14.04.2013 Views

Wissenschaftskolleg zu Berlin

Wissenschaftskolleg zu Berlin

Wissenschaftskolleg zu Berlin

SHOW MORE
SHOW LESS

You also want an ePaper? Increase the reach of your titles

YUMPU automatically turns print PDFs into web optimized ePapers that Google loves.

NORMEN KULTIVIEREN.<br />

RECHTSWISSENSCHAFT ZWISCHEN HANDWERK<br />

UND SINNSTIFTUNG: 1800, 1900, 2000<br />

CHRISTOPH MÖLLERS<br />

Welch <strong>zu</strong>mindest zweifelhaftes Vergnügen, über die eigene Disziplin im Rahmen eines<br />

Vortrags nach<strong>zu</strong>denken und dies anlässlich eines von der Bundesregierung ausgerufenen<br />

Jahres der Geisteswissenschaften 2007 <strong>zu</strong> tun!<br />

Wer sein eigenes Gedenkjahr bekommt – noch da<strong>zu</strong> vom Staat –, um den ist es in aller<br />

Regel schlecht bestellt. Der hat es hinter sich – oder steht <strong>zu</strong>mindest kurz davor. Er bedarf<br />

fremder Hilfe in der Form allgemeinen Angedenkens, er ist vielleicht gar vom Aussterben<br />

bedroht wie die Knoblauchkröte, der Froschlurch des Jahres 2007.<br />

Wenn möglich, möchte man das Schicksal dieser Arten nicht teilen – erscheint es nicht<br />

attraktiver, auf ein Gedenkjahr <strong>zu</strong> verzichten, als von der Obrigkeit aktiv bemitleidet <strong>zu</strong><br />

werden? Und selbst wenn wir es wollten, wollten wir es wirklich im Namen der Geisteswissenschaften<br />

oder empfinden wir nicht dieses „unerklärliche Unbehagen, das Wort Geist<br />

nur aus<strong>zu</strong>sprechen“ heute noch viel deutlicher als Hofmannsthal vor gut 100 Jahren? Das<br />

größte Problem des Begriffs scheint mir noch darin <strong>zu</strong> liegen, dass er nicht erklären kann,<br />

was Geisteswissenschaftler eigentlich tun. Das aber wäre zentral: erklären <strong>zu</strong> können, warum<br />

wir als Wissenschaft tun, was wir tun. Es wäre die entscheidende Vorausset<strong>zu</strong>ng dafür,<br />

irgendwelche Ansprüche oder Erwartungen an eine Gesellschaft <strong>zu</strong> stellen, die uns im<br />

doppelten Sinne aushält, und in der wir es, im <strong>Wissenschaftskolleg</strong> <strong>zu</strong>mal, aber eben nicht<br />

nur da, doch ziemlich gut haben. Diese Notwendigkeit, das eigene Forschen <strong>zu</strong> erklären,<br />

fällt im disziplinenübergreifenden Gespräch am <strong>Wissenschaftskolleg</strong> natürlich besonders<br />

auf.<br />

Dabei war es interessant <strong>zu</strong> sehen, dass die drei Juristen, die dieses Jahr am <strong>Wissenschaftskolleg</strong><br />

arbeiten, Georg Nolte, Andreas Voßkuhle und ich, von den anderen Fellows<br />

Vortrag gehalten am 21. März 2007 im <strong>Wissenschaftskolleg</strong> <strong>zu</strong> <strong>Berlin</strong> im Rahmen einer Vortragsreihe<br />

„Geistes-Gegenwart“ <strong>zu</strong>m „Jahr der Geisteswissenschaften“. Die Vortragsform wurde strikt beibehalten.<br />

vorträge und schwerpunkte 259

Hooray! Your file is uploaded and ready to be published.

Saved successfully!

Ooh no, something went wrong!