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Elias

Programmheft - Orchester Berliner Musikfreunde e.V.

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Oświęcim – meine Stadt, mein Zuhause<br />

Artur Brzozowski<br />

Schreckliche Bilder, die traurigen Augen der ehemaligen Häftlingen, Tausende<br />

Menschen, die die Gedenkstätte besuchen, Stunden im Archiv, mein Großvater<br />

– und auf der anderen Seite Normalität, meine Familie, mein Alltag, meine Stadt.<br />

All das wird wach, wenn ich an sie denke. Die Stadt, die jeder sehr gut kennt,<br />

obwohl nicht jeder sie besucht hat. Deren Namen jeder kennt, egal wie viel er sich<br />

mit der grausamen Geschichte beschäftigt hat. Meine Stadt, mein Zuhause. Ein<br />

Ort, an den ich viele gute Erinnerungen habe. Oświęcim – Auschwitz.<br />

Ich bin 21 Jahre alt und 19 Jahre habe ich in Oświęcim gelebt. In einer Stadt mit<br />

einer sehr traurigen Geschichte. Wo Normalität und Alltag eine andere Bedeutung<br />

haben als in anderen Städten. Das Museum, die Gedenkstätte Auschwitz,<br />

liegt direkt in der Stadt. Die Gedenkstätte sieht man sehr oft, wenn man in der<br />

Stadt lebt. Man sieht sie von draußen, wenn man mit dem Auto oder mit dem<br />

Bus fährt. Ab und zu geht man mit der Schule hin und für jeden spielt sie eine<br />

andere Rolle. Man kann auch in Oświęcim leben und sie gar nicht wahrnehmen.<br />

Einfach weiterleben. Man kann aber weiterleben und die Geschichte des<br />

Ortes würdigen, respektieren.<br />

Ich wusste, seit ich Kind war, dass es Auschwitz gab und dass dort, wo jetzt<br />

eine Gedenkstätte ist, vor Jahren mein Großvater verhaftet wurde. Lange Zeit<br />

kannte ich nur die Nummer, die er wie alle anderen eintätowiert hat und dass<br />

sich dort hinter den Zäunen Unaussprechliches abgespielt hatte. In meiner<br />

Familie war die Geschichte des Lagers immer präsent, obwohl ich von meinem<br />

Großvater kaum Informationen bekommen habe. Er wollte davon nicht<br />

erzählen. Er hat nur immer wieder gesagt, dass er sich freut, dass ich jetzt auch<br />

Freunde in Deutschland habe.<br />

Jeder, der in Oświęcim lebt, setzt sich mit der Geschichte des Ortes, mit<br />

Auschwitz auseinander. In Oświęcim lebt man jeden Tag damit, deswegen<br />

habe ich mich auch in der Internationalen Jugendbegegnungsstätte engagiert.<br />

Dank dieser konnte ich an vielen verschiedenen Seminaren sowohl in Deutschland<br />

als auch in Polen teilnehmen und mich mit dem Thema auseinandersetzen.<br />

Später habe ich auch die Gruppen aus Deutschland durch die Stadt geführt um<br />

die Verbindung der Vergangenheit mit der Gegenwart zu knüpfen. Ich habe<br />

den Menschen das Leben und die Stadt gezeigt.<br />

Nach dem Abitur habe ich mich entschieden mit Aktion Sühnezeichen Friedensdienste<br />

nach Deutschland zu gehen. Ich wollte dieses Land und seine<br />

Vergangenheit näher kennen lernen, etwas freiwillig für andere tun. Ich habe<br />

— 25 —

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