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Heft 4/2002 - Offene Kirche Württemberg

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späte Mitteilung und dafür, dass er<br />

keine andere Stelle für ihn habe,<br />

entschuldigte sich <strong>Kirche</strong>nrat Walther<br />

Strohal im Prozess und bat das Gericht,<br />

das Urteil schnell zu fällen, damit Pfarrer<br />

Kammerer wieder in eine gesicherte<br />

Lage kommt. Hansjörg Kammerer will<br />

den Makel des Wartestandes nicht<br />

hinnehmen. Schließlich bleiben die<br />

Folgen der Zerrüttung zwischen<br />

<strong>Kirche</strong>ngemeinderat und Pfarrer – unabhängig<br />

von der Schuldfrage – immer am<br />

Hauptamtlichen hängen: 20-prozentige<br />

Reduzierung des Gehalts und unerwarteter<br />

Wohnungswechsel, was die ganze<br />

Familie betrifft.<br />

Wartestandsangelegenheiten sind<br />

offensichtlich Probleme der schwierigeren<br />

Art. Einerseits fühlen sich die<br />

Betroffenen gemobbt, andererseits will<br />

der Oberkirchenrat, dass Ruhe in den<br />

Gemeinden einkehrt. Weil Pfarrer<br />

Kammerers Stelle schon in „a & b“<br />

ausgeschrieben war, obwohl er sie<br />

rechtlich noch inne hat, solange er klagt,<br />

wurde intensiv darüber diskutiert, ob<br />

der Oberkirchenrat seiner Fürsorgepflicht<br />

nachgekommen ist. Stellen zum<br />

Aussuchen hat er zur Zeit nicht unbegrenzt<br />

zur Verfügung. Hansjörg Kammerer<br />

möchte das Problem deshalb in<br />

die Synode bringen, weil sie den<br />

Stellenplan beschließt. Er ist der Meinung,<br />

dass die Landeskirche ihm eine<br />

Stelle besorgen muss, wenn er von<br />

Renningen weg soll. Das Urteil wird vier<br />

Wochen nach der Verhandlung verkündet.<br />

Das ist direkt vor der Herbstsynode,<br />

in der die Gesprächsgruppe „Evangelium<br />

und <strong>Kirche</strong>“ einen Änderungsantrag<br />

für die Wartestandsregelung einbringt.<br />

Darin stellt sie u.a. fest, dass für eine<br />

Konfliktlösung zwischen PfarrerIn und<br />

Gemeinde das Besetzungsgremium<br />

allein ungeeignet ist. Es solle ein Modell<br />

entwickelt werden, in dem Besetzungsgremium,<br />

Oberkirchenrat, DekanIn,<br />

PrälatIn, Pfarrervertretung und PfarrerIn<br />

zusammenwirken. Zu bedenken sei,<br />

dass sich bei Versetzung in den Wartestand<br />

der Eindruck einer Disziplinarmaßnahme<br />

dadurch verstärke, dass der<br />

analoge Vorgang der „Amtsenthebung<br />

unter Versetzung in den Wartestand“ im<br />

Disziplinargesetz der EKD als reguläre<br />

Diszilinarmaßnahme bei nachgewiesener<br />

Amtsverpflichtung aufgeführt<br />

werde. Der Antrag geht Pfarrer Kammerer<br />

nicht weit genug, da er keine<br />

Konsequenzen für <strong>Kirche</strong>ngemeinderäte,<br />

gewählte Vorsitzende oder Dienstvorgesetzte<br />

im Blick habe.<br />

Reform der EKD<br />

Bekenntnisgemeinschaften –<br />

ein deutsches Trauerspiel<br />

Die Christen in Deutschland sind in der<br />

Regel evangelisch oder katholisch. Das<br />

ist die landläufige Meinung. Aber weit<br />

gefehlt, das ist zu ungenau!<br />

Die evangelischen Christen gehören<br />

darüber hinaus nämlich einer besonderen<br />

Bekenntnisgemeinschaft an (und<br />

dies abgesehen von den Freikirchen, wie<br />

etwa Methodisten). Aber die evangelischen<br />

<strong>Kirche</strong>n sind doch zusammengeschlossen<br />

in der EKD. Und Bischof Kock<br />

ist doch ihr Sprecher! Wiederum weit<br />

gefehlt. Denn innerhalb dieses Zusammenschlusses<br />

gibt es Bekenntnisgemeinschaften:<br />

Die lutherischen, die<br />

unierten und die reformierten <strong>Kirche</strong>nbünde.<br />

Sie haben jeweils ihre eigene<br />

Bekenntnis-„Hoheit“, wie Landesbischof<br />

Johannesdotter von der kleinen lutherischen<br />

<strong>Kirche</strong> von Schaumburg-Lippe<br />

betont.<br />

Nun haben die <strong>Kirche</strong>nbünde allerdings<br />

schon vor geraumer Zeit ein Abkommen<br />

getroffen, welches ihnen ermöglicht,<br />

nicht nur im deutschen Sprachraum<br />

theologisch zusammen zu stehen. Das<br />

ist die Leuenberger Konkordie, in der<br />

sich die lutherischen, unierten und<br />

reformierten <strong>Kirche</strong>n feierlich gegenseitig<br />

als <strong>Kirche</strong>n anerkennen und einander<br />

Kanzel- und Abendmahlsgemeinschaft<br />

gewähren. Ohne diese Konkordie wäre<br />

ja wohl die evangelische <strong>Kirche</strong> in<br />

Deutschland, die EKD, gar nicht<br />

möglich. Denn dann müsste in unserer<br />

umtriebigen Zeit eine Familie, die zum<br />

Beispiel ihre Wohnung von Stuttgart<br />

nach Karlsruhe verlegen wollte, gleichsam<br />

ihre Konfession wechseln. Aus<br />

Stuttgarter Lutheranern müssten dann<br />

Karlsruher Unierte werden, und dies gar<br />

mit Papier und Unterschrift. Gesetzt den<br />

Fall, die Familie bestünde aus Kirchgängern,<br />

so müssten sie sich ohnehin an<br />

eine andere Liturgie gewöhnen. Das<br />

wäre denkbar. Aber an eine andere<br />

Konfession? Wir sind noch immer<br />

evangelisch, würden sie sagen.<br />

Spätestens an dieser Stelle wird deutlich,<br />

dass die Frage nach dem Bekenntnis auf<br />

der unteren Ebene des Gemeindeglieds<br />

auf Unverständnis stoßen würde. Was<br />

Wolf-Dietrich Hardungt<br />

○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○<br />

Landesbischof Johannesdotter meint mit<br />

dem Stichwort Bekenntnis-„Hoheit“, ist<br />

offensichtlich ein Problem von <strong>Kirche</strong>nleitungen.<br />

Jener beschreibt in den<br />

VELKD-Informationen vom 12. Oktober<br />

<strong>2002</strong> folgendes Beispiel: Es „zeigt sich,<br />

dass das Verständnis des Bekenntnisses<br />

in den reformierten und lutherischen<br />

<strong>Kirche</strong>n ein unterschiedliches ist. .....<br />

Das unterschiedliche Verständnis ... hat<br />

sich zuletzt an einer politischen Frage<br />

entzündet, nämlich an der Frage der<br />

Nachrüstung zu Beginn der achtziger<br />

Jahre. Das Moderamen (das Vorstandskollegium)<br />

des reformierten Bundes hat<br />

damals die gesamte atomare Rüstung<br />

einschließlich der Drohung mit Atomwaffen<br />

zur Sünde erklärt und den<br />

Widerstand gegen sie als Bekenntnisfall<br />

gefordert. ... Dagegen hielt die VELKD<br />

die Position, politische Entscheidungen<br />

könnten niemals zu Bekenntnisfragen<br />

der <strong>Kirche</strong>n werden, weil nichts Vorletztes<br />

den Rang von Letztem (als Bekenntnisfrage)<br />

erhalten dürfe. Dass moderne<br />

Atombomben das irdische Leben<br />

weithin ausradieren könnten, wurde als<br />

vorletzte Frage eingestuft!<br />

Bei der EKD-Synode im November <strong>2002</strong><br />

in Timmerdorfer Strand wurde die Frage<br />

des unterschiedlichen Bekenntnisses<br />

immer wieder als Argument gegen den<br />

Abbau konfessioneller Bünde ins Feld<br />

geführt. Auf der <strong>Kirche</strong>nkonferenz, der<br />

Versammlung der Leitungen aller 24<br />

Landeskirchen, soll im Dezember ein<br />

Ausschuss für eine Strukturreform<br />

gebildet werden. Ob die Landeskirchen<br />

zu einem Ergebnis kommen werden,<br />

steht freilich noch dahin. Ein Trauerspiel!<br />

Seite 12 O��ENE KIRCHE<br />

Nr. 4, Dezember <strong>2002</strong>

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