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Schlins 1850 -1950 - Johann-August-Malin-Gesellschaft

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manche kehrten auch nicht mehr heim. 60 Noch in den sechziger Jahren<br />

des 19. Jahrhunderts verdingten sich junge <strong>Schlins</strong>erinnen zur Zeit der<br />

Getreideernte als Ährenleserinnen im benachbarten Ausland, oder sie<br />

mußten als Hilfskräfte in den Spinnereien oder als Fädlerinnen in den<br />

Stickereien arbeiten. 61<br />

In einem der vorigen Abschnitte wurde knapp die Arbeitssituation<br />

von Kindern in den Fabriken angedeutet. Darüber darf jedoch die traditionelle<br />

Kinderarbeit im landwirtschaftlichen Sektor nicht vergessen<br />

werden: Schulkinder wurden ohne Schwierigkeiten vom vollendeten elften<br />

Lebensjahr an vom Besuch der Volksschule während der Sommermonate<br />

befreit. Mehr als ein Jahrhundert lang schickten die armen Familien einen<br />

Teil ihrer Kinder auf die Reise ins "Schwabenland" ,auf die Kindermärkte<br />

von Ravensburg oder Friedrichshafen. 62 Sie wurden ab Mitte<br />

März als Hütekinder eingesetzt und kamen erst Ende Oktober heim.<br />

Einige trafen es noch schlechter: Sie mußten in Ziegeleien oder in Kalkwerken<br />

unter unmenschlichen Bedingungen arbeiten. Dieses Verkaufen<br />

der kindlichen Arbeitskraft erfüllte einen doppelten Zweck: Die Kinder<br />

mußten nicht selbst ernährt werden, und sie leisteten mit ihrer Arbeit<br />

einen - wenn auch bescheidenen - Beitrag zum Familieneinkommen.<br />

Die Behörden sahen sich erst spät aus Kinderschutzgründen ver anlaßt,<br />

dieses "Unwesen" zu bekämpfen. Im Jahre 1910 richtete der k.k.<br />

StatthaItereirat und Leiter der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch,<br />

Ferrari, ein Rundschreiben an sämtliche Gemeindevorstehungen seines<br />

Bezirks:<br />

30<br />

"Die sich immer dringender gestaltende Notwendigkeit einer ausgiebigen<br />

Kinderfürsorge legt den politischen Behörden die Pflicht auf, dem<br />

leider auch im politischen Bezirke Feldkirch von altersher bestehenden<br />

Unwesen der Verdingung schulpflichtiger Kinder in das Ausland, die<br />

größtmögliche Aufmerksamkeit zuzuwenden und ... diesem schreienden<br />

Übelstande entgegenzutreten.<br />

Macht es schon an und für sich einen tiefbeschämenden Eindruck, daß<br />

gegen ein oft geringes Entgelt vorarlbergische Kinder in das Ausland<br />

abgegeben, dem Elternhause und dem in heutiger Zeit so notwendigen<br />

Unterricht entzogen werden, nur damit ausländische Kinder bei den<br />

Eltern und in der Schule bleiben können, so fallen die tatsächlichen<br />

Gefahren, denen diese Kinder ausgesetzt sind, die moralischen und<br />

physischen Schäden, die sie oftmals dort erleiden, gewiß noch schwerer<br />

ins Gewicht . ... Bei diesem Anlasse kann ich nicht umhin die Herrn

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