Kulte und Riten Pfeifen, Friedenspfeifen - ein rituelles Objekt?
Kulte und Riten Pfeifen, Friedenspfeifen - ein rituelles Objekt?
Kulte und Riten Pfeifen, Friedenspfeifen - ein rituelles Objekt?
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
<strong>Kulte</strong> <strong>und</strong> <strong>Riten</strong><br />
<strong>Pfeifen</strong>, <strong>Friedenspfeifen</strong> - <strong>ein</strong> <strong>rituelles</strong> <strong>Objekt</strong>?<br />
Ich glaube, dass bekannteste Ritual der Indianer ist das Rauchen der Friedenspfeife, so<br />
zumindestens haben wir es immer wieder im Fernsehen in Indianerfilmen oder Western gesehen.<br />
Auf jeden Fall ist es <strong>ein</strong>es der häufigsten Rituale der Indianer.<br />
Sobald in der Pfeife die Kinnikinnick genannte Mischung aus Tabak <strong>und</strong> aromatischen Kräutern<br />
entzündet wurde, verband der Raucher oftmals tiefere Absichten. Gebetsrauch wurde der Rauch<br />
genannt, den der Indianer ausatmete. Die Pfeife galt als Verständigungsmittel zur Geisterwelt.<br />
Wichtige Gespräche zwischen Männern bekamen mit der Pfeife <strong>ein</strong>en heiligen Charakter. Oft diente<br />
das Pfeiferauchen auch als Einleitungsmittel vor wichtigen Angelegenheiten.<br />
Sogenannte Zeremonialpfeifen waren Eigentum <strong>ein</strong>es Häuptlings, Schamanen oder Kriegers. Ein<br />
festgelegtes Ritual mußte beim Rauchen genau <strong>ein</strong>gehalten werden, um <strong>ein</strong>en Eid zu leisten oder<br />
<strong>ein</strong>en Vertrag abzuschließen. Aus dieser Zeremonie leiteten die Weißen den Begriff<br />
«Friedenspfeife» ab.<br />
Eine weitere Verwendung der Pfeife war sie als Reisepaß zu benutzen oder sie bei privaten<br />
Aus<strong>ein</strong>andersetzungen als Beschwichtigungsmittel <strong>ein</strong>zusetzen. Wenn <strong>ein</strong> Krieger mit der Frau<br />
<strong>ein</strong>es anderen durchbrannte, so schickte er dem Betrogenen <strong>ein</strong>en alten Mann mit <strong>ein</strong>er Pfeife. Dies<br />
verlangte die Etikette. Wenn der Mann die Pfeife rauchte, so verzichtete der Ehemann auf Rache.<br />
Jedoch hatte die Pfeife nicht immer <strong>ein</strong>en religiösen Gr<strong>und</strong> oder<br />
diente als Mittel der Beschwichtigung, sondern viele Männer verwendeten sie als Alltagspfeife, da<br />
bei den Indianern das Rauchen <strong>ein</strong>e Angewohnheit war.<br />
Viel Sorgfalt <strong>und</strong> Geduld war notwendig, um <strong>ein</strong>e solche Zeremonialpfeife herzustellen. Sie konnte<br />
in ihrem Wert den <strong>ein</strong>es Pferdes erreichen. Der <strong>Pfeifen</strong>kopf wurde aus weichem Material gefertigt.<br />
Besonders bekannt ist dabei <strong>ein</strong> rotes Mineral geworden, welches den Namen des Malers Georg<br />
Catlin - Catlinit - erhielt. Zu finden war dieses Gest<strong>ein</strong> in <strong>ein</strong>em heiligen St<strong>ein</strong>bruch in Minnesota.<br />
Spezialisten bearbeiteten diesen St<strong>ein</strong> <strong>und</strong> schnitzten die f<strong>ein</strong>sten Details in den <strong>Pfeifen</strong>kopf. Aus<br />
Esche, Weide oder Pappel war der <strong>Pfeifen</strong>stiel gefertigt, dessen Mark nach der Querteilung<br />
herausgekratzt oder gebrannt wurde.<br />
Poliert wurde die Pfeife zum Abschluß <strong>und</strong> verziert. Dazu benutzte man Pferdehaarbüschel,<br />
Adlerfedern oder es wurden Heldentaten in den <strong>Pfeifen</strong>kopf geschnitzt.<br />
Der Tabak wuchs wild, trotz alledem bauten <strong>ein</strong>ige Stämme ihn an, um <strong>ein</strong>en bestimmten Vorrat zu<br />
haben oder tauschten ihn gegen andere Gebrauchsgegenstände. Die sogenannte Tabaksgesellschaft<br />
der Blackfoot baute Tabak für ihre Zeremonien an. Bei der Ernte wurden bestimmte rituelle Gebete<br />
<strong>und</strong> Tänze aufgeführt.
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
70<br />
75<br />
80<br />
85<br />
90<br />
Das Inipi (Schwitzhütte)<br />
Das Inipi (Schwitzhütte) ist <strong>ein</strong>e Hütte <strong>und</strong> besteht aus zwölf Weidenruten, die man entrindet im<br />
Kreis in die Erde steckt. Man bindet sie in Form <strong>ein</strong>es Bienenkorbes zusammen. Obenauf bilden die<br />
Weidenruten <strong>ein</strong> Quadrat, das das Universum <strong>und</strong> die vier Himmelsrichtungen symbolisiert. Das<br />
Gerüst wird mit Fellen oder Quilts abgedeckt. Die fertige «Schwitzhütte» reicht <strong>ein</strong>em Mann<br />
ungefähr bis an die Rippen.<br />
Die Schwitzhütte ist niedrig <strong>und</strong> kann nur im sitzen benutzt werden. Zudem ist die Temperatur<br />
höher als in <strong>ein</strong>er klassischen finnischen Sauna. Die Teilnehmer sollten deshalb über <strong>ein</strong>en<br />
ges<strong>und</strong>en Kreislauf verfügen. Der Genuss von Alkohol ist am Tag der Zeremonie nicht erlaubt.<br />
In der Mitte, im Innenraum der Indianer-Sauna, wird <strong>ein</strong>e r<strong>und</strong>e Grube ausgehoben, in die später die<br />
St<strong>ein</strong>e gefüllt werden. Die ausgehobene Erde wird sorgsam aufgehoben <strong>und</strong> zu <strong>ein</strong>em kl<strong>ein</strong>en<br />
Damm geformt, dem Pfad der Geister, zehn Schritte lang, der aus der Indianer-Sauna herausführt<br />
<strong>und</strong> in <strong>ein</strong>em kl<strong>ein</strong>en Hügel endet. Der Kreis in der Mitte der Hütte ist das Symbol für das Leben,<br />
für das, was dem Glauben der Indianer Nordamerikas nach ohne Ende ist.<br />
Ein wenig entfernt, dem Pfad der Geister folgend, wird das Feuer entzündet, in dem die St<strong>ein</strong>e<br />
erhitzt werden. Der Eingang der Hütte zeigt nach Westen, zum Sonnenuntergang.<br />
Vor der Hütte sind zwei Astgabeln aufgestellt <strong>und</strong> <strong>ein</strong> Stecken liegt waagerecht darüber, an dem die<br />
heilige Pfeife gelehnt steht. Dieser stellt den Altar der Blackfoot-Indianer dar. Niemandem ist es<br />
gestattet, den Pfad der Geister zu kreuzen.<br />
Es muss <strong>ein</strong> Eimer frisches Wasser zur Hand s<strong>ein</strong>; Wasser, das frisch aus fließendem Gewässer<br />
geschöpft s<strong>ein</strong> sollte, denn es bedeutet für die nordamerikanischen Indianer das Wasser des Lebens.<br />
Vor Eintritt in die Schwitzhütte sollte sich jeder Teilnehmer <strong>ein</strong>e St<strong>und</strong>e lang geistig auf das<br />
Schwitzbad vorbereiten. Jeglicher Schmuck oder andere Metallteile müssen vorher abgelegt<br />
werden. Die Metallteile könnten sich zu stark aufheizen.<br />
Der Leiter der Zeremonie (auch Wassergießer genannt) geht als erster in die Hütte. Er bedeckt den<br />
Boden mit Salbei, <strong>ein</strong>er heiligen Pflanze. Das bedeutet, die grünen lebenden Dinge, die Geister der<br />
Bäume <strong>und</strong> der Pflanzen sind mit in der Schwitzhütte. Dann verbrennt der Leiter aromatische<br />
Pflanzen, die zu <strong>ein</strong>em Zopf geflochten sind. Der duftende Rauch wird durch Herumwirbeln in der<br />
ganzen Schwitzhütte verteilt. So wird dem Glauben der Blackfoot-Indianer nach alles geheiligt, <strong>und</strong><br />
alle bösen Gedanken <strong>und</strong> negativen Emotionen werden vertrieben.<br />
Der Feuermann, der Mann, der von draußen hilft, bringt die heißen St<strong>ein</strong>e, <strong>ein</strong>en nach dem anderen.<br />
Wenn der erste St<strong>ein</strong> durch den Eingang her<strong>ein</strong>gereicht wird, sagt man «pila maya» - das bedeutet<br />
«danke». Der erste St<strong>ein</strong> wird genau in die Mitte der Grube von Mutters Erde gelegt. Dann werden<br />
vier weitere St<strong>ein</strong>e um ihn herum angeordnet - für jede Himmelsrichtung <strong>ein</strong>er, schließlich wird<br />
noch <strong>ein</strong> St<strong>ein</strong> auf den ersten in die Mitte gelegt - für den Himmel <strong>und</strong> Großvaters Geist. Die<br />
restlichen St<strong>ein</strong>e werden beliebig darauf geschichtet.<br />
Der Helfer draußen schließt nun die Eingangsklappe <strong>und</strong> sorgt dafür, dass k<strong>ein</strong> Licht in die Hütte<br />
dringt. Der Leiter gießt Wasser über die glühenden St<strong>ein</strong>e. Das Wasser ist eiskalt, die St<strong>ein</strong>e<br />
rotglühend; dies symbolisiert für die Blackfoot-Indianer die Ver<strong>ein</strong>igung der Erde mit dem Himmel<br />
<strong>und</strong> des Lebenswassers mit heiligem Atem des Geistes.<br />
Die Hitze welche sich in der Schwitzhütte entwickelt, ist nun sehr groß, wem dies <strong>ein</strong>
95<br />
100<br />
105<br />
110<br />
115<br />
120<br />
125<br />
130<br />
unangenehmes Gefühl bereitet, sagt: «Mitakuye Oyassin» (was soviel heißt wie «Danke allen<br />
m<strong>ein</strong>en Verwandten» oder «Für alle m<strong>ein</strong>e Verwandten»). Dann wird die Klappe geöffnet, um kühle<br />
Luft <strong>ein</strong>zulassen. Ein Verlassen der Schwitzhütte vor dem regulären Ende bedeutet für die<br />
Teilnehmer, dass sie nicht wieder in die Schwitzhütte <strong>ein</strong>treten dürfen.<br />
Alle Teilnehmer sitzen schweigend im Dunkeln, <strong>und</strong> überlegen, was «inipi» bedeutet. Man<br />
verschließt die Augen <strong>und</strong> lauscht dem Zischen des eisigen Wassers auf den heißen St<strong>ein</strong>en, lauscht,<br />
was sie "erzählen" - es entsteht vielleicht <strong>ein</strong> kl<strong>ein</strong>er Funke, der die Gedanken "entzündet".<br />
Die Klappe wir viermal geöffnet, um Licht <strong>und</strong> kühle Luft her<strong>ein</strong>zulassen. Wenn die Klappe<br />
geöffnet ist, kann jeder sprechen - über <strong>ein</strong>e Krankheit, die er geheilt haben möchte oder <strong>ein</strong>fach nur<br />
wie gut es ist, mit allen in der Schwitzhütte zu sitzen.<br />
Nachdem die vierte R<strong>und</strong>e beendet ist, sagen alle: «Mitakuye Oyassin».<br />
Und damit endet die Zeremonie. Man entsteigt der Schwitzhütte mit dem Gefühl des Wohls<strong>ein</strong>s, mit<br />
klarem Kopf - glücklich in dem Wissen, etwas Gutes für sich getan zu haben, etwas Gutes für sich<br />
getan zu haben, etwas, das auch allen lebenden Wesen zugute kommt.<br />
Das Skalpieren, <strong>ein</strong> religiöser Brauch ?<br />
Wie oft hat sich dieser grausige Brauch in Nordamerika<br />
abgespielt? Das Skalpieren war <strong>ein</strong>st nicht über ganz Nordamerika verbreitet. Nicht nur die Indianer<br />
praktizierten das Abtrennen der Kopfhaut, sondern schon der griechische Geschichtsschreiber<br />
Herodot - um 485 - 425 v. Chr. - beschrieb diesen Brauch von den Skythen, die im<br />
Schwarzmeergebiet siedelten, in jeder <strong>ein</strong>zelnen Phase.<br />
Es war zum Beispiel bei den Muskogee sprechenden Stämmen des Südosten Sitte, die eigentlich<br />
Maisbauern waren wie die Muskogee, Natchez, Timukua, Cherokee <strong>und</strong> Caddo. Dieser barbarische<br />
Brauch ist wahrsch<strong>ein</strong>lich aus <strong>ein</strong>er religiösen Zeremonie heraus entstanden. Bei den Azteken in<br />
Mexiko gab es das sogenannte Xipe-Ritual, bei dem Menschen für Xipe Totec - dem Frühlingsgott<br />
<strong>und</strong> Schutzherr der Juweliere <strong>und</strong> Goldschmiede - geopfert wurden. Das Fest fand im Frühling statt<br />
<strong>und</strong> der Höhepunkt war das Tötungsritual. Dem Geopferten wurde die Haut abgezogen, die dann<br />
der Priester 20 Tage lang überzog als Symbol der Lebensverjüngung.<br />
Die Stämme des Südosten hatten allerdings das Häutungsritual in <strong>ein</strong>e andere Form abgewandelt<br />
<strong>und</strong> nahmen statt die Haut nur das Kopfhaar - den Skalp. Die Hauttrophäe war von Mexiko bis Peru<br />
verbreitet.
135<br />
140<br />
145<br />
150<br />
155<br />
160<br />
165<br />
170<br />
Beim Skalpieren wurde rings um den Kopf über den Ohren mit dem sogenannten Skalpmesser <strong>ein</strong><br />
kreisförmiger Schnitt durchgeführt, der Rand der Kopfhaut freigelegt <strong>und</strong> das Haarbüschel mit den<br />
Zähnen losgerissen. Bei <strong>ein</strong>em getöteten Opfer wurde mit der linken Hand der Kopfscheitel fest<br />
zusammengefaßt <strong>und</strong> mit dem Messer <strong>ein</strong> handtellgroßes Stück Kopfhaut herausgeschnitten.<br />
1535 wurde erstmals von Huronen das Skalpieren vorgenommen <strong>und</strong> dann griffen diesen Brauch<br />
die Irokesen auf. Sie waren es, die das Skalpnehmen zu den Sioux-Stämmen brachten. Dann<br />
breitete sich diese Sitte nach <strong>und</strong> nach über den ganzen nordamerikanischen Kontinent aus,<br />
allerdings verlor sich der religiöse Ursprung dieser Zeremonie.<br />
Hätten die europäischen Mächte - England <strong>und</strong> Frankreich - nicht noch Prämien ausgesetzt, so hätte<br />
wahrsch<strong>ein</strong>lich der Brauch sich nicht so durchsetzt wie es passierte. Eine Erleichterung des<br />
Skalpierens brachten auch die eisernen Messer der weißen Eindringlinge gegenüber den Muschel-<br />
<strong>und</strong> St<strong>ein</strong>messern.<br />
Auch Weiße verdienten an dieser barbarischen Sitte ihre Kopfprämie. Nicht nur mit Indianerskalpen<br />
war geldzuverdienen, sondern manche Kopfgeldjäger nahmen die Trophäe von Menschen, die ihnen<br />
unter die Finger kamen. Der Skalp mußte jedoch den Kopfscheitel enthalten, sonst wurde die Prärie<br />
nicht ausgezahlt.<br />
Der Skalpierte überlebte nur selten den Verlust der Schädeldecke wegen des hohen Blutverlustes.<br />
Der Skalp wurde auch von getöteten F<strong>ein</strong>den abgezogen.<br />
Die Indianer maßen diesem Scheitelhaar große Bedeutung zu, da nach ihrer Vorstellung hier der<br />
Sitz der Lebenskraft lag. Wenn der F<strong>ein</strong>d skalpiert war, hatte er s<strong>ein</strong>e übernatürlichen Kräfte<br />
verloren <strong>und</strong> konnte nicht in die Ewigen Jagdgründe <strong>ein</strong>gehen.<br />
Der Skalp wurde vom Fleisch befreit, getrocknet <strong>und</strong> dann sorgfältig präpariert. Im Anschluß wurde<br />
die Kopfhaut als Verzierung an Waffen, Hemden oder Zelten angebracht. Oder der Skalp wurde in<br />
<strong>ein</strong>em Reifen gespannt, dann an <strong>ein</strong>em meterlangen Stab befestigt <strong>und</strong> feierlich umtanzt. Es war<br />
aber nicht die Sitte der Männer den Skalp zu umtanzen, diesen Brauch vollführten die Frauen im<br />
sogenannten Skalptanz. Niemals jedoch wurde der Skalp respektlos behandelt, dies hätte die Rache<br />
der Totengeister herausgefordert.<br />
S<strong>ein</strong>e religiöse Rolle hatte der Skalp verloren <strong>und</strong> galt auch nicht mehr als Symbol <strong>ein</strong>er<br />
Opferzeremonie, sondern eher als Zeichen des Sieges.