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Vorhang auf! Weiter geht's! - Stadt Heidenheim

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Unsere<br />

Voithsiedlung<br />

12 5<br />

Voithsiedlung<br />

Erinnerungen:<br />

Verheerendes Hochwasser im Jahr 1986<br />

Meine Eltern<br />

wohnten damals<br />

in der Uhlandstraße<br />

und das<br />

elterliche Haus<br />

meiner Mutter<br />

war in der<br />

Schwabstraße,<br />

welches von<br />

einer Tante<br />

bewohnt wurde.<br />

Zu dem<br />

Zeitpunkt des<br />

Hochwassers<br />

wohnte ich in der<br />

Liststraße, als ich<br />

am späten Abend<br />

einen Anruf von<br />

meiner Mutter<br />

bekam. Sie sagte,<br />

die Voith- und<br />

Eisenbergsiedlung<br />

seien überschwemmt<br />

und<br />

Autos würden<br />

von dem Wasser<br />

durch die<br />

Uhlandstraße<br />

geschoben. Ich<br />

fragte sie, ob ich<br />

irgendwie helfen<br />

könnte und sie<br />

meinte, dass sie<br />

nicht wisse wo<br />

ihre Schwester<br />

sei, denn die<br />

müsse <strong>auf</strong> dem<br />

Heimweg von<br />

der Arbeit sein.<br />

Mein Mann fuhr<br />

dar<strong>auf</strong>hin los,<br />

kam aber nur bis<br />

zum Bahnübergang<br />

„Linde“.<br />

Am nächsten Tag<br />

erfuhren wir,<br />

dass sich meine<br />

Tante in die Telefonzelle<br />

an der<br />

Friedrich-Voith-<br />

Schule gerettet<br />

hatte und von der<br />

Feuerwehr befreit<br />

wurde. Ja,<br />

und dann ging es<br />

ans Aufräumen:<br />

Es war furchtbar,<br />

alles stank nach<br />

Öl, im Keller<br />

mussten die<br />

Lehmböden abgegraben<br />

werden<br />

und alles war<br />

nass und<br />

glitschig. Man<br />

kann das alles<br />

nicht erklären.<br />

Am schlimmsten<br />

war es am Sonntag,<br />

als die vielen<br />

Gaffer kamen.<br />

Ich sagte zu<br />

meinem Mann:<br />

„Noch eine<br />

Bemerkung von<br />

den Leuten und<br />

ich werfe mit<br />

Lehm und Dreck<br />

<strong>auf</strong> die feinen<br />

Damen und<br />

Herren.“<br />

Unsere<br />

Interview mit Fadime Alemdar:<br />

Mikroprojekt Integrationslotse<br />

Frauen mit Migrationshintergrund<br />

haben es besonders<br />

schwer, am Arbeitsleben teilzunehmen.<br />

Der Integrationslotse<br />

soll als Mittler fungieren zwischen<br />

Behörden, Institutionen<br />

und den Frauen und Möglichkeiten<br />

der <strong>Weiter</strong>bildung und<br />

Qualifizierung individuell <strong>auf</strong>zeigen.<br />

Fadime Aldemar ist seit<br />

Oktober Integrationslotsin. Heidrun<br />

Bäuerle hat sie dazu befragt.<br />

Frau Alemdar, Sie sind seit<br />

Oktober 2009 im Rahmen des<br />

Programmes Mikroprojekte im<br />

Rahmen des ESF-Bundesprogrammes<br />

Stärken vor Ort als Integrationslotsin<br />

tätig. Was genau<br />

ist Ihre Aufgabe?<br />

Fadime Alemdar: Meine Aufgabe<br />

war es sechs, Frauen mit Migrationshintergrund<br />

aus der<br />

Voithsiedlung zu finden und in<br />

enger Absprache mit ihnen herauszufinden,<br />

wo ihre Schwierigkeiten<br />

liegen, welche Bedürfnisse<br />

und Wünsche sie haben und<br />

wie jeder einzelnen individuell<br />

geholfen werden kann, um ihre<br />

Chancen <strong>auf</strong> eine Berufsausübung<br />

zu erhöhen.<br />

Wo genau liegen die Schwierigkeiten?<br />

Viele der Frauen kommen aus<br />

der Türkei und haben nie richtig<br />

Deutsch gelernt. Sie haben mehrere<br />

Kinder und ihr Leben spielt<br />

sich im Allgemeinen zu Hause<br />

ab. Ohne Sprachkenntnisse können<br />

sie weder selbstständig zum<br />

Arzt gehen, noch zum Elternabend.<br />

Sie sind im Alltag immer<br />

<strong>auf</strong> Hilfe von Familienangehörigen<br />

oder Nachbarn angewiesen<br />

und besuchen auch bei Interesse<br />

keine Veranstaltungen, da sie die<br />

Sprache nicht verstehen.<br />

Und was wünschen sich die<br />

Frauen?<br />

Die Frauen möchten gerne einen<br />

Sprachkurs besuchen. Allerdings<br />

darf dieser nicht, wie oft<br />

üblich, <strong>auf</strong> hohem Niveau stattfinden,<br />

sondern sollte sich sehr<br />

eng am Alltag der Frauen orientieren.<br />

Einfache Dinge wie Begrüßung,<br />

Arztbesuch, Schule,<br />

Eink<strong>auf</strong>en. Also eher ein bisschen<br />

wie ein Urlaubs-Sprachkurs,<br />

wo man einfache Fragen<br />

und Antworten lernt und viele<br />

Rollenspiele macht. Und ganz<br />

wichtig, der Sprachkurs sollte<br />

seinen Schwerpunkt <strong>auf</strong> der gesprochenen<br />

Sprache haben, da<br />

es auch Frauen gibt, die nie eine<br />

Schule besucht haben.<br />

Gibt es sonst noch Wünsche<br />

der Frauen?<br />

Ganz wichtig für die Frauen<br />

wäre ein Treffpunkt, ein Kommunikationszentrum,<br />

wo sie sich<br />

unverbindlich treffen könnten,<br />

wo ein Austausch unter Frauen<br />

stattfinden könnte und zwar in<br />

räumlicher Nähe zu Kindergarten<br />

und Schule, zu Zeiten, wo die<br />

Kinder versorgt sind und vielleicht<br />

auch so, dass sie ihre kleinen<br />

Kinder mitbringen können.<br />

So etwas wie ein Frauencafé.<br />

Möchten die Frauen selbst etwas<br />

an ihrer Situation ändern?<br />

Ja, es gibt Frauen, die gerne<br />

ihr eigenes Geld verdienen<br />

möchten mit einer einfachen<br />

Arbeit, die sie gut mit Familie<br />

und ohne große Vorkenntnisse<br />

ausüben können.<br />

Haben alle die von Ihnen besuchten<br />

Frauen schlechte Voraussetzungen<br />

für einen beruflichen<br />

Einstieg?<br />

Nein, es gibt auch Frauen, die<br />

gut Deutsch sprechen, auch einen<br />

Schulabschluss haben, aber<br />

danach nie eine Ausbildung gemacht<br />

haben. Bei ihnen geht es<br />

darum, Wege zu finden, wie sie<br />

sich weiterqualifizieren können.<br />

Frau Alemdar, Sie kennen die<br />

unterschiedlichsten Menschen<br />

und sind <strong>auf</strong>geschlossen und<br />

vielseitig aktiv. Also genau die<br />

Richtige, wenn es darum geht<br />

zwischen den Kulturen zu vermitteln,<br />

Unterschiede <strong>auf</strong>zuzeigen,<br />

Missverständnisse auszuräumen<br />

und für gegenseitiges<br />

Verständnis zu werben.<br />

Ja, ich bin gerne mit den unterschiedlichsten<br />

Menschen in-<br />

Kontakt und finde es selbst relativ<br />

unwichtig, woher jemand<br />

kommt oder welche Muttersprache<br />

er spricht. Im Mittelpunkt<br />

Mustafa „Adem“ Kahriman<br />

Neuer Vorsitzender in der Mevlana Moschee<br />

Die Mevlana Moschee in der<br />

Giengener Straße hat einen<br />

neuen Vorsitzenden. Nachfolger<br />

von Abdullah Göcmen ist<br />

Mustafa „Adem“ Kahriman, 29,<br />

Zerspanungsmechaniker bei<br />

Voith.<br />

Mit Elan möchte sich<br />

Mustafa Kahriman an die vielen<br />

neuen Aufgaben als Vorsitzender<br />

machen. Im Moment ist er<br />

dabei, bei den Mitgliedern<br />

Hausbesuche zu machen und<br />

sich reihum vorzustellen. Seine<br />

größte Aufgabe sieht er im umfassenden<br />

Umbau der Mevlana<br />

Moschee.<br />

Seither vermietete Räume<br />

sollen in die Moschee eingegliedert<br />

werden und somit mehr<br />

Raum entstehen, der dann für<br />

moderne Aufenthaltsräume für<br />

die Männer genutzt werden soll.<br />

Auch die restlichen Bereiche,<br />

deren Aufteilung noch aus der<br />

Zeit des ehemaligen Gasthauses<br />

besteht, sollen ganz neu gestaltet<br />

werden. Ein großes Vorhaben ist<br />

das, das durch Spendengelder finanziert<br />

werden muss.<br />

Die Mevlana-Moschee, die<br />

zur AMGT (Avrupa Milli Görüs<br />

Der 29-jährige Mustafa „Adem“ Kahriman ist der neue Vorsitzende<br />

der Mevlana-Moschee.<br />

Teskilat) gehört, der „Vereinigung<br />

der Neuen Weltsicht in Europa“<br />

sieht sich als Treffpunkt<br />

für Muslime. Wie Kahriman sind<br />

etwa 90 Prozent der Besucher<br />

türkischer Abstammung.<br />

Der Moscheeverein, der Ende<br />

der Siebziger von türkischen<br />

Gastarbeitern gegründet wurde,<br />

feiert dieses Jahr sein 30-jähriges<br />

Bestehen. Dazu soll es im nächsten<br />

Frühjahr auch eine kleine<br />

Ausstellung in der Moschee geben.<br />

Ansonsten ist, wie Mustafa<br />

Kahriman erläutert, das religiö-<br />

Integrationslotsin Fadime Aldemdar will sich für die Belange von<br />

Frauen mit Migrationshintergrund einsetzen.<br />

se Leben eng mit dem gesellschaftlichen<br />

Leben der Gläubigen<br />

verbunden, heißt es doch<br />

im Koran „Ein Gebet in Gemeinschaft<br />

ist 27 mal wirkungsvoller<br />

als ein Gebet alleine zu<br />

Hause.“<br />

Für gläubige Männer ist das<br />

Freitagsgebet Pflicht. Am Mittag,<br />

zum Sonnenhöchststand<br />

sollte man sich zum Gebet treffen:<br />

„Lasst die Arbeit ruhen<br />

und geht zum Gebet.“<br />

Dass dies nicht unbedingt<br />

einfach mit dem modernen Arbeitsleben<br />

zu vereinbaren ist,<br />

das gibt Kahriman gerne zu und<br />

gesteht, dass er versucht, möglichst<br />

alle drei Wochen pünktlich<br />

zum Freitagsgebet zu erscheinen.<br />

Auch dafür gibt es<br />

eine Regel. Ansonsten gibt es in<br />

der Muradiye-Moschee in der<br />

Weststadt die Möglichkeit, eine<br />

Stunde später zum Gebet zu gehen,<br />

was besonders Leuten, die<br />

Schicht arbeiten, entgegenkommt.<br />

Für Frauen übrigens gibt es<br />

keine Pflicht, das Freitagsgebet<br />

zu besuchen. Ihre Teilnahme ist<br />

freiwillig.<br />

steht das Menschliche und dabei<br />

sind die Unterschiede meist sehr<br />

gering.<br />

Heidrun Bäuerle<br />

Das Freitagsgebet wird nach<br />

Auskunft von Kahriman von 80<br />

bis 100 Leuten besucht. Die<br />

Männer beten im großen Gebetsraum,<br />

für die Frauen gibt es<br />

eine Übertragung der Predigt in<br />

den kleinen Raum, der als Gebetsraum<br />

für Frauen und als<br />

Raum für den Koranunterricht<br />

der Mädchen genutzt wird.<br />

Koranunterricht gibt es in der<br />

Koranschule, die samstags und<br />

sonntags und in den Ferien stattfindet<br />

und von ungefähr 30<br />

Mädchen und 15 bis 20 Jungen<br />

besucht wird.<br />

Am Wochenende werden<br />

Abendgebet und Nachtgebet besucht<br />

und die Moschee wird<br />

Treffpunkt für die Familien und<br />

Gläubigen. Auch sonst dient die<br />

Moschee als Treffpunkt, man<br />

schaut gerne Fußball und Fernsehen<br />

und auch für die Jugend<br />

gibt es Veranstaltungen und<br />

Möglichkeiten, um sich zu treffen.<br />

Für die Zukunft geplant sind<br />

zudem ein Sprachkurs für Frauen<br />

und ein Nachhilfekurs für<br />

Kinder.<br />

Heidrun Bäuerle

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