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Exkursion in den Nationalen GeoPark Ruhrgebiet

Exkursionsführer - Karbonstratigraphie

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Deutsche Subkommission für Karbon-<br />

Stratigraphie<br />

Jahrestagung 2012 <strong>in</strong> Witten<br />

Volker Wrede<br />

<strong>Exkursion</strong> <strong>in</strong> <strong>den</strong><br />

<strong>Nationalen</strong> <strong>GeoPark</strong><br />

<strong>Ruhrgebiet</strong>


V. Wrede: <strong>Exkursion</strong> <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Nationalen</strong> <strong>GeoPark</strong> <strong>Ruhrgebiet</strong><br />

E<strong>in</strong>führung: Der Nationale <strong>GeoPark</strong><br />

<strong>Ruhrgebiet</strong><br />

Die Nutzung von Bo<strong>den</strong>schätzen ist e<strong>in</strong>e der<br />

ältesten Tätigkeiten des Menschen überhaupt.<br />

Se<strong>in</strong>e gesamte wirtschaftliche und kulturelle<br />

Entwicklung hängt <strong>in</strong> ganz großem Maße vom<br />

Vorhan<strong>den</strong>se<strong>in</strong> und der Nutzbarmachung natürlicher<br />

Ressourcen ab. In der heutigen Zeit<br />

e<strong>in</strong>er globalen Wirtschaft, <strong>in</strong> der auch Bergbauprodukte<br />

weltweit gehandelt wer<strong>den</strong>, geht<br />

das Bewusstse<strong>in</strong> für diese unmittelbare Beziehung<br />

leicht verloren. Gerade im <strong>Ruhrgebiet</strong><br />

lassen sich die engen Zusammenhänge zwischen<br />

<strong>den</strong> geologischen Ressourcen und der<br />

wirtschaftlichen und kulturellen Entwicklung so<br />

klar erkennen, wie <strong>in</strong> kaum e<strong>in</strong>er anderen Region<br />

<strong>in</strong> Deutschland oder Europa. Se<strong>in</strong>e heutige<br />

Existenz als europäische Metropolregion<br />

basiert ausschließlich auf der Nutzung der hier<br />

auftreten<strong>den</strong> Rohstoffe: vor allem der Ste<strong>in</strong>kohle,<br />

aber auch von Salz, Erzen oder Baumaterialien.<br />

E<strong>in</strong>e große Zahl von Sehenswürdigkeiten<br />

geologischer Art oder der Industriekultur<br />

macht diese Zusammenhänge nicht nur für das<br />

Fachpublikum, sondern auch für die Bevölkerung<br />

unmittelbar anschaulich. Aus diesem<br />

Grunde wurde das <strong>Ruhrgebiet</strong> im Jahr 2006<br />

als „Nationaler <strong>GeoPark</strong> <strong>in</strong> Deutschland“ anerkannt.<br />

Träger des <strong>Nationalen</strong> <strong>GeoPark</strong>s ist der<br />

geme<strong>in</strong>nützige Vere<strong>in</strong> „<strong>GeoPark</strong> <strong>Ruhrgebiet</strong><br />

e.V.“, dem zahlreiche geowissenschaftlich<br />

tätige Institutionen, Kommunen, Wirtschaftsbetriebe,<br />

Naturschutzorganisationen und E<strong>in</strong>zelpersonen<br />

engagiert s<strong>in</strong>d.<br />

Die an der Erdoberfläche aufgeschlossene<br />

paläozoische Schichtenfolge im <strong>GeoPark</strong><br />

<strong>Ruhrgebiet</strong> reicht vom tiefsten Mitteldevon bis<br />

zum Rotliegend. Das D<strong>in</strong>antium ist sowohl <strong>in</strong><br />

der Karbonatplattform-Fazies (Kohlenklalk) wie<br />

<strong>in</strong> der Flysch-Fazies (Kulm) vertreten. Im Namurium<br />

vollzieht sich der Übergang von der<br />

vollmar<strong>in</strong>en Fazies <strong>in</strong> die paralische Fazies.<br />

Das im Ruhrkarbon an der Erdoberfläche,<br />

durch <strong>den</strong> Bergbau und Bohrungen aufgeschlossene<br />

flözführende „Oberkarbon“ reicht<br />

vom hohen Namurium B bis zum Westfalium<br />

C. Im nördlich gelegenen Ibbenbürener Karbonhorst<br />

(Osnabrücker Bergland) ist der Übergang<br />

vom Westfalium C zum Westfalium D<br />

aufgeschlossen (DROZDZEWSKI 2006).<br />

Auch wenn der Ste<strong>in</strong>kohlenbergbau im Rückzug<br />

begriffen ist und voraussichtlich im Jahr<br />

2018 ganz e<strong>in</strong>gestellt wer<strong>den</strong> wird, bleibt das<br />

<strong>Ruhrgebiet</strong> e<strong>in</strong> wichtiges Zielgebiet der Karbon-Geologie.<br />

Zum e<strong>in</strong>en existieren, bed<strong>in</strong>gt<br />

durch die <strong>in</strong>tensive Rohstoffnutzung der vergangenen<br />

Jahrzehnte und Jahrhunderte, zahlreiche<br />

Aufschlüsse auch über Tage, die das<br />

Studium der Schichtenfolge des D<strong>in</strong>antiums<br />

und Silesiums erlauben, zum anderen zeichnet<br />

sich schon jetzt ab, dass diese Schichtenfolge<br />

auch weiterh<strong>in</strong> e<strong>in</strong> großes wirtschaftliches<br />

Interesse besitzt. Hier sei nur das Stichwort<br />

„unkonventionelle Erdgaslagerstätten“ genannt,<br />

das im Karbon mit <strong>den</strong> Hangen<strong>den</strong><br />

Alaunschiefern als möglichem Shale-Gas-<br />

Horizont und <strong>den</strong> Kohleflözen des Westfaliumiums<br />

als potenzielle CBM-Lagerstätte zwei<br />

wichtige Explorationsziele bietet.<br />

E<strong>in</strong>en Überblick des Kenntnisstandes über die<br />

Stratigraphie und die sedimentologische Entwicklung<br />

des Mississippiums im nördlichen<br />

Rhe<strong>in</strong>ischen Schiefergebirge geben STOPPEL<br />

et al. (2006), der Kenntnisstand über das<br />

Pennsylvanium im <strong>Ruhrgebiet</strong> wurde zuletzt <strong>in</strong><br />

<strong>den</strong> Arbeiten von WREDE (2005) und<br />

DROZDZEWSKI (2005) zusammengefasst.<br />

Der <strong>GeoPark</strong> <strong>Ruhrgebiet</strong> e.V. freut sich, dass<br />

die Subkommission für Karbonstratigraphie<br />

ihre Jahrestagung 2012 im <strong>Ruhrgebiet</strong> stattf<strong>in</strong><strong>den</strong><br />

lässt und ist, geme<strong>in</strong>sam mit dem LWL-<br />

Industriemuseum „Zeche Nachtigall“ <strong>in</strong> Witten,<br />

gern der Bitte nachgekommen, diese Tagung<br />

zu unterstützen. Im Rahmen e<strong>in</strong>er kurzen <strong>Exkursion</strong><br />

sollen e<strong>in</strong>ige Schichtenfolgen des Namuriums<br />

und Westfaliums vorgestellt wer<strong>den</strong><br />

und wer<strong>den</strong> e<strong>in</strong>ige Beispiele für die Tektonik<br />

des Ruhrkarbons gezeigt. Im Rahmen der<br />

Geopark-Arbeit wur<strong>den</strong> viele klassische und<br />

bisher weniger bekannte Aufschlüsse wieder<br />

hergerichtet und für die Öffentlichkeit zugänglich<br />

gemacht. E<strong>in</strong>e Reihe von <strong>Exkursion</strong>sführern<br />

und Publikationen erschließen diese Aufschlüsse<br />

ebenso für Fachwissenschaftler wie<br />

Laien. Im vorliegen<strong>den</strong> <strong>Exkursion</strong>sführer wird<br />

weitgehend auf diese Veröffentlichungen zurückgegriffen.<br />

Sedimentologischer Überblick<br />

(nach DROZDZEWSKI 2011 u. DROZDZEWSKI &<br />

WREDE 2003)<br />

Basis für die stratigraphische und sedimentologische<br />

Interpretation der mehr als 4.000 m<br />

mächtigen Sedimentabfolge im molasseartigen<br />

Subvariscischen Vorlandbecken s<strong>in</strong>d die umfangreichen<br />

Bergbauaufschlüsse und mehr als<br />

1.000 Tiefbohrungen. Die <strong>in</strong> SW-NE-Richtung<br />

gestreckte Beckenform wird ebenso wie die<br />

Generalstreichrichtung der nachfolgen<strong>den</strong><br />

Faltung vom kompressiven Regime der variscischen<br />

Gebirgsbildung bestimmt. Auch das<br />

vorangehende Flyschbecken im D<strong>in</strong>antium und<br />

frühen Namurium wurde durch die beg<strong>in</strong>nende<br />

Subkommission für Karbonstratigraphie Jahrestagung 2012 <strong>in</strong> Witten 2


V. Wrede: <strong>Exkursion</strong> <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Nationalen</strong> <strong>GeoPark</strong> <strong>Ruhrgebiet</strong><br />

orogene E<strong>in</strong>engung und die Auflast des vorrücken<strong>den</strong><br />

variscischen Orogens geformt.<br />

Die Bildung von Ste<strong>in</strong>kohleflözen begann im<br />

hohen Namurium B (Kaisberg-Formation) und<br />

endete im Westfalium D. In dieser Zeit wur<strong>den</strong><br />

rund 300 Flöze gebildet mit Mächtigkeiten von<br />

wenigen Zentimetern bis zu e<strong>in</strong>igen (maximal<br />

ca. 6) Metern. Die Kohlebildung erreichte ihren<br />

Höhepunkt im Westfalium A und B. Hier beträgt<br />

der Kohleanteil an der Gesamtschichtenmächtigkeit<br />

mehr als 5 %, im Durchschnitt des<br />

Gesamtprofils nur ca. 1,5 – 2 %.<br />

Auslöser für die Entstehung ausgedehnter<br />

Kohlenmoore im riesigen Vorlandbecken des<br />

mitteleuropäischen Variscischen Gebirges mit<br />

der Ausdehnung von Irland bis Polen waren<br />

Plattentektonische Vorgänge: In der Karbon-<br />

Zeit kollidierte Gondwana mit dem im Nor<strong>den</strong><br />

gelegenen Old-Red-Kont<strong>in</strong>ent Die während der<br />

Kollision durch die Gebirgsbildung verdickte<br />

und daher schwerere Erdkruste sank <strong>in</strong> <strong>den</strong><br />

Erdmantel ab und zog gleichzeitig das noch<br />

ungefaltete nördliche Vorland – das heutige<br />

<strong>Ruhrgebiet</strong> - mit <strong>in</strong> die Tiefe. Es entstand die<br />

ca. West-Ost verlaufende variscische Vortiefe.<br />

Sie nahm <strong>den</strong> Abtragungsschutt aus dem im<br />

Sü<strong>den</strong> aufsteigen<strong>den</strong> Variscischen Gebirge<br />

auf, was <strong>in</strong>folge der zusätzlichen Auflast der<br />

Sedimente zu e<strong>in</strong>er verstärkten Absenkung der<br />

Vortiefe führte.<br />

Insgesamt steuerten neben dem Klima drei<br />

Faktoren die Kohlebildung im <strong>Ruhrgebiet</strong><br />

(SÜSS 2005; SÜSS et al. 2002).<br />

- die Absenkung der Vortiefe,<br />

- die Materialzufuhr von Sedimenten durch<br />

deltabil<strong>den</strong>de Flusssysteme<br />

- und Schwankungen des Meeresspiegels.<br />

Der anfangs – im Namurium A – noch vollmar<strong>in</strong>e<br />

Ablagerungsraum entwickelte sich seit<br />

dem Namurium B, von Sü<strong>den</strong> nach Nor<strong>den</strong><br />

fortschreitend, <strong>in</strong>folge hohen Sedimente<strong>in</strong>trags<br />

zu e<strong>in</strong>em von Flussdeltas bestimmten<br />

Schwemmland. Dort herrschten Süßwasserablagerungen<br />

bei weitem vor, auf <strong>den</strong>en die<br />

Sumpfwälder gediehen.<br />

Die Kohlebildung setzte im späten Namurium<br />

B mit der Schüttung der Sandste<strong>in</strong>e der Kaisberg-Formation<br />

e<strong>in</strong> und dauerte bis <strong>in</strong> das<br />

Westfalium D an. In diesem ca. 10 Mio. Jahre<br />

währen<strong>den</strong> Zeitabschnitt entstand das rund<br />

4000 m mächtige Ste<strong>in</strong>kohlengebirge mit etwa<br />

300 Torfschichten, aus <strong>den</strong>en die Kohlenflöze<br />

hervorg<strong>in</strong>gen.<br />

Die Kohleführung des Ste<strong>in</strong>kohlengebirges ist<br />

am Südrand des <strong>Ruhrgebiet</strong>es mit über 4 %<br />

der Schichtenfolge am größten. Sie nimmt<br />

nach Nor<strong>den</strong> <strong>in</strong> Richtung auf das Münsterland<br />

auf weniger als 2 % ab. Dieser Befund ist für<br />

die Suche nach Lagerstätten von Bedeutung,<br />

<strong>den</strong>n er besagt, dass im Nor<strong>den</strong> generell mit<br />

weniger und dünneren Kohlenflözen zu rechnen<br />

ist.<br />

Über <strong>den</strong> Sandste<strong>in</strong>en der Kaisberg-Formation<br />

im Namurium B bildeten sich die ersten dünnen<br />

Kohlenflöze, von <strong>den</strong>en Flöz Sengsbank<br />

das älteste abbauwürdige war.<br />

In der folgen<strong>den</strong> Zeit des Namurium C konnten<br />

sich am Südrand des heutigen <strong>Ruhrgebiet</strong>s<br />

und im Raum zwischen Dortmund und Hamm<br />

e<strong>in</strong>e Reihe, stellenweise auch mächtiger Kohlenflöze<br />

bil<strong>den</strong>, während am Niederrhe<strong>in</strong> und<br />

im nordwestlichen <strong>Ruhrgebiet</strong> noch das Meer<br />

vorherrschte. Unter diesen Ste<strong>in</strong>kohlenflözen<br />

hatten vor allem die Flöze Wasserbank, Hauptflöz<br />

und Sarnsbank mit stellenweise 1-2 m<br />

Mächtigkeit bergbauliche Bedeutung. Obwohl<br />

sich die Torfmoore immer weiter nach Nordwesten<br />

ausdehnen konnten, erfolgte aber ihre<br />

Bildung immer dicht über dem Meeresspiegel.<br />

Denn nahezu jedes Kohlenflöz des Namuriums<br />

ist von mar<strong>in</strong>en Sedimenten mit der kennzeichnen<strong>den</strong><br />

Fauna aus Goniatiten, L<strong>in</strong>guli<strong>den</strong>,<br />

Muscheln und Wurmspuren bedeckt. Die nachlassende<br />

Absenkung der Vortiefe während des<br />

folgen<strong>den</strong> Westfaliums führte zunehmend zur<br />

Auffüllung der Senke und e<strong>in</strong>em immer ger<strong>in</strong>ger<br />

wer<strong>den</strong><strong>den</strong> mar<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>fluss, der sich nur<br />

noch <strong>in</strong> vere<strong>in</strong>zelten mar<strong>in</strong>en Horizonten bemerkbar<br />

macht.<br />

Neben der tektonischen Absenkung des Ablagerungsraumes,<br />

die sich im langfristigen Mittelwert<br />

auf weniger als 1 mm pro Jahr belief,<br />

steuerten Meeresspiegelschwankungen <strong>den</strong><br />

Ablagerungsprozess. Sie wur<strong>den</strong> ausgelöst<br />

durch die periodische Vereisung des Südkont<strong>in</strong>entes<br />

Gondwana. Die Veränderungen des<br />

Meeresspiegels waren vor allem im Westfalium<br />

mit mehreren Millimetern pro Jahr ungleich<br />

stärker als die tektonische Absenkung. Etwa<br />

alle 100 000 Jahre und alle 400 000 Jahre<br />

erlebte der Meeresspiegel Anstiege von mehreren<br />

Zehnermetern bis maximal über 100 m.<br />

Im Westfalium des Ruhrkarbons lassen sich<br />

rund zehn bedeutende Meeres-Überflutungen<br />

nachweisen, die durch eustatische Meeresspiegelanstiege<br />

zu erklären s<strong>in</strong>d. Die letzte<br />

mar<strong>in</strong>e Ingeression erfolgte mit dem Ägirhorizont<br />

an der Grenze Westfalium C / D.<br />

Mar<strong>in</strong>e Horizonte wer<strong>den</strong> daher seit langem<br />

als Leithorizonte zur stratigraphischen Gliederung<br />

der Schichtenfolge benutzt und die dazwischen<br />

liegen<strong>den</strong>, jeweils mehrere Hunderte<br />

Meter mächtigen Abschnitte von unten nach<br />

oben nach Orten im <strong>Ruhrgebiet</strong> als Sprockhövel-,<br />

Witten-, Bochum-, Essen-, Horst-,<br />

Dorsten- und Lembeck- Formation bezeichnet.<br />

Weitere wichtige Leithorizonte stellen vulkani-<br />

Subkommission für Karbonstratigraphie Jahrestagung 2012 <strong>in</strong> Witten 3


V. Wrede: <strong>Exkursion</strong> <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Nationalen</strong> <strong>GeoPark</strong> <strong>Ruhrgebiet</strong><br />

schen Aschelagen, die sogenannten Kaol<strong>in</strong>kohlentonste<strong>in</strong>e<br />

dar, die auf <strong>den</strong> <strong>in</strong>tensiven<br />

Vulkanismus im H<strong>in</strong>terland zurückzuführen<br />

s<strong>in</strong>d. Sie s<strong>in</strong>d heute als chronostratigrafische<br />

Zeitmarken zahlreich <strong>in</strong> die karbonische<br />

Schichtenfolge e<strong>in</strong>geschaltet.<br />

Im flözführen<strong>den</strong> Oberkarbon ist e<strong>in</strong>e zyklische<br />

Abfolge von Kohlenflözen von sehr unterschiedlicher<br />

Mächtigkeit zu beobachten, die<br />

regelmäßig durch verschie<strong>den</strong> mächtige Sandste<strong>in</strong><br />

/ Tonste<strong>in</strong> - Folgen vone<strong>in</strong>ander getrennt<br />

s<strong>in</strong>d. Diese Abfolge von grobkörnigen und<br />

fe<strong>in</strong>körnigen Sedimenten sowie von Kohle wird<br />

<strong>in</strong> der Fachliteratur als Zyklothem beschrieben.<br />

Die Kohlenflöze stellen dabei ke<strong>in</strong>e Zeitmarken<br />

im strengen S<strong>in</strong>ne dar. Beleg für diese These<br />

s<strong>in</strong>d vulkanische Aschen (Kaol<strong>in</strong>kohlentonste<strong>in</strong>e),<br />

die als dünne Lagen spitzw<strong>in</strong>klig durch e<strong>in</strong><br />

Flöz setzen können. E<strong>in</strong> und dieselbe Aschelage<br />

kann dann <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>es Kohlenflözes<br />

oder auch mehrere Meter tiefer oder höher im<br />

Nebengeste<strong>in</strong> liegen. Kohlebildung und Ablagerung<br />

von Sedimentgeste<strong>in</strong>en erfolgten daher<br />

zeitgleich nebene<strong>in</strong>ander. Bevorzugte Bildungsorte<br />

der Kohlenmoore waren Deltaebenen,<br />

die von Flüssen und Flusssystemen <strong>in</strong><br />

das Meer vorgebaut wur<strong>den</strong>. Dieser Ablagerungsraum<br />

war ständigen Veränderungen unterworfen.<br />

Von rezenten Deltas wissen wir,<br />

dass e<strong>in</strong> Fluss mit se<strong>in</strong>en Nebenarmen sich<br />

e<strong>in</strong>en neuen, kürzeren Weg zum Meer sucht,<br />

wenn das Gefälle im unteren Flusslauf zu ger<strong>in</strong>g<br />

gewor<strong>den</strong> ist. Immer wieder baut daher<br />

das Flusssystem e<strong>in</strong> neues Delta auf. Das<br />

verlassene Delta mit se<strong>in</strong>en vermoorten Deltaebenen<br />

empfängt kaum noch Sediment, s<strong>in</strong>kt<br />

aber weiter ab und wird schließlich wieder vom<br />

Meer überflutet. Damit wird die Moorbildung an<br />

dieser Stelle für lange Zeit unterbrochen, und<br />

die mehrere Meter dicken Torfschichten wer<strong>den</strong><br />

von mar<strong>in</strong>en Sedimenten überdeckt. Unterdessen<br />

kann auf dem neuen Delta erneut<br />

die Moorbildung mit der Entwicklung neuer<br />

Torfschichten voranschreiten. Auf diese Weise<br />

bildeten sich an verschie<strong>den</strong>en Orten der Vortiefe<br />

Torflager, die heute als zusammenhängendes,<br />

e<strong>in</strong>heitliches Flöz ersche<strong>in</strong>en, obwohl<br />

sie zeitlich versetzt gebildet wur<strong>den</strong>.<br />

Tektonischer Überblick<br />

(nach DROZDZEWSKI & WREDE 1994)<br />

Die tektonischen Strukturen des Ruhrkarbons<br />

s<strong>in</strong>d durch <strong>den</strong> <strong>in</strong>tensiven Ste<strong>in</strong>kohlenbergbau<br />

sehr detailliert bekannt gewor<strong>den</strong>. Im Gegensatz<br />

zum übrigen Schiefergebirge, <strong>in</strong> dem sich<br />

die Beobachtungsmöglichkeiten weitgehend<br />

auf die Geste<strong>in</strong>saufschlüsse an der Erdoberfläche<br />

beschränken, erlauben hier die über e<strong>in</strong><br />

Gebiet von über 100 x 50 km Ausdehnung<br />

flächendeckend vorhan<strong>den</strong>en und teilweise<br />

fast 2000 m tief reichen<strong>den</strong> Bergbauaufschlüsse<br />

e<strong>in</strong>e drei dimensionale Betrachtung<br />

des Gebirgskörpers. Hierdurch ist es gelungen,<br />

Regelmäßigkeiten des Gebirgsbaus zu erkennen,<br />

die andernorts, <strong>in</strong> Ermanglung geeigneter<br />

Aufschlüsse nicht feststellbar s<strong>in</strong>d.<br />

Das Ruhrkarbon markiert <strong>den</strong> nördlichen Außenrand<br />

des Variscischen Gebirges: Die orgogene<br />

E<strong>in</strong>engung beträgt am Südrand des<br />

Ruhrkarbons rund 50 %. Dieser Wert nimmt<br />

allmählich nach Nordwesten h<strong>in</strong> ab, so dass im<br />

nördlichsten <strong>Ruhrgebiet</strong>, im Gebiet der Lippeund<br />

Raesfelder Mulde, die E<strong>in</strong>engung nur noch<br />

weniger als 10 % oder 5 % beträgt und dort<br />

der Außenrand des Variscischen Gebirges<br />

erreicht ist.<br />

Die Faltenachsen des Ruhrkarbons streichen<br />

überwiegend <strong>in</strong> SW-NE-Richtung und lassen<br />

sich oft über viele Kilometer oder Zehner-<br />

Kilometer verfolgen. Die Faltenachsen liegen<br />

nicht horizontal, sondern s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>er Querwellung<br />

unterworfen, so dass quer zum Faltenbau<br />

verlaufende Achsenhochlagen („Achsenkulm<strong>in</strong>ationen“)<br />

und Tieflagen („Achsendepressionen“)<br />

zu unterschei<strong>den</strong> s<strong>in</strong>d. Diese Achsenwellung<br />

ist von bemerkenswertem E<strong>in</strong>fluss auf<br />

<strong>den</strong> Faltenbau: In <strong>den</strong> Achsenkulm<strong>in</strong>ationsbereichen<br />

bil<strong>den</strong> die Hauptsättel breite Antikl<strong>in</strong>orien,<br />

während die Hauptmul<strong>den</strong> eng spezialgefaltet<br />

s<strong>in</strong>d. In <strong>den</strong> Achsendepressionsbereichen<br />

verhält es sich umgekehrt: Breiten, wenig<br />

gegliederten Hauptmul<strong>den</strong> stehen schmale<br />

Hauptsättel gegenüber.<br />

In vertikaler Richtung ist der Stockwerkbau der<br />

Faltung auffällig. Liegen <strong>in</strong> <strong>den</strong> Hauptmul<strong>den</strong><br />

nahe der Oberfläche die Schichten oft über<br />

mehrere Kilometer Mul<strong>den</strong>breite annähernd<br />

flach, um dann <strong>in</strong> <strong>den</strong> begrenzen<strong>den</strong> Hauptsätteln<br />

steil und spitz aufgefaltet zu se<strong>in</strong>, so stellen<br />

sich zur Tiefe h<strong>in</strong> im Mul<strong>den</strong>bereich immer<br />

mehr E<strong>in</strong>zelfalten e<strong>in</strong>, während die Intensität<br />

der Faltung <strong>in</strong> <strong>den</strong> Hauptsätteln abnimmt. In<br />

<strong>den</strong> strukturell tieferen Bereichen ist daher die<br />

Gliederung <strong>in</strong> Hauptsättel und –Mul<strong>den</strong> weitgehend<br />

aufgehoben. Vere<strong>in</strong>facht gesagt, steht<br />

e<strong>in</strong>em oberen Stockwerk mit wenigen Falten<br />

großer Spannweite und Faltenhöhe e<strong>in</strong> tiefes<br />

Stockwerk gegenüber, <strong>in</strong> dem zahlreiche, aber<br />

weniger große Falten auftreten. Zwischen diesen<br />

bei<strong>den</strong> Stockwerken liegt e<strong>in</strong> Übergangsbereich<br />

mit starker Überschiebungstektonik, <strong>in</strong><br />

dem Volumendefizite oder -Überschüsse ausgeglichen<br />

wer<strong>den</strong>, die sich durch diese Veränderungen<br />

im Faltenbau ergeben. Genauere<br />

Untersuchungen haben gezeigt, dass die orogene<br />

E<strong>in</strong>engung <strong>in</strong> allen drei Stockwerken<br />

jeweils gleich ist. Die Stockwerke s<strong>in</strong>d nicht an<br />

bestimmte stratigraphische Niveaus gebun<strong>den</strong>;<br />

Subkommission für Karbonstratigraphie Jahrestagung 2012 <strong>in</strong> Witten 4


V. Wrede: <strong>Exkursion</strong> <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Nationalen</strong> <strong>GeoPark</strong> <strong>Ruhrgebiet</strong><br />

ihre Verteilung steht vielmehr im Zusammenhang<br />

mit der Achsenwellung. Vermutlich ist der<br />

Stockwerkbau daher e<strong>in</strong>e Folge der bei der<br />

Faltung herrschen<strong>den</strong>, von Ort zu Ort unterschiedlichen<br />

Auflast.<br />

Während die zahllosen kle<strong>in</strong>eren Überschiebungen<br />

des Ruhrkarbons als Ausgleichsflächen<br />

<strong>in</strong> diesen Stockwerksbau der Faltung<br />

e<strong>in</strong>bezogen s<strong>in</strong>d, dienen die großen Überschiebungen,<br />

die die Hauptmul<strong>den</strong> jeweils auf<br />

ihren Nord- und Südflanken begleiten, dem<br />

Abbau von Materialüberschüssen, die sich bei<br />

fortschreitender E<strong>in</strong>engung <strong>in</strong> <strong>den</strong> Mul<strong>den</strong>bereichen<br />

bil<strong>den</strong>. Die Anordnung der großen<br />

Überschiebungen im Ruhrkarbon mit nordgerichteten<br />

Überschiebungen auf <strong>den</strong> Mul<strong>den</strong>nordflanken<br />

und südgerichteten auf <strong>den</strong> Südflanken<br />

deutet ebenso wie das Vorherrschen<br />

von aufrechten Falten auf e<strong>in</strong>e höhere Symmetrie<br />

des Gebirgsbaus h<strong>in</strong>, als sie weiter<br />

südlich im Rhe<strong>in</strong>ischen Schiefergebirge mit der<br />

meist vorherrschen<strong>den</strong> Nordvergenz von Falten<br />

und Überschiebungen vorliegt. Die hervorragen<strong>den</strong>,<br />

dreidimensionalen Aufschlüsse im<br />

<strong>Ruhrgebiet</strong> haben es ermöglicht, die komplizierten<br />

Beziehungen zu entschlüsseln, die<br />

zwischen dem Faltungsgrad der Schichten und<br />

der Geometrie der Überschiebungen bestehen,<br />

die im Zusammenhang mit der Faltung entstehen,<br />

und dann <strong>in</strong> <strong>den</strong> weitergehen<strong>den</strong> Faltungsprozess<br />

e<strong>in</strong>bezogen wer<strong>den</strong>.<br />

E<strong>in</strong>e Analyse der Bruchtektonik des Ruhrkarbons,<br />

d.h. der Querstörungen zum Faltenbau<br />

und der stärker Ost-West oder Nord-Süd streichen<strong>den</strong><br />

Diagonalstörungen, hat gezeigt, dass<br />

sie ganz überwiegend jünger ist, als die Variscische<br />

Gebirgsbildung. Die meisten der Störungen<br />

bildeten sich erst im Perm, <strong>in</strong> der Trias<br />

oder noch später als Auswirkung der saxonischen<br />

und alpidischen Orogenese. Es ist<br />

wahrsche<strong>in</strong>lich, dass das Verteilungsmuster<br />

dieser Störungen e<strong>in</strong>e Reaktion auf die Struktur<br />

des Untergrundes ist: Dort, wo der Untergrund<br />

durch die variscische Faltung des Rhe<strong>in</strong>ischen<br />

Schiefergebirges verdickt und versteift<br />

wurde, konnten sich weniger Brüche ausbil<strong>den</strong>,<br />

als <strong>in</strong> <strong>den</strong> nur noch schwach gefalteten<br />

Gebieten des nördlichen <strong>Ruhrgebiet</strong>s.<br />

<strong>Exkursion</strong> (05.Mai 2012)<br />

Aufschluss 1<br />

Gevelsberg, Bahne<strong>in</strong>schnitt am Silscheder<br />

Tunnel<br />

(GK 4609 Hatt<strong>in</strong>gen, R 25 92 400 H 56 91 150)<br />

(nach WREDE 2010)<br />

Der stillgelegte Silscheder Eisenbahntunnel<br />

schafft, zusammen mit se<strong>in</strong>en nördlichen und<br />

südlichen Vore<strong>in</strong>schnitten e<strong>in</strong> rund 1 km langes<br />

Profil senkrecht zum Schichtstreichen. Das<br />

Profil wurde zuerst von BÄRTLING (1925) beschrieben.<br />

Im Jahr 1930 wurde dieser Aufschluss<br />

zum Richtschichtenschnitt der “Magerkohlen-Schichten”<br />

(entsprechend der Sprockhövel-Formation<br />

(Namurium C) und der Kaisberg-Formation<br />

(Namurium B)) erklärt<br />

(OBERSTE-BRINK & BÄRTLING 1930). Neuere<br />

Beschreibungen des Aufschlusses liegen vor<br />

von ROSENFELD (1960) und WREDE (2000).<br />

Bed<strong>in</strong>gt durch Spritzbetonausbau s<strong>in</strong>d die<br />

Aufschlüsse im Tunnel selbst nicht mehr zugänglich.<br />

Die Geste<strong>in</strong>sfolge im südlichen Vore<strong>in</strong>schnitt<br />

ist dagegen sehr gut aufgeschlossen.<br />

Hier tritt e<strong>in</strong>e komplexe Falten- und Überschiebungstektonik<br />

auf mit dem „Berghaus-<br />

Wechsel“, e<strong>in</strong>er Überschiebung von über 100<br />

m bankrechtem Verwurf (Abb. 1). Der hier<br />

aufgeschlossene Baustil stellt <strong>den</strong> Übergang<br />

dar von e<strong>in</strong>er faltentektonisch dom<strong>in</strong>ierten<br />

Tektonik, wie sie weiter östlich vorherrscht<br />

(Aufschluss 2 „Hagen-Vorhalle“) und e<strong>in</strong>er von<br />

Überschiebungen bestimmten Tektonik, die<br />

weiter westlich nachgewiesen wurde (WREDE<br />

2000).<br />

Abb. 1: Das Profil am Silscheder Tunnel<br />

E<strong>in</strong>e mehr als 10 m mächtige Sandste<strong>in</strong>bank<br />

entspricht dem „Grenzsandste<strong>in</strong>“ an der Basis<br />

der Kaisberg-Formation. Dieser Sandste<strong>in</strong> wird<br />

als früheste größere Deltaschüttung im Subvariscikum<br />

<strong>in</strong>terpretiert und markiert <strong>den</strong> Übergang<br />

von der mar<strong>in</strong>en zur paralischen Fazies<br />

(Abb. 2). E<strong>in</strong>zelheiten der Stratigraphie am<br />

Übergang vom “Flözleeren” zum “Flözführen<strong>den</strong>”<br />

Karbon wer<strong>den</strong> auch am Aufschluss 3<br />

(„Schiffsw<strong>in</strong>kel”) diskutiert.<br />

Die Aufschlüsse am Silscheder Tunnel s<strong>in</strong>d<br />

e<strong>in</strong>getragenes Natur<strong>den</strong>kmal und wer<strong>den</strong> im<br />

Rahmen e<strong>in</strong>es „Geotop-Paten-Programms“<br />

des <strong>GeoPark</strong> <strong>Ruhrgebiet</strong> durch ehrenamtliche<br />

Helfer regelmäßig gepflegt (MÜGGE et al.<br />

2006).<br />

Subkommission für Karbonstratigraphie Jahrestagung 2012 <strong>in</strong> Witten 5


V. Wrede: <strong>Exkursion</strong> <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Nationalen</strong> <strong>GeoPark</strong> <strong>Ruhrgebiet</strong><br />

Die große Bedeutung des Ste<strong>in</strong>bruchs Hagen-<br />

Vorhalle liegt jedoch im Fossil<strong>in</strong>halt der hier<br />

aufgeschlossenen Schichten: Zweifellos ist<br />

dieser Aufschluss der bedeutendste Fundpunkt<br />

für namurische Insekten und Arachni<strong>den</strong> weltweit<br />

(Abb. 4). Bei systematischen Ausgrabungen<br />

des Westfälischen Amtes für Bo<strong>den</strong><strong>den</strong>kmalpflege<br />

<strong>in</strong> Münster wur<strong>den</strong> <strong>in</strong> <strong>den</strong> 1990er<br />

Jahren ungefähr 16.000 Fossilien geborgen,<br />

darunter alle<strong>in</strong> 16 Arten von geflügelten Insekten.<br />

Abgesehen von sehr wenigen E<strong>in</strong>zelfun<strong>den</strong><br />

an anderen Lokalitäten s<strong>in</strong>d dies die ältesten<br />

Nachweise von Flug<strong>in</strong>sekten überhaupt<br />

(BRAUCKMANN et al. 1993; HENDRICKS 2005).<br />

Abb. 2: Bahne<strong>in</strong>schnitt am Silscheder Tunnel:<br />

Grenzsandste<strong>in</strong> an der Basis der Kaisberg-<br />

Formation (Namurium B).<br />

Aufschluss 2<br />

Ehem. Ziegeleigrube Hagen-Vorhalle<br />

(GK 4610 Hagen, R 26 00 680, H 56 95 230)<br />

(nach WREDE 2010)<br />

Im Zeitraum von 1853 bis 1986 nutzten die<br />

“Vorhaller Kl<strong>in</strong>kerwerke“ <strong>in</strong> Hagen-Vorhalle die<br />

Ton- und Siltste<strong>in</strong>e des Namuriums B („Ziegelschiefer-Formation“,<br />

RIBBERT <strong>in</strong> WREDE 2005)<br />

als Rohmaterial zur Herstellung keramischer<br />

Produkte. Der sog. „Neue Ste<strong>in</strong>bruch“, der im<br />

rahmen der <strong>Exkursion</strong> besucht wird, wurde<br />

1968 eröffnet (IMMENKAMP 2005).<br />

In die Siltste<strong>in</strong>e s<strong>in</strong>d hier zahlreiche Sandste<strong>in</strong>bänke<br />

von bis zu ca. 1 m Mächtigkeit<br />

e<strong>in</strong>geschaltet. Als Ergebnis der variscischen<br />

Orogenese s<strong>in</strong>d die Schichten <strong>in</strong>tensiv zu e<strong>in</strong>em<br />

bee<strong>in</strong>drucken<strong>den</strong> Sattel- und Mul<strong>den</strong>bau<br />

gefaltet, der Teil des größeren Sattels von<br />

Kabel ist, der sich se<strong>in</strong>erseits wiederum <strong>in</strong> der<br />

Nordflanke des Remscheid-Altenaer Antikl<strong>in</strong>oriums<br />

entwickelte (Abb. 3) Bemerkenswert s<strong>in</strong>d<br />

Komb<strong>in</strong>ationen von entgegengesetzt e<strong>in</strong>fallen<strong>den</strong><br />

Überschiebungen, die e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>engung des<br />

Gebirges bewirken, ohne dass dabei e<strong>in</strong> gerichteter<br />

Transport erfolgt („Fischschwanz-<br />

Strukturen“ DROZDZEWSKI & WREDE 1994;<br />

WREDE 2005 a).<br />

Abb. 3: ehem. Ziegeleiste<strong>in</strong>bruch Hagen-<br />

Vorhalle: Faltenbau<br />

Die meisten von ihnen zählen zu <strong>den</strong> Palaedictyoptera<br />

mit Flügelspannweiten von bis zu<br />

mehreren Dezimetern. Der Erhaltungszustand<br />

der Fossilien ist oft exzellent, e<strong>in</strong>ige zeigen<br />

noch Relikte e<strong>in</strong>es ursprünglichen Farbmusters<br />

auf <strong>den</strong> Flügeldecken. Darüber h<strong>in</strong>aus wur<strong>den</strong><br />

5 verschie<strong>den</strong>e Arachni<strong>den</strong> und 2 Arten von<br />

Myriapo<strong>den</strong> entdeckt. Diese Funde von land<br />

bewohnender Fauna wurde begleitet von reicher<br />

Flora (Articulatae, Lycopsidia, Pteridophylla<br />

and Coniferospida), aber auch von<br />

Süßwasser- und mar<strong>in</strong>en Organismen (z.B.<br />

Bivalvia, Gastropoda, Cephalopoda und Fischreste).<br />

Abb. 4: Namurotypus sippeli aus dem Namurium<br />

B von Hagen-Vorhalle (Foto: L. KOCH)<br />

Aufgrund dieses geme<strong>in</strong>samen Auftretens von<br />

terrestrischen, fluviatil-limnischen und mar<strong>in</strong>en<br />

Spezies und der aus dem Geste<strong>in</strong> abgeleiteten<br />

Sedimentationsbed<strong>in</strong>gungen wurde der Ablagerungsraum<br />

der Vorhaller Sedimente als e<strong>in</strong>e<br />

Bucht zwischen distributary channels e<strong>in</strong>es<br />

Flussdeltas <strong>in</strong>terpretiert. Der Fluss lieferte<br />

Pflanzenreste und Süßwasser-Organismen,<br />

während die Salzwasser-Organismen vom<br />

Meer her e<strong>in</strong>wanderten. Innerhalb der Bucht<br />

kam es zu e<strong>in</strong>er Schichtung von Süßwasser<br />

über dichterem Salzwasser, was e<strong>in</strong>e geme<strong>in</strong>same<br />

E<strong>in</strong>bettung von Organismenresten aus<br />

bei<strong>den</strong> Milieus ermöglichte (RICHTER 2005;<br />

Subkommission für Karbonstratigraphie Jahrestagung 2012 <strong>in</strong> Witten 6


V. Wrede: <strong>Exkursion</strong> <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Nationalen</strong> <strong>GeoPark</strong> <strong>Ruhrgebiet</strong><br />

SCHÖLLMANN 2005). Die Insekten könnten<br />

durch Stürme e<strong>in</strong>getragen wor<strong>den</strong> se<strong>in</strong>.<br />

Nach Beendigung der Rohstoffgew<strong>in</strong>nung blieb<br />

die weitere Entwicklung des Ste<strong>in</strong>bruchs lange<br />

offen: Unter mehrfach wechseln<strong>den</strong> Besitzverhältnissen<br />

wur<strong>den</strong> Deponieprojekte, e<strong>in</strong>e<br />

Wohnbebauung und andere Projekte verfolgt,<br />

aber ke<strong>in</strong>es realisiert. Mittlerweile wurde der<br />

geowissenschaftlich bedeutsame Bereich sowohl<br />

als Bo<strong>den</strong><strong>den</strong>kmal nach <strong>den</strong> Denkmalgesetz<br />

von NRW wie als Natur<strong>den</strong>kmal nach dem<br />

Landschaftsgesetz ausgewiesen. Wegen se<strong>in</strong>er<br />

außeror<strong>den</strong>tlichen paläontologischen Bedeutung,<br />

se<strong>in</strong>er hervorragen<strong>den</strong> tektonischen<br />

Strukturen und se<strong>in</strong>er Bedeutung für die regionale<br />

Stratigraphie („Ziegelschiefer-Formation“ )<br />

wurde der ehemalige Ziegeleiste<strong>in</strong>bruch Hagen-Vorhalle<br />

2006 <strong>in</strong> die Liste der „<strong>Nationalen</strong><br />

Geotope“ der Akademie für Geowissenschaften<br />

<strong>in</strong> Hannover aufgenommen (LOOK et al.<br />

2007).<br />

Aufschluss 3<br />

Straßenprofil „Am Schiffsw<strong>in</strong>kel“ bei<br />

Herdecke<br />

(TK 25: 4510 Witten, R 26 00 920, H 56 97<br />

575)<br />

(nach PIECHA et al. 2008)<br />

Die Böschung der Betriebsstraße des VEW<br />

Kraftwerkes am Nordufer des Hengsteysees<br />

bei Herdecke erschließt e<strong>in</strong> gut 200 m langes<br />

Profil, das <strong>den</strong> Übergang von der mar<strong>in</strong>en<br />

Fazies des „Flözleeren“ (Ziegelschiefer-<br />

Formation, Namurium B) zur deltaischfluviatilen<br />

Fazies des produktiven Karbons<br />

(Kaisberg-Formation, oberstes Namurium B)<br />

erkennen lässt (Abb. 5)<br />

mit e<strong>in</strong>er Wechsellagerung von sandigen<br />

Schluffste<strong>in</strong>en und dünnen Sandste<strong>in</strong>lagen, <strong>in</strong><br />

die mehrere unre<strong>in</strong>e kohlige Bänder von bis<br />

gut 10 cm Mächtigkeit e<strong>in</strong>geschaltet s<strong>in</strong>d. Es<br />

handelt sich bei diesen Bändern jedoch nicht<br />

um autochthone Flözbildungen, sondern um<br />

allochthones, zusammen geschwemmtes<br />

Pflanzenmaterial. Die Schichten gehören zur<br />

Ziegelschiefer-Formation des Namurium B, die<br />

e<strong>in</strong>e mar<strong>in</strong>e, wenn auch sehr küstennahe Bildung<br />

darstellt.<br />

Die Schichten im Sattelkern wer<strong>den</strong> von e<strong>in</strong>em<br />

System gegenvergenter Überschiebungen<br />

verworfen, die e<strong>in</strong>e sog. „Fischschwanz-<br />

Struktur“ (DROZDZEWSKI & WREDE 1994) bil<strong>den</strong><br />

Es erfolgt dann auf sehr kurze Entfernung die<br />

fast bruchlose Umbiegung der Schichten im<br />

Faltenscharnier des Harkort-Sattels (Abb. 6).<br />

In der anschließen<strong>den</strong>, mit 70 – 80° steil nach<br />

SE e<strong>in</strong>fallen<strong>den</strong> Faltenflanke tritt dann mit dem<br />

etwa 10 m mächtigen Grenzsandste<strong>in</strong> die erste<br />

mächtige Deltaschüttung des Flözführen<strong>den</strong><br />

Karbons auf. Traditionell wurde die Grenze<br />

Namurium B / Namurium C (Ziegelschiefer-<br />

Formation / Sprockhövel-Formation) an der<br />

lithostratigraphisch markanten Basis dieses<br />

Sandste<strong>in</strong>s def<strong>in</strong>iert (z.B. HEDEMANN et al.<br />

1971). Da das Erstauftreten von Goniatiten der<br />

Gastrioceras-Zone, das für diese Grenzziehung<br />

maßgeblich ist, aber erst etwa 180 m<br />

höher im Profil im mar<strong>in</strong>en Cremer-Horizont<br />

belegt ist, wurde für <strong>den</strong> hier vorliegen<strong>den</strong>,<br />

sandste<strong>in</strong>reichen obersten Abschnitt des Namuriums<br />

B die lithostratigraphische E<strong>in</strong>heit<br />

„Kaisberg-Formation“ neu e<strong>in</strong>geführt (WREDE<br />

2003).<br />

Abb. 5: Profilskizze der Schichtenfolge „Am<br />

Schiffsw<strong>in</strong>kel“ <strong>in</strong> Herdecke: Übergang Ziegelschiefer-Formation<br />

/ Kaisberg-Formation (Namurium<br />

B)<br />

Aufgeschlossen s<strong>in</strong>d der Südteil des „kofferförmigen“<br />

Harkort-Sattels und die anschließende<br />

Hidd<strong>in</strong>ghäuser Mulde (BRAUCKMANN et<br />

al. 1993), Spezialfalten <strong>in</strong>nerhalb der Herzkämper<br />

Hauptmulde des Ruhrkarbons. Das<br />

Profil beg<strong>in</strong>nt im flach gelagerten Sattelkern<br />

Abb. 6: Umbiegung der Harkot-Sattels „Am<br />

Schiffsw<strong>in</strong>kel“ <strong>in</strong> Herdecke<br />

Der Schüttungskörper des „Grenzsandste<strong>in</strong>-<br />

Deltas“ wurde erneut überflutet, wie e<strong>in</strong>e weitere<br />

Schluffste<strong>in</strong>abfolge erkennen lässt. Mit dem<br />

etwa 20 m mächtigen, dickbankigen, z.T. geröllführen<strong>den</strong><br />

Kaisberg-Sandste<strong>in</strong> tritt uns dann<br />

e<strong>in</strong>e weitere Deltaschüttung entgegen. Auch<br />

Subkommission für Karbonstratigraphie Jahrestagung 2012 <strong>in</strong> Witten 7


V. Wrede: <strong>Exkursion</strong> <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Nationalen</strong> <strong>GeoPark</strong> <strong>Ruhrgebiet</strong><br />

dieser Schüttungskörper wurde rasch wieder<br />

überflutet: Im Hangen<strong>den</strong> dieses Sandste<strong>in</strong>s,<br />

bei km 1,27 der Straße, wurde e<strong>in</strong> Foram<strong>in</strong>iferen-führender<br />

Horizont nachgewiesen, der<br />

dem mar<strong>in</strong>en Bernhardt-Horizont (mit „Reticuloceras<br />

superbil<strong>in</strong>gue“) an der Typlokalität am<br />

Kaisberg bei Hagen entsprechen dürfte. Erst<br />

der nächst folgende Sandste<strong>in</strong>körper, der<br />

Sengsbänksgen-Sandste<strong>in</strong>, hat offenbar längerfristig<br />

über <strong>den</strong> Meerespiegel gereicht, wie<br />

e<strong>in</strong>e schwache Durchwurzelung im Hangen<strong>den</strong><br />

erkennen lässt. Andernorts, so z.B. am etwa<br />

2,5 km NE gelegenen Syberg, ist es sogar zur<br />

Ausbildung e<strong>in</strong>es mit 15 cm nur ger<strong>in</strong>gmächtigen<br />

Kohleflözes (Flöz Sengsbänksgen) gekommen<br />

(CRAMM & RÜHL 2007). Es tritt nun<br />

e<strong>in</strong>e Aufschlusslücke auf, <strong>in</strong> der sich die<br />

Hangendschichten bis zum Flöz Sengsbank<br />

verbergen. Das kle<strong>in</strong>e Tal, das sich h<strong>in</strong>ter dem<br />

ersten Wohnhaus <strong>den</strong> Hang h<strong>in</strong>auf zieht,<br />

zeichnet <strong>den</strong> Kern der Hidd<strong>in</strong>ghäuser Mulde<br />

nach, wie die gegenfallen<strong>den</strong> Schichten im<br />

Anschluss daran erkennen lassen. Hier ist mit<br />

dem Flöz Sengsbank und dem Sandste<strong>in</strong> im<br />

Liegen<strong>den</strong> das erste weitflächig im Ruhrkarbon<br />

verbreitete und zum<strong>in</strong>dest örtlich bergbaulich<br />

genutzte Ste<strong>in</strong>kohlenflöz aufgeschlossen. Mit<br />

der Schüttung des „Sengsbank-Sandste<strong>in</strong>s“<br />

hatte sich der Übergang von der mar<strong>in</strong>en Fazies<br />

des „Flözleeren“ zur deltaisch-fluviatilen<br />

Fazies des „Flözführen<strong>den</strong>“ vollzogen. Der<br />

restaurierte Stollen „Gotthilf“ weist auf e<strong>in</strong>en<br />

von 1822 bis 1846 erfolgten, wenig erfolgreichen<br />

Abbau auf das hier etwa 50 cm mächtige<br />

Flöz Sengsbank h<strong>in</strong>.<br />

Aufschluss 4:<br />

Ste<strong>in</strong>bruch Rauen bei Witten-Gedern (TK<br />

25: 4510 Witten, R 25 94 400 H 56 99 400)<br />

(nach PIECHA et al. 2008)<br />

Der ehemalige Sandste<strong>in</strong>bruch schneidet von<br />

Westen her <strong>den</strong> Wartenberg an und erschließt<br />

e<strong>in</strong> etwa 200 m mächtiges Profil <strong>in</strong>nerhalb der<br />

Sprockhövel-Formation (Namurium C). Es<br />

enthält fast alle wesentlichen Elemente, die für<br />

das flözführende Silesium des Ruhrkarbons<br />

typisch s<strong>in</strong>d. Es handelt sich um e<strong>in</strong>en Aufschluss<br />

von überregionaler Bedeutung, der als<br />

Natur<strong>den</strong>kmal aus erdgeschichtlichen Grün<strong>den</strong><br />

geschützt ist. Er wurde bereits vielfach <strong>in</strong> der<br />

Literatur beschrieben (z.B. DROZDZEWSKI 2001;<br />

MÜGGE et al. 2005) und <strong>in</strong> <strong>den</strong> 80iger Jahren<br />

<strong>in</strong>sbesondere sedimentologisch bearbeitet<br />

(CONZE 1984; CONZE et al. 1988). Seit Ende<br />

des 18. Jahrhunderts bis nach dem 2. Weltkrieg<br />

ist im Bereich des Ste<strong>in</strong>bruchs und <strong>in</strong> der<br />

östlichen Fortsetzung Ste<strong>in</strong>kohlenbergbau<br />

belegt. Abgebaut wur<strong>den</strong> die Flöze Neuflöz<br />

und Wasserbank 1.<br />

Auf der unteren Sohle des Ste<strong>in</strong>bruchs gew<strong>in</strong>nt<br />

man zunächst e<strong>in</strong>en Überblick über die Gesamtsituation:<br />

Der Aufschluss liegt auf der<br />

Nordflanke des Kirchhörder Sattels, e<strong>in</strong>es<br />

Spezialsattels <strong>in</strong>nerhalb der Wittener Hauptmulde.<br />

L<strong>in</strong>ks fällt der Blick nach Nordosten auf<br />

die hier querschlägig angeschnittene, sandste<strong>in</strong>reiche<br />

und kohleführende Abfolge von der<br />

Flözgruppe Wasserbank bis zum Neuflöz-<br />

Sandste<strong>in</strong> (Abb. 7).<br />

Abb. 7: Ste<strong>in</strong>bruch „Rauen“, Witten-Gedern:<br />

Sandste<strong>in</strong>e im Bereich der Flöze Neuflöz –<br />

Wasserbank<br />

Vor dem Betrachter liegt e<strong>in</strong>e große, mit etwa<br />

50° nach NW e<strong>in</strong>fallende Schichtfläche aus<br />

dem Bereich des „H<strong>in</strong>nebecke-Horizonts“ mit<br />

Wellenrippeln (Abb. 8). Sie wird im Westen von<br />

e<strong>in</strong>er westfallen<strong>den</strong> Abschiebung (Verwurf ca.<br />

70 m mit zusätzlicher Horizontalkomponente)<br />

begrenzt, deren chaotisch gelagerte Störungszone<br />

gut aufgeschlossen ist. Auf der oberen<br />

Sohle lässt sich dann die vollständige Schichtenfolge<br />

von Flöz Gottessegen bis Flöz Wasserbank<br />

im Detail studieren.<br />

Abb. 8: Schichtfläche des H<strong>in</strong>nebecke-<br />

Horizonts mit Wellenrippeln<br />

Die stratigraphische Abfolge lässt sich <strong>in</strong><br />

mehrere Zyklen gliedern (Abb.9). Jeder Abschnitt<br />

beg<strong>in</strong>nt im Pr<strong>in</strong>zip mit e<strong>in</strong>er klastischen<br />

Abfolge und endet mit Moorbildungen.<br />

Die Mächtigkeit der e<strong>in</strong>zelnen Abschnitte<br />

beträgt zwischen 15 m und 30 m. Es treten<br />

Subkommission für Karbonstratigraphie Jahrestagung 2012 <strong>in</strong> Witten 8


V. Wrede: <strong>Exkursion</strong> <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Nationalen</strong> <strong>GeoPark</strong> <strong>Ruhrgebiet</strong><br />

sowohl Zyklen mit e<strong>in</strong>er Kornvergröberung<br />

von unten nach oben auf als auch Zyklen mit<br />

e<strong>in</strong>er Kornverfe<strong>in</strong>erung. Die „coarsen<strong>in</strong>gupward“-Sequenzen<br />

reichen von mar<strong>in</strong>en<br />

Tonste<strong>in</strong>en bis zu deltaischen Sandste<strong>in</strong>en<br />

und limnischen Schluffste<strong>in</strong>en mit Wurzelbö<strong>den</strong><br />

und Kohleflözen. Die „f<strong>in</strong><strong>in</strong>g-upward“-<br />

Sequenzen reichen von grob- bis fe<strong>in</strong>körnigen<br />

R<strong>in</strong>nensedimenten bis zu Auenbildungen<br />

mit Kohleflözen. Die Paläoschüttungsrichtungen<br />

der fluviatilen R<strong>in</strong>nensandste<strong>in</strong>e<br />

weisen auf e<strong>in</strong>en Sedimenttransport von Ost<br />

nach West. Beide Profilentwicklungen beschreiben<br />

die Sedimentation im südlichen<br />

Ruhrbecken, der gekennzeichnet ist durch<br />

<strong>den</strong> raschen Wechsel von mar<strong>in</strong>en Ingressionen<br />

und deltaischen und fluviatilen Faziesräumen<br />

mit dem jeweils typischen Fossil<strong>in</strong>halt.<br />

Das Profil der oberen Sohle beg<strong>in</strong>nt mit <strong>den</strong><br />

Siltste<strong>in</strong>en und Sandste<strong>in</strong>en im Liegen<strong>den</strong> von<br />

Flöz Gottessegen. Über dem unre<strong>in</strong>en und hier<br />

nicht bauwürdigen Flöz Gottessegen erfolgte<br />

e<strong>in</strong>e mar<strong>in</strong>e Ingression. In <strong>den</strong> fe<strong>in</strong>körnigen<br />

Tonste<strong>in</strong>en s<strong>in</strong>d spärlich mar<strong>in</strong>e Fossilien (L<strong>in</strong>gula,<br />

Grabgänge von Planolites ophtalmoides)<br />

zu f<strong>in</strong><strong>den</strong>. Die mar<strong>in</strong>en Tonste<strong>in</strong>e wer<strong>den</strong> mit<br />

scharfer Grenze überlagert vom Sandste<strong>in</strong><br />

unter Flöz Besserdich. Er ist im unteren Teil<br />

parallelgeschichtet, im höheren schräggeschichtet.<br />

Dort deuten Gezeitenbündel auf<br />

Gezeitene<strong>in</strong>fluß (Watt- bzw. Prielbildungen)<br />

h<strong>in</strong>.<br />

Der Wurzelbo<strong>den</strong> im Liegen<strong>den</strong> von Flöz Besserdich-Unterbank<br />

ist <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er größeren<br />

Schichtfläche mit zahlreichen, bis zu 1 m langen<br />

Stigmarien aufgeschlossen. Bei <strong>den</strong> Stigmarien<br />

handelt es sich um die Wurzelorgane<br />

von der Lepido<strong>den</strong>dren (Schuppenbäume), die<br />

im Sediment flach ausgebreitet s<strong>in</strong>d, der Verankerung<br />

dienten und umfangreiche Durchlüftungsgewebe<br />

aufwiesen. Flöz Besserdich-<br />

Unterbank ist nur wenige cm mächtig, und<br />

auch Flöz Besserdich-Oberbank ist nur ger<strong>in</strong>gmächtig.<br />

In se<strong>in</strong>em Hangen<strong>den</strong> stehen<br />

eben geschichtete Ton- und Siltste<strong>in</strong>e mit mar<strong>in</strong>en<br />

Fossilien (Goniatiten, L<strong>in</strong>guli<strong>den</strong>, Muscheln)<br />

und Lebensspuren (Planolites<br />

ophthalmoides) an. Die <strong>Exkursion</strong>sroute biegt<br />

im Hangen<strong>den</strong> von Flöz Besserdich aus der<br />

querschlägigen <strong>in</strong> die streichende Richtung.<br />

Hier s<strong>in</strong>d auf e<strong>in</strong>er großen Schichtfläche Pflaster<br />

nichtmar<strong>in</strong>er bis brackischer Muscheln<br />

(Carbonicola lenicurvata, Naiadites hibernicus)<br />

zu beobachten (Abb. 10).<br />

Die fe<strong>in</strong>klastische mar<strong>in</strong>e und brackische<br />

Schichtenfolge im Hangen<strong>den</strong> von Flöz Besserdich<br />

schließt nach oben mit sandigen Sedimenten<br />

ab, deren schwache Durchwurzelung<br />

(H<strong>in</strong>nebecke-Niveau) e<strong>in</strong>e erneute Verlandung<br />

anzeigt. Der nun folgende mar<strong>in</strong>e H<strong>in</strong>nebecke-<br />

Horizont mit Goniatiten (Donetzoceras sigma)<br />

und Muscheln ist hier nur rund 3 m mächtig<br />

und wird erosiv vom Neuflöz-Sandste<strong>in</strong> überlagert.<br />

Abb. 9: Schichtenfolge im Ste<strong>in</strong>bruch „Rauen“,<br />

Witten-Gedern(aus BRAUCKMANN et al.<br />

1993)<br />

Abb. 10: Fossilhorizont mit Carbonicola lenicurvata<br />

Die mächtigen mar<strong>in</strong>en Sedimente über <strong>den</strong><br />

Flözen Gottessegen, Besserdich und H<strong>in</strong>nebecke<br />

belegen für diesen Schichtenabschnitt<br />

<strong>in</strong>sgesamt e<strong>in</strong> Ablagerungsmilieu vorwiegend<br />

<strong>in</strong> küstennahen Becken und Buchten. Auch die<br />

beschriebenen fluviatilen Sandste<strong>in</strong>e mit ihren<br />

Gezeitene<strong>in</strong>flüssen belegen e<strong>in</strong> Milieu <strong>in</strong> Meeresnähe,<br />

beispielsweise <strong>in</strong> Flußästuaren.<br />

Es folgt nun die hohe Wand des Neuflöz-<br />

Sandste<strong>in</strong>s, der deutlich erosiv <strong>in</strong> die unterla-<br />

Subkommission für Karbonstratigraphie Jahrestagung 2012 <strong>in</strong> Witten 9


V. Wrede: <strong>Exkursion</strong> <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Nationalen</strong> <strong>GeoPark</strong> <strong>Ruhrgebiet</strong><br />

gern<strong>den</strong> Schichten des H<strong>in</strong>nebecke-Horizontes<br />

e<strong>in</strong>greift. Der H<strong>in</strong>nebecke-Horizont ist normal<br />

15 – 20 m mächtig, davon s<strong>in</strong>d hier jedoch<br />

<strong>in</strong>folge der Erosion durch <strong>den</strong> Neuflöz-<br />

Sandste<strong>in</strong> nur etwa 3 m erhalten. Dieser erosive<br />

Kontakt des fluviatilen Neuflöz-Sandste<strong>in</strong>s<br />

deutet auf e<strong>in</strong>en rasch abs<strong>in</strong>ken<strong>den</strong> Meeresspiegel<br />

h<strong>in</strong>. In dessen Folge schnitten sich die<br />

Flüsse aus dem H<strong>in</strong>terland tief <strong>in</strong> <strong>den</strong> Beckenuntergrund<br />

e<strong>in</strong> und erodierten Teile der zuvor<br />

gebildeten Sedimente.<br />

Die mehrere Zehnermeter mächtigen Sandste<strong>in</strong>e<br />

s<strong>in</strong>d überwiegend großrippelgeschichtet<br />

und planar bis flach trogförmig schräggeschichtet,<br />

zeigen häufig R<strong>in</strong>nenbildungen,<br />

erosive Kontakte und führen bereichsweise<br />

Kieslagen sowie häufig grobe Treibhölzer. Am<br />

Fuß der Felswand steht das so genannte<br />

Sandflöz-Niveau an, e<strong>in</strong> Sand-Ton Gemenge<br />

mit vielen kohlig erhaltenen Treibholzresten.<br />

Es füllt Hohlräume des Unterlagers aus und<br />

wird z. T. vom hangen<strong>den</strong> Teil des Neuflöz-<br />

Sandste<strong>in</strong>s erodiert. Über dem Sandste<strong>in</strong> liegt<br />

Flöz Neuflöz, das vor der Anlage des Ste<strong>in</strong>bruchs<br />

von der Zeche Bergmann abgebaut<br />

wurde. Die ursprüngliche Kohlemächtigkeit von<br />

ca. 0,5 m ist direkt unter der Ste<strong>in</strong>bruchoberkante<br />

noch erkennbar, der darunter gelegene<br />

Abbauhohlraum hat sich mittlerweile wieder<br />

weitgehend geschlossen. E<strong>in</strong> Schienenrest,<br />

der aus der Ste<strong>in</strong>bruchwand ragt, ist e<strong>in</strong> deutliches<br />

Relikt des früheren Bergbaus.<br />

Das Flöz wird erneut von e<strong>in</strong>em Sandste<strong>in</strong><br />

überlagert, der zur Flöz- und Sandste<strong>in</strong>gruppe<br />

Wasserbank überleitet. Flöz Wasserbank 1 ist<br />

ebenfalls weitgehend abgebaut. Die Grenze<br />

zwischen anstehender und abgebauter Kohle<br />

lässt sich von der unteren Ste<strong>in</strong>bruchsohle aus<br />

deutlich erkennen. Der Wurzelbo<strong>den</strong> unter<br />

Flöz Wasserbank 1 bildet e<strong>in</strong>e große freiliegende<br />

Schichtfläche voller Stigmarien<br />

(Abb.11). Über dem Flöz Wasserbank 1 folgen<br />

3 m Auensedimente mit zahlreichen Pflanzenresten<br />

und e<strong>in</strong>e dünne Kohlelage. Über e<strong>in</strong>em<br />

weiteren, ca. 10 m mächtigen fluviatilen Sandste<strong>in</strong><br />

liegen dann die dünnen Kohleflöze Wasserbank<br />

2 und 3.<br />

Im Gegensatz zu dem stärker mar<strong>in</strong> bee<strong>in</strong>flussten<br />

Abschnitt von Flöz Gottessegen bis<br />

H<strong>in</strong>nebecke ist der jüngere Schichtenabschnitt<br />

vom Neuflöz-Sandste<strong>in</strong> bis zu <strong>den</strong> Wasserbank-Flözen<br />

e<strong>in</strong>em eher fluviatilen Environment<br />

zuzuordnen.<br />

Abb. 11: Wurzelbo<strong>den</strong> unter Fl. Wasserbank 1<br />

<strong>Exkursion</strong> (05. Mai 2012)<br />

LWL-Industriemuseum „Zeche<br />

Nachtigall“ und Ste<strong>in</strong>bruch Dünkelberg<br />

Die Tagung der Subkommission für Karbonstratigraphie<br />

2012 f<strong>in</strong>det statt im LWL-<br />

Industriemuseum „Zeche Nachtigall“ <strong>in</strong> Witten.<br />

Dieses Industriemuseum wird z.Zt. auch als<br />

zentrales Informationszentrum des <strong>GeoPark</strong>s<br />

<strong>Ruhrgebiet</strong> ausgebaut. Die Zeche Nachtigall<br />

war e<strong>in</strong>e der ältesten Tiefbauzechen im <strong>Ruhrgebiet</strong><br />

und wurde bereits Ende des 19. Jahrhunderts<br />

wieder stillgelegt. Auf dem Gelände<br />

siedelten sich dann e<strong>in</strong> Ziegeleibetrieb und<br />

Sandste<strong>in</strong>brüche an, die die Tonste<strong>in</strong>e und<br />

Sandste<strong>in</strong>e der hier anstehen<strong>den</strong> Witten-<br />

Formation (Westfalium A) nutzten. Für die<br />

Ziegelei fand zeitweilig noch e<strong>in</strong> Nachlesebergbau<br />

auf Ste<strong>in</strong>kohle statt. Das Industriemuseum<br />

thematisiert diese verschie<strong>den</strong>en wirtschaftlichen<br />

Nutzungen („Drei Rohstoffe aus<br />

e<strong>in</strong>em Berg“) und schafft mit <strong>den</strong> zugänglichen<br />

Untertage-Aufschlüssen des Nachtigallstollens<br />

und des erst kürzlich wieder aufgewältigten<br />

Dünkelberg-Stollens und dem angrenzen<strong>den</strong><br />

Ste<strong>in</strong>bruch Dünkelberg im Muttental<br />

e<strong>in</strong> hervorragendes Ensemble von geologischen<br />

Aufschlüssen, die ebenfalls <strong>in</strong> die Liste<br />

der „<strong>Nationalen</strong> Geotope“ aufgenommen wur<strong>den</strong><br />

(LOOK et al. 2007). Durch das Muttental<br />

verläuft e<strong>in</strong> 9 km langer bergbaugeschichtlicher<br />

Lehrpfad mit zahlreichen geologischen<br />

und montanhistorischen Sehenswürdigkeiten<br />

(KOETTER 2001). Dieser Weg ist Teil der Geo-<br />

Route Ruhr, e<strong>in</strong>em vom <strong>GeoPark</strong> <strong>Ruhrgebiet</strong><br />

geschaffenen, <strong>in</strong>sgesamt ca. 300 km langen,<br />

zusammenhängen<strong>den</strong> Netzwerk von geologischen<br />

und bergbaugeschichtlichen Wanderwegen<br />

im südlichen <strong>Ruhrgebiet</strong> (MÜGGE-<br />

BARTOLOVIĆ 2011; WREDE & MÜGGE-<br />

BARTOLOVIĆ 2012).<br />

Subkommission für Karbonstratigraphie Jahrestagung 2012 <strong>in</strong> Witten 10


V. Wrede: <strong>Exkursion</strong> <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Nationalen</strong> <strong>GeoPark</strong> <strong>Ruhrgebiet</strong><br />

LWL-Industriemuseum Zeche Nachtigall<br />

(TK 25: 4509 Bochum, R 25 91 400, H 57 00<br />

150)<br />

(nach DROZDZEWSKI & KOETTER 2008)<br />

Das Westfälische Industriemuseum <strong>in</strong>formiert<br />

an se<strong>in</strong>em Standort Zeche Nachtigall Tiefbau<br />

über die Entwicklung des Bergbaus im Ruhrtal<br />

(Titelbild). Das Bergwerk entwickelte sich aus<br />

e<strong>in</strong>er 1714 erstmals erwähnten Kle<strong>in</strong>zeche. Sie<br />

g<strong>in</strong>g 1832 vom Stollenbau zum Tiefbau über<br />

und setzte dabei auch Dampfmasch<strong>in</strong>en zur<br />

Wasserhaltung und Kohlenförderung e<strong>in</strong>. Im<br />

Masch<strong>in</strong>enhaus steht e<strong>in</strong>e der ältesten Dampffördermasch<strong>in</strong>en<br />

(1887) des Reviers, die regelmäßig<br />

vorgeführt wird.<br />

Auf dem Museumsgelände bef<strong>in</strong>det sich im<br />

Bereich des Schachtes Herkules, dessen<br />

Schachtöffnung restauriert ist, der R<strong>in</strong>gofen<br />

der Ziegelei Dünkelberg. Die Verb<strong>in</strong>dung zwischen<br />

der Ziegelei und dem Rohstoff lieferrn<strong>den</strong><br />

Ste<strong>in</strong>bruch stellte der Nachtigallstollen her.<br />

Dieser Stollen ist 130 m lang und als Besucherbergwerk<br />

e<strong>in</strong>gerichtet (Abb. 12). Dort s<strong>in</strong>d<br />

verschie<strong>den</strong>e bergmännische Ausbau-Arten<br />

und die im Ste<strong>in</strong>bruch aufgeschlossene<br />

Schichtenfolge zu sehen. Im nördlichen Teil<br />

zweigt vom Hauptstollen e<strong>in</strong>e Flözstrecke im<br />

Flöz Mentor ab. Hier kann der Besucher die<br />

Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen im Kohlebergbau vergangener<br />

Tage erleben.<br />

e<strong>in</strong>fällt. Der Aufschluss liegt an der Nordflanke<br />

des Herbeder Sattels.<br />

Ganz an der Basis der Ste<strong>in</strong>bruchwand f<strong>in</strong>det<br />

sich im Osten des Aufschlusses am Mundloch<br />

des Dünkelberstollens e<strong>in</strong> Restpfeiler des<br />

sonst vollständig abgebauten 1,5 m mächtigen<br />

Flözes Geitl<strong>in</strong>g 1 an (Abb. 14).<br />

Abb. 13: Ste<strong>in</strong>bruch Dünkelberg<br />

Darüber folgt im Profil e<strong>in</strong> ca. 10 m mächtiger<br />

Abschnitt e<strong>in</strong>er tonig-siltigen Abfolge, die nach<br />

oben <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e rhythmische Wechsellagerung<br />

von fe<strong>in</strong>sandigen Silt- und Fe<strong>in</strong>sandste<strong>in</strong>en<br />

übergeht. Sie enthält e<strong>in</strong>e auffallend gelb verwitternde<br />

vormals Fe-ankeritisch zementierte<br />

Sandste<strong>in</strong>bank. Dieser Abschnitt wurde auf der<br />

Überflutungsebene oder <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Lagune abgelagert<br />

und ist nach oben h<strong>in</strong> gezeitenbee<strong>in</strong>flusst<br />

(CONZE et al. 1988).<br />

Abb. 12: Situationsplan der Aufschlüsse im<br />

Bereich des Ste<strong>in</strong>bruchs Dünkelberg<br />

Ehemaliger Ziegeleiste<strong>in</strong>bruch Dünkelberg<br />

(TK 25: 4509 Bochum, R 25 91 300, H 56 99<br />

900).<br />

(nach DROZDZEWSKI & KOETTER 2008)<br />

E<strong>in</strong>en Überblick über <strong>den</strong> Ste<strong>in</strong>bruch bekommt<br />

man ehesten von der gegenüberliegen<strong>den</strong><br />

Talseite (Abb. 13). Markant tritt an der Ste<strong>in</strong>bruchoberkante<br />

der F<strong>in</strong>efrausandste<strong>in</strong> hervor.<br />

Der Sandste<strong>in</strong> überlagert direkt das dünne<br />

Kohleflöz Mentor. Im mittleren Teil des Ste<strong>in</strong>bruchs<br />

verwerfen Querstörungen die Schichtenfolge,<br />

die mit 20° nach Nordwesten h<strong>in</strong><br />

Abb. 14: Flöz Geitl<strong>in</strong>g 1 am Mundloch des<br />

Dünkelbergstollens<br />

Der darüber folgende Abschnitt ist e<strong>in</strong>e ca. 20<br />

m mächtige tonige Folge, die von anfänglich<br />

mar<strong>in</strong>en zu brackischen Sedimenten übergeht.<br />

An se<strong>in</strong>er Basis liegt das Flözniveau Geitl<strong>in</strong>g 2<br />

mit nur wenigen Wurzelresten. In der Nachbarschaft<br />

ist Flöz Geitl<strong>in</strong>g 2 auch als dünnes Kohleflöz<br />

entwickelt. Der schwach mar<strong>in</strong>e Geitl<strong>in</strong>g-<br />

2-Horizont enthält hier mar<strong>in</strong>e Muscheln und<br />

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Wurmspuren von Planolites ophthalmoides<br />

(dieser Horizont ist auch im neu aufgewältigten<br />

Dünkelbergstollen aufgeschlossen). Dieser<br />

Horizont belegt e<strong>in</strong>e mar<strong>in</strong>e Überflutung, <strong>in</strong>folgedessen<br />

möglicherweise die Ausbildung des<br />

Kohleflözes Geitl<strong>in</strong>g 2 hier unterblieb. Nach<br />

oben wird die Tonfolge von dem 0,3 m mächtigen<br />

Flöz Mentor (Geitl<strong>in</strong>g 3) mit sandigem<br />

Wurzelbo<strong>den</strong> abgeschlossen. Den obersten<br />

Abschnitt bildet der F<strong>in</strong>efrausandste<strong>in</strong>. Er ist<br />

e<strong>in</strong> konglomeratischer Mittelsandste<strong>in</strong>. Der<br />

Sandste<strong>in</strong> besteht aus Großrippellagen und<br />

erosiven Trögen nach Art von verzweigten<br />

Flusssystemen. Große Treibhölzer s<strong>in</strong>d häufig.<br />

Die Schüttung der Sandste<strong>in</strong>e erfolgte überwiegend<br />

nach Westen.<br />

Der Ablagerung des F<strong>in</strong>efrausandste<strong>in</strong>s g<strong>in</strong>g<br />

<strong>in</strong>folge Meeresspiegeltiefstands e<strong>in</strong>e tiefgreifende<br />

Erosion des Ruhrbeckens voraus, bevor<br />

dann beim erneuten Meeresspiegelanstieg die<br />

e<strong>in</strong>geschnittenen Täler mit San<strong>den</strong> und Kiesen<br />

aufgeschüttet wur<strong>den</strong>. So hat WENDT (1965)<br />

zwischen Bochum und Essen im Niveau des<br />

F<strong>in</strong>efrausandste<strong>in</strong>s e<strong>in</strong> 20 m tief e<strong>in</strong>geschnittenes<br />

und mehrere Kilometer breites Tal nachgewiesen.<br />

Es verläuft etwa parallel der heutigen<br />

Ruhr und hatte sich bis an das Liegende<br />

von Flöz Mentor e<strong>in</strong>geschnitten. Das „F<strong>in</strong>efrau-<br />

Tal“ wurde vollständig mit San<strong>den</strong> und Kiesen<br />

aufgefüllt. Um so erstaunlicher ist, daß das<br />

Flöz Mentor an der Basis des F<strong>in</strong>efrausandste<strong>in</strong>s<br />

nirgendwo im Bereich des Ste<strong>in</strong>bruchs<br />

abgetragen wurde. Vermutlich war die<br />

Zähigkeit des Torfes der Grund, warum trotz<br />

starker Erosionskraft das Torfmoor weitgehend<br />

erhalten blieb.<br />

Der F<strong>in</strong>efrausandste<strong>in</strong>, der im Ste<strong>in</strong>bruch Dünkelberg<br />

die Bergkuppe bildet, liegt am Bergbaumuseum<br />

auf der Nordseite des Berges im<br />

Niveau des Zechenplanums und darunter.<br />

(Abb. 15).<br />

Abb. 15 Schnitt durch die Aufschlüsse im Bereich<br />

der Zeche Nachtigall<br />

Dort ist im Keller des Zechengebäudes auch<br />

das stratigraphisch darüber liegende Flöz F<strong>in</strong>efrau<br />

aufgeschlossen (Abb.16).<br />

Abb. 16: Aufschluss von Flöz F<strong>in</strong>efrau mit darüber<br />

liegen<strong>den</strong> Driftholzhorizont (Baumstamm)<br />

im Keller der Zeche Nachtigall<br />

Schriften<br />

BÄRTLING, R. (1925): Geologisches Wanderbuch<br />

für <strong>den</strong> Niederrhe<strong>in</strong>isch-Westfälischen<br />

Industriebezirk, umfassend das Gebiet vom<br />

nördlichen Teil des Rhe<strong>in</strong>ischen Schiefergebirges<br />

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