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festivalzeitung nr. 05 / 20.06.2007 - Schillertage

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Foto: Hans Jörg Michel<br />

✶8 MORALISCHE ANSTALT FESTIVALZEITUNG <strong>20.06.2007</strong> BESTIE MENSCH 14. INTERNATIONALE SCHILLERTAGE / NATIONALTHEATER MANNHEIM<br />

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WIE VIEL TIER IM MENSCHEN STECKT<br />

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Was das Tier vom Menschen<br />

trennt ist definiert. Die Linie<br />

steht wie eine Mauer unüberwindbar<br />

wie ein Löwenkäfig im Zirkus.<br />

Zumindest wollen die Menschen das<br />

glauben. Dass es nicht so ist, zeigt sich<br />

beim SWR2-Forum am Sonntag zum<br />

Thema „Der kleine Unterschied.“ Drei,<br />

die es wissen müssen, stehen dem Publikum<br />

Rede und Antwort zu den Fragen<br />

rund um die Trennlinie: Hirnforscherin<br />

Hannah Monyer, Raubtierdompteur Gerd<br />

Simoneit-Barum und Verhaltensforscher<br />

Wulf Schiefenhövel. Während des<br />

Gesprächs wird die Linie allerdings<br />

immer durchlässiger.<br />

Die Geschichte fängt im Gehirn an.<br />

Dort schlummert eine Region, die nur<br />

wahrgenommen wird, wenn sie nicht<br />

mehr funktioniert: Der Hirnstamm reguliert<br />

die vitalen Funktionen. Diese Hir<strong>nr</strong>egion<br />

haben alle Säugetiere gemein.<br />

Eine Station darüber befindet sich der<br />

Hippocampus. Hier werden Gedächtnisinhalte<br />

angelegt, Emotionen mit Erinnerungen<br />

verbunden. Schiefenhövel bringt<br />

ein Beispiel von einem Fisch im Meer,<br />

der an jeder seiner Stationen unbewusst<br />

Post-It-Zettel klebt: Der Raubfisch bekommt<br />

ein „böse“, der Futterplatz ein<br />

„lecker.“ Das erleichtert die Orientierung.<br />

Mit Ängsten gehen Mensch und<br />

Tier ähnlich um. Feste Plätze geben ein<br />

Gefühl von Sicherheit.<br />

Gerd Simoneit-Barum weiß das von<br />

seinen Raubkatzen: „Wissen die, wo was<br />

ist, sind sie viel gelassener.“ Beim Menschen<br />

ist die Situation am neuen Arbeitsplatz<br />

ähnlich. Viele Faktoren lösen Gefühle<br />

aus. Kommt dem Menschen ein<br />

Artgenosse zu nah, entsteht Stress. Wird<br />

die Fluchtdistanz nicht eingehalten, wollen<br />

auch Tiere sich aus dem Staub machen.<br />

So werden Schimpansen in Gefan-<br />

Podiumsdiskussion im Oberen Foyer des Nationaltheaters<br />

genschaft krank, wenn sie nicht genügend<br />

Abstand zum dominanten Genossen<br />

haben: Synapsen sterben ab. Zelltod<br />

im Hippocampus.<br />

Ob und wie viel Stress entsteht,<br />

hängt davon ab, ob Mensch und Tier sich<br />

riechen können. Der Geruchssinn ist<br />

beim Tier wesentlich ausgeprägter als<br />

beim Menschen, bei dem sich nur ein<br />

kleiner Teil des Gehirns mit dem Riechen<br />

beschäftigt. Dass er trotzdem stark vom<br />

Riechen gesteuert wird, zeigt sich unter<br />

anderem daran, dass erst kürzlich direkte<br />

Nervenbahnen zwischen Nase und Hippocampus<br />

festgestellt wurden.<br />

Rund ein Viertel des Gehirns dagegen<br />

kümmert sich um Mimik und Gestik des<br />

Foto: Sabine Demm<br />

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SCHILLER UND ICH<br />

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Wann hat Schiller Sie<br />

zum ersten Mal berührt?<br />

Bei einem wunderbaren Theaterabend<br />

innerhalb der Programmsichtung der<br />

14. Internationalen <strong>Schillertage</strong>.<br />

Über was würden Sie<br />

mit Schiller sprechen wollen?<br />

Gegenübers. Auch wenn man sein Gesicht<br />

noch so gerne beherrschen möchte,<br />

es ist schlichtweg unmöglich, vor allem<br />

beim Lügen. „Der Mensch ist ein ehrliches<br />

Tier, denn er erkennt die Lüge im<br />

roten Gesicht der anderen“, sagt Schiefenhövel.<br />

Dass ohne die Mimik Sprache nicht<br />

entstanden wäre, mag einleuchten. Dass<br />

der Mensch so immer noch Informationen<br />

weiter gibt und die Fähigkeit im Grimassen<br />

ziehen fortentwickelt hat, weniger.<br />

Der Schimpanse, des Menschen<br />

nächster Verwandter, hat mimisch weniger<br />

drauf als der Homo Sapiens. Der geht<br />

noch wesentlich weiter: Er gestikuliert<br />

und holt die Information aus der Zweidi-<br />

Ganz ehrlich – über die <strong>Schillertage</strong>.<br />

Mit welchem Schiller-Text können<br />

Sie tatsächlich was anfangen?<br />

Ich mag auch den Lyriker Schiller.<br />

Was nervt Sie an Schiller?<br />

Niemand weiß, ob die Sache mit den<br />

mensionalität des Gesichts hinein in den<br />

Raum. Kulturell übergreifend sind hier<br />

das Deuten mit dem Zeigefinger und das<br />

Bitten.<br />

Vieles haben Menschen und Tiere<br />

miteinander gemein. Bei Braunbär und<br />

Co allerdings ist nicht alles so weit entwickelt.<br />

Dass sich Spuren der evolutionären<br />

Vorgänger nicht verwischen lassen,<br />

bemerkt der moderne Mensch nur selten.<br />

Vergessen sollte er sie dennoch<br />

nicht. Wie Mimik und Gestik funktionieren,<br />

haben die drei auf dem Podium in<br />

ihrem a<strong>nr</strong>egenden Gespräch übrigens<br />

eindrucksvoll demonstriert.<br />

✶ LYDIA DARTSCH<br />

Äpfeln in der Schublade wirklich<br />

stimmt.<br />

Wann werden Sie zur Bestie?<br />

...sag ich nicht.....<br />

Holger Schulz ist <strong>Schillertage</strong>-Macher<br />

und Projektleiter des Festivals.

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