Niederbayerische Schule - BLLV
Niederbayerische Schule - BLLV
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B 3647 F Juni 2008<br />
<strong>Niederbayerische</strong> <strong>Schule</strong><br />
Zeitschrift des Bezirksverbandes Niederbayern im BAYERISCHEN LEHRER- UND LEHRERINNENVERBAND e.V.<br />
Anton Wolfer feiert 60. Geburtstag<br />
Wilhelm Ebert kämpft für neue Lernkultur<br />
<strong>Schule</strong> in Südtirol – Länger gemeinsam lernen<br />
5
2<br />
Editorial/Inhalt<br />
Editorial Inhalt<br />
Liebe Leserinnen und Leser,<br />
wie kann gerechte<br />
Bildung geschaffen<br />
werden? Was macht<br />
gute <strong>Schule</strong>n aus?<br />
Diese Fragen beschäftigen<br />
die Schulpolitiker<br />
des <strong>BLLV</strong> Niederbayern.<br />
Gemeinsam<br />
mit <strong>BLLV</strong>-Präsident<br />
Klaus Wenzel und den<br />
Abteilungsleitern für<br />
Schul- und Bildungspolitik<br />
und Berufswissenschaft<br />
besuchten<br />
sie daher Südtiroler<br />
<strong>Schule</strong>n.<br />
Südtirol nimmt bei PISA Spitzenplätze ein. Und: Südtirol hat<br />
eine achtjährige gemeinsame Schulzeit. Ausselektiert wird<br />
nicht, und auch Sitzenbleiben kommt extrem selten vor. Neben<br />
der achtjährigen gemeinsamen Schulzeit war eine sehr wichtige<br />
Erkenntnis, dass die Kinder in Südtirol nicht ständig mit<br />
Noten gegeneinander verglichen, sondern individuell bewertet<br />
und gefördert werden. Lesen Sie dazu den Bericht „<strong>Schule</strong> in<br />
Südtirol – ein Vorbild für Bayern?“ auf den Seiten 4 bis 11.<br />
„Lehrerinnen und Lehrer motivieren, beraten und stärken“,<br />
könnte das Motto des Leitenden Regierungsschuldirektors<br />
Anton Wolfer sein. Wolfer feierte seinen 60. Geburtstag. Judith<br />
Wenzl und der <strong>BLLV</strong> Niederbayern gratulieren und danken<br />
Anton Wolfer für sein pädagogisches und schulpolitisches<br />
Engagement. Wolfer hat als Bezirksvorsitzender des <strong>BLLV</strong><br />
Niederbayern auch die Verbandspolitik des <strong>BLLV</strong> entscheidend<br />
mitgestaltet. Ein Interview mit Anton Wolfer lesen Sie auf<br />
den Seiten 12 und 13.<br />
Wie kann gerechte Bildung geschaffen werden? Was macht<br />
gute <strong>Schule</strong>n aus? 1979 bereits wies Ebert auf die Probleme<br />
hin, die sich mittlerweile tragisch zuspitzen. „In berechtigter<br />
Sorge um Aufstieg und Zukunft betrachten Eltern die Grundschule<br />
als Zubringeranstalt für das Gymnasium. Da ist es kein<br />
Wunder, dass der Selektionsdruck voll durchschlägt. Die<br />
allgemeine, grundlegende und alle Kinder vereinende Bildungsaufgabe<br />
der Elementarschule wird korrumpiert.“ Lesen<br />
Sie aus Anlass des 85. Geburtstages von Wilhelm Ebert den<br />
Ausschnitt eines Porträts von Rudolf Lambrecht aus dem<br />
Jahre 1980 auf den Seiten 14 und 15.<br />
Toni Gschrei<br />
Schriftleiter<br />
redaktion@niederbayern.bllv.de<br />
<strong>Niederbayerische</strong> <strong>Schule</strong> Ausgabe 5 Juni/2008<br />
2 Editorial/Inhalt<br />
3 Kommentar<br />
Südtirol<br />
4 <strong>Schule</strong> in Südtirol – ein Vorbild für Bayern?<br />
11 Was macht die Südtiroler <strong>Schule</strong>n<br />
so erfolgreich?<br />
<strong>BLLV</strong><br />
12 Anton Wolfer feiert 60. Geburtstag<br />
14 Wilhelm Ebert ist 85<br />
Kreisverbände<br />
15 KV Landshut<br />
16 KV Deggendorf<br />
17 KV Grafenau<br />
17 KV Wegscheid/Wolfstein<br />
18 KV Wolfstein<br />
19 KV Bogen<br />
19 KV OSterhofen<br />
20 KV Wegscheid<br />
20 KV Vilsbiburg<br />
Beamtenbund Kelheim<br />
21 Das schaut gut aus!<br />
<strong>Schule</strong> damals<br />
22 Erlebnisse eines Junglehrers (1964)<br />
22 Termine<br />
24 Meditation<br />
IMPRESSUM<br />
Herausgeber: Bezirksverband Niederbayern des Bayerischen Lehrer-<br />
und Lehrerinnenverbandes <strong>BLLV</strong>, www.bllv.de/niederbayern<br />
Bezirksvorsitzende: Judith Wenzl, Eisvogelweg 18, 84051 Oberahrain;<br />
Tel.: 0 87 03/85 79, Fax: 0 87 03/7101, E-Mail: Vorsitzende@niederbayern.bllv.de<br />
Redaktion: Toni Gschrei, Alte Bahnhofstr. 3, 84556 Kastl;<br />
Tel.: 0 86 71/13 22 6, Fax: 13 23 6, E-Mail: redaktion@niederbayern.bllv.de<br />
Druck: Erdl Druck Medien GmbH & Co. KG,<br />
Gabelsbergerstr. 4-6, 83308 Trostberg/Obb., Tel: 0 86 21/808-0<br />
Layout: Profil, medien & design, Gerberberg 6, 84529 Tittmoning<br />
Tel.: 0 86 83/8 9748-10, e-mail: info@profil-mediendesign.de<br />
Adressänderungen an: Inge Bölsterl, Weingartenstraße 8, 84180 Loiching;<br />
Tel.: 0 8731/4944; E-Mail: ingeboelsterl@hotmail.com<br />
Der Bezugspreis ist für Verbandsmitglieder im Mitgliedsbeitrag enthalten.<br />
Für Nichtmitglieder beträgt der Bezugspreis jährlich € 10,50.<br />
Nichtmitglieder können die „<strong>Niederbayerische</strong> <strong>Schule</strong>“ bestellen bei:<br />
Sebastian Hutzenthaler, Adolph-Kolping-Str. 1, 84061 Ergoldsbach.<br />
Namentlich gekennzeichnete Beiträge stellen die Meinung der Verfasser dar.<br />
Die Zeitschrift erscheint jährlich zehnmal. ISSN 0350-9953, 26. Jahrgang
geht es Ihnen auch manchmal so – man<br />
steht morgens einigermaßen gut gelaunt<br />
auf, macht sich ein Tässchen Kaffee<br />
und setzt sich mit seiner Tageszeitung<br />
an den Frühstückstisch – und liest dann<br />
Überschriften wie „Jeder fünfte Schulabgänger<br />
ist auf Grundschulniveau“<br />
(Deggendorfer Zeitung vom 14.05.2008).<br />
Mit gemischten Gefühlen lese ich weiter:<br />
„Will ich`s überhaupt wissen, was drinsteht?“,<br />
„ Ich habe diese Negativberichte<br />
richtig satt – schreibt auch mal jemand<br />
von den Schülern, die durchaus<br />
vorzeigbar und arbeitswillig sind (solche<br />
haben wir nämlich auch!!!)?“ Am Ende<br />
komme ich zu dem Schluss, dass bei<br />
einigen unserer Schüler diese Aussage<br />
durchaus zutrifft und lese weiter. DIHK-<br />
Chef Braun beklagt sich nicht nur, er<br />
fordert auch pädagogische Hilfe (jetzt ist<br />
mein Interesse geweckt!). „20% Schulabgänger,<br />
die nur auf Grundschulniveau<br />
Rechnen, Lesen, Schreiben können,<br />
dürfen wir uns nicht leisten“, heißt es in<br />
dem Artikel. Braun empfiehlt konkrete<br />
Hilfen für diese Jugendlichen, z.B. durch<br />
sozialpädagogische Betreuung. Das ist<br />
eine prima Idee, finde ich. Der <strong>BLLV</strong><br />
kämpft schon lange dafür! Ich kenne<br />
viele <strong>Schule</strong>n, die diese Idee auch<br />
schon hatten und viel dafür tun würden,<br />
eine Sozialpädagogin oder einen Sozialpädagogen<br />
an ihrer <strong>Schule</strong> begrüßen zu<br />
Liebe Kolleginnen<br />
und Kollegen,<br />
dürfen – aber wer zahlt diese Hilfen? Die<br />
Notwendigkeit wird kaum bestritten,<br />
aber aufkommen möchte niemand<br />
dafür. Irgendwie wieder bezeichnend,<br />
dass die Zuständigkeit nicht konkret<br />
geklärt ist. Man hört dauernd: „Wir<br />
wissen, dass eine derartige Stelle sinnvoll<br />
und notwendig ist, aber wir sind<br />
nicht verantwortlich.“ Also versuchen<br />
wir uns wieder ohne sinnvolle Hilfe<br />
durchzuwursteln!<br />
Aber diese Hilfe kommt ja nun von der<br />
Regierung. Wissen Sie`s schon? Noch<br />
nicht? Die Hauptschule bricht auf in<br />
neue Welten!!! Die Hauptschulinitiative<br />
verändert alles und macht alle Beteiligten<br />
glücklich – also seien Sie das bitte<br />
auch! Allemal aber macht sie die Schüler<br />
gescheiter, reifer, gefragter, besser,<br />
konkurrenzfähiger, kompetenter, etc.,<br />
etc.<br />
Erst mal für diejenigen, die den nebulösen<br />
Begriff „Hauptschulinitiative“ mit<br />
konkreten Schlagwörtern gefüllt haben<br />
möchten: Modularisierung in den Hauptfächern,<br />
Berufsorientierung durch<br />
Kooperation zwischen <strong>Schule</strong> und<br />
Wirtschaft, soziales Lernen und die<br />
Profilbereiche Technik, Wirtschaft und<br />
Soziales aufbauen und stärken.<br />
Kommentar<br />
Viele von Ihnen fragen sich vielleicht,<br />
was an diesen Punkten das Revolutionäre<br />
ist, Sie haben vieles davon schon<br />
an Ihrer <strong>Schule</strong>? Nun, dann betreiben<br />
Sie dies jetzt extremer und außerdem<br />
legitimiert, nennen das Ganze etwas<br />
anders – und Sie sind mit dem Kultusministerium<br />
auf einer Wellenlänge!!!<br />
Verstehen Sie mich bitte nicht falsch –<br />
die meisten Punkte dieser Hauptschulinitiative<br />
finde ich durchaus sinnvoll,<br />
gewinnbringend und Erfolg versprechend.<br />
Es freut mich, dass nun für<br />
Phrasen wie „den Schüler dort abholen,<br />
wo er steht“ tatsächlich zusätzliche<br />
Stunden vergeben werden, wenn auch<br />
nicht wirklich so viele, wie nötig wären.<br />
Auch dies im Übrigen schon eine langjährige<br />
Forderung des <strong>BLLV</strong>!!!<br />
Am Ende bleibt die Freude, dass über<br />
das Stiefkind Hauptschule nicht nur<br />
geredet wird, sondern dass wirklich<br />
etwas passiert. Diese Freude, gepaart<br />
mit der Hoffnung, dass sich tatsächlich<br />
auch nach außen positive Veränderungen<br />
ergeben, lassen uns wieder gestärkt<br />
unser Tässchen Kaffee trinken und nach<br />
dem Zeitungslesen optimistisch in die<br />
<strong>Schule</strong> gehen.<br />
Petra Hübl-Ostermeier<br />
3. Vorsitzende des <strong>BLLV</strong> Niederbayern<br />
<strong>Niederbayerische</strong> <strong>Schule</strong> Ausgabe 5 Juni/2008<br />
3
4<br />
Südtirol<br />
<strong>Schule</strong> in Südtirol – ein Vorbild für Bayern?<br />
<strong>BLLV</strong> Delegation besucht <strong>Schule</strong>n in Südtirol und diskutiert mit Südtiroler Bildungspolitikern<br />
Hintergrund der Exkursion<br />
Nachdem in der internationalen Studie<br />
PISA 2003 Südtirol finnische Spitzenwerte<br />
erreichte und sich auch stark von<br />
den übrigen italienischen Resultaten<br />
unterschied, erhielt diese mehrheitlich<br />
deutschsprachige Region auch bei uns<br />
größere bildungspolitische Aufmerksamkeit.<br />
In diesem Zusammenhang steht<br />
die Durchführung einer Bildungsexkursion<br />
des <strong>BLLV</strong> Niederbayern gemeinsam<br />
mit den Abteilungen Schulpolitik und<br />
Berufswissenschaft und dem Präsidenten<br />
des <strong>BLLV</strong> Klaus Wenzel.<br />
Entwicklung der <strong>Schule</strong> in Südtirol<br />
Zu Beginn der 90er Jahre erlangte<br />
Südtirol in internationalen Leistungsstudien<br />
unterdurchschnittliche Werte. Nach<br />
den PISA-Ergebnissen 2003 liegt die<br />
deutsche <strong>Schule</strong> Südtirols nun allerdings<br />
etwa ein Schuljahr vor Deutschland<br />
und vor der italienischen <strong>Schule</strong> in<br />
Südtirol. Laut Inspektorin Dr. Eva Margherita<br />
Lanthaler vom Deutschen Schulamt,<br />
ist diese Entwicklung auf eine<br />
zielstrebige und ehrgeizige <strong>Schule</strong>ntwicklung<br />
zurückzuführen. Wesentliche<br />
Elemente hierzu seien:<br />
Grundschulreform<br />
Autonomie der <strong>Schule</strong>n<br />
Selbstevaluation<br />
Ständig erweiterte Lehrerfortbildung<br />
Kontinuierliche Unterrichtentwicklung<br />
Durch die Grundschulreform von 1993<br />
rückte das eigenverantwortliche und<br />
eigenständige Lernen verstärkt in den<br />
Mittelpunkt. Die Lehrperson schafft<br />
Bedingungen für das selbstständige<br />
Lernen und ermöglicht die Selbstorganisation<br />
des Lernenden. Ein so verstandener<br />
Unterricht erfordere differenzierte<br />
Lernangebote. Zu den konkreten Maßnahmen<br />
zählten neue staatliche Lehrpläne.<br />
Kernstück der Grundschulreform ist<br />
das Mehrlehrerprinzip, also der Abschied<br />
vom Ein-Lehrer-System und die<br />
Einführung des Teamunterrichts. Beispielsweise<br />
sind vier Lehrkräfte, plus<br />
evtl. zwei Integrationslehrkräfte, für drei<br />
Klassen zuständig. Hinzu kommen<br />
<strong>Niederbayerische</strong> <strong>Schule</strong> Ausgabe 5 Juni/2008<br />
Durch Teamlehrkräfte ist gezielte individuelle Förderung möglich<br />
Fachlehrer für Sprache und Religion.<br />
Diese Lehrer teilen sich den Unterricht<br />
auf. Das Mehrlehrersystem soll die<br />
Beobachtung und Beratung einzelner<br />
Schülerinnen und Schüler während des<br />
Unterrichts ermöglichen. Das Lehrerteam<br />
spricht sich regelmäßig ab, plant<br />
gemeinsam, verantwortet gemeinsam<br />
die Bewertung der Schüler und Schülerinnen.<br />
Gemeinsame Planungsstunden<br />
fördern die Teamarbeit; Fortbildungen<br />
sind obligatorisch. In einer Grundschulklasse<br />
sind maximal 25 Kinder; bei<br />
Klassen mit behinderten Kindern wird<br />
die Klasse ab 20 geteilt. Die Grundschulen<br />
werden im Wesentlichen von Kindern<br />
des Stadtbezirks besucht. Selbstevaluationsgruppen,Evaluationswerkstätten<br />
sowie eine Feedbackkultur<br />
werden gefördert. Aber auch externe<br />
Evaluationen, Beobachtungen und<br />
Befragungen in den <strong>Schule</strong>n sind verbreitet.<br />
Die Lehrerfortbildung wurde<br />
aufgrund Schweizer Untersuchungsergebnisse<br />
über deren Wirksamkeit radikal<br />
verändert: 2 1 /2 Tage gelten als untere<br />
Grenze; normalerweise bestehen die<br />
Fortbildungen aus 8 bis 9 Blöcken pro<br />
Jahr mit dazwischen zu erledigenden<br />
Arbeitsaufgaben, Austausch und Praxisverknüpfungen.<br />
Zur Unterrichtentwicklung<br />
gehört die Individualisierung des<br />
Lernens, die gezielte individuelle Förderung<br />
sowie die Integration verschiedener<br />
reformpädagogischer Ansätze.<br />
Formen des offenen Unterrichts, des<br />
selbstgesteuerten Lernens sowie Montessori-Prinzipien<br />
zählen hierzu.<br />
Autonomie der <strong>Schule</strong> in Südtirol<br />
Nach dem ersten Meilenstein der<br />
Grundschulreform von 1993 sei ein<br />
zweiter Meilenstein die Autonomie der<br />
<strong>Schule</strong>n aus dem Jahr 2000, sagte<br />
Landesrat Dr. Otto Saurer. Bis Anfang<br />
der 90er Jahre sei in Italien das Bildungssystem<br />
zentralistisch organisiert<br />
gewesen. Mehr als 20.000 Gesetze und<br />
Verordnungen regelten den Schulbereich.<br />
Zu allen denkbaren Fragen gab es<br />
detaillierte Vorschriften aus dem Ministerium.<br />
Saurer: „Wesentlicher Motor der<br />
<strong>Schule</strong>ntwicklung in Südtirol war und ist<br />
die Autonomie der <strong>Schule</strong> und die damit<br />
verbundenen Möglichkeiten der <strong>Schule</strong>n,<br />
pädagogische und organisatorische<br />
Aspekte weitgehend selbst zu gestalten“.<br />
Landesrat Dr. Otto Saurer bezeichnete<br />
diese Verwaltungsreform als wegweisend<br />
und auch aus pädagogischer<br />
Sicht als sinnvoll, weil sie der <strong>Schule</strong> die<br />
Chance zu einem erweiterten pädagogischen<br />
Handeln eingeräumt hat.<br />
Die Einführung der Autonomie wurde<br />
durch Pilotprojekte vorbereitet und dann<br />
durch <strong>Schule</strong>ntwicklungsberater intensiv<br />
begleitet. Auch die Selbstevaluation<br />
wurde massiv gefördert. Die Südtiroler<br />
<strong>Schule</strong> hat eine primäre Gesetzge-
ungskompetenz in den Bereichen:<br />
Schulhausbau, Kindergartenwesen,<br />
Schulfürsorge, Berufsbildung. Sie hat<br />
sekundäre Gesetzgebungskompetenz<br />
im Bereich Unterricht an Grund- und<br />
Sekundarschulen. Wenn hier Staatsgesetze<br />
erlassen werden, dann hat der<br />
Südtiroler Landtag das Recht und die<br />
Pflicht, diesen Bereich innerhalb von 6<br />
Monaten durch Landesgesetz zu regeln<br />
und damit an die Erfordernisse des<br />
Landes anzupassen.<br />
Seit 1996, als der Staat die Bezahlung<br />
der Lehrer und Lehrerinnen an das Land<br />
übertragen hat, gibt es eigene Südtiroler<br />
Landeskollektivverträge und damit die<br />
Möglichkeit, das Lehrer-dienstrecht in<br />
Südtirol anders zu regeln als in Italien.<br />
Das römische Unterrichtsministerium<br />
muss aber seine Zustimmung geben.<br />
Ziele und Inhalte der Autonomie der<br />
Einzelschulen<br />
Die <strong>Schule</strong>n in Südtirol haben Autonomie<br />
in Bezug auf Verwaltung und Schulprogramm.<br />
Die neu verankerte Autonomie der<br />
<strong>Schule</strong> war nicht Selbstzweck, sondern<br />
sollte den Bildungserfolg garantieren<br />
und die Wirksamkeit des Lehrens und<br />
Lernens erhöhen. Die einzelne <strong>Schule</strong><br />
übernahm die Verantwortung für die<br />
Ausgestaltung und Verwirklichung des<br />
Bildungsangebotes. Dabei wurde folgende<br />
Zielsetzung besonders betont:<br />
Ablösung von einer zentral steuernden<br />
Schulverwaltung<br />
Die autonome Einzelschule soll sich<br />
weitgehend selbst verwalten und<br />
eigenständig gestalten<br />
Gut informierte Eltern sind wesentlicher Bestandteil der Zusammenarbeit<br />
zwischen Elternhaus und <strong>Schule</strong><br />
Begrüßung an der Europa-<strong>Schule</strong> in Bozen<br />
Unter die Autonomie der <strong>Schule</strong>n fällt<br />
auch der Schulhaushalt. Die <strong>Schule</strong>n<br />
bekommen vom Staat einen Regelbetrag<br />
zugewiesen sowie Ausgleichszahlungen.<br />
Südtiroler <strong>Schule</strong>n können<br />
durch spezielle Aktivitäten und Angebote<br />
aber auch selbst Einnahmen<br />
erzielen.<br />
Autonomie besteht insbesondere<br />
hinsichtlich der didaktischen Ausrichtung,<br />
der Unterrichtsformen und –<br />
zeiten und der Entwicklung eines<br />
entsprechenden Schulprofils.<br />
Der Autonomiegedanke ermöglicht es<br />
jeder <strong>Schule</strong>, zur Integration aller<br />
Schüler individuelle Lernwege anzubieten,<br />
Begabungen von Schülern<br />
besonders zu fördern oder Nachholund<br />
Stützmaßnahmen anzubieten<br />
und zu organisieren.<br />
Unter die Autonomie der einzelnen<br />
<strong>Schule</strong> fallen weiterhin:<br />
Südtirol<br />
Schulkalender<br />
Verteilung der Unterrichtszeit<br />
Schulinterne Fortbildung<br />
Zuweisung des Personals an die<br />
Schulstellen<br />
Direktor/in als Führungskraft<br />
Autonomie hat auch ihre Grenzen. Die<br />
Zuteilung der Lehrpersonen erfolgt über<br />
nationale ‚Wettbewerbe‘. Inspektorin Dr.<br />
Eva Margherita Lanthaler bedauert dies.<br />
Sie sieht darin noch ein Handicap einer<br />
wirklichen Schulautonomie.<br />
Autonomie und Evaluation<br />
Im Landesgesetz zur Autonomie der<br />
<strong>Schule</strong>n werden diese zur Selbstevaluation<br />
verpflichtet. Gleichzeitig wurde die<br />
externe Evaluation aufgebaut, die auf<br />
drei Säulen stehe:<br />
Beteiligung an internationalen und<br />
nationalen Leistungsvergleichen<br />
Evaluation in ausgewählten Bereichen<br />
Sebastian Hutzenthaler im Gespräch mit Schülerinnen der 5.<br />
Klasse<br />
<strong>Niederbayerische</strong> <strong>Schule</strong> Ausgabe 5 Juni/2008<br />
5
6<br />
Südtirol<br />
Schulbesuche durch Evaluationsexperten<br />
Vor dem Aufbau der externen Evaluation<br />
sei gezielt auf die Verankerung der<br />
Selbstevaluation geachtet worden. Die<br />
Selbstevaluation werde inzwischen von<br />
fast allen <strong>Schule</strong>n als selbstverständlich<br />
betrachtet und hat dementsprechend<br />
die notwendige Regelmäßigkeit und<br />
Zielgerichtetheit erreicht. Es genüge<br />
nicht, wenn eine <strong>Schule</strong>, einmal eine<br />
Selbstevaluation durchführt, wenn sie<br />
einmal ein Projekt auswertet. An der<br />
<strong>Schule</strong> müssten sich eine Feedbackkultur<br />
und eine Kultur der Selbstevaluation<br />
ausbreiten.<br />
Aufbau des Schulwesens<br />
– Einheitsschule bis zur 8. Klasse<br />
Die Südtiroler Grundschulen umfassen<br />
die Klassen 1 bis 5, darauf folgt eine<br />
dreijährige Mittelschule. Bis zum Abschluss<br />
der 8. Klasse lernen also alle<br />
Schüler und Schülerinnen gemeinsam.<br />
Erst ab der 9. Klasse gehen die Bildungswege<br />
aufgrund der Neigungen,<br />
Fähigkeiten und Interessen der Schüler<br />
und Schülerinnen auseinander. Die<br />
Sonderschulen wurden in Italien generell<br />
bereits vor 30 Jahren aufgelöst; das<br />
gegliederte Schulwesen wurde bereits<br />
1962 abgeschafft. Nach der achtjährigen<br />
Pflichtschulzeit könnten 5-jährige<br />
Oberschulen mit den unterschiedlichsten<br />
Schwerpunktsetzungen oder drei<br />
Jahre Fachschule in der Berufsbildung<br />
besucht werden. Aufnahmeprüfungen<br />
und Selektionsinstrumente für die<br />
Aufnahme in die Oberschule gebe es<br />
nicht. Nach Aussagen des stellvertretenden<br />
Landeshauptmanns Dr. Saurer aber<br />
auch von Lehrkräften dürfe keine <strong>Schule</strong><br />
in Südtirol die Frage stellen, ob sie die<br />
richtigen Schüler und Schülerinnen hat.<br />
Keine <strong>Schule</strong> dürfte jene Schüler und<br />
Schülerinnen, die sie für sich nicht<br />
passend findet, an eine andere <strong>Schule</strong><br />
abschieben. Diejenigen, die sich in die<br />
<strong>Schule</strong> eingeschrieben hätten, seien die<br />
richtigen Schüler und diese seien so gut<br />
als möglich zu fördern.<br />
Neues Leistungsverständnis<br />
Vor einigen Jahrzehnten wurden die<br />
Ziffernnoten durch Verbalrückmeldun-<br />
<strong>Niederbayerische</strong> <strong>Schule</strong> Ausgabe 5 Juni/2008<br />
gen mit dem Schwerpunkt des Aufzeigens<br />
der individuellen Entwicklungen<br />
und weniger der Vergleichbarkeit mit<br />
anderen Schüler/innen ersetzt. Nur in<br />
der Oberstufe gebe es ein Notensystem<br />
von 1 (schlecht) bis 10 (sehr gut). Trotzdem<br />
habe die <strong>Schule</strong> den Anspruch<br />
leistungsorientiert zu sein. Es sei ein<br />
großes Missverständnis, dass individuelle<br />
Lernpläne und Bewertung durch<br />
Portfolio nicht leistungsorientiert seien.<br />
Das Gegenteil sei der Fall, wenn man sie<br />
ernst nehme. Dazu gehöre allerdings,<br />
dass man von Anfang an die Unterschiedlichkeit<br />
anerkenne und dass die<br />
Selbstreflexion und Selbsteinschätzung<br />
der Schüler und Schülerinnen gefördert<br />
werde. Auch Klassenwiederholungen<br />
seien keine Lösung. Seit einigen Jahren<br />
erprobten die Grund- und Mittelschulen<br />
institutionalisierte Formen der Lernberatung<br />
wie Erarbeitung von individuellen<br />
Lernpläne, Beratung der Schüler und<br />
Schülerinnen bei der Auswahl der<br />
Wahlpflichtfächer und Wahlfächer, sowie<br />
individuelle Beratung der Schüler und<br />
Schülerinnen und die Arbeit mit Eltern<br />
Integration von Schülern mit<br />
Beeinträchtigungen<br />
Als Katalysator auf dem Weg zu mehr<br />
Differenzierung und Individualisierung<br />
bezeichnete Landesrat Dr. Otto Saurer<br />
die Erfahrungen mit der Integration von<br />
Schülerinnen und Schülern mit Beeinträchtigungen.<br />
Vor über 30 Jahren habe<br />
ein Gesetz die Möglichkeit geschaffen,<br />
das „Anders-Sein“ nicht nur als einen<br />
Nachteil zu sehen, sondern als eine<br />
Chance. Kinder, die bis dahin in Sonderschulen<br />
ausgesondert worden waren,<br />
wurden nun in das Regelschulsystem<br />
hereingeholt. Die Integration von Schülern<br />
mit Beeinträchtigungen gehöre nun<br />
zum normalen Bild eines Kindergartens<br />
oder einer <strong>Schule</strong>. Der Umgang mit<br />
Vielfalt habe auch in viele Schulprogramme<br />
Eingang gefunden, finde sich in<br />
Wahl- und Wahlpflichtfächern wieder<br />
und habe die räumlichen Strukturen<br />
verändert. Zusatzräume für differenzierende<br />
und individualisierende Angebote<br />
werden von unterschiedlichen Schülergruppen<br />
genutzt, ein reichhaltiges<br />
Angebot an Lehr- und Lernmitteln<br />
unterstützt offene Unterrichtsformen.<br />
Die Direktorin des Schulsprengels<br />
Tschögglberg Sigrun Falkensteiner<br />
erläutert, dass es an ihrer <strong>Schule</strong> u.a.<br />
folgende Wahl- und Wahlpflichtangebote<br />
gibt: Lesewerkstatt, Naturwerkstatt,<br />
Lernen im Museum, Kinderchor, Schülerzeitung,<br />
Experimentierclub, Schach,<br />
Schifahren, Fit am PC, Fit in Mathe,<br />
Kinder in Bewegung, Märchenwelt,<br />
Nähen, Hausaufgabenhilfe, Musical,<br />
Schwimmen, Radwandern<br />
Die Rolle der Schulleitung an Südtiroler<br />
<strong>Schule</strong>n<br />
In Südtirol ebenso wie in ganz Italien<br />
wird die Rolle des Schulleiters anders<br />
gesehen als bei uns. Er ist nicht Lehrer<br />
mit einem zusätzlichen Auftrag als<br />
Schulleitung, sondern die Schulleitung<br />
ist ein „eigener Beruf“. So erteilt eine<br />
Direktorin selbst keinen Unterricht. Laut<br />
Landesgesetz zur Autonomie ist der<br />
Schuldirektor oder die Schuldirektorin<br />
als Führungskraft eingestuft,<br />
gesetzlicher Vertreter der <strong>Schule</strong>,<br />
zuständig für eine einheitliche Führung<br />
der <strong>Schule</strong>, hat also Leitungsund<br />
Koordnierungsbefugnisse,<br />
Vorgesetzter des Personals,<br />
zuständig, die personellen Ressourcen<br />
bestmöglich einzusetzen,<br />
verpflichtet, die Richtlinien und Befugnisse<br />
der Kollegialorgane und das<br />
Schulprogramm zu beachten,<br />
für die erzielten Ergebnisse verantwortlich,<br />
in seiner Arbeit zu bewerten und zu<br />
bestätigen.
Lehrer- und Erzieherinnenausbildung<br />
im Umbruch<br />
Mit dem Studienjahr 98/99 wurde die<br />
Ausbildung der Kindergärtnerinnen auf<br />
eine akademische Ebene angehoben.<br />
Die Fakultät für Bildungswissenschaften<br />
in Brixen /Freie Universität Bozen bildet<br />
seitdem die Lehrerinnen und Lehrer der<br />
Grundschule sowie die Kindergärtnerinnen<br />
aus. Für den Unterricht an der<br />
Sekundarschule bietet sie eine postuniversitäre<br />
Spezialisierung an.<br />
Die Ausbildung zeigt vor allem den<br />
hohen Stellenwert des Erzieherinnenberufs<br />
an, der sich auch in einer wesentlich<br />
besseren finanziellen Vergütung als<br />
in Deutschland niederschlägt und das<br />
Gefälle hinsichtlich gesellschaftlicher<br />
Anerkennung und Bezahlung minimiert.<br />
Aktuell verdienen an der Universität<br />
ausgebildete Kindergärtnerinnen genauso<br />
viel wie Grundschullehrerinnen,<br />
arbeiten aber 36 Stunden, während<br />
Grundschullehrerinnen 22 Stunden<br />
unterrichten. Nach einem gemeinsamen<br />
Grundstudium mit den Primarstufenlehrerinnen<br />
gibt es für beide Berufsgruppen<br />
ein getrenntes Schwerpunktstudium.<br />
Lehramtsstudierende arbeiten in Lernwerkstätten<br />
an der Entwicklung von<br />
Konzepten für offene Unterrichtsformen.<br />
Hohe Bedeutung haben berufsbegleitende<br />
Nachqualifizierungen (zweijährige<br />
Lehrgänge) für die bereits in Kindergarten<br />
und <strong>Schule</strong> Tätigen. Jede Kindergärtnerin<br />
sollte ab 2008 ein Abitur<br />
haben.<br />
Die Mittel- und Oberschullehrer haben in<br />
der Regel ein fünfjähriges Fachstudium.<br />
Berufsbegleitend studieren sie zwei<br />
Jahre in Brixen.<br />
Es gab in den vergangenen Jahren<br />
häufige und unterschiedliche Vorschläge<br />
zur Lehrerausbildung. Derzeit über<br />
Lehrerausbildung in Südtirol und in<br />
Italien zu sprechen, ist daher nicht<br />
einfach. Dies liegt vor allem an den<br />
häufigen Regierungswechseln und den<br />
unterschiedlichen Vorstellungen der<br />
jeweiligen Regierungen.<br />
Lehrerfortbildung – Motor in der<br />
<strong>Schule</strong>ntwicklung<br />
Während es in der Lehrerausbildung<br />
große Meinungsunterschiede auch über<br />
die Qualität der Ausbildung gibt, wird<br />
Südtirol<br />
Inspektor Dr. Margherita Lanthaler gibt einen Einblick in das Südtiroler Schulsystem<br />
die Lehrerfortbildung als Motor in der<br />
<strong>Schule</strong>ntwicklung gesehen. Vor allem<br />
durch zweijährige berufsbegleitende<br />
Lehrgänge im Umfang von über 240<br />
Fortbildungsstunden konnten sich<br />
Lehrer und Lehrerinnen in verschiedenen<br />
Bereichen weiterbilden.<br />
Es wurde ein System aufgebaut in dem<br />
Pädagogisches Institut, Schulamt und<br />
Lehrerverbände eng zusammenarbeiten<br />
und Schwerpunkte und damit Aufgabenverteilung<br />
vereinbart haben. Es wird<br />
versucht, dass Fortbildung auf die<br />
Schulwirklichkeit ausgerichtet ist. Die<br />
<strong>Schule</strong> müsse selbst feststellen, wo<br />
Bedarf sei, und dazu ein entsprechendes<br />
Programm erarbeiten. Fortbildung<br />
müsse im Dienste der <strong>Schule</strong>ntwicklung<br />
stehen und eng an die Realität der<br />
Südtiroler <strong>Schule</strong> gekoppelt sein.<br />
Unterrichtspflichtzeit der Lehrer<br />
An der Grundschule unterrichten die<br />
Lehrkräfte 22 Wochenstunden. Hinzu<br />
kommt zwei Wochenstunden curriculare<br />
Planung. Die Unterrichtsstunden werden<br />
zu 60 Minuten gerechnet. Allerdings<br />
werden die Pausen mitgerechnet. In der<br />
Mittelschule sind es 20 Wochenstunden<br />
Unterricht plus einer Wochenstunde<br />
curriculare Planung.<br />
Schulbibliotheken entwickeln sich zu<br />
multimedialen Lernwerkstätten<br />
Vor 15 Jahren wurde das Landesgesetz<br />
zur Förderung der Schulbibliotheken<br />
verabschiedet. Seitdem wurden viele<br />
Schulbibliotheken gebaut. Neben rund<br />
120 kommunalen Bibliotheken in Südtirol<br />
gibt es zirka 60 anerkannte Schulbibliotheken.<br />
Fast alle Oberschulbibliotheken<br />
und zirka ein Drittel der Bibliotheken<br />
in Pflichtschulen verfügen über hauptamtliches<br />
Bibliothekspersonal. Zurzeit<br />
betreuen 39 Schulbibliothekarinnen rund<br />
21.000 Schülerinnen und Schüler.<br />
Zu den traditionellen Aufgaben wie<br />
Leseförderung und Bereitstellung eines<br />
aktuellen Medienangebotes ist beispielsweise<br />
die Vermittlung von Recherche-<br />
und Informationskompetenz hinzugekommen.<br />
Die Schulbibliothek ist zu<br />
einer multimedialen Lese- und Lernwerkstatt<br />
geworden. Leseförderung und<br />
Bibliotheksdidaktik könne aber nur in<br />
enger Zusammenarbeit mit den Lehrkräften<br />
erfolgreich erfolgen. Es herrscht<br />
die Überzeugung, dass die meisten<br />
Schulbibliotheken, denen in den vergangenen<br />
Jahren hauptamtliches Personal<br />
zugewiesen wurde, einen qualitativen<br />
Sprung nach vorne gemacht haben.<br />
Sämtliche Leistungen der Bibliotheken<br />
sind kostenfrei.<br />
Besuch in der Pestalozzi-Grundschule<br />
in Bozen-Europa und in der<br />
benachbarten Mittelschule Albert<br />
Schweizer<br />
Den Schulsprengel Bozen/Europa<br />
besuchen Insgesamt 508 SchülerInnen.<br />
Der Schulsprengel besteht aus der<br />
Grundschule „Johann Heinrich Pestalozzi“<br />
und der Mittelschule „Albert<br />
Schweitzer“<br />
<strong>Niederbayerische</strong> <strong>Schule</strong> Ausgabe 5 Juni/2008<br />
7
8<br />
Südtirol<br />
Dr. Fritz Schäffer und Reinhold Meier im Gespräch mit dem stellvertretenden Landeshauptmann<br />
Landesrat Dr. Otto Saurer<br />
Die Grundschule verfügt über drei<br />
Zweige:<br />
5 Regelklassen mit 5-6-Tage-Woche<br />
(halbtags)<br />
10 Ganztagsklassen<br />
5 Montessori-Klassen<br />
Die Eltern können zwischen diesen drei<br />
Modellen wählen; die Teilnahme sowie<br />
Bücher u.ä. ist kostenlos; eine Kostenbeteiligung<br />
für das Mittagessen ist nach<br />
Einkommen gestaffelt. Eigene Profilbildung<br />
erfolgt im Bereich Sprachförderung,<br />
Umwelterziehung, soziales Lernen;<br />
Schwerpunkt ist auch die Theaterpädagogik.<br />
In der Ganztagsklasse findet der<br />
Unterricht von Montag bis Freitag von<br />
8.00 Uhr bis um 16.00 Uhr statt, sodass<br />
sich die wöchentliche Unterrichtszeit auf<br />
30 Stunden beläuft. Hinzu kommen<br />
noch jene 10 Wochenstunden, welche<br />
die Kinder in der Mensa bzw. im Pausenhof<br />
verbringen. Um 12.30 Uhr nehmen<br />
die Schüler gemeinsam mit einer<br />
Lehrperson das Mittagessen ein. Nach<br />
einer einstündigen Mittagspause im<br />
großen Hof der <strong>Schule</strong>, in welchen sich<br />
die Kinder auch am Vormittag für eine<br />
halbe Stunde im Rahmen der kleinen<br />
Pause begeben, beginnt um 14.00 Uhr<br />
der Nachmittagsunterricht. Am Nachmittag<br />
wird der Unterricht klassenweise<br />
gestaltet.<br />
Die Mittelschule hat 8 Klassen und<br />
bietet ein fakultatives Ganztagsangebot<br />
<strong>Niederbayerische</strong> <strong>Schule</strong> Ausgabe 5 Juni/2008<br />
an (zwei Pflichtnachmittage, zwei Wahlnachmittage,<br />
täglich Mittagessen mit<br />
Aufsichtsdienst). Eine Klasse ist mit<br />
Montessori-Ausrichtung. An der Mittelschule<br />
gibt es freiwillige Nachmittagsangebote,<br />
Hausaufgabenhilfen, eine<br />
Schulband, Kunstprojekte, Tanzen oder<br />
Sport. Bei den Wahlpflichtfächern<br />
werden kleine Gruppen gebildet; für 5<br />
bis 6 Projekte stehen 11 Lehrkräfte zur<br />
Verfügung. Förderunterricht findet in<br />
Gruppen von 3 bis 4 Kindern statt.<br />
Ganztägige Angebote werden von<br />
berufstätigen Eltern aus der ganzen<br />
Stadt nachgefragt. Etwa die Hälfte der<br />
Jugendlichen nimmt an den freiwilligen<br />
Angeboten teil.<br />
Besuch an der Mittelschule in Mölten<br />
Die Mittelschule Mölten hat sechs<br />
Klassen mit je zwei Züge pro Jahrgangsstufe<br />
und 106 Schüler/innen. Sie<br />
ist Teil eines Sprengels. Zum Sprengel<br />
gehören noch die Mittelschule Jenesien<br />
mit ebenfalls sechs Klassen und je zwei<br />
Zügen pro Jahrgangsstufe. Sie umfasst<br />
116 Schüler/innen. Ebenfalls zum<br />
Sprengel gehören auch noch 3 Grundschulen<br />
mit Abteilungsunterricht. Die<br />
Grundschule Afing mit 3 Klassen und 30<br />
Schüler/innen, die GS Flaas mit 3 Klassen<br />
und 28 Schüler/innen und die<br />
Grundschule Verschneid mit ebenfalls 3<br />
Klassen und 30 Schülerinnen. Die<br />
Unterrichtszeit an der Grundschule<br />
beträgt in der 1. Klasse: 24 bzw. 25<br />
Wochenstunden, in der 2. – 5.Klasse: 26<br />
bzw. 27 Wochenstunden plus 1 Wochenstunde<br />
Wahlangebot.<br />
In der Mittelschule haben alle Klassen<br />
29 Wochenstunden und eine Wochenstunde<br />
Wahlangebot.<br />
Ein Sprengel umfasst meistens mehrere<br />
Grundschulen und eine oder zwei Mittelschulen.<br />
Der Sprengel besteht aus<br />
einem Kollegium, es hat ein Schulprogramm<br />
und einen Fortbildungsplan.<br />
In vielen <strong>Schule</strong>n Südtirols verteilt sich<br />
der Unterricht auf sechs Tage. Es ist den<br />
<strong>Schule</strong>n aber auch freigestellt, den<br />
Unterricht auf fünf Tage zu verteilen. In<br />
diesem Fall findet meistens ein verpflichtender<br />
Nachmittagsunterricht statt.<br />
Die Rolle von Lehrerverbände und<br />
Gewerkschaften im Südtiroler Schulsystem<br />
Zur Exkursion gehörte auch ein Gespräch<br />
mit Vertretern der Lehrerverbände.<br />
Der Katholische Südtiroler Lehrerbund<br />
(KSL) vertritt vor allem die Grundschullehrkräfte.<br />
Der KSL sieht seine Ziele und Aufgaben<br />
vor allem in der standespolitischen<br />
Vertretung. Dazu gehören Interventionen,<br />
Stellungnahmen zu Gesetzentwürfen,<br />
Kontakte zu kirchlichen und politischen<br />
Institutionen sowie zu Gewerkschaften<br />
und Verbänden im In- und<br />
Ausland für die Anliegen der Berufsgruppe.<br />
Weitere Ziele sind<br />
Beiträge zur <strong>Schule</strong>ntwicklung<br />
Solidaritätsfonds für Notfälle gegenüber<br />
Kollegen<br />
Information über pädagogische<br />
Zeitschriften, etc.<br />
Persönlichkeitsbildende Fortbildungen,<br />
Seminare, Tagungen, Bildungsreisen<br />
Religiöse Begleitung durch<br />
Gesprächsrunden und Besinnungsangebote<br />
Der Arbeitskreis Südtiroler Mittel-, Oberund<br />
Berufsschullehrer (ASM) vertritt die<br />
beruflichen Interessen der Lehrkräfte der<br />
Mittel-, Ober- und Berufsschule. Ihm<br />
geht es um<br />
Einsatz für die eigenständige Weiterentwicklung<br />
des Südtiroler Schulwesens<br />
und für eine entsprechende
Ausbildung der Lehrerinnen und<br />
Lehrer<br />
Wahrung der beruflichen Interessen<br />
und Mitsprache in bildungspolitischen<br />
Fragen<br />
Information und Betreuung der Mitglieder<br />
Fortbildung der Mitglieder insbesonders<br />
in den Bereichen Persönlichkeitsbildung,<br />
Sprechschulung und<br />
Kommunikation, Zusammenarbeit mit<br />
Museen und Theatern<br />
Förderung von Fortbildung im In- und<br />
Ausland sowie Lehrfahrten<br />
Mitwirkung bei der Ausarbeitung von<br />
Lehrbüchern, didaktischen Hilfsmitteln<br />
und Herausgabe einer pädagogischen<br />
Zeitschrift<br />
Unterstützung von kulturellen Projekten<br />
Finanzielle Unterstützung für Mitglieder<br />
und deren Familien in besonderen<br />
Härtefällen<br />
Pflegen von Beziehungen zu anderen<br />
Lehrerverbänden und zu Ämtern und<br />
Organisationen der Südtiroler <strong>Schule</strong><br />
Den Lehrerverband ASM gibt es seit<br />
1955. ASM und KSL sind und wollen<br />
keine Gewerkschaften sein. Sie verstehen<br />
sich eher als Selbstaktiv-Gruppen<br />
von Lehrern, die sich um das Berufsbild<br />
des Lehrers nach innen und auch nach<br />
außen kümmert und vor allem die Aspekte<br />
der Persönlichkeit des Erziehers<br />
und Lehrers in den Mittelpunkt der<br />
Fortbildungsinitiativen stellt.<br />
Neben den Lehrerverbänden gibt es<br />
auch Schulgewerkschaften. Die Gewerkschaften<br />
sehen sich vor allem als<br />
Vertretung in den Bereichen Arbeitszeit,<br />
Dienst- und Besoldungsrecht.<br />
Alle Lehrpersonen mit befristetem und<br />
unbefristetem Lehrauftrag haben das<br />
Recht, während der Dienstzeit ohne<br />
Gehaltskürzung an Gewerkschaftsversammlungen<br />
teilzunehmen (10 Stunden<br />
pro Schuljahr).<br />
Aktuelle Auseinandersetzungen über<br />
Bildungsgesetz<br />
Trotz eines gesellschaftlichen Grundskonsens<br />
über Schulstruktur und die<br />
Bedeutung der Bildung gibt es auch in<br />
Südtirol Auseinandersetzungen zu<br />
bildungspolitischen Fragen. Seit kurzem<br />
Südtirol<br />
<strong>BLLV</strong>-Bezirksvorsitzende Judith Wenzl im Gespräch mit einer Südtiroler Lehrerin<br />
Im Gespräch mit Vertretern der Lehrerverbände Vorsitzende Dr. Martina Adami vom<br />
ASM und und Sonia Klotz Spornberg Vorsitzende des KSL<br />
Für Ingrid Ostermann, Lehrerin in einer 5. Klasse, ist es selbstverständlich, dass<br />
Kinder bis zur 8. Klasse gemeinsam unterrichtet werden. Durch entsprechende<br />
Differenzierung und Teamlehrkräfte können sowohl Schwächere als auch Stärkere<br />
gleichermaßen gefördert werden<br />
<strong>Niederbayerische</strong> <strong>Schule</strong> Ausgabe 5 Juni/2008<br />
9
10<br />
Info:<br />
Südtirol<br />
wurden im Rahmen einer umfassenden<br />
Schulreform für ganz Italien in Südtirol<br />
folgende neue Elemente erprobt:<br />
Einführung von Kern-, Wahlpflichtund<br />
Wahlfächern in allen Schulformen<br />
Lernberatung<br />
Arbeit mit dem Portfolio<br />
Allerdings fielen diese Reformen nach<br />
Auskunft von Lehrervertretern mit Sparmaßnahmen<br />
und dem Versuch die<br />
Lehrer-Präsenzen zu reduzieren zusammen,<br />
so dass mit Streiks der Lehrkräfte<br />
gegen diese als Mehrbelastung empfundene<br />
von oben verordnete Reform<br />
protestiert wurde. 2007 habe die Landesregierung<br />
auf die Wünsche der<br />
Lehrerschaft reagiert und Modifizierungen<br />
dieser Schulreform vorgenommen.<br />
Während an der Lernberatung und an<br />
individuelleren Wahlmöglichkeiten für<br />
Schüler/innen festgehalten werden solle,<br />
werde von der verpflichtenden Einführung<br />
der Portfolio-Methode Abstand<br />
genommen. Die Lernfortschritte müssten<br />
dokumentiert werden, die Vorgehensweise<br />
und die Methode könne aber<br />
vom Lehrerkollegium festgelegt werden.<br />
Kontrovers wird derzeit ein Entwurf zum<br />
Bildungsgesetz diskutiert, das vorsieht,<br />
auch schulfremde Bildungseinrichtungen<br />
und –organisationen zu akkreditie-<br />
Die deutschsprachige <strong>Schule</strong> in Südtirol<br />
Schüler: 45.568<br />
Klassen: 2.646<br />
Lehrerstellen: 5.654<br />
Durchschn. Schüler pro Klasse: 17,22<br />
Schüler pro Lehrerstelle: 8,06<br />
Nach dem Autonomie-Statut hat jeder<br />
Südtiroler das Recht, seine Sprache zu<br />
lernen. Zusätzlich wird er jeweils in der<br />
anderen Sprache unterrichtet. In der<br />
gesamten Provinz gehören rund zwei<br />
Drittel der Bevölkerung zur deutschen<br />
„Sprachgruppe“, etwas mehr als ein<br />
<strong>Niederbayerische</strong> <strong>Schule</strong> Ausgabe 5 Juni/2008<br />
ren, deren Angebote als Unterrichtszeit<br />
anerkannt werden können. Lehrerverbände<br />
und Gewerkschaften sehen<br />
durch diese Änderungen einen Anschlag<br />
auf die Institution <strong>Schule</strong>. Die Vertreter<br />
der Lehrerverbände sehen die Gefahr,<br />
dass Personen auch ohne entsprechende<br />
pädagogische und didaktische Ausund<br />
Fortbildung Lehrer spielen könnten.<br />
Durch eine wild wuchernde Auslagerung<br />
von <strong>Schule</strong> würde damit eine Grundsäule<br />
des Autonomiegesetzes aufgelöst<br />
und zu einer Verwirtschaftung von<br />
<strong>Schule</strong> führen, befürchtet Martina Adami,<br />
Vorsitzende des Arbeitskreises der<br />
Mittel-, Ober- und Berufsschullehrer.<br />
Nach Ansicht von Adami müsse sich<br />
<strong>Schule</strong> natürlich mit ihrem Umfeld und<br />
dessen Bedürfnissen auseinandersetzen.<br />
Aber es müsse die Entscheidung<br />
des Lehrerkollegiums in der autonomen<br />
<strong>Schule</strong> bleiben, ob und wie und in<br />
welcher Form Zusammenarbeit mit<br />
Anbietern von außen erfolgen könne.<br />
Sollten keine entsprechenden Änderungen<br />
am Bildungsgesetzentwurf folgen,<br />
haben die Schulgewerkschaften einen<br />
Streik angekündigt.<br />
Lehrer können streiken<br />
Alle Lehrpersonen mit befristetem und<br />
unbefristetem Lehrauftrag haben das<br />
Recht, sich an Streikaktionen zu beteili-<br />
Viertel zur italienischen und vier Prozent<br />
zur ladinischen. Kinder und<br />
Jugendliche der deutschen und italienischen<br />
Sprachgruppe erhalten vom<br />
Kindergarten bis zur Hochschulreife<br />
Unterricht in der eigenen Muttersprache.<br />
Die unterschiedlichen Sprachgruppen<br />
haben eigene Verwaltungen,<br />
d.h. es gibt ein deutsches, ein italienisches<br />
und ein ladinisches Schulamt. In<br />
deutschen <strong>Schule</strong>n dürfen nur<br />
deutschsprachige Lehrer/innen unterrichten,<br />
außer italienisch, in diesem<br />
gen (ganztägiger Streik, Stundenstreik<br />
mit entsprechendem Lohnabzug, aber<br />
Anerkennung für die Laufbahn). Streikaktionen<br />
der Lehrpersonen verfolgen<br />
das Ziel, Forderungen in arbeits- und<br />
besoldungsrechtlichen Belangen mit<br />
besonderem Nachdruck einzufordern.<br />
Keineswegs soll es ein Ziel sein, Eltern<br />
und Kinder zu verunsichern und über<br />
diese Verunsicherung möglicherweise<br />
Lücken in der Beaufsichtigung von<br />
Minderjährigen zu riskieren. Aus diesen<br />
Gründen wird nachfolgende Vorgehensweise<br />
angewandt: Streikaufrufe der<br />
Lehrergewerkschaften SGB/CISL <strong>Schule</strong>/Scuola,<br />
AGB/CGIL und SSG Südtiroler<br />
Schulgewerkschaft im ASGB werden<br />
mit eigenem Rundschreiben des Schuldirektors<br />
allen Schulstellen zugesandt,<br />
alle anderen Streikaufrufe werden an der<br />
Anschlagtafel der Schuldirektion ausgehängt.<br />
Zugleich ersucht der Direktor alle<br />
Lehrpersonen um eine freiwillige Mitteilung,<br />
ob sie am Streik teilnehmen oder<br />
nicht. Aufgrund dieser freiwilligen Mitteilungen<br />
informiert der Direktor alle Schülereltern<br />
5 Tage vor dem ausgerufenen<br />
Streik über die Dauer und Form des<br />
Streiks und den Unterrichtsausfall in den<br />
betroffenen Klassen. Toni Gschrei<br />
Fach müssen es italienischsprachige<br />
Lehrkräfte sein. Für das italienische<br />
Schulwesen in Südtirol gilt das Umgekehrte.<br />
Die Einschreibung in deutsche<br />
oder italienische <strong>Schule</strong>n steht den<br />
Eltern frei.<br />
Weitere Infos:<br />
http://www.schule.suedtirol.it/sspbozeneuropa<br />
http://www.provincia.bz.it/schulamt
Kommentar<br />
Was macht die Südtiroler <strong>Schule</strong>n so erfolgreich?<br />
Es sind wohl mehrere Faktoren, die in<br />
Südtirol zum Erfolg beitragen. Wie in<br />
Skandinavien oder Kanada. Die Bedeutung<br />
der Bildung brachte Landesrat<br />
und stellv. Südtiroler Landeshauptmann<br />
Otto Saurer (in Bayern wäre das<br />
der Kultusminister und stellv. Ministerpräsident)<br />
dadurch zum Ausdruck,<br />
indem er erklärte, dass die Bereiche<br />
Bildung und Umwelt von Sparmaßnahmen<br />
ausgespart seien. In Anlehnung<br />
an J.F. Kennedy sagte Saurer: „Es gibt<br />
nur eine Sache auf der Welt, die teurer<br />
ist als Bildung – keine Bildung.“ Durch<br />
die Erstellung eines Bildungsleitbildes,<br />
das alle Bildungsinstitutionen einbezogen<br />
habe und an dem sich auch die<br />
Bürger beteiligen konnten, sei auch<br />
das Bildungsbewusstsein in der Bevölkerung<br />
gestiegen.<br />
Die Basis ist ein Schulsystem, das<br />
Kinder nicht ausgrenzt.<br />
Eines der Kennzeichen für das Schulsystem<br />
Südtirols ist die integrative<br />
Herangehensweise. Die Schüler bleiben<br />
acht Jahre zusammen. Ausselektiert<br />
wird nicht, und auch Sitzenbleiben<br />
kommt extrem selten vor. Wenn wir<br />
Lehrer fragten, ob es nicht schwierig sei,<br />
Schüler mit so unterschiedlichen Begabungen<br />
zu unterrichten, schauten sie<br />
oftmals nur verständnislos oder erklärten,<br />
dass natürlich differenziert wird,<br />
aber innerhalb der Klasse. Dadurch<br />
könnten auch Stärkere und Schwächere<br />
voneinander lernen. Eine Kollegin antwortete<br />
mir mit einer Gegenfrage: „Sind<br />
Sie glücklich, dass Sie Kinder bereits im<br />
neunten oder zehnten Lebensjahr aussortieren<br />
müssen?“ Es war für sie unverständlich,<br />
wie wir wissen könnten,<br />
welche Begabung Kinder mit neun und<br />
zehn Jahren hätten und in welche<br />
<strong>Schule</strong> man sie aufgrund ihres Begabungstyps<br />
schicken könnte. Bemerkenswert<br />
finde ich, dass es für die<br />
Einheitsschule bis zur 8. Klasse ein<br />
hohes Maß an gesellschaftlicher Akzeptanz<br />
gibt. Die Einheitsschule wird von<br />
allen politischen Richtungen mitgetragen.<br />
Eine ideologische Diskussion wie in<br />
Bayern bzw. in Deutschland findet in<br />
Südtirol und anscheinend in ganz Italien<br />
nicht statt. Wobei ich auch in Deutschland<br />
neben der ideologisch geführten<br />
Diskussion viel eher eine strukturkonservative<br />
Grundhaltung von Bildungsverantwortlichen<br />
in den meisten Parteien<br />
aber auch bei Lehrern und in der Bevölkerung<br />
feststelle. Die <strong>Schule</strong>n im<br />
deutschsprachigen Südtirol sind der<br />
Beweis: Es gibt kein deutsches Selektions-Gen,<br />
es gibt nur schlechte deutsche<br />
Schulpolitik.<br />
Keiner wird zurückgelassen<br />
Eine sehr wichtige Erkenntnis war es für<br />
mich, dass neben der achtjährigen<br />
gemeinsamen Schulzeit, die Kinder in<br />
Südtirol nicht ständig mit Noten gegeneinander<br />
verglichen, sondern individuell<br />
bewertet und gefördert werden. Die<br />
Lehrer haben viel Freiraum bei der<br />
Gestaltung des Unterrichts und können<br />
auch ihren Schülern viel Freiraum beim<br />
Lernen lassen.<br />
Eine hohe Akzeptanz gibt es auch über<br />
die Einbeziehung von behinderten<br />
Kindern und deren spezieller Förderung,<br />
von der immer die anderen Mitschüler<br />
auch profitieren, weil zusätzliche Lehrerstunden<br />
nicht diesen Schülern sondern<br />
jeweils der Klasse zugewiesen werden.<br />
Daraus hat sich eine Schulkultur entwickelt,<br />
die das einzelne Kind achtet,<br />
seine Persönlichkeit wert schätzt und<br />
die Stärken des Einzelnen fördert. Dazu<br />
gehört eine Leistungsbewertung, die<br />
konsequent auf den persönlichen Lernfortschritt<br />
bezogen ist und zum Lernen<br />
ermutigt, nicht durch negative Rückmeldungen<br />
Angst macht und entmutigt.<br />
Auch die äußeren Umstände tragen<br />
dazu bei. Dazu gehören Lehrkräfte, die<br />
durch Förderlehrer und Assistenten<br />
unterstützt werden, die Planungs- und<br />
Teamzeiten auf ihre Arbeitszeit angerechnet<br />
bekommen und durch Fortbil-<br />
Südtirol<br />
dungen auf neue Aufgaben vorbereitet<br />
werden.<br />
Für mich haben die Gespräche und<br />
Eindrücke auch gezeigt, dass Strukturreformen<br />
alleine an sich noch kein<br />
Allheilmittel sind. Es geht auch um die<br />
flankierenden Maßnahmen. Ähnlich wie<br />
in Finnland scheint die Bevölkerung<br />
hinten den Reformen und den Lehrern<br />
zu stehen. Die Bedeutung des Bildungsbereichs<br />
spiegelt sich auch in den z. T.<br />
besseren Rahmenbedingungen hinsichtlich<br />
der Lehrerausstattung, Klassengrößen,<br />
der Räumlichkeiten und der Sachmittel<br />
und gut ausgestatteten Bibliotheken.<br />
Kernelement der neuen Lernkultur<br />
ist wohl, dass nicht Lehren und Unterrichten<br />
im Mittelpunkt steht sondern das<br />
Lernen der Schülerinnen und Schüler<br />
und die damit einhergehende veränderte<br />
Rolle des Lehrers, die in erster Linie<br />
durch Fort- und Weiterbildung erreicht<br />
wurde.<br />
Zusammenfassend ist für mich festzustellen,<br />
dass in Südtirol zweifellos in<br />
recht kurzer Zeit im Bildungsbereich viel<br />
gelungen und auf den Weg gebracht<br />
wurde. Die Kombination aus integrativen<br />
Maßnahmen wie der achtjährigen gemeinsamen<br />
<strong>Schule</strong> und individueller<br />
Förderung ist erfolgreich. Es mangelt<br />
auch bei uns in Deutschland nicht an<br />
Konzepten. Mehrere Gesprächspartner<br />
haben uns versichert, dass viele Elemente<br />
von deutschen Fachleuten mitgestaltet<br />
wurden. Gerade in der Lehrerfortbildung<br />
werden vielfach deutsche<br />
Experten eingeladen.<br />
Während Südtirol aber auch andere<br />
Länder wie Finnland ihre Reformen<br />
konsequent und zielstrebig umsetzen,<br />
wird nach wie vor bei uns über den<br />
richtigen Weg teilweise ideologisch<br />
gestritten. Trotz zahlreicher Anstrengungen<br />
leiden darunter die Ergebnisse.<br />
Aktionismus – auch gut gemeinterschafft<br />
noch keinen Erfolg. Nur wenn<br />
das klar benannte Ziel auch erkennbar<br />
ist, kommt die Botschaft in der Bevölkerung<br />
an. Toni Gschrei<br />
<strong>Niederbayerische</strong> <strong>Schule</strong> Ausgabe 5 Juni/2008<br />
11
12<br />
<strong>BLLV</strong><br />
Lehrer motivieren, beraten und stärken<br />
<strong>BLLV</strong> Niederbayern gratuliert Anton Wolfer zum 60. Geburtstag<br />
„Lehrerinnen und Lehrer motivieren,<br />
beraten und stärken“, könnte das<br />
Motto von Anton Wolfer sein. Der<br />
Leitende Regierungsschuldirektor<br />
Anton Wolfer feierte seinen 60. Geburtstag.<br />
Judith Wenzl, Bezirksvorsitzende<br />
des <strong>BLLV</strong> Niederbayern gratulierte<br />
und dankte Wolfer für sein pädagogisches<br />
und schulpolitisches Engagement.<br />
Seit Mai 2007 ist Anton Wolfer mit den<br />
Aufgaben eines Sachgebietsleiters für<br />
Volksschulen an der Regierung von<br />
Niederbayern betraut. Wolfer begann<br />
seine berufliche Laufbahn nach dem<br />
Abitur am Münchener Rupprecht-<br />
Gymnasium und dem Studium an der<br />
Pädagogischen Hochschule München-<br />
Pasing 1971 an der Hauptschule Kötzting.<br />
1972 wechselte er an die Volksschule<br />
Kirchdorf am Inn und legte dort<br />
1974 die zweite Lehramtsprüfung ab.<br />
1977 wurde er zum Seminarleiter im<br />
Landkreis Rottal-Inn ernannt und mit der<br />
Ausbildung der Lehramtsanwärter<br />
betraut. 1984 übernahm er als Rektor<br />
die Leitung der Volksschule Kirchdorf a.<br />
Inn. 1991 wurde er zum weiteren Schulrat<br />
am Staatlichen Schulamt im Landkreis<br />
Passau ernannt, 1994 zum Schulamtsdirektor<br />
befördert und 1995 übernahm<br />
er die fachliche Leitung des<br />
mittlerweile vereinigten Passauer Doppelschulamtes.<br />
Anton Wolfer ist als Sachgebietsleiter<br />
verantwortlich für allgemein pädagogische<br />
und fachliche Aufgaben im Grundund<br />
Hauptschulbereich Niederbayerns,<br />
vor allem für die Lehreraus- und -fortbildung,<br />
für <strong>Schule</strong>ntwicklung, für Ganztagsschulen,<br />
und ganz aktuell für die<br />
Umsetzung der Hauptschulinitiative des<br />
Kultusministeriums. Letztere sieht<br />
Wolfer auch aktuell als seine wichtigste<br />
Aufgabe und vorrangige Herausforderung<br />
an. „Die Schulaufsicht ist in der<br />
Pflicht, diese vielschichtige inhaltliche<br />
und organisatorische Neuausrichtung<br />
unserer Hauptschule, immerhin einer<br />
<strong>Niederbayerische</strong> <strong>Schule</strong> Ausgabe 5 Juni/2008<br />
<strong>BLLV</strong>-Bezirksvorsitzende Judith Wenzl gratuliert Anton Wolfer zum 60. Geburtstag.<br />
Wenzl betonte, dass Anton Wolfer sowohl den <strong>BLLV</strong> als auch die niederbayerische<br />
Schullandschaft prägte und noch prägt. Wolfer sei der Beweis, dass Schulaufsicht<br />
motivieren und positiv verstärken könne.<br />
der drei wesentlichen tragenden Säulen<br />
unseres bayerischen Schulsystems,<br />
zum Erfolg zu verhelfen.“ Zusammen mit<br />
der örtlichen Schulaufsicht, den Schulleitungen<br />
und Kollegien, den Eltern und<br />
vor Ort politisch Verantwortlichen gelte<br />
es, den Jugendlichen bestmögliche<br />
schulische Hilfestellung zu geben,<br />
Ausbildungsreife zu erlangen und so<br />
Ausbildungs-, Berufs- und Lebenschancen<br />
zu ermöglichen.<br />
Anton Wolfer im Gespräch mit der<br />
„<strong>Niederbayerische</strong>n <strong>Schule</strong>“<br />
Herr Wolfer, worin sehen Sie die größten<br />
Herausforderungen für Niederbayerns<br />
<strong>Schule</strong>n?<br />
Wolfer: <strong>Schule</strong> muss sich immer mehr<br />
als Dienstleistungsbetrieb verstehen.<br />
Dazu gehört guter Unterricht in gut<br />
ausgestatteten <strong>Schule</strong>n mit einem hoch<br />
motivierten und qualifizierten Personal.<br />
Interne und externe Evaluation können<br />
das unterstützen.<br />
Gerade die externe Evaluation wird ja<br />
immer wieder kritisch gesehen.<br />
Wolfer: Zuerst gibt es häufig große<br />
Skepsis. Aber bereits nach den Kontaktgesprächen<br />
und der Erklärung über den<br />
Ablauf schwindet die Skepsis. Nach der<br />
Rückmeldung zeigen sich die Kollegen<br />
in der Regel zufrieden. Die Berichte sind<br />
im wesentlichen auch positiv. Es ist ja<br />
auch ein Ziel der Evaluation, die Kollegien<br />
zu stärken und zu motivieren.<br />
Spannungsfelder gibt es manchmal zu<br />
Aussagen über die Qualität des Unterrichts.<br />
Welche Rolle spielt die interne<br />
Evaluation?<br />
Wolfer: Interne Evaluation und innere<br />
<strong>Schule</strong>ntwicklung können durch das<br />
Entwickeln gemeinsamer Ziele zur<br />
Identitätsstiftung im Kollegium beitra-
gen. Sie stärkt die Verantwortlichkeit der<br />
Lehrerinnen und Lehrer an der konkreten<br />
<strong>Schule</strong> und führt durch die Reflexion<br />
der eigenen Arbeit zur Professionalisierung.<br />
Die interne Evaluation ist ebenfalls<br />
verpflichtend. Aber hier liegt die Zuständigkeit<br />
bei der konkreten <strong>Schule</strong>. Die<br />
<strong>Schule</strong>n entscheiden selbst wie und mit<br />
welchen Methoden sie die interne<br />
Evaluation durchführen.<br />
Wie geht es mit den Hauptschulen<br />
weiter? Haben sie noch eine Chance?<br />
Wolfer: Ja! Leider ist es im Moment so,<br />
dass die Standortdiskussion die inhaltliche<br />
Diskussion überlagert. Ein attraktives<br />
Angebot lässt sich nur an Standorten<br />
umsetzen, die ein bestimmtes<br />
Mindestangebot haben. Die Diskussion<br />
über die Kooperation von Hauptschulen<br />
hängt stark davon ab, wie die Schulleiter<br />
und auch Bürgermeister der einzelnen<br />
Gemeinden miteinander zusammen<br />
arbeiten können. Viele rechtliche und<br />
finanzielle Fragen sind hier noch ungeklärt.<br />
Eine gute Alternative wäre es,<br />
größere Einheiten zu bilden. An solchen<br />
<strong>Schule</strong>n könnten umfangreichere inhaltliche<br />
Angebote durchgeführt werden.<br />
Differenzierungsangebote von der<br />
Mittleren Reife bis zum Förderunterricht<br />
wären leichter zu verwirklichen. Fachlich<br />
und pädagogisch spricht viel für die<br />
Zusammenlegung von <strong>Schule</strong>n.<br />
Aber ist es nicht so, dass an großen<br />
<strong>Schule</strong>n auch die sozialen Probleme<br />
größer sind?<br />
Wolfer: Man darf sich nicht täuschen,<br />
auch an kleinen <strong>Schule</strong>n gibt es keine<br />
heile Welt mehr. Wenn es aber Probleme<br />
gibt, dann können größere <strong>Schule</strong>n zum<br />
Beispiel durch Sozialpädagogen und<br />
Schulsozialarbeit schneller und zielgenauer<br />
reagieren.<br />
Aber nicht nur Hauptschulstandorte sind<br />
gefährdet, mittlerweile sind auch Grundschulen<br />
durch zurückgehende Schülerzahlen<br />
bedroht. Könnten Kombiklassen<br />
eine Hilfe sein?<br />
Wolfer: Ja! Wenn keine Jahrgangsklassen<br />
gebildet werden können, sind<br />
Kombiklassen eine Alternative.<br />
Also sind Kombiklassen als Sparmaßnahme<br />
gedacht?<br />
Wolfer: Nein! Es ist bedauerlich, dass<br />
diese neue Form der Kombiklassen mit<br />
Sparmaßnahmen in Verbindung gebracht<br />
wird. Jahrgangskombinierte<br />
Klassen sichern natürlich den Erhalt<br />
vieler kleiner <strong>Schule</strong>n in Wohnortnähe.<br />
Es sprechen neben den organisatorischen<br />
vor allem viele pädagogische<br />
Gründe für jahrgangskombinierte Klassen.<br />
Gerade im Eingangsbereich haben<br />
wir eine große Bandbreite von Sozialisation<br />
und Alter. Durch die Jahrgangsmischung<br />
werden verschiedene Lehrplaninhalte<br />
parallel angeboten. Dadurch<br />
können die Kinder individuell und auf<br />
ihrem persönlichen Niveau lernen und<br />
arbeiten. Der individualisierte Unterricht<br />
gibt gerade den lernschwächeren Kindern<br />
die Chance, den Lernstoff im<br />
eigenen Tempo zu bewältigen. Die<br />
Motivation und Bestätigung, die sie<br />
erhalten, gleichen ihre Schwächen aus.<br />
Aber auch begabtere Kinder profitieren<br />
von dem Unterrichtskonzept, weil sie<br />
sich nicht gebremst fühlen. Durch das<br />
gemeinsame Lernen von Kindern verschiedenen<br />
Alters werden soziale Lernprozesse<br />
gefördert. Durch offenere<br />
Unterrichtsformen wird die Selbstständigkeit<br />
der Kinder unterstützt.<br />
Aber ist es nicht problematisch, wenn<br />
Kinder nach einem Jahr wieder aus dem<br />
Klassenverband herausgerissen werden?<br />
Warum gibt es keine Kombiklassen<br />
3 /4?<br />
Wolfer: Doch, die gibt es. Und wir haben<br />
auch gute Erfahrungen damit gemacht.<br />
Durch die Weiterführung ist Kontinuierlichkeit<br />
möglich. Vom Lehrplan her gibt<br />
es keine Probleme. Auch von den Eltern<br />
her ist häufig die Weiterführung gewollt.<br />
Interview: Toni Gschrei<br />
<strong>BLLV</strong><br />
Buchtipp:<br />
Mathematikunterricht<br />
entwickeln.<br />
Bausteine für kompetenzorientiertes<br />
Unterrichten<br />
Bildungsstandards formulieren,<br />
was Schülerinnen und Schüler im<br />
Fach Mathematik können sollten,<br />
Tests prüfen, was sie tatsächlich<br />
können. Doch wie soll die Wissensvermittlung<br />
selbst aussehen?<br />
Anregungen gibt „Mathematikunterricht<br />
entwickeln. Bausteine für<br />
kompetenzorientiertes Unterrichten“,<br />
ein neuer Praxisratgeber aus<br />
dem Cornelsen Verlag Scriptor.<br />
Wie können im Mathematikunterricht<br />
Kompetenzen entwickelt,<br />
Stärken ausgebaut und Defizite<br />
beseitigt werden? Das neue Handbuch<br />
von Regina Bruder, Timo<br />
Leuders und Andreas Büchter gibt<br />
praktikable Antworten auf diese<br />
Fragen. Behandelt werden zentrale<br />
Anforderungen wie der Erwerb von<br />
Basiskompetenzen, die Förderung<br />
von Selbstständigkeit und Kooperation,<br />
das verstehensorientierte<br />
Überprüfen von Leistungen. Zu<br />
jedem Bereich schnüren die Autoren<br />
ein Praxispaket an konkreten<br />
Beispielen, mit vielen Tipps zu<br />
Umsetzung, Aufgaben und Arbeitsformen.<br />
Neueste Forschungsergebnisse<br />
und ein reicher Erfahrungsschatz<br />
aus der Fachdidaktik<br />
fließen in das Handbuch ein. Es<br />
eignet sich für alle Mathematiklehrkräfte<br />
in Praxis und Ausbildung<br />
sowie als Basislektüre oder Anregung<br />
für Fachgruppen, Jahrgangsstufenteams<br />
und Fortbildungen.<br />
Regina Bruder, Timo Leuders und<br />
Andreas Büchter: Mathematikunterricht<br />
entwickeln. Baustein für<br />
kompetenzorientiertes Unterrichten.<br />
Preis: 17,95 Euro. Verlag<br />
Cornelsen Scriptor 2008.<br />
<strong>Niederbayerische</strong> <strong>Schule</strong> Ausgabe 5 Juni/2008<br />
13
14<br />
<strong>BLLV</strong><br />
Wilhelm Ebert ist 85<br />
Sechsjährige gemeinsame Grundschule und Verschmelzung von<br />
Haupt- und Realschule vorgeschlagen<br />
Wilhelm Ebert wurde am 6. Mai 1923 in<br />
Fleißen im Egerland geboren. 1947 trat<br />
Ebert in den bayerischen Schuldienst<br />
ein. Die Geringschätzung seines Berufsstandes<br />
durch Amtsautoritäten,<br />
Politiker und Kirchenvertreter veranlassten<br />
ihn, sich öffentlich zu engagieren.<br />
Er forderte mehr Freiheit, eine<br />
vollakademische Ausbildung und<br />
gerechte Besoldung aller Lehrer. Er<br />
wurde der erste Vorsitzende des Gesamtpersonalrats<br />
beim Kultusministeriums.<br />
Bezeichnend für ihn war, dass<br />
er dieses Amt bereits nach einem Jahr<br />
aufgab, weil es ihm zuviel Zeit vom<br />
Denken und Handeln in Grundsatzfragen<br />
wegnahm. 1948-1952 erster Landesvorsitzender<br />
der Arbeitsgemeinschaft<br />
Bayerischer Junglehrer. 1955 –<br />
1962 und von 1967 – 1984 Präsident<br />
des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbandes.<br />
Die „<strong>Niederbayerische</strong> <strong>Schule</strong>“ gratuliert<br />
Wilhelm Ebert zu seinem 85. Geburtstag.<br />
Wilhelm Ebert hat bereits vor Jahrzehnten<br />
erkannt, dass das gegliederte<br />
Schulwesen in die Sackgasse führt.<br />
Aus Anlass des Geburtstages drucken<br />
wir einen Ausschnitt aus dem Münchner<br />
Merkur vom 3./4. April 1980. Autor<br />
Rudolf Lambrecht.<br />
„Jesu Bergpredigt und die 10 Gebote<br />
des Herrn Ebert<br />
Diese Geschichte erzählt der Präsident<br />
des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbandes,<br />
Wilhelm Ebert, für sein<br />
Leben gern: Drei Steinmetze denken auf<br />
einer Baustelle über ihre Arbeit nach.<br />
Der erste sagt: ‚Ich haue Steine.’ Der<br />
zweite: ‚Ich verdiene Geld.’ Der dritte<br />
aber hat Höheres im Sinn: ‚Ich baue mit<br />
an einem Dom.’ Bei Ebert geht es – um<br />
im Bild zu bleiben – immer um ‚Dombau’,<br />
auch wenn es sich nur um einen<br />
kleinen Umbau handelt, wie jetzt, wenn<br />
er zur Reform des gegliederten Schul-<br />
<strong>Niederbayerische</strong> <strong>Schule</strong> Ausgabe 5 Juni/2008<br />
Drei Präsidenten: v.li.: Wilhelm Ebert, Klaus Wenzel, Albin Dannhäuser<br />
wesens in Bayern die sechsjährige<br />
Grundschule und die Verschmelzung<br />
der Hauptschule mit der Realschule<br />
vorschlägt.<br />
Dabei haut Steinmetz Ebert der CSU auf<br />
die Finger, verdient sich sein Einkommen<br />
und strebt zugleich ewig Gültiges<br />
an. (‚Ich bin radikal im Sinne der Bergpredigt.’)<br />
Diese dialektische Mischung aus Diesseits<br />
und Jenseits, aus taktisch-berechnendem<br />
Tagespolitiker und theologisch<br />
anspruchsvollem Hobby-Propheten hat<br />
Ebert zu einem der erfolgreichsten<br />
Lobbyisten in der Bundesrepublik und<br />
zu einem der aktivsten Bildungsstrategen<br />
gemacht. Ein Mann, der es in<br />
atemberaubender Weise versteht, seine<br />
Standespolitik als logische Konsequenz<br />
des Allgemeinwohls zu verkaufen und<br />
dabei den himmlischen Segen nicht<br />
vergisst.<br />
Denn wer hätte das heute von einem<br />
Verbandsmanager erwartet, was der<br />
Lehrer-Präsident für ganz normal hält?<br />
Seine ‚Grundzüge für die Schulpolitik<br />
der achtziger Jahre’ verkündet er unter<br />
dem Titel: ‚Die Evangelien als Grundlage<br />
einer pädagogischen Ökologie’. Da ist<br />
viel von Erziehung die Rede, von notwendiger<br />
Bewußtseinsänderung, damit<br />
die Probleme des Lebens und Überlebens<br />
gelöst werden könnten, und vom<br />
heranwachsenden Menschen, dem man<br />
in der <strong>Schule</strong> ohne Leistungsdruck und<br />
Notenangst (‚Bayern hat das selektivste<br />
Schulsystem der Welt’) Lebenssinn<br />
vermitteln müsse.<br />
Dann kommt der Überbau dran: ‚Von<br />
einer neuen Substanz des Denkens ist<br />
wohlgemerkt die Rede, nicht von einer<br />
technologischen Schnellstraße zum<br />
irdischen Paradies... Für den Christen<br />
und die christliche <strong>Schule</strong> bedeutet<br />
dies, dass die Lehren der Evangelien<br />
von uns ganz neu und zugleich viel<br />
ursprünglicher und unverfälscht umzusetzen<br />
sind in eine pädagogische Ökologie,<br />
in der sich ethisch orientiertes<br />
Menschsein gegenüber Konkurrenzund<br />
Ellenbogenverhalten und Selbstgerechtigkeit<br />
durchsetzt, zumindest durchsetzen<br />
kann ... Deshalb sind wir dagegen,<br />
dass die Lehrer in die Rolle des<br />
Menschensortierers und Handlangers<br />
einer gnadenlosen Notenmaschinerie<br />
gedrängt werden ...’ Man muss diesen<br />
Text genau lesen. Da ist vieles drin.
Ebert bleibt im Theologischen ausreichend<br />
unscharf, damit er nicht als<br />
kirchenamtlicher Lehrbeauftragter<br />
abgestempelt werden kann, zugleich<br />
setzt er sich als neuen Oberhirten zur<br />
‚unverfälschten’ Interpretation der<br />
Evangelien ein.<br />
Danach identifiziert der Präsident die<br />
Interessen von Lehrern und Schülern<br />
und spricht zum Schluss wie Jesus<br />
gegenüber den Pharisäern sein ‚Wehe<br />
euch’ an die Adresse der Bildungspolitiker.<br />
Sie sollen ja nicht glauben, ‚in<br />
Selbstzufriedenheit über unser heutiges<br />
Schulwesen weiter ruhig schlafen zu<br />
können’. Zu allem drückt er noch das<br />
‚Tüpferl aufs i’, indem er das politische<br />
Schlagwort Ökologie für seine Pädagogik<br />
beansprucht. Ebert ist wieder einmal<br />
‚up to date’.<br />
Was an dem Phänomen Ebert so besticht<br />
und beunruhigt, ist seine Offenheit,<br />
in der er über die zehn Gebote<br />
spricht, die er sich als Erfolgsgarantie<br />
selbst gegeben hat:<br />
KV Landshut<br />
Spaziergang besonderer Art<br />
Einen Spaziergang besonderer Art<br />
unternahmen Mitglieder des Kreisverbandes<br />
Landshut, darunter auch die<br />
Bezirksvorsitzende Judith Wenzl, mit<br />
Professor Dr. Georg Spitzlberger. Er<br />
zeigte den mehr als 30 Teilnehmern<br />
nahe Landshut die Überreste der Straßburg<br />
der Regensburger Bischöfe aus<br />
dem Jahre 1203. Sie sicherte im Mittelalter<br />
den Isarübergang bei Gretlmühle.<br />
Nach ihrer Brandschaftzung durch die<br />
Wittelsbacher und die Zerstörung der<br />
Brücke folgte im Jahre 1204 die Gründung<br />
der Stadt Landshut. Prof. Dr.<br />
Spitzlberger, der als ehemaliger Volksschullehrer<br />
auch <strong>BLLV</strong>-Mitglied ist, war<br />
lange Zeit Heimatpfleger in Landshut<br />
und dadurch auch archäologisch tätig.<br />
Bereits Ende der Fünfziger Jahre erforschte<br />
der Wissenschaftler das Bodendenkmal<br />
und so entstand durch ihn<br />
ein historischer Plan der Straßburg.<br />
Bekenne, dass du ein Lobbyist bist.<br />
Du musst agieren, nicht reagieren.<br />
Die Arbeit hinter den Kulissen ist so<br />
wichtig wie die offene Feldschlacht.<br />
Missbrauche nie Vertrauliches.<br />
Schaffe dir permanent Koalitionen<br />
und nutze dabei die gruppendynamischen<br />
Prozesse in den Parteien.<br />
Halte dir immer die Entscheidungsfreiheit<br />
offen; sorge dafür, dass du<br />
aus allen Situationen einen Ausweg<br />
findest.<br />
Denke daran, dass die Regierung<br />
entscheidet und nicht die Opposition.<br />
Denke daran, dass einer, der weiß,<br />
was er will, schon viel gewonnen hat.<br />
Denke an den Jesuitenspruch: Man<br />
muss mit der Wahrheit auskommen,<br />
aber nicht alles sagen, was wahr ist.<br />
Denke daran, dass nur der andere<br />
überzeugen kann, der von sich selbst<br />
überzeugt ist.<br />
Rudolf Lambrecht<br />
Eindrucksvoll schilderte er die<br />
geschichtlichen Zusammenhänge und<br />
das Leben im Hochmittelalter bevor sich<br />
die Gruppe nach Frauenberg aufmachte,<br />
wo die Teilnehmer Interessantes über<br />
die dortige Marienkirche und den roma-<br />
<strong>BLLV</strong>/Kreisverbände<br />
Buchtipp:<br />
Besprechungen<br />
mit Biss<br />
Wer kennt sie nicht, die endlosen,<br />
öden Sitzungen ohne Ergebnis.<br />
Dieser Ratgeber schafft Abhilfe: Er<br />
zeigt, wie Sie Besprechungen<br />
zielführend und abwechslungsreich<br />
gestalten können: Wie hält man die<br />
Teilnehmer bei der Stange? Wie<br />
lassen sich Ideen überzeugend<br />
einbringen? Wie begegnet man<br />
Einwänden und Konflikten? Wie<br />
führt man die Runde zu einem<br />
Ergebnis? Die Autorinnen vermitteln<br />
das nötige Know-How aus<br />
Psychologie und Rhetorik. Viele<br />
Beispiele aus dem Besprechungsalltag<br />
illustrieren, wie Sie sachlich<br />
und fair, aber auch engagiert und<br />
ohne Scheu vor Emotionen auftreten.<br />
So wird aus der Zeitfalle eine<br />
„Besprechung mit Biss“!<br />
Dagmar Vögel-Biendl, Monika<br />
Weiderer: Besprechungen mit<br />
Biss. Preis: 14,90 €. Reinhardt-<br />
Verlag 2008.<br />
www.reinhardt-verlag.de<br />
Auf den Überesten des Hauptburgkegels erläuterte Prof. Spitzlberger den Ursprung<br />
dieses eindruckvollen Bodendenkmals, das lange Zeit in Vergessenheit geraten war.<br />
nischen Flügelaltar erfuhren. Die fast<br />
dreistündige geschichtliche und kunsthistorische<br />
Wanderung war auch als<br />
Beitrag für den Haimat- und Sachkunde-<br />
sowie den Geschichtsunterricht<br />
gedacht.<br />
<strong>Niederbayerische</strong> <strong>Schule</strong> Ausgabe 5 Juni/2008<br />
15
16<br />
Kreisverbände<br />
KV Deggendorf<br />
Eine erlebnisreiche Fahrt nach Mähren,<br />
Pressburg und in die Hohe Tatra<br />
Eine Reise in die „Hohe Tatra“ zählt<br />
sicher mit zu den schönsten und<br />
interessantesten Landschaftsreisen,<br />
vermittelt aber auch, vor allem uns<br />
Deutschen, eine Fülle kultur- und<br />
profangeschichtlicher Erinnerungen,<br />
Erkenntnisse und Erlebnisse.<br />
Das war auch der Grund, dass sich die<br />
reisefreudigen Kollegen des KV Deggendorf<br />
in den Pfingstferien zu dieser Fahrt<br />
nach „Osten“ entschlossen haben. So<br />
führte die Reiseroute mit dem Bus<br />
zunächst an Wien vorbei nach Mähren.<br />
Erstes und sehr interessantes Ziel war<br />
die Stadt Olmütz, die ehemalige Hauptstadt<br />
der Markgrafschaft Mähren und<br />
Residenzstadt der Bischöfe. Beeindruckt<br />
haben neben den zahlreichen,<br />
sorgfältig restaurierten historischen<br />
Bauten vor allem die Dreifaltigkeitssäule.<br />
Sie gilt als die größte Europas und ist<br />
Teil des UNESCO Weltkulturerbes.<br />
Schon zur Zeit der österreichischen<br />
Monarchie war Brün eine aufstrebende<br />
Industriestadt. Hier wurden u.a. der<br />
Dom „St. Peter und Paul“, das „Alte<br />
Rathaus“ und die Dominikanerkirche<br />
<strong>Niederbayerische</strong> <strong>Schule</strong> Ausgabe 5 Juni/2008<br />
„St. Michael“ besichtigt. Auf der Fahrt<br />
nach Pressburg schilderte die tschechische<br />
Reiseleiterin aus ihrer Sicht die<br />
Trennung der beiden Staaten Tschechien<br />
und Slowakei im Jahre 1993.<br />
Gemeinsamkeiten bestünden durchaus<br />
weiterhin. So gebe es keinerlei Sprachprobleme<br />
und auch die Währung „Kronen“<br />
sei namensgleich, wenngleich die<br />
Slowakei, dank ihrer günstigen wirtschaftlichen<br />
Entwicklung, bereits zum<br />
01.01.2009 den Euro einführen werde.<br />
In Pressburg war es vor allem der historische<br />
Stadtkern, mit dem Dom „St.<br />
Martin“, dem „Primitialpalais“ und der<br />
Burg, der die Besucher in ihren Bann<br />
zog. Beim Anblick der herrlichen Barock-und<br />
Renaissancebauten, der<br />
zahlreichen Brunnen auf großzügig<br />
angelegten Plätzen fühlte man sich,<br />
ebenso wie in Brünn und Olmütz, in die<br />
Zeit der Donaumonarchie zurückversetzt.<br />
Besonders gern vom österreichischen<br />
Hochadel wurde der Kurort Piestany<br />
besucht. Hier war für die Reisegruppe<br />
Entspannung angesagt. Man konnte<br />
durch die herrlichen Parkanlagen<br />
Auf dem Stadtplatz von Olmütz: Erläuterungen der tschechischen Reiseführerin.<br />
schlendern, oder das sehr warme,<br />
schwefelreiche Thermalwasser genießen.<br />
Auch die Kaiserin Sissi soll diesen<br />
Kurort wiederholt aufgesucht haben.<br />
Durch einen Besuch im Karpatendeutschen<br />
Museum in Pressburg, mit der<br />
Situation der Karpatendeutschen gut<br />
vertraut, steuerte die Gruppe das letze<br />
Ziel der Reise, das „Zipser Ländchen“<br />
im Gebiet der Hohen Tatra, an. Bis 1945<br />
wohnten hier überwiegend Deutsche. In<br />
den Orten „Käsmark“ und „Leutschau“<br />
spürte man, dass hier deutsche Siedler<br />
große Aufbauarbeit geleistet und Wohlstand<br />
erwirtschaftet hatten. Neben der<br />
sehenswerten evangelischen Holzkirche<br />
in Käsmark wurde in Leutschau die St.<br />
Jakobskirche mit dem imposanten<br />
höchsten gotischen Holzaltar besichtigt.<br />
Abgerundet wurde der Tag mit einem<br />
Besuch der „Zipser Burg“.<br />
Die Heimfahrt führte wieder über Pressburg,<br />
und dann auf der A3 nach Deggendorf.<br />
Hier traf die Gruppe gegen<br />
Abend wieder wohlbehalten und reich<br />
an nachhaltigen und angenehmen<br />
Erlebnissen ein.
Kreisverbände<br />
KV Grafenau<br />
Lilly Lampa zeigt’s den Schafkopfprofis<br />
Zum ersten Mal ist es beim traditionellern<br />
Lehrerschafkopfen in Innernzell<br />
einer Frau gelungen die Schafkopfprofis<br />
zu besiegen.<br />
Recht überlegen gewann Lilly Lampa als<br />
einzige teilnehmende Frau den Hauptpreis<br />
für sich und konnte den Herren in<br />
Sachen Schafkopf noch Förderbedarf<br />
nachweisen. Organisator John Pretzer<br />
überreichte die Sach- und Geldpreise.<br />
Begehrt war auch die Schwarzwurst für<br />
die letzten Plätze, ein Geschenk des<br />
Wirts, Ertl Benedikt.<br />
Wie schnell Ruhm vergeht (und daran<br />
sollte auch die heurige Siegerin denken)<br />
musste der Vorjahressieger Hermann<br />
Angerer erkennen, denn er konnte nur<br />
einen ehrenvollen letzten Platz belegen. Organisator John Pretzer mit der Siegerin Lilly Lampa (VS Schönberg), eingerahmt<br />
von Heli Ederer und Ewald Habereder (beide VS Thrumansbang), zweiter bzw. dritter<br />
Platz.<br />
KV Wegscheid / KV Wolfstein<br />
Wege in den Ruhestand<br />
Hauzenberg. Zu einer informativen<br />
Gemeinschaftsveranstaltung der beiden<br />
Nachbarkreisverbände Wegscheid und<br />
Wolfstein trafen sich in der Hauptschule<br />
Hauzenberg etwa 50 Mitglieder und<br />
Interessierte, um etwas über die Wege<br />
in den wohlverdienten Ruhestand zu<br />
erfahren. Der Wegscheider Kreisvorsitzende<br />
Bernd Reischl konnte zwei hochkarätige<br />
Referenten zu Themenkreis<br />
„Pension“ begrüßen, einmal Kurt Fischbacher<br />
vom <strong>BLLV</strong> und zusätzlich noch<br />
Herrn Burger, den Versicherungsspezialisten<br />
vom Wirtschaftsdienst.<br />
Wie läuft es ab, wenn ich ganz normal<br />
meine Lehrerlaufbahn beschließe?<br />
Wann kann ich meinen Dienst beenden,<br />
wenn ich gesundheitliche Probleme<br />
habe?<br />
Wie hoch sind dann meine Bezüge?<br />
Für wen lohnt es sich wann, eine<br />
zusätzliche Versorgung aufzubauen?<br />
Begriffe wie „Ruhestandsversetzung,<br />
Dienstunfähigkeit, Altersteilzeit, Altersurlaub,<br />
ruhegehaltfähige Dienstzeit, Zurechnungszeit“<br />
und die ominöse Zahl<br />
1,875% schwirrten durch den Raum.<br />
So bekamen die Zuhörer die allgemeinen<br />
Eckpunkte eines Eintritts in den<br />
Ruhestand zu Gehör, ob oder ab welchem<br />
Alter privat vorgesorgt werden<br />
soll. Wie viel Geld nun jedem persönlich<br />
zusteht, darüber muss sich jeder selbst<br />
speziell für seinen Fall informieren, da<br />
dies von vielen unterschiedlichen, z. B.<br />
familiären Größen abhängt. So mancher<br />
Zuhörer fragte nach den Vorträgen für<br />
seinen Fall nach.<br />
Die Referenten (v.li.) Burger, Fischbacher<br />
und KV Vorsitzender und Gastgeber in<br />
Hauzenberg Bernd Reischl<br />
Die beiden Kreisverbände dankten den<br />
Referenten herzlich für die Mühen und<br />
so ging man gut informiert in den 1. Mai.<br />
Text und Foto: Rainer Moschek<br />
<strong>Niederbayerische</strong> <strong>Schule</strong> Ausgabe 5 Juni/2008<br />
17
18<br />
Kreisverbände<br />
KV Wolfstein<br />
Am Anfang steht das Rezept<br />
Der Fachberaterin Maria Graf bedeutet<br />
das geschriebene Wort viel. Bei ihrer<br />
Kreativität sind aber dann diese Zeilen<br />
schnell aus den Augen und aus dem<br />
Sinn. Kreisvorsitzender Karl Wiesmeier<br />
sieht sogar in jedem Rezept eine<br />
Einschränkung der persönlichen Freiheit<br />
in der Küche. Das waren nun die<br />
Vorgaben und Richtsterne, unter<br />
denen sich der Kochkurs „Festtagsmenü“<br />
mit 18 Teilnehmern bewegte, die<br />
sich, um in diesen Kurs zu gelangen,<br />
mit einem vielstimmigen Terminbrei der<br />
PC-Köche herumzuschlagen hatten.<br />
Es sollte eine festliche Angelegenheit<br />
mit vier Gängen werden, aber die Sternenträgerin<br />
Graf wollte sich offensichtlich<br />
nicht an den Herd stellen. Maria<br />
liebte mehr die Schau vor der Feuerstelle.<br />
Sie verteilte scharfe Getränke, hielt<br />
individuelle Begrüßungsreden, präsentierte<br />
sich nicht in dem üblichen Koch-<br />
Outfit, sondern in lässiger Freizeit-<br />
Kleidung. Der hochrote Kopf, die aufgelösten<br />
Haare, die wehende Schürze und<br />
die permanente Präsenz an allen Kochbaustellen<br />
verbunden mit dem Willen<br />
korrigierend einzugreifen waren Vergangenheit.<br />
Die neue gräfliche Küche<br />
verlangt Selbsttätigkeit und beschränkt<br />
<strong>Niederbayerische</strong> <strong>Schule</strong> Ausgabe 5 Juni/2008<br />
sich zusammen mit dem Kreisvorsitzenden<br />
Wiesmeier auf das Abschmecken<br />
mit dem Ergebnis, dass überall das Salz<br />
fehlte, ob beim Filet Wellington oder bei<br />
den übrigen Ergänzungs-Speisen. Durch<br />
den Ausfall der 1.Garde sahen sich die<br />
2. Reihe und die Amateure gezwungen,<br />
in die Kochbresche zu springen, um<br />
größeres Unheil zu verhindern. Es war<br />
Maria Graf (5. v. l.) blickt erwartungsvoll als Prima inter Pares in die festliche Runde,<br />
während Kreisvorsitzender Karl Wiesmeier sich an der Stirnseite in Geduld auf den<br />
ersten Gang übt.<br />
Der Kreisvorsitzende als Haferlgucker mit Maria Graf, die die Neugier und den Blick<br />
unter den Deckel nicht verhindern konnte und wollte.<br />
wie in der modernen Schulstube, wenn<br />
Schüler übernehmen. Vom ernsthaften<br />
Bemühen bis hin zu den Chaosmomenten<br />
war alles geboten.<br />
Das festliche Menü nahm dann doch<br />
Gestalt an. Maria wollte beim Bärlauchpesto<br />
helfen, der Mixer zerkleinerte aber<br />
die nach Maiglöckchen verdächtig<br />
aussehenden Blätter nicht. Das Erdbeerparfait<br />
löste sich auch nicht mit<br />
Gewalt aus der Schale. Messer und<br />
Gabel waren dann die hilfreichen Geräte.<br />
Es schmeckte köstlich, aber das<br />
Auge aß nicht mehr mit.<br />
Nach zwei Stunden Kücheneinsatz ging<br />
es in Richtung „Tischlein deck dich“ und<br />
es war wie im Märchen, dass das Festtagsmenü<br />
so trefflich überzeugte. Die<br />
genießerischen Summtöne waren in<br />
allen Variationen und Stärken zu vernehmen<br />
und bestätigten akustisch, dass die<br />
helfenden Hände vorzügliche Arbeit<br />
geleistet hatten. Kreisvorsitzender<br />
Wiesmeier ließ noch durch eine Hortensie<br />
den Dank an Maria Graf aussprechen,<br />
um dann den Abend ausklingen<br />
zu lassen. Georg Kölbl
KV Bogen<br />
Mit Schülern das Museum erleben<br />
Dem Bayerischen Rautenwappen auf der Spur<br />
Bogenberg. ( dw) " Auch für <strong>Schule</strong>n ist<br />
ein außerschulischer Lernort wie beispielsweise<br />
ein Museum ein besonders<br />
mit Leben erfülltes Unterrichtsziel",<br />
sagte Schulamtsdirektor i. R. Herbert<br />
Schedlbauer. Und entsprechend dieser<br />
Tatsache und vor allem, weil am "<br />
Internationalen Museumstag" auch das<br />
Kreismuseum noch mehr als sonst in<br />
das Interesse der Öffentlichkeit rückt ,<br />
führte er am Donnerstag Nachmittag<br />
zusammen mit den Kreisverbänden des<br />
Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenvereins<br />
Bogen und Straubing für die<br />
Pädagogen aus dem Landkreis und der<br />
Stadt Straubing eine Veranstaltung<br />
durch , wie Lehrer hier oben mit anhand<br />
originaler Begegnungen ihren Schülern<br />
das Museum als ein nachhaltiges Erlebnis<br />
vermitteln können.<br />
Begrüßt von den beiden <strong>BLLV</strong>- Kreisvorsitzenden<br />
Reinhard Windschiegl ( Bogen<br />
) und Jakob Zellner (Straubing), war es<br />
zunächst die Historikerin Barbara<br />
Michal - sie hatte erst kürzlich zusammen<br />
mit Museumsleiter und Kreisheimatpfleger<br />
Hans Neueder die neu<br />
konzipierte Ausstellung " Bogenberg -<br />
Heiliger Berg Niederbayerns" eröffnet -<br />
die die im Erdgeschoss untergebrachten<br />
Exponate " Ritter und Rauten" vorstellte<br />
und damit zum Thema dieses Nachmittags<br />
" Dem Bayerischen Rautenwappen<br />
auf der Spur" überleitete. Umfangreiche<br />
Handreichungen dazu hatte Brigitte<br />
Goetz , Lehrerin i.R. vorbereitet. Sie<br />
konnte aus ihrem reichen Erfahrungsschatz<br />
schöpfen, denn sie hatte als<br />
noch bis vor kurzem an der Bogener<br />
Grundschule wirkende Klassenleiterin<br />
ihre Schulkinder mit verschiedenen<br />
Museumsprojekten für die Entstehung<br />
des weiß-blauern Landeswappens<br />
begeistern können.<br />
Nachdem die überaus zahlreich erschienen<br />
Lehrerinnen und Lehrer von<br />
Brigitte Goetz noch ein aufschlussreiches<br />
Wappenmalbuch für die Praxis an<br />
Kreisverbände<br />
ihren Dienstorten erhalten hatten, verdeutlichte<br />
Herbert Schedlbauer , wie die<br />
Thematik im jeweiligen Unterricht sowohl<br />
an der Grund-, wie an der Hauptschule<br />
, unterstützt von historischem<br />
Quellenmaterial anschaulich nachvollzogen<br />
werden könne " Meinem Geburtsort<br />
Bogenberg fühle ich mich in vielfacher<br />
Hinsicht sehr verbunden ;deshalb kann<br />
ich mir sehr gut vorstellen, dass die<br />
besondere geschichtliche Vergangenheit<br />
meiner und unserer Heimat eine hervorragend<br />
gefühlsbetonte Basis für Lokalund<br />
Landesgeschichte ist".<br />
Dorothea Wof<br />
Schulamtsdirektor a. D. Herbert Schedlbauer, Museumshistorikerin Barbara Michal<br />
und Lehrerin i. R. Brigitte Goetz waren zusammen mit ihren Kollegen dem Rautenwappen<br />
auf der Spur.<br />
KV Osterhofen<br />
KV Osterhofen im Museum Quintana<br />
Einen interessanten Nachmittag verbrachten<br />
die Mitglieder des <strong>BLLV</strong>-<br />
Kreisverbandes Osterhofen im Museum<br />
Quintana. Museumsleiterin Frau Dr.<br />
Bayer - Niemeier entführte die Teilnehmer<br />
in die Zeit der Kelten um etwa<br />
1000 bis 450 v. Chr. . Bei einem Rundgang<br />
durch die beeindruckende Sonderausstellung<br />
erfuhren die Lehrerinnen<br />
und Lehrer anhand vieler Funde wie die<br />
Kelten an der Donau lebten, wie sie<br />
Handel trieben und ihre Toten bestatteten.<br />
Obwohl sie keine Schrift besaßen<br />
kann man neben den Grabungsfunden<br />
aufgrund der römischen Aufzeichnungen<br />
sehr viel über diesen Volksstamm<br />
erfahren. Beeindruckt zeigten sich die<br />
Zuhörer von den Ausführungen von Frau<br />
Dr. Bayer - Niemeier über den keltischen<br />
Fürstensitz auf der Heuneburg an der<br />
oberen Donau. Auch interessante Funde<br />
aus Künzing konnten die Teilnehmer<br />
bestaunen. Nach diesem kurzweiligen<br />
und informativen Rundgang ließ man<br />
den Nachmittag im Biergarten des<br />
Gasthofs Römerhof ausklingen.<br />
Irmgard Hötzinger<br />
<strong>Niederbayerische</strong> <strong>Schule</strong> Ausgabe 5 Juni/2008<br />
19
20<br />
Kreisverbände<br />
KV Wegscheid<br />
KV Wegscheid wieder „musikalisch“<br />
Wegscheid. Wie jedes Jahr veranstaltete<br />
der KV Wegscheid wieder seine<br />
von vielen Mitgliedern geschätzte<br />
„Musikreise“ nach Linz ins Brucknerhaus<br />
zu einer Konzertmatinee. Eine<br />
Reihe von rüstigen Pensionisten war<br />
auch wieder dabei, die die Gruppe,<br />
Die Reisegruppe vor dem Brucknerhaus<br />
KV Vilsbiburg<br />
Der KV besuchte das neu errichtete<br />
Jüdische Zentrum in München<br />
Die Vilsbiburger Lehrer fuhren mit dem<br />
Bus nach München, um dort das<br />
Jüdische Zentrum Jakobsplatz zu<br />
besuchen. Dieses Zentrum umfasst die<br />
Hauptsynagoge, das Jüdische Museum<br />
der Stadt München, Kindergarten<br />
und Grundschule und ein koscheres<br />
Restaurant. All diese Einrichtungen<br />
sind auch für Nicht-Juden gedacht.<br />
Schon von außen ist das Bauwerk<br />
beeindruckend. Die architektonischen<br />
Elemente Tempel und Zelt wurden hier<br />
kombiniert. Die Travertinverkleidung des<br />
<strong>Niederbayerische</strong> <strong>Schule</strong> Ausgabe 5 Juni/2008<br />
von Herlinde Geißler geführt, bereicherte.<br />
An diesem herrlich warmen und sonnenüberfluteten<br />
Aprilsonntag bekamen die<br />
Lehrerinnen und Lehrer das große<br />
Orchester der „Deutschen Staatsphilharmonie<br />
Rheinland – Pfalz“ zu sehen<br />
und zu hören. In erhebender Weise<br />
brachten die Profi – Musiker die Symphonien<br />
„L`Arlesienne“ von G. Bizet,<br />
„Symphonie espagnole“ von E. Lalo und<br />
die „Schottische“ von F. Mendelssohn<br />
Bartholdy zu Gehör. Der Klangkörper<br />
der Streicher und Bläser von fast 100<br />
Musikern brachte die Gäste in Verzü-<br />
monolithischen Sockels erinnert an die<br />
Klagemauer in Jerusalem; die fragile<br />
Konstruktion darüber symbolisiert das<br />
Zelt mit der Bundeslade.<br />
Im Inneren wirkt die Synagoge Licht<br />
durchflutet, fast heiter.<br />
In einer fachkundigen Führung wurde<br />
dann der Innenraum erklärt. Im Vorraum<br />
kann die rituelle Waschung vorgenommen<br />
werden. Der Hauptraum wird<br />
bestimmt von dem zentral gelegenen<br />
Vorlesepult und dem Thoraschrein in der<br />
Ostwand. Die Zehn Gebote stehen in<br />
ckung.<br />
Besonderes Highlight war der Auftritt<br />
der 22 – jährigen Wundergeigerin Mirijam<br />
Contzen aus Norwegen, die mit<br />
einer kaum fassbaren Fingerfertigkeit<br />
und Schnelligkeit die Geige spielte und<br />
zauberhafte Klänge in den Konzertsaal<br />
transferierte. Dirigent Ari Rasilainen aus<br />
Finnland leitete mehrere Zugaben, ehe<br />
die Zuhörer das Orchester entließen.<br />
Im Brucknerhaus wurde zu Mittag<br />
gegessen und alle waren sich einig: Eine<br />
gute Programmwahl, ein runder Musikausflug.<br />
Herlinde Geißler kündigte noch<br />
im Bus eine Wiederholung im nächsten<br />
Jahr an. Text und Foto: Rainer Moschek<br />
hebräischer Schrift an der Wand des<br />
Thoraschreines. Die Frauenplätze sind<br />
durch einen Sichtschutz abgetrennt.<br />
Vorne sind die Plätze für Vorbeter und<br />
Chorleiter. In einer orthodoxen Synagoge<br />
wird zwar gesungen, Musikinstrumente<br />
werden aber nicht verwendet.<br />
Schon im 18. und 19. Jahrhundert<br />
herrschte in München reges jüdisches<br />
Leben in einem toleranten Klima. Nach<br />
den schrecklichen Verfolgungen während<br />
der Nazizeit ist das Jüdische Zentrum<br />
Jakobsplatz Symbol einer neuen<br />
Annäherung.<br />
Monolithisch, fast abweisend wirkt die Synagoge von aussen... Licht durchflutet, heiter dagegen der Innenraum.
Das schaut gut aus!<br />
Die Dienstrechtreform in Bayern<br />
kommt! Dazu Wolfgang Brey, Kreisvorsitzender<br />
des Bayerischen Beamtenbundes<br />
(BBB): „Unsere Anregungen<br />
wurden weitgehend aufgegriffen. Wir<br />
werden sehen, was der Gesetzgeber<br />
daraus macht. Die Staatsregierung hat<br />
die richtige Richtung vorgegeben.“<br />
Besonders wichtig war dem BBB die<br />
Einführung der Leistungselemente „on<br />
top“ zusätzlich zur bisherigen Besoldung.<br />
Nun gelte es möglichst rasch<br />
konkrete Finanzierungspläne vorzulegen<br />
und den Zeitraum für die Einführung<br />
der Neuerungen festzuzurren.<br />
„Hier darf nicht zu lange gezögert<br />
werden“, warnt Brey. Der BBB erwartet<br />
erste Umsetzungen bereits im Jahr<br />
2009. Speziell mit Blick auf die Beförderungssituation<br />
seien schwerwiegende<br />
Versäumnisse der Vergangenheit<br />
wieder gut zu machen. Unzufrieden sei<br />
man derzeit insbesondere noch mit der<br />
wenig einfallsreichen Anhebung der<br />
Altersgrenze für den Eintritt in den<br />
Ruhestand.<br />
Bayern sei mit dem klaren Bekenntnis<br />
zum Berufsbeamtentum auf dem richtigen<br />
Weg. „Die Eckpunkte können wir in<br />
weiten Teilen mittragen“, so Brey. Die<br />
Staatsregierung habe von Anfang an die<br />
enge Zusammenarbeit mit dem BBB bei<br />
der Erarbeitung gesucht. Nun müsse<br />
abgewartet werden, wie der Landtag als<br />
zuständiger Gesetzgeber die Vorgaben<br />
ausfülle.<br />
Nach den Eckpunkten bleibt die Beförderung<br />
das zentrale Element der Leistungsorientierung.<br />
Diese soll von einer<br />
Vielzahl weiterer Möglichkeiten der<br />
Leistungsanerkennung flankiert werden.<br />
Das entspricht der Position des BBB.<br />
„Leistungsträger kommen im Moment<br />
häufig zu kurz“, bedauert der Kreisvorsitzende<br />
die derzeit zu starren Regelungen.<br />
„Die vorgelegten Eckpunkte weisen<br />
den Weg aus dieser Misere“, so Brey.<br />
Die vielfach als „Laufstall“ empfundenen<br />
Vorgaben des derzeitigen Laufbahnrechts<br />
müssen aufgebrochen werden<br />
zugunsten eines Systems, das das<br />
Potential des Einzelnen voll berücksich-<br />
Beamtenbund Kelheim<br />
tigt. Dem Bild des Beamten in der<br />
Öffentlichkeit könne dies nur nutzen.<br />
Wie wichtig Bayerns Ministerpräsident<br />
aber auch die Bildungspolitik ist, unterstreicht<br />
der Regierungschef: „Kein<br />
Talent darf unerkannt und keine Perspektive<br />
verbaut werden.“ MP Günther<br />
Beckstein baut auf den Austausch mit<br />
den Betroffenen. Aber bei aller Bereitschaft<br />
zu Reformen soll am gegliederten<br />
Schulsystem nicht gerüttelt werden.<br />
„Hauptschule und Realschule eröffnen<br />
den Weg zum Dualen System, von<br />
dessen Qualität wir weltweit beneidet<br />
werden“, sagt der Ministerpräsident.<br />
Ergebnis dieser guten Vorbereitung für<br />
hochqualifizierte Berufe sei auch die in<br />
Bayern besonders geringe Jugendarbeitslosigkeit.<br />
Ein Meilenstein sei überdies, dass ab<br />
dem neuen Schuljahr an allen beruflichen<br />
Oberschulen die fachgebundene<br />
und allgemeine Hochschulreife zu<br />
erwerben ist. Somit haben Meister und<br />
Techniker die Möglichkeit an einer<br />
Fachhochschule zu studieren.<br />
Zum Abschluss eines jederzeit offenen Gesprächs überreichten der Kreisvorsitzende des BBB und Lehrerfunktionär Wolfgang<br />
Brey, gleichzeitig Hauptschulrektor in der Spargelhochburg Abensberg und die 2. Bürgermeisterin der Gemeinde Elsendorf,<br />
Trägerin des Ehrenzeichens des Bayer.Ministerpräsidenten, auch im Auftrag von Bürgermeister Dr. Uwe Brandl und MdL (CSU)<br />
Martin Neumeyer ein Spargelgeschenk an MP Günther Beckstein und Bundeslandwirtschaftsminister Horst Seehofer.<br />
<strong>Niederbayerische</strong> <strong>Schule</strong> Ausgabe 5 Juni/2008<br />
21
22<br />
<strong>Schule</strong> damals/Termine<br />
Erlebnisse eines Junglehrers<br />
(1964)<br />
Erst ein paar Tage vor meinem ersten<br />
Einsatz als Lehrer erfuhr ich durch das<br />
Schulamt, an welchem Ort ich künftig<br />
meine frischen pädagogischen Fähigkeiten,<br />
eben sechs Semester lang<br />
erworben an der PH Regensburg, zum<br />
Einsatz bringen sollte. Nun, das kleine<br />
Dorf war nur wenige Kilometer von<br />
meinem Wohnort entfernt, und so<br />
konnte ich mich, da noch nicht motorisiert,<br />
mit meinem Fahrrad auf den Weg<br />
machen, um schon mal vorab die<br />
<strong>Schule</strong>, natürlich die herrliche gotische<br />
Kirche und eben den Ort an sich zu<br />
besichtigen.<br />
Wo sollte ich denn nun in diesem Ort<br />
eine Bleibe finden, damit ich nicht<br />
täglich mit meinem (alten, klapprigen)<br />
Fahrrad frühmorgens die acht Kilometer<br />
zurücklegen musste, bevor die Buben<br />
und Mädchen der Klassen 5 bis 8<br />
meiner, wie ich überzeugt war, pädagogischen<br />
Segnungen teilhaftig werden<br />
konnten? Der Gemeindesekretär, den<br />
ich in seiner kleinen Kanzlei aufsuchte,<br />
versicherte mir, er werde für mich das<br />
Passende finden. Nun, das war ja schon<br />
mal ein erster Silberstreifen am Horizont.<br />
Wenigstens diese Sorge schien ich<br />
los zu sein.<br />
So fuhr ich also an meinem ersten<br />
Schultag, hoffnungsfroh durch die<br />
herbstliche niederbayerische Landschaft<br />
radelnd, meinem Schulort entgegen. Ich<br />
war sehr früh dran, denn ich sollte ja<br />
noch meine zukünftige Bleibe besichtigen<br />
können. Und tatsächlich wartete<br />
der Sekretär mit dem Ruf „Herr Lehrer,<br />
ich hab was gefunden für Sie. Das<br />
schauen wir uns jetzt gleich an!“ vor der<br />
Kanzlei schon auf mich.<br />
Ich wurde also vom Sekretär zum nahen<br />
Bäckerladen geführt. Die Bäckermeisterin<br />
ließ, als sie unserer ansichtig wurde,<br />
alle Kunden im Laden kurzerhand stehen<br />
und mit einem entschuldigenden<br />
„Ich zeig schnell dem neuen Herrn<br />
Lehrer sein Zimmer!“ ließ sie die ver-<br />
<strong>Niederbayerische</strong> <strong>Schule</strong> Ausgabe 5 Juni/2008<br />
dutzten Kunden – so zu sagen „brotlos“<br />
– im Geschäft einfach stehen. Nun<br />
führte uns, mich und den sichtlich ob<br />
seines schnellen Erfolgens sehr stolzen<br />
Gemeindesekretär, die Bäckerin höchstpersönlich<br />
nach oben. Ich dachte<br />
schon, mein künftiges Domizil wäre im<br />
1. Stock, nein, es ging weiter im Haus<br />
nach oben, obwohl ich ja schon von der<br />
Außenansicht her wusste, dass drüber<br />
eigentlich nicht mehr viel Bewohnbares<br />
sein konnte.<br />
Doch ich sollte mich gewaltig täuschen.<br />
Im Dachgeschoss war tatsächlich noch<br />
was. Die Chefin des Hauses führte uns<br />
vor eine ‚Türe, na ja, eigentlich mehr ein<br />
Türchen, riss dieses auf, und ich starrte<br />
in ein niedriges Mansardenkämmerchen,<br />
in dem ich drei Betten zählte. Die Bäckerin<br />
muss meinen erschreckten Blick<br />
beobachtet, ihn aber dann doch total<br />
falsch gedeutet haben, da sie mich<br />
sofort mit folgenden Worten „beruhigte“:<br />
„Da schlafen auch noch der Geselle und<br />
der Lehrbub. Sie brauchen aber keine<br />
Angst zu haben, Herr Lehrer, dass die<br />
beiden Sie aufwecken, wenn sie in der<br />
Nacht zum Backen aufstehen müssen.<br />
Deshalb haben wir Ihnen das hintere<br />
Bett gegeben, damit die beiden nicht<br />
mitten in der Nacht über Sie drüber<br />
steigen müssen!“<br />
Nun, was soll ich noch sagen? Nach<br />
meinem ersten erfolgreichen Schultag<br />
an der Landschule, wo ich also ab<br />
sofort die Fünft- bis Achtklässler in einer<br />
Klasse zu unterrichten hatte, richtete ich<br />
mich nicht im „Drei-Betten-Luxus-<br />
Apartment“ ein, sondern ich radelte<br />
fortan täglich zum Schulort, bis ich dann<br />
noch noch eine „richtige“ Bleibe am Ort<br />
fand.<br />
Josef Strasser, Simbach a. Inn (KR i. R.)<br />
Vorankündigung:<br />
Dieses Jahr steht<br />
im <strong>BLLV</strong> alles unter<br />
dem Motto:<br />
100 Jahre<br />
ABJ<br />
Neben einer Zentralveranstaltung<br />
der Landes-ABJ in München wird<br />
es auch in den einzelnen Bezirken<br />
besondere Veranstaltungen<br />
zu ehren dieses Jubiläums geben.<br />
In Niederbayern werden wir am<br />
Samstag, den 12.07.08 im Landgasthof<br />
Reisinger bei Straubing<br />
eine Festveranstaltung mit offiziellem<br />
Rahmenprogramm aber auch<br />
anschließendem Essen, Musik und<br />
Kabarett veranstalten.<br />
Dazu möchten wir, die ABJ Niederbayern,<br />
an dieser Stelle schon<br />
einmal alle LehramtsanwärterInnen,<br />
Referendare und natürlich<br />
auch JunglehrerInnen herzlichst<br />
einladen!<br />
Es werden in den nächsten Tagen<br />
auch offizielle Einladungen an die<br />
Seminare und <strong>Schule</strong>n verschickt,<br />
welchen Sie dann die genauen<br />
Daten entnehmen können.<br />
Für alle, die in diesem Jahr ihr<br />
zweites Staatsexamen hinter sich<br />
gebracht haben, möchten wir<br />
innerhalb dieses Rahmens die<br />
Möglichkeit geben, diesen Anlass<br />
angemessen zu feiern.<br />
Wir freuen uns auf diesen Tag und<br />
hoffen, dass viele von Ihnen die<br />
Möglichkeit zum Kennenlernen,<br />
Erfahrungsaustausch und natürlich<br />
auch zum Feiern in geselliger<br />
runde wahrnehmen und den Weg<br />
in den Landgasthof Reisinger<br />
finden werden!
Termine<br />
Datum Veranstaltung Zeit Ort<br />
Samstag,<br />
11. Okt. 2008<br />
26./27.<br />
September 2008<br />
Lehrertag Essenbach<br />
Perspektivteam<br />
Rhetorikseminar mit<br />
Ehrenpräsident<br />
Dr. Albin Dannhäuser<br />
Passau<br />
Termine<br />
Redaktionsschluss<br />
„<strong>Niederbayerische</strong> <strong>Schule</strong>“<br />
Heft Redaktionsschluss<br />
Juli 23.06.08<br />
September 04.08.08<br />
Oktober 22.09.08<br />
Dezember 03.11.08<br />
Kurs für Integrative Gestaltpädagogik<br />
und heilende Seelsorge<br />
Die Kursarbeit basiert auf der Grundlage<br />
der christlichen Gestaltpädagogik<br />
und der integrativen Beratung nach A.<br />
Höfer.<br />
Dieser Kurs will vertraut machen mit<br />
verantwortungsbewusster Gestaltarbeit<br />
für unterschiedliche pädagogische<br />
Tätigkeitsbereiche. Gleichzeitig bietet er<br />
im Prozess der Selbsterfahrung die<br />
Chance der persönlichen Weiterentwicklung.<br />
Dies wird ermöglicht durch:<br />
Arbeit mit kreativen Methoden<br />
Ganzheitliche Erfahrung biblischer<br />
Texte<br />
Umgang mit Gruppenprozessen<br />
Reflexion der Erfahrungen im Blick<br />
auf deren persönliche Bedeutsamkeit<br />
Rituale (Tanz, Gebet, Gesang, liturgische<br />
Feiern)<br />
theoretische Grundlagen<br />
Der Kurs umfasst 8 Kursblöcke, verteilt<br />
auf 2 Jahre.<br />
Termine:<br />
1) Einführungsseminar<br />
(Auf der Grundlage dieses Einführungsseminars<br />
kann die Entscheidung zur<br />
Teilnahme am Gesamtkurs getroffen<br />
werden.):<br />
Donnerstag, 02.10. bis Sonntag,<br />
05.10.2008 (3 Tage)<br />
Bibliodrama<br />
Mittwoch, 25. Feb. 2009<br />
bis Sonntag, 1. März 2009 (4 Tage)<br />
Ich und mein Familiensystem<br />
Donnerstag, 30. April 2009<br />
bis Sonntag, 3. Mai 2009 (3 Tage)<br />
Elternbotschaften<br />
Freitag, 31. Juli 2009<br />
bis Dienstag, 4. Aug. 2009 (4 Tage)<br />
Identität – Rolle und Maske<br />
Freitag, 30. Okt. 2009<br />
bis Dienstag, 3. Nov. 2009 (4 Tage)<br />
Körperwissen<br />
Freitag, 12. Feb. 2010<br />
bis Montag, 15. Feb. 2010 (3 Tage)<br />
Die Kunst des Liebens<br />
Freitag, 26. März 2010<br />
bis Dienstag, 30. März 2010 (4 Tage)<br />
Zukunftsarbeit<br />
Mittwoch, 2. Juni 2010<br />
bis Samstag, 5. Juni 2010 (3 Tage)<br />
Die einzelnen Kursabschnitte finden<br />
ausschließlich während der unterrichtsfreien<br />
Zeiten statt.<br />
Die Kurseinheiten beginnen jeweils mit<br />
dem Abendessen (18.00 Uhr) und enden<br />
mit dem Mittagessen (12.00 Uhr).<br />
Ort:<br />
Haus der Begegnung „Heilig Geist“,<br />
Burghausen<br />
Kosten:<br />
Kursgebühr 45,- E pro Tag;<br />
Unterkunftskosten (EZ/VP) 46,- E<br />
Referenten:<br />
Regina Kadach, Gestalttrainerin (IGB),<br />
Seminarleiterin i.K., Ergolding<br />
Andreas Döberl, Gestalttrainer (IGB),<br />
Religionspädagoge, Burghausen<br />
Der Kurs ist als Lehrerfortbildung<br />
anerkannt. Er steht auch im FIBS.<br />
Nähere Informationen erhalten sie bei<br />
den Referenten unter:<br />
info@gestaltkurs.de<br />
Aktuelle Fortbildungen des Bildungswerks<br />
und der Akademie des <strong>BLLV</strong><br />
finden Sie unter: www.biwak.bllv.de<br />
<strong>Niederbayerische</strong> <strong>Schule</strong> Ausgabe 5 Juni/2008<br />
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Meditation<br />
Was keiner<br />
wagt<br />
<strong>Niederbayerische</strong> <strong>Schule</strong> Ausgabe 5 Juni/2008<br />
Was keiner wagt, das sollt ihr wagen.<br />
Was keiner sagt, das sagt heraus.<br />
Was keiner denkt, das wagt zu denken.<br />
Was keiner anfängt, das führt aus.<br />
Wenn keiner ja sagt, sollt ihr’s sagen.<br />
Wenn keiner nein sagt, sagt doch nein.<br />
Wenn alle zweifeln, wagt zu glauben.<br />
Wenn alle mittun, steht allein.<br />
Wo alle loben, habt Bedenken.<br />
Wo alle spotten, spottet nicht.<br />
Wo alle geizen, wagt zu schenken.<br />
Wo alles dunkel ist, macht Licht.<br />
Lothar Zenetti