sie so ins Bild, dass die Betrachter/innen<br />
des Videos zu Adressat/innen der<br />
Performance werden. In „Newsletter Nr. 1“<br />
druckt Moira Zoitl dieses Gedicht in englischer<br />
Übersetzung ab. Es wird also auch die<br />
literarische Form festgehalten. Gleichzeitig<br />
bildet die Dokumentierende damit diese<br />
künstlerische Äußerung nicht nur ab, sondern<br />
stellt den Philippinerinnen ihr als Plattform<br />
konzipiertes Projekt als Publikationsforum<br />
zur Verfügung.<br />
(Renate Wöhrer: No Room of One’s Own, 2007,<br />
Textauszug der in Kürze erscheinenden Publikation<br />
„Moira Zoitl – Exchange Square“)