14 <strong>DER</strong> <strong>STOCKSAMMLER</strong> <strong>Nr</strong>. 4, <strong>Dezember</strong> <strong>1981</strong>. Reprint 2006 hatte er eine schöne dunkelrote Färbung, die durch Einreihen mit Fett noch vertieft wurde. Um die alte Tradition der Schäfer, sich solche Schäferstecken herzustellen, nicht in Vergessenheit geraten zu lassen, haben die beiden Engländer David Grant und Edward Hart 1972 in ihrem Büchlein “Shepherds’ Crooks and Walking Sticks" diese Technik beschrieben. Man findet die gleichen Angaben auch, wenn man sich mit der deutschen bäuerlichen Handwerkskunst beschäftigt. Im allgemeinen hat oder hatte jeder Hirte der etwas auf sich hält mehrere Stöcke. Die einfachen benutzte er zum Hüten, die schönen, oft reich verzierten, gehörten zur Tracht, mit denen ging man in die Stadt, auf ein Amt, zum Markt oder ins Wirtshaus. Bei den Schäfern wurde am Ende der Krümme oft ein Widder oder ein Widderkopf dargestellt. Der Schäfer bildete eventuell auch sich selbst, manchmal zusammen mit einem Tier, ab. In England wurde aus den Schafhorngriffen oft ein Tier geschnitzt, das der Schäfer beim täglichen Gang durch die Fluren beobachtete. Forellen und Lachse, Wasserläufer und Eisvogel oder auch ein Reiher wurden dargestellt. Oft wurden die Tierszenen auch den eigentlichen Stock weiter hinab geschnitzt. Manchmal wurden diese Tierbilder auch eingefärbt. In Ungarn findet man einen typischen Hirtenstock, bei dem das obere Ende deutlich dicker ist. Aus der verschiedenartigen Bezeichnung für diesen Stock geht teilweise der Verwendungszweck hervor, manchmal wird nur die Form beschrieben. Er wird entweder einfach als Hirtenstock bezeichnet oder als Schweinehirten- oder Pferdehirtenstock, als Betyarenstock, als Prügel, Knotenstock oder auch als Bleistock oder Schläger. Das dickere Ende ist oft leicht gebogen. Die alten Hirten benutzten diese Stöcke zum Antreiben der Tiere, sie warfen sie auch einmal nach den Tieren, wenn diese ausbrechen wollten. Einen solchen Stock benutzten sie zum Abstützen. Aber man konnte sich auch darauf setzen. Kleinere Tiere, wie zum Beispiel Hasen, konnte man bequem damit totschlagen und hatte dann einen Braten. Ein solcher Stock spielte eine Rolle bei den Hirtentänzen und diente gelegentlich auch als Waffe. Bis 190 cm lang sind diese Stöcke, meist sind sie aber nur von Spazierstocklänge, also etwa 90 cm. Sie sind aus dem Holz der Komelkirsche, vom Hundsbeerstrauch, aus Weißdorn, Wildbirne, Eisbeere und natürlich aus Eiche, seltener aus Weidenholz. Im vergangenen Jahrhundert benutzten die ungarischen Hirten Stöcke, deren dickeres Ende mit Zinnguß verziert und beschwert war. Mit einem solchen Stock konnte man beim Werfen besser zielen. In der Hortobágy Puszta besaßen die Rinderhirten die dicksten und knorrigsten Stöcke. Die Pferdehirten hatten dünnere und die Schweinehirten die dünnsten, oben gebogenen Stöcke. Durch diese Biegung sollte verhindert werden, dass man die Schweine verletzte, wenn man nach Dr. Dieter W. Banzhaf Schweinsbergstraße 36 74074 Heilbronn
<strong>DER</strong> <strong>STOCKSAMMLER</strong> <strong>Nr</strong>. 4 <strong>Dezember</strong> <strong>1981</strong>. Reprint 2006 Dr. Dieter W. Banzhaf Schweinsbergstraße 36 74074 Heilbronn Hirtenstöcke aus ungarischen Hirtenmuseen. Links einfacher geschnitzter Stock. Daneben zwei Stöcke mit Einlegearbeiten aus verschiedenfarbigen Materialien. Es folgen zwei Stöcke mit Verzierungen aus Zinn. Einfacher geschnitzter Schäferstecken und ganz rechts außen Schäferstecken Griff aus Messing gegossen mit eingebrannter Inschrift m Schuss. 15