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Junge Bühne #6 - Mwk-koeln.de

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foto: charles tandy<br />

30<br />

MUSICALS<br />

Nicole Baumann (links) als<br />

Claire in »On the Town«<br />

an <strong>de</strong>r Kieler Oper.<br />

EXPRESS YOURSELF – WIE MAN<br />

PIROUETTEN DREHT UND SICH IMMER<br />

WIEDER NEU (ER-)FINDET<br />

VON NICOLE BAUMANN<br />

---------------------------<br />

Ich wer<strong>de</strong> <strong>de</strong>n Moment niemals vergessen. Mein Name wur<strong>de</strong><br />

als erster von acht verlesen. »Und einen Platz im Musicalstudium<br />

haben erhalten ...« trug <strong>de</strong>r Sprecherziehungslehrer mit<br />

tönen<strong>de</strong>r Stimme vor. Ich biss vor Freu<strong>de</strong> in meinen Schal. Doch<br />

meine hysterischen Lachanfälle konnte ich damit für die nächsten<br />

Stun<strong>de</strong>n nicht nie<strong>de</strong>rringen. Acht von 130 Bewerbern durften<br />

an <strong>de</strong>r Bayerischen Theateraka<strong>de</strong>mie München anfangen.<br />

Das war im Herbst 1998. Wir acht sollten für die kommen<strong>de</strong>n<br />

vier Jahre gemeinsam ackern, zweifeln und kämpfen o<strong>de</strong>r<br />

an<strong>de</strong>rs: singen, spielen und tanzen. Es war kein normales Studium.<br />

Es gab keine Klausuren und keine Vorlesungen im Hörsaal.<br />

Alles, was wir lernten, hatte mit uns zu tun. Alles, was wir taten,<br />

musste mit <strong>de</strong>m eigenen Körper getan wer<strong>de</strong>n. Es ging um<br />

Technik. Um lange, hohe Töne, eine kraftvolle Sprechstimme, die<br />

Beine, die man bis zum Ohr hochschleu<strong>de</strong>rn kann und die<br />

obligatorischen zwei Pirouetten. Dann stan<strong>de</strong>n wir vor neuen<br />

Problemen: wie singe und tanze ich gleichzeitig, ohne hyperventilierend<br />

umzufallen, wie schaffe ich <strong>de</strong>n gleiten<strong>de</strong>n Übergang<br />

vom Dialog zur Musik, und wie entwickle ich eine Rolle aus mir<br />

selbst heraus.<br />

Wir waren naive, kleine Küken. Die vier Mä<strong>de</strong>ls im Jahrgang waren<br />

eine bunte Mischung. Eine Französin mit Faible für <strong>de</strong>n Chanson,<br />

eine kleine blon<strong>de</strong> Berlinerin, die eigentlich zum Film wollte, eine<br />

große Farbige, die bayrisch re<strong>de</strong>te und ich, das Lan<strong>de</strong>i – aus einem<br />

2000-Seelen-Kaff stammend, die Eltern Lehrer. Meinen ersten<br />

öffentlichen Auftritt in <strong>de</strong>r Aka<strong>de</strong>mie hatte ich in Spitzenunterwä-<br />

Nicole Baumann, die Autorin dieses Artikels, studierte vor<br />

wenigen Jahren an <strong>de</strong>r Bayerischen Theateraka<strong>de</strong>mie Musical-<br />

Gesang und hat schon einige Erfahrungen auf großen und<br />

kleinen <strong>Bühne</strong>n gesammelt. ± www.nicolebaumann.<strong>de</strong><br />

sche und einer darin eingearbeiteten Lichterkette, die ich mit einem<br />

Schalter am Rücken an- und ausschalten konnte. Im Song »You<br />

gotta have a gimmick« erklärt eine Stripperin, wie sie mithilfe <strong>de</strong>r<br />

Lämpchen an ihrem BH ihre ansonsten durchschnittliche Darbietung<br />

aufpeppt. Meine Lehrer gaben mir diesen Song, weil ich bis<br />

zu diesem Zeitpunkt als gut erzogene Katholikin absolut keine<br />

Vorstellung von mir als Nutte hatte. Mir fehlten schlichtweg die<br />

Ausdrucksmittel für dieses im Musicalbereich nun mal immer<br />

wie<strong>de</strong>rkehren<strong>de</strong> Rollenprofil. Nach <strong>de</strong>m Konzert war das Thema<br />

dann abgehakt – mein komischer Auftritt wur<strong>de</strong> in <strong>de</strong>r Süd<strong>de</strong>utschen<br />

Zeitung als »beson<strong>de</strong>rs gelungen« bezeichnet.<br />

-----------------------------------------------<br />

Lernen ohne Leerlauf<br />

-----------------------------------------------<br />

Unser Stun<strong>de</strong>nplan war voll. Wahlmöglichkeiten gab es keine. Es<br />

ging durch von 9 Uhr morgens bis 22 Uhr abends. Im Kühlschrank<br />

herrschte gähnen<strong>de</strong> Leere, am Bo<strong>de</strong>n türmte sich die<br />

Wäsche auf. Für Freundschaften o<strong>de</strong>r Aktivitäten außerhalb <strong>de</strong>r<br />

Aka<strong>de</strong>mie blieb kaum Zeit. Denn alle Energie galt <strong>de</strong>m Studium.<br />

In <strong>de</strong>r Steppklasse, <strong>de</strong>m letzten Termin am Freitagnachmittag, tat<br />

mir oft alles so weh, dass eigentlich nichts mehr ging. Ein bisschen<br />

Masochismus hilft im Musicalstudium. Das Paradoxe daran<br />

ist, dass ich trotz allem selig war und nirgendwo an<strong>de</strong>rs sein<br />

wollte. Die Aka<strong>de</strong>mie war in dieser Zeit auch Ersatzfamilie. So<br />

unterschiedlich wir acht waren und so sehr je<strong>de</strong>r mit sich selbst<br />

beschäftigt war, wir saßen doch im selben Boot. Noch heute sind<br />

mir meine Mitstu<strong>de</strong>nten näher als viele Kollegen, die ich später<br />

kennengelernt habe. Wir haben zusammen gelernt und sind<br />

zusammen gewachsen. Wir suchten nach Rollenprofilen und<br />

<strong>Bühne</strong>ntypen, nach etwas, das uns beson<strong>de</strong>rs macht und nach<br />

unseren Grenzen. Bestenfalls haben wir gelernt, diese zu erweitern.<br />

Die Zeit dazu zu haben, war <strong>de</strong>r Luxus.<br />

16 Stun<strong>de</strong>n Tanz in <strong>de</strong>r Woche, 12 Stun<strong>de</strong>n Schauspielunterricht,<br />

dazu Gesangsunterricht, Ensemblesingen, Korrepetition und<br />

Sprechtraining. Was das alles kosten wür<strong>de</strong>, wenn man es selbst<br />

bezahlen und organisieren müsste, wur<strong>de</strong> mir erst nach <strong>de</strong>m<br />

Studium klar. Dann wur<strong>de</strong> die Suche nach einem Probenraum<br />

o<strong>de</strong>r einem guten Tanztraining zum Problem. In <strong>de</strong>r Studienzeit<br />

konsumierten wir, bis die nächste Probenphase anbrach. Manchmal<br />

fühlte ich mich an <strong>de</strong>r Theateraka<strong>de</strong>mie schon wie in einem<br />

Ensemble: »Ladies in the light«, »Company«, »Blutsbrü<strong>de</strong>r«,<br />

»Krach in Chiozza«, »On the town«, »Jekyll and Hy<strong>de</strong>«, »Gypsy«<br />

und »Ragtime« erarbeiteten wir in <strong>de</strong>n vier Jahren. Es war großartig,<br />

auf einer <strong>Bühne</strong> wie <strong>de</strong>m Prinzregententheater auftreten zu<br />

können. Als ich Jahre später mit einem Tournee-Ensemble ein<br />

Gastspiel im Prinzregententheater hatte, staunten meine<br />

Kollegen über <strong>de</strong>n großzügigen Theaterraum, das schöne Gebäu<strong>de</strong><br />

und die gute Akustik. Ich verstand, welches Privileg es gewesen<br />

war, dort schon als Stu<strong>de</strong>ntin auftreten zu dürfen.<br />

foto: privat<br />

2012 2013<br />

Staatsintendant<br />

Chefdirigent<br />

Ballettdirektor<br />

Josef E. Köpplinger<br />

Marco Comin<br />

Karl Alfred Schreiner<br />

DER KARNEVAL DER TIERE<br />

Eine zoologische Fantasie zum Hören und Staunen für Kin<strong>de</strong>r<br />

Musik von Camille Saint-Saëns<br />

Text von Loriot<br />

Musikalische Leitung Oleg Ptashnikov<br />

ab 14.11.2012<br />

PETER UND DER WOLF<br />

Ein Ballettmärchen für Kin<strong>de</strong>r<br />

Musik von Sergej Prokofjew<br />

Musikalische Leitung Andreas Kowalewitz<br />

Choreografie Emanuele Soavi<br />

ab 21.11.2012<br />

Cuvilliéstheater<br />

Cuvilliéstheater<br />

DAS DSCHUNGELBUCH<br />

Alexan<strong>de</strong>r Berghaus nach Rudyard Kipling<br />

Musikalische Leitung<br />

Regie und Choreographie<br />

ab 30.11.2012<br />

Andreas Kowalewitz<br />

Alexandra Frankmann<br />

Deutsches Theater<br />

DORNRÖSCHEN<br />

Musik von Peter Iljitsch Tschaikowsky<br />

Musikalische Leitung<br />

Choreografie<br />

ab 26.1.2013<br />

Marco Comin<br />

Karl Alfred Schreiner<br />

Reithalle<br />

www.gaertnerplatztheater.<strong>de</strong>

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