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AU PETIT BACCHANT - Koller Auktionen

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144<br />

MÖBEL, PENDULEN, BRONZEN, SPIEGEL, TAPISSERIEN UND DIVERSES<br />

1228*<br />

1 PAAR BISCUIT-GIRANDOLEN „<strong>AU</strong> <strong>PETIT</strong> <strong>BACCHANT</strong>“, spätes<br />

Louis XVI, nach Modellen von CLODION (Claude Michel, 1738-1814)<br />

und L. DE LA RUE (Louis de la Rue, tätig Ende 18. Jh.), Paris, 19. Jh.<br />

Biscuit und vergoldete Bronze. Laufender kleiner Bacchant mit<br />

Weinkranz, im Arm je 1 geschweiften Lichtarm mit vasenförmiger<br />

Tülle und rundem Tropfteller tragend, auf profiliertem Rundsockel<br />

mit Perlstab. H 36 cm.<br />

Provenienz: Aus englischem Besitz.<br />

1229<br />

1228<br />

Eine ähnliche Ausführung mit einem Satyrn und einem kleinen Mädchen in<br />

Bronze wurde bei Sotheby’s New York am 24.5.2007 (Katalognr. 358) verkauft.<br />

Lit.: Thieme/Becker, Leipzig 1999; 7/8, S. 110/111 (biogr. Angaben).<br />

CHF 6 000.- / 10 000.-<br />

(€ 3 750.- / 6 250.-)<br />

Siehe Abb.<br />

1229*<br />

1 PAAR GROSSE ZIERVASEN, Louis XVI-Stil, Paris.<br />

Porphyr und vergoldete Bronze. Urnenförmige, mit grossen Steinbockköpfen<br />

und Girlanden beschmückte Vase mit teils durchbrochenem<br />

Hals, grossem Deckelknauf und Rundfuss, auf Quadersockel.<br />

H 67 cm.<br />

Provenienz: Aus einer Schweizer Sammlung.<br />

Für Angaben zu Porphyr siehe Fussnote der Katalognr. 1237.<br />

CHF 25 000.- / 45 000.-<br />

(€ 15 630.- / 28 130.-)<br />

Siehe Abb.<br />

1230*<br />

BISCUIT-KAMINPENDULE „<strong>AU</strong>X AMOURS“, spätes Louis XVI,<br />

nach Vorlagen von J. LA RUE (Entwerfer, tätig 2. Hälfte 18. Jh.),<br />

das Zifferblatt sign. C<strong>AU</strong>CHARD A PARIS, Paris, 19. Jh.<br />

Auf rundem, mit Blumengirlanden beschmücktem Uhrgehäuse sitzendes<br />

Amoren-Pärchen, seitlich 2 Turteltauben und Köcher, vorn<br />

ein weiterer Putto auf Wolke, auf Bastionssockel. Emailzifferblatt mit<br />

arabischen Stundenzahlen und 2 feinen Zeigern. Pariser Werk mit<br />

1/2-Stundenschlag auf Glocke. Vergoldete Beschläge und Applikationen<br />

in Form von Rosetten, Voluten und Perlstab. 42x15x43 cm.<br />

Provenienz: Aus englischem Besitz.<br />

Die Entwurfszeichnung des Modells der hier angebotenen Pendule befindet<br />

sich im Musée des Arts Décoratifs in Paris und ist abgebildet in: H. Ottomeyer<br />

/ P. Pröschel, Vergoldete Bronzen - Die Bronzearbeiten des Spätbarock und<br />

Klassiszismus, München 1986; I, S. 251 (Abb. 4.6.23).<br />

CHF 6 000.- / 9 000.-<br />

(€ 3 750.- / 5 630.-)<br />

Siehe Abb.


1230<br />

MÖBEL, PENDULEN, BRONZEN, SPIEGEL, TAPISSERIEN UND DIVERSES 145


146<br />

MÖBEL, PENDULEN, BRONZEN, SPIEGEL, TAPISSERIEN UND DIVERSES<br />

1231<br />

BONHEUR DU JOUR MIT PORZELLANPLAKETTEN, Louis XVI-<br />

Stil, sign. GROHE FRERES EBENISTES DU ROI A PARIS (Zusammenarbeit<br />

von Guillaume Grohe, 1805-1885, und Jean Michel<br />

Grohe ab 1829), Paris um 1860/70.<br />

Rosenholz und diverse Edelhölzer fein eingelegt mit Filets und Zierfries,<br />

die Plaketten mit feinen Puttendarstellungen. Prismierter Korpus<br />

mit vorkragendem, gekehltem Kranz auf gerader Zarge mit sich<br />

nach unten verjüngenden Vierkantbeinen. Unterteil mit 1 abklappbaren,<br />

mit grünem Leder bezogenen Schublade. Leicht zurückgesetzter<br />

Aufsatz mit Doppeltüre unter Kopfschublade und durchbrochener<br />

Messinggalerie. Ausserordentlich feine, matt- und glanzvergoldete<br />

Bronzebeschläge, -applikationen und -sabots. 100x55x164 cm.<br />

Provenienz: Schweizer Privatbesitz.<br />

1231 (Detail)<br />

1232<br />

G. Grohé wurde in Wintersheim geboren und zog 1822 mit seinem Bruder Jean-<br />

Michel nach Paris. Zwei Jahre später führten sie ihre eigene Werkstatt, die schon<br />

bald eine bedeutende „notoriété“ erlangte. Ab 1847 als offizielle Gemeinschaft<br />

„Grohé Frères“ tätig, belieferten sie König Louis-Philippe, Kaiser Napoleon III,<br />

Kaiserin Eugénie, Königin Viktoria von England, den Duc d’Aumale, Madame<br />

Pelouze usw. In zeitgenössischen Quellen wird G. Grohé wie folgt beschrieben:<br />

„Un célèbre industriel qui fut aussi l’un des grands artistes de son temps... digne<br />

continuateur de Boulle, Gouthière et Riesener, véritable grand maître de<br />

l’ébénisterie artistique au XIXe siècle. Une carrière de plus de cinquante années,<br />

exclusivement consacrée au relèvement et à la reconstitution d’in art national<br />

entre tous... a rempli nos musées, nos palais nationaux de chefs d’oeuvres imcomparables.<br />

Son influence sur le grand art industriel a été décisive.“ in: D.<br />

Ledoux-Lebard, Le mobilier français du XIXe siècle, Paris 1989; S. 237-298.<br />

Durch die Teilnahme an zahlreichen Ausstellungen, wo er regelmässig Preise<br />

erhielt, wurde G. Grohé als Vize-Präsident des „comité d’admission et<br />

d’installation“ gewählt und in dessen Rapport als „maître incontesté de<br />

l’ébénisterie moderne“ bezeichnet.<br />

Lit.: C. Payne, 19th Century European Furniture, Suffolk 1981; S. 37 (biogr.<br />

Angaben).<br />

CHF 15 000.- / 25 000.-<br />

(€ 9 380.- / 15 630.-)<br />

Siehe Abb.<br />

1232<br />

1 PAAR VASENPENDULEN „<strong>AU</strong>X CERCLES TOURNANTS“,<br />

Louis XVI-Stil, die Werke sign. ROBIN HORLOGER DU ROY A<br />

PARIS (Robert Robin, Meister 1767) bzw. bez. und num. R.H.R.A.P.<br />

No. 2, Paris, Ende 19. Jh.<br />

Vergoldete Bronze und grüner Marmor. Urnenförmiges Gehäuse<br />

mit geschweiften Henkeln, Pinienzapfenknauf und kanneliertem<br />

Rundfuss, auf profiliertem Rundsockel. Die Wandung mit reliefierter<br />

Darstellung des Apoll mit Musen und kleinen Karyatiden. 2 sich<br />

drehende Emailringe mit arabischen Minuten- bzw. römischen<br />

Stundenzahlen und 1 Zeiger. Vertikales Ankerwerk. H 47 cm.<br />

Provenienz: Genfer Privatbesitz.<br />

1231 (Detail)<br />

Pendulen-Paare wurden oft von Handelsvertretern und Kaufleuten in Auftrag<br />

gegeben - sie besassen meist zwei identische Pendulen, um die Zeit in verschiedenen<br />

Zeitzonen ablesen zu können.<br />

Lit.: J.D. Augarde, Les ouvriers du temps, Genf 1996; S. 391-393 (biogr. Angaben).<br />

H.L. Tardy, Dictionnaire des horlogers français, Paris; S. 561f. (biogr. Angaben).<br />

CHF 25 000.- / 45 000.-<br />

(€ 15 630.- / 28 130.-)<br />

Siehe Abb.


1231<br />

MÖBEL, PENDULEN, BRONZEN, SPIEGEL, TAPISSERIEN UND DIVERSES 147


148<br />

MÖBEL, PENDULEN, BRONZEN, SPIEGEL, TAPISSERIEN UND DIVERSES<br />

1233*<br />

FIGUR DES BACCHUS, Louis XVI-Stil, Paris, Ende 19. Jh.<br />

Brünierte Bronze und roter, gefleckter Marmor. Sitzender, lachender<br />

Bacchus-Knabe mit Becher und Weinkranz, auf profiliertem<br />

Zylindersockel. H 44 cm.<br />

Provenienz: Aus einer englischen Sammlung.<br />

CHF 2 000.- / 3 000.-<br />

(€ 1 250.- / 1 880.-)<br />

Siehe Abb.<br />

1234*<br />

KAMINPENDULE „<strong>AU</strong> BACCHUS“, Louis XVI-Stil, das Zifferblatt<br />

bez. IMPORTE PAR JOSEPH LEJA STOCKHOLM (schwedisches<br />

Handelsunternehmen, gegr. Mitte 19. Jh.), Paris um 1860/80.<br />

„Sarancolin“-Marmor und vergoldete bzw. brünierte Bronze. Viereckiges,<br />

sich nach unten verjüngendes Gehäuse mit kleinem Faun<br />

und einem Knaben, Bacchus am Ohr ziehend, auf profilierter<br />

Quaderplatte mit Perlstab und viereckigen Füssen. Fein mit Blumengirlanden<br />

bemaltes Emailzifferblatt mit arabischen Stundenzahlen<br />

und 2 feinen Zeigern. Pariser Werk mit 1/2-Stundenschlag<br />

auf Glocke. Vergoldete Beschläge und Applikationen in Form von<br />

Tamburin, Maske, Panflöte und Blumen. 26x20x53 cm.<br />

Provenienz: Aus einer englischen Sammlung.<br />

1233 1234<br />

1235<br />

CHF 6 000.- / 9 000.-<br />

(€ 3 750.- / 5 630.-)<br />

Siehe Abb.<br />

1235*<br />

ENCRIER, Louis XVI-Stil, Paris.<br />

Rosafarbener, dunkel geäderter Marmor und Silber. Geschweifte,<br />

gewulstete Platte mit 2 kleinen Deckelgefässen, länglicher Mulde<br />

für Schreibzeug und Kreiselfüssen. L 33 cm, B 20 cm.<br />

CHF 1 000.- / 1 500.-<br />

(€ 630.- / 940.-)<br />

Siehe Abb.<br />

1236*<br />

KAMINPENDULE, Louis XVI, das Zifferblatt sign. BARANCOURT<br />

A PARIS (Michel Pierre Barancourt, Meister 1779), das Zifferblatt J.<br />

COTE<strong>AU</strong> (Jean Coteau, Genf 1740-1801 Paris) zuzuschreiben,<br />

Paris um 1780/90.<br />

Bronze matt- und glanzvergoldet. Allseitig verglastes Gehäuse auf<br />

profiliertem Sockel mit Kreiselfüssen. Fein bemaltes Zifferblatt<br />

mit arabischen Minuten- und römischen Stundenzahlen sowie<br />

Datum und Sekunde. 4 Zeiger. Feines Ankerwerk mit 1/2-Stundenschlag<br />

auf Glocke. Ausserordentlich feine Bronzebeschläge in<br />

Form von Girlande, Masche und Zierfries. 24x16x48 cm.<br />

Eine nahezu identische Pendule, mit Zifferblatt sign. Raingo à Paris, wurde in<br />

unserer Juni-Auktion 2005 (Katalognr. 1268) verkauft.<br />

P.M. Barancourt arbeitete vor allem mit F. Vion, J.L. Beaucourt und F. Rémond<br />

zusammen; zu seiner illustren Kundschaft gehörten die Duchesse de Saxe-<br />

Teschen, der Herzog von Bayern und der Bailli de Breteuil.<br />

J. Coteau erhielt den Titel „maître peintre-émailleur“ von der Genfer Académie<br />

de Saint-Luc. In den späten 1760er Jahren zog er nach Paris, wo er in der Rue<br />

Poupée sein Atelier installierte. Bald hatte er sich einen Namen als herausragender<br />

Emailmaler gemacht und fertigte die wohl bedeutendsten und akkuratesten<br />

Zifferblätter seiner Zeit. Coteau entwickelte ein neues Verfahren, das es<br />

ihm ermöglichte, mit Goldlegierungen auf Porzellanfond zu malen; es ist<br />

daher nicht verwunderlich, dass er auch für die königliche Manufacture de<br />

Sèvres arbeitete.<br />

Lit.: J.D. Augarde, Les ouvriers du temps, Genf 1995; S. 103 und 342 (Abb.<br />

zweier Skelettpendulen mit Zifferblättern von Coteau) und S. 277 (biogr.<br />

Angaben zu Barancourt). Thieme/Becker, Leipzig 1999; 7/8, S. 551 (biogr.<br />

Angaben zu Coteau). H.L. Tardy, Dictionnaire des horlogers français, Paris<br />

1976; S. 27 (biogr. Angaben zu Barancourt).<br />

CHF 45 000.- / 75 000.-<br />

(€ 28 130.- / 46 880.-)<br />

Siehe Abb.


1231 1236<br />

MÖBEL, PENDULEN, BRONZEN, SPIEGEL, TAPISSERIEN UND DIVERSES 149


150<br />

MÖBEL, PENDULEN, BRONZEN, SPIEGEL, TAPISSERIEN UND DIVERSES<br />

1237<br />

1237*<br />

BRONZEGRUPPE, nach Vorlagen der Antike, Paris, Ende 19. Jh.<br />

Bronze brüniert. Äskulap, auf seinen schlangenumwundenen Stab<br />

gestützt, und Hygieia, hinter ihnen eine liegende Kuh, auf Ovalsockel.<br />

H 37 cm.<br />

Provenienz: Aus einer englischen Sammlung.<br />

1239 (Detail)<br />

CHF 1 000.- / 1 500.-<br />

(€ 630.- / 940.-)<br />

Siehe Abb.<br />

1238<br />

NIEREN-GUERIDON, Louis XVI-Stil, Paris.<br />

Zitronenholz, Palisander und teils getönte Edelhölzer gefriest. In<br />

durchbrochene Messinggalerie gefasstes, vorstehendes Blatt auf<br />

gerader Zarge mit durch entsprechendes Zwischentablar verbundenen<br />

Vierkantbeinen auf geschweiften Tatzenfüssen. Front mit 1<br />

Schublade. Vergoldete Bronzebeschläge und -sabots. 54x31x73 cm.<br />

Provenienz: Schweizer Privatbesitz.<br />

CHF 1 500.- / 2 500.-<br />

(€ 940.- / 1 560.-)<br />

Siehe Abb.<br />

1239*<br />

KOMMODE, Louis XVI-Stil, sign. LINKE A PARIS (François Linke,<br />

1855-1946), das Schloss bez. CT LINKE SERRURERIE PARIS, nach<br />

dem königlichen Modell von J.F. LELEU (Jean-François Leleu,<br />

Meister 1764), Paris um 1900.<br />

Rosenholz, Palisander und diverse Edelhölzer gefriest sowie fein<br />

eingelegt mit Diamantspitz und Zierfries. Prismierter Korpus auf<br />

gerader Zarge mit kannelierten Säulenbeinen. Front mit 2 Schubladen<br />

ohne Traverse unter schmaler Kopfschublade. Ausserordentlich<br />

feine, matt- und glanzvergoldete Bronzebeschläge, -applikationen<br />

und -sabots. Profilierte „Griotte Rouge“-Platte. 94x52x94 cm.<br />

Provenienz: Aus französischem Besitz.<br />

1238<br />

Sehr bedeutende Kommode von bestechender Qualität; man beachte die ausserordentlich<br />

fein ziselierten, vergoldeten Bronzebeschläge. Die Vorlage wurde<br />

1773 für den Petit Trianon gefertigt und ist abgebildet in: Die Kunst des<br />

französischen Möbels, München 1988, S. 310 (Abb. 396).<br />

Für weitere Angaben zu F. Linke siehe auch die Fussnote der Katalognr. 1107.<br />

CHF 70 000.- / 120 000.-<br />

(€ 43 750.- / 75 000.-)<br />

Siehe Abb.


MÖBEL, PENDULEN, BRONZEN, SPIEGEL, TAPISSERIEN UND DIVERSES 151<br />

1239


152<br />

MÖBEL, PENDULEN, BRONZEN, SPIEGEL, TAPISSERIEN UND DIVERSES<br />

1240<br />

DEMILUNE-KOMMODE, Louis XVI-Stil, sign. SORMANI A PARIS<br />

(Paul Sormani, geb. 1817 in Canzo), Paris um 1900.<br />

Rosenholz und Palisander gefriest sowie ausserordentlich fein eingelegt<br />

mit Blumen, Blättern, Mäanderband, Filets und Zierfries. Abgerundeter<br />

Korpus mit vorstehenden Eckstollen auf gerader Zarge mit<br />

sich nach unten verjüngenden Vierkantbeinen. Front mit 3 Zentralschubladen,<br />

die unteren ohne Traverse, die oberste schmäler. Seitlich<br />

je 1 Fach mit Türe. Feine, vergoldete Bronzebeschläge. Mehrfach<br />

profilierte, rot/gelb gesprenkelte Marmorplatte. 79x39x91 cm.<br />

Provenienz: Schweizer Privatbesitz.<br />

1241<br />

1240<br />

P. Sormani, dessen Firma während mehr als 90 Jahren mit grossem Erfolg<br />

Luxusmöbel von höchster Qualität produzierte, gehört zu den wichtigsten<br />

Ebenisten des 19. Jahrhunderts. Die Qualität der Möbel aus den Jahren<br />

1860/80 gilt als die beste aus der Werkstatt Sormani.<br />

Lit.: D. Ledoux-Lebard, Le mobilier français du XIXe siècle, Paris 1989; S.<br />

583-588 (biogr. Angaben). C. Payne, 19th Century European Furniture,<br />

Suffolk 1981; S. 41/42 (biogr. Angaben).<br />

CHF 5 000.- / 9 000.-<br />

(€ 3 130.- / 5 630.-)<br />

Siehe Abb.<br />

1241*<br />

1 PAAR ZIERVASEN „A L’ATHENIENNE“, Louis XVI-Stil, Paris.<br />

„Vert de Mer“-Marmor und vergoldete Bronze. Kugeliger, profilierter<br />

Gefässkörper mit Deckelknauf in Form eines Schmetterlings,<br />

auf 3 Stützen mit an den Händen geketteten Putti und Doppel-<br />

Huffüssen sowie zentraler, geringelter Schlange, auf profiliertem<br />

Sockel mit Perlstab und Kugelfüssen. H 67 cm.<br />

CHF 15 000.- / 25 000.-<br />

(€ 9 380.- / 15 630.-)<br />

Siehe Abb.<br />

1242*<br />

PENDULE MIT PORZELLANPLAKETTEN, Louis XVI-Stil, das<br />

Zifferblatt sign. JULIEN LE ROY A PARIS (Julien II Le Roy, Meister<br />

1713), Paris um 1870.<br />

Matt- und glanzvergoldete Bronze sowie Porzellan, bemalt im<br />

Sèvres-Stil. 2 neben dem runden Werkgehäuse mit Vasenaufsatz<br />

sitzende junge Frauen, auf Bastionssockel mit Kreiselfüssen. Die<br />

Front und Seiten fein bemalt mit Liebespaar und Blumengirlanden.<br />

Emailzifferblatt mit römischen Stunden- und arabischen<br />

Minutenzahlen. Pariser Werk mit 1/2-Stundenschlag auf Glocke.<br />

Vergoldete Beschläge und Applikationen in Form von Widderköpfen,<br />

Blumen- und Früchtegirlanden, Maschen, Akanthusdekor<br />

und Zierfries. 43x17x48 cm.<br />

Lit.: J.D. Augarde, Les ouvriers du temps, Genf 1996; S. 356f. (biogr. Angaben).<br />

H.L. Tardy, Dictionnaire des horlogers français, Paris; S. 394f. (biogr.<br />

Angaben).<br />

CHF 10 000.- / 15 000.-<br />

(€ 6 250.- / 9 380.-)<br />

Siehe Abb.


1242<br />

MÖBEL, PENDULEN, BRONZEN, SPIEGEL, TAPISSERIEN UND DIVERSES 153


154<br />

MÖBEL, PENDULEN, BRONZEN, SPIEGEL, TAPISSERIEN UND DIVERSES<br />

1243<br />

1245<br />

1243<br />

GROSSE BÜSTE DER MARIE-ANTOINETTE, wohl Neapel, Ende<br />

19. Jh.<br />

Porzellan polychrom bemalt. Marie-Antoinette in königlichem<br />

Umhang, mit hochgestecktem Haar, Blumenbinde und Medaillon<br />

um den Hals, auf Rechtecksockel. Trägt eine Signatur HOUDON.<br />

Wenig bestossen. H 73 cm.<br />

Provenienz: Schweizer Privatbesitz.<br />

1244 (1 Paar)<br />

CHF 2 500.- / 4 500.-<br />

(€ 1 560.- / 2 810.-)<br />

Siehe Abb.<br />

1244*<br />

1 PAAR VASEN MIT BRONZEMONTUR, Louis XVI-Stil, Paris um<br />

1900.<br />

Rotbraun glasiertes Porzellan, vergoldete Bronze und Messing.<br />

Hochgezogener Vasenkörper mit kurzem Hals und profiliertem<br />

Rundfuss. Vergoldete Beschläge und Applikationen in Form von<br />

Frauenmaskaronen, durchbrochenem Zierband, Palmetten und<br />

Perlstab. H 40 cm.<br />

CHF 2 000.- / 3 000.-<br />

(€ 1 250.- / 1 880.-)<br />

Siehe Abb.<br />

1245*<br />

OVALES GUERIDON „A L’ANTIQUE“, spätes Louis XVI, Paris,<br />

Ende 19. Jh.<br />

Bronze matt- und glanzvergoldet sowie brüniert. In profilierten<br />

Bronzestab gefasste Onyx-Platte auf gerader Zarge mit 4 durch<br />

geschweiften Kreuzsteg mit Zwiebelgirlande verbundenen Säulenbeinen<br />

auf Bocksfüssen. 55x73x74 cm.<br />

Provenienz:<br />

- Aus deutschem Privatbesitz.<br />

- Auktion Galerie <strong>Koller</strong> Zürich am 27.3.2003 (Katalognr. 1182).<br />

- Aus einer italienischen Sammlung.<br />

CHF 4 500.- / 7 500.-<br />

(€ 2 810.- / 4 690.-)<br />

Siehe Abb.


1246<br />

1 PAAR ZIERATHENIENNES, spätes Louis XVI, Frankreich, 19. Jh.<br />

„Brocatello di Spagna“-Marmor und vergoldete Bronze. Kugeliger,<br />

profilierter Vasenkörper mit durchbrochener Lippe, auf 3 Stützen<br />

mit Satyrköpfen und Huffüssen, im Zentrum geringelte Schlange,<br />

auf profiliertem Rundsockel. H 40 cm.<br />

Provenienz: Schweizer Privatbesitz.<br />

CHF 6 000.- / 10 000.-<br />

(€ 3 750.- / 6 250.-)<br />

Siehe Abb.<br />

1247*<br />

1 PAAR SÄULEN, Louis XVI-Stil, Russland, Ende 19. Jh.<br />

„Portor“-Marmor sowie matt- und glanzvergoldete Bronze. Rechteckiges<br />

Blatt auf korinthischem Kapitell mit fein kanneliertem<br />

Säulenschaft und Rundfuss, auf Sockelplatte mit Ball- und Klauenfüssen.<br />

H 130 cm.<br />

Provenienz: Privatsammlung, Deutschland.<br />

CHF 25 000.- / 45 000.-<br />

(€ 15 630.- / 28 130.-)<br />

Siehe Abb.<br />

1248*<br />

BEMALTE PENDULE mit Sockel, Louis XVI, Neuenburg, um 1800.<br />

Holz allseitig gefasst; auf rotem Fond bunte Blumen und Blätter.<br />

Geschweiftes Gehäuse mit Vasenaufsatz auf sich nach unten markant<br />

verjüngendem Sockel. Emailzifferblatt mit arabischen Minuten-<br />

und römischen Stundenzahlen. Ankerwerk mit 3/4-Stundenschlag<br />

auf 2 Glocken. Reiche „laiton repoussé“-Beschläge.<br />

44x25x119 cm.<br />

Sehr guter, restaurierter Erhaltungszustand.<br />

1246<br />

MÖBEL, PENDULEN, BRONZEN, SPIEGEL, TAPISSERIEN UND DIVERSES 155<br />

CHF 4 000.- / 7 000.-<br />

(€ 2 500.- / 4 380.-) 1247


156<br />

MÖBEL, PENDULEN, BRONZEN, SPIEGEL, TAPISSERIEN UND DIVERSES<br />

1250<br />

1249<br />

1249*<br />

FOLGE VON 8 STÜHLEN, Louis XVI, deutsch um 1800.<br />

Nussbaum beschnitzt mit Rosetten, Henkelvase, Masche und<br />

Zierfries. Hufförmiger Sitz auf gerader Zarge mit sich nach unten<br />

verjüngenden Vierkantbeinen. Eingezogene, bogenförmig<br />

abschliessende Rückenlehne mit fein durchbrochenem Baluster.<br />

Beiger Veloursbezug. 46x47x50x94 cm.<br />

Provenienz: Aus einer italienischen Sammlung.<br />

CHF 7 000.- / 9 000.-<br />

(€ 4 380.- / 5 630.-)<br />

Siehe Abb.<br />

1250*<br />

PRUNK-SPIEGEL, Louis XVI, süddeutsch um 1780.<br />

Holz durchbrochen und reich beschnitzt mit Kartuschen, Blumen,<br />

Blättern, Girlanden und Zierfries sowie vergoldet. Rechteckiger,<br />

profilierter Rahmen mit markant durchbrochenem Kartuschenaufsatz.<br />

Zweigeteiltes Spiegelglas. H 210 cm, B 83 cm.<br />

Provenienz: Aus einer deutschen Sammlung.<br />

CHF 12 000.- / 18 000.-<br />

(€ 7 500.- / 11 250.-)<br />

Siehe Abb.<br />

1251<br />

1 PAAR DECKELVASEN, Louis XVI, wohl Frankreich um 1800.<br />

Blei. Urnenförmiger Gefässkörper mit seitlichen Löwenbüsten und<br />

Pinienzapfen-Deckel auf profiliertem Rundfuss mit Rechteckplatte.<br />

Witterungsspuren. H 70 cm.<br />

Provenienz: Schweizer Privatsammlung.<br />

CHF 5 000.- / 7 000.-<br />

(€ 3 120.- / 4 380.-)<br />

1252<br />

1 PAAR DEMILUNE-KOMMODEN MIT LACK-PANNE<strong>AU</strong>X,<br />

Louis XVI-Stil, Frankreich um 1900.<br />

Rosenholz und diverse Edelhölzer gefriest sowie fein eingelegt mit<br />

Filets und Zierfries, das Lackpanneau im „goût chinois“; auf schwarzem<br />

Fond Figurenstaffage in idealisierter Parklandschaft. Halbrunder


Korpus mit vorstehenden Eckstollen auf gerader Zarge mit sich nach<br />

unten verjüngenden Vierkantbeinen. Front mit 1 Türe unter Kopfschublade,<br />

seitlich je 1 herausklappbare Schublade. Vergoldete Bronzebeschläge.<br />

Profilierte „Fleur de Pêche“-Platte. 105x45x95 cm.<br />

Provenienz: Schweizer Privatbesitz.<br />

CHF 15 000.- / 25 000.-<br />

(€ 9 380.- / 15 630.-)<br />

Siehe Abb.<br />

1253<br />

ROTE SCHILDPATT-PENDULE mit Sockel, Louis XVI, das Werk sign.<br />

P. JAQUET-DROZ A LA CH<strong>AU</strong>X DE FONDS EN SUISSE (Pierre Jaquet<br />

Droz, La-Caux-de-Fonds 1721-1790 Biel), Westschweiz um 1780.<br />

Holz und rotes Schildpatt. Geschweiftes Gehäuse mit durchbrochenem<br />

Blumenaufsatz und Volutenfüssen auf sich nach unten verjüngendem<br />

Sockel. Bombiertes Emailzifferblatt mit arabischen Minuten-<br />

und römischen Stundenzahlen sowie 2 feinen Zeigern. Feines<br />

Ankerwerk mit 4/4-Stundenschlag auf 2 Glocken. Vergoldete Bronzebeschläge<br />

und -applikationen in Form von Blumen, Blättern,<br />

Voluten und Kartuschen. Etwas zu überholen. 48x19x115 cm.<br />

Provenienz: Schweizer Privatbesitz.<br />

P. Jaquet-Droz stammte aus einer Uhrmacherdynastie und studierte zuerst<br />

Theologie, ehe er sich der Uhrmacherei widmete. In den 1750er Jahren reiste er<br />

nach Spanien und Paris, wo er die Bekanntschaft mit F. Berthoud machte.<br />

Aller Wahrscheinlichkeit nach bildete er sich bei ihm weiter. Durch diese<br />

Beziehung gelang es P. Jaquet-Droz, sich in der französischen Metropole einen<br />

Namen zu schaffen und Kontakt zu wichtigen Kunsthändlern aufzunehmen.<br />

Mehrere Pendulen, die alle mit Musikautomaten - seiner grossen Spezialität -<br />

bestückt waren, konnte er dem spanischen Hof verkaufen. Nach seiner<br />

Rückkehr führte er zusammen mit seinen Familienmitgliedern in La-Chauxde-Fonds<br />

ein erfolgreiches Unternehmen, zu dessen Kunden Angehörige des<br />

europäischen Hochadels zählten.<br />

Lit.: A. Chapuis, Histoire de la pendule neuchâteloise, Neuchâtel 1917; S.<br />

106-114 (biogr. Angaben).<br />

CHF 4 000.- / 7 000.-<br />

(€ 2 500.- / 4 380.-)<br />

Siehe Abb.<br />

1252<br />

MÖBEL, PENDULEN, BRONZEN, SPIEGEL, TAPISSERIEN UND DIVERSES 157<br />

1253


158<br />

MÖBEL, PENDULEN, BRONZEN, SPIEGEL, TAPISSERIEN UND DIVERSES<br />

1257<br />

1254<br />

1254*<br />

ANRICHTE UND 1 PAAR BEISTELLSCHRÄNKE, sog. „open<br />

bookcases“, Edwardian, sign. EDWARDS & ROBERTS („cabinet<br />

makers“, tätig in London in den 1890er Jahren), England um<br />

1880/90.<br />

Zitronenholz und diverse, teils getönte Edelhölzer gefriest sowie<br />

ausserordentlich fein eingelegt mit Henkelvasen, Girlanden und<br />

Zierfries. Rechteckiger Korpus mit vorstehendem Blatt auf gerader<br />

Zarge mit sich nach unten verjüngenden Vierkantbeinen. Offene<br />

Front mit Tablaren, die Schränke mit Kopfschublade. Durchbrochene<br />

Messinggalerie und Bronzeknöpfe. Anrichte 120x30x101<br />

cm, Schränke 50x34x101 cm.<br />

Provenienz: Aus einer englischen Sammlung.<br />

Feines Ensemble von hoher Qualität.<br />

Die Firma Edwards & Roberts fertigte und verkaufte im ausgehenden 19.<br />

Jahrhundert qualitativ hochstehende Möbel und Einrichtungsgegenstände. Zur<br />

illustren Kundschaft gehörten u.a. die zu immensem Reichtum gelangten<br />

Londoner Bankiersfamilien.<br />

CHF 40 000.- / 70 000.-<br />

(€ 25 000.- / 43 750.-)<br />

Siehe Abb.<br />

1255*<br />

CARTEL „A LA TETE DE LION“, spätes Lous XVI, Paris um<br />

1800/20.<br />

Bronze matt- und glanzvergoldet. Wappenförmiges Gehäuse mit<br />

Löwenmaskaron und -fell, Widderköpfen, Girlanden und markantem<br />

Vasenaufsatz. Emailzifferblatt mit arabischen Minuten- und<br />

römischen Stundenzahlen. Ankerwerk mit 1/2-Stundenschlag auf<br />

Glocke. Zu revidieren. 41x13x77 cm.<br />

Provenienz: Privatsammlung, Deutschland.<br />

CHF 1 000.- / 1 500.-<br />

(€ 630.- / 940.-)


1256<br />

GEFASSTER SPIEGEL „<strong>AU</strong>X MASCARONS“, Louis XVI, Frankreich,<br />

Ende 18. Jh.<br />

Holz beschnitzt und vergoldet bzw. teils grün gefasst. Rechteckiger,<br />

profilierter, fein reliefierter und jochförmig abschliessender<br />

Rahmen mit Aufsatz in Form eines Früchtekorbes mit Maskaronen,<br />

Voluten, Blättern und Zierfries. H 82 cm, B 52 cm.<br />

Provenienz: Schweizer Privatsammlung.<br />

CHF 1 000.- / 1 500.-<br />

(€ 630.- / 940.-)<br />

1257 (Blatt)<br />

MÖBEL, PENDULEN, BRONZEN, SPIEGEL, TAPISSERIEN UND DIVERSES 159<br />

1257*<br />

RUNDES GUERIDON, Louis XVI, Russland um 1780.<br />

Uralgranit mit rosa Quarzeinschlüssen sowie matt- und glanzvergoldete<br />

Bronze. In feinen Bronzering gefasste Platte auf gerader<br />

Zarge mit eingerollten, durch entsprechendes Zwischentablar<br />

verbundenen Volutenstützen, auf Tatzenfüssen mit Rollen. D 55,5<br />

cm, H 72,5 cm.<br />

Provenienz: Pariser Privatsammlung.<br />

Feines, ausserordentlich elegantes Guéridon von bestechender Qualität.<br />

CHF 25 000.- / 45 000.-<br />

(€ 15 630.- / 28 130.-)<br />

Siehe Abb.


160<br />

MÖBEL, PENDULEN, BRONZEN, SPIEGEL, TAPISSERIEN UND DIVERSES<br />

1258<br />

KOMMODE, Louis XVI, wohl Niederlande um 1775/80.<br />

Nussbaum, -wurzelmaser und diverse Edelhölzer gefriest sowie<br />

mit Vasen, Einrichtungsgegenständen und Zierfries eingelegt.<br />

Prismierter Korpus mit vorstehendem Blatt auf wellig ausgeschnittener<br />

Zarge mit sich nach unten verjüngenden Vierkantbeinen auf<br />

späteren Tatzenfüssen. In der Mitte leicht vorstehende Front mit 3<br />

Schubladen ohne Traverse. Bronzebeschläge und -hänger.<br />

98x56x84 cm.<br />

Provenienz: Privatbesitz, Basel.<br />

CHF 12 000.- / 18 000.-<br />

(€ 7 500.- / 11 250.-)<br />

Siehe Abb.<br />

1259*<br />

OVALES GUERIDON, Louis XVI, J. KLINCKERFUSS (Johannes<br />

Klinckerfuss, 1770-1831) zuzuschreiben, süddeutsch, Ende 18. Jh.<br />

Mahagoni gefriest. In durchbrochene Messinggalerie gefasste,<br />

weisse Marmorplatte auf bogenförmig ausgeschnittener Zarge mit<br />

sich nach unten verjüngenden Vierkantbeinen. Front mit Zentralschublade,<br />

seitlich je 1 per Knopfdruck zu öffnendes Schwenkfach.<br />

Bronzebeschläge und -sabots. Mit alter Inventaretikette des<br />

Schlosses Jettingen. 61x47x78 cm.<br />

Provenienz:<br />

- Ehemals Besitz der Familie von Stauffenberg in Schloss Jettingen.<br />

- Aus deutschem Besitz.<br />

Ausserordentlich feiner Tisch von hoher Qualität, den starken Einfluss von D.<br />

Roentgen auf das Werk des J. Klinckerfuss offenbarend.<br />

Die Stauffenberg sind ein katholisches, schwäbisches Geschlecht von uradeligen<br />

Reichsrittern und werden 1262 zum ersten Mal urkundlich erwähnt, 1698 zu<br />

Reichsfreiherren. Ihre Herrschaften, u.a. auch Jettingen, fielen durch<br />

Mediatisierung 1803 teils an das Königreich Bayern, teils an das Königreich<br />

Württemberg. Schloss Jettingen wurde 1480 von Hans van Stain als Wasserschloss<br />

errichtet und danach mehrfach umgebaut; Franz Theodor Freiherr von Stain<br />

verkaufte 1748 das Schloss an Freiherrn Lothar Philipp Schenk von Stauffenberg<br />

zu Wülfingen; ab 1874 war es in Besitz der Grafen Schenk von Stauffenberg.<br />

1258<br />

Claus Philipp Maria Schenk Graf von Stauffenberg (geb. 1907 in Jettingen,<br />

gest. 1944 in Berlin) war als deutscher Offizier während des Zweiten<br />

Weltkriegs eine der zentralen Figuren des militärischen Widerstands gegen den<br />

Nationalsozialismus. Er führte persönlich das gescheiterte Attentat vom 20.<br />

Juli 1944 auf Adolf Hitler aus und war als Stabschef beim Befehlshaber des<br />

Ersatzheeres entscheidend an der anschliessenden Operation Walküre beteiligt,<br />

dem gescheiterten Staatsstreichversuch. Stauffenberg war ein konservativer<br />

Patriot und sympathisierte zunächst mit den nationalistischen und revisionistischen<br />

Aspekten des Nationalsozialismus, bevor er wegen des verbrecherischen<br />

Charakters und der zunehmend inkompetenten Kriegführung in den<br />

aktiven Widerstand trat. Mitte 1942 begann eine Gruppe von Verschwörern,<br />

zu denen Stauffenberg gehörte, Pläne zur Beseitigung Adolf Hitlers zu schmieden<br />

und umzusetzen. Mehrere Versuche schlugen fehl. Ab Juli 1944 hatte von<br />

Stauffenberg als neu ernannter „Chef des Stabes beim Befehlshaber des<br />

Ersatzheeres“ Zugang zu Hitlers Lagebesprechungen gehabt und plante zunächst,<br />

mit einem Bombenattentat Hitler, Hermann Göring und Heinrich<br />

Himmler gleichzeitig zu töten. Am 15. Juli 1944 wollte Stauffenberg die<br />

Bomben bei einem Zusammentreffen mit Hitler auf dem Obersalzberg zu<br />

zünden. Nach einem Anruf der Offiziere in der Berliner Bendlerstrasse brach<br />

er das Attentat ab, weil Göring und Himmler nicht anwesend waren. Am 20.<br />

Juli 1944 flog Oberst Graf von Stauffenberg zusammen mit seinem Adjutanten<br />

von Haeften von Rangsdorf bei Berlin in das Führerhauptquartier Wolfsschanze<br />

bei Rastenburg (Ostpreussen). Haeften führte in einer Aktentasche zwei englische<br />

Sprengstoffladungen mit lautlosen chemischen Zündern mit sich. Das<br />

Attentat scheiterte jedoch, Stauffenberg und seine Verbündeten wurden noch<br />

in der gleichen Nacht hingerichtet.<br />

J. Klinckerfuss war Schüler von D. Roentgen und folgte seinem Meister nach<br />

St. Petersburg. Später wurde er in Bayreuth Hofebenist des Prinzen F.E. von<br />

Württemberg und zog nach Stuttgart. Klinckerfuss heiratete die Tochter des<br />

Stuttgarter Ebenisten J.F. Schweickle und übernahm dessen Werkstatt. Mit der<br />

Zeit löste er sich von den Vorbildern seines Meisters und fertigte, dem<br />

Geschmack der Zeit folgend, reine Empire-Möbel.<br />

Lit.: G. Himmelheber, Die Kunst des deutschen Möbels - Klassizismus,<br />

Historismus, Jugendstil, München 1973; III, S. 67 (biogr. Angaben).<br />

CHF 30 000.- / 50 000.-<br />

(€ 18 750.- / 31 250.-)<br />

Siehe Abb.


1259<br />

MÖBEL, PENDULEN, BRONZEN, SPIEGEL, TAPISSERIEN UND DIVERSES 161


162<br />

MÖBEL, PENDULEN, BRONZEN, SPIEGEL, TAPISSERIEN UND DIVERSES<br />

1260<br />

FOLGE VON 4 GROSSEN GEFASSTEN F<strong>AU</strong>TEUILS „A LA<br />

REINE“, Louis XVI, wohl Russland um 1790/1800.<br />

Holz fein beschnitzt mit Mäanderband, Rosetten, Palmetten und<br />

Zierfries sowie weiss/golden gefasst. Trapezförmiger Sitz auf gerader<br />

Zarge mit vorderen Vierkant- und hinteren Säbelbeinen. Flache,<br />

jochförmig abschliessende Rückenlehne mit gepolsterten<br />

Armlehnen auf geschweiften -stützen. Polychromer Seidenbezug<br />

mit stilisierten Blumen und Blättern. 66x58x44x101 cm.<br />

Provenienz:<br />

- Der Überlieferung nach ehemals Besitz des Duke of Marlborough.<br />

- Aus einer Schweizer Privatsammlung.<br />

1261<br />

1260<br />

Mehrere dekorative und konstruktionstechnische Elemente lassen die<br />

Zuschreibung an Russland sinnvoll erscheinen und zeigen zugleich den Einfluss<br />

französischer und englischer Entwerfer auf Werke des Zarenhofes. Die Vorbilder<br />

dieser Möbel waren sowohl direkte Käufe des Zarenhofes in Paris oder London<br />

sowie solche von Aristokraten auf Reisen durch Westeuropa, als vor allem auch<br />

zeichnerische Vorlagen der berühmtesten Entwerfer der Epoche; die Kataloge von<br />

Delafosse, Neufforge, Percier et Fontaine, Chippendale, Sheraton Hope,<br />

Grossmann, Scheich usw. erfreuten sich grösster Beliebtheit und fanden in der<br />

typisch „russischen Adaptation“ ihre kongeniale Weiterentwicklung. Dies ist<br />

deshalb von grosser Bedeutung, weil sich damit die schier endlos erscheinende<br />

Formenvielfalt russischer Hofmöbel erklären lässt wie auch die Tatsache, dass<br />

im ausgehenden 18. Jh. historisch verschiedene Stile und Formensprachen in<br />

Russland zur gleichen Zeit gefertigt und miteinander kombiniert wurden.<br />

Lit.: A. Chenevière, La splendeur du mobilier russe, Paris 1989; S. 65-71<br />

(Einflüsse von C. Cameron), S. 115 (Abb. 95, Fauteuil mit analoger<br />

Grundstruktur der Rückenlehne). G. Janneau, Le mobilier français - les sièges,<br />

Lüttich o.J.; S. 170f. (Abb. 322 und 324, 2 Fauteuils von G. Jacob, aufgrund<br />

ihrer originellen Formensprache ein möglicher Einfluss).<br />

CHF 20 000.- / 30 000.-<br />

(€ 12 500.- / 18 750.-)<br />

Siehe Abb.<br />

1261*<br />

MARKETERIE-PANNE<strong>AU</strong>, Louis XVI, Norditalien um 1800.<br />

Nussbaum und heimische, teils getönte Fruchthölzer gefriest.<br />

Darstellung von Adam und Apfel pflückende Eva im Paradies, in<br />

feinem Mäanderrahmen. H 42 cm, B 42 cm.<br />

CHF 800.- / 1 400.-<br />

(€ 500.- / 880.-)<br />

Siehe Abb.<br />

1262*<br />

OVALES GUERIDON, Louis XVI, wohl Baltikum um 1800.<br />

Mahagoni geflammt. Vorstehendes Blatt auf gerader Zarge mit sich<br />

nach unten verjüngenden Vierkantbeinen. Seitlich je 1 herausklappbare<br />

Schublade. Ausserordentlich feine, matt- und glanzvergoldete<br />

Bronzebeschläge und -sabots. Restaurationen. 66x51x79 cm.<br />

Feines Guéridon von hoher Qualität, den starken Einfluss von D. Roentgen<br />

offenbarend.<br />

CHF 28 000.- / 48 000.-<br />

(€ 17 500.- / 30 000.-)<br />

Siehe Abb.


1262<br />

MÖBEL, PENDULEN, BRONZEN, SPIEGEL, TAPISSERIEN UND DIVERSES 163


164<br />

MÖBEL, PENDULEN, BRONZEN, SPIEGEL, TAPISSERIEN UND DIVERSES<br />

1263<br />

FOLGE VON 4 GEFASSTEN F<strong>AU</strong>TEUILS „A LA REINE“, Louis<br />

XVI, Sizilien um 1780.<br />

Holz kanneliert und beschnitzt mit Rosetten und Zierfries sowie<br />

weiss/golden gefasst. Trapezförmiger Sitz auf gerader Zarge mit<br />

sich nach unten verjüngenden Vierkantbeinen. Flache Rücken-<br />

1264<br />

1263<br />

lehne mit ausladenden Armlehnen auf geschweiften -stützen.<br />

Hellblauer Stoffbezug. 60x49x50x94 cm.<br />

Provenienz: Aus einer italienischen Privatsammlung.<br />

Feine Folge von grosser Eleganz.<br />

1734 wurde Sizilien dem bourbonischen Reich (mit Sitz in Neapel) angegliedert,<br />

was eine ökonomische, politische und kulturelle Öffnung zur Folge hatte.<br />

Die damit verbundenen verschiedenen Einflüsse widerspiegeln sich sehr schön<br />

in unseren Fauteuils: Die eleganten Formen orientieren sich an französischen<br />

Vorbildern, die Fassung an Arbeiten aus Norditalien.<br />

Lit.: A. Disertori / A.M. Necchi-Disertori, Il mobile del settecento - Italia,<br />

Novara 1985; S. 44-51 (Angaben zum lokalen Kunsthandwerk).<br />

CHF 15 000.- / 25 000.-<br />

(€ 9 380.- / 15 630.-)<br />

Siehe Abb.<br />

1264*<br />

SKULPTUR DER VENUS, nach Vorlagen aus der Antike, wohl<br />

Rom, 19. Jh.<br />

Marmor. Kniende Venus, auf achteckigem Sockel. Reparaturen.<br />

Finger fehlen. H 50 cm.<br />

Provenienz: Aus einer englischen Sammlung.<br />

Venus war die Göttin der Liebe und Schönheit. Nach den Sagen von Homer war<br />

sie die Tochter des Jupiter und der Dione, nach einer anderen Version die entstand<br />

sie aus den Geschlechtsorganen des Uranus, die von Saturnus abgetrennt und ins<br />

Meer geworfenen worden waren. Eine dritte Sage erzählt, Venus sei aus einer<br />

Muschel geboren und dem Schaum des Meeres entstiegen. Als Venus das Land<br />

betrat, wurde sie von Zephyrus zunächst nach Kythereia, dann an die Küste von<br />

Zypern gebracht, wo die Horen sie schmückten, bevor sie den Unsterblichen vorgestellt<br />

wurde. Nachdem sie im Olymp aufgenommen war, wurde sie Jupiters<br />

Adoptivtochter. Venus war die Gattin des Vulcanus, hatte allerdings, wie die<br />

meisten Götter aus der römischen und griechischen Mythologie, zahlreiche<br />

Affären mit anderen - unsterblichen und sterblichen - Männern. Dadurch hatte<br />

Venus auch viele Kinder; dem Kriegsgott Mars gebar sie den Liebesgott Amor.<br />

CHF 3 000.- / 5 000.-<br />

(€ 1 880.- / 3 130.-)<br />

Siehe Abb.


1265<br />

GEFASSTE BANQUETTE, sog. „Pagenbank“, Louis XVI, Florenz,<br />

18./19. Jh.<br />

Holz beschnitzt mit Kartuschen und Zierfries sowie weiss/golden<br />

gefasst. Rechteckiger Sitz auf gerader Zarge mit 8 sich nach unten<br />

verjüngenden Vierkantbeinen. Geschweifte, ausladende Armlehnen<br />

auf bewegten -stützen. Gelber Stoffbezug. Zu überholen.<br />

210x48x48x99 cm.<br />

Provenienz:<br />

- Palazzo Serristori, Florenz.<br />

- Westschweizer Schlossbesitz.<br />

CHF 4 000.- / 7 000.-<br />

(€ 2 500.- / 4 380.-)<br />

Siehe Abb.<br />

1266*<br />

FIGUR DES MERKUR, spätes Empire, nach dem Original des GIAN-<br />

BOLOGNA (Jean de Boulogne, 1529-1608), wohl Rom, frühes 19. Jh.<br />

Bronze brüniert. Auf Jünglingskopf - als Symbol der Winde - stehender<br />

Merkur mit Heroldstab und hochgestrecktem Arm. H 53 cm.<br />

Provenienz: Aus einer Schweizer Sammlung.<br />

Merkur war Sohn des Göttervaters Jupiter und der Nymphe Maia, Schutzpatron der<br />

Reisenden, Händler, Hirten und Diebe, Begleiter der Verstorbenen zum Eingang der<br />

Unterwelt und Bote der olympischen Götter, Erfinder der Lyra, Gott der Wissenschaft<br />

- insbesondere der Chemie und Alchemie - und der Magie. In der ägyptischen<br />

Mythologie wird Merkur mit Thot gleichgesetzt, der unter anderem als Erfinder der<br />

Sprache, der Schrift, Mathematik und der Astronomie galt. Die ursprüngliche<br />

Bedeutung Merkurs - bei den Griechen Hermes - ist die des fügenden und bindenden<br />

Wissens der Gottheit. Im populären Glauben gehörte Merkur ganz der Sphäre<br />

der praktischen Bewegung an; er ist der Geist göttlicher Betriebsamkeit, daher der<br />

Ausrichter und Durchführer der Weltordnungen Jupiters. In diesem Sinne führte er<br />

auch im frühesten Altertum die Prädikate des Segenspenders und Unheilabwenders.<br />

Als der absolut handelnde Gott gewinnt Merkur im Verfolgen der weiteren<br />

Auslegung der Religionsbegriffe eine unendlich vielgestaltige Bedeutung. Demzufolge<br />

sind auch die mythologischen Erzählungen über ihn sehr mannigfaltig.<br />

Der „Mercure volant“ orientiert sich an der Merkurfigur des Gianbologna und<br />

ihrer Verkleinerung durch A. Susini. Die grosse Version wurde 1564 gefertigt und<br />

erfreute sich bis ins 19. Jahrhundert grosser Beliebtheit. Bedeutende Bildhauer<br />

des 18. Jahrhunderts, wie z.B. die Gebrüder Zoffoli und F. Righetti, führten in<br />

ihren Katalogen teils leicht abgeänderte Ausführungen in verschiedenen Grössen.<br />

Unsere Bronzefigur ist in diesen kunsthistorischen Kontext zu setzen, es ist jedoch<br />

nicht möglich, den Bildhauer zu eruieren.<br />

1265<br />

MÖBEL, PENDULEN, BRONZEN, SPIEGEL, TAPISSERIEN UND DIVERSES 165<br />

CHF 3 000.- / 5 000.-<br />

(€ 1 880.- / 3 130.-)<br />

Siehe Abb. 1266


166<br />

MÖBEL, PENDULEN, BRONZEN, SPIEGEL, TAPISSERIEN UND DIVERSES<br />

1267 (1 Paar)<br />

1267*<br />

1 PAAR POSTAMENTE, spätes Louis XVI, Italien, 18./19. Jh.<br />

„Giallo di Siena“- und „Carrara“-Marmor. Rechteckiges, randprofiliertes<br />

Blatt auf sich nach unten verjüngendem Schaft mit profiliertem<br />

Rechtecksockel. H 92 cm.<br />

Provenienz:<br />

- Galerie Carroll, München.<br />

- Aus einer hochbedeutenden deutschen Privatsammlung.<br />

CHF 6 000.- / 10 000.-<br />

(€ 3 750.- / 6 250.-)<br />

Siehe Abb.<br />

1268*<br />

BAZZANTI, P. (Pietro Bazzanti oder Barzanti, tätig um 1850/70),<br />

Mailand um 1860.<br />

„Carrara“-Marmor. Monumentale Büsten des Paris mit Ledermütze<br />

und Perseus mit Tarnkappe. Sign. P. BAZZANTI F. Auf<br />

modernem Rechtecksockel mit schwarzem Samt. Büsten ca. 90<br />

cm, mit Sockel 212 cm.<br />

Provenienz: Aus einer römischen Sammlung.<br />

Perseus war der Sohn des Zeus und der Sterblichen Danaë. Ein Orakel weissagte<br />

seinem Grossvater Akrisios, er werde durch die Hand eines Enkels sterben.<br />

Akrisios sperrte seine Tochter Danaë in ein unterirdisches Gemach, um zu<br />

verhindern, dass sie ein Kind empfing. Der Göttervater Zeus jedoch, in Liebe<br />

zur schönen Sterblichen entbrannt, gelangte als Goldregen verwandelt in ihr<br />

Gefängnis. Neun Monate später gebar Danaë ihren Sohn Perseus. Als Akrisios<br />

davon erfuhr, liess er seine Tochter und seinen Enkel in eine Kiste sperren und<br />

auf dem Meer aussetzen, um der drohenden Prophezeiung zu entkommen. Die<br />

beiden aber wurden von der Strömung ans Land der Insel Seriphos getrieben,<br />

wo man sie aus ihrer misslichen Lage befreite und zu König Polydektes brachte.<br />

Auch er verliebte sich in Danaë und wollte sie zur Frau nehmen. Da ihm<br />

Perseus dabei im Weg stand, versuchte er ihn loszuwerden, indem er ihn beauftragte,<br />

loszuziehen und das Haupt der Gorgo Medusa zu beschaffen, die<br />

jedes lebende Wesen mit ihrem Blick in Stein verwandeln konnte. Mit Hilfe von<br />

Athene, Hermes und den Parzen gelang es Perseus, von den Nymphen eine<br />

Tarnkappe, Flügelschuhe und einen schützenden Ranzen zu erhalten. So ausgerüstet<br />

suchte er die Höhle der Gorgonen auf. Um sich vor ihrem Blick zu<br />

schützen, benutzte er die polierte Rückseite seines Schildes, suchte Medusa,<br />

lockte sie her und schlug ihr den Kopf ab. Aus dem Rumpf des Ungeheuers<br />

entsprangen das geflügelte Pferd Pegasus und Chrysaor. Auf dem Rückweg<br />

nach Seriphos befreite Perseus Andromeda, die an eine Klippe gefesselt war<br />

und einem Meeresungeheuer geopfert werden sollte. Er heiratete Andromeda<br />

und kehrte mit ihr nach Seriphos zurück, wo er feststellen musste, dass<br />

Polydektes noch immer seine Mutter bedrängte. Zur Strafe streckte Perseus ihm<br />

das Haupt der Gorgo Medusa entgegen, das den König sofort zu Stein verwandelte.<br />

Flügelschuhe, Ranzen und Tarnkappe übergab er dem Götterboten<br />

Hermes, der alles den Nymphen zurückbrachte. Athene erhielt das Haupt der<br />

Medusa; sie befestigte es an ihrem Schild, der Ägis. Schliesslich kehrte Perseus<br />

in Akrisios’ Reich zurück; die alte Prophezeiung erfüllte sich, als Perseus seinen<br />

eigenen Grossvater versehentlich mit einem Diskus traf und tötete.<br />

Als der Sterbliche Peleus und die Meeresgöttin Thetis ihre Hochzeit feierten,<br />

nahmen alle olympischen Götter daran teil - nur Eris war nicht eingeladen<br />

worden. Die Göttin der Zwietracht zürnte den Göttern und Sterblichen, ihre<br />

Rache hatte verheerende Folgen für die ganze hellenische Welt: Heimlich<br />

suchte sie die Hochzeitsgesellschaft auf und warf unter die Anwesenden einen<br />

goldenen Apfel, der die Aufschrift „Der Schönsten“ trug. Unter den Göttinnen<br />

entstand sofort Streit. Athene, Hera und Aphrodite erhoben Anspruch auf das<br />

kostbare Spielzeug und den Titel, und keiner der Götter wollte die Verantwortung<br />

der schwierigen Entscheidung auf sich nehmen. Das Problem schien unlösbar<br />

und der weise Zeus hielt es für angebracht, die Entscheidung einem Sterblichen<br />

zu überlassen. Er beauftragte Hermes, die drei Göttinnen zu Paris zu führen,<br />

dem Sohn des trojanischen Königs Priamos. Zu dieser Zeit hütete Paris unerkannt<br />

Ziegenherden auf den Höhen des Berges Ida. Als die Göttinnen erschienen,<br />

wurde Paris von Ehrfurcht und Angst ergriffen und wollte fliehen, aber<br />

der hinterlistige Hermes überzeugte ihn, dass er nichts zu befürchten brauche,<br />

er möge die Göttinnen nur anhören und dann sein Urteil fällen, um den Streit<br />

zu schlichten. Hera bot Paris hohe Macht und die Herrschaft über das gesamte<br />

Asien, Athene versprach ihm Weisheit und Ruhm auf dem Schlachtfeld.<br />

Aphrodite aber umschmeichelte ihn, streichelte seine Wangen und flüsterte<br />

verführerisch in sein Ohr, sie schenke ihm etwas, das er nur zu lieben brauche<br />

-die schönste Frau der Welt. Paris, verzaubert und trunken durch die Künste<br />

der Liebesgöttin, sprach den Apfel der Aphrodite zu. Athene und Hera, erzürnt<br />

und beleidigt, schworen ewigen Hass gegen Paris und sein gesamtes Geschlecht.<br />

Einige Jahre später, als Paris zusammen mit seinem Bruder Hektor in Sparta<br />

zu Besuch war, traf er auf Helena, Gattin des Königs Menelaos. Mit Aphrodites<br />

Hilfe entführte Paris Helena und verursachte damit den Trojanischen Krieg.<br />

P. Bazzanti (oder Barzanti) war Sohn des berühmten Bildhauers Niccolò<br />

Bazzanti, zu dessen Hauptwerken eine allegorische Darstellung des Winters<br />

und eine Marmorstatue des Orcagna gehören; letztere wurde für den Hof der<br />

Uffizien in Florenz gefertigt. P. Bazzanti stellte 1861 in Florenz die Skulpturen<br />

„Ercole con cinghiale sulla spalla“, „Due cani“ und „Chinghiale“ aus - alle<br />

drei aus grünem Marmor - und eine Reihe von Alabaster-Statuen, für deren<br />

Fertigung berühmte Bilder und Skulpturen der Antike als Vorlagen gedient<br />

hatten. Statuen dieser Art waren die Spezialität von Piero und Niccolò<br />

Bazzanti.<br />

CHF 80 000.- / 140 000.-<br />

(€ 50 000.- / 87 500.-)<br />

Siehe Abb.


MÖBEL, PENDULEN, BRONZEN, SPIEGEL, TAPISSERIEN UND DIVERSES 167<br />

1268


168<br />

MÖBEL, PENDULEN, BRONZEN, SPIEGEL, TAPISSERIEN UND DIVERSES<br />

1269<br />

1 PAAR KLEINE KOMMODEN, Louis XVI, Lombardei um 1800<br />

und später.<br />

Rosenholz, Palisander und heimische Fruchthölzer gefriest sowie<br />

eingelegt mit Ganymed und Adler in Medaillon, Blattwerk, Filets<br />

und Zierfries. Rechteckiger Korpus mit vorstehendem Blatt auf<br />

gerader Zarge mit sich nach unten verjüngenden Vierkantbeinen.<br />

Front mit 1 Türe bzw. 2 Schubladen ohne Traverse. Etwas zu überholen.<br />

55x39x73,5 cm.<br />

CHF 5 000.- / 7 000.-<br />

(€ 3 130.- / 4 380.-)<br />

Siehe Abb.<br />

1270*<br />

SPIELTISCH, Louis XVI, Norditalien um 1800.<br />

Rosenholz, Palisander und diverse Edelhölzer gefriest sowie allseitig<br />

ausserordentlich fein eingelegt mit Figuren, exotischen Vögeln, Blumen,<br />

Blättern und Zierfries. Hexagonales, aufklappbares und innen<br />

mit grünem Filz bezogenes Blatt auf gerader Zarge mit sich nach<br />

unten verjüngenden Vierkantbeinen. 100x51x(offen 102)x79 cm.<br />

1270<br />

CHF 7 000.- / 12 000.-<br />

(€ 4 380.- / 7 500.-)<br />

Siehe Abb.<br />

1269<br />

1271<br />

FIGUR EINES ELEFANTEN MIT OBELISK, spätes Louis XVI,<br />

nach dem Monument von G.L. BERNINI (Gian Lorenzo Bernini,<br />

1598-1680), Rom, 18. Jh.<br />

Brünierte Bronze und grauer Granit. Kriegselefant mit prächtigem<br />

Sattel, auf seinem Rücken der Obelisk, auf gestuftem Postament.<br />

Die Vorderseite mit Inschrift „Veterem obeliscum palladis aegyptiae<br />

monumentum e tellure erutum et in minervae olim nunc<br />

deiparae genitricis foro erectum divinae sapientiae Alexander VII<br />

dedicavit anno sal. MDCLXVII“, die Rückseite „Sapientis aegypti<br />

insculptas obelisco figuras ab elephanto bellarum fortissima<br />

gestari quisquis hic vides documentum intellige robustae mentis<br />

esse solidam sapientiam sustinere.“ Obelisk mit Reparaturen.<br />

24x28x70 cm.<br />

Provenienz:<br />

- Palazzo Serristori, Florenz.<br />

- Westschweizer Schlossbesitz.<br />

Im Frühjahr 1629 wurde an der Frankfurter Fastenmesse zum ersten Mal ein<br />

Elefant zur Schau gestellt, der verschiedene Kunststücke vorführte. Im Mai traf<br />

er in Nürnberg ein, wo ihn nicht nur viele tausend Menschen für „2 Batzen“<br />

bestaunten, sondern wo auch die Gelehrten wissenschaftliche Diskurse über<br />

ihn führten. Die weitere Reise führte den Elefanten nach Memmingen und<br />

Graz. Im Mai 1630 wurde er nach Rom gebracht und erregte dort als erster<br />

Elefant nach über 100 Jahren grossen Aufruhr, auch bei den Gelehrten und<br />

Künstlern. Der Bildhauer Gian Lorenzo Bernini fertigte Studien vom Elefanten<br />

an, die später als Vorlage für den berühmten, einen Obelisken tragenden<br />

„Bernini-Elefant“ dienen sollten. Dieser wurde von Ercole Ferrata nach<br />

Berninis Entwürfen geschaffen und steht heute auf der Piazza della Minerva<br />

in Rom. Der rote Granit-Obelisk „Minerveo“ war von Pharao Psammetich II.<br />

in Sais errichten worden, wo er stand bis er nach Rom gebracht und vor den<br />

Isis-Tempel gestellt wurde. Eine Zeit lang galt der Obelisk als verschollen, bis<br />

er 1665 im Garten des Klosters Santa Maria sopra Minerva wieder gefunden<br />

wurde. Zwei Jahre später entschied Papst Alexander VII. Chigi, den Obelisken<br />

vor der Kirche des Klosters aufzustellen, bis er Bernini beauftragte, mit dem<br />

Obelisken eine Monumentalstatue eines Elefanten zu schaffen.<br />

Ein Konkurrent Berninis behauptete, der Obelisk würde niemals auf dem Tier<br />

stehen bleiben, daher wurde der Elefant mit einem Sattel als Träger ausgestattet.<br />

Auf diesen Umstand weist auch die Inschrift auf der Rückseite hin, die<br />

besagt, der Elefant zeige, dass es eines robusten Geistes bedürfe, um eine solide<br />

Weisheit auszuhalten.<br />

Lit.: W. Heckscher, Berninis Elephant and Obelisk, in: The Art Bulletin, Vol.<br />

29, Nr. 3, 1947; S. 155-182.<br />

CHF 8 000.- / 14 000.-<br />

(€ 5 000.- / 8 750.-)<br />

Siehe Abb.


1271<br />

MÖBEL, PENDULEN, BRONZEN, SPIEGEL, TAPISSERIEN UND DIVERSES 169


170<br />

MÖBEL, PENDULEN, BRONZEN, SPIEGEL, TAPISSERIEN UND DIVERSES<br />

1272 (Rückseite)<br />

1273<br />

1272<br />

1272*<br />

GEFASSTER F<strong>AU</strong>TEUIL „EN CABRIOLET“, Louis XVI, in der Art<br />

von G.M. BONZANIGO (Giuseppe Maria Bonzanigo, 1745-1820),<br />

Piemont um 1780.<br />

Holz ausserordentlich fein beschnitzt mit Girlanden, Rosetten,<br />

Blättern und Zierfries sowie vergoldet bzw. hellblau gefasst. Runder<br />

Sitz auf wellig ausgeschnittener Zarge mit feinen, kannelierten<br />

Säulenbeinen. Leicht eingezogene Medaillon-Rückenlehne mit<br />

Masche und leicht ausladenden, gepolsterten Armlehnen auf<br />

geschweiften Stützen. Gold/silberner Seidenbezug mit Blumen<br />

und Blättern. 65x54x43x92 cm.<br />

CHF 7 500.- / 9 500.-<br />

(€ 4 690.- / 5 940.-)<br />

Siehe Abb.<br />

1273*<br />

1 PAAR GROSSE OBELISKEN, spätes Louis XVI, wohl Italien, 19. Jh.<br />

„Brèche Medici“- und „Carrara“-Marmor. Obelisk auf Rechteckpostament<br />

mit profiliertem Sockel. Leicht bestossen und teils<br />

restauriert. H 181 cm.<br />

Provenienz:<br />

- Galerie Carroll, München.<br />

- Aus einer hochbedeutenden deutschen Privatsammlung.<br />

CHF 20 000.- / 30 000.-<br />

(€ 12 500.- / 18 750.-)<br />

Siehe Abb.<br />

1274*<br />

„PIETRA DURA“-PLATTE, Louis XVI, Rom um 1800.<br />

Diverse Stein- und Schmucksteinarten fein eingelegt; Lapislazuli,<br />

Achat, Jaspis, Labradorit, Alabaster, „Giallo di Siena“ u.a. Rechteckiges,<br />

in späteres Schmiedeisengestell gefasstes Blatt mit durch<br />

Umlaufsteg verbundenen Säulenbeinen. 113x53,5x49 cm.<br />

Provenienz: Aus einer europäischen Privatsammlung.<br />

Lit.: N.B. Tunze, Bildkunst mit edlen Steinen - Pietre Dure, München 1998; S.<br />

12-15 (allg. Angaben zur Entwicklung der Pietre Dure in Florenz) und Abb.<br />

16-26 (diverse Tischplatten aus Florentiner Werkstätten).<br />

Für Angaben zu „Pietra Dura“ siehe auch die Fussnote der Katalognr. 1324.<br />

CHF 40 000.- / 70 000.-<br />

(€ 25 000.- / 43 750.-)<br />

Siehe Abb.


1274<br />

MÖBEL, PENDULEN, BRONZEN, SPIEGEL, TAPISSERIEN UND DIVERSES 171


172<br />

MÖBEL, PENDULEN, BRONZEN, SPIEGEL, TAPISSERIEN UND DIVERSES<br />

1277<br />

1275 (Detail)<br />

1275*<br />

TERRACOTTA-PENDULE „AMOR ET RATIO“, Empire, sign. und<br />

dat. ROGUIER FT 1815 (Henri Victor Roguier, geb. 1758), Paris.<br />

Neben dem rechteckigen Uhrgehäuse stehende Amor und Minerva,<br />

auf Rechtecksockel mit Sinnspruch „La raison assoupie par des<br />

fons doucereux, d’amour, l’ame et le coeur font la proye tous les<br />

deux“. In vergoldeten Ring gefasstes Emailzifferblatt mit römischen<br />

Stundenzahlen. Pariser Werk mit 1/2-Stundenschlag auf<br />

Glocke. 39x18x43 cm.<br />

Provenienz:<br />

- Auktion Sotheby’s Monte Carlo am 29.5.1980 (Katalognr. 1237).<br />

- Aus einer hochbedeutenden deutschen Privatsammlung.<br />

Von Roguier ist bislang nur eine weitere Terracotta-Pendule bekannt, die eine<br />

Allegorie der Bildhauerei darstellt und am 1.12.2000 bei Delorme et Fraysse<br />

in Paris (Katalognr. 59) verkauft wurde.<br />

H.V. Roguier war ein Bildhauer aus Besançon und studierte bei Boizot in Paris.<br />

1780 bis 1792 und 1806-1813 war er für die Porzellanmanufaktur von Sèvres<br />

tätig und „Sculpteur des fêtes et cérémonies de la Couronne“. Roguier arbeitete<br />

mit den bedeutendsten „bronziers“ seiner Zeit zusammen, wie z.B. mit L.F.<br />

Feuchère, P.P. Thomire und L. Odiot. Mit ihnen schuf er den berühmten<br />

Toilettentisch aus Vermeil und die Wiege des „Roi de Rome“ - beide befinden<br />

sich heute in den Sammlungen der Wiener Hofburg. Zu Roguiers Hauptwerken<br />

gehören eine Terracotta-Büste des Direktors der Manufacture de Sèvres und eine<br />

Statue von Admiral Duquesne auf der Concorde-Brücke; letztere wurde zerstört<br />

und ist nur noch als Terracotta-Bozzetto im Musée du Louvre vorhanden.<br />

Lit.: Thieme/Becker, Leipzig 1999; 27/28, S. 519 (biogr. Angaben).<br />

CHF 15 000.- / 25 000.-<br />

(€ 9 380.- / 15 630.-)<br />

Siehe Abb.<br />

1276<br />

1 PAAR KERZENSTÖCKE, Empire, Paris um 1810.<br />

Bronze vergoldet und reliefiert. Säulenförmiger Schaft mit vasenförmiger<br />

Tülle auf grossem Rundfuss. H 32 cm.<br />

CHF 600.- / 1 000.-<br />

(€ 380.- / 630.-)


1277*<br />

ZIERSCHALE „<strong>AU</strong>X ATLANTES“, spätes Empire, wohl Rom, 19. Jh.<br />

Porphyr und brünierte Bronze. Runde flache Schale, von 4 Atlanten<br />

auf dem Rücken getragen, auf Rundsockel. D 32 cm, H 42 cm.<br />

Provenienz: Aus einer hochbedeutenden deutschen Privatsammlung.<br />

Die hier angebotene Schale orientiert sich an der Marmortazza aus dem Museo<br />

di Capodimonte, die abgebildet ist in: A. Gonzales-Palacios, Il gusto dei<br />

principi, Rom 1993; S. 269 (Abb. 536). Die zeichnerische Vorlage stammt von<br />

G.B. Piranesi und wurde 1778 in „Vasi, candelabri, cippi, sarcofaghi“ in Rom<br />

publiziert (Tafel 50f.)<br />

Porphyr findet man in verschiedenen Regionen des Ostens und Europas, es<br />

wurde jedoch nur in Alvdalen, in der Provinz Dalarna (Dalekarlien, nödliches<br />

Mittelschweden), in grossem Rahmen gewonnen und verarbeitet. 1780 wurde<br />

1275<br />

MÖBEL, PENDULEN, BRONZEN, SPIEGEL, TAPISSERIEN UND DIVERSES 173<br />

unter der Leitung N.A. Bielke die erste Porphyr-Manufaktur von Alvdalen gegründet.<br />

König Gustav II. förderte sie und wurde bald ihr wichtigster Kunde.<br />

Die Produkte wurden in einem reich mit Graphiken illustrierten, mit Angaben<br />

über Form, Grösse und Preis versehenen Katalog angepriesen, nach ganz<br />

Europa exportiert und zeichneten sich durch Qualität, Formenvielfalt und oft<br />

auch durch ihre monumentale Grösse aus und wurden meistens als Geschenke<br />

an andere Königshäuser und Adlige weitergegeben. 1817 ging das Unternehmen<br />

nach finanziellen Schwierigkeiten in den Besitz des Prinzen Oskar von<br />

Schweden über, dessen Familie die Produktion bis 1856 überwachte. Ab 1820<br />

war G.J. Galle (1788-1846) der „principal dépositaire“ des Unternehmens und<br />

montierte zahlreiche Bronzen an die Porphyr-Objekte.<br />

CHF 10 000.- / 15 000.-<br />

(€ 6 250.- / 9 380.-)<br />

Siehe Abb.


174<br />

MÖBEL, PENDULEN, BRONZEN, SPIEGEL, TAPISSERIEN UND DIVERSES<br />

1279<br />

1278 (Detail)<br />

1278*<br />

BRULE-PARFUM „<strong>AU</strong>X SPHINGES“, Empire, wohl von L.A. HER-<br />

VIEU (Louis Auguste Hervieu, 1765-1811), Paris um 1810.<br />

Matt- und glanzvergoldete Bronze sowie brüniertes Messing.<br />

Runde Schale mit durchbrochenem Deckel und Pinienzapfenknauf,<br />

auf 3 Sphingenstützen mit Tatzenfüssen und eingezogenem<br />

Sockel. Zentrale, mit Satyrköpfen verzierte Feuerschale auf<br />

Prismapostament. Vergoldete Applikationen in Form von Frauen<br />

mit Fackeln, Sternen, Rosetten und Palmetten. H 43 cm.<br />

Provenienz:<br />

- Galerie Carroll, München.<br />

- Aus einer hochbedeutenden deutschen Privatsammlung.<br />

Ausserordentlich feines Brûle-Parfum von bestechender Qualität und Eleganz.<br />

Ein modellogleiches Paar war Bestand der Sammlungen von R. Fribourg und<br />

wurde bei Sotheby’s New York am 25.10.1963 (Katalognr. 645) verkauft.<br />

L.A. Hervieu übernahm 1779 die Werkstatt seines Vaters, der ein anerkannter<br />

„bronzier“ und Entwerfer gewesen war und mit den bedeutendsten Künstler<br />

seiner Zeit - P. Caffieri, J.F. Oeben, E.J. Gallien und L.F. Gobert - zusammengearbeitet<br />

hatte. L.A. Hervieu fertigte eine Vielzahl von Girandolen und<br />

Bronzen mit sehr eigenwilliger Formgebung, die er über „marchand-merciers“<br />

dem Kaiserhof (z.B. für den Grand Trianon) verkaufte.<br />

Lit.: J.D. Augarde, Bronzes et bronziers sous le Directoire et l’Empire, in:<br />

L’Objet d’Art 398 (2005); S. 80-85 (biogr. Angaben).<br />

CHF 15 000.- / 25 000.-<br />

(€ 9 380.- / 15 630.-)<br />

Siehe Abb.<br />

1279*<br />

GEFASSTE PORTE-TORCHERE „<strong>AU</strong>X CYGNES“, Empire, wohl<br />

Turin, 19. Jh.<br />

Holz reich beschnitzt mit Schwänen, Tatzen, Palmetten und Zierfries<br />

sowie teils vergoldet bzw. grau gefasst. Profilierte „Carrara“-<br />

Platte auf gerader Zarge mit 3 durch Zwischentablare verbundenen<br />

Schwanenstützen, auf markant eingezogenem Dreisockel. D 55<br />

cm, H 122 cm.<br />

Provenienz: Aus einer italienischen Sammlung.<br />

Feine Porte-Torchère von hoher Qualität, beeinflusst von den 1812 in<br />

„Décorations Intérieurs“ publizierten Entwürfen von C. Percier und P.F.H.<br />

Fontaine.<br />

CHF 7 000.- / 12 000.-<br />

(€ 4 380.- / 7 500.-)<br />

Siehe Abb.


1278


176<br />

MÖBEL, PENDULEN, BRONZEN, SPIEGEL, TAPISSERIEN UND DIVERSES<br />

1280*<br />

1 PAAR BERGEREN „<strong>AU</strong>X CYGNES“, Empire, wohl von V. SEL-<br />

LIER (Victorin Sellier, tätig 1806-1848), Paris, 19. Jh.<br />

Mahagoni profiliert. Hufförmiger Sitz auf gerader Zarge mit Säbelbeinen.<br />

Markant abgerundete, direkt in die Armlehnen mit bronzenen<br />

Schwanenstützen übergehenden Armlehnen. Schwarzer,<br />

goldgepresster Lederbezug. Sitzkissen. 60x35x48x80 cm.<br />

Provenienz: Aus einer hochbedeutenden deutschen Privatsammlung.<br />

Eine Folge von 8 Fauteuils und Stühlen mit identischem Schwanenmotiv<br />

wurde in unserer März-Auktion 2002 (Katalognr. 1256) verkauft.<br />

V. Sellier führte in Paris mehrere Ateliers und war auf die Herstellung hochwertiger<br />

Sitzmöbel spezialisiert. Er belieferte 1811 den „Garde-Meuble<br />

Impérial“, gilt als Erfinder des sogenannten „canapé confortable“ und gewann<br />

für seine Werke Medaillen an zahlreichen „Expositions des produits de<br />

l’industrie“.<br />

1281<br />

1280<br />

Lit.: D. Ledoux-Lebard, Le mobilier français du XIXe siècle, Paris 1989; S.<br />

576f. (biogr. Angaben).<br />

CHF 25 000.- / 35 000.-<br />

(€ 15 630.- / 21 880.-)<br />

Siehe Abb.<br />

1281*<br />

1 PAAR KERZENSTÖCKE „<strong>AU</strong>X BUSTES DE FEMMES“, Empire,<br />

Paris um 1810/15.<br />

Bronze matt- und glanzvergoldet bzw. teils brüniert. Kannelierter<br />

Säulenschaft mit 3 Frauenbüsten und vasenförmiger Tülle auf<br />

grossem, reliefiertem Rundfuss. H 35,5 cm.<br />

Provenienz: Aus einer Pariser Sammlung.<br />

CHF 11 000.- / 14 000.-<br />

(€ 6 880.- / 8 750.-)<br />

Siehe Abb.<br />

1282*<br />

1 PAAR SÄULEN, Empire, Paris um 1810.<br />

Mahagoni sowie matt- und glanzvergoldete Bronze. Säulenförmiger<br />

Schaft mit profiliertem Kapitell auf Rechtecksockel. Feine<br />

Bronzebeschläge in Form eines Adlers, Palmetten und Zierfries. H<br />

129 cm.<br />

Provenienz:<br />

- Ehemals Bestand der Sammlungen des Stroganow-Palastes.<br />

- Auktion Lebke „Kunstwerke aus den Beständen Leningrader Museen und<br />

Schlösser“, Berlin 1929 (Katalognr. 143/144, mit Abb.).<br />

- Galerie Carroll, München.<br />

- Aus einer hochbedeutenden deutschen Privatsammlung.<br />

Nach der Machtübernahme J. Stalins und der rigiden Durchsetzung einer allgemeinen<br />

Planwirtschaft nach sozialistischem Vorbild stand die kurz zuvor gegründete<br />

Sowjetunion vor dem wirtschaftlichen Ruin. Zur Erlangung der dringendst<br />

benötigten Devisen wurde deshalb - in Anlehnung an die französischen<br />

Revolutionsauktionen der 1790er Jahre - über das Berliner Kunstauktionshaus<br />

Lebke eine Vielzahl von Möbeln und Einrichtungsgegenständen aus russischen<br />

Palästen und Schlössern verkauft. Dadurch kamen hochbedeutende, teils höfische<br />

Möbel und Einrichtungsgegenstände in den „kapitalistischen“ Handel.<br />

CHF 15 000.- / 25 000.-<br />

(€ 9 380.- / 15 630.-)<br />

Siehe Abb.


1282


178<br />

MÖBEL, PENDULEN, BRONZEN, SPIEGEL, TAPISSERIEN UND DIVERSES<br />

1283*<br />

KAMINPENDULE „THESEE INTERROGEANT HIPPOLYTE“,<br />

Empire, das Modell von E. BLAVET (Etienne Blavet, tätig um<br />

1780/1820), das Zifferblatt sign. GRIEBEL RUE VIVIENNE No. 13<br />

(dort tätig 1812-1815), Paris um 1805/10.<br />

Matt- und glanzvergoldete Bronze sowie „Vert de Mer“-Marmor.<br />

Auf prunkvollem Thron sitzender Theseus mit Schwert, vor ihm<br />

stehender Hippolytos mit Pfeilbogen, Löwenfell und Hund, auf<br />

Rechteckpostament mit gequetschten Kugelfüssen, auf rechteckiger<br />

Platte. Ersetztes Emailzifferblatt mit arabischen Minuten- und<br />

römischen Stundenzahlen. Pariser Werk mit 1/2-Stundenschlag<br />

auf Glocke. Feine vergoldete Applikationen in Form eines Reliefs<br />

mit Hippolytos, der aus seinem Streitwagen stürzt, Blumenkränzen<br />

und Rädern. 51,5x18x49 cm.<br />

Provenienz:<br />

- Galerie Carroll, München.<br />

- Aus einer hochbedeutenden deutschen Privatsammlung.<br />

Eine modellogleiche Pendule aus dem Besitz von Pauline Bonaparte (heute<br />

Bestand der Sammlungen der englischen Botschaft in Paris) ist abgebildet in:<br />

J.D. Augarde, Bronze et bronziers sous le Directoire et l’Empire, in: L’Objet<br />

d’Art 398 (2005); S. 85 und in: H. Ottomeyer / P. Pröschel, Vergoldete Bronzen<br />

- Die Bronzearbeiten des Spätbarock und Klassizismus, München 1986; I, S.<br />

370 (Abb. 5.13.14).<br />

1283<br />

Hippolytos war Sohn des Theseus und der Amazone Antiope. Als passionierter<br />

Jäger hatte er sein Leben der Göttin Artemis geweiht und verachtete die<br />

Liebesgöttin Aphrodite, daher wies er die Liebe seiner Stiefmutter Phaidra<br />

zurück, Theseus’ zweiter Gattin, und liess sich nicht von ihr verführen.<br />

Verletzt, gedemütigt und rachsüchtig klagte Phaidra ihn bei Theseus an und<br />

behauptete, Hippolytos habe ihr nachgestellt. Der alternde Theseus glaubte<br />

den Lügen seiner jungen schönen Gemahlin und verfluchte Hippolytos bei<br />

Poseidon. Der Meeresgott hörte den Fluch und sandte umgehend eine Strafe:<br />

Als sich der junge Jäger auf einer Wagenfahrt befand, sandte Poseidon einen<br />

ungeheuren Stier, der die Pferde des Hippolytos scheu machte, den Jüngling<br />

vom Wagen stürzen und zu Tode schleifen liess. Aus Trauer und Verzweiflung<br />

folgte Phaidra ihm in den Tod und beging Selbstmord.<br />

Etienne Blavet, Giesser und Ziseleur, führte im ausgehenden 18. Jahrhundert<br />

bis 1812 ein Atelier in der Rue de Harley, später in der Rue Saint-Martin.<br />

Der Emailleur Griebel führte seine Werkstatt bis 1812 in der Rue de Tournon,<br />

später in der Rue Vivienne und erhielt 1805 ein Brevet für ein transparentes<br />

Zifferblatt, 1812 für seine tragbaren „pendules veilleuses“.<br />

Lit.: Tardy, Dictionnaire des horlogers français, Paris 1976; S. 275 (biogr.<br />

Angaben zu Griebel).<br />

CHF 25 000.- / 45 000.-<br />

(€ 15 630.- / 28 130.-)<br />

Siehe Abb.


1284*<br />

CANAPE „<strong>AU</strong>X BUSTES DE FEMMES“, Empire, Paris um 1810.<br />

Mahagoni beschnitzt mit Frauenbüsten und eingelegt mit feinen<br />

Messingfilets. Trapezförmiger Sitz auf gerader Zarge mit sich nach<br />

unten verjüngenden Vierkantbeinen. Eingerollte Rückenlehne mit<br />

ausladenden Armlehnen auf Karyatidenstützen. Gold/gelb<br />

gestreifter Seidenbezug mit Empire-Muster. 180x55x48x92 cm.<br />

Provenienz: Aus einer hochbedeutenden deutschen Privatsammlung.<br />

CHF 6 000.- / 10 000.-<br />

(€ 3 750.- / 6 250.-)<br />

Siehe Abb.<br />

1285<br />

TAFEL<strong>AU</strong>FSATZ „<strong>AU</strong>X <strong>BACCHANT</strong>ES“, Empire, Italien, Anfang<br />

19. Jh.<br />

Holz vergoldet. Runde, ausladende Schale mit Weidengeflecht,<br />

von 3 tanzenden Bacchantinnen mit Fellen und Thyrsoi getragen,<br />

auf profiliertem Zylindersockel mit antikisierender Bacchanal-<br />

Szene. Fehlstellen, zu restaurieren. H 61 cm.<br />

Provenienz: Schweizer Privatbesitz.<br />

CHF 3 000.- / 5 000.-<br />

(€ 1 880.- / 3 130.-)<br />

Siehe Abb.<br />

1286<br />

1 PAAR BERGEREN „<strong>AU</strong>X CYGNES“, Empire-Stil, wohl Paris um<br />

1900.<br />

Hufförmiger Sitz auf gerader Zarge mit vorderen Tatzen- und hinteren<br />

Säbelbeinen. Markant eingezogene, bogenförmig abschliessende<br />

und direkt in die Armlehnen übergehende Rückenlehne mit<br />

Schwanenstützen. Hellbeiger Seidenbezug mit Empire-Muster.<br />

63x50x47x83 cm.<br />

Provenienz: Aus einer bedeutenden deutschen Privatsammlung.<br />

CHF 2 000.- / 3 000.-<br />

(€ 1 250.- / 1 880.-)<br />

1284<br />

MÖBEL, PENDULEN, BRONZEN, SPIEGEL, TAPISSERIEN UND DIVERSES 179<br />

1285


180<br />

MÖBEL, PENDULEN, BRONZEN, SPIEGEL, TAPISSERIEN UND DIVERSES<br />

1288<br />

1287<br />

1287<br />

FOLGE VON 4 F<strong>AU</strong>TEUILS UND 1 PAAR STÜHLEN „<strong>AU</strong>X<br />

SPHINGES“, Empire-Stil, in der Art von F.H.G. JACOB-DESMAL-<br />

TER (François Honoré Georges Jacob-Desmalter, 1770-1841), Paris,<br />

Ende 19. Jh.<br />

Mahagoni profiliert und fein beschnitzt mit Sphingen, Palmetten<br />

und Zierfries. Trapezförmiger Sitz auf gerader Zarge mit vorderen<br />

Voluten- und hinteren Säbelbeinen. Flache, eingerollte Rückenlehne,<br />

die Fauteuils mit ausladenden Armlehnen auf markanten<br />

Sphingenstützen. Feine, grüne goldgepresste Ledersitzkissen. Fauteuils<br />

61x57x45x98 cm, Stühle 45x45x45x91 cm.<br />

Provenienz: Schweizer Privatbesitz.<br />

Für weitere Angaben zu Jacob-Desmalter siehe Fussnote der Katalognr. 1315.<br />

CHF 12 000.- / 18 000.-<br />

(€ 7 500.- / 11 250.-)<br />

Siehe Abb.<br />

1288*<br />

KAMINPENDULE „DIANE CHASSERESSE“, Empire, das Zifferblatt<br />

sign. <strong>AU</strong>G.TE MARCHAND BRONZIER (tätig um 1810) und<br />

LESIEUR HR A PARIS (tätig um 1805/10), das Werk sign. LESIEUR,<br />

Paris um 1810.<br />

Matt- und glanzvergoldete Bronze. Neben dem stelenförmigen<br />

Uhrgehäuse stehende Diana mit Köcher und Hund, auf gestuftem<br />

Rechtecksockel mit gequetschten Kugelfüssen. Emailzifferblatt<br />

mit römischen Stundenzahlen. Pariser Werk mit 1/2-Stundenschlag<br />

auf Glocke. Feine vergoldete Applikationen und Beschläge<br />

in Form von Pfeilbogen, Jagdhorn, antikisierender Szene, Jagdwaffen,<br />

Rehen und Zierfriesen. 41x14x58 cm.<br />

Provenienz: Aus einer hochbedeutenden deutschen Privatsammlung.<br />

Diana (in der griechischen Mythologie Artemis) war die jungfräuliche Göttin<br />

der Jagd und des Naturlebens und Tochter des Jupiters und der Leto. Um dem<br />

Zorn der eifersüchtigen Juno zu entkommen, die sie durch die ganze Welt verfolgte,<br />

suchte Leto verzweifelt nach einem Ort, an dem sie in Ruhe und vor Juno<br />

sicher gebären konnte. Doch überall wurde sie abgewiesen. Nur die Insel<br />

Asteria/Ortygia, eine unfruchtbare, schwimmende Insel, war bereit Leto aufzunehmen.<br />

Leto lag neun Tage und neun Nächte lang in schmerzhaften


Geburtswehen; Minerva und sämtliche Göttinnen des Olymp standen ihr zur<br />

Seite und bemühten sich, die Gebärende zu unterstützen. Juno liess sich endlich<br />

erweichen und erlaubte, die Geburtsgöttin Lucina um Hilfe zu rufen. In dem<br />

Moment, als Lucina die Insel betrat setzte bei Leto, die sich an den einzigen<br />

Baum der Insel klammert, die Geburt ein. Zuerst kam Diana zu Welt, dann,<br />

mit Lucinas Hilfe, ihr Zwillingsbruder Apollo. Während Apollo mit dem<br />

Sonnengott gleichgesetzt wurde, entsprach Diana der Mondgöttin Selena. Sie<br />

wurde als Göttin der Keuschheit, der Jagd und der Fruchtbarkeit verehrt und<br />

zog, mit einem silbernen Bogen, Köcher und Pfeilen, die sie von den Kylopen<br />

geschenkt bekommen hatte, durch die Wälder und Schluchten. Auf ihren<br />

Streifzügen wurde sie immer von Hunden, wilden Tieren, Nymphen und einer<br />

Schar junger Mädchen begleitet. Die Mädchen mussten, um in der Gefolgschaft<br />

Dianas aufgenommen zu werden, den Schwur leisten, ihr Leben lang jungfräulich<br />

und unverheiratet zu bleiben. Wer den Schwur brach, wurde von Diana auf<br />

schlimme Weise bestraft. Diana liebte das kühle Bad in frischen Quellen. Wer<br />

die nackte Diana beim Baden beobachtete, wurde von ihren Hunden zerrissen.<br />

Dianas Bogen sandte den Menschen den sanften Tod, aber auch Seuchen,<br />

Epidemien und das Sterben während der Geburt.<br />

CHF 6 000.- / 10 000.-<br />

(€ 3 750.- / 6 250.-)<br />

Siehe Abb.<br />

1289<br />

MÖBEL, PENDULEN, BRONZEN, SPIEGEL, TAPISSERIEN UND DIVERSES 181<br />

1289*<br />

PRUNK-BIBLIOTHEK, Empire, Paris um 1805/10.<br />

Mahagoni geflammt. Rechteckiger Korpus mit gekehltem, vorkragendem<br />

Kranz auf markantem Sockel. Unterteil mit 3 kassettierten<br />

Türen. Zurückgesetzter Aufsatz mit 3 verglasten Türen zwischen<br />

Ecklisenen. Feine, matt- und glanzvergoldete Bronzebeschläge und<br />

-applikationen. 235x63x333 cm.<br />

Provenienz: Aus einer hochbedeutenden deutschen Privatsammlung.<br />

Feines Möbel von hoher Qualität, an welchem die Formensprache des frühen<br />

Empire evident wird: die bewusste Zurückhaltung und Schlichtheit nach<br />

Vorbild der englischen Möbel des ausgehenden 18. Jahrhunderts.<br />

CHF 50 000.- / 90 000.-<br />

(€ 31 250.- / 56 250.-)<br />

Siehe Abb.


182<br />

MÖBEL, PENDULEN, BRONZEN, SPIEGEL, TAPISSERIEN UND DIVERSES<br />

1290 (Seitenansicht)<br />

1290 (Detail)<br />

1290*<br />

PRUNK-KONSOLE „<strong>AU</strong>X TETES DE SANGLIERS“, Restauration,<br />

nach Zeichnungen von G.B. PIRANESI (Giovanni Battista Piranesi,<br />

Treviso 1720-1778 Rom), sign. YOUF (Jean-Baptiste Youf,<br />

tätig in Lucca 1815-1841), Paris um 1830/35.<br />

Mahagoni geflammt und fein eingelegt mit Zitronenholzfilets.<br />

Rechteckige „Carrara“-Platte auf gerader Zarge mit 4 markant<br />

geschweiften Stützen mit Wildschweinköpfen und verspiegelter<br />

Rückwand mit eingezogenem Sockel. Front mit 1 Schublade. Ausserordentlich<br />

feine, matt- und glanzvergoldete Bronzebeschläge<br />

und -applikationen in Form von Früchtekörben, Palmetten und<br />

Zierfries. 151x54x97 cm.<br />

Provenienz:<br />

- Aller Wahrscheinlichkeit nach gefertigt für Jérôme Bonaparte (1784-1860),<br />

König von Westphalen.<br />

- Aus einer französischen Sammlung.<br />

Hochbedeutende Konsole von perfekter Qualität und Eleganz.<br />

S. Youf stellte 1834 an der „Exposition des Produits de l’Industrie Française“<br />

diverse Möbel mit identischen Bronzen aus; davon wurde mindestens ein<br />

Guéridon nach Fontainebleau geliefert, in die „antichambre des appartements<br />

de la Reine“. Es war später Bestand der Sammlung G. Rossi, wurde bei<br />

Sotheby’s London am 12.3.1999 (Katalognr. 1444) verkauft und ist abgebildet<br />

in: D. Ledoux-Lebard, Le mobilier français du XIXe siècle, Paris 1986; S. 644.<br />

Es ist jedoch wahrscheinlich, dass mehrere Möbel mit dieser Formgebung für<br />

die königlichen Räumlichkeiten gefertigt und geliefert wurden.<br />

Der Entwurf für die Bronzen unserer Konsole wurde im Werk von G. Piranesi<br />

„Vasi, candelabri, cippi, sarcofaghi“ publiziert, das 1778 erschien und für<br />

viele bedeutende italienische und französische Prunkmöbel Inspirationen lieferte.<br />

Zusammen mit seinem Bruder Sébastien liess sich J.B. Youf auf Bitte der<br />

Prinzessin Elisa Bonaparte 1805 in einem ehemaligen Karmeliterkloster in<br />

Lucca nieder. Unter dem Einfluss der Prinzessin, die sich ihren Palast von den<br />

beiden Brüdern einrichten liess, gewann das Unternehmen Youf rasch an<br />

Bedeutung; bereits 1807 fehlte es an Handwerkern, daher beschloss man,<br />

Waisenkindern das Kunsthandwerk beizubringen. 1808 wurde Prinzessin<br />

Elisa Grossherzogin der Toskana und hielt sich nun häufig in Florenz auf, wo<br />

sie den Gebrüdern Youf den Auftrag für die Einrichtung eines grossen Teiles<br />

des Palazzo Pitti erteilte. Kaiser Napoleon erklärte sich bereit, eine gewisse<br />

Anzahl Objekte für den „Garde-Meuble“ zu bezahlen, was zur Folge hatte,<br />

dass heute noch eine genaue Auflistung der Möbel in den Nationalarchiven zu<br />

finden ist.<br />

Lit.: D. Ledoux-Lebard, Le mobilier français du XIXe siècle, Paris 1989; S.<br />

641-644 (biogr. Angaben).<br />

CHF 80 000.- / 140 000.-<br />

(€ 50 000.- / 87 500.-)<br />

Siehe Abb.


1290


184<br />

MÖBEL, PENDULEN, BRONZEN, SPIEGEL, TAPISSERIEN UND DIVERSES<br />

1292<br />

1291<br />

1291*<br />

CANAPE, Empire, deutsch um 1820/40.<br />

Mahagoni. Rechteckiger Sitz auf gerader Zarge mit vorderen Tatzen-<br />

und hinteren Vierkantbeinen. Flache, jochförmig abschliessende<br />

Rückenlehne mit seitlichen Abschlusskugeln und abgerundeten<br />

Armlehnen auf Vierkantstützen. Bordeauxroter Seidenbezug<br />

mit Empire-Muster. 160x50x45x115 cm.<br />

Provenienz: Aus einer italienischen Sammlung.<br />

CHF 3 000.- / 5 000.-<br />

(€ 1 880.- / 3 130.-)<br />

Siehe Abb.<br />

1292<br />

1 PAAR CASSOLETTES „<strong>AU</strong> PAPILLON“, Empire/Restauration,<br />

Paris um 1830.<br />

Matt- und glanzvergoldete Bronze. Amphorenförmige Vase mit<br />

grossen, eingerollten Henkeln und Rundfuss sowie drehbarem, als<br />

Tülle verwendbarem Deckel mit Knauf in Form eines Schmetterlings,<br />

auf reliefiertem Zylindersockel mit Quaderplatte. H 35,5 cm.<br />

Provenienz: Schweizer Privatbesitz.<br />

CHF 2 500.- / 4 500.-<br />

(€ 1 560.- / 2 810.-)<br />

Siehe Abb.<br />

1293*<br />

1 PAAR ZIERVASEN, späte Restauration, Paris, 19. Jh.<br />

Bronze, teils brüniert bzw. vergoldet. Balusterförmige, godronierte<br />

Vase mit Rundfuss und kleinen Henkeln, auf Rechtecksockel.<br />

Vergoldete Applikationen in Form von Maskaronen, Efeukränzen,<br />

Thyrsoi und Schale. H 35,5 cm.<br />

Provenienz: Aus einer europäischen Sammlung.<br />

CHF 4 000.- / 7 000.-<br />

(€ 2 500.- / 4 380.-)


1294<br />

GROSSE MARMORSCHALE, sog. „tazza“, spätes Empire, Italien,<br />

19. Jh.<br />

„Rouge Royal“-Marmor. Runde, godronierte Schale mit zentraler<br />

Rosette, 2 Henkeln und kanneliertem konischem Fuss, auf Quaderplatte.<br />

D 33 cm, H 29 cm.<br />

Provenienz:<br />

- Ehemals Sammlung Demidoff, Florenz.<br />

- Westschweizer Schlossbesitz.<br />

Für Angaben zur Familie Demidoff siehe auch die Fussnote der Katalognr. 1063.<br />

CHF 5 000.- / 9 000.-<br />

(€ 3 130.- / 5 630.-)<br />

Siehe Abb.<br />

1295*<br />

F<strong>AU</strong>TEUIL, Empire, Russland um 1810.<br />

Mahagoni eingelegt mit feinen Messingfilets. Trapezförmiger Sitz<br />

auf gerader Zarge mit vorderen Vierkant- und hinteren Säbelbeinen<br />

auf Rollen. Flache, eingezogene Rückenlehne mit gepolsterten<br />

Armlehnen auf Postamentstützen. Bordeauxroter Seidenbezug<br />

mit feinem Empire-Muster. 60x62x45x92 cm.<br />

Provenienz: Aus deutschem Besitz.<br />

CHF 7 000.- / 12 000.-<br />

(€ 4 380.- / 7 500.-)<br />

Siehe Abb.<br />

1296*<br />

1 PAAR GIRANDOLEN, Empire-Stil, Paris.<br />

Bronze vergoldet. Runder, kannelierter Säulenschaft mit Blättern<br />

und 5 geschweiften Lichtarmen mit runder Tülle, auf gestuftem<br />

Rechtecksockel mit Lorbeerkränzen und Zierfries. H 77 cm.<br />

Provenienz: Aus einer Schweizer Sammlung.<br />

CHF 4 000.- / 7 000.-<br />

(€ 2 500.- / 4 380.-)<br />

1294<br />

MÖBEL, PENDULEN, BRONZEN, SPIEGEL, TAPISSERIEN UND DIVERSES 185<br />

1295


186<br />

MÖBEL, PENDULEN, BRONZEN, SPIEGEL, TAPISSERIEN UND DIVERSES<br />

1297*<br />

1 PAAR KLEINE BRULE-PARFUMS „<strong>AU</strong> MERCURE“, Empire,<br />

Paris um 1815.<br />

Matt- und glanzvergoldete Bronze sowie dunkelgrün/brauner,<br />

weiss geäderter Marmor. Schmaler Vasenkörper mit durchbrochenem<br />

Deckel und Rundfuss, auf gestuftem Rechtecksockel. Die<br />

Wandung mit fein reliefierter, mythologischer Szene. Vergoldete<br />

Beschläge und Applikationen in Form von Merkurköpfen, Rosetten<br />

und Zierfries. H 34 cm.<br />

Provenienz: Aus einer hochbedeutenden deutschen Privatsammlung.<br />

CHF 10 000.- / 15 000.-<br />

(€ 6 250.- / 9 380.-)<br />

Siehe Abb.<br />

1298*<br />

KOMMODE „<strong>AU</strong>X EGYPTIENNES“, sog. commode „à l’anglaise“,<br />

Consulat/Empire, wohl von JACOB FRERES RUE MESLEE (Zusammenarbeit<br />

von George II und François Honoré George Jacob, 1796-<br />

1803), Paris um 1800/03.<br />

Mahagoni gefriest. Rechteckiger Korpus auf profiliertem Sockel.<br />

Architektonisch gegliederte, doppeltürige Front mit 3 Lisenen.<br />

Inneneinteilung mit 4 Schubladen „à l’anglaise“. Ausserordentlich<br />

feine, matt- und glanzvergoldete Bronzebeschläge und -applikationen<br />

in Form von Isis mit Geierhaube, Lotusblüten, stilisierten<br />

Musikinstrumenten und Zierfries. „Granit Gris“-Platte.<br />

144x58,5x94,5 cm.<br />

Provenienz:<br />

- Galerie Carroll, München.<br />

- Aus einer hochbedeutenden deutschen Privatsammlung.<br />

Feine und sehr frühe Empire-Kommode von bestechender Qualität.<br />

1297 1298 (Detail)<br />

Eine sehr ähnliche Kommode war im Besitz des Ministers Comte Mollien und<br />

ist heute im Musée Marmottan ausgestellt. Eine weitere Kommode gehörte zu<br />

den Sammlungen der Familie Demidoff in Fratolino und wurde bei Sotheby’s<br />

Florenz am 22.4.1969 (Katalognr. 250) verkauft, eine dritte war Bestand der<br />

Sammlungen von Thurn und Taxis.<br />

Der Einfluss ägyptischer Motive auf das Kunsthandwerk und die Architektur<br />

in Europa lässt sich in verschiedenen Epochen nachweisen. Das Sphingenmotiv,<br />

als Symbol der „Ägyptomanie“, findet sich in der französischen Kunstgeschichte<br />

bereits während der Regierungszeit von Louis XIV - wie z.B. die Marmorfiguren<br />

von Baillon für den Garten von Versailles -, im gesamten 18. und frühen 19.<br />

Jahrhundert. Vor allem der Neoklassizismus mit seiner markant inhaltsorientierten<br />

Auseinandersetzung bediente sich dieser antikisierenden Motive.<br />

Durch die Schrift von Quatremère de Quincy 1775, „Quel fut l’état de<br />

l’architecture chez les égyptiens et qu’est-ce que les grecs paraissent leur avoir<br />

emprunté?“ gelangten viele neue Impulse in das europäische Kunsthandwerk.<br />

Es gibt zwei Strömungen dieser ägyptisierenden Formensprache: Die eine ist<br />

von pittoreskem Charakter und übernimmt die Einflüsse, wie für das späte 18.<br />

Jahrhundert üblich, auf schematisch-dekorative Weise. Die zweite richtet sich<br />

nach den originalen Vorbildern, die durch eine Vielzahl von Dokumenten,<br />

Berichten, Zeichnungen und Skizzen von Napoleons Feldzug durch Ägypten<br />

nach Europa gebracht wurden.<br />

Am 13. April 1796 überschrieb G. Jacob die florierende Firma seinen beiden<br />

Söhnen Georges II und François-Honoré-Georges. Die Zusammenarbeit der<br />

Gebrüder Jacob war nur von sehr kurzer Dauer und wurde durch den plötzlichen<br />

Tod von Georges II beendet.<br />

Die Werke der Jacob Frères gehören zu den elegantesten und innovativsten der<br />

Jahre um 1800. Die „Légèrte“ der Formgebung, die neuen Dekorationen „à<br />

l’égyptien“ oder „à l’antique“, die perfekte Ausführung und die Verwendung<br />

von bestem Mahagoni-Furnier waren die Markenzeichen ihrer Arbeit. D.<br />

Ledoux-Lebard hält diesbezüglich Folgendes fest: „Ces qualités les classent<br />

parmi les plus belles productions de cette maison, et leur relative rareté, vu la<br />

brièvite de cette période, ajoute encore à leur intêret.“ in: Le mobilier français<br />

du XIXe siècle, Paris 1989; S. 272-279 und 293f.<br />

In den „Expositions des produits de l’industrie française“ jener Jahre erhielten<br />

die Brüder stets die höchsten Auszeichnungen, obwohl die Konkurrenz aus den<br />

bedeutendsten Kunsthandwerkern bestand. Trotz der Konkurrenz arbeiteten<br />

sie manchmal zusammen für die Paläste des angehenden Kaisers Napoleon<br />

und seine Entourage. Kaiserin Joséphine gab oft „ce qu’il y a de mieux“ in<br />

Auftrag, und Napoleon erinnerte sich noch während seines Exils auf Sankt<br />

Helena mit Entsetzen an die horrende Rechnung der Jacob Frères. Nebst den<br />

Bonapartes war Madame de Recamier die wichtigste Kundin des Unternehmens,<br />

sie liess eine Vielzahl von Möbeln herstellen, die zu den bedeutendsten der<br />

Directoire-Epoche gehören.<br />

Lit.: P. Kjellberg, Le mobilier français du XVIIIe siècle, Paris 1989; S. 434<br />

(biogr. Angaben).<br />

CHF 90 000.- / 140 000.-<br />

(€ 56 250.- / 87 500.-)<br />

Siehe Abb.


1298


188<br />

MÖBEL, PENDULEN, BRONZEN, SPIEGEL, TAPISSERIEN UND DIVERSES<br />

1300 (Detail)<br />

1299<br />

1299*<br />

KAMINPENDULE „LE CHAR DE L’AMOUR“, Empire, das Zifferblatt<br />

sign. LITOT RUE FEYDE<strong>AU</strong> A PARIS (dort tätig 1806-1812),<br />

Paris um 1810.<br />

Matt- und glanzvergoldete Bronze sowie „Griotte Rouge“- und<br />

schwarzer Marmor. Amor mit Fackel im Streitwagen, von 2 Pferden<br />

gezogen, auf Rechtecksockel mit Kreiselfüssen, auf profilierter,<br />

rechteckiger Platte. Im Wagenrad Emailzifferring mit arabischen<br />

Minuten- und römischen Stundenzahlen. Pariser Werk mit<br />

1/2-Stundenschlag auf Glocke. Im Sockel feines vergoldetes Relief<br />

mit Apoll im Streitwagen, Merkur und Putti als Allegorien der<br />

musischen Künste. 52x19x58 cm.<br />

Provenienz: Aus einer hochbedeutenden deutschen Privatsammlung.<br />

Eine modellogleiche Pendule ist abgebildet in: H. Ottomeyer / P. Pröschel,<br />

Vergoldete Bronzen - Die Bronzearbeiten des Spätbarock und Klassizismus,<br />

München 1986; I, S. 354 (Abb. 5.9.2) und in: E. Niehüser, Die französische<br />

Bronzeuhr, München 1997; S. 243 (Abb. 915).<br />

Lit.: H.L. Tardy, Dictionnaire des horlogers français, Paris 1976; S. 416 (kurze<br />

biogr. Angaben).<br />

CHF 18 000.- / 28 000.-<br />

(€ 11 250.- / 17 500.-)<br />

Siehe Abb.


1300<br />

1300*<br />

1 PAAR MEDICI-VASEN „<strong>AU</strong> PEGASE“, Empire, aus einer Pariser<br />

Meisterwerkstatt, um 1800/05.<br />

Matt- und glanzvergoldete Bronze, brüniertes Messing und grauer<br />

Granit. Godronierter Kratervasenkörper mit 2 seitlichen, auf Widderköpfen<br />

stehenden jungen Frauen und fein reliefiertem Rundfuss,<br />

auf gestuftem Rechtecksockel. Feine vergoldete Bronzeapplikationen<br />

in Form von Pegasus mit Reiter und Zierfries. H 61 cm.<br />

Provenienz:<br />

- Galerie Carroll, München.<br />

- Aus einer hochbedeutenden deutschen Privatsammlung.<br />

Ausserordentlich feines Paar von bestechender Qualität.<br />

MÖBEL, PENDULEN, BRONZEN, SPIEGEL, TAPISSERIEN UND DIVERSES 189<br />

CHF 50 000.- / 90 000.-<br />

(€ 31 250.- / 56 250.-)<br />

Siehe Abb.


190<br />

MÖBEL, PENDULEN, BRONZEN, SPIEGEL, TAPISSERIEN UND DIVERSES<br />

1301*<br />

FOLGE VON 4 F<strong>AU</strong>TEUILS „<strong>AU</strong>X TETES DE LIONS“, Empire,<br />

J.B.B. DEMAY (Jean-Baptiste Bernard Demay, Meister 1784) zuzuschreiben,<br />

Paris um 1810.<br />

Mahagoni profiliert und beschnitzt mit Löwenköpfen. Trapezförmiger<br />

Sitz auf gerader Zarge mit vorderen Tatzen- und hinteren<br />

Säbelbeinen. Eingerollte Rückenlehne mit ausladenden Armlehnen<br />

auf Löwenkopfstützen. Gold/gelb gestreifter Seidenbezug mit<br />

Empiremuster. Sitzkissen. 62x50x48x93 cm.<br />

Provenienz: Aus einer hochbedeutenden deutschen Privatsammlung.<br />

Ein Fauteuil von J.B.B. Demay mit nahezu identischen Löwenköpfen ist abgebildet<br />

in: D. Ledoux-Lebard, Le mobilier français du XIXe siècle, Paris 1989;<br />

S. 158.<br />

1301 (Detail)<br />

1301<br />

Als Gatte von Claudine-Jeanne Sené, Tochter eines bedeutenden<br />

Sitzmöbelherstellers, wurde J.B.B. Demay bereits 1784 in die Meistergilde<br />

aufgenommen. Er war im Atelier seines Schwiegervaters tätig, übernahm nach<br />

dessen Tod die Leitung und fertigte zahlreiche Stücke im Auftrag des „Garde-<br />

Meuble“. Charakteristisch für Demays Sitzmöbel sind vor allem die bewusste<br />

„sobriété“ der Formgebung, welche die stark klassizistische Sprache des<br />

Directoire und Empire verkörpert, und die äusserst feine Schnitzerei an den<br />

Gestellen.<br />

Lit.: P. Kjellberg, Le mobilier français du XVIIIe siècle, Paris 1989; S. 248f.<br />

(biogr. Angaben). D. Ledoux-Lebard, Le mobilier français du XIXe siècle, Paris<br />

1989; S. 157 (biogr. Angaben).<br />

CHF 20 000.- / 30 000.-<br />

(€ 12 500.- / 18 750.-)<br />

Siehe Abb.<br />

1302*<br />

PRUNK-DECKENLEUCHTER, Empire, aus einer Pariser Meisterwerkstatt,<br />

wohl A.A. RAVRIO (André-Antoine Ravrio, 1759-1814),<br />

Paris um 1810/20.<br />

Matt- und glanzvergoldete Bronze. Schalenförmiger Lichtträger<br />

mit Zentralfackel und 6 x 3 füllhornartigen Tüllen, durch 6 Ketten<br />

mit der palmettenbeschmückten Lichtkrone verbunden. D 90 cm,<br />

H 130 cm.<br />

Hochbedeutender Leuchter von perfekter Qualität und Eleganz.<br />

A.A. Ravrio stammte aus einer Familie von „bronziers-doreurs“, die seit 1661<br />

in diesem Beruf tätig war. In den 1740er Jahren begann er, den Pariser Hochadel<br />

zu beliefern; am 10.2.1774 kaufte der Comte d’Artois ein „cage et sa<br />

monture“. Ab 1787 erhielt Ravrio Aufträge vom „Garde-Meuble“ und fertigte<br />

Bronzen für den Ebenisten J.G. Benemann. Kurioserweise war er auch als<br />

Autor verschiedener Theaterstücke und heiterer Geschichten bekannt, ebenso<br />

als „homme bonvivant“. Im Empire fertigte er eine beachtliche Anzahl Objekte<br />

für den „Garde-Meuble Impérial“, die für die Paläste der Tuilerien, Compiègne,<br />

Meudon, Fontainebleau, Grand und Petit Trianon, Rambouillet<br />

bestimmt waren.<br />

Lit.: H. Ottomeyer / P. Pröschel, Vergoldete Bronzen - Die Bronzearbeiten des<br />

Spätbarock und Klassizismus, München 1986; II, S. 689-702 (biogr. Angaben).<br />

CHF 90 000.- / 140 000.-<br />

(€ 56 250.- / 87 500.-)<br />

Siehe Abb.


1302


192<br />

MÖBEL, PENDULEN, BRONZEN, SPIEGEL, TAPISSERIEN UND DIVERSES<br />

1304<br />

1303 (Detail)<br />

1303*<br />

BURE<strong>AU</strong>-PLAT „<strong>AU</strong>X PATTES DE LIONS“, Empire/Restauration,<br />

B. MOLITOR (Bernard Molitor, Meister 1787) zuzuschreiben, Paris<br />

um 1810/20.<br />

Mahagoni. Rechteckiges, vorstehendes, mit grünem, goldgepresstem<br />

Leder bezogenes Blatt auf gerader Zarge mit Volutenstützen<br />

auf Tatzenfüssen mit Verbindungssteg. Front mit breiter Zentralschublade,<br />

flankiert von je 1 Schublade. Gleiche, jedoch blinde<br />

Einteilung auf der Rückseite. Seitlich je 1 mit Leder bezogenes<br />

Auszugstablar. Feine, matt- und glanzvergoldete Bronzebeschläge<br />

und -applikationen in Form von Pfeilbogen, Köchern, Palmetten<br />

und Zierfries. Teils ausgebleicht. 166x85x80 cm.<br />

Provenienz:<br />

- Galerie Carroll, München.<br />

- Aus einer hochbedeutenden deutschen Privatsammlung.<br />

B. Molitor war einer der talentiertesten Ebenisten des ausgehenden 18. und<br />

frühen 19. Jahrhunderts. Er kam aus einfachen Verhältnissen in Luxemburg<br />

und liess sich in den 1770er Jahren in Paris nieder, wo er wahrscheinlich in den<br />

Werkstätten von J.H. Riesener tätig war, dessen Einfluss im frühen Werk von<br />

B. Molitor ersichtlich ist. Nachdem man ihm die Meisterwürde verliehen hatte,<br />

erhielt er verschiedene Aufträge zur Herstellung von Möbeln für den französischen<br />

Hof. Man denke an das Parkett, das er für das Boudoir der Königin<br />

Marie-Antoinette im Schloss Fontainebleau lieferte, an die herausragenden,<br />

reich mit Kupferrosetten eingelegten Flügeltüren und an die zahlreichen Möbel,<br />

die er für das Schloss Saint-Cloud fertigte. Die beeindruckende Qualität seiner<br />

Werke und die ständige Suche nach neuen, innovativen Formen sorgten für einen<br />

grossen Erfolg seines Ateliers. Während der Zeit des Ancien Régime, der<br />

Französischen Revolution, des Directoire, Empire und Restauration gehörte die<br />

jeweils führende Schicht zu Molitors Kundschaft. Gemeinsam mit G. Jacob<br />

(Georges Jacob, 1739-1814) gilt er als „Vorbereiter einer neuen Möbelgeneration“.<br />

Bereits ab 1790 versah er seine Arbeiten mit den typisch empirischen<br />

Bronzeapplikationen, deren Charme „très XVIIIe siècle“ er sehr gekonnt hervorhob.<br />

Diese Möbel wurden von seiner Privatkundschaft, den Familien Polignac,<br />

Carman und Vaudemont, vom Marquis de La Fayette, Herzog de Fitz-James,<br />

Baron de Stael-Holstein (Botschafter von Schweden) und vom Umkreis der<br />

Königin Marie-Antoinette gerühmt. Im Gegensatz zu den meisten seiner<br />

Berufskollegen starb B. Molitor 1833 als sehr wohlhabender Mann.<br />

CHF 60 000.- / 90 000.-<br />

(€ 37 500.- / 56 250.-)<br />

Siehe Abb.<br />

1304*<br />

SKULPTUR EINER JUNGEN FR<strong>AU</strong>, Empire, Italien, 19. Jh.<br />

Holz beschnitzt und goldgefasst. Stehende junge Frau mit geflochtenem<br />

Haar und faltenreichem Gewand, auf dem Kopf einen<br />

Früchtekorb tragend, auf kannelierter Säule mit profiliertem<br />

Rundfuss. H 157 cm.<br />

CHF 4 000.- / 7 000.-<br />

(€ 2 500.- / 4 380.-)<br />

Siehe Abb.


1303


194<br />

MÖBEL, PENDULEN, BRONZEN, SPIEGEL, TAPISSERIEN UND DIVERSES<br />

1305*<br />

1 PAAR GIRANDOLEN „A LA PSYCHE“, Empire, Frankreich um<br />

1810/20.<br />

Bronze vergoldet bzw. teils brüniert. Stehende Psyche mit Schmetterlingsflügeln<br />

und Rose, auf dem Kopf ein Gefäss mit Zentraltülle<br />

und 3 geschweiften Lichtarmen mit vasenförmigen Tüllen und<br />

Blumenkranz tragend, auf fein reliefiertem Zylindersockel mit<br />

Quaderplatte. H 58 cm.<br />

Provenienz: Privatbesitz, Deutschland.<br />

CHF 6 000.- / 10 000.-<br />

(€ 3 750.- / 6 250.-)<br />

Siehe Abb.<br />

1306*<br />

TOTENMASKE DES KAISERS NAPOLEON I., sign. DR. F.<br />

ANTOMMARCHI (Francesco Antommarchi, 1780-1838, Leibarzt<br />

des Kaisers) und bez. FONDU PAR L. RICHARD ET QUESNEL A<br />

PARIS (Zusammenarbeit 1826-1836 von Louis Richard, „fondeur“,<br />

1791-1879, und E. Quesnel, „ciseleur“, tätig 1810/50), dat. 1833,<br />

Frankreich.<br />

Bronze brüniert. L 35 cm.<br />

Provenienz:<br />

- 1871 in den Besitz einer Augsburger Familie gelangt, als Geschenk eines<br />

hohen französischen Offiziers, zum Dank für seine gute Behandlung als<br />

Kriegsgefangener.<br />

- Durch Erbgang im Besitz der selben Familie.<br />

Die Originalmaske aus Gips, welche nach dem Tod Napoleons 1821 von<br />

Antommarchi gefertigt wurde, befindet sich heute im Musée National du<br />

Château de Malmaison. Nachforschungen ergaben, dass der Leibarzt des Kaisers<br />

vermutlich bereits 1824 von Richard et Quesnel einige Masken in Bronze giessen<br />

liess und 1833 noch einmal einige wenige Exemplare in Auftrag gab.<br />

Zertifikat von Hofrat Prof. Dr. Karl Koetschau, Düsseldorf, 28.9.1948:<br />

„Wir wissen aus einer zeitgenössischen Mitteilung, dass Napoleons Leibarzt<br />

auf St. Helena, der Korse Dr. F. Antommarchi, noch am Todestag, nachdem des<br />

Kaisers Schädel rasiert war - die Familienangehörigen bekamen das Haupthaar<br />

1305<br />

als Andenken - die Totenmaske abgenommen hat. Zunächst behielt sie der Arzt,<br />

dann kam sie in das Musée de l’Armée nach Paris. Ob aber die Maske so schnell<br />

gemacht worden ist, wie es hätte geschehen müssen, nämlich als das Blut noch<br />

warm war, ist nicht anzunehmen. Es war schon eine gewisse Erstarrung der<br />

Muskeln eingetreten. Der Arzt ist auf der rechten Seite des Halsansatzes der<br />

nach dem Gipsabdruck hergestellten Bronze als Verfertiger genannt. Die mit<br />

dem Bronzeguss betraute Firma ist auf der linken Seite angegeben, und auf einem<br />

Medaillon, das den Kopf des Kaisers zeigt und in der Mitte des<br />

Halsansatzes angebracht ist, liest man das Jahr der Entstehung der Bronze:<br />

1833. Ein Abguss der Bronzeform befindet sich im Musée Carnavalet zu Paris.<br />

Es sollen im ganzen nur fünf Abgüsse hergestellt worden sein. In zwei neueren<br />

Werken, welche die Totenmasken behandeln, in dem von Ernst Burkard: „Das<br />

ewige Antlitz“ (Berlin 1927) und in dem von Richard Langer und Hans W.<br />

G(....): „Totenmasken“ (Leipzig 1927) ist die Napoleon-Maske in Vorder- und<br />

Seitenansicht wiedergegeben und zwar nach dem Gips-, nicht nach dem<br />

Bronzeabguss. Die Abbildungen im zweiten Werk sind besser als die im ersten.<br />

Gipsmasken befinden sich in der Totenmasken-Sammlung der Düsseldorfer<br />

Kunst-Akademie und im Ethnographisch-Anthropologischen Museum in<br />

Dresden. Man kann daraus ersehen, dass der Bronzeguss nicht überarbeitet<br />

worden ist, dass er vielmehr mit aller gebotenen Schonung behandelt wurde,<br />

und dass man nur die ohne weiteres erkennbaren Teile am Hinterkopf und am<br />

Hals hinzufügte, die notwendig waren, um die Maske an der Wand aufhängen<br />

zu können.“<br />

Francesco Antommarchi studierte Medizin in Pisa und wurde 1812 Prospektor<br />

im Hospital Santa Maria in Florenz. 1818 verliess er auf Wunsch des Kardinals<br />

Fesch Italien und reiste zur Insel St. Helena, um den verbannten Napoléon zu<br />

pflegen. Der frühere Kaiser empfing ihn anfänglich mit grossem Misstrauen,<br />

doch dem Leibarzt gelang es mit der Zeit, das Vertrauen des launischen<br />

Bonaparte zu gewinnen, der ihn schliesslich im Testament mit 100 000 Francs<br />

bedachte. Nach dem Tod Napoléons erklärte Antommarchi, dass sein Patient<br />

nicht an Magenkrebs, sondern an einem auf der Insel herrschenden Fieber gestorben<br />

sei, und weigerte sich, das Obduktionsprotokoll zu unterschreiben. Er<br />

kehrte dann nach Paris zurück und verfasste 1823 die „Dernier moments de<br />

Napoléon“. Antommarchi starb 1838 in Santiago de Cuba.<br />

CHF 40 000.- / 70 000.-<br />

(€ 25 000.- / 43 750.-)<br />

Siehe Abb.


1306


196<br />

MÖBEL, PENDULEN, BRONZEN, SPIEGEL, TAPISSERIEN UND DIVERSES<br />

1307*<br />

KOMPLETTE FOLGE DER BILDTAPETE „AMOUR ET PSYCHE“,<br />

spätes Empire, von J. DUFOUR (Joseph Dufour, bedeutendster<br />

Tapetenhersteller im 19. Jh.), nach Entwürfen von L. LAFITTE<br />

(Louis Lafitte, 1770-1828) und M.J. BLONDEL (Merry Joseph Blondel,<br />

1781-1853) um 1785, J.C.X. MADER (Jean-Christoph Xavier<br />

Mader) als Formstecher der Holzmodel, Paris, 19. Jh.<br />

Papier mit Grisaille-Handdruck; Darstellungen aus der Sage von<br />

Amor und Psyche: 1. Psyches Eltern befragen das Orakel. 2. Psyche<br />

wird von Zephyr entführt. 3. Psyche im Bad. 4. Psyche zeigt den<br />

Schwestern ihre Kleinodien. 5. Psyche will Amor erstechen. 6. Die<br />

verlassene Psyche. 7. Ein Fischer rettet Psyche. 8. Psyche bringt<br />

Venus den Trank aus den Quellen des Styx. 9. Psyche füttert Kerberos<br />

mit Kuchen. 10. Psyche kehrt aus der Unterwelt zurück. 11.<br />

Die Versöhnung zwischen Amor und Psyche. 12. Psyche und<br />

Amor vereint. Gesamtlänge 1400 cm, H 182 cm.<br />

Provenienz: Aus einer hochbedeutenden deutschen Privatsammlung.<br />

Ausserordentlich seltene, weil komplette Folge von hoher Qualität.<br />

Eine identische Folge wurde in unserer November-Auktion 1995 (Katalognr.<br />

4231) verkauft. Weitere Exemplare dieser Folge befinden sich heute im<br />

Hannover Leibnitz-Haus, im Haus der „Rheinischen Heimat“ in Köln, in den<br />

Schlössern Bergheim an der Eder, Anholt bei Wesel, Hansaberg bei Königsberg<br />

und im Schloss Weesenheim bei Dresden sowie im Kirschgarten Museum in<br />

Basel.<br />

Die Arbeiten für die Bildtapeten begannen Lafitte und Blondel wohl 1785, die<br />

Model wurden allerdings erst Anfang des 19. Jahrhunderts von Mader le père<br />

hergestellt und ab 1816 von Joseph Dufour gedruckt. Obwohl damals ein<br />

Vielfarbendruck technisch bereits möglich war, zog man es vor, die Tapeten<br />

einfarbig in Sepia, Ockergelb und später in Grisaille zu drucken, wodurch eine<br />

Wirkung entstand, die der Wandfläche als raumbildendes Element im klassizistischen<br />

Stil Rechnung trug. Zur Herstellung der 12 Bilder wurden etwa 1450<br />

Holzmodel und 8 verschiedene Grautöne benötigt.<br />

1816 wurde diese Tapetenfolge zum ersten Mal mit enormem Erfolg an der<br />

Ausstellung der „Produits de l’Industrie“ präsentiert. Joseph Dufour hielt in<br />

seinem Brief an den „Curé“ Génillon 1819 Folgendes fest: „L’opinion publique<br />

me décernait la médaille d’or (...) Elle me mettait unanimement au-dessus de<br />

tous mes confrères par l’importance de mes oeuvres et de leur perfectionnement.“<br />

Psyche war eine Königstochter von so aussergewöhnlicher Schönheit, dass jeder<br />

sie bewunderte und dabei die Verehrung der Schönheits- und Liebesgöttin<br />

Venus vernachlässigte. Wütend über diese Schmach befahl Venus ihrem Sohn<br />

Amor, das Mädchen in einen hässlichen Mann verliebt zu machen. Doch Amor<br />

verliebte sich selbst in die schöne Psyche und liess ihre Eltern durch einen<br />

Orakelspruch Apollos weissagen, sie müssten ihre Tochter für eine Hochzeit<br />

kleiden und sie zu einer einsamen Bergspitze bringen, wo sie von einem Dämon<br />

entführt und geheiratet würde. Trotz der Trauer wagen die Eltern nicht, sich<br />

dem Spruch zu widersetzen, und brachten Psyche, prächtig gekleidet, auf die<br />

Bergspitze. Entführt wurde sie aber von Zephyr, dem sanften Westwind, der in<br />

einen prächtigen Palast brachte. In der folgenden Nacht gesellte sich Amor unerkannt<br />

als Bettgenosse zu ihr, verbot ihr aber, ihn anzusehen. Psyche erlebte<br />

mit Amor viele glückliche Stunden und wollte ihren Schwestern davon erzählen.<br />

1307 (Detail)<br />

Amor erlaubte den Besuch und liess die Schwestern von Zephyr zu ihr bringen.<br />

Die Mädchen waren bald erfüllt von Eifersucht auf Psyches Glück und redeten<br />

ihr ein, ihr Liebhaber sei gewiss der böse Dämon, wie ja das Orakel geweissagt<br />

hatte. Psyche konnte ihre Neugier und Angst nicht länger zügeln. Eines Nachts<br />

ergriff sie eine Öllampe und einen Dolch und trat ans Bett des schlafenden<br />

Amor, um den vermeintlichen Dämon zu töten. Doch als das Licht auf den<br />

wunderschönen Amor fiel, erkannte die genarrte Frau den Gott. Vor<br />

Bewunderung und Schrecken ganz starr achtete Psyche nicht auf die Lampe -<br />

ein Tropfen heisses Öl fiel auf die entblösste Schulter Amors und weckte ihn.<br />

Vom Vertrauensbruch enttäuscht entfloh er und liess die verzweifelte Psyche<br />

allein zurück. Lange Zeit suchte die junge Frau vergeblich nach ihrem Liebsten,<br />

doch niemand half ihr - aus Furcht vor der eifersüchtigen Venus. Schliesslich<br />

suchte Psyche Rat bei der Liebesgöttin selbst. Venus willigte ein, ihr zu helfen<br />

- unter der Bedingung, dass Psyche drei Aufgaben erfüllte. In ihrem Unglück<br />

erklärte sich Psyche einverstanden. Als erstes sollte sie binnen Tagesfrist einen<br />

Haufen Gerste, Weizen, Hirse, Mohn, Erbsen, Bohnen und Mais sortieren. Mit<br />

Hilfe der Ameisen, die Mitleid der armen Psyche hatten, gelang die Aufgabe. Als<br />

zweites sollte sie Flocken vom Fell der Schafe mit den goldenen Vliesen stehlen<br />

- eine Aufgabe, an der schon grössere Helden gescheitert waren. Psyche war<br />

verzweifelt und wollte sich in einen Fluss stürzen. Der Flussgott half ihr jedoch<br />

und gab ihr einen guten Rat. Die Schafe seien zwar den ganzen Tag über bösartig<br />

und töteten jeden Sterblichen, der sich ihnen nähere, doch seien müde und<br />

träge in der Nacht. Wenn sie sich zum Fluss begäben, um ihren Durst zu stillen,<br />

blieben immer einige Flocken an den Büschen hängen. Diese solle Psyche sammeln<br />

und der Venus bringen. Dankbar folgte die junge Frau dem Rat des guten<br />

Flussgottes und brachte der erstaunten Venus die geforderten Flocken. Als<br />

Nächstes verlangte die Göttin der Liebe einen frischen Trunk aus einer sehr<br />

speziellen Quelle - aus der von Drachen bewachten Quelle, die den Fluss Styx<br />

in der Unterwelt speiste. Nicht mal die Götter wagten es, sich der Quelle zu<br />

nähern. Erneut verlor Psyche in Anbetracht der Ungeheuerlichkeit der Aufgabe<br />

ihren Mut. Dieses Mal war es Jupiters Adler, der zur Hilfe eilte, und so gelang<br />

auch diese Tat. Der Zorn der Venus war indes nicht im Mindesten besänftigt.<br />

Eine weitere „Bitte“ hatte sie. Psyche sollte erneut in die Unterwelt steigen,<br />

Proserpina aufsuchen und sie um eine Schönheitssalbe bitten. Wiederum erfüllte<br />

Psyche die Aufgabe. Auf dem Rückweg öffnete die Neugierige das versiegelte<br />

Fläschchen und fiel von dem betäubenden Geruch in einen todesähnlichen<br />

Schlaf, aus dem sie nicht mehr erwachte. Amor, der es längst bereute, Psyche<br />

verlassen zu haben und auf der Suche nach ihr war, fand die Schlafende und<br />

weckte sie durch die Berührung der Liebsten mit seinen Flügeln. Der Göttervater<br />

selbst hatte nun Erbarmen mit dem bezaubernden Paar und sprach ein<br />

Machtwort. Als „Strafe“ für das ungebührliche Verhalten und um den Streichen<br />

und der jungendlichen Flatterhaftigkeit Amors ein Ende zu setzen - auch Jupiter<br />

war des Öfteren Opfer von den Liebespfeilen geworden - müsse Amor sich verheiraten,<br />

die freie Wahl der Braut sei ihm gestattet. Natürlich wählte Amor<br />

seine Psyche und feierte mit ihr eine rauschende Hochzeit, an der sämtliche<br />

Götter teilnahmen. Psyche wurde so unsterblich und erhielt ihren Platz im<br />

Olymp.<br />

Lit.: F. Teynac / P. Nolot / J.D. Vivien, Die Tapete - Raumdekoration aus fünf<br />

Jahrhunderten, München 1986 (allg. Angaben zur Entwicklung der Tapete).<br />

O.N. Kammerer, Papiers Peints Panoramiques, Ausstellungskatalog im Musée<br />

des Arts Dècoratifs, Paris 1990.<br />

CHF 40 000.- / 70 000.-<br />

(€ 25 000.- / 43 750.-)<br />

Siehe Abb.


MÖBEL, PENDULEN, BRONZEN, SPIEGEL, TAPISSERIEN UND DIVERSES 197


198<br />

MÖBEL, PENDULEN, BRONZEN, SPIEGEL, TAPISSERIEN UND DIVERSES<br />

1308*<br />

MARMORSKULPTUR, Empire, Frankreich, 19. Jh.<br />

Weisser Marmor. Ägyptisierende, ovoide Skulptur mit Pharaonenkopf<br />

und Rundfuss, die Wandung mit Figuren, Tieren und Zierfriesen,<br />

auf Quaderplatte. H 49 cm.<br />

CHF 4 000.- / 7 000.-<br />

(€ 2 500.- / 4 380.-)<br />

Siehe Abb.<br />

1309*<br />

GEFASSTER F<strong>AU</strong>TEUIL, Empire, wohl von P.B. MARCION (Pierre<br />

Benoît Marcion, 1769-1840) Paris um 1810/20.<br />

Buche fein beschnitzt mit Rosetten, Palmetten und Zierfries sowie<br />

weiss/golden gefasst. Trapezförmiger Sitz auf gerader Zarge mit<br />

vorderen Säulen- und hinteren Säbelbeinen. Flache Rückenlehne<br />

mit gepolsterten Armlehnen auf stilisierten Fackelstützen. Feiner<br />

Tapisseriebezug mit Löwe und Kaiserbüste, umrahmt von Palmetten<br />

und Zierfries. 67x55x43x98 cm.<br />

Provenienz: Aus deutschem Besitz.<br />

1308 1309<br />

P.B. Marcion und die Ebenistenfamilie Jacob waren Napoleons wesentlichste<br />

Möbellieferanten. Marcion stellte zum Beispiel hervorragende Mahagoni-<br />

Möbel und „athéniennes“ für die kaiserlichen Paläste her. Letztere werden<br />

1807 in einem Brief von Daru an den „administrateur du mobilier impérial“<br />

Desmazis erwähnt: „J’ai reçu, Monsieur, la lettre que vous m’avez écrite le 12<br />

octobre par laquelle vous me représentez que le pied de lavabo que j’avais<br />

supprimé, comme étant trop cher, de la soumission du sieur Marcion, a été fait<br />

exprès sur un dessin nouveau pour une cuvette de grandeur extraordinaire dont<br />

S.M. avait donné elle-même les dimensions, et que l’ébénisterie ainsi que les<br />

bronzes en sont parfaitement soignés. Vous ajoutez que S.M. a paru satisfaite<br />

de ce meuble et qu’elle en a ordonné de semblables pour tous ses palais. En<br />

conséquence j’approuve la fourniture de ce pied de lavabo et vous autorise à<br />

m’en proposer le payement au prix de 750 F...“<br />

1789 transferierte Marcion die Werkstatt und das Ladengeschäft „Aux égyptiens“<br />

in die Rue Neuve-des-Petits-Champs, annoncierte die Neueröffnung<br />

und „son choix de meubles de genre, en bois d’acajou, richement ornés de<br />

bronzes, d’après les belles formes des antiquités étrusques, égyptiennes, grecques<br />

et romaines“. 1812 veröffentlichte Marcion in „Les Petites Annonces“<br />

Inserate, die darauf hinwiesen, „qu’on trouvera toujours (...) une très grande<br />

quantité de sièges de bon goût et vingt modèles différents en bois sculpté et<br />

doré, acajou et noyer.“ Im Mai 1812 stellte er ein Gesuch für die Verleihung<br />

des Titels „ébéniste et menuisier en meubles de S.M. l’Empéreur“, das aber<br />

nicht angenommen wurde, obwohl er seit 8 Jahren für den „Garde-Meuble“<br />

tätig gewesen war und dem Gesuch eine Liste seiner Arbeiten beilegte: „le<br />

pavillon du Mail en entier, l’ameublement du côté gauche et de la galerie du<br />

Grand Trianon, le Petit Trianon en entier, les pavillons de Bagatelle et de<br />

Monceaux“. 1814 geriet Marcions Unternehmen in Konkurs, vermutlich zog er<br />

sich deswegen drei Jahre später aus der Ebenisterie ins Privatleben nach<br />

Château-Thierry zurück. Als er 1840 starb, hinterliess er seiner Tochter<br />

Hélène, die mit dem „architecte du gouvernement“ Jacques Lacornée verheiratet<br />

war, F 55 703,36, einer Bediensteten F 3 813,40.<br />

Lit.: D. Ledoux-Lebard, Le mobilier français du XIXe siècle, Paris 1989; S.<br />

461-468 (biogr. Angaben).<br />

CHF 5 500.- / 8 500.-<br />

(€ 3 440.- / 5 310.-)<br />

Siehe Abb.<br />

1310*<br />

1 PAAR KONSOLEN „<strong>AU</strong>X CARIATIDES“, Empire, F.H.G. JACOB-<br />

DESMALTER (François Honoré Georges Jacob-Desmalter, 1770-<br />

1841) zuzuschreiben, Paris um 1810/15.<br />

Mahagoni. Rechteckige, schwarz/grau gesprenkelte Marmorplatte<br />

auf gerader Zarge mit vorderen Karyatidenstützen und verspiegelter<br />

Rückwand auf rechteckiger Sockelplatte. Feine, matt- und<br />

glanzvergoldete Bronzebeschläge und -applikationen in Form von<br />

Frauenbüsten, Palmetten und Zierfries. 130x49x96 cm.<br />

Provenienz:<br />

- Château de Mèles-sur-Seine, Frankreich.<br />

- Galerie Carroll, München.<br />

- Aus einer hochbedeutenden deutschen Privatsammlung.<br />

Die Zuschreibung an F.H.G. Jacob-Desmalter beruht auf der quellenmässig<br />

fundierten Tatsache, dass dieser im frühen 19. Jahrhundert beauftragt wurde,<br />

die Inneneinrichtung des Château de Mèles zu fertigen.<br />

Ein von Jacob-Desmalter signiertes, sehr ähnliches Paar ist Bestand der<br />

Sammlungen des Grand Trianon (Inventarnr. GT 1576).<br />

Für weitere Angaben zu F.H.G. Jacob-Desmalter siehe auch die Fussnote der<br />

Katalognr. 1315.<br />

CHF 50 000.- / 90 000.-<br />

(€ 31 250.- / 56 250.-)<br />

Siehe Abb.


1310


200<br />

MÖBEL, PENDULEN, BRONZEN, SPIEGEL, TAPISSERIEN UND DIVERSES<br />

1311*<br />

COLLINI, I. und F. (Gebrüder Ignazio Secondo, 1724-1793, und<br />

Filippo Collini), Louis XVI, Turin um 1780.<br />

„Carrara“-Marmor. Hirtenjunge mit Kappe und Umhang, neben<br />

einer grossen Vase stehend, bzw. Vestalin mit Schleier, faltenreichem<br />

Gewand und Fackel, neben einer Säule stehend, beide auf<br />

Rechtecksockel. Sign. FRATRES COLLINI T<strong>AU</strong>RINENSIS INVENE-<br />

RUNT ET FECERUNT. H ca. 90 cm.<br />

Provenienz:<br />

- Galerie Carroll, München.<br />

- Aus einer hochbedeutenden deutschen Privatsammlung.<br />

1311 (Detail) 1311 (Detail)<br />

Hochbedeutendes Paar von bestechender Qualität und Eleganz.<br />

Ignazio Secondo Collini absolvierte seine Ausbildung beim Maler Beaumont<br />

und beim Bildhauer Ladatte; hier schuf er die Figur des Heiligen Sebastian, die<br />

Collini ein Stipendium von Karl Emanuel III. verschaffte. Damit reiste Collini<br />

1750 nach Rom, wo er sich bei Maini weiterbilden liess. Die Berichte des sardinischen<br />

Gesandten Rivera über den begabten Künstler und dessen Arbeiten<br />

für den Turiner Hof sowie die Rechnungsbücher liefern genaue Informationen<br />

über das Werk Collinis, insbesondere seit 1754, als der jüngere Bruder Filippo,<br />

ebenfalls dank eines Stipendiums des Königs, zu einem Studienaufenthalt in<br />

Rom eingetroffen war. Die Brüder schufen zusammen eine grosse Anzahl<br />

meisterhafter Werke, hauptsächlich Statuen nach Vorlagen aus der Antike, für<br />

die königliche Galerie im Turiner Palast. Auch Kardinal Albani gehörte zum<br />

illustren Kundenkreis der Collini.<br />

Die erste Arbeit in Marmor schuf Ignazio 1751, eine Büste der Faustina. Für<br />

das kleine Jagdschloss Venaria fertigte er 1756 vier Medaillons mit Allegorien<br />

eines Kriegsfürsten und 2 Flachreliefs mit Alexander und Olympia, nach den<br />

Originalen aus dem Kapitol in Rom. 1760 nahm die Akademie von San Luca<br />

Ignazio als Mitglied; drei Jahre später wurde er zum „Scultore del Re“ ernannt.<br />

Filippo schuf 1760 den „Moses“, eine Kopie der weltberühmten Statue von<br />

Michelangelo, und erhielt dafür von Kardinal Albani grosses Lob: „...che non<br />

vi è presentemente un lavoro di tanta perfetione“. Ein Jahr später lieferte<br />

Filippo eine eigene Arbeit, die allegorische Figur „Fortezza d’animo“, die er für<br />

1600 Lire verkaufte - eine damals immense Summe. 1764 vollendeten die<br />

Brüder die 3 Figuren „Affabilità“, „Giustizia“ und „Beneficenza“ für die königlichen<br />

Gemächer in Turin. Damals berichtete der Gesandte, dass die Brüder<br />

Collini „als die besten Bildhauer in Rom zu gelten hätten“.<br />

1767 war Filippo noch in Rom nachweisbar, Ignazio kehrte in diesem Jahr<br />

nach Turin zurück, wo eine eine Schule gründete. Über die folgende<br />

Schaffenszeit ist nur wenig Genaues bekannt; nur einzelne Arbeiten sind<br />

quellenmässig gesichert. Das gemeinsame Hauptwerk aus dieser Zeit ist das<br />

Grabmal für Karl Emanuel I., das 1782 im Auftrag des Königs im Santuario<br />

von Vico errichtet wurde.<br />

Werke der Collini stehen heute u.a. im Hof der Turiner Universität (Statuen<br />

von Viktor Amadeus II. und Karl Emanuel III.), in den königlichen Schlössern<br />

Palazzo Reale und Stupingi, in der Armeria Reale, in der Grabkirche der<br />

Superga, im Schloss des Herzoges von Chablais und sogar im Winterpalais von<br />

St. Petersburg.<br />

Lit.: V. Viale, Mostra del barocco piemontese - Ausstellungskatalog 1963,<br />

Turin; S. 54-69 (biogr. Angaben und Abb.). Thieme/Becker, Leipzig 1999; 7/8,<br />

S. 234f. (biogr. Angaben).<br />

CHF 120 000.- / 200 000.-<br />

(€ 75 000.- / 125 000.-)<br />

Siehe Abb.<br />

1312<br />

TISCHPENDULE, Empire/Restauration, wohl Wien um 1815/30.<br />

Bronze matt- und glanzvergoldet sowie Perlmutt. Zylindrisches<br />

Gehäuse auf Rundfuss mit profilierter Sockelplatte. Perlmuttzifferring<br />

mit römischen Stundenzahlen, verso analog Datum und<br />

Wochentag. Messingwerk. Zu revidieren. 8x8x17 cm.<br />

Provenienz: Aus einer bedeutenden deutschen Privatsammlung.<br />

CHF 1 000.- / 1 500.-<br />

(€ 630.- / 940.-)


Ausklapper<br />

1311<br />

MÖBEL, PENDULEN, BRONZEN, SPIEGEL, TAPISSERIEN UND DIVERSES 201<br />

1311 (Detail)


202<br />

MÖBEL, PENDULEN, BRONZEN, SPIEGEL, TAPISSERIEN UND DIVERSES<br />

1313*<br />

KAMINPENDULE „L’ASTRONOMIE ET LA GEOGRAPHIE“,<br />

Empire, das Modell von J.A. REICHE (Jean-André Reiche, 1752-<br />

1817) oder C. GALLE (Claude Galle, Meister 1786), Paris um 1810.<br />

Matt- und glanzvergoldete bzw. teils brünierte Bronze. Auf prunkvollen<br />

Sesseln am tischförmigen Uhrgehäuse mit Armillarsphäre<br />

sitzende junge Frauen, eine Karte studierend, auf Bastionssockel<br />

mit gequetschten Kugelfüssen. Emailzifferblatt mit arabischen<br />

Minuten- und römischen Stundenzahlen. Pariser Werk mit 1/2-<br />

Stundenschlag auf Glocke. Reiche, vergoldete Beschläge und<br />

Applikationen in Form von Büchern, Teleskop, Erdglobus, Messinstrumenten<br />

und Putti. 38x13x37 cm.<br />

Provenienz:<br />

- Galerie Carroll, München.<br />

- Aus einer hochbedeutenden deutschen Privatsammlung.<br />

Eine modellogleiche Pendule ist abgebildet in: H. Ottomeyer / P. Pröschel,<br />

1313 (Detail)<br />

1313<br />

Vergoldete Bronzen - Die Bronzearbeiten des Spätbarock und Klassizismus,<br />

München 1986; I, S. 374f. (Abb. 5.15.2 und 5.15.1, die Entwurfszeichnung).<br />

Eine weitere ist abgebildet in: P. Kjellberg, La pendule française du Moyen Age<br />

aux XXe siècle, Paris 1997; S. 398 (Abb. D). Weitere Pendulen dieses Modells<br />

wurden in verschiedenen <strong>Auktionen</strong> angeboten: in Versailles am 16.1.1980,<br />

(Katalognr. 210); bei Christie’s Amsterdam am 14./15.4.1982 (Katalognr.<br />

201, mit Abb.).<br />

Gegen Ende der Louis-XVI-Epoche war C. Galle im Atelier seines Schwiegervaters<br />

für den „Garde-Meuble de la Couronne“ tätig. Auch während der Revolutionszeit<br />

gelang es ihm, sein Geschäft mit grossem Erfolg zu führen, indem er in seinen<br />

Räumen auch Möbel, Bronzen und Einrichtungsgegenstände anderer Ateliers<br />

anbot; im Consulat und Empire verkaufte er dem „Garde-Meuble Impérial“ eine<br />

beachtliche Anzahl Objekte, vor allem Leuchter und Bronzen für die<br />

Neumöbilierung der Paläste von Fontainebleau, Compiègne, Rambouillet und<br />

Saint-Cloud. Eine Identifizierung seiner Bronzen ist nicht immer einfach, da er<br />

oft Modelle anderer „bronziers“ übernahm und mit seinem Namen signierte.<br />

Die enge Zusammenarbeit zwischen dem Entwerfer und Bronzier Reiche und<br />

dem Bronzefabrikanten Galle ist auch archivarisch belegt (vgl. Artikel D.<br />

Ledoux-Lebard).<br />

Lit.: H. Ottomeyer / P. Pröschel, Vergoldete Bronzen - Die Bronzearbeiten des<br />

Spätbarock und Klassizismus, München 1986; II, S. 704-709 (biogr. Angaben).<br />

Für weitere Angaben zu Reiche siehe Fussnote der Katalognr. 1337.<br />

CHF 15 000.- / 25 000.-<br />

(€ 9 380.- / 15 630.-)<br />

Siehe Abb.<br />

1314<br />

KAMINPENDULE MIT FREISCHWINGER, Empire/Restauration,<br />

wohl deutsch, 19. Jh.<br />

Grauer Granit sowie matt- und glanzvergoldete Bronze. Frei<br />

schwingendes, von 2 bogenförmig abschliessenden Säulen getragenes<br />

Werk auf Ovalsockel mit Tatzenfüssen. Versilbertes Zifferblatt<br />

mit römischen Stundenzahlen. 3 Zeiger. Ankerwerk. Etwas<br />

zu revidieren. 34x16x50 cm.<br />

Provenienz: Aus einer bedeutenden deutschen Privatsammlung.<br />

CHF 1 000.- / 1 500.-<br />

(€ 630.- / 940.-)


1315*<br />

1 PAAR BERGEREN „<strong>AU</strong>X BUSTES DE FEMMES“, Empire, wohl<br />

von F.H.G. JACOB-DESMALTER (François Honoré Georges Jacob-<br />

Desmalter, 1770-1841), Paris um 1810.<br />

Mahagoni beschnitzt mit Frauenbüsten und Zierfries. Trapezförmiger<br />

Sitz auf gerader Zarge mit vorderen Tatzen- und hinteren<br />

Säbelbeinen. Eingerollte Rückenlehne mit gepolsterten Armlehnen<br />

auf Karyatidenstützen. Hellgelber, gestreifter Seidenbezug.<br />

Sitzkissen. 65x44x48x94 cm.<br />

Provenienz: Aus einer hochbedeutenden deutschen Privatsammlung.<br />

Elegantes Paar von hoher Qualität; die feine Ausarbeitung mit dem Büstenmotiv<br />

ist im Werk von F.H.G. Jacob-Desmalter in nahezu identischer Weise oft zu<br />

finden.<br />

Als zweiter Sohn des berühmten Georges Jacob (Meister 1765) lernte F.H.G.<br />

Jacob-Desmalter die Handwerkskunst im Atelier seines Vaters. Dem<br />

Nachnamen fügte er „Desmalter“ zu, eine Anlehnung an sein Herkunftsland<br />

„Les Malterres“. Als die „association“ mit seinem Bruder George II durch<br />

dessen plötzlicher Tod ein abruptes Ende fand, begann F.H.G. Jacob-Desmalter<br />

eine neue Zusammenarbeit mit seinem Vater und erhielt den Titel „menuisierébéniste<br />

fabricant de meubles et bronzes LL.MMII. et RR“. Während der gesamten<br />

napoleonischen Herrschaft belieferten sie als „fournisseurs principals“<br />

die kaiserlichen Paläste. Die Jahre um 1800 waren geprägt von der schier<br />

grenzenlosen Imagination und Produktion sowie von der engen Beziehung<br />

zum kaiserlichen Hof, die ihm die wichtigsten Aufträge einbrachte. Das florierende<br />

Unternehmen beschäftigte zeitweise bis 600 Arbeiter und fertigte in<br />

diesen Jahren Möbel im Wert von über 10 Millionen Francs, was in der damaligen<br />

Zeit eine ungeheure Summe war. Es war jedoch nicht nur die Menge,<br />

sondern vor allem auch die bereits von den Zeitgenossen hochgelobte „diversité“<br />

ihrer Produktion, die den Ruhm der Familie Jacob begründete. D. Ledoux-<br />

Lebard schreibt: „...depuis les meubles en bois peint vert antique en passant<br />

par les meubles incrustés d’ébène, d’étain, de nacre, les meubles d’acajou ornés<br />

de bronzes, les meubles en bois indigènes, jusqu’aux meubles ornés de plaques<br />

de porcelaine ou de faience de Wedgewood, aux meubles en chêne, aux copies<br />

1315<br />

MÖBEL, PENDULEN, BRONZEN, SPIEGEL, TAPISSERIEN UND DIVERSES 203<br />

de meubles de Boulle, sans compter les fournitures plus ordinaires en bois<br />

noirci, en poirier, chêne, hêtre ou noyer...“ in: Le mobilier français du XIXe<br />

siècle, Paris 1989; S. 270.<br />

Die Zusammenarbeit mit den wichtigsten Künstlern, „bronziers“ und<br />

Entwerfern, wie z.B. mit C. Percier, P.L. Fontaine, T. Brogniart, F. Bélanger, J.L.<br />

David, C. Odiot oder P.P. Thomire, führte zu den wohl bedeutendsten Werken<br />

jener Epoche und manifestiert die grosse Bedeutung der Jacob-Dynastie. Die<br />

künstlerische Brillanz der Möbel und Einrichtungsgegenstände litt unter der<br />

wirtschaftlichen Situation; viele Auftraggeber waren wegen der Kriegswirren<br />

jener Jahre nicht in der Lage, die Rechnungen zu begleichen, zahlreiche Möbel<br />

mussten „en stock“ gehalten werden. 1809 offenbarte F.H.G. Jacob-Desmalter<br />

die Schwierigkeit, die Entlöhnung seiner Dienste am kaiserlichen Hof zu erhalten,<br />

und beschrieb die prekäre Lage wie folgt: „Je ne pouvais prévoir, que les<br />

affaires éprouveraient une stagnation aussi grande; l’étranger ne fait aucune<br />

demande et les travaux que j’ai fait depuis sont pour les services de S.M.<br />

l’Empereur et Roi... Les délais sont si longs... Je ne vois par le moment où je<br />

pourrai toucher tout ce que j’ai fait pour les palais des Tuileries, Fontainebleau,<br />

Compiègne, Rambouillet et autres.“ 1813 erhielt F.H.G. Jacob-Desmalter einen<br />

allgemeinen Schuldenerlass mit der nicht unkorrekten Bemerkung, dass er<br />

„uniquement victime des événements politiques“ gewesen sei.<br />

Die Abhängigkeit von kaiserlichen Aufträgen - zu Beginn eine sehr lukrative<br />

und prestigeträchtige Angelegenheit - erwies sich nach 1810 als verhängnisvoll.<br />

Den Niederlagen Napoleons auf den Schlachtfeldern Europas folgte eine<br />

Finanznot der Staatskasse, die das Erteilen von Aufträgen zur Herstellung von<br />

Luxusmöbeln stoppte. 1813 musste das Unternehmen „faillite“ erklären. Dem<br />

finanziellen Desaster zum Trotz ist F.H.G. Jacob-Desmalter als der wohl<br />

wichtigste Ebenist der Empire-Zeit zu bezeichnen, der in Zusammenarbeit mit<br />

den wesentlichsten „bronziers“ seiner Zeit (P.P. Thomire, E. Lignereux, F.<br />

Rémond) die Meisterwerke kaiserlichen Mobiliars fertigte.<br />

Lit.: P. Kjellberg, Le mobilier français du XVIIIe siècle, Paris 1989; S. 434/435<br />

(biogr. Angaben).<br />

CHF 15 000.- / 25 000.-<br />

(€ 9 380.- / 15 630.-)<br />

Siehe Abb.


204<br />

MÖBEL, PENDULEN, BRONZEN, SPIEGEL, TAPISSERIEN UND DIVERSES<br />

1316*<br />

KAMINPENDULE „A LA NYMPHE“, Empire, das Zifferblatt sign.<br />

GALLE RUE VIVIENNE A PARIS (Claude Galle, Meister 1786),<br />

Paris um 1810/15.<br />

Vergoldete Bronze und brüniertes Messing. Sitzende junge Frau, mit<br />

einer Muschel Wasser schöpfend, auf ovalem, bastionsförmigem<br />

Uhrgehäuse mit seitlichen Fischen und gequetschten Kugelfüssen.<br />

Emailzifferblatt mit römischen Stundenzahlen. Pariser Werk mit 1/2-<br />

Stundenschlag auf Glocke. Vergoldete Beschläge und Applikationen<br />

in Form von 2 Flussgöttern, Relief mit mythologischer Szene, Feuerschalen,<br />

Maskaronen, Palmetten und Zierfries. 51x17x50 cm<br />

CHF 18 000.- / 28 000.-<br />

(€ 11 250.- / 17 500.-)<br />

Siehe Abb.<br />

1317*<br />

1 PAAR APPLIKEN „<strong>AU</strong>X CYGNES“, Empire, Paris um 1810.<br />

Matt- und glanzvergoldete Bronze. Wandplatte in Form einer<br />

Halbkugel mit Palmette und 3 Schwänen als Lichtarme, im Schnabel<br />

je 1 vasenförmige Tülle tragend. Elektrifiziert. H 25 cm.<br />

1317 (1 Paar)<br />

CHF 6 000.- / 10 000.-<br />

(€ 3 750.- / 6 250.-)<br />

Siehe Abb.<br />

1316<br />

1318*<br />

KONSOLE „<strong>AU</strong>X LIONS AILES“, Empire, A. REIGNER (Alexandre<br />

Réigner, gen. Alexandre, 1751-1802) zuzuschreiben, Paris um<br />

1800/05.<br />

Mahagoni. Ersetzte, rechteckige, schwarz/grau gesprenkelte Marmorplatte<br />

auf gerader Zarge mit Vierkantstützen auf rechteckiger<br />

Sockelplatte. Feine, matt- und glanzvergoldete Bronzebeschläge<br />

und -applikationen in Form von geflügelten Löwen, Palmetten<br />

und Rosetten. 161x46x91 cm.<br />

Provenienz:<br />

- Galerie Carroll, München.<br />

- Aus einer hochbedeutenden deutschen Privatsammlung.<br />

Über den aus einer Bildhauerfamilie stammenden und als „maître sculpteur“<br />

tätigen A. Régnier ist aus zwei Gründen nur wenig bekannt: Seine Karriere als<br />

Ebenist war relativ kurz, und in zeitgenössischen Quellen wurde er lediglich<br />

mit seinem Vornamen erwähnt, was eine genaue Identifikation erschwert. Die<br />

noch erhaltenen Dokumente seiner frühesten Arbeiten weisen darauf hin, dass<br />

A. Régnier für den „Garde-Meuble de la Couronne“ mit J.B. Séné zusammenarbeitete.<br />

1787/88 schuf er einen „écran“ und zwei Fauteuils für die<br />

Privatgemächer von Marie- Antoinette in Saint-Cloud, ein Canapé für das<br />

„grand cabinet“, ein Bett, zwei grosse Fauteuils und 11 „ployants“ für die<br />

„chambre du Roi“. 1789 fertigte Régnier die Voyeuse des Alon Turc von<br />

Madame Elisabeth, Schwester von Louis XVI, im Schloss Montreuil. Ein Jahr<br />

später arbeitete er unter der Leitung von C. Percier und P.L.F. Fontaine und<br />

nach Zeichnungen von C.L. David an verschiedenen Dekorationen im Odéon.<br />

Der Dramaturg D. Arnault hielt damals Folgendes fest: „...un veritable artiste.<br />

Par lui nos ameublements, modelés sur ceux du théâtre, ont été amenés à<br />

cette simplicité de forme qu’il avait empruntée à l’antique et que Jacob leur<br />

conserva tout en les ornant, mais que les successeurs altèrent en s’efforçant de<br />

les porter à un plus haut degré de perfection.“ in: H. Ottomeyer (1981), S. 157f.<br />

Gegen Ende des 18. Jahrhunderts wandte sich Régnier wieder vermehrt der<br />

Ebenistentätigkeit zu und veröffentlichte 1800 die folgende, eher kuriose<br />

Annonce: „Magasin de meubles et bronzes dans le style Antique, chez le citoyen<br />

Alexandre, rue du Mont-Blanc No. 57. On y trouvera à toute heure<br />

quelque’un de poli et d’honnête pour recevoir ceux qui se présenteront.<br />

Alexandre ne s’occupe présentement qu’ à faire des dessins et des modèles de<br />

meubles; il a été forcé de prendre ce parti, n’étant pas assez patient pour supporter<br />

les mauvaises raisons de la plupart de ceux qui se présentent pour<br />

acheter.“ in: H. Vial / A. Marcel / A. Girodie, S. 39.<br />

CHF 60 000.- / 100 000.-<br />

(€ 37 500.- / 62 500.-)<br />

Siehe Abb.


1318


206<br />

MÖBEL, PENDULEN, BRONZEN, SPIEGEL, TAPISSERIEN UND DIVERSES<br />

1320<br />

1319<br />

1319*<br />

1 PAAR BRONZEFIGUREN, Empire, wohl von P.P. THOMIRE<br />

(Pierre Philippe Thomire, 1759-1843), Paris um 1815.<br />

Bronze matt- und glanzvergoldet bzw. brüniert. Auf kanneliertem<br />

Säulenstumpf sitzende junge Frau bzw. Jüngling, auf hohem Bastionspostament<br />

mit palmettenbeschmückter Sockelplatte auf<br />

gequetschten Kugelfüssen. Feine Bronzebeschläge und -applikationen<br />

in Form von Apollo-Maskaronen, Palmetten und Zierfries. L<br />

23 cm, H 33 cm.<br />

Provenienz: Aus einer hochbedeutenden deutschen Privatsammlung.<br />

Ein modellogleiches Paar war ehemals Bestand der Sammlungen eines russischen<br />

Schlosses und wurde bei Lepke Berlin am 5.6.1929 (Katalognr. 311 und<br />

312) verkauft.<br />

CHF 30 000.- / 50 000.-<br />

(€ 18 750.- / 31 250.-)<br />

Siehe Abb.<br />

1320*<br />

1 PAAR GIRANDOLEN „<strong>AU</strong>X VICTOIRES“, Empire, das Modell<br />

nach P.P. THOMIRE (Pierre Philippe Thomire, 1759-1843), Paris<br />

um 1810.<br />

Bronze matt- und glanzvergoldet. Auf Kugel stehende Viktorienfigur<br />

in faltenreichem Gewand, einen Blumenkranz mit Zentraltülle<br />

und 5 eingerollten Lichtarmen mit vasenförmigen Tüllen<br />

und runden Tropftellern tragend, auf gestuftem Rechtecksockel.<br />

Vergoldete Applikationen in Form von Apollo mit Musikinstrumenten,<br />

Fackeln, Blumenkränzen und Zierfries. H 83 cm.<br />

Provenienz: Aus einer hochbedeutenden deutschen Privatsammlung. .<br />

CHF 30 000.- / 50 000.-<br />

(€ 18 750.- / 31 250.-)<br />

Siehe Abb.<br />

1321*<br />

1 PAAR KLEINE APPLIKEN, späte Restauration, Paris um 1900.<br />

Bronze matt- und glanzvergoldet bzw. teils dunkelgrün gefasst.<br />

Schmale Wandplatte mit Kartuschen und 2 geschweiften, trompetenförmigen<br />

Lichtarmen mit rundem Tropfteller und vasenförmiger<br />

Tülle. Beige Lichtschirme. Elektrifiziert. H 28 cm.<br />

CHF 1 400.- / 2 400.-<br />

(€ 880.- / 1 500.-)


208<br />

MÖBEL, PENDULEN, BRONZEN, SPIEGEL, TAPISSERIEN UND DIVERSES<br />

1322 (Detail)<br />

1322 (Detail)<br />

1322*<br />

1 PAAR JARDINIEREN „<strong>AU</strong>X QUATRE SAISONS“, Empire, Norditalien<br />

um 1800/10.<br />

„Carrara“-Marmor. Stehende Ceres und Bacchus bzw. Aquilo und<br />

Flora, ein Füllhorn mit späterer Jardinière tragend, auf profiliertem<br />

Ovalsockel. H ca. 95 cm, die Figuren je ca. 76 cm.<br />

Provenienz:<br />

- Galerie Carroll, München.<br />

- Aus einer hochbedeutenden deutschen Privatsammlung.<br />

Bedeutendes Paar von bestechender Qualität und Eleganz.<br />

Bacchus war der römische Gott des Weinbaus, der Fruchtbarkeit und des<br />

Rausches, Sohn von Jupiter und der Sterblichen Semele. Aus Eifersucht liess<br />

Juno, Gemahlin des Jupiter, die schwangere Semele töten. Bacchus wurde aus<br />

dem Körper seiner Mutter geholt und in Jupiters Oberschenkel eingenäht. Nach<br />

der „Geburt“ nahmen ihn Semeles Schwester Ino und die Nymphen von Nysa<br />

zu sich und zogen ihn auf. Die Nymphen wurden später für ihre Tat belohnt<br />

und erhielten als Hyaden-Sterne einen Platz am Himmel.<br />

Als Bacchus erwachsen wurde, begann er, den Menschen die Kultur des<br />

Weinbaus beizubringen und legte die Grundlagen für das zivile Leben.<br />

Nachdem er mit der Zeit seinen Kult hatte verbreiten können, wurde das<br />

göttliche Wesen des Dionysos von allen anerkannt, und er durfte zum Olymp<br />

aufsteigen und seinen Platz unter den Göttern einnehmen.<br />

Ceres war die römische Göttin des Ackerbaus, der Ehe und des Todes. Ebenso<br />

galt sie als Gesetzgeberin. Sie war die Tochter des Saturn und der Ops. Ceres<br />

hatte mit Göttervater Jupiter eine Tochter, Proserpina. Als der Gott des<br />

Totenreiches sie entführte, um sie zu seiner Frau zu machen, wurde Ceres sehr<br />

zornig; sie verbot allen Pflanzen zu wachsen und Früchte zu tragen und<br />

schwor, dass die Erde unfruchtbar bleiben würde, bis Proserpina aus dem<br />

Totenreich befreit worden sei. Ceres’ Zorn und Trauer bewogen Jupiter schliesslich<br />

dazu, mit ihr und Hades eine Vereinbarung zu treffen: Proserpina sollte<br />

die eine Hälfte des Jahres (Sommer) bei ihrer Mutter, und die andere Hälfte<br />

(Winter) bei Hades verbringen.<br />

Flora war die Göttin der Blumen und des Frühlings. An ihrem Fest („Floralia“)<br />

schmückte man in Rom die Wohnungen und sich selbst mit Blumen, die<br />

Frauen kleideten sich - entgegen der sonstigen Usanz - in bunte Farben;<br />

Gesang, Tanz und Tafelfreuden erfüllten die Festzeit. Nach dem ersten<br />

Punischen Krieg kamen auch eigene Spiele der Flora („ludi florales“, vom 28.


April bis 3. Mai) im Zirkus auf, wobei man statt der wilden Raubtiere allerlei<br />

niederes Wild wie Hasen und Rehe jagte.<br />

Der geflügelte Aquilo war der Gott des Nordwindes, Sohn des Herrn aller<br />

Winde, und Aurora, der Göttin der Morgenröte. Er verliebte sich in Oreithyia<br />

und bat ihren Vater Erechtheus, König von Athen, mehrere Male vergebens um<br />

die Hand seiner schönen Tochter. Doch dieser hielt ihn so lange mit leeren<br />

Versprechungen hin, bis Aquilo schliesslich erklärte, es sei nun genug Zeit mit<br />

unnützen Worten verschwendet worden, und Oreithyia eines Tages kurzerhand<br />

entführte, als sie an den Ufern des Ilssos tanzte und spielte. Mit roher Gewalt<br />

schleppte er sie zu einigen Felsen am nahen Fluss Ergines, verging sich an ihr<br />

und zwang sie, seine Frau zu werden. Sie gebar ihm die Töchter Chione und<br />

Kleopatra und die Zwillinge Kalais und Zetes, denen im Jünglingsalter Flügel<br />

wuchsen und die mit Jason und den Argonauten das Goldene Vlies suchten.<br />

CHF 80 000.- / 140 000.-<br />

(€ 50 000.- / 87 500.-)<br />

Siehe Abb.<br />

1323*<br />

PEDALHARFE MIT EINFACHER RÜCKUNG, spätes Empire, sign.<br />

SEBASTIEN ET PIERRE ERARD’S PATENT, num. 6177, London, 19. Jh.<br />

Wurzelmaser, Satinholz und diverse Edelhölzer gefriest und mit<br />

feinen, vergoldeten Stukko-Ornamenten in Form von Figuren,<br />

Löwen und Zierfries. Kannelierter Säulenschaft mit Kapitell und<br />

markant geschweifter Seitenhalterung auf dreieckigem, bewegtem<br />

Klangkörper. 6 Pedale. Zu revidieren. H 180 cm.<br />

Provenienz: Aus englischem Besitz.<br />

Sébastien Erard, ein französischer Hersteller von Musikinstrumenten, war für<br />

seine genialen Verbesserungen an Harfe und Pianoforte bekannt. Bereits in<br />

jungen Jahren entdeckte er sein Interesse an Geometrie, Architektur und<br />

Technik und konnte sie in der Polsterwerkstatt seines Vaters umsetzen. Im<br />

Alter von 16 Jahren verlor er seinen Vater und reiste nach Paris, wo er Arbeit<br />

bei einem Hersteller von Cembalos fand. Seine handwerklichen Fähigkeiten<br />

erweckten sehr schnell den Neid des Meisters, was zu Erards Entlassung führte;<br />

allerdings erregten seine Talente bald darauf die Aufmerksamkeit von<br />

Musikern und Herstellern von Musikinstrumenten.<br />

CHF 6 000.- / 9 000.-<br />

(€ 3 750.- / 5 630.-)<br />

Siehe Abb.<br />

1322<br />

MÖBEL, PENDULEN, BRONZEN, SPIEGEL, TAPISSERIEN UND DIVERSES 209<br />

1323


210<br />

MÖBEL, PENDULEN, BRONZEN, SPIEGEL, TAPISSERIEN UND DIVERSES<br />

1324 (Detail)<br />

1324<br />

1324*<br />

RUNDER PRUNK-SALONTISCH „<strong>AU</strong>X TETES DE LIONS“ MIT<br />

„PIETRA DURA“-PLATTE, Empire und später, das Blatt mit Etikette<br />

von F. LOPES (Ferdinand Lopes, tätig in Toledo), Paris, 19. Jh.<br />

Mahagoni, das Blatt aus diversen Marmor- und Granitarten - „Griotte<br />

Rouge“, „Giallo di Siena“, „Verde Antico“, „Portor“ u.a. - mit<br />

geometrischen Motiven eingelegt. Vorstehendes Blatt auf gerader<br />

Zarge mit 5 assortierten Bronze-Löwenstützen auf sternförmigem<br />

Sockel. Ausserordentlich feine, matt- und glanzvergoldete Bronzebeschläge<br />

und -applikationen in Form von Bacchanten, Amoren<br />

und Zierfries. D 93 cm, H 77 cm.<br />

Provenienz: Aus einer hochbedeutenden deutschen Privatsammlung.<br />

Eine sichere Zuschreibung dieses Tisches ist schwierig, es finden sich aber in<br />

den Werken der Ebenisten J.M. Bénard (tätig 1821-1836) und J.C. Fischer<br />

(1779-1854) analoge Bronzestützen. Ein Guéridon mit sehr ähnlichen<br />

Löwenstützen ist zudem abgebildet in: A. Gonzales-Palacios, Il valore dei<br />

mobili antichi, Turin 1983; S. 242.<br />

Es sind ähnlich eingelegte Tischplatten vom in Rom tätigen, ursprünglich aus<br />

Spanien stammenden F. Sibilio bekannt, der mit den Händlern F. Coris und T.<br />

Belli zusammenarbeitete. Eine sehr ähnlich gearbeitete Platte befindet sich in<br />

der Gilbert Collection in London.<br />

Ende des 16. Jahrhunderts liess der Herzog Francesco de’ Medici die bedeutendsten<br />

Steinschneider seiner Zeit, die ursprünglich in Rom und Mailand tätig<br />

waren, in Florenz verpflichten. Im Erdgeschoss der Uffizien wurden sie und<br />

andere Kunsthandwerker zu einer straff organisierten „officina“ zusammengeschlossen.<br />

Die rigide Struktur des Produktionswesens, kombiniert mit den<br />

innovativsten und kreativsten Entwerfern und Künstlern, führte zu einer bis<br />

anhin nicht erreichten Hochblüte. Im Bemühen, die Bildkunst nachzuahmen,<br />

entstanden Platten für Prunktische und Kabinette von höchster Qualität. Im<br />

Laufe des 18. Jahrhunderts fertigten arrivierte Maler wie G. Zocchi spezielle<br />

Vorlagen für die Florentiner Werkstätte und trugen so zum immensen Erfolg<br />

dieser Werke bei - man denke an die Platten in den Wiener Palästen und an<br />

die 4 grossen Bildplatten des Bernsteinzimmers im Katharinenpalast.<br />

CHF 60 000.- / 100 000.-<br />

(€ 37 500.- / 62 500.-)<br />

Siehe Abb.


1325<br />

1 PAAR ARMLEHNSTÜHLE „DANS LE GOUT ETRUSQUE“,<br />

Directoire, in der Art von G. JACOB (Georges Jacob, Meister 1765),<br />

Paris um 1800.<br />

Mahagoni moulüriert und beschnitzt mit Blättern und Rosetten.<br />

Hufförmiger Sitz auf gerader Zarge mit Säbelbeinen. Leicht eingezogene<br />

Rückenlehne mit durchbrochener Längstraverse, direkt in<br />

die gepolsterten Armlehnen auf geschweiften -stützen übergehend.<br />

Dunkelgrüner Rosshaarbezug. 59x48x44x90 cm.<br />

Provenienz:<br />

- Auktion Galerie <strong>Koller</strong> Zürich am 15.11.1990 (Katalognr. 1158).<br />

- Schweizer Privatbesitz.<br />

Lit.: P. Kjellberg, Le mobilier français du XVIIIe siècle, Paris 1989; S. 409-434<br />

(biogr. Angaben). D. Ledoux-Lebard, Le mobilier français du XIXe siècle, Paris<br />

1989; S. 267 (biogr. Angaben). J. Nicolay, L’art et la manière des maîtres<br />

ébénistes français au XVIIIe siècle, Paris 1976; I, S. 193-196 und 213 (biogr.<br />

Angaben).<br />

CHF 15 000.- / 25 000.-<br />

(€ 9 380.- / 15 630.-)<br />

Siehe Abb.<br />

1324 (Blatt)<br />

MÖBEL, PENDULEN, BRONZEN, SPIEGEL, TAPISSERIEN UND DIVERSES 211<br />

1325


212<br />

MÖBEL, PENDULEN, BRONZEN, SPIEGEL, TAPISSERIEN UND DIVERSES<br />

1325A<br />

1325A*<br />

1 PAAR GIRANDOLEN „<strong>AU</strong>X VICTOIRES“, Empire, Paris um<br />

1810.<br />

Bronze matt- und glanzvergoldet bzw. brüniert. Auf Kugel stehende<br />

Viktoria mit Zentralschaft und 5 geschweiften Lichtarmen<br />

mit breitem Tropfteller und vasenförmiger Tülle, auf Rechteckpostament<br />

mit palmettenbeschmückter Sockelplatte. Feine Bronzeapplikationen.<br />

H 79 cm.<br />

Provenienz: Aus einer deutschen Sammlung.<br />

CHF 18 000.- / 28 000.-<br />

(€ 11 250.- / 17 500.-)<br />

Siehe Abb.<br />

1325B*<br />

KAMINPENDULE „LA LETTRE D’AMOUR“, Empire, das Modell<br />

von F.L. SAVART (François Louis Savart, Entwerfer und „bronzier“,<br />

tätig im Empire und der Restauration) aus dem Jahr 1809, das<br />

Zifferblatt sign. BOURDIER PARIS (Jean Simon Bourdier, Meister<br />

1787), Paris um 1810.<br />

Matt- und glanzvergoldete Bronze sowie Messing. Auf dem stelenförmigen<br />

Uhrgehäuse sitzende junge Frau mit Brieftaube auf<br />

ihrem Knie, ein Portraitmedaillon haltend, einen Fuss auf einem<br />

Hocker, neben ihr ein Gueridon mit Schreibutensilien und Fabelwesenstützen,<br />

auf Bastionssockel mit gequetschten Kugelfüssen.<br />

Emailzifferblatt mit römischen Stundenzahlen. Pariser Werk mit<br />

1/2-Stundenschlag auf Glocke. Feine vergoldete Beschläge und<br />

Applikationen in Form eines Reliefs mit Jüngling, der einen Brief<br />

erhält, Schafen, Köchern, Blumen und Voluten. 40x17x51 cm.<br />

Provenienz: Aus einer hochbedeutenden deutschen Privatsammlung.<br />

Die Entwurfszeichnung für unsere Pendule befindet sich heute in der Pariser<br />

Bilbiothèque Nationale, im „Cabinet d’Estampes“ (Inventarnr. Le 30 37). Eine<br />

modellogleiche Pendule gehört zu den Sammlungen des Badischen<br />

Landesmuseums in Karlsruhe und ist abgebildet in: H. Ottomeyer / P.<br />

Pröschel, Vergoldete Bronzen - Die Bronzearbeiten des Spätbarock und<br />

Klassizismus, München 1986; I, S. 377 (Abb. 5.15.12). Eine weitere, identische<br />

Pendule ist abgebildet in: P. Kjellberg, Encyclopédie de la pendule françai-<br />

se du Moyen Age au XXe siècle, Paris 1997; S. 397 (Abb. D). Identische<br />

Modelle wurden in unserer Juni-Auktion 2006 (Katalognr. 1195) und März-<br />

Auktion 2003 (Katalognr. 1247) verkauft. Eine weitere analoge Pendule befinden<br />

sich in der englischen Botschaft in Paris.<br />

Lit.: J.D. Augarde, Les ouvriers du temps, Genf 1995; S. 285 (biogr. Angaben<br />

zu Bourdier). E. Niehüser, Die französische Bronzeuhr, München 1997; S. 222<br />

(Abb. 491). H. Ottomeyer / P. Pröschel, Vergoldete Bronzen, München 1986; I,<br />

S. 377 (Abb. 5.15.13, die Pendule aus dem Badischen Landesmuseum, und<br />

Abb. 5.15.12, die Entwurfszeichnung von Savart). L. Montanes, Catalogo del<br />

Museo de Relojos de las Bodegas, Madrid o.J.; S. 42 (eine modellogleiche<br />

Pendule). G. Wannenes, Le più belle pendole francesi, Mailand 1991; S. 169<br />

(eine modellogleiche Pendule).<br />

CHF 9 000.- / 14 000.-<br />

(€ 5 630.- / 8 750.-)<br />

Siehe Abb.<br />

1326*<br />

STUCK, F. (Franz von Stuck, 1863-1928), München um 1890/95.<br />

Bronze brüniert. Auf Hengst reitende nackte Amazone mit Helm<br />

und Speer, auf hohem gestuftem Rechtecksockel. Sign. FRANZ<br />

STUCK. Mit Giesserstempel GUSS C. LEYRER MÜNCHEN.<br />

34x17x64 cm.<br />

Provenienz:<br />

- Sammlung Schäfer, Schweinfurt.<br />

- Auktion Neumeister München am 29.2.1999 (Katalognr. 318).<br />

- Aus einer hochbedeutenden deutschen Privatsammlung.<br />

Feine Bronze von hoher Qualität.<br />

1325B<br />

Eine identische Bronze wurde in unserer März-Auktion 1998 (Katalognr. 696)<br />

verkauft.<br />

Lit.: Thieme/Becker, Leipzig 1999; 31/32, S. 232f. (biogr. Angaben).<br />

CHF 25 000.- / 35 000.-<br />

(€ 15 630.- / 21 880.-)<br />

Siehe Abb.


1326


214<br />

MÖBEL, PENDULEN, BRONZEN, SPIEGEL, TAPISSERIEN UND DIVERSES<br />

1327*<br />

GROSSE PORPHYR-DECKELSCHALE, spätes Empire, Italien, 19. Jh.<br />

Roter, ägyptischer Porphyr. Ovaler, mehrfach gewulsteter, gekehlter<br />

Schalenkörper mit 2 eingerollten Henkeln, ovalem profiliertem<br />

Fuss und Deckel mit rundem Knauf. H 40 cm, L 63 cm.<br />

1328<br />

CHF 55 000.- / 85 000.-<br />

(€ 34 380.- / 53 130.-)<br />

Siehe Abb.<br />

1327<br />

1328*<br />

DECKENLEUCHTER „A L’AMOUR“, Empire, Paris um 1810/15.<br />

Bronze matt- und glanzvergoldet. Schalenförmige Lichtebene mit<br />

zentralem Amor und 12 markant geschweiften Lichtarmen „aux<br />

cygnes“ mit breitem Tropfteller und vasenförmiger Tülle, durch 6<br />

Ketten mit der palmettenbeschmückten Lichtkrone verbunden.<br />

Elektrifiziert. D 75 cm, H 92 cm.<br />

Provenienz: Aus einer hochbedeutenden deutschen Privatsammlung.<br />

Feiner Deckenleuchter von hoher Qualität.<br />

Ein in der Grundstruktur vergleichbarer Deckenleuchter mit Merkurfigur ist<br />

abgebildet in: H. Ottomeyer / P. Pröschel, Vergoldete Bronzebeschläge - Die<br />

Bronzearbeiten des Spätbarock und Klassizismus, München 1986; S. 360<br />

(Abb. 5.11.8).<br />

CHF 25 000.- / 45 000.-<br />

(€ 15 630.- / 28 130.-)<br />

Siehe Abb.<br />

1329*<br />

1 PAAR PORPHYR-AIGUILLIEREN, Empire, in der Art von C.<br />

GALLE (Claude Galle, 1759 Paris 1815), Paris, 19. Jh.<br />

Porphyr sowie matt- und glanzvergoldete Bronze. Zylindrischer<br />

Gefässkörper mit markantem Hals, ausladender Lippe und eingerollten<br />

Henkeln „à l’amour“, auf Rundfuss mit Quadersockel.<br />

Ausserordentlich feine Bronzebeschläge und -applikationen in<br />

Form von Palmetten, Rosetten und Zierfries. H 48 cm.<br />

Provenienz: Aus einer neapolitanischen Sammlung.<br />

Feines Paar von hoher Qualität.<br />

Ein sehr ähnliches Paar war Bestand der Sammlungen Gustave Duval,<br />

Frankreich. Ein weiteres Paar, in brünierter Bronze, ist abgebildet in: H.<br />

Ottomeyer / P. Pröschel, Vergoldete Bronzen - Die Bronzearbeiten des<br />

Spätbarock und Klassizismus, München 1986; I, S. 364 (Abb. 5.12.6).<br />

Für weitere Angaben zu C. Galle siehe auch die Fussnote der Katalognr. 1313,<br />

zu Porphyr die Fussnote der Katalognr. 1227.<br />

CHF 80 000.- / 140 000.-<br />

(€ 50 000.- / 87 500.-)<br />

Siehe Abb.


1329


216<br />

MÖBEL, PENDULEN, BRONZEN, SPIEGEL, TAPISSERIEN UND DIVERSES<br />

1330 (Detail)<br />

1330<br />

1330*<br />

PRUNK-MITTELTISCH „<strong>AU</strong>X FEMMES AILEES“, Restauration,<br />

sign. L.A. BELLANGE 8, PASSAGE S<strong>AU</strong>LNIER (Louis Alexandre<br />

Bellangé, „Ebéniste de la Couronne“ 1834), Paris um 1835/40.<br />

Mahagoni gefriest sowie matt- und glanzvergoldete bzw. versilberte<br />

Bronze. Bastionsförmiges, in profilierten Bronzestab gefasstes<br />

und mit bordeauxrotem Leder bezogenes Blatt auf gerader<br />

Zarge mit 2 Karyatiden- und 2 Säulenstützen sowie Kreuzsteg auf<br />

Quaderfüssen. Die Stützen mit Wappenkartusche, darin Monogramm<br />

unter Krone. 172x86x80 cm.<br />

Provenienz:<br />

- Ehemals Ségoura, Paris.<br />

- Aus einer europäischen Sammlung.<br />

- Auktion Galerie <strong>Koller</strong> am 21.6.2006 (Katalognr. 1342).<br />

- Aus einer amerikanischen Privatsammlung.<br />

Hochbedeutender Mitteltisch von perfekter Eleganz, die eklektische<br />

Formensprache der Jahre um 1850 in exemplarischer Weise aufweisend. Er ist<br />

abgebildet in: A. Lovreglio, Dictionnaire des mobiliers et des objets d’Art du<br />

Moyen Age au XXe siècle, Paris 2006; S. 440 (Abb. 2). Das Monogramm auf<br />

den Karyatiden lässt auf einen heute nicht mehr eruierbaren, speziellen<br />

Auftraggeber schliessen.<br />

L.A. Bellangé war Sohn des Ebenisten Pierre-Antoine Bellangé, wohnte in der<br />

Rue Neuve-Saint-Denis und arbeitete im Familienbetrieb, bis er 1825 die<br />

Werkstatt seines Vaters übernahm. Drei Jahre später transferierte er das<br />

Atelier in die Passage Saulnier, wo er bis 1841 tätig war, ehe er in die Rue des<br />

Magasins umzog. 1827 und 1834 nahm er an „Expositions des produits de<br />

l’Industrie“ teil und gewann die Silbermedaille. 1834 wurde er zum „Ebéniste<br />

de la Direction générale du Mobilier de la Couronne“, 1842 zum „Ebéniste du<br />

Roi“ ernannt. Bis zum Ende seiner beruflichen Laufbahn war er als<br />

Hauptlieferant der „Monarchie de Juillet“ tätig.<br />

Lit.: D. Ledoux-Lebard, Le mobilier français du XIXe siècle, Paris 1989; S.<br />

60f. (biogr. Angaben). C. Payne, Stilmöbel Europas, Augsburg 1990; S. 29<br />

(biogr. Angaben).<br />

CHF 500 000.- / 900 000.-<br />

(€ 312 500.- / 562 500.-)<br />

Siehe Abb.


1330 (Detail)


218<br />

MÖBEL, PENDULEN, BRONZEN, SPIEGEL, TAPISSERIEN UND DIVERSES<br />

1332 (Detail)<br />

1331<br />

1331*<br />

GROSSE PORPHYR-HENKELSCHALE, sog, „tazza“, spätes<br />

Empire, Italien, 19. Jh.<br />

Grüner, ägyptischer Porpyhr und schwarzer Stein. Runde, gekehlte<br />

Schale mit kleinen Henkeln und profiliertem Rundfuss, auf Quadersockel.<br />

Kleine Bestossungen. D 44 cm, H 24 cm.<br />

CHF 25 000.- / 45 000.-<br />

(€ 15 630.- / 28 130.-)<br />

Siehe Abb.<br />

1332*<br />

1 PAAR PRUNK-GIRANDOLEN „<strong>AU</strong>X VICTOIRES“, Empire, von<br />

P.P. THOMIRE (Pierre Philippe Thomire, 1751-1843), Paris um<br />

1810.<br />

Matt- und glanzvergoldete Bronze. Auf Halbkugel stehende Viktorienfigur,<br />

einen Blumenring mit fackelförmiger Zentraltülle und 4<br />

geschweiften Lichtarmen mit zylindrischen Tüllen und runden<br />

Tropftellern tragend, auf gestuftem Rechteckpostament mit Akanthusblättern.<br />

Vergoldete Applikationen in Form von Lyren, Zweigen<br />

und Zierfries. H 101 cm.<br />

Provenienz:<br />

- Galerie Carroll, München.<br />

- Aus einer hochbedeutenden deutschen Privatsammlung.<br />

Unser Girandolenpaar ist abgebildet in: H. Ottomeyer / P. Pröschel, Vergoldete<br />

Bronzen - Die Bronzearbeiten des Spätbarock und Klassizismus, München<br />

1986; I, S. 328 (Abb. 5.2.2). Ein weiteres, analoges Paar befindet sich im Royal<br />

Pavillon in Brighton. Die Entwurfszeichnung befindet sich in Thomires Album<br />

von 1817, heute im Stockholmer Nationalmuseum (NMG 35/1874: 3).<br />

CHF 70 000.- / 120 000.-<br />

(€ 43 750.- / 75 000.-)<br />

Siehe Abb.<br />

1333*<br />

1 PAAR GEFASSTE TAPISSERIE-HOCKER, Empire, Paris um<br />

1810.<br />

Buche profiliert und beschnitzt mit Rosetten, Blättern und Zierfries<br />

sowie grün gefasst bzw. teils vergoldet. Rechteckiger Sitz auf<br />

geschweiftem Kreuzsteg. Ausserordentlich feiner Beauvais-Tapisseriebezug<br />

mit imperialen Motiven. 58x54x54 cm.<br />

Provenienz: Aus einer bedeutenden europäischen Privatsammlung.<br />

Sehr seltenes, qualitativ hochwertiges Paar von grosser Eleganz.<br />

CHF 6 000.- / 10 000.-<br />

(€ 3 750.- / 6 250.-)


1332


220<br />

MÖBEL, PENDULEN, BRONZEN, SPIEGEL, TAPISSERIEN UND DIVERSES<br />

1334*<br />

STANDUHR, Empire, das Zifferblatt sign., dat. und bez. CONSTTE<br />

(construite) PAR FERDINAND BERTHOUD 1802, das Werk sign. F.<br />

BERTHOUD (Ferdinand Berthoud, 1717-1802), Paris um 1810.<br />

Mahagoni profiliert. Rechteckiges Gehäuse mit giebelförmigem<br />

Kranz auf profiliertem Sockel. Bronzezifferblatt mit 2 feinen, versilberten<br />

Bronzezifferringen mit arabischen Minuten- und römischen<br />

Stundenzahlen sowie Sekundenzahlen und skelettierter,<br />

sichtbarer Clement-Ankerhemmung. Feines 30-Tage-Werk mit<br />

justierbarem, grossem Pendel. H 202 cm.<br />

Provenienz:<br />

- Ehemals Bestand der Sammlungen des Time Museums in Rockford, Illinois<br />

(Inventarnr. 311).<br />

- Auktion Sotheby’s New York am 9.12.1999 (Katalognr. 67).<br />

- Aus einer bedeutenden europäischen Sammlung.<br />

Feine Standuhr von perfekter Qualität und Eleganz.<br />

1335<br />

1334 (Detail Werk)<br />

F. Berthoud, Sohn eines „justicier“ des Val-de-Travers, lernte die<br />

Uhrmacherkunst bei seinem Bruder Jean Henri 1741-1745. Danach liess er<br />

sich in Paris nieder, wo er zunächst aller Wahrscheinlichkeit nach bei P. de<br />

Rivaz tätig war, ehe er sich selbständig machte und in kürzester Zeit beachtliches<br />

Renommee erlangte. Es folgte die Mitgliedschaft in der Kommission für<br />

die Gründung einer königlichen Uhrmacherwerkstatt, nach der Französischen<br />

Revolution die Aufnahme in die „Jury chargé de décider les questions relatives<br />

au nouveau système horaire“ (1793). Die grosse Bedeutung von F. Berthoud,<br />

der für die Herstellung von Standuhren in geschweifter Louis-XV-Form fast<br />

immer Gehäuse von F. Lieutaud verwendete, liegt nicht nur in seiner regen<br />

Tätigkeit als Uhrmacher und Mitglied von Kommissionen zu Fragen der<br />

Zeitmessung, sondern auch in seinen beeindruckenden Schriften zur<br />

Konstruktion und Entwicklung von Uhrwerken. Seine ersten theoretischen<br />

Arbeiten über eine „pendule à équation“ wurden bereits 1752 durch die<br />

„Académie des Sciences“ anerkannt. Zwei Jahre später veröffentlichte er neue<br />

Erkenntnisse zu den „horloges marines“, die in einem königlichen Auftrag für<br />

eine Pendule für die „Salle du Conseil“ in Versailles gipfelte. Ab 1766 war er<br />

der einzige Hersteller der „horloges et montres marines“ der königlichen Flotte.<br />

Die ungemein aufwendige Produktion seiner Pendulen, die nicht nur durch die<br />

Qualität des Werkes, sondern auch durch jene des Gehäuses und der Bronzen<br />

bestechen, liess eine jährliche Herstellung von ca. 30 bis 50 Objekten zu.<br />

Lit.: J.D. Augarde, Les ouvriers du temps, Genf 1995; S. 281f. (biogr.<br />

Angaben). H.L. Tardy, Dictionnaire des horlogers français, Paris; S. 49-53<br />

(biogr. Angaben). Ibid., La pendule française des origines à nos jours, Paris<br />

1961-64; II, 347 (mit Abb. eines ähnlichen Gehwerks).<br />

CHF 50 000.- / 70 000.-<br />

(€ 31 250.- / 43 750.-)<br />

Siehe Abb.<br />

1335*<br />

RUNDER SALONTISCH „<strong>AU</strong>X PATTES DE LION“, Empire/<br />

Restauration, Paris um 1815/30.<br />

Mahagoni profiliert. Randprofilierte „Gris St. Anne“-Platte auf gerader<br />

Zarge mit markantem Zentralschaft auf grossen Tatzenfüssen.<br />

Matt- und glanzvergoldete Bronzebeschläge. D 94 cm, H 74 cm.<br />

Provenienz: Aus einer hochbedeutenden deutschen Privatsammlung.<br />

CHF 5 000.- / 7 000.-<br />

(€ 3 130.- / 4 380.-)<br />

Siehe Abb.


1334


222<br />

MÖBEL, PENDULEN, BRONZEN, SPIEGEL, TAPISSERIEN UND DIVERSES<br />

1336*<br />

FOLGE VON 4 PRUNK-GIRANDOLEN „<strong>AU</strong>X CYGNES“, Empire/<br />

Restauration, sign. THOMIRE PARIS (Pierre Philippe Thomire,<br />

1751-1843), Paris um 1810/30.<br />

Matt- und glanzvergoldete Bronze. Runder, kannelierter und mit<br />

grossen Blättern beschmückter Schaft mit Zentraltülle und 6<br />

geschweiften Lichtarmen mit Schwanenhälsen, vasenförmigen<br />

Tüllen und runden Tropftellern, auf gestuftem Rechtecksockel.<br />

Vergoldete Applikationen in Form von Lyren und Lorbeerkränzen.<br />

H 75 cm.<br />

Provenienz:<br />

- Galerie Carroll, München.<br />

- Aus einer hochbedeutenden deutschen Privatsammlung.<br />

Eine nahezu identische Girandole ist abgebildet in: H. Ottomeyer / P. Pröschel,<br />

Vergoldete Bronzen - Die Bronzearbeiten des Spätbarock und Klassiszismus,<br />

München 1986; I, S. 393 (Abb. 5.17.13).<br />

Von seinem Vater Luc-Philippe (gest. 1783) erhielt P.P. Thomire 1772 den<br />

Titel „Maître fondeur-ciseleur“, vier Jahre später fügte er „doreur“ hinzu. 1783<br />

wurde er Nachfolger von C. Duplessis als „ciseleur et doreur“ der Manufacture<br />

de Sèvres. Zudem soll er, nach einer Bildhauer-Ausbildung in der Akademie St.<br />

Luc, die Ateliers von A. Pajou und J.A. Houdon besucht haben. Mit Houdon<br />

arbeitete er mehrmals zusammen, so beispielsweise für die Büste „Grandeur<br />

Nature“ für Prinz Henri von Preussen (1789). Nach R.G. Dardel schuf er die<br />

„Grand Condé à la bataille de Fribourg“ (1785), zudem übernahm er Figuren<br />

von J.B. Pigalle und L.S. Boizot in Bronze. Während der gleichen Zeit schuf P.P<br />

Thomire eigene Modelle und Skulpturen, wie zum Beispiel die „Deux amours<br />

se disputant un coeur“ für die Ausstellung im „Salon de la Correspondance“<br />

1781, zwei Portraits von Voltaire und ein weiteres von J.J. Rousseau. Seltener<br />

sind seine Figuren in Marmor, wie das Selbstportrait für die Ausstellung im<br />

Salon 1810. Seine Zusammenarbeit mit L.S. Boizot, Leiter der Bildhauer in der<br />

Manufacture de Sèvres, war, wie die zahlreichen Modelle beweisen, sehr<br />

fruchtbar und hielt bis zu Boizots Tod an. Die Kontakte zu N. Delaistre, J.J.<br />

Foucou, P.P. Prud’hon und P.L. Roland und die entstandenen gemeinsamen<br />

Projekte brachten Thomire bereits in den 1780er Jahren den Ruf als bester<br />

„fondeur-ciseleur“ von Paris ein. Diese Erfolge wurden während der letzten<br />

Jahre des ausgehenden 18. Jahrhunderts durch Auftragsarbeiten für das<br />

Ausland - vor allem für die Königs- und Adelshäuser in Spanien und Russland<br />

- so markant verstärkt, dass er die grosse Nachfrage nach Luxusobjekten 1807<br />

nur mit über 200 Angestellten zu bewältigen vermochte. Seit 1804, als er<br />

Objekte aus dem Geschäft von M.E. Lignereux, dem er früher Bronzen geliefert<br />

hatte, aufkaufte, gelangen ihm die wohl phantasievollsten Werke. Bereits im<br />

Directoire erhielt er anlässlich der Ausstellung der „Produits industriels“ die<br />

1336<br />

Goldmedaille, eine Ehrung, die Thomire und seiner Firma bis zu seinem Tod<br />

in jeder Ausstellung zuteil wurde. 1834 erhielt er von König Louis-Philippe die<br />

Mitgliedschaft der „Légion d’Honneur“.<br />

Für das Unternehmen Thomire waren die Jahre nach 1820 von der Übernahme<br />

der Firma durch P.P. Thomires Schwiegersöhne und Enkel und von grossen<br />

finanziellen Schwierigkeiten geprägt. P.P. Thomire zog sich nach 1823 langsam<br />

zurück, blieb aber als „künstlerischer Mentor“ die bedeutendste kreative<br />

Kraft. Seine Werke zeichnen sich durch Phantasie, Formensprache, qualitativ<br />

hervorragende Bronzenarbeit und Vergoldung aus und machen P.P. Thomire<br />

zu einer Ausnahmefigur von höchster Güte.<br />

Lit.: J. Niclausse, Thomire, Fondeur-Ciseleur - Sa vie, son oeuvre, Paris 1947.<br />

CHF 50 000.- / 90 000.-<br />

(€ 31 250.- / 56 250.-)<br />

Siehe Abb.<br />

1337*<br />

PENDULE „LE PORTEFAIX AVEC DU FROMAGE“, Empire, das<br />

Modell von J.A. REICHE (Jean-André Reiche, 1752-1817), das Zifferblatt<br />

sign. BERGMILLER A PARIS (tätig Rue du Petit Lion Saint-<br />

Sauveur um 1810/30), Paris um 1810.<br />

Bronze matt- und glanzvergoldet. Schreitender Mann mit markantem<br />

Hut, auf seinem Rücken das ballenförmige Werk tragend, auf<br />

prismiertem Sockel mit gequetschten Kugelfüssen. Emailzifferblatt<br />

mit arabischen Minuten- und römischen Stundenzahlen. Feines<br />

Ankerwerk mit 1/2-Stundenschlag auf Glocke. 22x12x35,5 cm.<br />

Feine Pendule von hoher Qualität, das Gegenstück der Pendule „Le nègre<br />

portefaix“. Eine solche wurde in unserer November-Auktion 1997 (Katalognr.<br />

1146) und in unserer März-Auktion 2007 (Katalognr. 1297) verkauft. Die<br />

Entwurfszeichnung dieser Pendulen befindet sich im Musée des Arts Décoratifs<br />

in Paris.<br />

J.A. Reiche, Sohn eines Leipziger Cafébesitzers, liess sich während der<br />

Regierungszeit von Louis XVI in Paris an der Rue Notre-Dame-de-Nazareth<br />

nieder, wo er bis zu seinem Tode als Hersteller und Händler von Bronzen tätig<br />

war. Im Jahre 1785 wurde ihm die Meisterwürde erteilt. Seine Entwürfe für<br />

Pendulen sind heute im „Cabinet des Estampes“ der Bibliothèque Nationale<br />

(„Dépôts Légaux 1788-1810 Reiche“); darunter auch der Entwurf für unsere<br />

Pendule und für die Pendule „Duchesse de Berry, allaitant le Duc de<br />

Bordeaux“, die Serie der weiblichen Gelehrten, „Le Porte-Faix blanc et le nègre“,<br />

„La Laitière“ und der Entwurf für „Le Char de Télémaque“.<br />

CHF 38 000.- / 58 000.-<br />

(€ 23 750.- / 36 250.-)<br />

Siehe Abb.


1337

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